278
Da faßt der Greis ein Messer und spricht kein Wort dabei
und schneidet zwischen beiden das Tafeltuch entzwei.
45. Kaiser Nudolfs Nitt zum Grabe.
Auf der Burg zu Germersheim,
stark am Geist, am Leibe schwach,
Sitzt der greise Kaiser Rudolf,
spielend das gewohnte Schach.
Und er spricht: „Ihr guten Meister,
Ärzte! sagt mir ohne Zagen:
Wann aus dem zerbrochnen Leib
wird der Geist zu Gott getragen?"
Und die Meister sprechen: „Herr,
wohl noch heut erscheint die Stunde."
Freundlich lächelnd spricht der Greis:
„Meister, Dank für diese Kunde!"
„Auf nach Speier! auf nach Speier!"
ruft er, als das Spiel geendet:
„Wo so mancher deutsche Held
liegt begraben, seis vollendet!
Blast die Hörner! bringt das Roß,
das mich oft zur Schlacht getragen!"
Zaudernd stehn die Diener all:
doch er ruft: „Folgt ohne Zagen!"
Und das Schlachtroß wird gebracht:
„Richt zum Kampf, zum ewgenfrieden,"
Spricht er, „trage, treuer Freund,
jetzt den Herrn, den lebensmüden!"
Weinend steht der Diener Schar,
als der Greis auf hohem Rosse,
Rechts und links ein Kapellan,
zieht, halb Leiche, au§ dein Schlosse.
Trauernd neigt des Schlosseslinde
vor ihm ihre Äste nieder,
Vögel, die in ihrer Hut,
singen wehmuthsvolle Lieder.
Mancher eilt des Wegs daher,
der gehört die bange Sage,
Sieht des Helden sterbend Bild
und bricht aus in laute Klage
Aber nur von Himmelslust
spricht der Greis mit jeneu Zweien,
Lächelnd blickt sein Angesicht,
als ritt er zur Lust im Maien,
Von dem hohen Dom zu Speier
hört man dumpf die Glocken schallen.
Ritter, Bürger, zarte Frauen
weinend ihn: entgegen wallen.
In den hohen Kaisersaal
ist er rasch noch eingetreten:
Sitzend dort auf goldnem Stuhl,
hört man für das Volk ihn beten.
„Reichet mir den Heilgen Leib!"
spricht er dann mit bleichem Munde;
Drauf verjüngt sich sein Gesicht
um die mitlernächtge Stunde.
Da auf einmal wird der Saal
hell von übernrdschem Lichte, —
Und verschieden sitzt der Held,
Himmelsruh im Angesichte.
Glocken dürfens nicht verkünden,
Boten nicht zur Leiche bieten:
Alle Herzen längs des Rheins
fühlen, daß der Held verschieden.
Rach dem Dome strömt das Volk,
schwarz, unzähligen Gewimmels;
Der empfing des Helden Leib,
seinen Geist der Dom des Himmels.
46. Von etlichen großen Erfindungen.
Als das Mittelalter seinem Ende entgegen ging, wttrden im
westlichen Europa mehrere große Erfindungen gemacht, welche all-
mählich das Leben der Völker von Grund ans umgestalteten und
die Zustände herbeiführen halfen, die nod) jetzt unter uns bestehen.
Dahin gehören:
1. die Erfindung des Kompasses. Die alten Völker
haben die Schifffahrt wohl gekannt und fleißig getrieben; aber sie
hielten sich, so viel wie möglich, irr der Nähe der Küsten und wagten
sich nicht in die ofiene See hinaus; denit sie hatten keinen andern
Wegweiser durch das große Meer, als die Sterne des Himmels.
Sobald Nebel oder Regen ihnen den Anblick derselben entzogen,
wußten sie sich nicht zu helfen, noch zu rathen. Dies dauerte so
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Germersheim Maien Rheins Europa
345
Es fühlten den Vernichter
Die Deutschen auch und flohn
Und drängten sich nur dichter
Um ihren Fürstensohn.
Sie hatten, ihn zu schützen,
Nicht ihre Waffen mehr:
Da drängten sie als L-tützen
Sich selber um ihn her.
Aus ihren Leibern schlossen
Sie einen Ring um ihn,
Daß vor des Frosts Geschossen
Er könnte sicher ziehn.
Und wo vor ihren Treibern
Sie ruhten aus bei Nacht,
Ward warm aus ihren Leibern
Ein Wall um ihn gemacht.
Sie boten alles Feuer
In ihren Adern aus:
Die Liebe hielt mit treuer
Gewalt ihr Blut im Laus.
So zogen ohne Sorgen
Sie bis zum letzten Ort:
Da, als es wurde Morgen
Zogen sie nicht mehr fort.
Ihr junges Herz erwachte,
Der Fürst, der warm geruht,
Und seinen Dank er brachte
Für Gottes treue Hut.
Da sah er die Genossen,
So früh sonst munter doch,
Die lagen eng geschlossen
Um ihn im Kreise noch.
Und als er hin sah wieder,
Sah er mit stummem Schmerz:
Es waren alle Glieder
Gestorben für das Herz.
Da fuhr ein kaltes Schaudern
Durchs warme Fürstenherz:
Er durfte doch nicht zaudern,
Er schied und rief mit Schmerz:
Schlaft wohl, und euch begrabe
Mit sanften Flocken Gott,
Damit kein gierger Rabe
Mit euch hier treibe Spott.
Und wenn die Flocken schmelzen,
Send er der Wogen Heer,
Daß sie gelind euch wälzen
Hinab ins heilge Meer.
Dort ruhet sanft gebettet,
Wie ich bei euch geruht,
Da sterbend ihr gerettet
Mir habt des Lebens Gluth.
Doch unvergeßlich bleibe
Dies Bild mir eingeprägt,
So lang in seinem Leibe
Durch euch mein Herz nun schlügt,
Die ihr gelehrt mich habet,
Mit welcher treuen Gluth
Ist innerlich begäbet
Der Deutschen Glieder Muth.
Wenn sie in fremdem Lande
So starke Funken sprühn,
Wie erst, wenn sie im Brande
Der eignen Freiheit glühn!
Dann sollen diese Funken
Noch wuchern, die ich sog,
Wann ich einst freudetrunken
Dies Schwert für Deutschland zog.
92. Erhebung Deutschlands.
Während die französischen Tagesblätter sich bemühten, das
erlittene Unglück so viel als möglich zu vertuschen, liefen dumpfe
Gerüchte durch Deutschland, daß die Sachen in Rußland erschrecklich
schlimm ständen. Die Erzählungen wurden mit Eifer weiter getragen
und brachten eüle ungeheure Aufregung hervor. Aber kein Mensch
wagte auszusprechen, was er dachte, aus Furcht vor den französi-
schen Spionen, die überall herumhorchten. Als es sich endlich nicht
mehr verheimlichen ließ, daß eine der schönsten Armeen der Welt
aus die kläglichste Weise zu Grunde gegangen war, da bekannte das
ganze Volk wie aus einem Munde: „Das hat Gott gethan!"
Noch waren alle voll von dem, was in Rußland geschehen
war, da lief schon eine neue Kunde durch das Land und stärkte
die Hoffnung, daß jetzt die Zeit der Knechtschaft zu Ende sei. Die
preußischen Hülsstruppen unter General 9) o xi waren in die russischen
Ojtseeprovinzen gesandt worden, um die große Armee von der Seite
zu decken. Diese Truppen kamen, als die Russen bis an die Grenze
vordrangen, in Gefahr, abgeschnitten und gefangen zu werden.
Viel Zeit war nicht zu verlieren. Ohne sich lange zu besinnen,
schloß Jork am 30. December mit den Russen einen Vertrag, wonach
seine Truppen zwei Monate lang weder angreifen, uod) angegriffen
werden, oder wie man es nennt, neutral bleiben und während dieser
Zeit in Lithauen sich aufhalten sollten. In Berlin erschraken alle
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Extrahierte Personennamen: Gluth Gluth
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Deutschland Berlin
276
da das Unwesen von oben kam? An den Höfrn der deutschen Fürsten war
das unmäßige Saufen so an der Tagesordnung, daß es keinem Menschen
ausfiel, wenn jemand nicht vor den Fürsten gelassen wurde, weil letzterer —
besoffen war. Der Adel machte es nicht um ein Haar breit besser. War es
zu verwundern, wenn die Städter nicht hinter denen zurückstehen wollten, mit
welchen sie sich an Reichthum mehr als messen konnten?
Künste und Wissenschaften waren früher in den Klöstern und an den
Höfen der Fürsten gepflegt worden. Tüchtige Gelehrte sind aus den Klöstern
hervorgegangen. Kunstreiche Dichtungen, welche sich mit den schönsten in der
Welt messen können, sind in denkreisen entstanden, welche die Fürsten um sich
versammelten. Seit es Städte gab, kam die Gewerbethätigkeit in einer Weise
auf, wie sie bisher nicht bekannt gewesen war. Gewerbe und Handel haben
die Städte groß gemacht. Die Künste hielten sich noch lange Zeit an den
Höfen der Fürsten, und nur einzelne, wie die Baukunst, wurden in den Städten
gepflegt. Dagegen floh die Gelehrsamkeit immer mehr aus den Klöstern in
die Städte und richtete sich endlich dort häuslich ein, als ihr in den Univer-
sitäten für alle Zukunft die Heimath gesichert war.
44. Die Schlacht bei Meutlingerr.
Zu Achalm auf dem Felsen, da haust manch kühner Aar,
Graf Ulrich, Sohn des Greitlers, mit seiner Ritterschar;
Wild rauschen ihre Flüge um Reutlingen die Stadt,
bald scheint sie zu erliegen, vom heißen Drange matt.
Doch plötzlich einst erheben die Städter sich zur Nacht,'
ins Urachthal hinüber sind sie mit großer Macht,
Bald steigt von Dorf und Mühle die Flamme blutig roth,
die Herden weggetrieben, die Hirten liegen todt.
Herr Ulrich hals vernommen, er ruft im grimmen Zorn:
„In eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein Horn!"
Da sputen sich die Ritter, sie wappnen sich in Stahl,
sie heischen ihre Rosse, sie reiten stracks zu Thal.
Ein Kirchlein stehet drunten, Sankt Leonhard geweiht,
dabei ein grüner Anger, der scheint bequem zum Streit;
Sie springen von den Pferden, sie ziehen stolze Reihn;
die langen Spieße starren: wohlauf! wer wagt sich drein?
Schon ziehn vom Urachthale die Städter fern herbei,
man hört der Männer Jauchzen, der Herden wild Geschrei,
Man sieht sie fürder schreiten, ein wohlgerüstet Heer;
wie flattern stolz die Banner! wie blitzen Schwert und Speer!
•¡fluit schließ dich fest zusammen, du ritterliche Schar!
wohl hast du nicht geahnet so dräuende Gefahr.
Die übermächtgen Rotten, sie stürmen an mit Schwall,
Die Ritter stehn und starren wie Fels inib Mauerwall.
Zu Reutlingen am Zwinger da ist ein altes Thor,
längst wob mit dichten Ranken der Epheu sich davor,
Man hat es schier vergessen, nun krachts mit einmal auf,
und aus dem Zwinger stürzet gedrängt ein Bürgerhaus.
Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauser Wuth,
heut will der Städter baden im heißen Ritterblut.
Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt!
wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!
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248
Und ritt erst sachte durch den Tann,
Den Vater nicht zu wecken.
Und als er kam zur Felsenwand,
Da sprach der Ries mit Lachen:
„Was will doch dieser kleine Fant
Auf solchem Rosse machen?
Sein Schwert ist zwier so lang als er,
Vom Rosse zieht ihn schier der Speer,
Der Schild will ihn erdrücken."
Jung Roland rief: „Wohlauf zum
Streit!
Dich reuet noch dein Necken;
Hab ich die Tartsche lang und breit,
Kann sie mich besser decken;
Ein kleiner Mann, ein großes Pserd,
Ein kurzer Arm, ein langes Schwert,
Muß eins dem andern helfen."
Der Riese mit der Stange schlug,
Auslangend in die Weite;
Jung Roland schwenkte schnell genug
Sein Roß noch auf die Seite;
Die Lanz er auf den Riesen schwang;
Doch von dem Wundcrschilde sprang
Auf Roland sie zurücke.
Jung Roland nahm in großer Hast
Das Schwert in beide Hände;
Der Riese nach dem seinen faßt,
Er war zu unbehende:
Mit flinkem Hiebe schlug Roland
Ihm unterm Schild die linke Hand,
Daß Hand und Schild entrollten.
Dem Niesen schwand der Muth dahin,
Wie ihm der Schild entrissen;
Das Kleinod, das ihm Kraft verliehn,
Mußt er mit Schmerzen missen.
Zwar lief er gleich dem Schilde nach;
Doch Roland in das Knie ihn stach,
Daß er zu Boden stürzte.
Roland ihn bei den Haaren griff,
Hieb ihm das Haupt herunter;
Ein großer Strom von Blute lief
Ins tiefe Thal hinunter;
Und aus des Todten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach
Und freute sich am Glanze.
Dann barg ers unterm Kleide gut
Und ging zu einem Quelle;
Da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.
Zurücke ritt der jung Roland,
Dahin, wo er den Vater fand
Noch schlafend bei der Eiche.
Er legt sich an des Vaters Seit,
Vom Schlafe selbst bezwungen,
Bis in der kühlen Abendzeit
Herr Milon aufgesprungen:
„Wach auf, wach auf, mein Sohn
Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur
Hand,
Daß wir den Riesen suchen!"
Sie stiegen auf und eilten sehr,
Zu schweifen in der Wilde.
Roland ritt hinterm Vater her
Mit dessen Speer und Schilde;
Sie kamen bald zu jener Statt,
Wo Roland jüngst gestritten hätt,
Der Riese lag im Blute.
Roland kaum seinen Augen glaubt,
Als nicht mehr war zu schauen
Die linke Hand, dazu das Haupt,
So er ihm abgehauen,
Nicht mehr des Riesen Schwert und
Speer,
Auch nicht sein Schild und Harnisch
mehr,
Nur Rumpf und blutge Glieder.
Milon besah den großen Rumpf:
„Was ist das für'ne Leiche?
Man sieht noch am zerhaunen Stumpf,
Wie mächtig war die Eiche.
Das ist der Riese! frag ich mehr?
Verschlafen hab ich Sieg und Ehr;
Drum muß ich ewig trauern! —
Zn Aachen vor dem Schlosse stund
Der König Karl gar bange:
„Sind meine Helden auch gesund?
Sie weilen allzu lange.
Doch seh ich recht, auf Königswort!
So reitet Herzog Heimon dort,
Des Riesen Haupt am Speere.
Herr Heimon ritt in trübem Muth,
Und mit gesenktem Spieße
Legt er dashaupt, besprengt mit Blut,
Deul König vor die Füße:
„Ich fand den Kopf im wilden Hag,
Und fünfzig Schritte weiter lag
Des Riesen Rumpf am Boden.
Bald auch der Erzbischof Turpin
Den Riesenhandschuh brachte,
Die ungefüge Hand noch drin.
Er zog sie aus und lachte:
„Das ist ein schön Reliquienstück,
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Extrahierte Personennamen: Roland Roland Roland Roland Roland
Ihm Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Karl Karl Heimon Heimon
259
um Ostern 1190 unter Trompetenschall die Meerenge uon Konstan-
tinopel. Bei Jkonium traf er auf ein weit überlegenes Heer der
Türken und erfocht in einer mehrtägigen, gewaltigen Schlacht
einen glänzenden Sieg. Mit frischem Muthe zogen die Kreuz-
fahrer durch Cilicien und näherten sich immer mehr dem Ziele
ihrer Wünsche und ihrer Hoffnungen. Bis zur Stadt Seleucia
waren sie bereits gekommen; da wurde unerwartet dem großen
Kaiser sein Ziel gesetzt. Als das Heer über die schmale Brücke
des Flusses Saleph marschirte, sprengte der ungeduldige Greis,
dem der Zug zu langsam ging, mit dem Pferde in das Wasser
und versuchte hiuüberzuschwimmen. Aber der Strudel ergriff ihn
und riß ihn fort. Viele eilten ihm zu Hülfe; aber nur als Leiche
konnten sie ihn ans Ufer bringen. Unbeschreiblich war die Be-
stürzung des Heeres über den großen Verlust. Viele kehrten nach
Europa zurück, weil sie keine Hoffnung mehr hatten, nachdem ihr
Kaiser gestorben war. In Deutschland wollte man es lange nicht
glauben, daß der alte Rothbart wirklich todt sei. Daher ist die
Sage entstanden, daß er im Kyffhäuser in Thüringen in einem
unterirdischen Saale an einem steinernen Tische sitze und schlafe,
um einst zu seiner Zeit wieder unter sein Volk zu treten und dem
deutschen Reiche seine alte Herrlichkeit wiederzubringen.
34- Friedrich Nothbart.
Tief im Schoße des Kysfhäusers
Bei der Ampel rothem Schein
Sitzt der alte Kaiser Friedrich
An dem Tisch von Marmorstein.
Ihn umwallt der Purpurmantel,
Ihn umpfüngt der Rüstung Pracht;
Doch auf seinen Augenwimpern
Liegt des Schlafes tiefe Nacht.
Vorgesunken ruht das Antlitz,
Drin sich Ernst und Milde paart.
Durch den Marmortisch gewachsen
Ist sein langer, goldner Bart.
Rings wie ehrne Bilder stehen
Seine Ritter um ihn her,
Harnischglünzend, schwertumgürtet,
Aber tief im Schlaf, wie er.
Heinrich auch, der Ofterdinger,
Ist in ihrer stummen Schar,
Mit den liederreichen Lippen,
Mildem blondgelockten Haar.
Seine Harfe ruht dem Sänger
In der Linken ohne Klang;
Doch auf seiner hohen Stirne
Schlaft ein künftiger Gesang.
Alles schweigt; nur hin und wieder
Fällt ein Tropfen vom Gestein,
Bis der große Morgen plötzlich
Bricht mit Feuersgluth herein,
Bis der Adler stolzen Auges
Um des Berges Gipfel zieht,
Daß vor seines Fittigs Rauschen
Dort der Rabenschwarm entflieht.
Aber dann, wie ferner Donner
Rollt es durch den Berg herauf,
Uud der Kaiser greift zum Schwerte,
Und die Ritter wachen auf.
Laut in seinen Angeln tönend
Springet auf das ehrne Thor:
Barbarossa mit den Seinen
Steigt im Wasfenschmuck empor.
Auf dem Helm trägt er die Krone,
Und den Sieg in seiner Hand;
Schwerter blitzen, Harfen klingen,
Wo er schreitet durch das Land.
Und dem alten Kaiser beugen
Sich die Völker allzugleich,
Und anfs neu zu Aachen gründet
Er das heilge deutsche Reich.
17*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Nothbart Friedrich Friedrich Friedrich Ernst Heinrich Heinrich Barbarossa Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Seleucia Europa Deutschland Thüringen Harnischglünzend Schwerte Aachen
346
über die bedenkliche That; denn sie fürchteten den Zorn des fran-
zösischen Kaisers. König Friedrich Wilhelm setzte Jork ab und
forderte ihn vor ein Kriegsgericht. Tausende aber 'jubelten über
den kühnen General, der seinen Kopf zum Pfande gesetzt hatte, um
sein Vaterland zu retten. Nachdem der Vertrag geschlossen war,
marschirten die Russen frisch ins Preußische hinein itnb jagten die
Franzosen über die Weichsel zurück. In Königsberg wurden sie mit
endlosem Freudengeschrei empfangen. Aus eigenem Antriebe rich-
teten die Stünde in Ostpreußen eine Landesbewaffnung ein und
riefen den General Jork an die Spitze. Nun konnte und wollte
Friedrich Wilhelm nicht länger zögern. Er ging nach Breslau und
rief die Generale Blücher, Scharnhorst, Gneisenau und andre er-
fahrene Leute dahin, um ihren Rath zu hören. Dann schloß er
einen Bund mit dem russischen Kaiser, kündigte Napoleon den Krieg
ml und rief sein ganzes Volk auf, daß es die Waffen ergreife zum
entscheidenden Kampfe. Zwanzig Jahre lang war Deutschland mit
dem Pflug der Leiden gepflügt; jetzt ging die Leidenssaat auf. Aus
allen Ständen strömten die Männer scharenweise zu den Waffen.
Die Landstraßen waren mit jungen Leuten bedeckt, welche zu den
Sammelplätzen eilten. Die Universitäten wurden leer. In vier
Monaten war das Heer von 42,000 auf 260,000 Mann angewachsen.
Ähnliches bat die Welt nicht wieder gesehen.
Der erste deutsche Fürst, der es wagte, dem Beispiele des Königs
von Preußen zu folgen, war der Herzog Friedrich Franz von
Mecklenburg. Am 25. März sagte er sich von Frankreich los und
rief sein Volk zu den Waffen. Wie iit Preußen, so ging es auch
hier: aus allen Ständen eilten die jungen Leute zu den Fahnen.
Aber die öffentlichen Kassen waren leer und wollten nicht so viel
hergeben, daß alle ausgerüstet werden konnten, wie sichs gehört.
Deshalb wurden alle, welche die Mittel besaßen, aufgefordert, selbst
für ihre Waffen und Kleider Sorge zu tragen. Der Aufruf hatte
fo günstigen Erfolg, daß bereits am 1. Mai 600 Fußjäger und
600 reitende Jäger versammelt waren, welche ihre Ausrüstung voll-
ständig aus eigenen Mitteln beschafft hatten. Diejenigen, welche
unter die Linie traten, erhielten alles geliefert, was sie bedurften.
Als die ganze Rüstung fertig war, stellte Schwerin ein Bataillon
Garde zu 600 Mann unter Obrist von Both, ein Regiment
Musketiere zu 800 Mann unter dem Generalmajor von Fallois,
ein Regiment reitende Jäger von 600 Mann unter Oberst von
Müller, ein Regiment Fußjäger von 600 Mann unter Graf von
der Osten Sacken, vier kleine Kanonen unter Lieutenant von
Rhein. -—- Der Herzog Karl von Strelitz sagte sich am 30.März
vom Rheinbünde los und rief an demselben Tage die streitbare
Jugend seines Volkes zu den Waffen. Es meldeten sich so viele
Freiwillige, daß an 200 zurücktreten mußten, die dann im preußischen
Heere Dienste nahmen. Ein Husarenregiment von 500 Mann wurde
aufgerichtet und ganz durch freiwillige Beiträge ausgerüstet. Der
Anführer desselben war der Oberstlieutenant von Marburg.
Ganz unwillkürlich wurden überall uralte deutsche Einrichtungen,
die fast vergessen waren, wieder als zweckmäßig ins Leben gerufen.
Der alte Heerbann wurde erneuert, als neben dem stehenden Heere
eine „Landwehr" und ein „Landsturm" errichtet wurde. ^ Auch die
alten Gefolgeführer schienen wieder aus dem Grabe aufzuerstehen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Friedrich_Franz_von
Mecklenburg Friedrich Franz Schwerin Karl_von_Strelitz Karl
Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Breslau Deutschland Frankreich Rhein Rheinbünde Marburg
132
Elsaß mit der alten deutschen Stadt Straßburg und das deutsche Loth-
ringen mit der Festung Metz an Deutschland abtreten, sowie 5 Milliarden
Franks oder 4000 Mill. Mark Kriegskosten zahlen. — Damit war nun
der gewaltige Krieg, der nur 10 Monate gedauert hatte, beendet. An
20 große Schlachten sind in ihm geliefert, an 400 000 Gefangene wurden
gemacht und fast 7500 Geschütze sind erobert worden. Mit außerordent-
lichem Jubel wurden die heimkehrenden Krieger in der Heimat empfangen
und mit ihnen zuerst erhebende Dankgottesdienste gefeiert. Den teuren,
im Kriege Gefallenen wurden in der Folge iiberall Kriegerdenkmäler
errichtet, die ihre Namen der Nachwelt verkünden. An vielen Orten wurde
ein Friedensstein gesetzt oder eine Friedenseiche als Andenken an die glor-
reiche Zeit von 1870/71 gepflanzt. — Das größte Denkmal dieser Art
steht auf dem Niederwald am Rhein, gleichsam als „Wacht am Rhein".
Nr. 36. Die Mecklenburger im französischen Kriege.
1. Die Wacht am Meere. Schon neun Tage nach der Kriegs-
erklärung waren unsere mecklenburgischen Truppen vollständig mobil.
Eiligst hatten sich alle Einberufenen an ihre Sammelplätze begeben.
Sie alle gehörten mit den hanseatischen Regimentern zur 17. Division.
Diese wurde mit einer Landwehrdivision zusammen dem Oberbefehle
unseres
Groß-
herzogs,
Friedrich
Franz Ii.,
unterstellt.
Zu ihrem
größten Leid-
wesen durfte
diese Trup-
penabteilung
nicht gleich
mit nach
Frankreich
ausrücken.
Da man die
Landung
einer.
französischen
Flotte, die
bereits ab-
gesegelt war,
und auch die
von
dänischen
Kriegs-
schiffen in
Großberzog Friedrich Franz Ii. von Mecklenburg-schwerin. dku N0vd-
und Ostseehäfen befürchten mußte, war eine Küstenwacht durchaus notwendig.
Diese Aufgabe wurde unserm Großherzog mit seinen Truppen überwiesen.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
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Extrahierte Personennamen: Franks Friedrich
Franz_Ii Friedrich Franz Friedrich_Franz_Ii Friedrich Franz
Extrahierte Ortsnamen: Straßburg Deutschland Niederwald_am_Rhein Rhein" Frankreich Mecklenburg-schwerin