178 Die Länder der Erde.
auch enger vereinigt: zuerst im Herzogthum Burgund und unter der
Habsburgischen Herrschaft '; alsdann in dem neuen „Königreich der
vereinigten Niederlande" von 1815seit Losreißung der nördlichen
Provinzen, tm Freiheitskampf gegen Philipp Ii. von Spanien, schroffer
Gegensatz zwischen dem Norden und Süden, auf welchem die Losreißung
der südlichen Provinzen, im Gefolge der Julirevolution 1830, beruht. Seit-
dem 2 Staaten, Niederlande und Belgien, oder eigentlich 3 wegen
Lützenburgs (Luxemburg). — Dieses Großherzogthum (46 Q.m.,
200000 E.) zwar in Personalunion 3 mit dem Königreich der Niederlande, aber
mit eigener Verfassung und Verwaltung unter einem vom „König-Großherzog"
eingesetzten „Statthalter". Rest eines größern Gebiets (127 Q.m., dessen
französischer Theil, Wallonen, mit Belgien vereinigt), fast ganz deutsch und
früher im deutschen Bund begriffen, nach dessen Auflösung im Londoner
Vertrag von 1867 „neutralisirt" und nur noch im Zollverein mit
Deutschland verbunden, jetzt von deutschem und belgischem Gebiet, bis auf
eine schmale Stelle französischer Gränze, umgeben. Weltgeschichtlich durch
das berühmte Grafenhaus, welches, seit Kaiser Heinrich Vii., lange mit
den Habsburgern um die Oberherrschaft in Deutschland wetteiferte 4. Das
Land gehört zum Bergland der Ardennen, deren Waldungen und Mine-
ralschätze theilend 5, bis zum Moselgebiet, durch die Sauer mit der Else
(Alzette); das Volk zum rheinfränkischen Zweig der Deutschen und fast
durchaus katholisch. Ueber 10000 E. nur die Hauptstadt Lützenburg,
früher deutsche Bundesfestung mit preußischer Besatzung (mit derselben über
20000, jetzt nur gegen 15000 E.)^.
^ Die alten 17 Provinzen des vollständigen burgundischen Reichskreises
unter Karl V. sind einmal die 12 des „burgundischen Erbes" (von Karl dem Kühnen
an Maximilian I.): Brabant, Hennegau, Namur, Lützenburg, Limburg, Mecheln, Ant-
werpen, Artois, Flandern, Seeland, Holland, Westfriesland ; alsdann die 5 durch Karl V.
hinzugefügten: Groningen, Overyssel, Geldern, Zutphen und Utrecht. Von denselben
kam Artois und ein Theil von Flandern (Lille) weiterhin an Frankreich.
2 Die 18 Provinzen der vereinigten Niederlande von 1815 sind: die 7 alten
nordniederländischen der Utrechter Union: Holland, Seeland, Utrecht, Friesland, Geldern,
(Groningen, Oberyssel nebst Drenthe und Nordbrabant (§. 151); die 6 nunmehr ganz
belgischen (§. 152): Ost-, West-Flandern, Antwerpen, Hennegau und Namur nebst dem
erst damals säcularisirten Lüttich; das jetzt zwischen beiden Staaten getheilte Limburg
und (aber bloß in Personalunion) das (seit 1839) ebenfalls getheilte Lützenburg. Diese
Th eilung fast nach der Wasserscheide zwischen Mosel und Maas, zugleich Sprachgränze
zwischen Wallonen und Deutschen; der deutsche Bund, damals durch niederländisch Lim-
bürg (39 Q.m.) „entschädigt", ohne daß aber Limburg aufhörte, integrirender Bestand-
theil des Königreichs zu sein.
3 Die Abtretung Belgiens oder des „burgundischen Reichskreises" von Oesterreich
an das Königreich von 1815 war ein Austausch dieses entlegenen Landes gegen die
Länder der Republik Venedig; dabei wurde aber Lützenbnrg (mit dem Titel „Großher-
thum" nicht mit dem übrigen burguudischen Kreis, sondern bloß als nassauisches Erb-
land und deutsches Bundesland, dem niederländischen Königshaus überlassen, so daß es
bei dessen Erlöschen an das Herzogthum Nassau fallen sollte.
* Die Graf schaft Lützenburg, Stammsitz der lützenburgischen Kaiser, die es
1354 zum Herzogthum erhoben, nach deren Verfall durch Eroberuug an Burgund ge-
kommen, theilt sofort alle Schicksale der südlichen Niederlande bis zu der Ausnahme-
stellung, die das Land 1815 erhielt (3).
5 Voran Eisen und Antimon. Außer der Eisenindustrie besonders in Leder und
Steingut. Weinbau im Süden.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Heinrich_Vii Heinrich Karl_V. Karl_V. Karl_dem_Kühnen Karl Maximilian_I.) Maximilian_I. Karl_V. Karl_V. Maas
Extrahierte Ortsnamen: Burgund Spanien Niederlande Belgien Luxemburg Niederlande Deutschland Deutschland Lützenburg Brabant Hennegau Namur Lützenburg Limburg Mecheln Flandern Seeland Holland Groningen Overyssel Utrecht Flandern Lille Frankreich Holland Seeland Utrecht Friesland Groningen West-Flandern Antwerpen Hennegau Namur Limburg Limburg Belgiens Oesterreich Venedig Burgund Niederlande
122
Achtes Hauptstück.
Geleite, ordnete in den Städten Empfangsfeierlichkeiten
an, behielt ihn 6 Tage als Gast in Paris, und stellte ihm
zu Ehren Festlichkeiten aller Arten an (Jan. 1540). Er-
hoffte wohl, den Kaiser hiedurch zur Nachgiebigkeit wegen
Mailands zu stimmen, fand sich aber hierin dergestalt ge-
täuscht, daß er im Jahre 1542 auf die Nachricht von
Karls Unfällen vor Algier den Krieg erneuerte.
Als Vorwand diente dießmal ein doppelter Gesand-
tenmord. Nincon und Fr eg oso, die in Konstantino-
pel neue Verbindungen mit Solimán anknüpfen sollten,
und ohne amtlichen Charakter durch Mailand reisten,
waren, weil sie sich bei frühern Gelegenheiten als Feinde
des Kaisers verdächtig gemacht hatten, auf Befehl des
Marchese del Guasto aufgegriffen und, da sie sich zur
Wehre setzten, erschlagen worden. Fünf Heere stellte nun
Franz zu gleicher Zeit ins Feld: eines sollte 40,000
Mann stark unter dem Herzoge von Orleans, den der
Herzog Guise von Lothringen als Lehrer in der Kriegs-
kunst begleitete, in Luxemburg den Krieg führen; ein an-
dres sollte an der Gränze von Spanien Angriffe machen;
in Brabant und Flandern wurden ebenfalls Truppen
aufgestellt, und ein fünftes Heer rückte nach Piemont.
Das erste eroberte wirklich fast ganz Luxemburg; aber
der Herzog von Orleans verließ ungeschickter Weise
zu früh seine Stellung, um mit seinem Bruder, dem
Dauphin, der die Truppen an der Gränze von Spanien
befehligte, den Ruhm eines Sieges über Karl zu theilen;
indeß giengen die Eroberungen in Luxemburg verloren,
und das Heer bei Perpignan konnte wenig ansrichten.
Der Herzog von Kleve, ein Vasalle des deutschen Reiches,
durch Franz zum Kriege gegen den Kaiser in den Nieder-
landen aufgestiftct, wurde nach einigen Eroberungen, die
er gemacht, von Karl unterworfen und strenge gezüchtigt
(1543). Solimán siel als treuer Bundesgenosse des Kö-
/
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Franz Franz Karl Karl Franz Franz Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Paris Mailands Karls Algier Mailand Lothringen Luxemburg Spanien Brabant Luxemburg Spanien Luxemburg Perpignan Kleve Nieder-
Spanischer Erbfolgekrleg.
295
unter fruchtlosen Aufständen des Volks: der verlaßuen
Churfürstin blieb kraft des ilbesheimer Vertrags vom 7.
9iüü. nur Stadt und Rentamt München; Königin Anna
baute zum Andenken an den Sieg das Schloß Blenhcim,
und Marlborvugh, von ihr mit dem Gute Woodstock, vom
Kaiser mit der Herrschaft Mindelheim und der Reiehsfür-
stenmürde beschenkt, hörte in Volksliedern durch das ganze
Reich seinen Namen preisen. Der von Eugen angeregte,
von Marlborvugh durch eine Reise nach Wien und Ver»
lin unterstützte Plan, gemeinschaftlich nach Frankreich ein»
zudringen, kam bei dem schlechten Willen der Reichsari-
sivkratie nicht in Ausführung: hier nützte es auch wenig, daß,
als Leopold den 5. Mai 1705 gestorben war, Kaiser Joseph l.
(vermählt 1697 mit der 24jäl>rigen Wilhelmine Ama-
lia, Tochter Herzog Johann Friedrichs von Brauuschweig-
Lüneburg) voll weiser Milde und Kraft den Thron be-
hauptete: 1707 den 4. Jan. starb Markgraf Ludwig, zum
Theile aus Gram über den elenden Gang des Krieges;
dann befehligte ein Markgraf von Bayreuth als ältester
Reichsfeldmarschall; hierauf 1708 mit Eifer und Geschick
der hannoversche Churfürst; allein mit der Rcichsarmee war
einmal Nichts anzufangen. Desto glänzendere Resultate
wurden auf den Sieg bei Höchstädt an der Maas und am
Po erfochten. Dort vereitelte Marlborvugh Villerois
Vorhaben, mit 75,000 Mann Kerntruppen Holland zu
erobern, durch die den 23. Mai 6 gelieferte Schlacht bei
Ramillies; denn obgleich ihm Villeroi um 8000 Mann
überlegen war, so hatte er doch seine Stellung so klug
gewählt, daß den Feind weder Ueberzahl noch Tapferkeit
retten konnte: rnehr als 20,000 Franzosen wurden ver-
wundet , getödtet, gefangen, 88 Kanonen, 80 Fahnen,
Gepäck und Kriegskasse genommen, Mecheln, Brüssel,
Gent, Antwerpen, Brügge, Oudenaarden ohne Schwert-
streich unterworfen, Ostende, Ath und Dcndermonde nach
kurzer Belagerung erobert, ganz Brabant, spanisch Flan,
dern und ein Theil von Hennegau besetzt. Kaum verlau»
tete, Vendóme sey an Villerois Stelle iu die Niederlande
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Extrahierte Personennamen: Anna Eugen Eugen Marlborvugh Leopold Leopold Joseph_l Wilhelmine_Ama- Johann_Friedrichs_von_Brauuschweig-
Lüneburg Johann Friedrichs Jan Ludwig Ludwig Bayreuth Marlborvugh_Villerois
Extrahierte Ortsnamen: Marlborvugh Woodstock Wien Frankreich Holland Mecheln Gent Antwerpen Brabant Hennegau
302 Zwölftes Hauptstück.
bleiben, Spanien nebst Besitzungen ausserhalb Europas;
Portugal! Frankreichs Ansprüche auf die südamcrikaniscke
Küste zwischen Marannon undoyapvk; Savoyen das 1703
von Kaiser Leopold Versprochne, eine Barriere von Fe-
stungen gegen Frankreich, die Insel Sicilien als König-
reich, und wenn Philipps V. Linie aussterbe, die Anwart-
schaft auf Spanien; Preussen, gegen Abtretung des Für-
stenthums Orange an Frankreich, als Erbe Wilhelms Iii.
die Svuvcrainetät über Neufchatel und Valcngin, ferner
das geldcrnsche Oberquartier nebst einigen Aemtcrn, und
die Anerkennung seiner Königswürde; Hollaich das Be-
satzungsrecht in Furnes, Fort Knocke, Ypern, Menin,
Dvornick, Mons, Charteroi, Namur und einigen Schlös-
sern, und Theilnahme an einem Handelsverträge zwischen
Frankreich, England und den Hansestädten; endlich Eng-
land Ludwigs Anerkennung der protestantischen Thronfolge,
während dem Prätendenten Jakob kein Schutz mehr ge-
währt werden durfte, das Versprechen, man werde die
Festungswerke von Dünkirchen schleifen, und den Hafen
der Stadt ausfüllen, die französischen Besitzungen Hud-
sonsbai, Acadien oder Neuschottland und Neufoundland
in Nordamerika, Gibraltar und Minorca von Spanien,
und noch dazu den Assientotraktat, „daß einer brittischen
Gesellschaft 30 Jahre lang das ausschließliche Recht zu-
stehen solle, gegen eine mäßige Abgabe jährlich 4800 Nc-
gersclaven in spanisch Indien einzuführen." Da jetzt Lud-
wig seine gesammte Streitmacht gegen den Kaiser wenden
konnte, und manche Reichsfürsten in Folge von Bestechun-
gen noch schläfriger als sonst zu Werke gicngen, so ge-
wann Dillars am 20. Aug. 1715 Landau, am 16. Nvv.
Freiburg. Gerne ließ sich daher Eugen am 26. Nov. zu
Rastadt, wohin Dillars ihn gebeten hatte, in Bespre-
chungen ein, deren Zweck ein Friedensschluß auch mit
Oestreich war. Ludwig forderte Landau und volle Resti-
tution des bayrischen Churfürsten, der Kaiser Bestätigung
aller Vorrechte der Katalonier, welche seinem Hause so
treu angehangen hatten. Es kostete Mühe, sich zu ver«
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
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Extrahierte Personennamen: Leopold_Versprochne Leopold Philipps_V. Philipps_V. Wilhelms Ludwigs Jakob Eugen Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Europas Portugal Frankreichs Frankreich Sicilien Spanien Preussen Frankreich Furnes Charteroi Namur Frankreich England Nordamerika Spanien Indien Landau Freiburg Landau
215
Tragisches Ende Ludwigs Xvi.
bewachte Magazin der Oestreicher zu Speier, und rückte
dann ohne Geschütz, aber prahlerisch und drohend, aus
Maynz los, wo Here von Gymnich über 4000 Mann
befehligte: Jlluminaten riefen den Partheigänger vor die
Stadt, und^schüchterten durch Unterbefchlshaber Eikc-
meier den Schwachkopf Gymnich dergestalt ein, das;
er am 21. Okt. kapitulirte, seine Mannschaft, statt sie
über den Rhein nach Kassel abzuführen, zu einjähriger
Dienstunfähigkeit verpflichtete, und einen Hauptmann,
welcher sich nebst etlichen 100 Mann der Schande ent-
zog , gern glwaltsam zurückgehalten hätte. Folgenden
Tags schickte Custine seinen Unterfeldherrn N e u w i n g tx
nach Frankfurt, welche neutrale Reichsstadt um mehr als
2 Millionen Gulden gebrandschatzt, upd erst am 2. Dez.
durch Preussen, Hessen und die. Mitwirkung des erzürn-
ten Volks wieder befreit wurde. Zu Maynz errichtete
man Freiheitsbäume, Jakobinerklubb und Nationaleon-
vent, träumte von einer rheinisch-deutschen Republik, bat
aber später im Gefühl der Ohnmacht um Vereinigung
mit der französischen, und ertrug unter vielem Gerede
von Freiheit die Leiden der Sklaverei. Jndeß warf sich
Dumouriez mit 80,000 Mann auf 14,000 Oestreicher un-
ter Clairfait und dem Herzog von Sachsen-Teschen, schlug
sie nach 2tägigem Kampf den 6. Nov. bei Jemappes un-
weit Mons, überschwemmte Hennegau, Brabant, drang
nach dem Treffen bei Tirlemvnt ins Lüttichsche, wo das
Volk seit Jahren mit dem Bischoff im Streite lag, und
besetzte bald darauf Limburg, Geldern, Aachen. Mvn-
tesquiou und Anselme waren, weil die Jakobiner den
mit Ludwig verwandten Victor Amadeus unauslöschlich
haßten, vor der Kriegserklärung vom 10. Sept. in Sa-
voyen eingebrochen, und hatten das ganz verwahrloste
Land sammt Nizza im ersten Anlaufe erobert. Der
Convent bildete daraus die Departements der Seealpen
und des Montblancs, öffnete nach der Einnahme von
Gent und Antwerpen die seit 1648 gesperrte Schelde,
befahl, öffentliche Schriften vom ersten Jahre der Repu-
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Gymnich Jndeß Dumouriez Oestreicher Jemappes Bischoff Ludwig Ludwig Victor_Amadeus
276
Achtes Hauptstück.
felheer und einem Theile des Rheinheers an die Sambre,
so daß hier 76,000 Feinde vereinigt standen, und Char-
keroi bedroht wurde. Um diesen wichtigen Platz zu ret-
ten, wagte Koburg am 26. Juni die große Schlacht bei
Fleurus: 10,000 Verbündete und etwa gleich viele Fran-
zosen deckten schon das Wahlfetd, als die Nachricht vom
Fall der Festung eintraf, und Koburg, obgleich auf dem
Punkt, zu siegen, den Rückzug anordnete. Unstreitig
mußten sich jetzt die Verbündeten, so wenig sie eine Nie-
derlage erlitten hatten, gleichwohl von ihren Gegnern
überflügelt fühlen, und so wich denn Herzog York vor
Pichegru erst hinter die Dyle, hierauf hinter die Schelde
bis gen Breda, und räumte jedes Bollwerk, selbst die
Citadelle von Antwerpen; den Herzog Koburg aber ver-
folgten Zourdan und Kleber gegen Brüssel, Lüttich und
Mastricht: dann hielten sie inne; denn der Wohlfarths,
ausschuß gebot, vor allen Dingen Conde, Valenciennes,
Quesnoy und Landrecies wieder zu erobern, und die Be-
satzungen niederzuhauen, wofern sie sich nicht 24 Stun-
den nach ergangner Aufforderung unbedingt ergeben wür-
den. Nur das Ehrgefühl der Soldaten hinderte, als
Landrecies den 18. Juli fiel, die Vollstreckung eines so
barbarischen Befehls. Den 15. Aug. kapitulirte Ques-
noy, den 27. Valenciennes, den 29. Conde. Einen Tag
zuvor hatte Koburg, dessen schöner Aufruf an die Vater-
landsliebe der Deutschen ohne Wirkung geblieben war,
den Oberbefehl niedergelegt, und seinen Nachfolger Clair-
sait warf Jourdan über die Roer, bald durch eine am
2. Okt. unweit Jülich gelieferte Schlacht sogar über den
Rhein, worauf Jülich, Köln, Koblenz, überhaupt die
Städte links vom Niederrhein den Franzosen ihre Thore
öffneten. Auch Möllendorf, obwohl den 20. Sept. bel
Kaiserslautern Sieger, räumte bis zum 23. Okt. das
linke Rheinufer, so daß gegen Ende 94 die Deutschen
dort nur noch Luxemburg und Maynz behaupteten. Um
jene Zeit beorderte der.wohlfarthsausschuß, welcher mit
Grund auf die antioranifche Parthei rechnete, den Ge-
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Waffenglück d. Franz., welches z. Militardespotksmus führt. 875
bei Kaiserslautern über Divisionsgeneral Ambert er-
fochtnen Siegs, sobald er den 13. Juli das Treffen bei
Pfalzburg verloren hatte, ans der Stellung bei Kaisers-
lautern in die bei Rehbach zurück. Den 17. Apr., gleich
nach der A«.ckunft des Kaisers Franz, hatte Kvburg ohne
die Preussen seine Operationen eröffnet, das Franzoscn-
heer über die Sambre und Oise zurückgcdrängt, Landre-
cies den 30. Apr. genommen, und neu befestigt. Jedoch
von diesem Augenblick an ließ er sich das Ziel verrücken.
Bei General Chappuis, welcher über dem Bestreben,
Landrecies zu entsetzen, gefangen worden war, entdeckte
Koburg einen dem Pichegru aufgetragnen Plan, die Flü-
gel der Verbündeten mit großen Massen aufzurollen, und
so ihre Kernschaar zu umzingeln. Statt daß nun Ko-
bürg- Westflandern hätte aufgeben sollen, schickte er den
Herzog York, damit jenes Flügelmanövre vereitelt wer-
de, sammt vielen Truppen- zu Clairfait nach Tournay.
Und wie Clairfait dennoch den 11. Mai von- Sou ha m
und Macdonald bei Courtray geschlagen wurde, wäh-
rend Kaunitz am 13. die unter Desjardins gegen
Mons vorrückende Moselarmee bei Grandreny zurückwies, er-
schien der Kampf in Flandern vollends als das Wichtigere:
Koburg selbst brach dorthin auf: 6 Kolonnen sollten den
17. Mai von verschiednen Punkten her bei Turcving zu«
sammentreffen: das schwierige Manvvre wurde nicht rein
durchgeführt, und die den 18. gelieferte Schlacht fiel nach-
theilig aus. Pichegru, der beständig die weite Verbin-
dungslinie zwischen Lys und Sambre bereiste, und erst
nach dieser Schlacht anlangte, erneuerte sie den 22. bei
Pont a Chin unweit Doornick: noch einmal ein 12stün-
diges Blutvergießen ohne Entscheidung, und dann Rück-
zug beider Heere an ihre früher« Posten. Den Sambre«
Übergang der Franzosen verhinderte man in 4, mitunter
mörderischen Gefechten, am 20., 24. und 26. Mai, und
am 1. Juni. Jetzt aber, während Kaiser Franz nach
Wien reiste, Mack die Leitung des Generalstabs an den
Prinzen Waldcck abtrat, gelangte Jvurdan mit dem Mo-
18»
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
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Extrahierte Personennamen: Ambert Franz Franz Chappuis Macdonald Kaunitz Pichegru Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Kaiserslautern Pfalzburg Kaisers- Westflandern Tournay Flandern Wien
5s4
Elftes Hauptstück.
chatel und Valengin einrechnen, ein Gebiet von 5054 Qua«
dratmeilcn mit jetzt 13 Millionen Einwohnern: freilich
ist dasselbe zwischen dem 23. und 4o.grad östlicher Länge
ausgebreitet, wird durch Hannover und Churhessen in
zwei ungleiche Massen abgesondert, begreift polnische und
westfälische Edelleute, mißvergnügte Sachsen und franzö-
sisserte Rheinländer in sich, und erheischt bei seinem her-
ausfordernden Vordringen gegen Rußland und Frank«
reich, sowie bei feiner Nebenbuhlerrolle gegenüber von
Oestreich, ausgezeichnete Staatsmänner, wie mau sie
nicht immer hat, und einen Aufwand, der die Hülfs«
quellen übersteigt. Hannover, welches nunmehr 695 Qua-
dratmeilen zählt, und durch Ostfriesland und die Nord-
see in unmittelbare Verbindung mit Großbritannien kam,
erstrebte neben Bayern, Wirtcnberg und Sachsen den
stolzern Titel eines Königreichs. Weil man an der Maas,
Sambre und Schelde ein starkes Bollwerk gegen Frank-
reich errichten wollte; weit England die den Holländern
entrißnen Besitzungen in Ceylon und das Vorgebirg der
guten Hoffnung nicht herausgab, Oestreich aber schon
durch das Vcnetianische für die belgischen Niederlande
entschädigt war: so überließ man letztere sammt dem
Hochstifte Lüttich an den holländischen König Wilhelm,
der, obgleich nun Herr von 468 Quadratmeilen ehemals
deutschen Gebiets, doch nur als Großherzog in Luxem-
burg Mitglied des deutschen Bundes wurde, der dann die
an ihn zurückgesalluen Besitzungen der ottonischen Linie des
Hauses Nassau an Preussen ccdierte, sowie Preussen wie.
der durch Tausch an die ältere Linie Nassau, und als
Wilhelm I., König der vereinigten Nieder«
lande, eine unter dem 28. März 1814 für den bata.
vischen Theil entworfne Verfassung jetzt mit wenigen
Veränderungen als Grundgesetz für das Ganze in Vor-
schlag brachte. Am 8. Aug. 1815 erklärte er den Nota-
beln Belgiens seine Absicht; allein nicht genug, daß ein
Sechstheil der Berufnen ausgeblieben war: von den
Anwesenden stimmten nur 527 für das Grundgesetz, 670
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Oestreich Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm_I.
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
205
Jahr 1232 wurde von Neuem das Kreuz gepredigt, und nach und nach der Bau
von Culm, Elbing, Marienwerder, Braunsberg angefangeu. Die Culmer Hand-
feste oder Stadtrecht wurde Muster vieler anderer. An der Sigurne (Sorge) wurde
(Dec. 1233) die erste große Schlacht gegen die Preußen gewonnen, und Pomesa-
nien erobert. Bald darauf verbanden sich die Dobriner und Schwert-Ritter mit
den Marianern; drei neue Bisthümer, Culm, Pomesanien und Ermland, unmit-
telbar unter dem Papste, entstanden. Ums Jahr 1250 unterwarf sich ein Theil der
Preußen, nahm das Christenthum und das polnische Recht an und behielt seine
Güter als Aloden. Doch war noch mancher deutsche Zuzug nöthig, und die an-
gesehensten Fürsten nahmen gern Antheil. So zogen auch 1254 der mächtige Böhme
Ottokar und Rudolf von Habsburg. Um 1270 wurden Nataugen, 1282 die Sudauer
besiegt. Auf Ottokars Rath wurde Königsberg, die spätere Hauptstadt Preußens
(Po-russen, an den Russen), gegründet, und im Kloster Oliva entstand eine Pflanz-
schule für die östlicheren Lande. Als das ostpommersche Fürstenhaus zu Danzig
ausstarb, wurde das Land zwischen Weichsel, Neye und Ostsee erworben, und 1309
verlegte der ganze Orden seinen Sitz von Venedig in die neue Marienburg. Eine
Menge deutscher und niederländischer Colonisten belebten wieder das fast verödete
Land. Des war die Gründung jenes deutschen Ordenslandes an der Ostsee, das
nachherige Königreich Preußen. Auf ähnliche Weise wurden Kurland, Liefland,
Esthland deutsche und christliche Länder.
So aber ist's den Deutschen stets gegangen: hier gewonnen, dort verloren!
Während dieser Unternehmungen an der Ostsee ging am Mittelmeere Neapel und
Sicilien (am leichtesten als unhaltbar zu verschmerzen), ging die Lombardei der
Sache nach, wenn auch eine Titularherrschaft noch galt, ging aber auch das schöue
Arelat oder Burgund fast ganz verloren. Einiges davon kam allerdings den Zäh-
ringern zu Gute, aber die Hauptsache kam an französische Große, besonders an das
Haus Chalons. Das alte Herzogthum Schwaben zersplitterte sich in unmittelbares
Reichsland (als Landvogteien), in Reichsstädte: an die Markgrafen von Baden,
die ihren frühern Amtstitel von der Mark (Verona) beibehielten, an die Grafen
von Würtemberg, von Teck, Urach, Fürstenberg u. s. w. Franken bestand als
Nationalherzogthum schon längst nicht mehr. Dre Wittelsbacher, glückliche Mehrer
ihres Herzogthums und der erworbenen Rheinpfalz, theilten sich 1255 in die Länder
Pfalz und Baiern; die Anhaltiner in Sachsen zerfielen in die Linien Sachsen-Wit-
tenberg und Lauenburg, woneben noch das neue Herzogthum Brauuschweig und
Lüneburg, die anhaltischen Stammgrafschaften, als eigene Territorien bestanden,
und die Mark Brandenburg auf deutschem wie aus slavischem Bodeu rasch gedieh.
In den Händen des Wettiner Heinrich des Erlauchten (ch 1288) vereinigten sich
Meißen, Thüringen, von welchem sich aber Hessen unter dem Kinde von Brabant
abgeschieden hatte, die Lausitzen, das Oster- und Pleißner-Land. Vom alten Baiern
hatten sich Oesterreich und Steiermark abgeschieden, zu denen auch noch Kärnthen
und Krain übergingen. Von den Psalzgrafschaften blieb nur die einzige bei
Rhein (Heidelberg, Stahleck u. s. w.). Oberlothringen gedieh an das Haus der
Grafen von Elsaß, aus denen Herzog Friedrich sich vom Castilier Alphons dem Weisen
damit belehnen ließ. Niederlothringen löste sich in die Herzogthümer Brabant und
Limburg, in Grafschaften, wie Holland und Seeland, dann in Gebiete, wie Geldern,
Lüttich, Cleve, zum Theil mit angemaßtem Herzogstitel, auf.
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Extrahierte Personennamen: Ottokar Ottokar Rudolf_von_Habsburg Rudolf Ottokars_Rath Ottokars Heinrich Heinrich Stahleck Friedrich Friedrich Alphons Cleve