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1. Neue Zeit - S. 2

1897 - Stuttgart : Neff
strebende oder üb ergreifende Staaten stören, so dass um seine Erhaltung oder Verschiebung sich lange die äussere Politik dreht. Dem Lehnswesen wird (was zum Teil schon im Mittel- alter begonnen hatte) seine politische Bedeutung durch die monarchische Gewalt entzogen, die sich auf ein von ihr durchaus abhängiges Beamtentum (Bureaukratie) und, meistens erst später, auf ein ihr unbedingt gehorchendes stehendes Heer stützt. Damit werden auch in der Regel dem alten stän- dischen Wesen seine politischen Befugnisse genommen, wenn es nicht ganz verschwindet; nur in England entwickelt es sich, unter schweren Kämpfen und Wirren, zum Konstitutionalismus (d. h. Beaufsichtigung der Regierung durch mindestens zu be- trächtlichem Teile gewählte Vertreter des Volkes und deren An- teilnahme an der Gesetzgebung, sowie Feststellung des Staats- haushalts durch dieselben). In Deutschland wächst die Staatsgewalt der Territorien; die Machtbefugnisse von Kaiser und Reich mindern sich immer mehr. Dem österreichischen, nur halbdeutschen und ausschliesslich katholischen Staat stellt sich der lange rein deutsche, überwiegend protestantische, aber duldsame brandenburg-preussische Staat unter schwerem Ringen nach aussen und mühevoller innerer Arbeit gegenüber, um zu- nächst in den deutschen und den auswärtigen Dingen ihm die Wage zu halten (Deutscher „Dualismus“). Die Ausschreitungen und Versäumnisse des Absolutismus führen in Frankreich zu gewaltsamem Umstürze der staatlichen, teilweise auch der gesellschaftlichen Ordnung; die grosse französische Revolution führt eine Zeit schwerer Kriege und den Versuch, zunächst mit Frankreichs Kräften eine Uni- versalherrschaft zu schaffen und zu erhalten, herbei. Hierauf folgt eine Zeit, in der in den Beziehungen der Staaten West- und Mitteleuropas grösserer und bestandfähigerer Frieden herrscht, im Inneren sich, nicht ohne Kämpfe und Rückschläge, der Konstitutionalismus ausbildet. Italien und, unter Führung Preussens, Deutschland erlangen staatliche Einheit, der Rest der weltlichen Herrschaft des Papsttums fällt, kurz nachdem es seine geistliche Autorität theoretisch aufs höchste gesteigert hat. Immer mehr wird für das Verhältnis der euro- päischen Staaten zu einander der Wettbewerb in Industrie und Handel und um Kolonialbesitz (Afrika) von Einfluss und der europäischen Völker materielle Wohlfahrt durch Amerika und Ostasien beeinflusst; gleichzeitig bewirkt das Wachsen der Gross- industrie und die schwierige Lage der Landwirtschaft immer grössere Wichtigkeit der sozialen Fragen.

2. Neue Zeit - S. 13

1897 - Stuttgart : Neff
13 Kapitel Ii. Die Zeit Maximilians T. § 6. Kämpfe in Italien 1494—-1505. Karls Viii. Zug nach Italien. Karl Viii. von Frank- reich zog 1494, mit Lodovico Moro von Mailand verbündet, über Florenz und Rom ins Königreich Neapel, indem er die Ansprüche der Anjou (s. Ii. S. 241) wieder aufnahm. Fer- dinand Ii., Enkel Ferdinands I., flüchtete nach Sicilien. Zum König vonneapel gekrönt, schob Karl die Verwirklichung seines Traums, die Türken aus Europa wieder hinauszuwerfen, auf und kehrte mit der Hälfte seines Heeres zurück. Venedig hatte gegen Frankreich und dessen Festsetzung in Italien eine Liga zusammengebracht, an der sich Papst Alexander Vi. und die katholischen Könige beteiligten, sowie Lodovico Moro, der von dem französischen Bündnis nicht die erwarteten Früchte geerntet hatte, und Königmax, den die französische Diplomatie früher durch Aussicht auf Beraubung Venedigs zur Unthätigkeit bestimmt hatte. Ein ihm entgegentretendes venetianisch - mailändisches, vielfach überlegenes Heer schlug Karl bei Fornuovo (1495), kehrte aber nach Frankreich zurück. Lodovico Moro, von Schweizern schwer bedroht, wurde wieder Frankreichs Bundesgenosse und erhielt, unter dessen Lehnsherr- lichkeit, Genua. Das Königreich Neapel verloren die Franzosen sehr rasch wieder infolge der Verhasstheit ihres Regiments und der Unfähigkeit eines ihrer zwei Feldherrn an Ferdinand Ii., der von einer spanischen Flotte und Land- macht, wie auch vom Papst und Venedig, unterstützt wurde, und seinen Oheim und Nachfolger Federigo (1496). Savonarola. Girolamo Savonarola, Dominikaner (geb. 1452), wirkte inflorenz seit 1482, beherrscht von asketisch- mittelalterlicher Lebensanschauung und den altväterischen Vor- stellungen des Kleinbürgertums, vor allem durch die Gewalt seiner Predigt gegen die Entartung und Verweltlichung der Kirche und der Geistlichkeit, gegen „Tyrannei“, Laster und Luxus und für Aufrichtung einer re- publikanischen Theokratie. Die unsichere und später zu gefügige Haltung, die Pietro Medici dem heranziehenden französischen König gegenüber einnahm, bewirkte vollends den Zusammenbruch der Tyrannis (1494).

3. Neue Zeit - S. 31

1897 - Stuttgart : Neff
„vom Papsttum zu Rom“ erklärte er „von der Christenheit etwas für die Laien“, bezeichnete Rom als Sitz des Antichrists und Quelle alles Unheils für Deutschland und erwartete die not- wendige Reformation nur noch von den weltlichen Ständen. In der ersten der drei grossen Reformationsschriften des Jahrs 1520 „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ (Adel = Kaiser und Fürsten und Ritter), „wirft er die drei Mauern der Romanisten nieder“, die höhere Wertung des „geist- lichen“ Standes, indem er das königliche Priestertum aller Gläu- bigen verkündet und den Geistlichen nur besonderen Dienst und Amt zuerkennt, den Anspruch des Klerus, allein das Wort Gottes auszulegen, und den des Papstes, allein ein Konzil zu berufen. Insbesondere führt er alle die Beschwerden auf, welche die deutsche Nation gegen den römischen Stuhl erheben konnte und meistens auch schon erhoben hatte, macht aber auch positive Vorschläge kirchlicher, wie sozial-politischer Aenderungen. In (fern theo- logischen Traktat: De captivitate babylonica Ecclesiae praeludium (Okt.) sucht er der römischen Priesterkirche die Machtmittel zu entreissen, mit denen sie das Leben der Christen beherrschte; von den sieben Sakramenten bleiben nur Taufe und Abendmahl, in gewissem Sinne auch das Buss-Sakrament bestehen, der Messe wird der Charakter des Opfers abgesprochen. Die Schrift „von der (inneren, durch den Glaubensbesitz Christi begründeten) Freiheit eines Christenmenschenu hat dagegen rein kontemplativen Charakter. Mit der Schrift „an den christlichen Adel“ stellte sich Luther keineswegs auf den Boden des (ihm ohnehin kaum genau bekannten) unklaren Programms der Kitterpartei. Wenn Luther „den alten stifftenn und thumen“, die für Versorgung nicht erstgeborener Adeliger oder Fürstensöhne und deren Ausbildung zu „geleret Leut“ bestimmt sind, nichts anhaben will, so ist das, wenn überhaupt ein beabsichtigtes Zu- geständnis an den Adel, doch nicht von grossem Belang. Die deutsche Kirche will Luther möglichst selbständig unter einem „ Primat in Germanien“ machen, dem Papst jedoch die letzte Entscheidung schwieriger Fragen und Streitsachen überlassen. An andern Stellen bezeichnet er aber den Papst als den „rechten Endchristu, ruft Christus an, des Teufels Recht zu Rom zu zerstören, und erklärt, dass ein Krieg gegen die Kurie der vor allem zu führende Türken- krieg wäre. Er fordert u. a. Beseitigung des kanonischen Rechts und aller weltlichen Gewalt des Papstes, Minderung der Klöster und deren Rückbildung zu Schulen, Abschaffung des Zölibats, der i'eiertage (mit Ausnahme des Sonn- tags), der Wallfahrten, der Bruderschaften, der Seelenmessen, des Zinskaufes, der grossen Handelsgesellschaften, des Bettels und Schaffung einer geregelten weltlichen oder geistlichen Armenpflege. Dem Inhalt nach war die von Luther an der Kurie im allgemeinen, wie in ihrem Verhalten zu Deutschland geübte Kritik und ebenso der grösste Teil seiner Forderungen nichts Neues, aber sie erhielten durch Luthers Geist und Sprache eigenartige Prägung, dialektische Zuspitzung, gemütliche Vertiefung und so grössere Wirkungskraft. Luther

4. Neue Zeit - S. 33

1897 - Stuttgart : Neff
33 Kirclie und deren Vollmacht, als ketzerisch verdammte, Luther, falls er innerhalb zwanzig Tagen nicht widerrufe, bannte und jeden Ort, der ihn oder seine Anhänger aufnehme, mit dem Interdikt belegte. Eck wurde mit der Publizierung in Deutschland beauftragt. In Wittenberg und Kursachsen wurde sie verweigert: sie unterblieb auch sonst vielfach infolge der Haltung der Bevölkerung. Luther verbrannte, nachdem in den niederländisch-burgundischen Landen mit feierlicher Ver- brennung seiner Schriften begonnen worden war, in Gegenwart der eingeladenen Professoren und Studenten 10. Dez. die Bulle samt dem päpstlichen Recht. Friedrich der Weise hatte von den päpstlichen Nuntien gefordert, man solle Luther unter freiem Geleite vor gelehrten und unverdächtigen Richtern ver- hören. Leo X. verkündete 3. Januar 1521 feierlich den Bann und forderte das weltliche Schwert zum Einschreiten auf. Kapitel Iv. Karl V., das Reich und die Reformation bis 1525. § 13. Karls V. Wahl und der Wormser Reichstag. Die Wahl. Der Tod Maximilians hatte die Zusagen der fünf Kurfürsten zu Gunsten Karls hinfällig gemacht. Die Bewer- bungfranz’ I. vonfrankreich, welche Leo X. in Sorge für die Unabhängigkeit des Kirchenstaates (Neapel) und noch mehr für territoriale Mehrung des Kirchenstaates (Ferrara) und des Hausbesitzes u. a. durch grosse Zusagen für die geistlichen Kurfürsten unterstützte, hatte anfangs einen Vorsprung. Die meisten Kurfürsten (besonders die beiden Zollern, aber nicht Friedrich von Sachsen) zeigten sich dem französischen Gelde sehr zugänglich. England nahm anfangs eine unklare, beide Hauptbewerber scheinbar begünstigende Haltung ein, später liess der Kardinal Wolsey die Kandidatur Heinrichs Viii. betreiben, jedoch nur langsam und schwach. Aber die Rücksicht auf die, besonders in den rheinischen Gegenden, starke Erregung des Adels und des Bürgertums gegen Frankreich und Born und auf die von Max gewissermassen ererbte Popularität Karls, in dem die meisten einen zukünftigen Vorkämpfer der kirchlichen und politischen Reform sahen, vor allem aber auf die Streitkräfte, über die Sickingen und der Schwäbische Bund nach Vertreibung Ulrichs von Württemberg verfügten, der Gedanke an das stramme Regi- Lehrbuch d. Weltgeschichte. Neue Zeit. 3

5. Neue Zeit - S. 42

1897 - Stuttgart : Neff
42 Graubünden erlangte sie 1525 freie Bewegung. Schon April 1524 beschlossen alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaft- hausen, bei dem Glauben der Altvordern zu bleiben und die ihm Zuwiderhandelnden zu bestrafen, sowie denen, die dazu die Hand nicht böten, die Gemeinschaft aufzusagen. Aber Bern, Basel, Glarus und Solothurn wollten doch von einem gewaltsamen Vor- gehen gegen Zürich nichts wissen. Jedoch wurden refor motorische Bewegungen im Thurgau von der Tagsatzung unterdrückt und drei Züricher, der Mitschuld an einem Klostersturm bezichtigt, enthauptet. Oktober 1524 schloss die Tagsatzung mit Oester- reich einen Vertrag über gegenseitige Auslieferung ketzerischer Unterthanen. Wiedertäufer. Seit Ende 1523 trat in offenen Gegensatz zu Zwingli, „dem Endchrist am Grossmünster“, eine Richtung, welche die Forderungen des Evangeliums und das Schriftprinzip in der Lebensord- nung noch gründlicher durchführen wollte, dabei aber von den mittelalterlichen Ideen der Armut, der Weltentsagung, der Ausscheidung einer besonderen Gemeinde der Heiligen beherrscht, jedoch von ge w alt sam- revolutionären Strebungen noch frei war. Unter Einfluss Thomas Münzers verwarfen deren Anhänger die Kinderlaufe und übten im Gegensatz zu einem Ratsmandat, das die Kindertaufe bei Strafe der Landesverweisung anordnete, dann die Wiedertaufe als ein Unterpfand der Wiedergeburt und der besonderen Gnade (daher bei andern: „Wiedertäufer“, „Anabaptisten“). Zahlreich waren sie auch in St. Gallen, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden. Als Strafe der Wiedertäufer (bisher Geldbussen, Gefängnis und Ver- bannung) wurde 1526 das Ertränken festgesetzt und zu Zwinglis Lebzeiten mit seiner Billigung an vier Personen vollstreckt. § 16. Der Bauernkrieg 1525. Vorläufer seit 1498. Auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ord- nung waren gerichtet die geheime, auch viele Weiber umfassende Verbindung des Bundschuh (s. Ii. S. 251) in der Bruchsaler Gegend (1502, „wir mögen vor Pfaffen und Adel nicht genesen“) und der Bundschuh im Eisass und Breis- gau von 1518; vom alten Recht gingen aus die im ganzen friedlich, aber auch ergebnislos verlaufende Erhebung der Bauernschaft des oberschwäbischen Klosters Ochsenhausen und wenigstens zu Anfang der „arme Konradu im Herzogtum Württemberg (1514), welche Erhebung den Herzog Ulrich veranlasste, den Ständen (Geistlichkeit, Adel und Städten) im Tübinger Vertrag grosse Zuge- ständnisse zu machen, sowie die Erhebung der Bauern in Krain, Kärnten, Steier- mark (1515). Auf 1524 hatte die Astrologie eine sündtlutartige Ueberschwem- mung, eine Erhebung des Volkes und Vertilgung der Mächtigen vorausgesagt. Ursachen des grossen Bauernkrieges. Sein Zusammen- hang mit der reformatorischen Bewegung. Die Hauptursache war die schon längst vorhandene Unzufriedenheit, die zumeist teils von der rechtlichen, teils von der materiellen Lage des Bauernstandes herrtihrte (s. Ii. S. 248 ff“.). Aber diese Unzu- friedenheit wurde durch die reformatorische Be- wegung und Litteratur gesteigert und erhitzt. Wer

6. Neue Zeit - S. 65

1897 - Stuttgart : Neff
die Beseitigung der alten Kirche beschlossen. Der Adel erhielt einen Teil der Kirchengüter, sowie Patronatsrechte. Ein Drittel der Zehnten wurde für das Schulwesen bestimmt. Bugenhagen stellte die neue Kirchen- ordnung fest, die im Ritus sehr konservativ war. Der Bischofstitel wurde bei- behalten. In Norwegen und noch mehr in Island widerstrebte die Bevölkerung der kirchlichen Aenderung. Wullenwewer wurde 1537 bei Wolfenbüttel auf Grund nicht erwiesener Anklagen und nach dem Spruch eines widerrechtlich verfahrenden Gerichts enthauptet. Der Schmalkaldener Bund und Karl 1535—1539. Zu- nahme der Reformation. Denyers u eben einerseits Franz’ I., andererseits Heinrichs Viii., ein politischesbündnisg egen denkaiserzuschliessen (1535), versagte sich, dem Wunsche Philipps zuwider, der seinem ganzen Wesen nach zu einer grossen, europäischen Politik nicht geneigte und ge- eignete Schmalkaldener Bund. Der Bund wurde De- zember 1535 auf weitere 10 Jahre (Februar 1537—1547) erneuert und nahm April 1536 weitere Mitglieder auf: Pommern, Anhalt-Dessau, Württemberg, Frankfurt, Augs- burg, Kempten, Hannover, Hamburg; hiegegen hatte Kursachsen mit Rücksicht auf den Nürnberger Frieden und aus Abneigung gegen die Vermehrung der nicht streng lutherisch Gesinnten sich lange gesträubt. Er liess die bedrängte Lage des Kaisers, dessen Macht überschätzend und seine innere Feindschaft gegen die Reformation unterschätzend, unbenützt; statt weitere Zu- geständnisse, wie ausdrückliche Ausdehnung des Nürnberger An- stands auf die neuen Mitglieder, Duldung des Kults seiner so zahlreichen Glaubensgenossen in den katholischen Territorien (selbst in Bayern und den österreichischen Erblanden) zu er- wirken, begnügte er sich mit der Zusage Karls, dass er durch Kanzler Held alle Streitfragen beilegen werde. Der Bund lehnte Februar 1537 es ab, das von Paul Iii. (Mai 1537) nach Mantua ausgeschriebene (bei der politischen Weltlage aus- sichtslose) Konzil zu beschicken, weil es unter päpstlicher Autorität und nicht auf deutschem Boden abgehalten werden sollte, und erklärte, dass er die Neueingetretenen, sowie alle vom Reichskammergericht wegen Religionssachen Bedrohten schützen werde. Held und Ferdinand arbeiteten jetzt, schliesslich mit allgemeiner Zustimmung Karls, an einem katholischen Gegen- bund, der Juni 1538 in Nürnberg „zum Schutze der Religion“ mit rein defensivem Charakter zu stände kam, aber nur Ferdinand, Albrecht als Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt, den Erzbischof von Salzburg, die Herzoge Georg von Sachsen, Erich den Aelteren und Heinrich den Jüngeren von Braunschweig umfasste. Die katholische Kirche Deutschlands war durch Abneigung der Bevölkerung, Verwaisung vieler Pfründen Lehrbuch d. Weltgeschichte. Neue Zeit. 5

7. Neue Zeit - S. 118

1897 - Stuttgart : Neff
118 ehrung zollte, solange er den Spaniern zu Willen war, bei einem Gegensatz der Interessen aber keine Rücksichten kannte. Philipp wollte noch mehr als Karl der Schutzherr der Kirche sein, mit b estimmendem Einf 1 uss auf deren Politik, ja selbst auf ihre dogmatische Entwickelung. Die Autorität der Kirche und die Bemühungen, diese wieder auf- zurichten, sollten auch der spanischen Politik dienen, die Re- stauration der Alleinherrschaft der Kirche sollte mit der Aufrichtung einer spanischen Weltmonarchie zusammenfallen. In Spanien übten Staat und Regierung der Kirche und dem Klerus gegenüber sehr weitgehende Rechte und Befugnisse aus, z. B. das Recht, vermittelst „Berufungen wegen Missbrauches“ Urteilssprüche der geistlichen Gerichts- höfe abzuändern, selbst Exkommunikation und Amtsentsetzung von Geistlichen aufzuheben. Auch in Neapel und Sicilien besass der Staat der Kirche gegenüber bedeutende Befugnisse. Bei entstehenden Konflikten wahrte Philipp diese Rechte mit rück- sichtsloser Entschiedenheit, und meistens sah der Papst sich ge- zwungen, durchaus nachzugeben. Bei Papstwahlen bezeichnete Philipp offen diejenigen der Kandidaten, die er sich als Papst gefallen lassen werde, oder wenigstens die, die er nicht annehme („Exclusive“, später auch von Oesterreich und Frankreich geübt). Die Vermehrung des gewaltigen Besitzes der Kirche in seinen Gebieten Hess er zu, weil die ihm vom Papst meistens ohne An- stand bewilligte Besteuerung des Kirchenguts und der kirchlichen Einkünfte (Cruzada, Escusado, Subsidio1*) die ergiebigste und sicherste Einnahme für seine Regierung bildete. § 40. Philipp und England. Hinrichtung Maria Stuarts. Armada. Trotz der Seeräuberei der Engländer gegen die spanischen Schiffe und Kolonien (zweiteerdumsegelungdurchfranz Drake, 1577—80) hatte Philipp doch, der spanischen Tradition folgend, mit England Frieden gehalten. Den Aufforderungen zu einem „grossen“ oder „heiligen“ Unternehmen behufs Be- seitigung Elisabeths und des Protestantismus hatte er nicht ent- sprochen, weil er den massgebenden Einfluss in Schottland oder England nicht mit den Guise oder Frankreich teilen, sondern für sich allein haben wollte: Philipp hatte sich begnügt, die päpst- lichen Unternehmungen nach Irland zu unterstützen (1579, 1580; aber 1583 war Irland wieder England ganz unterworfen) und Maria Stuart durch allgemeine Zusagen in ihrem Verhalten Elisabeth 9 Die cruzada waren die Erträgnisse des Ablasses, das escusado ein Anteil am Kirchenzehnten, das subsidio eine jeweils fest bestimmte Summe.

8. Neue Zeit - S. 124

1897 - Stuttgart : Neff
124 Paris mit Umgegend und einigen anderen Städten. Als Staats- bürger wurden sie den Katholiken gleichgestellt; sie er- hielten für den Norden eigene Kammern in den Parlamenten von Paris, für den Süden mehrere chambres mi-parties. Sie blieben ein Staat im Staate durch das Recht, periodische Versammlungen nach Art der états généraux abzuhalten, noch mehr dadurch, dass sie Sicherheitsplätze, u. a. La Rochelle, einst- weilen behielten. Dieses Edikt fand Missfallen und Widerstreben bei den eifrigen Hugenotten, wie bei den Katholiken, insbesondere den Parlamenten. Heinrich begünstigte den Uebertritt von Huge- notten zur alten Kirche und derartige Konvertiten grundsätzlich. Die Jesuiten, die infolge eines Attentats auf den König 1594 vertrieben worden waren, Hess er 1603 wieder zu und begünstigte sie, unter Ausschluss von Spaniern und Italienern, als wertvolle politische Werkzeuge. Die sittliche und geistige Kraft der katho- lischen Kirche erhöhte der König, indem er im allgemeinen die Bischofssitze mit würdigen und hervorragenden Persönlichkeiten besetzte. Kapitel Xii. Deutschland 1555—1600. § 42. Deutschland unter Ferdinand I. und Maximilian Ii. Maehtverhältnisse der Religionsparteien. In der Or- ganisation des Reichs sicherte das katholische Bekenntnis der Kaiser und deren Zugehörigkeit zum Haus Oesterreich, noch mehr das Uebergewicht der geistlichen Stimmen im Fürstenrat dem Katholizismus ein Ueberge wicht. Unter den weltlichen Territorien überwogen aber schon 1555 die protestantischen in Norddeutschland entschieden : Kurbrandenburg, Kursachsen und Herzogtum Sachsen, Anhalt, Lauenburg, Mecklenburg, Pommern und schon zwei der welfischen Linien; in Nord Westdeutschland gab es nur noch ein katholisches Fürstenhaus, das von .Jülich-Cleve, und sein Verbleiben beim alten Glauben war längere Zeit unsicher. Auch in Süddeutschland überwogen die protestan- tischen Fürsten der Zahl nach: Kurpfalz und alle pfäl- zischen Nebenlinien, Brandenburg-Ansbach und Kulmbach, Würt- temberg, Baden-Durlach und Baden-Baden, aber die zwei

9. Neue Zeit - S. 140

1897 - Stuttgart : Neff
140 Gegensatz zu den englischen Gewaltherrn zu treuen Söhnen der römischen Kirche gemacht hatte, die englische Staatskirche aufzunötigen, riefen 1594 eine gewaltige Erhebung hervor, die Hugh O’Neil, Graf von Tyrone, führte, Spanien und die Kurie unterstützte und schürte. Der letzte Günstling Elisabeths, Graf Essex schloss 1599, mit dem Oberbefehl über eine grosse Streit- macht beauftragt, einen unrühmlichen Ausgleich, wurde deshalb entsetzt und nach einem unverständigen Erhebungsversuch ent- hauptet (1601). Nachdem ein kleines spanisches Heer rasch zur Räumung der Insel genötigt worden war, unterwarfen sich die Irländer 1603. Die „Plantation“ von Ulster wurde unter gänzlicher Entfernung der Iren seit 1610 durchgeführt. Gegen das Ende ihres Lebens minderte sich die Popularität und die Lebensfreude der Königin; das Parlament, das über- haupt wieder selbständig auftrat, zwang sie zu der Zusage, den Missbrauch der Monopole, durch deren Verkauf oder Zu- teilung an Günstlinge sie den Aufschwung des englischen Handels beeinträchtigte, zu unterlassen. Mit Elisabeth (1603) starben die Tudor aus. Der Stuart Jakob I. (1603—1625) bestieg ohne Schwierig- keiten den Thron. Er war pedantisch, entbehrte persönlichen Mutes und kriegerischer Eigenschaften und Neigungen. Seine Neigung zur Zweideutigkeit war durch seine Stellung und seine Schicksale in Schottland sehr entwickelt worden. Von der monarchischen Stellung hatte er sehr hohe Anschauungen („semi- deus“, „rex est lexu), die der damaligen Entwickelung des politischen Geistes in England ganz entgegengesetzt waren. Er verachtete die erwerbenden Stände und hasste das Puritanertum. Mit Spanien schloss er August 1604 einen für dieses günstigen Frieden. Aber die Hoffnungen, welche die Katholiken (in England nur noch ein geringer Bruchteil der Bevölkerung) auf ihn setzten, wurden nicht erfüllt. Er bewilligte anfangs. nur den Laien Gewissensfreiheit, und bald liess er den (zahlreich von auswärts gekommenen) Priestern wieder nachspüren. Die noch recht- zeitig entdeckte „Pulververschwörung“, d. h. der Plan einiger katholischer Laien, bei der Eröffnung des Parlaments dieses samt dem König in die Luft zu sprengen (November 1605) rief neue Ausnahmegesetze gegen die Katholiken hervor, denen jetzt sogar die Ausübung mancher bürgerlicher Berufe und mancher Privatrechte entzogen wurde. Von nun an galten in England lange die Katholiken als ge- schworene Feinde des Staats und des Volks. Aber mit dem Puritanertum, das im englischen Protestantismus immer mehr herrschend geworden war, wollte der König sich auch nicht

10. Neue Zeit - S. 143

1897 - Stuttgart : Neff
143 Frankreich die Führung der diesem widerstreb en- den Mächte zu verschaffen. Der „grosse Plan“, nach Aus- treibung der Türken einen europäischen Staatenbund zu schaffen aus sechs Erb-, fünf Wahlmonarchien und fünf Freistaaten, ge- hört aber wohl mindestens zum grössten Teile Sully und nicht dem Könige an. Als Heinrich die jülich-clevische Frage be- nützen wollte, um als Verbündet erderprotestantischen Union unter Umständen einen grossen Krieg gegen das Haus Oesterreich zu führen und Frankreich im Osten auszudehnen, predigten katholische Fanatiker gegen diesen Bund mit den Ketzern. Ravaillac erstach 13. Mai 1610 den König, der im Begriffe war, zu einem der aufgestellten Heere in die Champagne abzureisen. Durch diesen Meuchelmord wurde Frank- reichs äussere Politik bald in spanienfreundliche Bahnen gebracht und seine innere Entwickelung auf längere Zeit verwirrt. Anfänge Ludwigs Xiii. Aufkommen Riehelieus. Die Unmündigkeit, später die Unfähigkeit Ludwigs Xiii. und sein Gegensatz zu seiner Mutter ermöglichten es dem Hochadel, insbesondere aber dem königlichen Prinzen Heinrich (Ii.) von Conde, der Regierung bedeutende Geldsummen, Pensionen und Anteil an der Regierung abzuzwingen. Die Generalstände von 1614/15 (bis 1789 die letzten) endeten ergebnislos. Mit Conde machte ein Teil der Protestanten gemeinsame Sache. Nach der Ermordung des Günstlings der Königinmutter Marquis d’Ancre (Conclni) 1617 leitete die königliche Regierung Ludwigs Günst- ling Luynes bis Ende 1621. Ein Aufstand des Hochadels, dem sich die Königinmutter anschloss, wurde 1620 niedergeworfen; den Kampf mit denjenigen Hugenotten, welche die Annexion Bearns als Vorspiel einer katholischen Reaktion betrachtet und deshalb sich erhoben hatten, beendete der König, da Montauban und dann Montpellier glücklich widerstanden, 1622. Im Frieden sagte er Wahrung des Edikts von Nantes zu, den Hugenotten blieben aber nur die Sicherheitsplätze, die sie noch behauptet hatten. August 1624 wurde Jean Armand du Plessis de Richelieu leitender Minister. Beim Tode seines Vaters war Ludwig Xiii. (1610—1643) neun Jahre alt, die Regentschaft fiel seiner Mutter Maria von Medici zu. Diese verab- redete 1612 die Vermählung Ludwigs mit der Infantin Anna, wie die ihrer Tochter Elisabeth mit dem Infanten Philipp (Iv.). Ludwig übernahm die Regierung nominell 1614 und heiratete Anna 1615. Richelieu, geh. 1585, frühzeitig verwaist, war ursprünglich für die mili- tärische Laufbahn bestimmt, seine Mutter erhielt aber von Heinrich Iv. für einen ihrer Söhne das Bistum Lugon; Armand machte rasch und mit Erfolg seine theologischen Studien und übernahm die Verwaltung des Bistums 1608; den Kardinalshut erlangte er 1624. Politisch trat er zum erstenmale in den
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