strebende oder üb ergreifende Staaten stören, so dass um seine
Erhaltung oder Verschiebung sich lange die äussere Politik
dreht.
Dem Lehnswesen wird (was zum Teil schon im Mittel-
alter begonnen hatte) seine politische Bedeutung durch
die monarchische Gewalt entzogen, die sich auf ein
von ihr durchaus abhängiges Beamtentum (Bureaukratie) und,
meistens erst später, auf ein ihr unbedingt gehorchendes stehendes
Heer stützt. Damit werden auch in der Regel dem alten stän-
dischen Wesen seine politischen Befugnisse genommen, wenn es
nicht ganz verschwindet; nur in England entwickelt es sich,
unter schweren Kämpfen und Wirren, zum Konstitutionalismus
(d. h. Beaufsichtigung der Regierung durch mindestens zu be-
trächtlichem Teile gewählte Vertreter des Volkes und deren An-
teilnahme an der Gesetzgebung, sowie Feststellung des Staats-
haushalts durch dieselben). In Deutschland wächst die
Staatsgewalt der Territorien; die Machtbefugnisse von
Kaiser und Reich mindern sich immer mehr. Dem österreichischen,
nur halbdeutschen und ausschliesslich katholischen Staat stellt
sich der lange rein deutsche, überwiegend protestantische, aber
duldsame brandenburg-preussische Staat unter schwerem Ringen
nach aussen und mühevoller innerer Arbeit gegenüber, um zu-
nächst in den deutschen und den auswärtigen Dingen ihm die
Wage zu halten (Deutscher „Dualismus“).
Die Ausschreitungen und Versäumnisse des Absolutismus
führen in Frankreich zu gewaltsamem Umstürze der
staatlichen, teilweise auch der gesellschaftlichen Ordnung; die
grosse französische Revolution führt eine Zeit schwerer Kriege
und den Versuch, zunächst mit Frankreichs Kräften eine Uni-
versalherrschaft zu schaffen und zu erhalten, herbei. Hierauf
folgt eine Zeit, in der in den Beziehungen der Staaten West-
und Mitteleuropas grösserer und bestandfähigerer Frieden herrscht,
im Inneren sich, nicht ohne Kämpfe und Rückschläge, der
Konstitutionalismus ausbildet. Italien und, unter Führung
Preussens, Deutschland erlangen staatliche Einheit,
der Rest der weltlichen Herrschaft des Papsttums fällt, kurz
nachdem es seine geistliche Autorität theoretisch aufs höchste
gesteigert hat. Immer mehr wird für das Verhältnis der euro-
päischen Staaten zu einander der Wettbewerb in Industrie und
Handel und um Kolonialbesitz (Afrika) von Einfluss und der
europäischen Völker materielle Wohlfahrt durch Amerika und
Ostasien beeinflusst; gleichzeitig bewirkt das Wachsen der Gross-
industrie und die schwierige Lage der Landwirtschaft immer
grössere Wichtigkeit der sozialen Fragen.
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Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland Frankreich Frankreichs Mitteleuropas Italien Deutschland Afrika Amerika Ostasien
13
Kapitel Ii.
Die Zeit Maximilians T.
§ 6. Kämpfe in Italien 1494—-1505.
Karls Viii. Zug nach Italien. Karl Viii. von Frank-
reich zog 1494, mit Lodovico Moro von Mailand verbündet,
über Florenz und Rom ins Königreich Neapel, indem er
die Ansprüche der Anjou (s. Ii. S. 241) wieder aufnahm. Fer-
dinand Ii., Enkel Ferdinands I., flüchtete nach Sicilien. Zum
König vonneapel gekrönt, schob Karl die Verwirklichung
seines Traums, die Türken aus Europa wieder hinauszuwerfen,
auf und kehrte mit der Hälfte seines Heeres zurück. Venedig
hatte gegen Frankreich und dessen Festsetzung in Italien eine
Liga zusammengebracht, an der sich Papst Alexander Vi.
und die katholischen Könige beteiligten, sowie Lodovico
Moro, der von dem französischen Bündnis nicht die erwarteten
Früchte geerntet hatte, und Königmax, den die französische
Diplomatie früher durch Aussicht auf Beraubung Venedigs
zur Unthätigkeit bestimmt hatte. Ein ihm entgegentretendes
venetianisch - mailändisches, vielfach überlegenes Heer schlug
Karl bei Fornuovo (1495), kehrte aber nach Frankreich zurück.
Lodovico Moro, von Schweizern schwer bedroht, wurde wieder
Frankreichs Bundesgenosse und erhielt, unter dessen Lehnsherr-
lichkeit, Genua. Das Königreich Neapel verloren die
Franzosen sehr rasch wieder infolge der Verhasstheit
ihres Regiments und der Unfähigkeit eines ihrer zwei Feldherrn
an Ferdinand Ii., der von einer spanischen Flotte und Land-
macht, wie auch vom Papst und Venedig, unterstützt wurde,
und seinen Oheim und Nachfolger Federigo (1496).
Savonarola. Girolamo Savonarola, Dominikaner (geb.
1452), wirkte inflorenz seit 1482, beherrscht von asketisch-
mittelalterlicher Lebensanschauung und den altväterischen Vor-
stellungen des Kleinbürgertums, vor allem durch die Gewalt
seiner Predigt gegen die Entartung und Verweltlichung
der Kirche und der Geistlichkeit, gegen „Tyrannei“,
Laster und Luxus und für Aufrichtung einer re-
publikanischen Theokratie. Die unsichere und später
zu gefügige Haltung, die Pietro Medici dem heranziehenden
französischen König gegenüber einnahm, bewirkte vollends den
Zusammenbruch der Tyrannis (1494).
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Extrahierte Personennamen: Maximilians_T. Maximilians Karls Karl_Viii Karl Lodovico_Moro Ferdinands_I. Ferdinands_I. Karl Karl Alexander_Vi Alexander Lodovico
Moro Karl_bei_Fornuovo Karl Lodovico_Moro Ferdinand_Ii Ferdinand Savonarola Girolamo_Savonarola Pietro_Medici
Extrahierte Ortsnamen: Italien Karls Italien Frank- Mailand Rom Neapel Sicilien Europa Frankreich Italien Frankreich Frankreichs Genua Neapel Venedig
„vom Papsttum zu Rom“ erklärte er „von der Christenheit etwas
für die Laien“, bezeichnete Rom als Sitz des Antichrists und
Quelle alles Unheils für Deutschland und erwartete die not-
wendige Reformation nur noch von den weltlichen Ständen. In
der ersten der drei grossen Reformationsschriften
des Jahrs 1520 „An den christlichen Adel deutscher
Nation von des christlichen Standes Besserung“
(Adel = Kaiser und Fürsten und Ritter), „wirft er die drei
Mauern der Romanisten nieder“, die höhere Wertung des „geist-
lichen“ Standes, indem er das königliche Priestertum aller Gläu-
bigen verkündet und den Geistlichen nur besonderen Dienst und
Amt zuerkennt, den Anspruch des Klerus, allein das Wort Gottes
auszulegen, und den des Papstes, allein ein Konzil zu berufen.
Insbesondere führt er alle die Beschwerden auf, welche die deutsche
Nation gegen den römischen Stuhl erheben konnte und meistens
auch schon erhoben hatte, macht aber auch positive Vorschläge
kirchlicher, wie sozial-politischer Aenderungen. In (fern theo-
logischen Traktat: De captivitate babylonica Ecclesiae praeludium
(Okt.) sucht er der römischen Priesterkirche die Machtmittel zu
entreissen, mit denen sie das Leben der Christen beherrschte;
von den sieben Sakramenten bleiben nur Taufe und Abendmahl,
in gewissem Sinne auch das Buss-Sakrament bestehen, der Messe
wird der Charakter des Opfers abgesprochen. Die Schrift „von
der (inneren, durch den Glaubensbesitz Christi begründeten)
Freiheit eines Christenmenschenu hat dagegen rein kontemplativen
Charakter.
Mit der Schrift „an den christlichen Adel“ stellte sich
Luther keineswegs auf den Boden des (ihm ohnehin kaum genau
bekannten) unklaren Programms der Kitterpartei. Wenn Luther
„den alten stifftenn und thumen“, die für Versorgung nicht erstgeborener
Adeliger oder Fürstensöhne und deren Ausbildung zu „geleret Leut“ bestimmt
sind, nichts anhaben will, so ist das, wenn überhaupt ein beabsichtigtes Zu-
geständnis an den Adel, doch nicht von grossem Belang. Die deutsche Kirche
will Luther möglichst selbständig unter einem „ Primat in Germanien“ machen,
dem Papst jedoch die letzte Entscheidung schwieriger Fragen und Streitsachen
überlassen. An andern Stellen bezeichnet er aber den Papst als den „rechten
Endchristu, ruft Christus an, des Teufels Recht zu Rom zu zerstören, und
erklärt, dass ein Krieg gegen die Kurie der vor allem zu führende Türken-
krieg wäre. Er fordert u. a. Beseitigung des kanonischen Rechts und aller
weltlichen Gewalt des Papstes, Minderung der Klöster und deren Rückbildung
zu Schulen, Abschaffung des Zölibats, der i'eiertage (mit Ausnahme des Sonn-
tags), der Wallfahrten, der Bruderschaften, der Seelenmessen, des Zinskaufes,
der grossen Handelsgesellschaften, des Bettels und Schaffung einer geregelten
weltlichen oder geistlichen Armenpflege. Dem Inhalt nach war die von Luther
an der Kurie im allgemeinen, wie in ihrem Verhalten zu Deutschland geübte
Kritik und ebenso der grösste Teil seiner Forderungen nichts Neues, aber sie
erhielten durch Luthers Geist und Sprache eigenartige Prägung, dialektische
Zuspitzung, gemütliche Vertiefung und so grössere Wirkungskraft. Luther
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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33
Kirclie und deren Vollmacht, als ketzerisch verdammte, Luther,
falls er innerhalb zwanzig Tagen nicht widerrufe, bannte und
jeden Ort, der ihn oder seine Anhänger aufnehme, mit dem
Interdikt belegte. Eck wurde mit der Publizierung in
Deutschland beauftragt. In Wittenberg und Kursachsen wurde
sie verweigert: sie unterblieb auch sonst vielfach infolge der
Haltung der Bevölkerung. Luther verbrannte, nachdem in
den niederländisch-burgundischen Landen mit feierlicher Ver-
brennung seiner Schriften begonnen worden war, in Gegenwart
der eingeladenen Professoren und Studenten 10. Dez. die Bulle
samt dem päpstlichen Recht. Friedrich der Weise hatte
von den päpstlichen Nuntien gefordert, man solle Luther unter
freiem Geleite vor gelehrten und unverdächtigen Richtern ver-
hören. Leo X. verkündete 3. Januar 1521 feierlich den
Bann und forderte das weltliche Schwert zum Einschreiten auf.
Kapitel Iv.
Karl V., das Reich und die Reformation bis 1525.
§ 13. Karls V. Wahl und der Wormser Reichstag.
Die Wahl. Der Tod Maximilians hatte die Zusagen der fünf
Kurfürsten zu Gunsten Karls hinfällig gemacht. Die Bewer-
bungfranz’ I. vonfrankreich, welche Leo X. in Sorge
für die Unabhängigkeit des Kirchenstaates (Neapel) und noch
mehr für territoriale Mehrung des Kirchenstaates (Ferrara) und
des Hausbesitzes u. a. durch grosse Zusagen für die geistlichen
Kurfürsten unterstützte, hatte anfangs einen Vorsprung. Die
meisten Kurfürsten (besonders die beiden Zollern, aber nicht
Friedrich von Sachsen) zeigten sich dem französischen Gelde
sehr zugänglich. England nahm anfangs eine unklare, beide
Hauptbewerber scheinbar begünstigende Haltung ein, später liess
der Kardinal Wolsey die Kandidatur Heinrichs Viii. betreiben,
jedoch nur langsam und schwach. Aber die Rücksicht auf die,
besonders in den rheinischen Gegenden, starke Erregung des Adels
und des Bürgertums gegen Frankreich und Born und auf die von
Max gewissermassen ererbte Popularität Karls, in dem die meisten
einen zukünftigen Vorkämpfer der kirchlichen und politischen
Reform sahen, vor allem aber auf die Streitkräfte, über die
Sickingen und der Schwäbische Bund nach Vertreibung Ulrichs
von Württemberg verfügten, der Gedanke an das stramme Regi-
Lehrbuch d. Weltgeschichte. Neue Zeit. 3
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Extrahierte Personennamen: Luther Friedrich Leo_X Leo Karl_V. Karl_V. Karls_V. Maximilians Karls Leo_X Leo Friedrich_von_Sachsen Friedrich Wolsey Heinrichs Max Max Karls Ulrichs
von_Württemberg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wittenberg Karls Maximilians Karls Neapel Ferrara England Frankreich Karls
42
Graubünden erlangte sie 1525 freie Bewegung. Schon April 1524
beschlossen alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaft-
hausen, bei dem Glauben der Altvordern zu bleiben und die ihm
Zuwiderhandelnden zu bestrafen, sowie denen, die dazu die Hand
nicht böten, die Gemeinschaft aufzusagen. Aber Bern, Basel,
Glarus und Solothurn wollten doch von einem gewaltsamen Vor-
gehen gegen Zürich nichts wissen. Jedoch wurden refor motorische
Bewegungen im Thurgau von der Tagsatzung unterdrückt und
drei Züricher, der Mitschuld an einem Klostersturm bezichtigt,
enthauptet. Oktober 1524 schloss die Tagsatzung mit Oester-
reich einen Vertrag über gegenseitige Auslieferung ketzerischer
Unterthanen.
Wiedertäufer. Seit Ende 1523 trat in offenen Gegensatz zu Zwingli,
„dem Endchrist am Grossmünster“, eine Richtung, welche die Forderungen
des Evangeliums und das Schriftprinzip in der Lebensord-
nung noch gründlicher durchführen wollte, dabei aber von den
mittelalterlichen Ideen der Armut, der Weltentsagung, der Ausscheidung einer
besonderen Gemeinde der Heiligen beherrscht, jedoch von ge w alt sam-
revolutionären Strebungen noch frei war. Unter Einfluss Thomas
Münzers verwarfen deren Anhänger die Kinderlaufe und übten im Gegensatz
zu einem Ratsmandat, das die Kindertaufe bei Strafe der Landesverweisung
anordnete, dann die Wiedertaufe als ein Unterpfand der Wiedergeburt und
der besonderen Gnade (daher bei andern: „Wiedertäufer“, „Anabaptisten“).
Zahlreich waren sie auch in St. Gallen, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden.
Als Strafe der Wiedertäufer (bisher Geldbussen, Gefängnis und Ver-
bannung) wurde 1526 das Ertränken festgesetzt und zu Zwinglis
Lebzeiten mit seiner Billigung an vier Personen vollstreckt.
§ 16. Der Bauernkrieg 1525.
Vorläufer seit 1498. Auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ord-
nung waren gerichtet die geheime, auch viele Weiber umfassende Verbindung
des Bundschuh (s. Ii. S. 251) in der Bruchsaler Gegend (1502, „wir mögen
vor Pfaffen und Adel nicht genesen“) und der Bundschuh im Eisass und Breis-
gau von 1518; vom alten Recht gingen aus die im ganzen friedlich, aber auch
ergebnislos verlaufende Erhebung der Bauernschaft des oberschwäbischen Klosters
Ochsenhausen und wenigstens zu Anfang der „arme Konradu im Herzogtum
Württemberg (1514), welche Erhebung den Herzog Ulrich veranlasste, den
Ständen (Geistlichkeit, Adel und Städten) im Tübinger Vertrag grosse Zuge-
ständnisse zu machen, sowie die Erhebung der Bauern in Krain, Kärnten, Steier-
mark (1515). Auf 1524 hatte die Astrologie eine sündtlutartige Ueberschwem-
mung, eine Erhebung des Volkes und Vertilgung der Mächtigen vorausgesagt.
Ursachen des grossen Bauernkrieges. Sein Zusammen-
hang mit der reformatorischen Bewegung. Die Hauptursache
war die schon längst vorhandene Unzufriedenheit, die zumeist
teils von der rechtlichen, teils von der materiellen Lage des
Bauernstandes herrtihrte (s. Ii. S. 248 ff“.). Aber diese Unzu-
friedenheit wurde durch die reformatorische Be-
wegung und Litteratur gesteigert und erhitzt. Wer
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
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die Beseitigung der alten Kirche beschlossen. Der Adel erhielt
einen Teil der Kirchengüter, sowie Patronatsrechte. Ein Drittel der Zehnten
wurde für das Schulwesen bestimmt. Bugenhagen stellte die neue Kirchen-
ordnung fest, die im Ritus sehr konservativ war. Der Bischofstitel wurde bei-
behalten. In Norwegen und noch mehr in Island widerstrebte die Bevölkerung
der kirchlichen Aenderung. Wullenwewer wurde 1537 bei Wolfenbüttel auf
Grund nicht erwiesener Anklagen und nach dem Spruch eines widerrechtlich
verfahrenden Gerichts enthauptet.
Der Schmalkaldener Bund und Karl 1535—1539. Zu-
nahme der Reformation. Denyers u eben einerseits Franz’ I.,
andererseits Heinrichs Viii., ein politischesbündnisg egen
denkaiserzuschliessen (1535), versagte sich, dem Wunsche
Philipps zuwider, der seinem ganzen Wesen nach zu einer
grossen, europäischen Politik nicht geneigte und ge-
eignete Schmalkaldener Bund. Der Bund wurde De-
zember 1535 auf weitere 10 Jahre (Februar 1537—1547)
erneuert und nahm April 1536 weitere Mitglieder
auf: Pommern, Anhalt-Dessau, Württemberg, Frankfurt, Augs-
burg, Kempten, Hannover, Hamburg; hiegegen hatte Kursachsen
mit Rücksicht auf den Nürnberger Frieden und aus Abneigung
gegen die Vermehrung der nicht streng lutherisch Gesinnten sich
lange gesträubt. Er liess die bedrängte Lage des Kaisers,
dessen Macht überschätzend und seine innere Feindschaft gegen
die Reformation unterschätzend, unbenützt; statt weitere Zu-
geständnisse, wie ausdrückliche Ausdehnung des Nürnberger An-
stands auf die neuen Mitglieder, Duldung des Kults seiner so
zahlreichen Glaubensgenossen in den katholischen Territorien
(selbst in Bayern und den österreichischen Erblanden) zu er-
wirken, begnügte er sich mit der Zusage Karls, dass er durch
Kanzler Held alle Streitfragen beilegen werde. Der Bund
lehnte Februar 1537 es ab, das von Paul Iii. (Mai 1537)
nach Mantua ausgeschriebene (bei der politischen Weltlage aus-
sichtslose) Konzil zu beschicken, weil es unter päpstlicher
Autorität und nicht auf deutschem Boden abgehalten werden
sollte, und erklärte, dass er die Neueingetretenen, sowie alle vom
Reichskammergericht wegen Religionssachen Bedrohten schützen
werde. Held und Ferdinand arbeiteten jetzt, schliesslich mit
allgemeiner Zustimmung Karls, an einem katholischen Gegen-
bund, der Juni 1538 in Nürnberg „zum Schutze der Religion“
mit rein defensivem Charakter zu stände kam, aber nur
Ferdinand, Albrecht als Erzbischof von Magdeburg und Bischof
von Halberstadt, den Erzbischof von Salzburg, die Herzoge Georg
von Sachsen, Erich den Aelteren und Heinrich den Jüngeren von
Braunschweig umfasste. Die katholische Kirche Deutschlands war
durch Abneigung der Bevölkerung, Verwaisung vieler Pfründen
Lehrbuch d. Weltgeschichte. Neue Zeit. 5
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Extrahierte Personennamen: Karl Heinrichs Philipps Philipps Karls Ferdinand Karls Ferdinand Ferdinand Albrecht Albrecht Georg
von_Sachsen Erich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Norwegen Island Pommern Anhalt-Dessau Württemberg Frankfurt Hannover Hamburg Bayern Karls Mantua Karls Nürnberg Magdeburg Halberstadt Salzburg Braunschweig Deutschlands
118
ehrung zollte, solange er den Spaniern zu Willen war, bei einem
Gegensatz der Interessen aber keine Rücksichten kannte. Philipp
wollte noch mehr als Karl der Schutzherr der Kirche
sein, mit b estimmendem Einf 1 uss auf deren Politik,
ja selbst auf ihre dogmatische Entwickelung. Die
Autorität der Kirche und die Bemühungen, diese wieder auf-
zurichten, sollten auch der spanischen Politik dienen, die Re-
stauration der Alleinherrschaft der Kirche sollte
mit der Aufrichtung einer spanischen Weltmonarchie
zusammenfallen. In Spanien übten Staat und Regierung
der Kirche und dem Klerus gegenüber sehr weitgehende Rechte
und Befugnisse aus, z. B. das Recht, vermittelst „Berufungen
wegen Missbrauches“ Urteilssprüche der geistlichen Gerichts-
höfe abzuändern, selbst Exkommunikation und Amtsentsetzung
von Geistlichen aufzuheben. Auch in Neapel und Sicilien besass
der Staat der Kirche gegenüber bedeutende Befugnisse. Bei
entstehenden Konflikten wahrte Philipp diese Rechte mit rück-
sichtsloser Entschiedenheit, und meistens sah der Papst sich ge-
zwungen, durchaus nachzugeben. Bei Papstwahlen bezeichnete
Philipp offen diejenigen der Kandidaten, die er sich als Papst
gefallen lassen werde, oder wenigstens die, die er nicht annehme
(„Exclusive“, später auch von Oesterreich und Frankreich geübt).
Die Vermehrung des gewaltigen Besitzes der Kirche in seinen
Gebieten Hess er zu, weil die ihm vom Papst meistens ohne An-
stand bewilligte Besteuerung des Kirchenguts und der kirchlichen
Einkünfte (Cruzada, Escusado, Subsidio1*) die ergiebigste und
sicherste Einnahme für seine Regierung bildete.
§ 40. Philipp und England. Hinrichtung Maria Stuarts. Armada.
Trotz der Seeräuberei der Engländer gegen die spanischen
Schiffe und Kolonien (zweiteerdumsegelungdurchfranz
Drake, 1577—80) hatte Philipp doch, der spanischen Tradition
folgend, mit England Frieden gehalten. Den Aufforderungen
zu einem „grossen“ oder „heiligen“ Unternehmen behufs Be-
seitigung Elisabeths und des Protestantismus hatte er nicht ent-
sprochen, weil er den massgebenden Einfluss in Schottland oder
England nicht mit den Guise oder Frankreich teilen, sondern
für sich allein haben wollte: Philipp hatte sich begnügt, die päpst-
lichen Unternehmungen nach Irland zu unterstützen (1579, 1580;
aber 1583 war Irland wieder England ganz unterworfen) und
Maria Stuart durch allgemeine Zusagen in ihrem Verhalten Elisabeth
9 Die cruzada waren die Erträgnisse des Ablasses, das escusado ein
Anteil am Kirchenzehnten, das subsidio eine jeweils fest bestimmte Summe.
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Extrahierte Personennamen: Philipp Karl Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp Maria_Stuarts Maria Drake Philipp Philipp Philipp Philipp Maria_Stuart Maria
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Neapel Sicilien Oesterreich Frankreich Cruzada Escusado England England Schottland England Frankreich Irland Irland England
124
Paris mit Umgegend und einigen anderen Städten. Als Staats-
bürger wurden sie den Katholiken gleichgestellt; sie er-
hielten für den Norden eigene Kammern in den Parlamenten
von Paris, für den Süden mehrere chambres mi-parties. Sie
blieben ein Staat im Staate durch das Recht, periodische
Versammlungen nach Art der états généraux abzuhalten, noch
mehr dadurch, dass sie Sicherheitsplätze, u. a. La Rochelle, einst-
weilen behielten. Dieses Edikt fand Missfallen und Widerstreben
bei den eifrigen Hugenotten, wie bei den Katholiken, insbesondere
den Parlamenten. Heinrich begünstigte den Uebertritt von Huge-
notten zur alten Kirche und derartige Konvertiten grundsätzlich.
Die Jesuiten, die infolge eines Attentats auf den König 1594
vertrieben worden waren, Hess er 1603 wieder zu und begünstigte
sie, unter Ausschluss von Spaniern und Italienern, als wertvolle
politische Werkzeuge. Die sittliche und geistige Kraft der katho-
lischen Kirche erhöhte der König, indem er im allgemeinen die
Bischofssitze mit würdigen und hervorragenden Persönlichkeiten
besetzte.
Kapitel Xii.
Deutschland 1555—1600.
§ 42. Deutschland unter Ferdinand I. und Maximilian Ii.
Maehtverhältnisse der Religionsparteien. In der Or-
ganisation des Reichs sicherte das katholische Bekenntnis
der Kaiser und deren Zugehörigkeit zum Haus Oesterreich, noch
mehr das Uebergewicht der geistlichen Stimmen im Fürstenrat
dem Katholizismus ein Ueberge wicht. Unter den
weltlichen Territorien überwogen aber schon 1555
die protestantischen in Norddeutschland entschieden :
Kurbrandenburg, Kursachsen und Herzogtum Sachsen, Anhalt,
Lauenburg, Mecklenburg, Pommern und schon zwei der welfischen
Linien; in Nord Westdeutschland gab es nur noch ein
katholisches Fürstenhaus, das von .Jülich-Cleve, und
sein Verbleiben beim alten Glauben war längere Zeit unsicher.
Auch in Süddeutschland überwogen die protestan-
tischen Fürsten der Zahl nach: Kurpfalz und alle pfäl-
zischen Nebenlinien, Brandenburg-Ansbach und Kulmbach, Würt-
temberg, Baden-Durlach und Baden-Baden, aber die zwei
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Hess Ferdinand_I. Ferdinand_I. Maximilian_Ii Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Paris La_Rochelle Deutschland Deutschland Haus_Oesterreich Norddeutschland Kurbrandenburg Sachsen Lauenburg Mecklenburg Pommern Nord_Westdeutschland Brandenburg-Ansbach Kulmbach Baden-Durlach Baden-Baden
140
Gegensatz zu den englischen Gewaltherrn zu treuen Söhnen
der römischen Kirche gemacht hatte, die englische Staatskirche
aufzunötigen, riefen 1594 eine gewaltige Erhebung hervor,
die Hugh O’Neil, Graf von Tyrone, führte, Spanien und die Kurie
unterstützte und schürte. Der letzte Günstling Elisabeths, Graf
Essex schloss 1599, mit dem Oberbefehl über eine grosse Streit-
macht beauftragt, einen unrühmlichen Ausgleich, wurde deshalb
entsetzt und nach einem unverständigen Erhebungsversuch ent-
hauptet (1601). Nachdem ein kleines spanisches Heer rasch zur
Räumung der Insel genötigt worden war, unterwarfen sich
die Irländer 1603. Die „Plantation“ von Ulster wurde unter
gänzlicher Entfernung der Iren seit 1610 durchgeführt.
Gegen das Ende ihres Lebens minderte sich die Popularität
und die Lebensfreude der Königin; das Parlament, das über-
haupt wieder selbständig auftrat, zwang sie zu der Zusage,
den Missbrauch der Monopole, durch deren Verkauf oder Zu-
teilung an Günstlinge sie den Aufschwung des englischen Handels
beeinträchtigte, zu unterlassen. Mit Elisabeth (1603) starben
die Tudor aus.
Der Stuart Jakob I. (1603—1625) bestieg ohne Schwierig-
keiten den Thron. Er war pedantisch, entbehrte persönlichen
Mutes und kriegerischer Eigenschaften und Neigungen. Seine
Neigung zur Zweideutigkeit war durch seine Stellung und seine
Schicksale in Schottland sehr entwickelt worden. Von der
monarchischen Stellung hatte er sehr hohe Anschauungen („semi-
deus“, „rex est lexu), die der damaligen Entwickelung des
politischen Geistes in England ganz entgegengesetzt waren. Er
verachtete die erwerbenden Stände und hasste das Puritanertum.
Mit Spanien schloss er August 1604 einen für dieses günstigen
Frieden. Aber die Hoffnungen, welche die Katholiken (in England
nur noch ein geringer Bruchteil der Bevölkerung) auf ihn setzten,
wurden nicht erfüllt. Er bewilligte anfangs. nur den Laien
Gewissensfreiheit, und bald liess er den (zahlreich von auswärts
gekommenen) Priestern wieder nachspüren. Die noch recht-
zeitig entdeckte „Pulververschwörung“, d. h. der Plan
einiger katholischer Laien, bei der Eröffnung des Parlaments
dieses samt dem König in die Luft zu sprengen (November 1605)
rief neue Ausnahmegesetze gegen die Katholiken
hervor, denen jetzt sogar die Ausübung mancher bürgerlicher
Berufe und mancher Privatrechte entzogen wurde. Von nun
an galten in England lange die Katholiken als ge-
schworene Feinde des Staats und des Volks. Aber
mit dem Puritanertum, das im englischen Protestantismus immer
mehr herrschend geworden war, wollte der König sich auch nicht
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Extrahierte Personennamen: Günstling_Elisabeths August
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Graf
Essex Schottland England England England
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Frankreich die Führung der diesem widerstreb en-
den Mächte zu verschaffen. Der „grosse Plan“, nach Aus-
treibung der Türken einen europäischen Staatenbund zu schaffen
aus sechs Erb-, fünf Wahlmonarchien und fünf Freistaaten, ge-
hört aber wohl mindestens zum grössten Teile Sully und nicht
dem Könige an. Als Heinrich die jülich-clevische Frage be-
nützen wollte, um als Verbündet erderprotestantischen
Union unter Umständen einen grossen Krieg gegen das Haus
Oesterreich zu führen und Frankreich im Osten auszudehnen,
predigten katholische Fanatiker gegen diesen Bund mit den
Ketzern. Ravaillac erstach 13. Mai 1610 den König,
der im Begriffe war, zu einem der aufgestellten Heere in die
Champagne abzureisen. Durch diesen Meuchelmord wurde Frank-
reichs äussere Politik bald in spanienfreundliche
Bahnen gebracht und seine innere Entwickelung
auf längere Zeit verwirrt.
Anfänge Ludwigs Xiii. Aufkommen Riehelieus. Die
Unmündigkeit, später die Unfähigkeit Ludwigs Xiii. und sein
Gegensatz zu seiner Mutter ermöglichten es dem Hochadel,
insbesondere aber dem königlichen Prinzen Heinrich (Ii.) von
Conde, der Regierung bedeutende Geldsummen, Pensionen und
Anteil an der Regierung abzuzwingen. Die Generalstände von
1614/15 (bis 1789 die letzten) endeten ergebnislos. Mit Conde
machte ein Teil der Protestanten gemeinsame Sache. Nach der
Ermordung des Günstlings der Königinmutter Marquis d’Ancre
(Conclni) 1617 leitete die königliche Regierung Ludwigs Günst-
ling Luynes bis Ende 1621. Ein Aufstand des Hochadels, dem
sich die Königinmutter anschloss, wurde 1620 niedergeworfen;
den Kampf mit denjenigen Hugenotten, welche die Annexion
Bearns als Vorspiel einer katholischen Reaktion betrachtet und
deshalb sich erhoben hatten, beendete der König, da Montauban
und dann Montpellier glücklich widerstanden, 1622. Im Frieden
sagte er Wahrung des Edikts von Nantes zu, den Hugenotten
blieben aber nur die Sicherheitsplätze, die sie noch behauptet
hatten. August 1624 wurde Jean Armand du Plessis
de Richelieu leitender Minister.
Beim Tode seines Vaters war Ludwig Xiii. (1610—1643) neun Jahre
alt, die Regentschaft fiel seiner Mutter Maria von Medici zu. Diese verab-
redete 1612 die Vermählung Ludwigs mit der Infantin Anna, wie die ihrer
Tochter Elisabeth mit dem Infanten Philipp (Iv.). Ludwig übernahm die
Regierung nominell 1614 und heiratete Anna 1615.
Richelieu, geh. 1585, frühzeitig verwaist, war ursprünglich für die mili-
tärische Laufbahn bestimmt, seine Mutter erhielt aber von Heinrich Iv. für
einen ihrer Söhne das Bistum Lugon; Armand machte rasch und mit Erfolg
seine theologischen Studien und übernahm die Verwaltung des Bistums 1608;
den Kardinalshut erlangte er 1624. Politisch trat er zum erstenmale in den
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Extrahierte Personennamen: Sully Heinrich Heinrich Ravaillac Ludwigs Ludwigs Heinrich_( Heinrich Conde Ludwigs Bearns August Jean_Armand_du_Plessis
de_Richelieu Ludwig_Xiii Ludwig Maria_von_Medici Maria Ludwigs Anna Elisabeth Philipp_(Iv. Philipp Ludwig Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Haus
Oesterreich Frankreich Frank- Marquis Ludwigs_Günst- Montpellier Nantes Ludwigs