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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 280

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
280 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. das nicht aufrichtig, sondern trachtete danach, ihm das Leben zu nehmen, wie er immer könne. Munderich nun wollte nicht kommen. „Gehet," sprach er zu Theuderichs Boten, „und saget eurem Könige, ich sei ein Fürst so gut wie er." Da ließ der König sein Heer ausrücken, um den Empörer zu überwältigen und zu strafen. Als jener dies erfuhr und sah, daß er nicht stark genug war, sich im offnen Felde zu behaupten, zog er sich mito aller seiner Habe in die Mauern der Burg Vitry (in der Champagne?) zurück und wollte sich hier verteidigen mit allen denen, die sich um ihn geschart hatten. Das Heer des Königs zog heran, umschloß die Burg und belagerte sie sieben Tage lang. „Laßt uns," sprach Munderich zu den Seinen, „tapfer aushalten bis in den Tod und unsern Nacken nicht den Feinden beugen." Da das Heer nun ringsum die Burg mit Geschossen bewarf und doch nichts ausrichten konnte, meldete man es dem Könige, und dieser entsandte einen von seinen Leuten mit Namen Aregisel und trug ihm folgendes auf. „Du siehst," sprach er, „wie dieser Abtrünnige in seinem Trotze beharrt; geh also hin und versprich ihm mit einem Eide, daß er freien Abzug erhalten solle. Wenn er dann aber abzieht, so bringe ihn um und vertilge seinen Namen aus unserm Reiche!" Da ging Aregisel und that nach dem, was ihm befohlen war. Er verabredete mit seinen Leuten ein Zeichen und sprach: „Wenn ich dies sage, so stürzet aus ihn los und tötet ihn." Dann ging er in die Stadt zu Munderich und sprach zu ihm: „Wie lange willst du hier sitzen wie einer, der nicht bei Sinnen ist? Oder kannst du etwa dem Könige noch lange Widerstand leisten? Siehe, wenn er dir die Zufuhr abschneidet oder der Hunger dich überfällt, so wirst du doch notgedrungen abziehen müssen und in die Hand deiner Feinde fallen, und sie werden dich totschlagen wie einen Hund. Höre doch lieber aus meinen Rat und ergieb dich dem Könige freiwillig, auf daß du dir und den Deinen das Leben erhältst." Solche Reden machten den Munderich mürbe, und er sagte: „Ziehe ich ab, so falle ich in die Hände des Königs, und er läßt mich töten und dazu meine Kinder und alle Freunde, die sich um mich geschart haben." Aber Aregisel versetzte: „Sei nur unbesorgt; denn wenn du abziehen willst, gelobe ich dir mit einem Eide, daß deiner Schuld nicht gedacht werden soll, und du kannst unbesorgt sein wegen des Königs. Ja, du sollst ihm fortan ebenso wert sein wie früher." „Wenn ich nur sicher märe," seufzte Munderich, „daß er mich nicht umbringen ließe." Und sofort legte Aregisil feine Hände auf einen Altar und schwur, daß er sicher abziehen könne. Im Vertrauen auf diesen Schwur trat Munderich, dem die Seinen folgten, aus dem Burgthor heraus, an Aregisels Hand. Dessen Leute aber standen von fern und hatten alle ihre Augen auf jenen gerichtet. Da sagte Aregisel — und das war das verabredete Zeichen: „Was seht ihr denn so starr hieher, ihr Leute?

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 238

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
238 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. gekehrt sei. Deshalb sagte sie zu den vornehmen Franken: „Wenn ihr mich zu euerm Herrn bringen wollt, so hebet mich aus der Sänfte, setzt mich auf ein Pferd und eilet, so schnell als möglich in das Land eures Königs zu kommen; denn in dieser Sänfte werde ich nimmer zu ihm gelangen." Da hoben die Franken Chlothilde auf ein Pferd und ritten mit ihr eiligst dem Lande Chlodowechs zu. Als Aridius von dem Berlöbnis vernommen hatte, war er in höchster Eile von Massilia (Marseille) zu Gundobad gereist, und als er kam, sagte Gundobad zu ihm: „Hast du schon gehört, daß wir mit den Franken Freundschaft geschlossen haben und ich meine Nichte dem Chlodowech zum Weibe gegeben habe?" Da antwortete ihm Aridius: „Das ist kein Freundschaftsbund , sondern der Anfang unversöhnlicher Feindschaft. Du hättest dran denken sollen, daß du Chlothildens Vater mit dem Schwert erschlagen, ihre Mutter mit einem Stein um den Hals ertränkt, ihre beiden Brüder enthauptet und in einen Brunnen geworfen hast. Wenn sie die Macht dazu hat, so wird sie sicherlich die Ermordung ihrer Gesippen rächen. Sende deshalb sofort eine Heerschar nach ihr aus, daß sie zurückgebracht werde. Denn bester ist es, daß du den Hader mit ihr allein ausmachst, als daß du und die Deinen für alle Zeiten die Feindschaft der Franken zu ertragen habt." Wie dies Gundobad vernahm, sandte er sofort Reisige aus, daß sie Chlothilde einholten und festhielten. Sie ritten ihr nach und erreichten auch noch die Sänfte und die Schätze und nahmen alles in Beschlag. Chlothilde selbst aber ereilten sie nicht. Als diese sich dem Orte Villery im Gebiet von Troyes, wo Chlodowech sich aufhielt, näherte, bat sie, ehe sie noch die burgundische Grenze überschritt, ihre Begleiter, eine Meile nach beiden Seiten hin das Burgundenland mit Feuer und Schwert zu verwüsten; und als man Chlodowechs Erlaubnis dazu eingeholt hatte und es geschehen war, sprach Chlothilde: „Ich danke dir, allmächtiger Gott, daß ich endlich den Ansang der Rache für meine Eltern und Brüder sehe!" Darauf wurde sie dem König Chlodowech zugeführt. Er vermählte sich mit ihr, hielt sie in königlicher Pracht und liebte sie über die Maßen." Eine jüngere, im einzelnen vielfach abweichende Aufzeichnung dieser Sage fügt noch folgendes hinzu: „Am Abend desselben Tages, als sie in die Brautkammer traten, sprach Chlothilde: ,Nun, mein Herr und König, höre die Worte deiner Magd und gewähre in Gnaden, was deine Magd bittet? ,Verlange, was du willst/ antwortete der König, ,ich will es dir gewähren.1 Da sagte sie: -Zuerst bitte ich dich, daß du an den Gott im Himmel, den allmächtigen Vater, der dich erschaffen hat, glaubst und an den Herrn Jesum Christum, seinen Sohn, der dich erlöst hat, und an den heiligen Geist, der alle Gerechten stärkt und erleuchtet. Verlasse die eitlen Götzen, die nicht Götter, sondern totes Menschenwerk sind. Zum zweiten

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 329

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Sittenbilder in Erzählungen aus Gregors Geschichtswerke. 329 Sachen ohne Urteil und Recht an sich gebracht hätte, zu der gesetzlichen Buße zu verurteilen sei. Wenige Tage nach dem Gericht hörte Sichar, daß die Sachen, die Austrigisel ihm entwandt hatte, bei A u n o und seinem Sohne und seinem Bruder Eboruls aufbewahrt seien, und ohne sich an den Urteilsspruch zu kehren, that er sich mit Auduin zusammen, brach den Frieden und überfiel sie bei nächtlicher Weile mit bewaffneten Männern. Er erbrach das Haus, wo sie schliefen, tötete den Vater, den Bruder und den Sohn und führte ihre Habe und das Vieh, nachdem die Knechte erschlagen waren, mit sich fort. Da wir (d. H. Gregor, der Bischof, selbst) dies Hörten, wurden wir sehr darüber betrübt, verbanden uns mit dem Richter des Ortes und schickten eine Gesandtschaft an sie, sie möchten vor uns erscheinen, ihre Sache austragen und in Frieden auseinaudergehen, damit der Hader nicht noch weiter um sich greife. Als sie aber kamen und die Bürger beieinander waren, redete ich sie selber also an: „Lasset ab, o Männer, von weiteren Freveln, daß dies Übel nicht noch weiter um sich fresse. Wir haben schon Sohne unserer Kirche in diesem Streite verloren und besorgen, daß wir noch andere einbüßen. Verhaltet euch also, ich bitte euch, friedfertig, und wer unrecht gethan hat, zahle die Buße um der Siebe willen, auf daß ihr Kinder des Friedens feiet, würdig, durch des Herrn Gnade das Reich Gottes zu empfangen. Denn er spricht: Selig sind die Friedfertigen, denn das Himmelreich ist ihr. Und sehet, wenn der, über den die Strafe verhängt wird, zu arm fein sollte, die Buße zu zahlen, so soll er mit dem Silber der Kirche ausgelöst werden, daß nur seine Seele nicht verloren gehe." So sprechend bot ich ihnen das Geld der Kirche an. Aber die Partei des Chramnisind, eines zweiten Sohnes des Auno, die den Tod seines Vaters, seines Bruders und seines Oheims rächen wollte, weigerte sich die Buße anzunehmen. So gingen sie auseinander, und Sichar rüstete sich zur Fahrt, um des Königs Gericht anzurufen. Er begab sich deshalb in das Gebiet von Poitiers, wo er ein Gut hatte, um fein Weib Tranquilla (eine Römerin) zu besuchen. Und als er dort seinen Knecht antrieb, sich bei der Arbeit zu sputen, einen Stock erhob und den Knecht schlug, unterfing sich dieser, seines Herrn Schwert aus der Lederscheide zu reißen und feinen Herrn zu verwunden. Sichar stürzte zu Boden, seine Freunde aber liefen herbei, ergriffen den Knecht, geißelten ihn fürchterlich, verstümmelten ihn an Händen und Füßen und verurteilten ihn zum Galgen. Inzwischen verbreitete sich zu Tours das Gerücht, Sichar sei umgekommen , und als dies Chramnisind vernahm, entbot er seine Freunde und Gesippen und stürmte nach Sichars Hause bei Tours. Nachdem er dies ausgeplündert und mehrere Knechte getötet hatte, steckte er alle Häuser, sowohl die des Sichar als die der andern im Dorfe in Brand und nahm

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 153

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Die Sagen von Desiderius und Adelgis. 153 Westen auf wie eine finstere Wetterwolke, und als sie näher kam, da sah man es von funkelnden Waffen blitzen, und nun ritt er. daher, der eiserne Karl, bedeckt mit eisernem Helm und Schild, umkleidet mit eisernen Schienen und ' eisernem Panzer, in der Hand die hochragende eiserne Lanze. Auch das Roß, das er ritt, schien eisern an Mut und an Farbe; und alle, die ihn umgaben, waren auf gleiche Weise ausgerüstet wie er. Eisen erfüllte die Felder und Straßen, die Sonnenstrahlen brachen sich in dem Glanze des Eisens. Das alles sah der spähende Otter mit einem einzigen raschen Blick, wandte sich zu Desiderius und schrie: „Steh da! dort hast du den Karl, nach dem du so viel gefragt hast!" Und mit diesen Worten stürzte er ohnmächtig zu Boden. Unten jammerte das Volt in der Stadt. „ O das Eisenwehe, das Eisen!" Der König aber stieg vom Turme herab und suchte Tröstung im Gebet; wie er denn stets ein frommer Christ war und regelmäßig um Mitternacht aufstand und in die Kirche ging, um zu beten. Man erzählt aber, daß die Thore der Kirche sich vor ihm von selbst geöffnet hätten. Im eigenen Hause des unglücklichen Königs lauerte der Verrat. Jtkmge hatte Karl vergeblich die starke Stadt belagert. Da sah die jüngste Tochter des Desiderius den Frankenkönig von einer Zinne aus und ward von Liebe zu ihm ergriffen. In blinder Leidenschast schrieb sie an Karl einen Brief, in dem stand, daß sie, wenn der König sie zum Ehgemahl nehmen wollte, ihm die Stadt und ihres Vaters Schatz ansliefern werde. Diesen Brief wickelte sie um einen Pfeil und schoß ihn auf einer Armbrust über den Ticino. Er kam wirklich in Karls Hände, und dieser antwortete so, daß die thörichte Leidenschaft den Sinn der Jungfrau nur noch mehr gefangen nahm. Unter dem Haupte ihres schlummernden Vaters hervor stahl sie die Schlüssel der Stadt und meldete dem Frankenkönig, daß er in der kommenden Nacht das Stadtthor geöffnet finden werde, ^lls alles in Pavia arglos des Schlummers pflegte, zog das feindliche Heer still und geräuschlos ein. Fröhlich hüpfte die Jungfrau dem Geliebten entgegen. Aber es war finstere Nacht; sie geriet in das Gedränge, ward zu Boden gerissen und endete unter den Hufen der fränkischen Rosse. Das war der Lohn ihres Verrates. Durch das Wiehern der Pferde und das Klirren der Waffen erwachten die Bewohner der Stadt und liefen verwirrt aus ihren Häusern hinaus. Viele wurden im Dunkel der Nacht zertreten oder erschlagen. Als die Franken in den königlichen Palast drangen, warf sich Adelgis ihnen entgegen und erschlug viele. Aber sein Vater wehrte ihm und sprach: „Es ist Gottes Wille, daß der Langobarden Reich vergehe.'1 Da entfloh Adelgis in der allgemeinen Verwirrung ans der Stadt, während Karl in die Königsburg einzog und den Desiderius gefangen nahm. Die ganze

5. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 328

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
328 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Wenn wir auch meistens das sittliche Verderben von den Romanen über die Deutschen kommen sehen, so haben doch andrerseits auch alte germanische Gebräuche der wildesten Art aus der Heidenzeit sich trotz der veränderten Lebensverhältniffe lebendig erhalten und den Anlaß zu entsetzlichen Freveln gegeben, ja sich teilweise sogar in die feine romanische Welt eingeschlichen und zur Verwilderung der Sitten beigetragen. So namentlich die Blutrache. Dazu erzählt uns Gregor folgende merkwürdige Beispiele, die allerdings beide erst der Zeit angehören, über welche im nächsten Abschnitt berichtet werden soll, die aber selbstverständlich nicht die ersten in ihrer Art sind. Die erstere der beiden Erzählungen bietet zugleich ein Bild echt christlicher und bischöflicher Handlungsweise, das geeignet ist, jene widerlichen Fratzen eines Cato und Cautinus vergessen zu machen. (1) Die 8ehde zu Tours. Im Jahre 585*) erhob sich zwischen den Bewohnern des Gebietes von Tours eine gefährliche innere Fehde. Der Franke Sichar nämlich feierte das Fest der Geburt des Herrn mit Austrigisel und andren Gaugenossen in dem Dorfe Mantelan bei Tours, und der Priester des Ortes sandte einen Knecht aus, um einige Leute einzuladen, daß sie in sein Haus kämen zu einem Trinkgelage. Da aber der Knecht kam, zog Austrigisel, einer von denen, die eingeladen wurden, sein Schwert und unterfing sich auf ihn einzuhauen, und alsbald sank der Knecht hin und starb. Als dies Sickar, der mit dem Priester in Freundschaft lebte, vernahm, daß nämlich ein Knecht desselben ermordert sei, nahm er seine Waffen, ging mit feinen Knechten in die Kirche und erwartete hier den Austrigisel. Dieser aber rüstete sich, da er solches vernahm, auch mit seinen Waffen und ging mit einer Schar dem Sichar entgegen.**) Da nun alle durcheinander wogten und jeder Teil zuschlug, ward Sichar von den Geistlichen in die Mitte genommen und dem Getümmel entrückt. Er entfloh auf feinen Hof (der nicht in der Ortschaft lag), ließ aber fein Silberzeug, feine Kleider und vier feiner Knechte, die verwundet waren, im Hause des Priesters zurück. Nach seiner Flucht brach Austrigisel in dieses Haus ein, tötete die Knechte und nahm Gold, Silber und die übrigen Sachen Sichars mit sich. Danach, als sie im Gericht der Bürger (d. h. im Gericht des Grasen von Tours, in denen die Bürger die Beisitzer waren) erschienen, erging das Urteil, daß Austrigisel als Totschläger und weil er nach der Tötung der Knechte die *) Gregor, Buch 7, Kap. 47. Giesebrecht 2, S. 53 ff. **) „Es wird also ganz wie einst in den Urwäldern, so nun in dem Dorf, ja in der Kirche Fehde begonnen zwischen diesen Franken; Romanen sind hier nicht beteiligt." Dahn.

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 29

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Langobarden und Gepiden. Macht und den Zweikampf Alboins mit Turisrnod anknüpft, zu erzählen. Als nämlich die Langobarden siegesfroh heimkehrten, da baten die Edlen ihren König, daß er seinen Sohn, durch dessen Heldenmut der Sieg vorzüglich errungen worden war, zu seinem Tischgenossen erhebe; damit er seinem Vater wie in der Gefahr, so auch beim Mahle zur Seite wäre. Allein Audoin, getreu der alten Sitte, wollte davon nichts wissen, so sehr ihn Alboins rühmliche That erfreute. „Das Recht der Väter kann ich nicht verletzen," sprach er, „ihr wisset ja wohl, daß nach altem Brauch bei uns der Sohn des Königs nicht eher mit dem Vater zusammen speisen darf, als bis er von einem fremden König feierlich die Waffen erhalten hat." Sobald dies Alboin hörte, ritt er, nur von vierzig Jünglingen begleitet, geradeswegs an Turisinds, des Gepidenkönigs, Hof, um sich von ihm die Waffen zu erbitten. Der hochherzige Greis nahm den jungen Helden, der ihm vor kurzem erst den geliebten Sohn getötet hatte, freundlich auf, denn jener hatte es ja in ehrlichem Kampfe gethan. Gastlich lud er ihn an seinen Tisch und setzte ihn zu seiner Rechten an die Stelle, wo sonst immer sein Sohn Turisrnod gesessen hatte. Wie sie nun aber so beim Mahle saßen und verschiedene Gerichte aufgetragen waren, da mußte der König des Sohnes gedenken, dessen Mörder da neben ihm auf des Toten Stuhle saß. Und er seufzte tief auf und brach in die schmerzvollen Worte aus: „Lieb ist mir dieser Platz, aber sehr hart der Anblick des Mannes, der ihn jetzt einnimmt." Durch des Vaters Rede ermutigt, begann nun Kunimund, des Königs zweiter Sohn, Hohnreden gegen die Gäste zu richten und sprach laut, indem er auf die weißen Binden wies, mit denen die Langobarden die Beine von den Waden abwärts umwickelten: „Wahrlich, ihr gleichet Stuten mit weißen Füßen."*) Alsbald versetzte einer der Langobarden: „Geh nur hinaus ans das Asfeld!**) Dort kannst du deutlich sehen, wie kräftig die Stuten mit den Hufen ausfchlagen. Deines Bruders Gebeine liegen dort auf dem Anger wie von gefallenem Vieh." Das hörten die Gepiden, die nur mühsam aus Ehrfurcht vordem König und aus Scheu vor dem heiligen Gastrecht ihren Ingrimm verborgen hatten. Jetzt hielten sie sich nicht länger, wütend sprangen sie von ihren Sitzen und drängten sich um Alboin und seine Begleiter mit drohenden Worten und Gebärden. Da erhoben sich auch die Langobarden; die Hand am Schwerte standen sie zur Wehr bereit. Aber siehe, der edle König sprang hinter dem Tisch hervor und warf sich mitten zwischen die Zornigen. Mit scheltenden Worten verwies er den Seinen die grimmige Streitlust und drohte mit schneller Strafe dem, der den ersten Schlag *) Eigentlich: mit weißen Fesseln. Die Fessel ist der Teil des Pferdebeines zwischen dem Hns und dem untersten Gelenk. **) „Perge, ait, in campum Asfeld!“ steht bei Paulus geschrieben.

7. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 72

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
72 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. rief weinend: „Bruder, durchbohre mich nicht! Ich kann mich ja schon auf einem Roß halten". Da ließ jener den Speer sinken, ergriff den Knaben und hob ihn auf ein leeres Pferd. Auf dem glatten Rücken des ungefattelten Tieres setzte er ihn, hieß ihn den Zügel ergreifen und rief: «Halte dich an, so fest du kannst!" Dann schwang er sich selbst auf fein Roß, und sie jagten den Brüdern nach. Bald verbreitete sich die Kunde, daß des Herzogs Söhne entkommen seien. Etliche Avaren sprangen sogleich auf ihre Pferde und jagten den Flüchtigen nach. Jene aber entrannen glücklich ihren Verfolgern, bis auf Grimwald, welcher bald hinter den älteren Brüdern zurückblieb. So ward er von dem vordersten der Avaren eingeholt. Schon sah er den Tod vor Augen; aber Gott, der ihn zu großen Dingen ausersehen hatte, breitete seine Vaterhand über ihn aus. Dem rohen Barbaren fuhr es plötzlich durch den Kopf: „Warum sollst du das Kind töten? bewahre es dir lieber zum Dienste auf." Und er faßte Grimwalds Roß am Zügel und führte es so samt dem Knaben nach dem Lager zurück, hoch erfreut über die köstliche Beute; denn der Kleine war von schönem Wuchs und Antlitz, groß und glänzend waren seine Augen, und das lichtblonde Haar hing ihm in langen Locken um die Schultern. Grimwald wußte, welchem traurigen Los er entgegen geführt ward, und tiefer Schmerz ergriff ihn, da er sich so gefangen dahin geschleppt sah. Aber in seiner kleinen Brust regten sich große Gedanken. Er war ja nicht waffenlos; an seiner Seite hing ein kleines Schwert, das ihm sein Vater geschenkt hatte. Es war scharf und von gutem Stahl. Unbemerkt zog er es aus der Scheide, und schnell wie der Blitz hieb er mit aller Macht nach des ahnungslosen Barbaren Schädel und traf so gut, daß der Feind alsbald tot vom Pferde fiel. Nun wandte der Knabe Grimwald fein Roß um und floh fröhlich von dannen, bis er seine Brüder wieder eingeholt hatte; und als er ihnen von seiner Not und Befreiung erzählte, freuten sie sich höchlich über den kleinen Helden. Von Grimwald wird später noch vieles zu berichten fein. Die Avaren aber brachten wirklich alle gefangenen Langobarden, die schon im Mannesalter standen, mit dem Schwert um und schleppten Weiber und Kinder in die Gefangenschaft. Die verräterische Romhilde, die alles Unheil verschuldet hatte, sollte dem verdienten Schicksal nicht entgehen. Zuerst zwar erwies ihr der Aüarenfönig alle Ehre und behandelte sie, um seinem Eid zu genügen, als sein eheliches Weib. Aber schon am zweiten Tage änderte er fein Benehmen und that ihr allen möglichen Schimpf an; dann ließ er sie von seinen rohen Kriegern auf die gräßlichste Weise martern und sie zuletzt mit einem Pfahl durchstoßen, indem er ihr höhnend zurief: „Das ist der Mann, den du verdienst". Auf so schaudervolle Art endete das schändliche Weib, das ihr Vaterland verraten und Hunderte ihrer Mit-

8. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 101

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Pertharis Rückkehr und König Kumnkperts Schicksale. 101 Über des gewaltigen Königs Tod erzählt Paulus Diakonus, er habe einst zur Ader gelassen und neun Tage in seinem Palast gesessen. Da nahm er seinen Bogen zur Hand, um eine Taube zu schießen; aber dabei brach die Ader an seinem Arme wieder aus, und die Ärzte legten ihm vergiftete Heilmittel darauf und führten so den Tod des kraftvollen Greises herbei. Er war von gewaltigem Körperbau, kahlem Haupte und starkem Barte; an Kühnheit kam niemand ihm gleich, und auch im klugen Rate übertraf ihn keiner. Der Leib des Königs er war eifriger Katholik gewesen — wurde in der Kirche des heiligen Ambrosius zu Pavia bestattet, die Grimwald selbst hatte erbauen lassen. Da fein Sohn Romwald gestorben war, so hinterließ er die Herrschaft feinem zweiten Sohne G ari-bald, den ihm König Ariperts Tochter geboren hatte. Aber dieser war noch ein Kind. 16. Herihmrs Mckkehr und König Kuninkperts Schicksale. (Von 672 bis 700.) Damals geschah es, daß Perthari — wie der Volksmund erzählt — aus dem Frankenreiche schied und ein Schiss bestieg, um nach der britannischen Insel überzusetzen. Als aber das Fahrzeug eine kurze Strecke zurückgelegt hatte, erscholl von der Küste her eine Stimme, die rief: „Ist Perthari auf diesem Schisse?" Und als geantwortet ward, er fei allerdings hier, rief die Stimme weiter: „So meldet ihm, er möge heimkehren in fein Vaterland; denn heute ist der dritte Tag, feit Grimwald aus dieser Welt geschieden ist." Sogleich kehrte Perthari um, konnte aber, als er das Ufer erreicht hatte, weit und breit niemand finden. Deshalb glaubte er, daß es kein Mensch, sondern ein göttlicher Bote gewesen fein müßte, der ihm Grimwalds Tod verkündete. Da zog er unverweilt dem Vaterlande zu und als er die italienische Landesmark überschritt, fand er dort schon alle feine Getreuen versammelt und zog mit königlichem Gepränge in Pavia ein. Der Knabe Garibald mußte mit feinen Anhängern fliehen. Drei Monate nach Grimwalds Tode ward Perthari von den Langobarden feierlich zum König gekrönt. Sogleich nach feiner Heimkehr sandte Perthari nach Benevent und ließ von da seine Gemahlin Rodelinde und feinen Sohn Kuninkpert zu sich holen. Dann erbaute er in Pavia an der Stelle am Ticinoflusse, wo ihm einst die Flucht vor Grimwald gelungen war, ein Jungfrauenkloster zu Ehren der heiligen Agathe, das er mit vielem Gut ausstattete; die Königin Rodelinde aber gründete vor den Mauern von Pavia eine Kirche der Jungfrau Maria. Sie wurde ad perticas d. i. „zu den Stangen" genannt, ein Name, der von einer langobarbifchen Sitte her-

9. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 311

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
39. Aus der Lan^obarden-Geschichtc und -Sage. 311 Flammen und schleppten alle Bewohner als Gefangene hinweg, indem sie ihnen vorspiegelten, sie wollten sie, gemäß dem alten Vertrag der Avaren mit Alboin, in ihrer alten Heimat an- fiedeln. Aus dem Heimwege aber beschlossen die Räuber, alle volljährigen Langobarden auf einem Felde niederzuhauen; die Weiber und Kinder verlosten sie unter sich als Sklaven. Nur ganz wenige entrannen, dem Verderben, unter ihnen die Söhne des Herzogs Gisulf. Sobald nämlich Taso, Kalo und Rad- wald den bösen Anschlag der Avaren merkten, sprangen sie auf ihre Rosse und ergriffen die Flucht. Der kleine Grim wald aber wollte auch mitgenommen sein. Zwei der Brüder ritten davon, ohne sich um sein Schreien zu kümmern. Der dritte aber glaubte, der Knabe sei noch zu jung, um sich auf einem dahinsausenden Rosse halten zu können. Doch unerträg lich war ihm der Gedanke, daß das Brüderchen in die Knecht- schaft eines rohen Heiden fallen und als Sklave sein Leben beschließen solle. Lieber tot, als ein Knecht! Und er hob den Speer, um dem Kleinen die Brust zu durchstoßen. Aber das Kind rief weinend: „Bruder, durchbohre mich nicht! Ich kann mich ja schon auf einem Rosse halten." Da ließ jener den Speer sinken, ergriff den Knaben und hob ihn auf ein leeres Pferd. Auf den glatten Rücken des ungesattelten Tieres setzte er ihn, hieß ihn den Zügel ergreifen und rief: „Halte dich an, so fest du kannst!" Dann schwang er sich selbst auf sein Roß, und sie jagten den Brüdern nach. Bald verbreitete sich die Kunde, daß des Herzogs Söhne entkommen seien. Etliche Avaren sprangen sogleich auf ihre Pferde und jagten den Flüchtlingen nach. Jene aber entrannen glücklich ihren Verfolgern, bis auf Grimwald, der bald hinter den Brüdern zurückblieb. So ward er von dem vordersten der Avaren eingeholt. Schon sah er den Tod vor Augen. Aber Gott, der ihn zu großen Dingen ausersehen hatte, brei- tete seine Vaterhand über ihn aus. Dem Barbaren fuhr es plötzlich durch den Kopf: „Warum sollst du das Kind töten? Bewahre es dir lieber zum Dienst auf." Und er faßte Grim- walds Roß am Zügel und führte es samt dem Knaben nach dem Lager zurück, erfreut über die köstliche Beute; denn der

10. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 263

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
34. Geliiner, der letzte König der Wandalen. 263 iqn so lange auf den Kopf und ins Gesicht, bis der arme kleine Prinz den halboerschlungenen Bissen wieder fahren ließ. Tiefen jammervollen Auftritt hatte der König unbemerkt von Aiifang bis zu Ende mit angesehen und wurde davon so er- schüttert, daß sein ganzer Eigensinn brach. Noch in derselben Stunde schrieb er an Faras, er wolle sich ergeben, wenn Belisar sich ihm verbürge für die Versprechungen, die der Kaiser ihm habe machen lassen. Faras sandte das Schreiben eiligst an Belisar. Da dieser wünschte, den König womöglich lebend vor den Kaiser zu bringen, so war er höchst erfreut und schickte sogleich einen Bevollmächtigten nach dem Berge Pappua mit dem Auftrag, dem Könige die ehrenvollste Aufnahme beim Kaiser eidlich zuzusichern. Gelimer empfing die Bürgschaft und ergab sich samt den Seinigen dem Faras, der ihn nach Karthago, der früheren Hauptstadt Geliniers, führte. Als er vor Belisar gebracht wurde, brach der Unglückliche in ein lang anhaltendes Gelächter aus. Die Kaiserlichen schüttelten ver- ständnislos ihre Köpfe und fragten seine Getreuen, ob der König wahnsinnig geworden sei. Diese aber schüttelten traurig den Kopf und sagten, der König sei ein Mann von scharfem Verstand; sein Lachen habe folgenden Grund: aus dem könig- lichen Geschlecht der Wandalen entsprossen, noch eben der Be- sitzer einer Königskrone und der reichsten Schätze, habe er als Flüchtling die entsetzlichsten Leiden erduldet und sei nun ein Gefangener; da er nun so den Becher des Glückes wie des Unglückes bis auf den Grund geleert habe, sei er zu der Erkenntnis gekommen, daß alles Irdische eitel und nur eines bittern Lachens wert sei. Belisar hielt den gefangenen König und alle andern Wandalen in ehrenvoller Haft und fuhr nach Konstantinopel zurück. Hier gewährte ihm Justinian die seltene Ehre eines Triumphs. In festlichem Aufzug führte der siegreiche Feld- herr die unermeßliche Beute und die Schar der Gefangenen mitten durch die Stadt vor den Thron des Kaiserpaares. Unter den Beutestücken leuchteten namentlich die königlichen Geräte hervor, als: goldene Thronsessel, Sänften, edelstein- besetzte Kleinodien, goldene Trinkgefäße und das ganze Tafel-
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