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eifrig und ungestört nach der wahren Religion zu forschen. Meh-
rere Jahre vergingen in solcher Weise; da kehrte Muhammed eines
Tages wieder und erklärte, daß er von dem Engel Gabriel die
Offenbarung erhalten habe, er solle den alten Glauben des Erz-
vaters Abraham wiederherstellen. Er predigte: „Es ist nur
ein Gott, Allah, und Muhammed ist sein größter Prophet; Moses
und Christus sind auch Propheten gewesen, aber kleiner, als ich;
denn ich bin der Tröster, den Christus verheißen hat." So stellte sich
der verblendete Mensch über den eingebornen Sohn Gottes. Von einer
Taube ließ er sich Erbsen aus seinem Ohr fressen und sagte, sie
bringe ihm Botschaft vom Himmel. Auch behauptete er, über
Nacht reite er öfter aus einem weißen Rosse in den Himmel, um
mit Gott zu reden. Wenn er Anfälle von der Fallsucht bekam,
an der.er litt, so gab er vor, Gott rufe seine Seele in den Him-
mel, um ihm etwas Neues zu offenbaren.
Anfangs fand er wenig Glauben; denn außer seinen Haus-
genossen wollte ihn fast niemand sür einen Propheten gelten lassen.
Und als endlich die Zahl seiner Anhänger sich mehrte, erhoben sich
seine eigenen Stammesgenossen gegen ihn und nöthigten ihn, aus
Mekka zu fliehen, im Juli 622. Von dem Tage dieser Flucht
(Hedschra) zählen die Muhammedaner ihre Jahre. Sie war auch
der Ansang seines Sieges; denn nun mehrten sich seine Anhänger
reißend schnell. Nach wenigen Jahren war Muhammed so stark,
daß er zurückkehren und Mekka wieder erobern konnte. Von da
an war er das anerkannte weltliche und geistliche Oberhaupt seiner
Gemeinde. Abermals vergingen wenige Jahre, da war Muham-
med Herr über ganz Arabien geworden.
Was ihm so großen Zulaus verschaffte, war theils seine Lehre
selbst, theils die Weise, wie er sie ausbreitete. Seine Lehre war
ganz so, daß sie dem natürlichen Menschen Wohlgefallen konnte.
Sie deckte das sündliche Verderben im Innern des Herzens nicht
aus, sondern suchte nur durch eine schöne äußerliche Zucht das Le-
den von offenbaren groben Sünden rein zu halten und behauptete,
der Mensch müßte sich durch seine Tugenden die Seligkeit verdienen.
Täglich sollte der Gläubige oder Moslem fünfmal beten, das Ge-
sicht nach Mekka gekehrt. Schweinefleisch sollte er nicht essen.
Wein nicht trinken; dagegen könne er mehrere Frauen nehmen,
wie Muhammed selbst deren 22 gehabt hat. Wenigstens einmal
in seinem Leben sollte jeder eine Wallfahrt nach der heiligen
Stadt Mekka machen. Beten führte ans halbem Wege zu Gott,
Fasten brächte an den Eingang des Himmels, Almosen eröffneten
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Extrahierte Personennamen: Muhammed Engel_Gabriel Abraham Muhammed Christus Muhammed Muhammed Muhammed
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Erst Kaiser Otto war im Stande, die Slaven so weit zu demüthigen, Faß
sie seine Oberhoheit anerkennen imb christliche Missionare aufnehmen mußten.
In Havelberg und in Alten bürg bei Lübeck wurden Bischöfe für die
Wenden eingesetzt und ersterem das Land südlich von der Elde und Peene,
letzterem das ganze übrige Mecklenburg zuertheilt. Jetzt eilten die Glaubens-
boten durch das geöffnete Thor und predigten das Evangelium mit großem
Segen. Der Fürst des Landes ließ sich taufen, und viele Große der Obo-
triten folgten ihm nach. Er baute in Mikelinburg, dem heutigen Meck-
lenburg bei Wismar , ein Kloster und setzte seine Tochter H o d i k a dort als
Äbtissin ein. Das Christenthum breitete sich nun rasch unter den Wenden
aus. Überall entstanden Kirchen und Klöster. In wenigen Jahren gab es
im ganzen Lande, den Osten ausgenommen, schwerlich noch einen Ort, in
welchem nicht schon einige Christen zu finden waren. Der Erfolg der ersten
Missionsarbeit war überaus erfreulich, aber leider nicht auf die Dauer.
Die Sieger thaten nichts, den Besiegten das Christenthum lieb zu
machen. Vielmehr zeigten die weltlichen Beamten durch ihren Stolz und
ihre Geldgier nur zu deutlich, daß es ihnen mehr nur die Schätze, als um
die Seelen der Wenden zu thun war. Daher faßten letztere allmählich einen
Haß gegen die Deutschen, der von Jahr zu Jahr wuchs und nur durch die
Furcht vor den überlegenen Heeren ihrer Feinde zurückgehalten wurde, sich
öffentlich kund zu thun. Als aber der Kaiser gestorben war und die Umstände
günstig zu sein schienen, brach eine Empörung im ganzen Wendenlande aus.
Hamburg und Havelberg wurden zerstört, 983; Raubzüge wurden tief in das
Land der Sachsen hinein gemacht; mächtige Heere rückten aus Deutschland
heran und schlugen die Wenden. Im folgenden Jahre standen letztere ge-
rüstet wieder da und fielen von neuem ein ins sächsische Land. Diese Krieg-
führung dauerte über 30 Jahre. Im Jahre 1018 warenalle Kirchen zerstört
und die letzte Spur des Christenthums aus Mecklenburg verschwunden. Es
dauerte lailge Zeit, ehe für unser Vaterland wieder bessere Tage kamen.
üoitschalk.
[m Jahre 1032 wurde ein Fürst der Wenden durch einen
sächsischen Überläufer ermordet. Als sein Sohn Gottschalk,
der im Kloster zu Lüneburg erzogen wurde, von dieser Schandthat
hörte , eilte er in sein Vaterland, sammelte seine Wenden um sich
und fiel in das Land der Sachsen ein , Rache zu nehmen für sei-
nes Vaters Tod. Und er nahm furchtbare Rache. Wenn er in
eine Gegend kam, fand er friedliche Ortschaften, arbeitsame Men-
schen, gut bestellte Felder; wenn er weiter zog, liess er Jammer
im 1 Flend und rauchende Trümmer hinter sich. Eine Zeit lang
trieb er das wüste Wesen ungescheut fort. Ais aber die erste
Heftigkeit seiner Wuth sich gelegt hatte, gedachte er wieder des
Wortes, das er als Kind von den Lehrern im Kloster Lüneburg ge-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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74
brachen und plündernd in die Länder der Christen einfielen. Heinrich kehrte
1160 mit einem mächtigen Heere zurück, um blutige Rache zu nehmen. Jetzt
begann der letzte mörderische Kampf, der Jahre lang dauerte und mit dem
Untergange der Wenden endete. Zuerst führte Niklot, Fürst der Wenden,
den Krieg. Cr war ein gewaltiger Streiter und hielt sich tapfer in seiner
Burg Werle bei Schwaan, bis er im Kampfe sein Leben verlor. Sein Sohn
Pribis lav setzte den Krieg fort und hielt sich noch längere Zeit im östlichen
Mecklenburg, dessen Bewohner den Christen am hartnäckigsten widerstanden
hatten. Zn der letzten entscheidenden Schlacht mußte auch er unterliegen.
Alle Macht der Heiden hatte sich nach Demmin gezogen. Die Macht der
Christen sammelte sich um Barchen. Zwischen beiden Orten kam es am
6. Juli 1164 zu einer Schlacht, in welcher die Christen siegten und die Heiden
gänzlich geschlagen wurden. Die flüchtigen Wenden zündeten Demmin an
und suchten Schutz in Pommern. Hier aber wurden sie ergriffen und scha-
renweise als Sklaven nach Polen und Böhmen verkauft. Pribislav selbst
fand Aufnahme bei dem Herzoge von Pommerland. In das verödete und
entvölkerte Wendenland aber rückten deutsche Kolonisten und nahmen das
herrenlose Gut in Besitz.
Pribislav.
Pribislav war schon lange im Herzen dem Christenthume
freundlich gesinnt gewesen und hatte mehr für fein väterliches Erbe,
als für das Heidenthum den Krieg geführt. Die Worte eines
Mönches, der unter viel Schmach und Trübsal im Wendenlande
predigte, hatten einen Stachel in fein Herz gedrückt, den er nicht
wieder los werden konnte. Am 29. April 1164 hat er sich in
Doberan taufen lassen imb ist sein Leben lang ein treuer Bekenner
Christi geblieben. Seilte Hoffnung, das Reich seiner Väter wieder
zu gewinnetl, hatte er seit der Schlacht bei Demmin tvohl aufge-
geben und sich dariit gefunden, daß er als Flüchtling an einem
fremden Hofe sein Sehen zubringen mußte. Unerwartet änderte
sich seilt Schicksal weit über die kühltste Hoffnung hinaus.
Heinrich der Löwe, non mehreren Seiten mit Krieg bedroht,
wünschte int Norden Frieden ztt haben. Er hatte Pribislav als
Feind schätzen gelernt imb hoffte, ihn durch ehrenvolle Behandlung
sich als Freund zu verbünden. Darum versöhnte er sich mit ihm
und gab ihm den größten Theil seines Landes zurück. Pribislav
leistete das Versprechen der Treue und hat sein Wort als Mann
und Christ gehalten und ist beständig eilt treuer Freund des Her-
zogs geblieben. Der christlichen Kirche in seinem Lande hat er sich
eifrigst angenomlnen. Jlt Althof (Alt-Doberan) erbaute er eine
Kapelle, worin seilte Gemahlin begraben lvnrde, imb gründete nebelt
derselben eilt Kloster. Unt dieselbe Zeit gründete Kasimir voll
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Kasimir
Extrahierte Ortsnamen: Schwaan Pommern Polen Christenthume Doberan Christi Alt-Doberan
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Pommern in der alten Burg Dargun ein Kloster und baute einen
Altar der heiligen Jungfrau, den ersten im östlichen Mecklenburg.
Im Jahre 1172 unternahm Pribislav eine Pilgerfahrt nach dem
heiligen Lande, gewiß der erste Wende, dessen Fuß jene Gegenden
betreten hat. Er starb 1178 auf einem Turnier zu Lübeck durch
den Sturz seines Pferdes, nachdem er den Sieg des Christenthums
in feinern Lande noch mit seinen Augen gesehen hatte. Nach seinem
Tode wachte der Haß der Heiden noch einmal auf und machte sich
Luft. Die Wenden zerstörten im Jahre 1179 das Kloster Doberan
und 1180 das Kloster Dargun. Aber sie wurden mit leichter Mühe
geschlagen und beide Klöster wieder ausgerichtet. Das erstere
wurde von Althof nach Doberan verlegt und nahm die Gebeine
des Pribislav, des ersten christlichen Fürsten von Mecklenburg, auf.
Das Grab ist erst vor einigen Jahren wieder aufgefunden und mit
einem Denksteine verziert worden.
Mecklenburg ist ein christliches Land geworden, indem der
größte Theil seiner Bewohner vernichtet und deutsche Kolonisten in
deren Stelle getreten sind. Die übrig gebliebenen Wenden folgten
theils freiwillig dem Pribislav, theils mürben sie gezwungen, sich
taufen zu lassen. Nun wurden Kirchen und Klöster erbaut und für
die Unterweisung des Volks Sorge getragen. Die geistliche Auf-
sicht wurde in der Art vertheilt, daß der Westen dem Bischof von
Ratzeburg, das Land südlich von der Elde und Peene dem Bischof
von Havelberg, der östliche Theil, der sich in der Ausdehnung von
Neubrandenburg bis Gnoien keilförmig auf Krakow zu erstreckt,
dem Bischof von Kammin, das ganze übrige Mecklenburg aber dem
Bischof voir Schwerin übergeben wurde.
Diese alte Eintheilung ist theilweis noch an unsern: Kirchen zu
erkennen. Die Bischöfe von Havelberg bauten viele, aber kleine
Kirchen, die Bischöfe von Kammilr wenige, aber bessere. Daher
hat im Süden und Süd-Osten (Strelitz) fast jedes Dorf eine kleine
Kirche; im Osten stehen schöne massive Kirchen; aber es gehören
wohl an die zehn und mehr Ortschaften zu einer einzigen Pfarre.
12. Wie der Papst die höchste Gewalt auf ivtbat
gewönne« hat,
Anfänge.
Ursprünglich hatten in der christlichen Kirche alle Bischöfe gleiche Rechte;
denn sie galten alle als die Nachfolger der Apostel. Aber bald bestand un-
ter ihnen ein Unterschied an Rang und Macht; die Bischöfe in einer großen
Stadt galten mehr, als die Bischöfe in einer kleinen; der Bischof in einer
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97
bin sündiger Lippen." Der verzehrenden Gerechtigkeit Gottes zu
entfliehen, das war von nun an sein unablässiges Ringen. Nach
dem damaligen Stande seiner Erkenntniß suchte er die Rettung darin,
daß er die mönchischen Werke noch steigerte und sich weit größere
Pein und Entsagung auferlegte, als selbst die Gesetze seines Ordens
vorschrieben. Durch das fortgesetzte Kasteien und Selbstpeinigen
kam er so herunter, daß er in eine schwere Krankheit siel. Aber
Frieden der Seele fand er nicht. Darob kam eine so tiefe Schwer-
muth über ihn, daß seine Vorgesetzten Schlimmes für ihn fürchteten.
In einem Anfall von Schwermut!) hatte er sich einst eingeschlossen
und anderthalb Tage lang nicht Speise oder Trank zu sich genom-
men. Als man endlich mit Gewalt die Thür erbrach, fand man
ihn wie einen Todten aus dem Bette liegen. Da trat ein alter
Klosterbruder zu ihm hinan und betete ihm ans dem dritten Artikel
die Worte vor: „Ich glaube eine Vergebung der Sünden." Dies
war der erste Lichtstrahl, der in seine Seele siel. Von der Zeit
an forschte er eifrigst nach den Tröstungen des göttlichen Wortes und
kam immer mehr zu der Überzeugung, daß Gott Sünden vergebe,
nicht um selbstgemachter Pein, sondern nach seinem Erbarmen um
Christi willen. Aller zu unumstößlicher Gewißheit ist er damals
noch nicht gekommen. Als er von der Krankheit wiederhergestellt
war, wurde er zum Priester geweiht, wobei ihm der Bischof den
Kelch in die Hand gab und sprach: „Nimm hin die Macht, zu
opfern für Lebendige und Todte!" „Es war Gottes Geduld,"
sagte später Luther davon, „daß uns beide in dem Augenblick nicht
die Erde verschlungen hat."
Probiren gehl über Studiren.
Luther in Wittenberg und in Rom.
Um diese Zeit geschah es, das; der Kurfürst Friedrich der Weise von
Sachsen eine Hochschule in Wittenberg errichtete und Martin Luther als
Professor dorthin berief. Hier fing er an, gewaltig zu lehren, so daß viele
Studenten kamen, ihn zu hören. Zum Predigen konnte er sich lange nicht
entschließen; „denn," sprach er, „ich tauge nicht zu predigen." Als er sich
endlich einmal dazu bewegen ließ, wählte die Gemeinde ihn sogleich zu ihrem
Prediger. Es war aber die Kraft seiner Lehre so groß, daß die Kirche bald
die Hörer nicht mehr fassen konnte. Er hat Tausende aus dem Schlaf der
Sünde geweckt, Tausende mit Licht und Trost und Zuversicht erfüllt; denn
er predigte das reine Wort Gottes, wie es in den Schriften der Propheten
und Apostel gelehrt wird. Also ist Luther aus einem armen Mönche ein
großer Professor und Prediger geworden. Aber dabei hat er nicht hoch von
sich selbst gehalten, sondern ist sein demüthig geblieben und hat dem die
Ehre gegeben, der ihn berufen hatte von der Finsterniß zu seinem wunder-
baren Licht.
Fm Fahre 1510 wurde Luther nach Rom gesandt, um bei dem Papste
etwas für das Kloster zu Wittenberg auszuwirken. Mit Freuden trat er die
7
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Martin_Luther Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Christi Gottes Wittenberg Rom Sachsen Wittenberg Gottes Rom Wittenberg
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Reise an; denn er hoffte, daß er nun den letzten Rest von Zweifel überwin-
den und vollen, gewissen Grund des Glaubens finden werde. Aber wie bit-
ter wurde er enttäuscht! Je näher er Rom kam, desto leichtfertiger waren
die Priester, desto versunkener die Gemeinden. Zn Rom selbst ging es am
ärgsten her. Die Priester verrichteten hier die kirchlichen Geschäfte mit einer
unwürdigen Hast und Eile, gleich als ob sie in Tagelohn beteten. Und als
Luther selbst einmal Messe las, andächtig und feierlich, wie sichs gebührte,
verspotteten sie ihn und riefen ihm unter rohen Späßen zu, er solle doch ei-
ten, daß er zu Ende komme. Kurz vor seiner Abreise kroch er nach dem da-
maligen Brauch die Stufen der Pilatustreppe auf den Knieen hinauf, um
den Ablaß des Papstes zu empfangen. Da wars ihm, als ob jemand mit
Macht in sein Ohr rufe: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben." Dies
Wort wurde ihm von nun an zur unumstößlichen Gewißheit. Somit ist
seine Hoffnung erfüllt worden, daß er in Rom festen Grund seines Glaubens
finden werde, wenn auch in anderer Weise, als er selbst gehofft hatte.
Nach seiner Rückkehr wurde er zum Doktor der Theologie erhoben und
erhielt den Auftrag, die Klöster des Landes zu visitiren. O, was für Jam-
mer mußte er da sehen! Von Christi Verdienst war in Kirchen und Schulen
keine Rede, aber desto mehr von dem Verdienst der Heiligen: die zehn Ge-
bote wurden geringe geachtet, dagegen die selbsterwählte Geistlichkeit hoch
gepriesen; die Vergebung der Sünden um Christi willen war eine unbekannte
Sache, aber der Ablaßhandel war wohlbekannt in Stadt und Dorf. Wie
tammerte ihn des armen Volkes, das verschmachten mußte und hatte nichts
zu essen!
Wer ein Meister werden will, muss früh anfangen, treu an-
hangen, immer vorwärts langen.
Anfang der Reformation.
Papst Leo schrieb 1517 einen großen Ablaß aus, der allen
denjenigen zu Theil werden sollte, welche zum Bau der Peters-
kirche in Nom Geld beitragen würden. Die Größe des Erlasses
richtete sich nach der Größe der Summe, die einer bezahlte. Für
ganz Deutschland erhielt der Erzbischof von Mainz den Auftrag,
Ablaß zu ertheilen. Um größern Absatz zu finden, hielt er sich
eine Menge Kleinhändler, die umherzogen und ihre Ware feil
boten. Da konnte man den Erlaß für Lüge und Betrug, Erlaß
für Raub und Brand, Erlaß für alle möglichen Sünden, Erlaß
selbst für Verstorbene von den Qualen des Fegefeuers erhalten.
Am schamlosesten trieb es ein Mönch Tetzel, der geradezu er-
klärte, es bedürfe der Buße nicht; wenn Ulan nur einen Ablaß-
zettel kaufe, sei im Himmel alles in Richtigkeit! So frech hatte
noch niemand gesprochen. Als Luther von dem Unwesen hörte,
predigte er dagegen und belehrte das Volk gründlich über die
Vergebung der Sünden aus Gottes Wort. Man hörte nicht auf
ihn. Tetzel kam in die Nähe von Wittenberg und hatte die
Freude zu sehen, daß die Leute in hellen Haufen zu ihm liefen.
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Extrahierte Personennamen: Christi Leo Leo
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Christi Peters- Deutschland Mainz Gottes Wittenberg
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spiel, Wettrennen u. s. w. nicht fehlen dürfen, versteht sich von
selbst. Betäubt und ermüdet geht endlich alles in die stille Fasten-
zeit hinein.
Tt Lissabon.
Wenn man aus dem grossen atlantischen Ocean in die breite Mün-
dung des Tajo einfährt, so erblickt man links die alte, berühmte Stadt
Lissabon, die sich zwei Stunden lang vom Ufer des Flusses an die
Berge hinanzieht und mit ihrem Gewirr von Häusern, Palästen, Kirchen
und Ruinen einen gar prächtigen Anblick gewährt. Über die Stadt blicken
die zackigen Höhen des Cintra - Gebirges weg. Das gegenüberliegende
Uier ist mit Landhäusern und Gärten, mit Orangen- und Olivenhainen
besetzt. Die Lage der Stadt an den Bergen macht es, dass viele Häuser
nach der Flussseite hin ein oder zwei Stockwerke mehr haben, als nach
der entgegengesetzten Seite. Es kommt vor, dass man zur ebenen Erde
in ein Haus tritt und auf der andern Seite erst zwei Treppen hinabstei-
gen muss, um die Ausgangsthür zu finden. Manche Strassen sind gar nicht
gepflastert; in den meisten sieht es wenigstens nicht residenzmässig aus.
Denn Reste von Speisen, Kehricht, Unrath — alles wird auf die Strasse
geworfen und muss dort liegen, bis die Sonne es verzehrt oder ein tüch-
tiger Regen es wegspült. Dazu wimmelt es von Bettlern und herren-
losen Hunden, die beide gleich unverschämt sind, sich ihren Unterhalt
zu verschaffen. Ob es der Schmutz der Strassen oder die Menge des um-
herstreifenden zwei- und vierbeinigen Gesindels macht, genug, wer es
irgend ermöglichen kann, geht nicht zu Fuss, sondern reitet oder fährt,
wenn er auch nur einen kurzen Besuch bei einem benachbarten Freunde
macht. Kann eres nicht bis zu einem Pferde oder Maulthier bringen, so
spannt er Ziegen und selbst Hammel vor den Wagen und fährt wohlge-
muth seines Weges dahin.
Lissabon ist mehrere Male von Erdbeben stark heimgesucht worden,
zuletzt am Feste Allerheiligen, den 1. November 1755. Es war Morgens
kurz vor zehn Uhr, während die Kirchen gedrängt voll waren, als ein
heftiger Erdstoss gespürt wurde, von dem Kirchen und Schlösser und
Häuser zusammenstürzten. Bald folgten noch mehrere Stösse. Zwei
Stunden darauf brach eine Feuersbrunst aus, die sich bei dem heftigen
Sturm rasend schnell verbreitete und Tage lang wüthete, bevor ihr ein
Ziel gesetzt ward. Die Menschen waren in das Freie hinaus geflohen
und schauten mit Entsetzen die brennende Stadt an, während ringsumher
die Erde sich bewegte, wie Wellen im Meere, oder hie und da sich auf-
that und Schwefel und Feuer aus ihrem Munde warf. Plötzlich, als wollten
sich alle Elemente zum Untergange der Stadt vereinigen, stieg der Tajo
vierzig Fuss über seine gewöhnliche Höhe, warf grosse Schifte über
Mauern und Häuser weg und brachte vielen Menschen, die am Ufer Schutz
gesucht hatten, den Tod. An 30,000 Menschen sind bei jenem Erdbeben
umgekommen. Dasselbe ist im ganzen westlichen Europa und dem nörd-
lichen Amerika gespürt worden. Auch bei Waren und Malchow will man
es beobachtet haben.
23. Die Stiergcfecbte in Spanien.
Die großartigsten Volksbelustigungen in Spanien sind die Stiergefechte,
die auf der ganzen Halbinsel vorkommen, am glänzendsten aber in Madrid
gegeben werden. Die Stiere werden in den Gebirgen eingefangen. Der Ort
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Extrahierte Personennamen: Malchow
Extrahierte Ortsnamen: Lissabon Lissabon Europa Amerika Spanien Spanien Madrid
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gen oder ein anderes Glied des Leibes verletzt wird. Der Kampf
hört nicht auf, bevor nicht der eine sich für besiegt erklärt hat. Die
Polizei paßt den Boxern eifrig auf, hat aber die alte Sitte noch
nicht ausrotten können. Es geschieht auch wohl, daß auf der
Straße zwei Menschen sich begegnen und einig werden, in aller
Geschwindigkeit einen Gang im Boxen zu machen. Bald sammelt
sich eine Menge Menschen um sie. Aber die Polizei kommt. Im
Nu stiebt alles aus einander, um — — einige Straßen weiter das
Spiel ruhig fortzusetzen.
Ein anderes Vergnügen, das auch bei uns Eingang gesunden
hat, ist das Pferderennen. England hat eine Art Pferde, die
von arabischen Hengsten und englischen Stuten abstammen und un-
ter dem Namen „Vollblutpferde" sehr geschätzt sind. Die Thiere
sind zierlich gebaut und schnell, wie der Wind, aber zu schwerer
Arbeit nicht zu gebrauchen. Aus diesen zieht man sich die zu den
Wettrennen zu verwendenden Pferde. Sie werden mit der größ-
ten Sorgfalt gepflegt, bei rauher Luft in wollene Decken gehüllt,
erhalten ihr Futter zugewogeu und wohnen in Ställen, die so
sauber und prächtig sind, daß man schwerlich Wohnungen für'das
unvernünftige Vieh in ihnen vermuthen würde. Sie müssen jeden
Tag ihre vorgeschriebene Bewegung haben. Durch die sorgfältige
Behandlung und tägliche Übung erlangen sie eine Schnelligkeit,
die unbeschreiblich ist: wenn sie vorüberstürmen, sollte man glauben,
sie flögen durch die Luft, ohne auch nur den Erdboden zu berühren.
Bei dem Nennen kommt es nicht blos auf die Pferde, sondern
auch auf die Reiter an. Letztere, Jockeys genannt, werden eben-
falls höchst sorgfältig gehalten und müssen sich oftmals durch ver-
zweifelte Kuren auf die Rennen vorbereiten. Es ist bestimmt, daß
die Pferde von gleichem Alter auch gleiches Gewicht tragen sollen.
Ist ein Jockey — was selten der Fall ist — zu leicht, so steckt
man ihm Blei in Taschen oder Gurt; ist er zu schwer, so muß er
Wochen lang hungern und dursten und schwitzen, bis er hinlänglich
von seinem Gewicht verloren hat. Ein Jockey und ein Boxer —-
welche Verschiedenheit!
Die Jockeys haben eine eigene Weise zu reiten. Mit dünnen
Taffetjacken, leichten Hosen und kurzen Stiefeln bekleidet, sitzen sie
nicht auf dem Sattel, sondern stehen vorübergeneigt in den Steig-
bügeln und halten sich mit den Knieen fest. Wenn Roß und
Reiter dahinfliegen, das Thier mit Kopf und Bauch fast den Erd-
boden berührend, während der Reiter zusammengekauert darauf
hockt, so mag man die Schnelligkeit des einen und die Behendig-
keit des andern mit Recht bewundern; im übrigen aber hat man
nicht einen schönen, sondern einen recht häßlichen Anblick vor Augen.
Kurz vor dem Beginn des Rennens stehen die Pferde in einer
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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101
des Reichs erschienen war. Luther wurde vargefordert, nur sich vor
Kaiser und Reich wegen seiner Lehre zu verantworten, und erhielt dazu
einen sichern Geleitsbrief ans den Weg. Seine Freunde baten flehent-
lich, er möge von der Reise abstehen; denn sie gedachten an Huß, bcu
der kaiserliche Geleitsbrief auch nicht gerettet hatte. Gr aber sprach
mit Zuversicht: „Wenn sie gleich ein Feuer machten zwischen Wit-
tenberg und Worms bis an den Himmel hinan, so wollte ich doch
im Namen des Herrn erscheinen, Christum bekennen und- denselbigen
walten lassen. Und wenn so viel Teufel iit Worms wären, als Zie-
gel auf den Dächern, so werde ich dennoch gehen!" Am 4. April
trat er die Reise an, uiib am Ig. fuhr er in Worms ein. Cs'ine große
Menge von Menschen begleitete ihn in fein Quartier: ein Theil be-
wnnderte den mnthigen Zeugen, der andere Theil gaffte neugierig
den seltsamen Fremden an. Die Nacht brachte er in: brünstigen Ge-
bet zu. Als er am folgenden Tage nach dem Rath Hause abgeholt
wurde, war das Gedränge auf beit Straßen so groß, daß man ihn
ans Nebenwegen durch eine kleine Pforte in den Saal führen mußte,
^ln der Saalthür stand der kaiserliche Feldhanptmann von Frnnds-
b erg. Der klopfte Luther auf die Schulter und sprach: „Mönchlein,
Mönchlein, du gehst einen Gang, desgleichen ich in der heißesten
Schlacht nicht gethan habe. Bist du aber auf rechter Meinung, so
sei getrost; Gott wird dich nicht verlassen." Dann wurde die Thur
geöffnet, und der Geladene trat ein:
L u t h e r stand vor Kaiser und Reich!
Da saßen in großer Pracht und Majestät Kaiser Karl V und
alle die Kurfürsten, Herzoge, Fürsten, Bischöfe, Grafen und Herrn
und schauten den geringen Mönch an, der es wagte, den Kampf wi-
der die gewaltige Macht des Papstes zu unternehmen. Nach wenigen
Vorfragen erhielt Luther das Wort. In Demuth und höchster Ghr-
erbietung, aber mit Kraft und Freudigkeit hielt er seine Rede an
Kaiserliche Majestät und vertheidigte sich so wacker gegen die vor-
gebrachten Beschuldigungen, daß mehrere der Anwesenden an diesem
Tage für das Evangelium gewonnen wurden und Friedrich von Sach-
sen hoch erfreut ausrief: „Pater Martin hat wohl geredet!" Als
aber der Erzbischof von Trier ausrief, man wolle nicht mit thm dis-
putiren, sondern eine runde Antwort haben, ob er widerrufen wolle
oder nicht, erklärte Luther mit männlicher Festigkeit, er werde nicht
widerrufen, es sei denn, daß er durch die Schrift überwunden sei,
und schloß mit den Worten:' „Hier stehe ich, ich kann nicht anders;
Gott helfe mir! Amen." Darauf wurde Luther entlassen Die Pa-
piften wollten ivoht den Kaiser bereden, daß er dem Ketzer das sichere
Geleit nicht zu halten brauche; allein Karl erklärte: wenn in der
ganzen Welt kein Treu und Glaube mehr gefunden werde, so müsse
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Extrahierte Personennamen: Karl_V Karl Demuth Friedrich_von_Sach- Friedrich Martin Karl Karl
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er schwerlich etwas Sonderliches ausgerichtet haben, weil seine Gegner wacker
gerüstet und stärker an Zahl waren, als er: aber ihm kam Hülfe von einer
Seite, von der man es am allerwenigsten erwartet hatte. Herzog Moritz
von Sachsen, Better des Kurfürsten Johann und Schwiegersohn des Land-
grafen Philipp vön Hessen, verbündete sich mit dem Kaiser und half ihm
seine eignen Verwandten und Glaubensgenossen bekriegen. Mit seiner Hülfe
wurden die Protestanten geschlagen. Der Kurfürst ward gefangen und mußte
sein Land an seinen Vetter Moritz geben; später wurde auch der Landgraf
gefangen und blieb in strenger Haft in der Nähe des Kaisers. Die Römi-
schen waren wieder oben auf und freuten sich der Zeit, da es mit den Evan-
gelischen rein zu Ende sein würde.
Moritz hatte jetzt alles, was er sich nur wünschen konnte; er besaß ein
schönes Kurfürstenthum und wurde geliebt und geehrt von seinem Kaiser.
Ob er auch Frieden im Herzen gehabt hat? Schwerlich! Er mußte täglich
merken, daß er bei allen Evangelischen als Verräther am Glauben galt; sein
Gewissen mußte ihm sagen, daß er im Grunde seinen Vetter um sein Land
betrogen hatte. Dazu mußte er sehen, daß sein Schwiegervater fortwährend
gegen den Vertrag vom Kaiser in Haft gehalten ward, und daß der Kaiser-
größe Lust bezeigte, die Macht der Kurfürsten zu brechen, um willkürlich über
Deutschland herrschen zu können. Genug, als er einst vom Kaiser den Auf-
trag erhielt, ein Heer zu sammeln, um das widerspenstige Magdeburg zu
züchtigen, überfiel er unerwartet seinen eigenen Herrn und erzwang 1552 den
Passauer Vertrag, der auf dem Reichstage zu Augsburg 1555 zum „Religi-
onsfrieden" ward, wonach den Evangelischen gleiche Rechte mit den Katholi-
schen in Deutschland zugestanden wurden.
Fetzt hatten die Protestanten eine Zeit lang Ruhe, aber nicht auf die
Dauer. Im Jahre 1018 brach ein fürchterlicher Krieg aus, der dreißig Jahre
lang durch Deutschland tobte und Mecklenburg insonderheit arg verwüstete.
Schweden und Franzosen, Spanier und Italiener kämpften auf deutschem
Boden und wetteiferten mit den Deutschen, unser Vaterland zu verderben.
Im Frieden 1648 wurden noch einmal den Protestanten gleiche Rechte mit
den Katholiken zuerkannt. Seit jener Zeit ist die Spaltung in Deutschland
festgestellt und dauert bis in unsre Tage.
Die Jesuiten.
Ein Feind, gefährlicher, als alle übrigen, entstand der evangelischen
Kirche in dem neuen katholischen Orden der Jesuiten. Der Stifter des-
selben rvar ein spanischer Ritter, Loyola, ein Plann von brennendem Ehr-
geiz und eisernem Willen. Ohne Unterricht aufgewachsen , war er in den
Krieg gezogen, um Ruhm zu erwerben, und hatte sich durch seine Tapferkeit
Achtung bei Freund und Feind verschafft. Bei der Eroberung einer Festung
wurde er am Fuß verwundet und mußte lange das Bett hüten. Als er end-
lich wieder genas, war er ein Krüppel geworden. In seiner Krankheit wollte
er sich die Beit mit Lesen vertreiben, konnte aber nur eines Buches habhaft
werden, worin das Leben der Heiligen beschrieben und gepriesen war. Lo-
yola las das Buch mit täglich wachseudem Eifer. Seine Einbildungskraft
erglühte. Kriegsruhm zu erwerben, dazu war er als Krüppel nicht im Stande;
aber als römischer Heiliger durch die Grüße der Entsagung zu glänzen, das
war nröglich. Mit demselben unbeugsamen Muthe, womit er früher das
Schwert gegen den Feind gezogen hatte, sing er jetzt an, gegen sich selbst zu
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Extrahierte Personennamen: Moritz
von_Sachsen Johann Johann Philipp Philipp Moritz Moritz Loyola
Extrahierte Ortsnamen: Hessen Deutschland Magdeburg Deutschland Deutschland Deutschland