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1. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 151

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
1 Vom Eisen. 151 60. Morn Kisen. Wir leben im Zeitalter des Eisens. Wohin wir blicken, sehen wir Geräte, Werkzeuge, Maschinen, Bauteile, Waffen re. aus Eisen, und täglich werden auf der Erde große Quantitäten desselben erzeugt, verarbeitet und verbraucht, so daß schon hin und wieder die Frage auftaucht: „Wie lange wird denn unser Vorrat noch reichen?" Nur durch weise Sparsamkeit wird sich die Erschöpfung unserer Eisenerz- lager hinausschieben lassen. Es ist wohl unnötig, einem jungen Hand- werker zu erzählen, welche Gegenstände seiner Arbeitsstelle, der Werk- statt, von Eisen oder Stahl sind, wohl aber ist es nötig, ihm etwas über deren Entstehung zu sagen, und das soll in nachstehendem kurz geschehen. Die Erzeugung des Eisens ist schon sehr alt. Die Ausgrabungen auf alten Knlturstätten, in Ägypten, in Persien und an andern Orten fördern eiserne Waffen und Geräte zutage, die zwar durch Rost meistens stark zerstört find, aber beweisen, daß ihre Verfertiger das Eisen zu behandeln wußten. Das Herstellungsverfahren war unvollkommen. Als Heizmaterial diente die Holzkohle. Infolgedessen konnten auch nur kleine Mengen erzeugt werden, weil die verfügbare Hitze nur gering war. Dieser Um- stand trug hauptsächlich dazu bei, die allgemeine Anwendung des Eisens einzuschränken und andere, leichter zu bearbeitende Metalle, namentlich Kupfer und Bronze, daneben zu benutzen. Mit dem allgemeinen Aufschwünge der Kultur brach am Ende des 15. Jahrhunderts auch für die Eisenindustrie eine neue Entwickelungs- periode an. Man erfand den Hochofen, der nun infolge der größeren Hitze auch flüssiges Eisen lieferte und die Herstellung größerer Mengen ermöglichte. Die Entdeckung der Steinkohle führte die Eisenindustrie zu weite- rer Blüte; neue Verfahren, neue Produkte entstanden, und die Ent- wickelung der Naturwissenschaften sorgte dafür, daß immer neue Wege zu neuen Zielen führten. Deutschland ist in der glücklichen Lage, aus eigenen Erzen und mit eigenen Kohlen jährlich ca. 12 000 Kilotonnen (ä 1000 Tonnen) Eisen zu liefern, doch werden auch noch fremde Erze, namentlich aus Spanien, eingeführt. Ebensoviel liefern etwa England und Amerika. Etwas weniger erzeugen Spanien, Frankreich, Rußland, Österreich und Schweden. Das Eisen findet sich in Form von Eisenerzen in den ver- schiedensten Verbindungen mit andern Grundstoffen. Es ist selbst ein G r u n d st o f f (Element), d. h. es läßt sich durch uns bekannte Mittel nicht in andere, noch einfachere Teile zerlegen. Ist die Annahme der Gelehrten richtig, daß unsere Erde aus einem früher gasförmigen Zustande durch allmähliche, Jahrtausende währende Abkühlung in einen festen Zustand überging, daß aber auch jetzt _ noch das Innere feurig-flüssig ist und nur von einer dünnen, festen Kruste umgeben wird, so wird uns mancherlei in der Bildung der Erzlager klar. Das vorhandene Eisen ging bei der enormen Hitze die verschiedensten Verbindungen mit andern Grund- stoffen ein, es schlug sich in Spalten und Ritzen der Erdkruste nieder

2. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 360

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
89. Pas Schuhmacherhandwerk. Die Schuhmacherei, die unter dem Schutze des heiligen Crispin stehen soll, jenes wunderlichen Heiligen, der in seinem Wohltätig- keitsdrange Leder stahl, um für Arme Schuhe daraus zu machen, zählt zweifellos zu den ältesten Gewerben. Wann es jedoch seinen An- fang- genommen hat, wer sein Begründer gewesen ist, das zu er- forschen, ist bisher noch keinem Menschen gelungen. Das Bedürfnis, Schutz zu haben gegen die Unebenheiten des Bodens, gegen seine Kälte, Nässe und Hitze bei Ausübung der Feld- arbeit, auf dem Marsche, bei Jagd und Krieg, brachte schon im grauen Altertum die Menschen auf den Gedanken, sich kleine Brettchen, Baumblätter, Flechtwerk usw. unter die Füße zu binden, um sich so gegen Verletzungen zu schützen. So war im Anfang jeder sein eigener Schuhmacher. Wo aber dem Manne die Lust und Geschicklichkeit fehlten, mag auch wohl Frau Gemahlin die Schuhmacherin gespielt haben. Bei den Griechen war im Heldenzeitalter die Sandale in Gebrauch, die nach und nach dem Schuh Platz machen mußte. Die kunstsinnigen Griechen verstanden es schon, außer den gewöhnlichen Schuhen wahre Prachtwerke an Fußbekleidungsgegenständen aus farbigem, vorzugs- weise rotem Leder zu verfertigen, die besonders bei dem weiblichen Geschlechte hinsichtlich des Stoffes, des Schnittes und der Verzierungen große Verschiedenheit zeigten, so daß uns von alten griechischen Schrift- stellern in ihren Werken von mehr als einem Dutzend verschieden gestalteter Schuhe berichtet wird. Schon die Sandale, ursprünglich eine Sohle aus Holz, die mit Riemen am Bein befestigt wurde, erhielt am Rande herum mancherlei Verzierungen. Um aber bei der Fuß- bekleidung recht vielen Zierat -anbringen zu können, entstand der Kothurn, eine Art hoher am Schienbein festgeschnürter Schuhe, die ursprünglich von den Jägern, später aber auch von den Griechinnen und mit Vorliebe von Schauspielerinnen getragen wurden. Sie be- standen aus mehrfach untereinander gelegten Korksohlen, die wenig- stens vier Finger dick waren, oft auch noch eine weit größere Höhe hatten.

3. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 361

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Das Schuhmacherhandwerk. 361 Auch die Sandalen der Römer waren hohe Sohlen, die ans Holz, Kork oder Leder bestanden. Große Römerinnen trugen den soeeus, einen niedrigen dünnen Schuh ; die kleinen römischen Damen stolzierten ebenfalls gern auf dem griechischen Kothurn einher. Die Plebejer hatten Schuhe aus schwarzem Leder, während die vornehmen Patrizier es liebten, ihre Füße mit Schuhen aus farbigem, besonders rotem und weißem Leder zu schmücken. Statt der in frühester Zeit von den römischen Soldaten getragenen Sohlen, die mit Nägeln beschlagen waren und am Unterschenkel befestigt wurden, gab es schon zur Zeit Christi kleine Stiefel (Caligula = Stiefelchen). In der Geschichte unsers deutschen Handwerks, das ja so reich an wichtigen Ereignissen ist, hat das Schuhmachergewerbe, das eben- falls, wie manches andere Gewerbe, durch die Kreuzzüge sehr beein- flußt worden ist, von jeher einen ehrenvollen Platz eingenommen. Allerdings hat es auch manche Wandlungen durchmachen müssen, und je nach den Zeiten und Moden sind seine Erzeugnisse bisweilen ganz wunderlicher Natur gewesen. Vergleicht man unsere heutige Beschuhung mit der früherer Zeiten, wie sie uns an Statuen, auf Bildern und in Museen erhalten sind, so kann man nur froh sein, daß die Schuh- macherei endlich zu unserer einfachen, dem Bau des Fußes entsprechen- den Form durchgedrungen ist, denn die langen, nach oben oder nach der Seite gebogenen Schnäbel und die stelzenartigen Absätze und dergl. Absonderliches mehr, kann doch nicht anders als geschmacklos und naturwidrig bezeichnet werden. ' Wie die Glanzzeit eines Volkes sich an die Rainen bedeutender Persönlichkeiten knüpft, so wird die Geschichte eines Gewerbes außer durch seine wirtschaftliche Bedeutung mit begründet durch hervorragende Männer, die dem betreffenden Handwerk angehörten. Das Schuh- macherhandwerk hat das Glück, Männer, deren Wirken weit über die Grenzen ihres Handwerks hinausging, die selbst für das Wohl des Vaterlandes Hervorragendes geleistet und sich auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet haben, zu seinen Vertretern zählen zu dürfen. Als solche hervorragende Persönlichkeiten, die durch ihre Zugehörigkeit zum deutschen Schuhmachergewerbe demselben Ehre und Ansehen erworben haben, sind u. a. Hans von Sagan, Hans Sachs und Jakob Böhme zu nennen. Erstgenannter war Schuhmachergeselle in Königsberg, und von ihm berichten die Geschichtsschreiber damaliger Zeit, daß er es gewesen sei, durch dessen mutiges Eingreifen eine schon halbverlorene Schlacht gewonnen wurde. Kaiser Karl Iv. belohnte den Heldenmut des kühnen Schuhmachers dadurch, daß er dem Schuhmacherhandwerk ein Wappen verlieh, das einen doppelköpfigen Adler mit Krone und Kreuz zeigt. Ein anderer Vertreter des Schuhmacherhandwerks war kein Held des Krieges, sondern ein Held der Feder. Nach einem Spottreim hieß es von ihm: Hans Sachs war ein Schuh- macher und Poet dazu. Er lebte in Nürnberg und war ein Zeitgenosse Luthers, denn er wurde im Jahre 1494 in ebengenannter Stadt geboren. Zu seiner Zeit war es Sitte, daß an Sonntagen die Handwerksmeister nach

4. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 200

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
74. Keschichte der Mäckerei. Dxr Entstehung und Entwickelung der Bäckerei ging notwendi- gerweise die Entwickelung des Getreidebaues und der Müllerei vor- aus; sie sind als deren Vorläufer zu betrachten, wenn sie auch noch keineswegs die ersten Beschäftigungen der Menschheit bildeten. Diese bestanden vielwehr in Jägerei, Fischfang und Viehzucht. Es folgte ihnen aber bald der Ackerbau, der schon bei den alten Ägyptern und später bei den Juden im Lande Kanaan eifrig betrieben wurde. Auch die alten Germanen lebten zum Teil vom Ackerbau und ernteten von dem mühsam gelockerten Boden Hafer und Gerste. Dagegen waren Weizen und Roggen bei ihnen noch ganz unbekannt und sind erst durch die Völkerwanderungen in der Zeit vom 4. bis 6. Jahrhundert nach Deutschland gekommen. Dieses Land, vor- zeiten noch eine Stätte großer Sümpfe und unwirtlicher Wälder, ist unter den fleißigen Handen seiner Bewohner allmählich zu hoher Blüte und Fruchtbarkeit emporgewachsen, wenn es auch in Anbetracht der zahlreichen Bevölkerung nicht io viel Getreide zu liefern vermag, als zur allgemeinen Ernährung erforderlich ist, und das fehlende daher aus dem Auslande eingeführt werden muß. Im Laufe der Zeit hat sich der Getreidebau über ganz Europa und über die ganze Erde ausgebreitet, obwohl dabei fast jeder Erd- teil eine besondere Getreideart als heimische Volksnahrung bevor- zugt: Europa den Weizen, Asien den Reis, Afrika die Hirse und Amerika den Mais. Anfänglich wurde das Korn roh und ungerüstet gegessen, blieb aber in ungemahlenem Zustande für den Menschen so gut wie wert- los. Man sann daher bald auf Mittel, das Getreide so umzuformen, daß es als Nahrungsmittel verwandt werden konnte, und so führte

5. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 270

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
81. Me Klempnerei. Schon im Altertum verstand man die Kunst, verschiedene Metalle zu dünnen Blechen auszuschmieden und aus denselben Zier- und Ge- brauchsgegenstünde aller Art anzufertigen. Bereits den Phöniziern war die Bearbeitung der Metalle bekannt. Klempner hat es unstreitig schon im Altertum gegeben, denn die Gegenstände ihrer Fabrikation, als Kannen, Leuchter, Kessel, Laternen, Lampen und andere Haus- geräte sind ihrer Entstehung nach so alt, daß sich ihr Ursprung kaum noch nachweisen läßt. Die Erfindung der Laternen wird den Ägyptern zugeschrieben. Bekannt ist die Laterne des Diogenes. Ferner wird berichtet, daß Alexander und Cäsar sich bei ihren Nachtmärschen der Laternen bedienten. Hephästos schmiedete mit kunstgeübter Hand dem edlen Achilles eine glänzende Rüstung. Die Römer übernahmen die Kunst der Vlechbearbeitung von den Griechen und verstanden es, be- sonders aus Kupfer (Bronze) allerlei Urnen, Vasen, Schalen und Ge- säße zu formen. Nicht nur das Hämmern und Schmieden, sondern auch das Gießen und Treiben des Kupfers in Verbindung mit Email- lierungen war den alten Völkern bekannt. Von den Völkern des Alter- tums übernahmen dann auch die Deutschen die Kunst der Blech- bearbeitung. In den ältesten Zeiten wurden die Bleche auf die einfachste Art hergestellt. Sie wurden mittels des Handhammers aus Metallstücken geschmiedet. Im Mittelalter sing man an, mechanische Kräfte zu be- nutzen. Man errichtete Hammerwerke, welche durch Wasserkraft ge- trieben wurden. Erst im 16. Jahrhundert begann man, die in kaltem Zustande hämmerbaren Metalle, wie Zinn und Blei, durch Walzwerke zu strecken. Bald wurde zu Nürnberg das erste Gisenwalzwerk errichtete Doch hat sich neben dem Walzverfahren das Blechschlagen und -schmieden bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts erhalten. Heute findet das letztere Verfahren nur noch selten Anwendung. Nur das äußerst dünne Goldblech und das Stanniol wird auch heute noch gehämmert. Die

6. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 281

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Der Maler. 281 Hand in Hand hiermit vollzog sich ein großer Auf- schwung auf allen Gebieten des geistigen Lebens und der- persönlichen Freiheit, so daß für die nun folgende Zeit der Renaissance, der Wiedergeburt der Kunst, der Boden in bester Weise vorbereitet war. Diese Bewegung nahm in Italien ihren Ausgang und schloß sich an antike Vorbilder an, die durch Ausgrabung römischer Bäder, Gräber und Paläste wieder aufgedeckt waren, und die nun einen be- lebenden Einfluß auf alle gewerblichen Zweige ausübten. Die Bedürf- nisse des reichen Handels- und Gewerbestandes, vielfach an die des alten Roms erinnernd, finden so ihre Befriedigung, und die ganze, auf behaglichen und üppigen Lebensgenuß hindrängende Zeitrichtung stellte den Handwerkern Aufgaben, wie sie ihnen vor- und nachher nur selten zugewiesen wurdeir. Zu dieser Zeit entstanden die Werkstätten hervorragen- der Meister, die nicht nur als Maler, sondern auch als Zeich- ner, Holzschneider, Kupfer st echer und Erzgießer Vor- zügliches geleistet haben. Dürer, der Maler, und Peter Bischer, der Erz- gießer sind hervorragende Vertreter ihrer Zeit. In ihren Werk- stätten wurde Kunst und Handwerk in gleicher Weise gepflegt, und die Kunst veredelte alle Gegen st ände, selb st die des täglichen Gebrauchs. Die Scheidung der hohen Kunst von dem sogenannten Kunstgewerbe, bezw. vom Handwerk hatte noch nicht stattgefunden. Diese Blüteperiode umfaßte ca. 200 Jahre, und man bezeichnet die Zeit bis etwa 1500 als Früh-Renaissance, bis etwa 1560 als Hoch-Renaissance und den Rest bis ins 17. Jahrhundert hinein als Spät-Renaissance. Diese tat sich wie alle Perioden der Übertreibung durch Überladung und Schwülstigkeit hervor und führte zum Niedergänge; doch lassen sich die Ausläufer der Re- naissance-Blüte noch bis weit in das 17. Jahrhundert hinein ver- folgen. Auch in Mecklenburg gelangte, wenn auch etwa? später, die Renaissance-Periode zu reicher Entfal- tung. Etwa um 1553 entstand der herrliche Fürstenhof in Wis- mar, 1555 das später umgebaute Schloß zu Schwerin, 1558 das weithin sichtbare imposante Schloß zu Güstrow, dessen Schätze an reichen Stuckdekorationen infolge seiner jetzigen Verwendung als Landarbeitshaus leider nicht zur Geltung kommen. Etwas später (1569) entstand das kleine Schloßzugadebusch, ganz zu schweigen von den übrigen hervorragenden Gegenständen aus dieser Zeit, die sich in Kirchen und Sammlungen zahlreich erhalten haben. Einen jähen Niedergang der ganzen Kultur brachten die Wirren des 30jährigen Krieges, die noch Jahrhunderte lang fühlbar waren. Der Wohlstand hatte bedenklich abgenommen, und das Handwerk konnte sich nur schwer wieder zur alten Blüte erheben, da das Bedürfnis nach Kunst- und Schmuckformen sehr gering war. Zwar waren die nun folgenden Stilrichtungen des Barocks und des Rokokos der dekorativen Malerei günstig, indessen erstreckte sich

7. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 329

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Der Schlosser. 329 2. Der Schlosser im Dorfe. Etwas anders liegen die Verhältnisse, wenn der Schlosser auf dem Lande seinen Wohnsitz wählt. Ein Schlosser auf dem Lande? Allerdings! Vor Erlaß der Gewerbefreiheit wäre das nicht möglich gewesen. Jedes größere Dorf hielt seinen Grobschmied, und starb dieser, so wurde ein anderer gewühlt, wie uns das die Geschichte vom Meister „Hämmerlein" beweist. Heute aber liegt's anders, jeder ißt sein Brot dort, wo es ihm gut zu sein dünkt. Und eine gute Sache ist's, daß wenigstens in größeren Dörfern ein Schlosser jederzeit zur Stelle ist. Der Schlossermeister ist eben der Mann für alles und hat, wenn er es versteht, alle Hände voll zu tun. Ja, so ist es, und wer's nicht glauben will, der höre. Die alte Turmuhr im Dörfchen Z. schlug gestern abend noch ihre zehn Schläge und verkündete allen Einwohnern den Beginn der nächtlichen Ruhezeit, aber viel weiter ist sie nicht gekommen; sie ist auch müde geworden und eingeschlafen. Wer muß nun helfen? Ei freilich, der Schlosser. Als tatkräftiger Mann, als würdiger Nach- folger des kunstgeschickten Peter Henlein steigt er mit Ölkanne und Handwerksgerät in den Turm und hilft der „Alten" wieder auf die Beine, und — so schön hat sie noch nie gegangen! Eine bessere Reklame aber hätte der noch junge Schlosser nicht für sich machen können. Die Leute sehen ihn mit großen Augen an, und dann werfen sie prüfende Blicke auf ihre Uhren und finden, daß diesen es ähnlich ergeht, wie es in letzter Nacht der Turmuhr ergangen ist. Ja, es scheint, als hätten die alten Wanduhren, klein und groß, sich verabredet, auch einmal zu streiken, und selbst die Taschenuhren haben hier und da Lust, ihr „Tick", „Tack" einzustellen. Aber alle werden ohne Erbarmen verurteilt zu einer Wanderung in die Werk- statt des Schlossermeisters, der sich nun schleunigst geeignetes Werk- zeug verschreibt und dann durchweg alle Streikenden als geheilt aus feiner Klinik entlassen kann. So hat unser Dorfschlosser guten Ver- dienst; denn bei Heilkünsten wird mit dein Geld nicht gekargt, und der Bauer bezahlt's gerne, da Knecht und Magd nun durch den eingestell- ten Wecker rechtzeitig aufgeschreckt und ermuntert werden. Doch mit jedem Tage gibt's neue Arbeiten. Der Sohn des Hof- besitzers ist „jagdfähig" geworden, und er hat Lust, Nimrod zu spielen. Aber die alte Hausflinte ist viele Jahre hindurch nicht gebraucht und ^ eingerostet. Sie kommt ebenfalls zum — Schlosser, der dem Schloß eine neue Feder einsetzt und sonst mit Schmirgel und Ol nachhilft. Und nun glückt's! Von den umherspringenden Feld- hasen, die noch nicht ahnen, daß mit dem Schlosser ein „Büchsen- doktor" ins Dorf gekommen ist, werden zwei mit der schußsertigen Flinte erlegt, von denen einer aus Dankbarkeit in die Küche des Schlossers wandert. Und was gibt's morgen zu tun? Es wird sich finden, nur erst ausschlafen! Kaum hat unser Schlosser sein erstes Frühstück verzehrt, da kommt schon des Müllers Magd mit der großen Bratpfanne. Be: dem reichen Müller ist nämlich große Abendgesellschaft. Die Gans liegt bereit, und die Fische will der Fischer ganz frisch liefern. Zum Glück wird schon am Morgen die große Bratpfanne hervor-

8. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 319

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
86. Aer Schlosser. I. Geschichtlicher Überblick. Wenn heutigestags von der Bearbeitung des Eisens geredet wird, so denkt jedermann auch an die Bearbeiter desselben, nämlich an den Schmied und den Schlosser und stellt beide als tüchtige Metallschläger nebeneinander. Das war in früheren Zeiten nicht so, da konnte nur von dem hämmernden Schmied die Rede sein. Und warum denn? Nun, weil's noch keine Schlosser gab. „Aber," so sagt man, „der Schlosser führt doch nach dem „Schlosse" seinen Namen, und da bei den römischen Gräberfunden, bei den Ausgrabungen in Pompeji und vielen andern Orten nicht nur unzählige Waffen und Geräte, sondern auch Schlösser und Schlüssel zutage gefördert sind, so müssen doch die alten Römer schon Schlosser gehabt haben." Wer so schließt, hat gewiß nicht ganz unrecht, aber es ist darauf zu erwidern, daß der Schlosser lange Zeit seinen Namen im „Schmied" versteckt hielt. So waren z. B. nach dem Straßburger Stadtrecht ums Jahr 982 die Schmiede verpflichtet, den Bischöfen Schlösser und Sperrketten zu besorgen. Das spricht nicht gerade für die Schlosser, und wir müssen wohl oder übel uns noch einige Zeit gedulden, bevor uns etwas von ihnen und ihrem Handwerk gesagt wird. Doch wir forschen weiter und finden endlich in einer alten Chronik, daß die Schlosser in Nürnberg um das Jahr 1330 besonders erwähnt werden. Und nun gehts schnell mit ihnen nach dem Sprichwort: „Sie wachsen wie die Pilze." Im 14. Jahrhundert gibt es Schlosser in allen größeren Städten, wie z. B. in Augsburg, in Breslau, Straßburg u. a., und im Jahre 1545 sollen die Schlosser in der alt- denkwürdigen Stadt Schmalkalden zuerst als Zunft aufgetreten sein. Nun aber legten sie die Hände nicht in den Schoß, sondern sie waren rührig und zeigten, daß sie ihre Kunst verstanden. Im Jahre 1510 erfand Peter Henlein (Hele), ein Nürnberger Schlosser, die „Nürn-

9. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 355

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Das Schneidergewerbe. 355 denn von dem alten Erzvater Jakob wird uns schon berichtet, daß er seinem Sohne einen bunten Rock machte. Ein Gewerbe war es also damals noch nicht und war es auch noch nicht im Volk der Inden, als Moses von Jehovah den Auftrag erhielt, dem Hohenpriester und den andern Priestern leinene Kleider und purpurfarbige Gewänder anzufertigen, die mit Borte einzufassen seien. Wer nun der erste gewesen ist, der die Schneiderei erwerbsmäßig betrieben, wer wird das zu sagen ver- mögen? Ebenso wird es auch wohl in Dunkel gehüllt bleiben, wer die Nähnadel erfunden hat, ob die Phönizier, oder die Phrygier, und welche Wandlungen dieses kleine unscheinbare und doch so wichtige Instrument hat durchmachen müssen, ehe es das geworden, was es heute ist. Bei den Griechen war das Gewerbe nicht ausgebildet, da der umhüllende Mantel „ungenützt" war, d. h. aus einem Stück bestand und aus der Schulter zusammengehalten wurde. Die sehr geschmack- vollen, mit Gold- und Pnrpnrfäden in den Stoff hineingearbeiteten Verzierungen wurden auch nicht handwerksmäßig, sondern vom Träger des Kleidungsstückes meistens selbst angebracht. Nach den Vorbildern der Natur und der Götterlehre waren die Gewänder teilweise der- artig mit kunstvoller Stepparbeit bedeckt, daß, sie als Kunstwerke zur Schau ausgestellt und für große Geldsummen erworben wurden. Auch bei den Römern entwickelte sich das Schneidergewerbe nur sehr langsam, was ebenfalls in der Einfachheit der Kleidung seinen Grund hatte; aber immerhin gab es im alten Rom schon Schneider. Nach uns überkommenen Bildern, nach vorhandenen Statuten, nach Angaben alter römischer Schriftsteller trugen die vornehmen Geschlechter in Rom an Stelle des Mantels die Toga, ein großes länglich rundes Stück Zeug, worein sich der Römer hüllte. Unter der Toga trug man die Tunika, eine Art Bluse mit kürzen Ärmeln, die durch einen Gürtel zusammengehalten wurde. Sowohl Ober- als Unterkleidung waren mit reichem Schmuck, sogar mit Edelsteinen benäht und erhielten so einen bedeutenden Wert. Wenn wir jetzt die Völker des Altertums verlassen und zu unserm deutschen Vaterlande übergehen, so ist zu berichten, daß unsre ältesten Vorfahren, die alten Germanen, kein Schneiderhandwerk unter sich kannten. Die Anfertigung der Kleidung, wie überhaupt alle Haus- und Feldarbeit, lag in den Händen der Frauen. Sie mußten den Hanf und den Flachs spinnen, den Stoff weben und dann die Kleidung nähen. Übrigens war man sehr genügsam. Wenn kein gewebter Stoff vorhanden war, trat eine Tierhaut an seine Stelle. Die erste Kunde von einem zünftigen Schneiderhandwerk datiert erst aus dem 12. Jahrhundert, wo Heinrich der Löwe den Gewandschneidern in Hamburg, zu denen auch die Tnchverkäufer gehörten, einen Gilde- brief verlieh. Eine besondere Gruppe unter den Schneidern des Mittelalters bildeten die Seidennahter (Sydennäder) d. i. Seiden- näher oder Sticker, deren Tätigkeit heutzutage ganz in den Händen der Frauen liegt, zumal die gegenwärtige Herrentracht, mit Ausnahme der Uniformen, jeglichen Schmuckes ermangelt. In früheren Jahr- hunderten dagegen, als nicht nur die vornehmen Damen sich in Samt und Seide kleideten, sondern auch die Männer der leuchtenden Farbenpracht dieser Stoffe begehrten und auf eine bescheidene Ver-
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