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Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
190
von der Vergiftung frei und erklärte, daß nach dem Gesetz nur die Thaten,
nicht die Gedanken strafbar wären. Das war natürlich dem König nicht
recht. „Hätte ich so viele Vetter und Freunde im Rath, wie der Schloß-
hauptmann," sagte er, „das Urtheil wäre schon anders gefallen; aber hätte
der Oxe auch einen Hals so dick wie ein Ochs, er sollte ihn doch missen."
Sogleich wurhen 12 Bauern aus der Umgegend ins Schloß gerufen; man
steckte vor dem Schloßthor vier Lanzen auf, welche die Thingstätte bildeten.
Die Zwölfe traten ein. Für Nichts galt das Wort der Handfeste, welches
bestimmt, daß der Edelmann nur von Edelleuten gerichtet werden solle;
für Nichts das Landrecht, welches die Bauern auf die Thingstätte, nicht
auf den Schloßhof zum Gerichte wies. Torben ward herbeigeführt, der
Schultheiß trat als Ankläger auf. Das Urtheil der Bauern lautete, wie
der Spruch von geängstigten Männern lauten kann, die zwischen zwei Feuern
stehen. „Wir richten ihn nicht, aber seine eignen Thaten richten ihn,"
erklärten sie. Vergeblich bat nun der ganze Reichsrath, vergeblich der päpst-
liche Legat, vergeblich die Königin, die Letztere sogar fußfällig, um Gnade.
Torben Ore ward öffentlich aus dem Gertrudenkirchhof enthauptet. Seitdem
war der Bruch zwischen König und Reichsrath vollendet; die Handfeste lag
in Todesnöthen, und Siegbritt war dem König unentbehrlicher als je.
Wer von den Reichsräthen noch in den Geschäften bleiben wollte, mußte sich
entschließen, ihr seine Aufwartung zu machen, wenn er auch einmal;erae
Zeitlang frierend vor ihrer Thür stehen mußte, was öfters vorkam.
Schweden war noch immer nicht wieder der Union beigetreten. Als
nun aber innere Zwistigkeiten entstanden und eine Partei mit dem Erzbischof
an der Spitze sich für die Wiederherstellung der Union erklärte, schien dem
König der paffende Zeitpunkt gekommen, mit Waffengewalt gegen den
schwedischen Reichsverweser vorzugehen, den der Papst in den Bann gethan
hatte. Der erste Feldzug 1517 lief freilich unglücklich ab; beim zweiten
aber kam er 1518 durch List und Wortbrüchigkeit in den Besitz von sechs
Geißeln, deren einer Gustav Wasa war, und im dritten endlich, 1519, in
welchem nicht nur Hülfstruppen seines Oheims, des Herzogs Friedrich,
sondern auch 2000 Franzosen für ihn fochten, erreichte er glücklich seine An-
erkennung als König von Schweden.
Am 4. November 1520, an einem Sonntage, ward er in Stockholm
feierlich gekrönt und versprach, daß Alles, was in Schweden gegen ihn und
seine Vorfahren'geschehen sei, vergessen fein und gegen Niemand Rache ge-
übt werden solle, und daß er nach den in Schweden geltenden Gesetzen und
der Union gemäß regieren wolle. Dem Krönungsaet folgte nun ein drei-
tägiges Fest, an welchem Schweden, Dänen und Deutsche Theil nahmen.
Gleich den Tag darauf, am Mittwoch, begann ein Gelag von ganz
anderer Art. Die angesehensten Schweden wurden in den großen Saal des
königlichen Schlosses beschieden. Der dänenfreundliche Erzbischof mußte die
Rolle eines Anklägers übernehmen. Christian hatte als König den Schweden
verziehen; wenn ihn aber jetzt der Vertreter der Kirche anrief, die Beleidi-
gungen zu rächen, welche dem Diener der Kirche widerfahren waren, fo war
das eine zweite Sache, und Christian, der Vollstrecker des Bannes, mußte
die Uebelthäter strafen. Und er strafte gern. Er wollte die Macht des
schwedischen Adels brechen und er wußte, daß ihm darin der dänische Reichs-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Torben Torben_Ore Gustav_Wasa Gustav Friedrich Friedrich Christian Christian
Extrahierte Ortsnamen: Schloß- Schloßhof Gertrudenkirchhof Schweden Stockholm Schweden Schweden Schweden
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
233
besänftigen, und schrieb mit Erlaubnis; desselben an den dänischen König,
um den Frieden herzustellen. Es erfolgte aber keine Antwort, wahrscheinlich
Weil Karl Gustav einen zu kurzen Termin gesetzt hatte.
Die dänische Armee zog sich nach Jütland hinauf, und Karl Gustav
hatte nichts Anderes zu thun, als offene Städte und unbesetzte Festungen
besetzen zu lassen. Die neuerbaute, jütsche Festung Friedericia, in welche
sich die Dänen, 6000 Mann stark, geworfen hatten, ward von dem schwe-
dischen General Wrangel, wie man sagt, mit 3000 Mann erstürmt. Der
dänische General, der sich zu Schisse zurückziehen wollte, mußte sich ergeben
und starb an den empfangenen Wunden. Jetzt waren die Dänen auf ihre
Inseln beschränkt; das ganze Festland war in der Gewalt der Schweden.
Die weiteren Unternehmungen des Schwedenkönigs wurden durch den
einbrechenden Winter gefördert. Schon im December trat Frostwetter ein,
und zwar mit solcher Heftigkeit, daß bald die Belte sich mit Eis bedeckten.
„Die Natur selbst baut mir eine Brücke/' sagte Karl Gustav, und sandte
tüchtige Ofsiciere an den Belt, um die Stärke des Eises zu untersuchen. Als
er nach ihren Berichten annehmen durfte, daß das Eis allenthalben stark
genug sei, zog er eine Armee an der schleswigschen Küste zusammen, um sie
über den gefrornen Belt nach Fühnen zu führen. Dreitausend Mann zu
Fuß, neuntausend Reiter, Artillerie, Munitions- und Packwagen lagerten
auf einer Strecke von 2 Meilen längs der Küste, um.den waglichen Marsch
anzutreten. Am 30. Januar 1658 begann der Uebergang. Die Reiter
mußten absitzen, ihre Pferde führen und sich weit von einander halten, um
dadurch die Last für das Eis zu verringern; sie nahmen ihren Weg nach der
Insel Brandsöe, bestiegen dort ihre Pferde, formirten sich zum Angriff und
marschirten gegen die Küste; die Kanonen wurden auf' beiden Seiten der
Armee iit weilen Entfernungen von einander hinübergefahren, das Fußvolk
marschirte geradeswegs nach dein gegenüberliegenden Ufer.
Ganz ohne Unfall ging das kühne Wagstück nicht ab; zwei Compagnien
Fußvolk und die königliche Kutsche brachen ein und gingen verloren.
Die Dänen hatten es wohl gemerkt, daß die Schweden seit längerer'
Zeit sich mit der Prüfung des Eises beschäftigt hatten. Sie erwarteten
daher auch einen Angriff, nur nicht den Uebergang einer ganzen Armee.
Darum hatten sie auf der fühnscheu Küste Batterien und Verhaue errichtet
und vier Regimenter zu ihrer Vertheidigung an der Küste versammelt.
Jetzt nahte aber ein ganzes Heer, das auf drei verschiedenen Punkten
zu landen entschlossen war, um die Dänen zu umzingeln. Um der Gefangen-
schaft zu entgehen, ergriffen diese die Flucht; aber Karl folgte so schnell,
daß auch diese nur Wenigen gelang. Nur etwa 300 Mann entkamen nach
Seeland; die übrigen wurden gefangen genommen.
Während die Schweden durch Fühnen marschirten, ließ der Frost etwas
nach. Da erfuhr Karl von einem englischen Courier, der von,Kopenhagen
her über den großen Belt gekommen war, daß das Eis noch halte. Ohne
weiter das Eis zu prüfen, führte er nun seine Reiter von Fühnen nach
Langeland und von hier über Laaland und Falster nach Wordingborg auf
Seeland. Dänemark war verloren und mußte um Frieden bitten.
König Friedrich Iii. übertrug dem englischen Gesandten die Vermitt-
lung, und dieser reiste sofort dem kühnen Schwedenkönig entgegen, der immer
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Extrahierte Personennamen: Karl_Gustav Karl Gustav Karl_Gustav Karl Gustav Karl_Gustav Karl Gustav Karl Karl Karl Karl Friedrich_Iii Friedrich
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
I
3
die Uebereinstimmung in der Thierwelt und uralte Sagen verbürgen den Zu-
sammenhang beider Länder. Hing aber England mit Frankreich zusammen,
so war die Nordsee einst ein großer Meerbusen, in den die Fluth vom Nor-
den her eintrat. Für diese Annahme sprechen noch folgende Thatsachen":
Erstlich bilden sich Marschen am ersten da, wo das Wasser am ruhigsten ist;
die holländischen Marschen sind die ältesten; folglich muß dort in alten Zei-
ten, als sie sich bildeten, sehr ruhiges Wasser gewesen sein, ruhiger als an
den übrigen Küsten der Norsee. Das konnte aber nur der Fall sein, wenn
die Nordsee einst ein Busen war, an dessen Spitze die holländische Küste lag.
Zweiteris ist es Thatsache, daß alle Flüsse dahin münden, woher ihnen die
Fluth kommt; der Rhein hat in alten Zeiten bei seiner Mündung einen nörd-
lichen Lauf gehabt; die Fluthwelle muß ihm also von Norden genaht sein,
und das war nur so lange der Fall, als die Nordsee ein Busen war.
Was mag aber den Durchbruch des Kanals zwischen England und Frank-
reich veranlaßt haben? Wahrscheinlich eine große, plötzliche Senkung des
Bodens und der Wassermasse der Nordsee und ihrer ehemaligen Küstengegen-
den. Wahrscheinlich sind durch sie unsere friesischen Inseln vom festen Lande
getrennt. Versunkene Wälder liegen an mehreren Stellen zwischen ihnen und
der schleswiger Küste; bei Römöe steht z. B. ein unterseeischer Fichtenwald
9 Fuß tief unter dem gewöhnlichen Wasserstande. Das Vorkommen eines
Fichtenwaldes beweist, daß die Senkung sehr alt ist; denn so weit die Ge-
schichte reicht, hat unser Land keine Fichtenwälder gehabt. Natürlich muß
auch das Klima damals ein kälteres gewesen sein, und das deutet wieder dar-
auf hin, daß die Nordsee ihre Fluth und mit ihr vielleicht manchen Eisberg
aus dem kalten Eismeer empfing, während ihr jetzt wärmeres Wasser durch
den Kanal zuströmt. — Als aber nun die erwähnte Senkung der Nordsee
eintrat und die Wassermenge an der nördlichen Seite der Landenge zwischen
England und Frankreich plötzlich niedriger wurde, ward der Druck des atlan-
tischen Oceans geg^n die Landenge so stark, daß er sie durchbrechen konnte,
und die Westküste der cimbrischen Halbinsel mußte den letzten Stoß der sie-
genden Wellen aushalten.
Man hält dafür, daß dieses großartige Naturereigniß einige, vielleicht
fünf Jahrhunderte vor Christi Geburt stattgefunden und die Cimbern und
Teutonen zur Auswanderung bewogen hat, da römische und griechische Schrift-
steller erzählen, daß im Norden wohnende deutsche Völkerschaften durch eine
große Fluth aus ihrem Vaterlande vertrieben seien.
Auch in späterer Zeit hat das Meer die Westseite unsers Landes ver-
heert, bald in Inseln zerrissen, bald Inseln dem Festlande angeheftet und
manchen volkreichen Ort begraben. So ward noch zur Zeit des dreißigjähri-
gen Krieges die Insel Nordstrand zerrissen; die Insel Eiderstedt dagegen ist
im Lauf der Zeiten eine Halbinsel geworden.
So dehnt sich rechts und links von der cimbrischen Halbinsel eine graue,
grollende Wüste aus, immer in fürchterlicher Beweglichkeit, immer gierig auf
Tod und Untergang bedacht. Brandende Wellen zeigen ihre weißen Zähne;
sie spritzen den Schaum hochauf und beißen wild in die Brust der Gestade,
die ihrer Zerstörungslust ein Ziel setzen.
Seltsam! Dieses wilde, trotzige, trümmergierige Meer ist wieder nicht
ohne Güte gegen sein mißhandeltes Opfer; mitten in seiner wilden Zer-
i*
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Christi
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Rhein England Frank- Nordsee Küstengegen- England Frankreich Nordstrand
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Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Die ganze Anlage kam auf reichlich 2\ Millionen Thaler Courant zu stehen;
denn es mußten sechs kostspielige Schleusen eingerichtet werden, da die Höhe
des Wasserstandes in den verbundenen Meeren eine sehr verschiedene ist.
Dafür hatte man 5 Meilen Landes durchgraben und schiffbar gemacht;
Rendsburg war zur Seestadt geworden; wo sonst der Pflug seine Furchen
zog, schwebten jetzt majestätisch die zahlreichen Segel dahin, und wenn sich
auch nicht alle Hoffnungen erfüllten, die man an das Unternehmen knüpfte,
so haben doch seitdem Tausende von Schiffen das gefahrvolle Kattegat meiden
und rasch und sicher von einem Meer in das andere gelangen können (jähr-
lich 4000 Schiffe).
2. Das Kirchenwesen (1797).
Die Reformation ist nur nach und nach in den Herzogthümern eingeführt
worden, und daher herrschte in den kirchlichen Gebräuchen eine große
Ungleichheit. Bis zu Heinrich Ranzau's Zeiten und noch später pflegte man
sich der plattdeutschen Mundart beim Gottesdienst zu bedienen, und die
gottesdienstlichen Gebräuche in den einzelnen Gemeinden waren so verschieden,
daß kaum zwei Kirchen sich gleicher Liturgie bedienten.
Im Jahre 1797 erschien nun eine neue Agende mit königlicher Be-
stätigung, die der Generalsuperintendent Adler von Schleswig nach Rück-
sprache mit dem holsteinischen Generalsuperintendenten Callisen ausgearbeitet
hatte. Die Einführung der in dieser Agende vorgeschriebenen liturgischen
Gebräuche sollte nach und nach geschehen und innerhalb eines Jahres beendigt
sein. Die vorgeschriebenen Formulare wollten aber den Gemeinden nicht
gefallen. „Man dürfe jetzt den alten Glauben nicht mehr singen," sagte
man, „das alte Vaterunser nicht mehr beten, den alten Segen nicht mehr
empfangen; man werde Wohl bald auch Taufe, Abendmahl und Bibel
abschaffen und das Volk zu Heiden machen, wie die Franzosen wären." In
vielen Kirchen kam es zu Unterbrechungen des Gottesdienstes, und an
einzelnen Orten, z. B. in Bau und Rellingen, zu gewaltthätigen Auftritten.
Da erklärte denn die Regierung in einem Patent vom 26. Januar 1798,
„daß sie es keineswegs zugeben werde, daß eine andere Religion gelehrt
Werde. Sie wolle dem Gewissen durch die Agende keinen Zwang auflegen,
und jede Gemeinde, der die bisherige Form des Gottesdienstes lieber sei,
möge bis auf Weiteres dabei bleiben." In Folge dieser Verfügung ist die
Agende nie allgemein in den Herzogthümern herrschend geworden, sie ist
vielleicht in keiner einzigen Kirche vollständig in Anwendung gekommen; doch
haben die liturgischen Gebräuche sich in der Folge mehr oder weniger nach
ihr umgestaltet.
3. Das Heerwesen (1800).
Zur Zeit der Schauenburger war jeder waffenfähige Mann zur Landes-
vertheidigung verpflichtet; die Edelleute verthcidigten ihre Burgen, die
Bürger ihre Städte; Adlige, Bauern und Bürger folgten in eigner Rü-
stung und auf eigne Kosten dem Aufgebot ihres Landesherrn, wenn das
Vaterland bedroht war; denn die Vertheidigung des Landes ruhte ursprüng-
lich auf den G r un d stü ck e n.
Darauf folgte die Zeit der Werbung en; der Krieg ward ein Hand-
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Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
26
Schleswig-Holstein.
wenn er nicht zu rechter Zeit das feste Land erreicht.
Wie die zischende Schlange kommt die Welle der stei-
genden Fluth daher, immer höher steigt das Wasser,
bis nach kurzer Zeit dort, wo vorhin die Knaben fischten,
das Schiff den Menschen trägt.
Climatische Verhältnisse.
§ 48. Das Clima ist ein gemäßigtes, doch eher
kalt als heiß. Dennoch ist die Kalte geringer als in
mehreren südlicheren Ländern, weil die Dünste des
Meeres die Kälte des Winters mildern, sowie sie auch
im Sommer die Hitze dämpfen. Wohl ist das Clima
in manchen andern Ländern Europa's angenehmer, denn
unser Clima ist sehr unbeständig; cs weht viel hier zu
Lande, auch ist die Lust oft feucht und es regnet nicht
selten. Aber es ist ein gesundes und ein fruchtbares
Clima. Viele Menschen erreichen ein hohes Alter und
ansteckende Krankheiten erhalten durchweg nicht den
bösartigen Character wie anderswo. Der beständige
Wechsel zwischen Regen und Sonnenschein fördert das
Wachsthum des Getreides, und die erfrischende Seeluft,
welche über die grasreichen Triften dahinstreicht, bekömmt
den Thieren wohl. Am wenigsten gesund ist das Clima
in den Marschen und auf Fehmarn, wo häufig Wechsel-
fieber und die sogenannte Marschkrankheit (.zum Theil
auch eine Folge des schlechten Trinkwassers) besonders
bei Nicht-Einheimischen auftritt.
Anm. Die mittlere Jahres-Temperatur ist der won Berlin
gleich und beträgt -j- 7° 5}.; in Stockholm 4°,
in Rom 12 °. Die größte Sommerwärme kann
-j- 25 bis 28°, die größte Winterkälte — 20° R.
betragen. Westwinde find vorherrschend. Stürme
haben wir am häusigsten zur Zeit der Tag- und
Nachtgleiche. In jedem Monat haben wir durch,
schnittiich 12 —13 Tage Regen oder Schnee. Die
Menge des jährlichen atmosphärischen Niederschlages
soll 22 Pariser Zoll betragen.
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TM Hauptwörter (200): [T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Climatische
Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Nicht-Einheimischen Berlin Stockholm Rom
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Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
§ 27. Blick in die Urzeit Schleswig-Holsteins. 45
In alter Zeit stand die Ostsee mit dem nördlichen Eis-
meere in Verbindung, vom finnischen Busen über den Ladoga-
und Onegasee nach dem weißen Meere, und gestattete den eisigen
Gewässern dcspolarmeeres ungehinderten Zutritt zu unsernküsten.
Die Nordsee stand früher nur durch die breite Straße
zwischen Schottland und Norwegen mit dem atlantischen Ocean
in Verbindung ; nicht auch durch den Kanal zwischen England
und Frankreich. Dieser war zwischen Calais und Dover ge-
schlossen. Das Wasser der Nordsee war (ruhiger, aber- kälter.
Durch diesen Umstand, sowie durch die Einwirkung des
Polarmeeres, wurde die Temperatur der Lust bedeutend herab-
gedrückt. Die Vegetation war mehr polarisch; Birke imt>
Föhre waren die Hauptbäume; die Eiche kam auch vor; die
Buche, heut zu Tage die Zierde unserer Laubwälder, fehlte.
Die Verbindung der Ostsee mit dem weißen Meere hat
aufgehört durch eine noch heute langsam fortschreitende Hebung
Skandinaviens und Finnlands. Der tief einschneidende Meer-
busen zwischen Großbritannien und Frankreich hat den schmalen
Landrücken bei Calais durchbrochen und durch den so entstan-
denen Kanal hat eine warme Wasserströmung aus Südwest
Einlaß erhalten. Das Klima wurde gemildert; die Vegetation
nahm allmählig den jetzigen Charakter an. Alles geschah in
vorgeschichtlicher Zeit.
Von besonderer Bedeutung für unser Land waren zwei
Vorgänge in der Vorzeit, die sich, wenn auch in vermindertem
Grade, noch heutigen Tages unter unsern Augen vollziehen:
die Bildung von Süßwassermören längs der Küste
(Lagunenmeer) und im Binnenlande (8 4), und die Anschwem-
mung der Marschen (8 4).
Durch den Wellenschlag der Nordsee bildete sich an dem
Rande des weithin flachen Strandes eine Sandbarre, die nach
und nach den innerhalb derselben liegenden Theil vom Meere
abtrennte. Das so entstandene große Binnenwasser längs der
Westküste wurde durch Regenwasser und Flüsse allmählig ans-
gesüßt und sodann begann die Bildung von ausgedehnten
Süßwassermören, theilweise mit Wäldern bestanden. In spä-
terer Zeit muß eine große und plötzliche Senkung des Landes
Statt gesunden haben, wodurch die Möre Meeresgrund wur-
den (wohlerhaltene Reste von untergegangenen Birken-, Föhren-
und Eichenwaldnngen längs der ' Westküste). Der Meeres-
strand wurde dadurch weiter ostwärts ins Land hinein verlegt
(innere Dünenkette).
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Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holsteins Schottland Norwegen England Frankreich Dover Nordsee Skandinaviens Finnlands Frankreich Nordsee
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
72
15. Kleidung und Bett des Menschen. Der Körper des Menschen soll
immer gleich worin bleiben. Do er ober im Winter leicht zìi kalt und im
Sommer leicht zìi worin wird, bekleiden wir uns in der kalten Jahreszeit
mit wollenen und in der warmen Jahreszeit mit leinenen und baumwollenen
Stoffen. Die Kopfbedeckung sei leicht und nicht drückend. Der Kopf muß
kühl, die Füße dagegen müssen warm gehalten werdeii. Der Hals darf nicht
durch zu enge Halsbinden oder Hemdkragen eingeschnürt werden, Abgehärtete
Personen, wie z. B. Matrosen, gebrauchen gar keine Halsbekleidung. Ganz
besoiiders hüte man sich vor zu engen Schnürleibern, Korsetts genannt; denn
sie hemmen die freie Bewegung der Brust und des Herzens. Schuhe und
Stiefel müssen bequem sitzen; sie dürfen ja nicht zu eng sein, weil sonst leicht
Hühneraugen entstehen. Auch die Betten sind für das Wohlbefinden des
Menschen sehr wichtig. Federbetten, aber nicht zu dicke, sind nur für Kinder,
Greise und Kranke zu empfehlen. Für gesunde Erwachsene sind zum Zudecken
wollene oder wattierte Decken am zuträglichsten, und als Unterlage diene eine
Matratze oder ein gut gestopfter Strohsack. Kleider und Betten müssen stets
sauber gehalten werden; besonders fleißig wechsle man die Leibwäsche. Naß-
gewordene Kleider müssen durch trockne ersetzt werden, sonst erkältet man sich.
16. Die Wohnung des Menschen. Eine gesunde Wohnung ist fiir den
Menschen von größter Wichtigkeit. Sie sei möglichst geräumig und hell.
Damit in den Räumen stets frische Luft ist, muß fleißig gelüftet werden.
Die Wohnung muß auch reinlich sein; deshalb müssen Staub und Schmutz
zu rechter Zeit entfernt werden. Besonders wichtig ist es, daß die Wohnung
trocken sei; feuchte Stuben sind der Gesundheit sehr nachteilig. Räumlichkeiten,
in denen viele Menschen beisammen sind, wie z. B. Schulzimmer, müssen oft
gelüftet und gründlich gereinigt werden.
17. Krankheit und Tod. Es gibt eine große Menge von Krankheiten.
Die schrecklichsten sind die ansteckenden Krankheiten, wie z. B. die Cholera, die
Pest und die Pocken; sie entvölkern oft ganze Gegenden. An Lungenschwind-
sucht sterben auch viele Menschen. Eine erst in neuerer Zeit bei uns auf-
tretende ansteckende Krankheit ist die Influenza. Biele Krankheiten bedrohen
besonders das Kindesalter, so z. B- Masern, Scharlach und Diphtheritis.
Ini ersten Lebensjahr stirbt etwa die Hälfte aller Menschen. Nur sehr wenige
Menschen sterben ohne eigentliche Krankheit an Altersschwäche. Das sicherste
Kennzeichen des Todes ist der Eintritt der Verwesung.
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Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Ii. Wclturt'ehve.
1. Eigenschaften der Körper.
1. Undurchdringlichkeit. Wenn man ein umgestülptes leeres Glas senkrecht
ins Wasser taucht, so füllt es sich nur wenig mit Wasser. Setzt man einen
Trichter fest auf eine leere Flasche und gießt Wasser hinein, so läuft nur
wenig Wasser in die Flasche. Glas und Flasche sind mit Luft gefüllt. Da,
wo Luft ist, kann nicht gleichzeitig Wasser sein. Luft und Wasser, überhaupt
alle Körper, nehmen einen Raum ein. Wo ein Körper ist, kann nicht
zu gleicher Zeit ein andrer sein. Diese Eigenschaft der Körper heißt
Undurchdringlichkeit.
Wenn man einen Finger in ein mit Wasser gefülltes Glas taucht, so
läuft das Wasser über. Da, wo der Finger ist, kann nicht gleichzeitig das
Wasser sein. Der Finger verdrängt das Wasser. Wenn man den Trichter
auf der Flasche etwas hebt, so fließt das Wasser in die Flasche. Das Wasser
verdrängt die Luft, und diese strömt jetzt aus der Flasche. Der Finger ver-
drängt das Wasser; das Wasser verdrängt die Luft. Ein Körper kann den
andern verdrängen.
a. Die Taucherglocke (Fig. 1). Um ein gesunkenes Schiff untersuchen
zu können, gebraucht man eine Taucherglocke. Diese ist ein großer, unten
offener Kasten aus Gußeisen. In dem oberen
Teile der Glocke befindet sich ein Sitzbrett. Wird
sie ins Meer gelassen, so sitzt der Taucher auf
dem Sitzbrett im Trocknen; denn es kann nur
wenig Wasser in die Glocke hineindringen. Das
Wasser kann die Luft ans der Glocke nicht ver-
drängen, weil diese oben luftdicht verschlossen
ist. Damit der Taucher immer frische Luft zum
Atmen hat, wird durch einen Schlauch Luft in
die Glocke gepumpt.
b. Der Taucheranzng. Zuweilen ver-
läßt der Taucher die Taucherglocke, um Gegen-
stände vom Meeresgrund heraufzuholen. Dann
ist er mit einem Taucheranzug versehen. Viel-
fach arbeiten die Taucher jetzt ohne Taucherglocke,
nur im Taucheranzng. Ein solcher Anzug be-
steht aus dem kupfernen Taucherhelm, der den
Kopf des Tauchers umschließt und vor seinen
Augen mit starken Glasfenstern versehen ist, ans der wasserdichten Taucher-
kleidung, die den Leib umhüllt, und dem Lnfttornister. Die zum Atmen
Naturlehre. i
Fig- 1.
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Körpern schwächer; luftförmige Körper haben gar keine Znsammenhangskraft.
Wasser ist ein flüssiger Körper. Das Wasser kann in einen festen Körper,
in Eis, und in einen luftförmigen Körper, in Wasserdampf, verwandelt werden.
4. Anhaugskraft oder Adhäsion. Ein Blatt Papier, das auf Wasser
liegt, ist nicht leicht abzuheben. Man muß etwas Kraft anwenden, um das
Blatt von dem Wasser zu entfernen; denn das Papier wird von dem Waffer
und dieses von dem Papier festgehalten. Zwischen beiden wirkt eine an-
ziehende Kraft. Diese nennt man Anhangskraft oder Adhäsion.
Die Anhangskraft bewirkt, daß an einem ins Wasser getauchten Stöck-
chen etwas Wasser haften bleibt. Infolge der Anhangskraft hastet der Bluten-
staub an dem Körper der Bienen, der Tautropfen an dem Grashalm, die
Tinte an der Stahlfeder. Auch beim Schreiben zeigt sich die Anhangskraft.
Beim Schreiben mit Kreide bleibt etwas Kreide an der Wandtafel, beim
Schreiben mit Griffel etwas Schiefer auf der Schiefertafel, beim Schreiben
mit der Stahlfeder oder Bleifeder etwas Tinte oder Blei auf dem Papier
haften. Ähnlich ist es beim Malen oder Anstreichen. In allen diesen Fällen
ist die Anhangskraft stärker als die Zusammenhangskraft. Mit Holz kann
man nicht schreiben, weil bei ihm die> Zusammenhangskraft größer ist als
die Anhangskraft. Die Anhangskraft wirkt also nützlich. Sie hat aber auch
unangenehme Folgen. Diese zeigen sich bei den Schmutz-, Fett- und Tinten-
flecken. Lästig wird die Anhangskraft für die Hausfrau dadurch, daß sie
den Staub an den Wänden, Decken, Möbeln und Kleidern festhält.
Zwei bestaubte, aufeinandergelegte Glasscheiben kann man leicht wieder
voneinander trennen. Legt man zwei staubfreie, trockne Glasscheiben auf-
einander, so haften sie schon fester. Befeuchtet man aber die Glasscheiben
und legt sie dann aufeinander, so sind sie sehr schwer voneinander zu trennen.
Die bestaubten Glasscheiben sind weniger glatt als die staubfreien, die be-
feuchteten aber glatter als die trocknen. Es ergibt sich also: Je glatter
aufeinanderliegende Körperflüchen sind, desto schwerer sind sie
voneinander zu trennen, desto größer ist also die Anhangskraft.
Das Gesetz von der Anhangskraft findet Anwendung beim Tapezieren,
beim Aufkleben der Briefmarken, beim Zusammenleimen zweier Körper und
beim Mauern. Beim Aufkleben der Briefmarken befeuchtet man die gummierte
Fläche. Dadurch wird die Anhangskraft erhöht. Beim Tapezieren bestreicht
man die Tapeten mit Kleister, beim Leimen glättet man die Flüchen mit
flüssigem Leim, beim Mauern werden die Unebenheiten mit Mörtel ausgefüllt.
Wenn der Maurer Putz an Decken oder Wände bringt, so besprengt er diese
zuvor mit Wasser.
5. Haarröhrchen-Anziehung. Röhrchen, deren Öffnungen so fein sind
wie ein Haar, nennt man Haarröhrchen. Taucht inan sie in ein Glas mit
Wasser, so steigt dieses in den Röhrchen empor und steht in ihnen höher
als in dem Glase. Diese Erscheinung nennt man Haarröhrchen-
Anziehung.
Taucht man ein Stück weißen Zucker mit dem einen Ende in Kaffee,
so wird es bald überall naß. Im Zucker sind viele kleine Röhrchen, die den
Kaffee anziehen und fortleiten. Haarröhrchen-Anziehung ist es, wenn das
Löschblatt Tinte aufsaugt, wenn das Petroleum im Dochte emporsteigt. Jeder
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Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
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Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
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Grashalm, jede Blume, jeder Baum hat Haarröhrchen, die deu Saft aus
der Erde bis zur Spitze leiten. Die feinsten Würzelchen beim großen Eich-
banm sangen den Saft ans und führen ihn in den Stamm. Dieser leitet ihn
in die Äste und Zweige. Von den Zweigen erhalten die Zweiglein, Blätter,
Blüten und Früchte den Saft. Die Haarröhrchen sind also sehr nützlich; denn
ohne sie könnten die Pflanzen nicht gedeihen, könnte die Lampe nicht brennen.
Stellt man einen Ziegelstein mit dem einen Ende ins Wasser, so ist
infolge der Haarröhrchen-Anziehung bald der ganze Stein naß. Die Wände
der Häuser sind ans Ziegelsteinen. Die Feuchtigkeit mancher Wände ist eine
Folge der Haarröhrchen-Anziehung. Die Haarröhrchen-Anziehung wirkt also
auch schädlich. Um die Feuchtigkeit von den Wänden zurückzuhalten, versieht
man sie von draußen mit einer Schicht Zement oder mit Schiefer. Zement
und Schiefer haben keine Haarröhrchen und lassen deshalb keine Feuchtigkeit
hindurchdringen. Der Grund der Häuser wird häufig nicht ans Ziegel-,
sondern ans Granitsteinen hergestellt. Diese haben keine Haarröhrchen und
leiten daher nicht die Feuchtigkeit ans der Erde in die Mauern.
6. Beharrungsvermögen. Ein fallender Stein bewegt sich, ein liegender
dagegen ruht. Ersterer befindet sich im Zustand der Bewegung, letzterer im
Zustand der Ruhe. Ein fliegender Vogel, ein laufender Knabe, ein fahrender
Wagen befinden sich im Zustand der Bewegung. Ein sitzender Vogel, ein
liegender Knabe, ein stehender Wagen befinden sich im Zustand der Ruhe.
Legt man auf ein Trinkglas ein Kartenblatt und ans letzteres ein Geldstück,
so fällt dieses in das Glas, wenn man das Kartenblatt mit dem Zeigefinger
wegschnellt. Das Kartenblatt und das Geldstück befinden sich zu Anfang
im Zustand der Ruhe. Ersteres wird dann plötzlich in Bewegung gesetzt,
letzteres nicht. Das Geldstiick hat das Bestreben, im Zustand der Ruhe zu
verharren und macht daher die Bewegung des Kartenblatts nicht mit. Weil
es seine Unterlage verloren hat, fällt es in das Glas. Legt man einen
Schlüssel ans das eine Ende eines Lineals und zieht dieses plötzlich zurück,
so fällt der Schlüssel zur Erde. Er macht die Bewegung des Lineals nicht
mit, sondern verharrt in dem Zustand der Ruhe, bis er fällt. Ein Körper,
der sich int Zustand der Rnhe befindet, hat das Bestreben, in
diesem Zustand zu beharren.
Wenn man ein mit Wasser gefülltes Glas bewegt und dann plötzlich
anhält, so setzt das Wasser die Bewegung fort und fließt über. Stürzt ein
galoppierendes Pferd mit seinem Reiter, so fliegt dieser meist über den Kopf
des Pferdes hinweg. Der Reiter und sein Pferd befinden sich anfangs beide
in sehr rascher Bewegung. Hernach hört die Bewegung des Pferdes ans,
die des Reiters aber nicht. Dieser hat das Bestreben, im Zustand der Be-
wegung zu verharren und schießt deshalb, wenn er sich nicht festhält, über
den Kopf des Pferdes hinweg. Ein Körper, der sich im Zustand der
Bewegung befindet, hat das Bestreben, in diesem Zustand zu be-
harren.
Das Bestreben der Körper, im Zustand der Ruhe oder im
Zustand der Bewegung zu beharren, nennt man Beharrungs-
vermögen. Ein Lastwagen ist schwer in Bewegung zu setzen, weil er das
Bestreben hat, in der Ruhe zu beharren. Ein fahrender Wagen dagegen ist
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TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
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