Georg-Eckermnstitut
für internationale
Schulbucm'orschung
Braunschweig
Schulbuchbtbliotheh
Das „Heimatkundliche Lesebuch für Stettin und die Provinz Pommern"
ist nach den Forderungen des Stettiner Lehrplanes gearbeitet und berücksichtigt
zunächst Stettiner Verhältnisse. Die Einteilung des Stoffes in Einzelbilder
bietet jedoch auch jedem Lehrer Pommerns Gelegenheit, in der Heimatkunde mehr
als bisher den Grundsatz „Vom Nahen zum Fernen" befolgen zu können. Nicht
alles, was in dem Buche steht, soll gelernt werden; das besagt schon sein Titel.
Namentlich gilt das von den bei jedem Orte aufgeführten geschichtlichen Zahlen,
die nur als spezielle Angaben zu den allgemeinen Geschichtsbildern des zweiten
Teiles dienen. Leider mußten Lebensbilder berühmter pommerscher Männer des
Raumes wegen fortbleiben. Aus demselben Grunde mußte auch aus Abbildungen
überhaupt und im zweiten Teile auf Großdruck verzichtet werden. Daß ich mich
wiederholentlich an vorhandene Heimatkunden anschloß, wird dem Büchlein hoffent-
lich nicht zum Schaden gereichen, denn was ich nicht selbst erschauen oder durch
Nachfragen erkunden konnte, mußte Büchern entlehnt werden. Bei der Ver-
schiedenartigkeit der pommerschen Schulen und der Größe des zu behandelnden
Gebietes wird es nicht möglich sein, eine für sämtliche Schulen und Schul-
Verhältnisse der Provinz passende Heimatkunde zu fchreiben. Die eigene Arbeit
des betreffenden Lehrers wird deshalb immer die Hauptsache bleiben. Doch gebe
ich mich der Hoffnung hin, daß dies Lesebuch in der Hand der Kinder für jede
Schule und jede hier in Betracht kommende Unterrichtsstufe etwas Brauchbares
bietet. Möge jeder Lehrer seine Auswahl treffen und an einer eventl. Verbesserung
durch Winke und Ratschläge, die ich dankbar benutzen werde, mitarbeiten.
Um die 2. Auflage des Heimatkundlichen Lesebuch's noch mehr dem Stettiner
Lehrplan anzupassen, ist dem vielsach geäußerten Wunsche um Aufnahme eines
Vorkursus stattgegeben worden. Die Besprechung von Schulzimmer und Schul-
haus sind selbstverständlich unberücksichtigt geblieben, für die übrigen Forderungen
des Lehrplans bietet das Büchlein aber den nötigen Stoff, wie auch eine einfache
Skizze der Umgebung Stettins. Die Geographie Pommerns hat eine
völlige Umarbeitung erfahren, der die Forschungsergebnisse von Deecke, Lehmann,
Keilhack, Schröder, Wahnschaffe, Berendt u. a. zu Grunde gelegt sind. Der
geschichtliche Teil ist so gefaßt, daß er der Mittelstufe als Leitfaden dienen
kann, daneben aber auch die heimatgeschichtlichen Ergänzungen für die Oberstufe
bringt. Die Erweiterung des Buches bedingte eine Preissteigerung. Um aber
unfern Volksschulkindern die Anschaffung zu ermöglichen, ist die Ausgabe in
Einzelhefte zerlegt worden, und hoffen wir, daß das Buch auch in dieser Form
den alten Freunden gefallen und sich noch recht viele neue erwerben möge.
Stettin, im November 1904.
Moxmstl
Borbemerkungen des Berjassers
zur Ii. Auflage.
Der Verfasser.
6
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
4 —
Bäume bekommen frisches Laub. Lerche und Nachtigall, Amsel und
Drossel, Fink und Star, Storch und Schwalbe kommen wieder. — Der
Frühling beginnt am 21. März. Da geht die Sonne genau morgens
nm 6 Uhr im Osten aus und abends um 6 Uhr im Westen unter. Tag
und Nacht sind also gleich lang. Vom 21. März ab geht die Sonne
täglich (2 Atinuten) srüher aus und (2 Minuten) später unter. Der
Tag wird demnach länger und die Nacht kürzer. So geht es bis zum
21. Juni. Da kommt die Sonne schon bald nach 3 Uhr morgens über
den Horizont und geht erst gegen ^9 Uhr abends unter. Der Tag
dauert sast 18 Stuuden. Das ist der längste Tag im Jahre und mit
ihm beginnt der S o m m e r. Da blühen im Felde die blauen Kornblumen
und der rote Klatschmohn. In den Wiesen werden die saftigen Kräuter ge-
mäht und geben das Heu. Im Walde reisen die Himbeeren, Erd- und Heidel-
beeren. Für den Landmann beginnt jetzt eine schwere Zeit. Mit Sonnen-
ausgang geht's hinaus aus das Feld. Die Schnitter mähen die Getreide-
Halme ab. Frauen und Mädchen binden sie zu Garben zusammen.
Diese werden in Mandeln oder Stiegen ausgestellt, und wenn sie trocken
sind, holt sie der Erntewagen in die Scheunen. — Vom 21. Juni ab
geht die Sonne täglich wieder (2 Atinuten) später auf und (2 Minuten)
srüher unter. Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Am 23. September
steht sie morgens um 6 Uhr wieder im Ost- und abends um 6 Uhr im
Westpunkte. Tag und Nach! sind abermals gleich lang.
Es beginnt der Herb st. — Die Äpfel, Birnen und Pflaumen
find reif geworden und werden von den Bäumen genommen. Der Land-
mann hat noch fleißig mit der Kartoffelernte zu tuu. Dann pflügt er
den Acker und streut die Saat aus. Die Blätter der Bäunie werden
gelb und rot und fallen ab. Bald stehen die Bäume kahl da. Die
bunten Blumen des Gartens sind verblüht, und kein Vogel läßt mehr
sein lustiges Lied erschallen. — Die Sonne geht von jetzt ab immer
später aus und inimer srüher unter. Am 21. Dezember erhebt sie sich
erst nach 8 Uhr morgens über den Gesichtskreis und verschwindet schon
vor 4 Uhr wieder. Wir haben den kürzesten Tag des Jahres. Mit
ihm beginnt der Winter. — Die Sonne steigt nicht mehr so hoch am
Himmel, darum kann sie die Erde auch nicht so gut erwärmen. Die
Kälte läßt Flüsse und Seen zufrieren und bedeckt die Felder mit Schnee. —
Vom 21. Dezember ab werden die Tage wieder länger, und am 21. März
geht die Sonne von neuem im Ostpunkte aus. Damit hat sie sich schein-
bar einmal um die Erde bewegt. Sie hat dazu 365 Tage und sast
6 Stunden gebraucht. 365 Tage nennen wir ein Jahr. Alle 4 Jahre
wird aber ein Tag eingeschaltet. (Warum?) Das Jahr hat 52 Wochen
oder 12 Monate. Die Einteilung m Monate hängt mit denk M o n d e
zusammen. Derselbe bewegt sich in 4 Wochen am Himmel einmal um
die Erde. Dabei sieht er uicht immer gleich aus. Zuweilen sehen wir
gar nichts vom Monde. Dann haben wir Neumond. Nach einigen
Tagen steht er am Hinlmel als schmale Sichel. Man kann aus seinem
Bogen ein Z machen. Wir haben dann zunehmenden Mond. 8 Tage
nach dem Neumond sehen wir die halbe Scheibe. Das ist das erste
Viertel. Die Scheibe wird täglich größer. 8 Tage nach dem I.viertel
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
— 6 —
Paradeplatz führte ein Graben nach der Oder. Er nahm seinen Weg
da, wo heute die grüne Schanze ist. Die Schützengartenschlucht ist hier
der letzte Rest. Hinter diesem Graben erhob sich eine starke Mauer
mit vielen Türmen. Stettin war damals eine Festung. Alles, was zu
jener Zeit von Graben und Mauer eingeschlossen wurde, nennen wir
heute die Altstadt. Sie wird begrenzt von der grünen Schanze, dem
Parade- und Königsplatz und dein Klosterhof.
Da, wo Parade- und Königsplatz zusannnenstoßen, hat man das
Kaiser- und Kriegerdenkmal errichtet. Ein weißer Marmor-
sockel trägt das Reiterbild Wilhelms l. An den Ecken des Sockels stehen
prächtige Soldatengestalten. Den Säbel in der Faust, stürmen Kürassier
und Artillerist vorwärts. Der Seesoldat steht auf der Wacht. Gespannt
schaut er aus nach dem Feinde. Der Landwehrmann preßt die geballte
Linke auf die tödliche Wuude in der Brust. Mit der Rechteu umkrampft
er die Fahue, das Heiligtum des Regiments. Solange noch ein Fünkchen
Leben in ihm ist, läßt er es nicht los. Erst dem Toten kann man es
nehmen. In die Langseiten des Sockels sind Bilder eingemeißelt. Auf
dem einen betet König Wilhelm am Grabe seiner Eltern. Das andere
zeigt, wie die Pommern bei Gravelotte gegen den Feind stürmen. Die
Vorderseite trägt die Inschrift: Kaiser Wilhelm I. und seinem Heere.
Darunter liegt auf einem Kissen eine Krone. Die soll uns verkünden:
als die Franzosen 1870 besiegt waren, wurde Deutschland am 13. Januar
1871 ein Kaiserreich, und König Wilhelm wurde der erste deutsche Kaiser.
Die Rückseite des Sockels ziert das Stettiner Wappen. Dies Wappen
und die Greifenköpfe, welche die Schutzketten halten, erzählen: die Stadt
Stettin hat dem Kaiser und seinen Soldaten dies Denkmal errichtet.
Uns aber will dasselbe mahnen, so stark, tapfer und treu zu werdeu, wie
die Väter waren. Kommt dann einst wieder Krieg, soll's auch von
uns heißen: „Wir alle stehen dann mutig für einen Mann, kämpfen
und bluten gern für Thron und Reich".
Nicht weit davon erhebt sich auf dem Königsplatz das Denkmal
Friedrichs Ii. oder des Alten Fritz. Auf dem Grauitsockel steht
der König in Generalsuniform. Von den Schultern herab wallt der
Hermelinmantel. Auf dem Kopfe sitzt der Dreimaster. Der linke Arm
ist in die Hüfte gestemmt, der rechte stützt sich auf den Kommandostab. -
Unter diesem liegen zwei Bücher mit lateinischer Aufschrift. Auf deutsch
bedeutet dieselbe: „Die Kunst des Krieges und des Friedens" und
„Das Gesetzbuch Friedrichs Ii." Vorn liest man in derselben Sprache die
Worte: „Pommern Friedrich Ii. 1793." — Dem Denkmal gegenüber
führt die L u i s e n st r a ß e in die Altstadt hinein. An ihrem Eingange
erhebt sich rechts das Generalkommando, links das Provinziallandhaus.
Im Flur des letzteren steht das Marmordenkmal des Alten Fritz, wie
es der Bildhauer Schadow geschaffen hat. — Die Luisenstraße mündet
auf dem Roßmarkt, auf dem früher die Pferdemärkte abgehalten wurden.
Auf ihm sprudelt die Wasserkunst, welche Friedrich Wilhelm I. in
den Jahren 1729—32 erbauen ließ. Die Hauptfigur des Brunnens ist
ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln. Aus seinem Schnabel springt
ein Wasserstrahl in die Höhe. Dieser fällt in eine große Muschel. Von
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm_I. Wilhelm Friedrichs Fritz Friedrichs Friedrich_Ii Friedrich Fritz Schadow Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Deutschland Stettin Friedrichs Generalsuniform Friedrichs
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Häuser. Weil sie gut predigten, die Kranken und Armen besuchten,
wurden sie bei den Bewohnern beliebt. Deshalb bekamen sie auch
reiche Geschenke. Dafür erbauten sie sich dann im 14. Jahrhundert
die Steinkirche. Als die Stettiner die Lehre Luthers annahmen, ver-
ließen die Mönche Stettin. In die verlassenen Gebäude des Klosters
nahm der Rat der Stadt nun arme Bürger auf. Später genügten die
Räume nicht mehr. Darum wurde das Johanniskloster nach der
Elisabethstr. verlegt. — Als Stettin eine deutsche Stadt geworden war,
erbaute man 1245 an dem Heu markt eiu Rathaus. An der
anderen Seite desselben ist der Neue Markt. Dort stand früher die
St. A d a lb e rts k ir ch e, die aber bald verfiel. An ihre Stelle wurde
die St. Nikolaikirche gesetzt. Während der Franzosenzeit mußte sie als
Strohmagazin dienen. Dabei brannte sie 1811 ab. Nun wurde der
Platz geebnet und geräumt, und so entstand der Neue Markt. — Dem
alten Rathause gegenüber liegt die Börse. Das ist ein Haus, welches
der Stettiuer Kaufmannschaft gehört. In ihm versammeln sich zu be-
stimmten Zeiten die Kaufleute, um Geschäfte abzuschließen. Diese Ver-
sammlung heißt auch Börse. Auf der Börse wird nur Großhandel ge-
trieben. Zwischen dem Käufer und Verkäufer vermitteln die Makler. Wer
nicht selbst zur Börse gehen kann, gibt seinem Kommissionär den Auftrag. Den
Versand der Waren besorgt der Spediteur. Es gibt Getreide-, Herings-, Kaffee-,
Viehbörsen u. a. Neben den Waren- gibts auch eine Geldbörse Die Groß-
Händler derselben sind die Bankiers. Ihre Geschäfte heißen Banken, von der
Bank, an welcher früher die Wechsler die Münzen umwechselten- Konnte ein
Wechsler nicht zahlen, ließ ihm das Gericht die Bank umwerfen. Der Italiener
nennt die zerbrochene Bank danco rotto. Zahlungsunfähige nennen wir bankrott.
Der Schweizerhof war früher der schloßähnliche Besitz einer reichen
Kaufmannsfamilie, Loitz geheißen. Nach der Sage stammen die Loitzen
aus dem Dorfe Klempin bei Stargard. Von hier wanderte einst Michael
Loitz als armer Bauernjunge nach Stettin. Er wurde von einem reichen
Kaufmann als „Handjunge" anfgeuommen. Weil er fleißig und ge-
schickt war, gewann ihn sein Herr lieb. Er schickte ihn in die Schule
und ließ ihn nachher Kaufmann werden. Als der Herr starb, heiratete
Michael die Witwe. Da er klug und reich war, wählten ihn die
Stettiner zu ihrem Bürgermeister. Seine Nachkommen wurden so reich,
daß sie Königen und Fürsten Geld borgen und sich Schlösser, Dörser
und Städte kaufen konnten. Aus Stettin und der Umgegend trugen die
Leute am liebsten ihre Spargroschen zu den Loitzen, weil sie dieselben
dort am sichersten wähnten. Die Loitzen verloren aber später viel Geld.
Und als Hans Loitz die Zinsen nicht mehr bezahlen konnte, floh er.
Dadurch wurde manche reiche Familie bettelarm. Weil aus diesem
Grundstück nachher einige Schweizer wobnteu, heißt es heute Schweizer-
Hof. — An der Frauen st raße stand früher das St. Marien-Nonnen-
kloster. An dies Kloster erinnert noch die K l o st e rh o sstr a ß e. Hier
steht die St. Peter- und Paulskirche. Sie ist die älteste Kirche
Stettins. Bischof Otto von Bamberg hat sie 1124 gegründet. Vor
dem Stadttheater befindet sich das Denkmal Friedrich Wilhelms Iii.
Der König ist im Krönungsmantel dargestellt. Neben ihm liegen auf
einem Kissen Krone und Scepter. Die rechte Haud ist segnend gehoben.
v
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Michael
Loitz Michael Hans_Loitz Otto_von_Bamberg Otto Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
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In die Wand des Ostflügels ist das in Sandstein ausgeführte
alte Pommers che Wappen eingemauert. Dasselbe besteht ans einem
nennfeldrigen Schilde, der von zwei starken Männern gehalten wird.
Seitdem Pommern zu Preußen gekommen ist, wird dies alte Wappen
nicht mehr gebraucht. Der rote Greis ist Pommerns Zeichen. Die
beiden Männer sind aber heute Schildhalter im preußischen Wappen.
(Hoflieferantenschild.)
Die Schloßkirche diente früher als Erbbegräbnis für die
pommerfchen Herzöge. Sie hat ein schönes Glockengeläute. Die große
Glocke trägt die Inschrift: „In Trauer um 2 Kaiser erklungen, bin
1888 ich zersprungen. Als Wilhelm Ii. Kaiser war, tönte ich wieder
frisch und klar. Ehre sei Gott in der Höh', und Frieden sei uns in dem
deutschen Reich beschieden." Die Räume in der östlichen Hälfte des
Nordflügels enthalten die Kaiserzimmer. Sie dienen als Wohnräume
und Festsäle, wenn der Kaiser anwesend ist. Die Räume der übrigen
Flügel werden als Wohnung für den Oberpräsidenten und als Dienst-
zimmer für die Behörden benutzt.
Die Neustadt.
Die Neustadt wird eingeschlossen von der grünen Schanze, der
Passauerstraße, am Berlinertor, Bellevuestraße, Mühlenberg- und Berg-
straße. Erst seit 1845 war es erlaubt, in diesem Stadtteil Häuser zu
errichten.
Die Hauptstraße derselben ist die L i n d e n st r a ß e. Neben dem
schattigen Spazierwege derselben liegen breite Fahrstraßen und Trottoire
oder Fußwege von Steinplatten. Sie ist die grade Verlängerung des
Paradeplatzes und mit diesem etwa 1 km lang. An der Lindenstraße
breitet sich der V i k t o r i a p l a tz aus. Er trägt schöne Gartenanlagen
und einen Springbrunnen. Hier steht das neue Rathaus (erbaut
1878). Es ist ein mit Türmchen und Spitzbogen gezierter Backsteinban.
(Weil das Rathaus zu klein geworden ist, hat man zur Erweiterung
desselben in der Magazinstraße das neue Verwaltungsgebäude
errichtet.) Zu beiden Seiten des Rathauses führen Freitreppen hinab
nach dem Ralhansplatze. Die eine Hälfte desselben trägt prächtige
Blumen- und Rasenstücke. Hier steht der S t e t t i n e r Brunnen.
Auf großen Felsmaffen ruht ein Schiff. Dasselbe zeigt an seinem Bug
Kopf, Brust und Fänge des Vogels Greif. Am Heck ist das große
Stettiner Wappen zu sehen. Im Schilde steht der gekrönte Greifenkopf,
über welchem eine Königskrone von zwei stehenden Löwen gehalten wird.
Das Ganze wird von einem Lorbeerkranz eingerahmt. Der Greif
ist nach der Sage halb Adler, halb Löwe gewesen. Er diente den Göttern
als Reittier und bewachte ihre Schätze. Sein Nest hatte er auf hohen
Bäumen. In dem Schiffe steht hoch aufgerichtet eine Frau. Ihre rechte
Hand hält den Anker. Ihre Linke faßt das auf der Schulter ruhende
Segel. Es ist die Sedina oder Stettina. Sie soll die Stadt Stettin
vorstellen. Daß sie in einem Schiffe steht, mit Segel und Anker aus-
gerüstet, deutet an, daß Stettin eine Handelsstadt ist und Schiffahrt
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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— 12 —
Handlung einen Talar. Die Aussagen schreibt ein Sekretär auf (Protokolls
Um die Wahrheit festzustellen, werden Zeugen vorgeladen. Die Aussage
wird durch einen Schwur bekräftigt. Auf den falschen Schwur oder
Meineid ist eine harte Strafe gesetzt. Beim Amtsgericht entscheidet der
Amtsrichter allein. Der Wert des Streitgegenstandes darf aber nicht
mehr als 300 M betragen. — Wenn einer den andern beschimpft,
verklagt der Beleidigte den Beleidiger beim Schiedsmann oder
Friedensrichter. Das ist ein Bürger, dem auf eine Reihe von Jahren
dies Amt übertragen wurde. Der Schiedsmann ladet die klagenden
Parteien zu einem Sühnetermin vor. Er versucht, wieder Frieden her-
zustellen. Oft gelingt ihm das. Fällt aber der Sühneversuch fruchtlos
aus, so kann die Klage beim Schöffengericht angebracht werden.
Dann helfen dem Richter bei der Festsetzung der Strafe 2 Schöffen.
Zu dem Ehrenamte eines Schöffen können nur Deutsche gewählt werden.
Das Schöffengericht verurteilt zu Geldstrafen bis zu 600 M> oder zu
Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten. Auch Diebstahl und Körperverletzung
gehören vor das Schöffengericht. — Glaubt jemand, daß ihm auf dem
Amtsgericht nicht sein Recht geworden ist, so legt er Berufung ein.
Dann kommt seine Sache vor dem Landgericht zur Verhandlung.
Da treffen 3 Richter die Entscheidung.
Dem Amtsgericht gegenüber hat die A r t i l l e r i e k a s e r n e
ihren Platz. In derselben wohnen die Artilleristen, d. s. Soldaten, die
mit den Kanonen zu tun haben. Jedes Geschütz besteht aus dem Protz-
kästen und der Kanone. Die Kanone hat 2 Hauptteile, das Rohr und
die Lafette. Das Geschütz wird mit 6 Pferden bespannt, die von
3 Fahrern geritten werden. Zur Bedienungsmannschaft gehören
5 Kanoniere. 2 Geschütze sind ein Zug, 2 Züge eine Batterie, drei
Batterien eine Abteilung, 2 Abteilungen ein Regiment. Das Geschütz
sührl der Unteroffizier, den Zug der Leutnant, die Batterie der Haupt-
mann, die Abteilung der Major und das Regiment der Oberst.
In der E l i s a b e t h st r a ß e finden wir die Taubstummenanstalt,
das Johanniskloster, das Bildermuseum (mit vielen Geschenken von dem ver-
storbenen Kaufmann Stolting) und das Landgericht. — Die Passauer-
straße, früher Passowsche Straße, hat ihren Namen nach dem Passow-
schen Tor.
Von den Querstraßen der Neustadt heißen die Wilhelm- und
Albrecht st raße nach früheren Prinzen. Sie münden in die
B e l l e v n e st r a ß e. Bellevne heißt „schöne Aussicht". An der öst-
lichen Seite der Bellevnestraße liegen das Salingre- und Berkhofstift.
Die westliche Straßenseite wird von Militärgebäuden eingenommen.
Kasernen, Werkstätten, Kammergebäude, Exerzierschuppen, Lazarette,
Proviantamt und Garnisonbäckerei bilden hier eine kleine Stadt, die nur
von Soldaten bewohnt wird. Es hat hier neben der Artillerie
die Infanterie Wohnung genommen. Grenadiere, Füsiliere,
Pioniere sind Fußsoldaten oder Infanteristen. Ein Regiment hat 3000
Mann. Diese bilden 3 Bataillone. Zu jedem Bataillon gehören
4 Kompanien. Das Regiment führt der Oberst, das Bataillon der
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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— 13 —
Major, die Kompanie der Haupimann. Unter ihm stehen der Ober-
und Unterleutnant, der Feldwebel, die Sergeanten, Unteroffiziere, Gefreiten
und Mannschaften.
Das Heer. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig. Die Wehrpflicht beginnt
mit dem 1. Januar des Jahres, in welchem das 20. Lebensjahr vollendet wird.
Die Wehrpflichtigen müssen sich in der Zeit vom 15. Jannar bis 1. Februar
beim Vorsteher ihres Ortes melden und in die Rekrutierungs-Stammrolle em-
tragen lassen. Wer nicht in dem Orte der Anmeldung geboren ist, muß einen
Geburtsschein vorlegen. Zur Musterung beordert, muß der Gestellungspflichtige
vor der Ersatzkommission erscheinen. Die Wehrfähigen werden durch die Ober-
Ersatzkommission noch einmal untersucht und später zum Dienst bei der Fabne
ausgehoben. Der Soldat gehört 7 Jahre zum stehenden Heere (2—3 bei der
Fahne, die übrigen bei der Reserve), 5 Jahre zur Landwehr ersten Aufgebots und
dann bis zum 31. März seines 39. Lebensjahres zur Landwehr zweiten Ausgebots.
— Wer durch eine Prüfung oder durch ein Zeugnis nachweist, daß er die
vorgeschriebenen Kenntnisse besitzt und imstande ist, sich während der Dienstzeit
auf eigene Kosten kleiden und unterhalten zu können, dient nur 1 Jahr und
heißt Einjährig-Freiwilliger. Wer vor dem 20. Lebensjahre freiwillig beim
Militär eintritt, kann sich den Truppenteil wählen Unteroffiziere erbalten nach
9 jähriger Dienstzeit Anspruch auf Anstellung in der Gendarmerie oder Schutz-
Mannschaft, nach 12 jähriger einen Ehrenlohn von 1000 Mk. und einen Zivil-
Versorgungsschein. Derselbe berechtigt sie zur Anstellung als Beamter.
Die Oberwiek.
Die Bellevuestraße führt am Schwennftift und Bellevuetheater
vorüber an die sogen. Hiinmelsleiter. Zu uusern Füßen breitet sich nun
die Galgrviese aus. Sie heißt so, weil hier einst der Galgen stand.
Der Eisenbahndamm trennt die Galgwiese von der O b e r w i e k. Der
Verbindungsweg geht durch das hohle Tor. Als Stettin noch eine
Festung war, bauten sich einige Leute, weil sie in der Stadt keinen Platz
mehr fanden, ihre Häuser hierher. Man nannte diesen Flecken dicht am
Oderufer eine Wiek. (Oberwiek, Unterwiek). Die Oberwiekstraße beginnt
am Bahnhof. Sie führt an der Kraftstation der elektrischen Straßen-
bahn, an Brennereien und Brauereien vorüber. In der Brennerei wird
Spiritus aus Getreide oder Kartoffeln hergestellt. Was von dem Roggen oder
den Kartoffeln übrig bleibt, dient als Schlempe zum Viehfüttern. Auch Hefe
wird hier gewonnen —
Ueber Elektrizität. Wenn aus dunkeln Gewitterwolken der
Blitz herniederzuckt, schließen wir vor seiner blendenden Helle die Augen.
Schlägt der Blitz ein, so zersplittert und zerspaltet er den Baum, zerstört
das Haus oder zündet es an. Der Blitz ist also ein grelleuchtender
Eeuerfunke von großer Kraft. — Wenn abends die elektrische Bahn durch die
traßen saust, wird es ab und zu so hell, als ob es blitzte. Dieser helle Funke
treibt auch den Wagen. Er leuchtet also und hat große Kraft, ist demnach dem
Blitze gleich. Man nennt ihn einen elektrischen Fuuken oder Elektrizität. Die
Elektrizität bildet sich in der Lust Sie kann aber auch in Maschinen erzeugt
und durch einen Kupferdraht weiter geleitet werden.
Das helle Licht des elektrischen Funkens benutzen wir zur Beleuchtung
von Plätzen, Straßen und Wohnräumen. Wir unterscheiden das Bogenlicht
lmit den großen Glasglocken) und das Glühlicht (mit den kleinen Glasbirnen).
Die große Kraft des elektrischen Funkens muß unsere Straßenbahn treiben
Hoch über dem Schienengeleise wird von eisernen Ständern der Leitungsdraht
gehalten. Auf dem Wagen ist eine nach allen Seiten leicht bewegliche eiserne
Stange angebracht Diese drückt eine Rolle gegen den Draht. Von diesem geht
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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— 14 —
die Elektrizität in die eiserne Stange. Von hier kann sie in eine kleine Maschine
(Motor) gelangen. An derselben hat der Führer des Wagens seinen Platz.
Durch das Drehen einer Kurbel kann er viel oder wenig Elektrizität einströmen
lassen. Er kann sie auch ganz absperren. Die einströmende Elektrizität setzt den
Motor in Bewegung und treibt den Wagen vorwärts. — Die große Schnellig-
keit der Elektrizität machen wir uns dienstbar beim Fernschreiben oder Tele-
graphieren und Fernsprechen oder Telefonieren. In einer Sekunde läuft der
elektrische Funke 60000 Meilen.
Da, wo sich der schwarze Damm abzweigt, beginnt das Gebiet der
Gasanstalt — Nimm eine tönerne Pfeife und fülle den Kopf mit zerklopften
Steinkohlen, verklebe die Oeffnung mit Lehm und lege die Pfeife so in den
Ofen, daß das Rohr etwas zur Ofentür herausreicht. Wenn du nach einer
Weile ein brennendes Licht vor das Rohr hältst, wird eine blaue Flamme heraus-
brennen. Blasen wir die Flamme aus, so sehen wir nichts ausströmen. Nähern
wir aber wieder das Licht, so ist die Flamme auch wieder da. Es kann also
nur eine Art Lust sein, die da ausströmt. Man nennt sie Leuchtgas — In
der Gasanstalt wird solch Leuchtgas in großen Mengen hergestellt. Da liegen
in den Glühöfen große Röhren aus feuerfestem Ton. Wenn die Kohlen darin
4—5 Stunden geglüht haben, ist alles Gas daraus entwichen. Dann öffnet man
die Tonröhren und nimmt die glühende Masse heraus. Das ist nun Koks
Das Gas wird in großen Behältern aufgefangen und gereinigt. Dabei gewinnt
man Steinkohlenteer, Benzin, Salmiak und schöne Farben. Das gereinigte Gas
wird in den Gasometern aufbewahrt. Aus diesen wird es in unterirdischen
Röhren fortgeleitet und zur Beleuchtung und Heizung, znm Kochen und zum
Treiben von Maschinen benutzt.
Die grade Verlängerung der Oberwiekstraße ist die Berkhofstraße.
An dieser liegt die Lutherkirche. Nach links wendet sich die Pommerens-
dorfer-, nach rechts die Hospitalstraße. An der Pommerensdorferstraße
qualmen die Schornsteine der Seifen- und Kerzenfabrik und der Berg-
schloß- und Bohrisch-Brauerei. Seife wird aus Talg, Lein- und Oliven-,
Palm-, Kokosnnßöl und anderen Fetten bereitet. Bier wird aus Hopfen
und Malz gebraut. Malz bereitet sich der Brauer aus Gerste. Ein angeleimtes
Gerstenkorn schmeckt süß. Aus dem Mehl muß also Zucker geworden sein.
Diesen Zucker nennt der Brauer Malz. Um ihn zu erhalten, muß er die Gerste
aukeimen. (Wie?) In dem Augenblick, da der kleine Keim hervordringen will,
läßt der Brauer eiskalte Luft einströmen, so daß das iunge Pflänzchen erfriert.
Das tut er, um das Malz zu behalten. Würde er den Keim wachsen lassen,
würde dieser allen Zucker verzehren. Das Malz wird in großen Gefäßen,
Bottichen, mit heißem Wasser Übergossen. Dann löst sich der Zucker auf. Die
süße Flüssigkeit heißt Würze. Man läßt sie von den ausgelaugten Gerstenkörnern,
Trebern oder Trestern, abfließen und kocht sie, mit Hopfen versetzt, im Braukessel
Das Bier bekommt dadurch den eigentümlich bitteren Geschmack und hält sich
besser. Nachdem man die Würze wieder vom Hopfen getrennt hat, wird sie in
flachen Gefäßen, den Kühlschiffen, schnell abgekühlt und in Gärbottichen unter
Zusatz von Hefe bei neringer Wärme zur Gärung gebracht. In 6—8 Wochen
hat sich die Hefe auf dem Boden der Gefäße gesetzt (untergäriges Bier) Jetzt
kommt das Jungbier zur Nachgärung in die großen Fässer des Lagerkellers,
aus welchen es nach 6 —12-Wochen abgezogen wird. — Braun- und Weißbier
sind obergärige Biere. Um sie zu erhalten, muß man die Würze bei größerer
Wärme schnell gären lassen. Die Hefe kommt dann schon in 3-.4 Tagen an die
Oberfläche.
Die S tettinerstraße bildet die Grenze zwischen Stettin und
dem Fabrikort Pommerensdorf. In diesem stehen die Stettiner
W a s s e'r w e r k e. Große Dampfmaschinen pumpen das Wasser aus
der Oder in die Wasserbehälter, in denen es gereinigt oder filtriert wird.
Der Filter besteht aus drei meterhohen Schichten. Die unterste ist aus
großen Feldsteinen zusammengesetzt. Darüber folgt eine gleichhohe Lage
— 16 —
letzterem hat Generalfeld Marschall G r a f W r a n g e l seine
Ruhestätte gesunden.
Friedrich Heinrich Ernst von Wränge! wurde am 13. April 1784 (Ge-
burtshaus Ecke Ä ohlmarkt und Schuhstraßs) zu Stettin geboren.
In der Kurfürstenstraße befindet sich das I a g e t e u s s e l s ch e
Kollegium. Otto Jageteussel soll der Sohn armer Eltern gewesen
sein und anfänglich das Schuhmacherhandwerk betrieben haben. Durch
Fleiß und Sparsamkeit gelangte er zu Vermögen und Ansehen. Seine
Mitbürger wählten ihn 1370 zum Ratsherrn und später zum Bürger-
meister. Über 40 Jahre verwaltete er mit Redlichkeit die städtischen
Geschäfte. 1412 ist er gestorben und in der Johanniskirche begraben
worden. In seinem Testamente hat er den größten Teil seines Ver-
mögens dazu bestimmt, daß davon 24 arme Knaben Versorgung und
Unterricht erhalten sollten, bis sie sich ihren Unterhalt selbst erwerben
könnten. —
An die Kurfürstenstraße stößt die Sterubergstraße. Diese, wie auch
die Burscherstraße, sind nach früheren Bürgernleistern, die Saunier-,
(sprich Sonnjehstraße) Stolting-, Beringer- und Karkutschstraße sind nach
Stettiner Bürgern, die Pestalozzi-, Gabelsberger-, Siemens-, Schinkel-,
Lessingstraße nach berühmten Männern, die Bogislav-, Philippe und
Barnimstraße nach alten Herzögen benannt. — Am Schinkelplatz stehen
die Kgl. Maschinenbau-, Baugewerk- und Seemaschinistenschule.
Die Hauptstraße vor dem Berlinertor ist die F a l k e n w a l d e r -
st r a ß e. Sie führt uns über den Bismarck- und Arndtplatz nach
W e st e n d. Hier steht Villa an Villa. Alle sind von schön gepflegten,
schattigeil Gärten umgeben. Westend ist von dem verstorbenen Kom-
merzienrat Johannes Quistorp gegründet worden. Das Krankenhaus
Bethanien in der Alleestraße verdankt ihm auch seine Entstehung Ebenso
sind die schönen Obstanlagen sein Werk. Hoch oben auf der Westend-
höhe hat er dem Dichter E. M. Arndt ein Denkmal errichtet.
In der Roonstraße ist das St. Petri-Hospital oder Barnimstift
erbaut. Es wurde 1556 von Barnim Xi. gestiftet und hatte ursprünglich
seinen Platz am Klosterhof. —
Die alte Vorstadt Neu-Torney ist heute fast ganz mit der
übrigen Stadt verwachsen. Hoch auf dem Berge liegen die Provinzial-
Blindenanstalt, das Stift Bethel ilnd Salem. Salem ist eine Erziehungs-
anstalt für Mädchen; auch werden hier evangelische Diakonissinnen aus-
gebildet. — Hinter Torney befinden sich der Pionier-Übungsplatz, die
Schießstände, das Pulver-Magazin und Artillerie-Laboratorinm.
Vor dem Königswr.
Die Grenze zwischen den Bezirken vor den Toren bildet die
Kaiser W i l h e l m st r a ß e. Das K ö n i g s t o r ist auch unter
Friedrich Wilhelm I. erbaut worden und gehört zu den schönsten Festungs-
toren der Welt. Die P ö l i tz e r st r a ß e führt nach G r ü n h o f.
Dort befinden sich verschiedene Brauereien und die Stöwerschen Näh-
Maschinen- und Fahrradfabriken. Die Grabower st raße wird von
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Extrahierte Personennamen: Generalfeld_Marschall Friedrich_Heinrich_Ernst_von_Wränge Friedrich Heinrich Ernst Otto Philippe Johannes_Quistorp Arndt Friedrich Wilhelm_I.
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schenkte es Herzog Barnim I. mit Wiesen und Holz, mit Obst- und
Weingärten dem Kloster „Unserer lieben Frauen" in Stettin. 100 Jahre
später baute Barnim Iii. daselbst ein Kloster. Es hieß das „Karthäuser
Kloster Gottes Gnade" oder die „Karthause". Nach der Einführung
der Reformation wurden die Klöster aufgehoben. Da stand auch die
Karthause leer. Als dann 1551 ein Brand das Schloß in Stettin ver-
wüstete, ließ Barnim Ix. das Kloster zu einer Bnrg umbauen. Diese
erhielt den Namen O d e r b u r g. In derselben wurden namentlich
unter Philipp Ii. große Feste abgehalten. Als Gustav Adolf Stettin
neu befestigte, niachte er auch die Oderburg zu einem Festungswerk.
Weil sie aber bei einer Belagerung Stettins leicht dem Feinde als Schutz-
wehr dienen konnte, wnrde sie abgebrochen. — Die Friedenskirche
ist eine Kreuzkirche im gotischen Stil. In der Kgl. Navigationsschule
an der Schifferstraße werden Schiffer in der Schiffahrtskunde, Schiffs-
führung und Schiffsordmmg unterrichtet und zu Steuerleuten und
Kapitänen ausgebildet. An der Oder liegen verschiedene Maschinenbau-
anstalten und Schiffswerften. Die bedeutendste Fabrikanlage sind die
Oderwerke. — Grabow war bis 1847 ein Dorf. 1855 wurde
aus dem Flecken eine Stadt. Seit dem 1. April 1900 gehört Grabow
zu Stettin. Die Grenzen Grabows geben ungefähr folgende Straßen
an: die Blumeustraße, die Birkenallee bis hinter Töpfers Park, die
Neuestraße, ein Stück der Heinrichstraße und eine Linie von da bis zum
Kanal vor dem Regierungs-Banhof.
Bredow.
Unmittelbar an Grabow schließt sich Bredow an, das seit 1900
Stettin einverleibt ist. Auch Bredow wurde schon 1243 dem Kloster
„Unserer lieben Frauen" überwiesen. In Bredow befinden sich eine
Zementfabrik, eine Zuckersiederei und die große Schiffswerft Vulkan.
Seit 1851 hat sich diese Anstalt von kleinen Anfängen zur heutigen
Größe entwickelt. Die Werkstätten des Vulkan bedecken heute etwa 20 ha.
Die Zahl der Arbeiter beträgt ungefähr 7000. Die Vulkanstraße teilt
das Gebiet des Vulkan in den Ober- und Unterhof. Auf dem Oberhof
befinden sich Eisen- und Gelbgießereien, Kessel- und Kupferschmieden, die
Lokomotivenwerkstatt und die Verwaltungsgebäude. Der Unterhof dient
hauptfächlich als Schiffsbauplatz oder Werft.
Die Werft muß immer dicht am Wasser liegen. Auf der Werst stehen
große Gerüste aus Holz oder Eisen. Das sind Hellinge. In 5»er Helling
wird das Schiff erbaut. Zuerst wird der Kiel gelegt, das ist ein eiserner Balken,
der die Grundlage des ganzen Schiffes bildet. Daran schließt sich aus jedem
Ende ein auswärts gehender Balken, der Vor- und Achtersteven. Dann werden
an beiden Seiten des Kiels auswärts gebogene Spanten angesetzt. Kiel und
Spanten sind gleichsam Rückgrat und Rippen des Schiffes. Quer über das
Gerippe, legt man sodann die Balken, welche die Verdecke tragen sollen, die
Deck- und Oberdeckbalken. An die Spanten werden Eisen- oder Stahlplatten
genietet, so daß sie nach außen eine glatte Fläche bilden. Auch die Innenseite
oer Spanten wird mit Platten belegt. Der ganze innere Raum des Schiffes
wird durch eiserne Wände in mehrere wasserdichte Abteilungen (Schotten) ge-
trennt, damit bei einer Beschädigung nicht das ganze Schiff voll Wasser laufen
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Gustav_Adolf_Stettin Gustav Adolf Bredow Bredow Bredow Helling