475
stehen versucht; durch Herder fanden alle diese Versuche ihre Erfüllung
und Vollendung. Die von Herder angeregte Forschung hat sich in im-
iner weiteren Kreisen zu allen anderen Völkern der Erde ausgedehnt, zu
den Arabern, Persern und Hindus, zu den Malaien und Chinesen wie
zu den absterbenden Stämmen der amerikanischen Rothhäute. Erst durch
Herder wurde ein allgemeines historisches und vergleichendes Sprach,
studium, eine Kultur- und Sittengeschichte und eine wahrhafte Univer-
salgeschichte möglich.
Herders eigene Dichtungen neigen meistens zum Didaktischen hin.
Seine große Bedeutung auf dem Gebiete der deutschen Poeste liegt we-
niger in seinen eigenen Dichtungen, als darin, daß ec den Deuhchen
die Fähigkeit gegeben hat, Gestalten zu bilden aus fremdem Stoffe mit
eigener Form und aus eignem Stoffe mit freinder Form. Seine besten
poetischen Erzeugnisse sind die Nachdichtungen und Uebersetzungen der
Volkslieder; sein Cid wird stets unter den edelsten poetischen Schöpfun-
gen unserer Nation genannt werden. Die Verdienste Herders um die
Theologie und die Universalgeschichte sind bereits (S. 466 und 467)
erwähnt worden.
Johann Wolfgang von Goethe war den 28. August 1749
zu Frankfurt am Main geboren. Sein Vater, ein wohlhabender Pri-
vatmann mit dem Titel eines kaiserlichen Rathes, war ein Mann von
Bildung und Kunstsinn, von ernstem, entschiedenem Charakter, die Mut-
ter eine energische, mit einem reichen Gemüthe begabte Frau. Schon
als Knabe zeigte Goethe einen nie rastenden Bildungstrieb und ein all-
gemeines, nach allen Seiten strebendes Interesse; die Lage seiner Eltern
gewährte ihm, dem einzigen Sohne, jedes Mittel zu seiner Bildung.
Die wissenschaftliche Bildung des Knaben war jedoch wenig geordnet;
er lernte alles Mögliche und nichts gründlich. Eine frühzeitig erwachte
Neigung zur Poesie trieb ihn auch zri metrischen Versuchen. In seinem
sechzehnten Jahre (1765) bezog Goethe die Universität Leipzig, um
die Rechte zu studiren. Da die trockene Schulmethode seinen strebsamen
Geist nicht anregte, so geriethen seine wissenschaftlichen Studien bald ins
Stocken; auch in der Poesie fühlte ec sich rathlos und ohne Führer.
Voir der deutschen Literatur ward er wechselsweise angezogen und abge-
stoßen, die französische gewährte ihm noch weniger einen sichern Anhalt.
Es blieb nur die antike übrig, deren Bedeutring er ahnte, die er aber
noch wenig benutzen konnte. Er erzählt, daß die geliebten Alten noch
immer wie ferne blaue Berge, deutlich in ihren Umrissen und Massen,
aber unkenntlich in ihren Theilen und inneren Beziehungen, den Hori-
zont seiner geistigen Wünsche begrenzten. Noch in Straßburg mußte er
sich von Herder sagen lassen, daß er die Tröster der Schulen mehr von
außen besitze als von innen.
Seine Neigung führte ihn auf einen anderen Weg, init dem Geiste
E der antiken Dichtung bekannt zu werden. Er lernte bei Oeser zeichnen,
der bereits in dem Sinn Winckelinanns die Schönheit des antiken Ideals
vornehmlich in die Einfalt und Stille setzte. Er [tubirte die Schriften
Winckelinanns und Lessing's und übte sich in der Auffassung der Kunst-
werke. Diese Beschäftigung mit den plastischen Künsten erweckte auch
in ihm den Sinn für den plastischen Stil der Dichter.
Gcethe.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Wolfgang_von_Goethe Johann August Goethe Goethe Oeser
505
aber mit Beibehaltung des Königthums neu zu organischen. Diese Ab-
sicht verfolgte er einige Zeit; aber durch den widerspenstigen Geist seiner
Soldaten und die unheilbare Falschheit des Königs wurde er gezwungen,
dieselbe aufzugeben.
Die Lehren der Levellers hatten sich im Heere verbreitet; die
Schwärmerei derselben ging so weit, daß sie nicht bloß in religiösen,
sondern auch in politischen Angelegenheiten jeden Zwang und jede Au-
toritöt verwarfen; jede Verschiedenheit des Ranges sollte verschwinden
und eine allgemeine Gleichheit wie der Stände und Personen, so des
Eigenthums und Vermögens eingeführt werden. Die Verfassung sollte
auf den gemeinsamen Rechten aller ruhen; der König und die Lords
sollten wegfallen, die Souveränetät einzig und allein beim Volke sein,
welches dieselbe durch seine Abgeordneten ausübe. Verschwörungen bil-
deten sich; eine Meuterei der Soldaten brach aus, bei deren Unter-
drückung Cromwell alle seine Kraft und Entschlossenheit anwenden mußte.
Wenn er aber auch durch eine kluge Mischung von Strenge und Milde
die Ordnung wieder herstellte, so sah er doch, daß es im höchsten Grad
schwierig und gefährlich sein würde, gegen die Wuth des Kriegsvolkes
zu kämpfen, welches den gefallenen König als einen Tyrannen des
Volkes, als einen Feind Gottes betrachtete.
Die zunehmende Stärke der Partei der Levellers, sowie die ver-
schärfte Strenge, mit der man ihn bewachte, bewogen den König von
Hamptoncourt auf die Insel Wight zu entfliehen. Ec hatte aber
damit nur den Ort seiner Gefangenschaft vertauscht. Den Freunden
des Königs in Schottland, an deren Spitze jetzt der Graf Ha mil-
ton stand, gelang es endlich, den König zur Unterzeichnung eines ge-
heimen Vertrags zu bewegen, durch welchen sie ihre Landsleute für
seine Rettung zu bewaffnen gedachten. Karl konnte sich aber nur ent-
schließen, versuchsweise auf drei Jahre den Convenant anzunehmen. Diese
Halbheit lähmte die Schritte seiner schottischen Anhänger. Karl aber
verwarf in fester Hoffnung auf dic^zu erwartende Hütfe der Schotten
die Bedingungen der Aussöhnung, welche ihm das Parlament im De-
cember 1647 vorlegen ließ. Nach dieser Weigerung des Königs wurde
im Unterhause verlangt, man solle den König in strenge Haft bringen,
ihn anklagen und das Königreich ohne ihn ordnen. Das Parlament
faßte den Beschluß, es solle mit dem König nicht weiter verhandelt
werden.
Anders aber als im Parlament zeigte sich die Stimmung im
Volke. Die Mehrzahl desselben war für den König und der Ty-
rannei deß Heeres überdrüssig. Daß schottische Parlament beschloß, eine
Armee von 40,000 Mann zum Schutze des Königthums und des Eon-
venants aufzustellen. Auf diese Nachricht erhoben sich die Royalisten
von einem Ende Englands bis zum andern; ein neuer Krieg war
da, welcher zwischen den Independenten und der Armee einerseits und
den mit einem Theil der Presbyterianer verbündeten Royalisten andrer-
seits entscheiden sollte. Während Fairfax die Aufstände in der Nähe
Londons glücklich bekämpfte und unterdrückte, eilte Cromwell nach
dem Westen des Reiches. Auf die Nachricht, daß das schottische Heer
die Grenze überschritten und sich mit 4000 Cavalieren vereinigt habe,
zog Cromwell heran, besiegte die Cavaliere bei Preston und vernichtete
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Cromwell Karl Karl Cromwell Cromwell
639
theile bevorzugter Familien und Personell. Die durch Ausdehnung deß
Adels auf die jüngeren Söhne entstandene Menge güterloser Ade.
ligen machte diese Vorrechte noch lästiger. Friedrich Ii. gab den
Stalldesunterschieden, im Widersprüche mit den philosophischen Grund-
sätzen seiner Schriften, in seiner Gesetzgebung noch stärkere Geltung, als
sie in älteren Zeiten gehabt hatten. Der ganze Mittelstand war daher
von Abneigung gegen den Adel erfüllt.
Am stärksten war die Erbitterung in Frankreich, wo eine mehr
ausgebildete Geselligkeit den Bücgerstand mit den höheren Klaffen ver-
mischte, diese aber ihre Vorrechte zu Zeiten sehr empfindlich für das ge-
sellige Gleichheitsgefühl geltend machten. Vornehmlich that dieses der
Theil des Adels, der sich an den Hof angeschlossen und fast alle höhe-
ren Stellen in der Verwaltung und in der Armee in Besitz genommen
hatte. Der Hofadel sah selbst auf den Laildadel mit Verachtung
herab, sowie auf den Dienstadel, der sich durch den beinahe erblich
gewordenen Besitz der Parlamentsstellen gebildet hatte.
Durch die vom Könige abhängige Vergebung der hohen geist-
lichen Stellen waren dieselben größtentheils an Glieder des Hof-
adels gekommen, welche am Hose um Gunst und um die ersten Staats-
ämter buhlten und ihre reichen Pfründen in weltlicher Lebensweise und
in weltlichen Geschäften verzehrten. Unter den in ihren Sprengeln le-
benden Bischöfen gab es treffliche Männer; aber das Urtheil der Haupt-
stadt, und das war gleichbedeutend mit der öffentlichen Meinung von
Frankreich, bildete sich nach den sogenannten politischen Bischöfen. Die
niedere Geistlichkeit lebte in Armuth und blickte mit Neid zu den
hoch bepfründeten Prälaten hinauf. Aber auch die würdigeren Männer
dieses Standes waren unvermögend, der Geringachtung kirchlicher
Dinge, die sich von den höheren Ständen aus über die ganze Nation
verbreitete, Einhalt zu thun. Seit dem gewaltigen Einflüsse, den Vol-
taire und die Encyklopädisten geübt hatten, war Verachtung und
Verspottung der Religion Ton der guten Gesellschaft geworden. Die dem
Autoritätsglauben feindliche Richtung griff aber nicht bloß die Lehren
und Formen der Kirche an, sondern auch die Einrichtungen des Staates.
Voltaire und die Encyklopädisten hatten nur vereinzelte und versteckte
Angriffe gegen das bestehende Staatswesen gemacht. Dage-gen erklärte
Rousseau den Grundverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft offen
den Krieg, indem er einen ursprünglichen Zustand der Gleichheit und
Glückseligkeit schilderte, welcher durch die Entstehung des Eigenthums
und durch die von den Eigenthümern bewerkstelligte Einsetzung der Obrig-
keilen zerstört worden sei, und dies als einen Act der Täuschung, als
einen an der Menschheit verübten Frevel darstellte. Die Theilnahme,
welche Rousseau bei allen Klassen der Gesellschaft erregte, verschaffte sei-
nen Ideen um so schnellere Verbreitung, als dieselben eigentlich nur die
offen ausgesprochenen Folgerungen aus den herrschenden Grundsätzen
waren. So bildete sich gerade in den unterrichtetsten Klassen der Nation
eine politische Ueberzeugung, welche mit dem Interesse dieser Klassen wie
mit dem Wesen der monarchischen Verfassung im Widersprüche stand.
Für die Staatscegierung war der in der Nation gegen sie hervor-
gerufene Widerwille um so gefährlicher, als die schrankenlose Macht,
welche ihr von ganz Europa beigelegt und die in Frankreich als Tyrannei
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Europa Frankreich
669
that dies aber in einem sehr milden Ton, weil er ganz richtig urtheilte,
daß die in Frankreich liegenden Güter ausländischer Fürsten von den
Veränderungen der Gesetzgebung eben so wie die Güter der einheimischen
Großen betroffen werden müßten.
Die Fortschritte der Revolution und die Furcht vor dem Treiben
der Jakobiner ließen alle Throne durch die Erniedrigung des glänzendsten
derselben gefährdet erscheinen. Ueberdies wurden der Kaiser und Fried-
rich Wilhelm von Preußen durch die Ausgewanderten bestürmt, die
Macht der Umsturzpartei durch Waffengewalt zu zertrümmern. Hierzu
zeigte sich der Kaiser auf einer 1791 zu Mantua gehaltenen Zusam-
menkunft gegen den Grafen Artois und den Minister Calonne nicht
abgeneigt. Aber Ludwig Xvi., der mit den Plänen dieser beiden un-
zufrieden war, sprach dem Kaiser und dem Könige von Preußen den
Wunsch aus, ihm durch einen bloß anzudroherrden, aber nicht auszu-
führenden Einfall in Frankreich das Ansehen eines Vermittlers zwischen
vem bewaffneten Europa und seinem Volke zu verschaffen. Plötzlich
unternahm Ludwig die unglückliche Fluchtreise. Seine darauf folgende
Gefangenhaltung erhöhte den Eifer der Monarchen, und im August
1791 kamen Leopold und Friedrich Wilhelm zu Pillnitz beim
Kurfürsten von Sachsen zusammen, um die zu treffenden Maßregeln zu
besprechen. Sie gaben die Erklärung ab, daß sie hofften, alle Herrscher
Europa's würden dazu beitragen, dem Könige von Frankreich die Wie-
derherstellung der monarchischen Regierung möglich zu machen, und daß
sie selbst entschlossen wären, ohne Verzug und gemeinschaftlich mit der
nöthigen Macht einzuschreiten. Da aber Ludwig Xvi. bald daraus die
Verfassung feierlich annahm, so hielten es beide Fürsten für rathsam,
sich vor der Hand jeder Einmischung zu enthalten.
Die gesetzgebende Versam'mlung, wie sie im Gegensatz zu der Di^geftßge-
ersten oder constituirenden genannt wurde, hielt ihre erste Sitzung sammiungi
am 1. Oktober 1791. Sie bestand aus 747 Abgeordneten, meistens Feante'u.
Advokaten und jungen constitutionellen Priestern. Das alte Königthum, Jakobiner,
das in der constituirenden Versammlung eine starke Partei für sich ge-
habt hatte, zählte in der gegenwärtigen keine Anhänger mehr. Die
rechte Seite wurde von den Feuillants, den Vertheidigern der neu
begründeten Verfassung oder der constitutionellen Monarchie, gebildet,
die linke Seite bestand aus Jakobinern, deren Streben auf den
Umsturz des Thrones und die Errichtung einer Republik gerichtet war.
Eine zwischen beiden stehende Anzahl Unentschiedener gelangte zu keiner
Bedeutung. An der Spitze der Feuillants standen Lameth, Barnave,
Duport, Damas, für sie waren die Nationalgarde, das Heer und die
Behörden in den Departements. Es fand sich bei ihnen viel Talent,
viel edler Wille und Mäßigung, aber es fehlten ihnen durch Ungestüm
fortreißende Redner. Bei den Jakobinern traten frühzeitig verschie-
dene Färbungen hervor. Durch Geist und Talente zeichneten sich die
Girondisten aus, so benannt, weil die meisten derselben in der Land-
schaft an der Gironde ihre Heimar hatten. Sie bildeten den streng re-
publikanischen Theil der Nationalversammlung und wollten einen Frei-
staat nach dem Vorbilde Roms oder der Städte Griechenlands. An
ihrer Spitze standen Vergniaud, Guadet, Gensonnö, Brissot,
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Calonne Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig Ludwig August Leopold Leopold Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Mantua Frankreich Europa Pillnitz Sachsen Frankreich Damas Roms Griechenlands
757
sch en Gemeinsinn besaßen. Daß städtische Vermögen behandelten die
Kammern ganz als ihr Eigenthum und ließen die Anstalten verfal-
len, welche vor Alters von den Städten gegründet worden waren. Der
alte Sinn für Verschönerung des leiblichen, für Veredlung des geistigen
Daseins war in den Stadtgemeinden erloschen. Hölzerne oder halbhöl-
zerne Zoll-, Wacht- und Spritzenhäuser, höchstens Kasernen, waren die
einzigen öffentlichen Gebäude, an deren Errichtung auf preußischem Bo-
den, außer in der Hauptstadt, gedacht wurde. In gänzlicher Entfernung
von allen öffentlichen Geschäften bildete der Bürger die Kräfte, Geschick-
lichkeiten und Gesinnungen nicht aus, welche das städtische Gemeinwesen
erfordert und gewissermaßen voraussetzt. Daher sprach der neue Gesetz,
geber unumwunden die jetzt eingetretene Nothwendigkeit aus, den Städten
eine bessere Verfassung zu geben, in der Bürgergemeinde einen festen
Vereinigungspunkt gesetzlich zu begründen, ihnen eine thätige Einwirkung
auf die Verwaltung des Gemeinwesens zu gewähren und durch diese
Theilnahme Gemeinsinn zu erwecken und zu erhalten. Die bürgerlichen
Gemeinwesen, aus deren Schoße im Mittelalter das deutsche Leben kräf-
tig emporgeblüht war, erwachten nun aus ihrem hundertjährigen Schlum-
mer, und es war in ihnen eine Schule eröffnet, in welcher sich der
Volksgeist auszubilden vermochte.
Das schwere Unglück, welches Preußen erlitten hatte, erweckte nicht
bloß in Preußen, sondern auch in einem großen Theil des übrigen
Deutschlands das Streben, durch gemeinschaftliche Anstrengungen die
deutsche Nationalität zu retten. Es entstanden seit 1807 geheime
Verbindungen gegen Frankreich, von denen der in Königsberg unter
dem Namen Tugendbund gestiftete Verein sich am weitesten ausbrei-
tete und den Franzosen am meisten bange machte. Die Mitglieder die-
ses Bundes waren angesehene Männer, hohe Staatsbeamte und geach-
tete Gelehrte. Sie wollten den abgestorbenen Nationalgeist ins Leben
zurückrufen und das Volk zum Selbstbewußtsein wecken. Napoleon war
höchst unwillig über die Verzweigung der von Stein beschützten patrioti-
schen Verbindung über ganz Deutschland. Als nun im August 1808
der französischen Polizei ein Brief des Freiherrn von Stein in die Hände
fiel, dessen Inhalt die Vermuthung geheimer Verbindungen in Hessen
und Westvhalen zu bestätigen schien, wurde der Brief in französischen
Regierungsblättern mit einer den preußischen Staat selbst bedrohenden
Anmerkung abgedruckt. Stein nahm seine Entlassung, und Napoleon
erließ am 15. December 1808 von Madrid aus eine förmliche Achts-
erklärung gegen ihn, in welcher der bisherige erste Minister des preußi-
schen Königs als „ein gewisser Stein" bezeichnet und für einen Feind
Frankreichs und des Rheinbundes erklärt wurde. Der Geächtete flüchtete
sich nach Oestreich und 1812 nach Rußland und fuhr fort gegen die
Fremdherrschaft zu arbeiten.
Den Franzosen blieb das eigentliche Wesen der inneren Wiederge-
burt des preußischen Volkes und Staates verborgen. Während sie den
Entwürfen Einzelner großes Gewicht beilegten, täuschten sie sich über
die Volkskraft, welche sich unter dem Einflüsse der neuen Gesetzgebung
und der besseren Staats- und Kriegsformen in Preußen entwickelte. Der
Freiherr von Hardenberg, welcher 1810 als Staatßkanzler an die
Spitze der Geschäfte trat, blieb in der Hauptsache Steins Ansichten
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon August Napoleon Hardenberg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Königsberg Deutschland Hessen Madrid Frankreichs Rheinbundes Oestreich
165
dann gegen den Urheber der zu Bayonne verübten Schändlichkeit. Aehn-
liche Gesinnungen hegte der H a nde ls sta n d. Er berechnete die Ver-
luste, welche er in Folge ves Bündniffes zwischen Spanien und Frank-
reich und der durch dasselbe herbeigeführten Handelssperre erlitten hatte.
Die Priester besaßen in Spanien noch ihren alten Einfluß, sie waren
die entschiedensten Gegner der Umgestaltung, welche sie von Napoleon
und dem neufranzösischen Staatsgeiste für Spanien befürchteten.
Als Murat den in Madrid zurückgebliebenen Jnfanten Antonio
und Francisco befahl, am 2. Mai abzureisen, suchte der zahlreich ver-
sammelte Pöbel die Abfahrt zu verhindern. Die Franzosen schoflen so-
gleich auf das Volk, das sich hierauf wüthend auf sie stürzte; aber das
Geschütz entschied den Tag zum Nachtheil der Spanier. Gegen Abend
ließ Murat noch gegen hundert Menschen geringen Standes erschießen,
bei welchen man die unter Handwerkern und Tagelöhnern üblichen groß-
ßen Taschenmesser gefunden hatte. Zwei Tage darauf wurde Murat als
Stellvertreter Karls Iv. verkündet und trat an die Spitze des Regie-
rungsausschufles (Junta), den Ferdinand bei seiner Abreise eingesetzt
hatte. Napoleon berief 150 angesehene Spanier nach Bayonne, um
die neue Ordnung der Dinge berathen zu helfen; aber nicht alle Gern-
sene kamen.
Am 6. Juni ernannte Napoleon den König Joseph von Nea-
pel zum Könige von Spanien und bald nachher Murat, den bisheri-
gen Großherzog von Berg, zum Könige von Neapel. Am 20. Juli
hielt Joseph Napoleon I. seinen prunkvollen Einzug in Madrid, und
fünf Tage später wurde er feierlich zum Könige von Kastilien ausgecu-
fen, Der vornehmste Adel und die aufgeklärtesten Männer Spaniens
umgaben ihn, und die zu Bayonne berathene Verfassung war auf ganz
verständigen allgemeinen Grundsätzen erbaut. Aber das spanische Volk
ward nicht für die neue Ordnung gewonnen; es erhob sich in den Pro-
vinzen zum Widerstände gegen den aufgedrungenen Herrscher. Die Be-
Hörden, welche Einhalt geboten, wurden versagt; eine in Cadix liegende
französische Flotte wurde gezwungen, sich an die Volksbehörde zu erge-
den; in Aragonien stellte sich der General-Capitän Palafox selbst an
die Spitze des Volkes. In jeder Provinz bildete sich durch Wahl des
Volkes eine Junta, und die Junta von Sevilla suchte an die Spitze
der ganzen Bewegung zu treten. Sie forderte alle Spanier zur Verthei-
digung der Rechte Ferdinands Vii. auf, erklärte dem Kaiser Napoleon
den Krieg, schloß Stillstand mit England und unterhandelte mit diesem
wegen eines Friedens und Bündnisses. Sie forderte in einem Manifeste
alle Völker Europa's auf, die französischen Ketten zu brechen, und erließ
eine Anweisung, wie der Krieg gegen Frankreich in Spanien zu führen sei,
nicht mit regelmäßigen Schlachten, sondern als kleiner Krieg durch einzelne
Haufen, durch Aufreibung der feindlichen Heere. Alle unterrichteten
Personen wurden aufgefordert, kurze Reden auszuarbeiten, sie drucken
und verbreiten zu lassen, um den Eifer der Nation anzuregen. Der an-
gegebene Kriegsplan wurde aber nicht durchgängig befolgt. Die Junta
von Sevilla wurde nicht allgemein anerkannt; jede Junta ordnete die
Regierung ihrer Provinz und bildete sich auch eine besondere Armee.
Als die Franzosen anfangs überall vie ungeübten Schaaren auseinander
sprengten, bildete sich Napoleon ein, daß er des Widerstandes leicht
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Antonio Francisco Karls Ferdinand Napoleon Napoleon Joseph_von_Nea- Napoleon_I. Palafox Ferdinands Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Bayonne Spanien Frank- Spanien Spanien Madrid Karls Bayonne Spanien Neapel Madrid Kastilien Spaniens Bayonne Cadix Aragonien Sevilla Ferdinands England Frankreich Spanien Sevilla
Weitere Artheite üöer 3etß, Lehrbuch der allgemeinen Geschichte.
(Vergleiche den Umschlag des 1. Theils.)
Pädagogischer Jahresbericht. Das Werk von Zeiß, dessen erster
Theil nun ganz vorliegt, gehört zu den besonders anerkennens werthen
Lehrbüchern der Geschichte für gereiftere Schüler gelehrter Schulen. Der
Vers, geht nach Vorausschickung einer allgemeinen Einleitung und allgemeiner Be-
merkungen über die asiatischen Völker (und ihre Wohnsitze): die Chinesen, Inder,
Iranier, Babylonier, Assyrer, Phönizier, Karthager, Israeliten, Aegypter, Perser
(bis S. 164), die Griechen und Römer mit vorzugsweiser Würdigung ihrer Knl-
turzustände durch. Land und Volk, Abstammung, Verfassung, Religion, Kenntnisse,
Künste, Gewerbe, Handel, sittliche Zustände, Wissenschaften, Literatur u. s. w. sind
die Hauptrücksichten bei der Behandlung. Die äußere Geschichte ist knapper behan-
delt. Besonders ist die Geschichte der Griechen in dieser Hinsicht (v. S. 164 — 466)
bis in's Detail der einzelnen Richtungen hinein reich ausgestattet, übersichtlich geglie-
dert und sehr anziehend geschrieben. Wir müßten sehr umständlich werden, wollten
wir auch nur den Hauptinhalt dieses einen Stücks spezieller angeben.
Pädagogischer Jahresbericht. Ueber den ersten Theil ist bereits
im Vii. Pädagogischen Jahresberichte mit gerechter Anerkennung gesprochen. Der
zweite, vorliegende Theil hat sehr belobende Beurtheilung erfahren; doch ist
auch in der Pädagogischen Revue (1855. Juliheft) eine Stimme (Or. Campe)
gegen den von Zeiß festgehaltenen Knltnrstandpnnkt erhoben. Man muß nicht
vergessen, daß der Verfasser gerade diesen absichtlich mehr, als je anders-
wo geschehen, in den Mittelpunkt seiner Behandlung rücken wollte, wozu er
ohne Zweifel auch ans sachlichen Gründen vollkommene Berechtigung hat. Die
äußere Geschichte hat viel zahlreichere, die Kultur oft nur sehr stiefmütterlich be-
denkende Bearbeitungen erfahren. Zeiß wollte das Verhältniß geflissentlich umkehren,
um der Kulturgeschichte größere Aufmerksamkeit zuzuwenden, die sie offenbar ver-
dient, und um durch eine Darlegung des reichen Kulturlebens auch auf viele äußere
Geschichts-Parthien ein richtiges Licht fallen zu lassen. Wohl geht die Kultur-Ent-
wickelung nicht immer im gleichen Schritt mit der äußern Geschichte, aber so ferne
liegen ihre beiderseitigen Bahnen einander doch auch nicht, daß es nicht eine dan-
kenswerthe Arbeit wäre, ein großartiges Tableau aufzurollen, worin Untergrund,
Skizze und Rahmen von der politischen Geschichte, die detaillirtere Ausführung
aber von der Kulturgeschichte geliefert würde. Das ist hier geschehen, im
Sinne eines kunstvollen, sachkundig durchgeführten Cartons; denn
ein Lehrbuch konnte nicht lauter Ausführungen bis in's Einzelnste geben wollen.
Die äußere Geschichte ist ziemlich knapp zusammengedrängt, aber die einzelnen
Seiten der Entwickelung des Kulturlebens sind bei allen Völkern und allen Haupt-
stadien ihrer Geschichte in großer Reichhaltigkeit vorgeführt — und darum im Ein-
zelnen selbst mehr skizzirt als ausgemalt. — Mag sein, daß hie und da noch schärfer
sich sondern und sichten ließ, — aber Zeiß bricht auch überhaupt in dieser Art der
Auffassung erst Bahn, und sowohl klare Darstellung, als unpartheiische
Beurtheilung, umfassende und gründliche Kenntniß, wie Gewandt-
heit, das Kulturbild ans das politische Lebensbild zu stützen, sind
ihm gerechter weise nicht abzusprechen. Wie speciell den äußeren Aeuße-
rungen des Kulturlebens nachgegangen wird, das kann schon der flüchtige Blick in
das detaillirte Jnhaltsverzeichniß darthnn. Man muß die Arbeit freudig
als gelungen anerkennen, und sie für einen wichtigen Commentar
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
9
Das westlich von der römischen Provinz Afrika gelegene Nu-
midien wurde von Cäsar unter dem Namen Nenlibyen zur römi-
schen Provinz gemacht. Das westlich von Numidien bis zum at-
lantischen- Ocean sich erstreckende Mauritanien wurde 33 v. Chr.
römische Provinz, Nachdem beide Länder noch einmal auf kurze
Zeit unter einen einheimischen Fürsten, Juba Ii., gestellt worden
waren, wurde unter Claudius das ganze Nordafrika in vier römi-
sche Provinzen eingetheilt, Proconsulakis, Numidia, Mau-
ritania Cäsar iensis und Mauritania Tin gitana. Das
östliche Mauritanien, Cäsariensis, war besser bebaut und bevöl-
kert, als das westliche, Tingitana. In letzterem, dem eigentlichen
Gebiete des Atlas, wimmelte es von wilden Thieren, und zu den
Einwohnern hatte die Gesittung nur wenig Eingang gefunden. Auch
in der Römerzeit blieb ohngeachtet der Menge von Städten, die
hier gegründet wurden, das eigentliche alte Mauritanien weit hin-
ter der Provinz Afrika zurück. In dem östlichen Mauritanien hatte
schon Augustus viele Kolonien gegründet. Später hatte sich die
Zahl der Städte so vermehrt, daß 170 derselben als christliche Bi-
schofsgemeinden gezählt wurden. Allerdings waren dies großcntheils
geringe, zum Schutze gegeu die Nomaden mit Mauern versehene
Orte. Das westliche, ursprüngliche Mauritanien erhielt seinen Na-
men Tingitana von der uralten Stadt Tingis (Tanger), die unter
Claudius Kolonie und Hauptort wurde. Wenn schon in der Pro-
vinz Afrika die Barbaren nicht sellen Ueberfälle versuchten, so wa-
ren die Mauren des Atlas noch weit feindseliger; sie störten mehr-
mals den Frieden und wagten sich unter Mark Aurel sogar nach
Spanien, das sie weit und breit verwüsteten. Viele Ruinen be-
weisen, daß in Mauritanien römische Bauten, Paläste, Tempel,
Wasserleitungen, Triumphbogen, Villen und stattliche Heerstraßen
in Menge vorhanden waren. Daß die lateinische Sprache dort
gang und gebe war, ist außer Zweifel; ein gewichtiges Zeugniß
geben die Acta der christlichen Kirche Nordafrika's; ob im Munde
des Volkes sich, die alte Sprache der Mauren erhalten hat, ist
schwer zu sagen. Wie den römischen Provinzen in Afrika die Le-
benskraft durch beständige Angriffe der freien Mauren des Gebirges
und des Saumes der Wüste verkümmert wurde, so behielt auch das
Latein der Romano-Afrikaner in ihren Schriften etwas Fremdarti-
ges, Schwülstiges, dem Himmel und den natürlichen Erzeugnissen ih-
rer Heimath Verwandtes, mit einem Worte Afrum quoddam. Den-
noch war es den Mauren bei dem Verfall des römischen Reiches
nicht beschiedeu, sich über Naubaufälle und Verwüstung hinaus in
ihrem Stammlande wieder geltend zu machen; hier lag eine reiche
Ernte bereit für den Islam und die arabische Sprache.
Die pyrenäische Halbinsel, das jetzige Spanien und Por- D-c
tugal, war in ältester Zeit von dem Volksstamm der Iberer be- id)C
wohnt, von dem sich noch ein Rest in dem kleinen Volk der Bas-
ken im nördlichen Spanien erhalten hat. Aber schon in sehr alter
Zeit hat sich in einem großen Theil Spaniens der Stamm der
Iberer mit Kelten gemischt und dadurch dem Namen der Keltiberer
seinen Ursprung gegeben. Diese iberische und keltiberische Urbe-
pyrenäl
Halbin
sel.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
TM Hauptwörter (100): [T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
Extrahierte Personennamen: Cäsar Cäsar Claudius Cäsar Augustus Claudius_Kolonie
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Numidien Juba Nordafrika Numidia Afrika Tanger Afrika Spanien Afrika Spanien Bas- Spanien
20
den oft längere Zeit im Amte, und das verminderte deren Geiz
und Herrschsucht, da sie ihre Plane nicht im Raume eines Jahres
zu erreichen genöthigt waren. Auch erlosch im Gemüthe der Kaiser
die den römischen Edlen eigene, alles Fremde verachtende Gesin-
nung. Schon Claudius scheint Gallier fast eben so sehr wie Rö-
mer begünstigt zu haben. Die Kaiser fühlten sich, im Gefühle ihrer
Macht, über Einheimische eben so wie über Fremde erhaben. Die
Lage der Provinzen unter den Kaisern kann jedoch nur verglei-
chungsweise mit dem, was sie unter der Republik erfahren, eine
glückliche genannt werden. Sie wurden, einzelne Fälle ausgenom-
men, nicht mehr mit der systematischen Willkür und Grausamkeit
wie früher behandelt, litten aber an allen Mängeln, von denen
Rom selbst erdrückt wurde. Die Veränderung bestand nur darin,
daß sie früher von einer harten, ausschließenden Aristokratie, jetzt
von einem alles auf gleichem Fuß behandelnden Despoten beherrscht
wurden. Rom wandelte nicht mehr, wie sonst, über ihre Häupter
hin, sondern lag mit ihnen zugleich am Boden und erfuhr dasselbe
und noch mehr Ungemach als sie.
Die größeren gallischen Ortschaften, in denen zur Zeit der na-
tionalen Unabhängigkeit die politischen Versammlungen der einzel-
nen Stämme gehalten worden, die aber eigentlich nur große, durch
Flüsse, Sümpfe und Wälder geschützte Dörfer gewesen waren, ver-
wandelten sich jetzt, angeregt durch das Beispiel der besonders im
Süden von den Römern gegründeten Kolonien und der Niederlas-
sungen der in großer Menge herbeigeströmten italischen Staatspäch-
ter, Wechsler, Kaufleute u. s. w. in wirkliche Städte, nach-römi-
scher Art mit Mauern und Thürmen befestigt, mit Tempeln und
Palästen geschmückt. Auf den Marktplätzen prangten die Statuen
der Kaiser und ihrer Günstlinge, unter den Säulengängen wandel-
ten die griechisch und lateinisch gebildeten Aristokraten des Landes,
in der Vorhalle des Tempels opferte der Priester dem Jupiter, dem
Apollo, der Diana und in der Curie boten, von einer neugierigen
Menge umgeben, die Decurionen die Uebernahme der Spiele des
Cirkus und des Amphitheaters aus, untersuchten die Rechnungen
der Beamten und bestimmten die Summe, die jeder Bürger zur Er-
legung des Tributes an den kaiserlichen Schatz oder zur Bestreitung
der Gemeindelasten beizutragen hatte. In der Nähe der Städte lagen
die Landhäuser der Reichen, mit zierlichen, nach römischer Art ein-
gerichteten Gärten versehen, mit ihren Blumenteppichen, mit ihren
architektonisch zugeschnittenen Lauben und Gängen und mit ihren
Springbruunen. Hinter diesen Gärten begannen tiefe schattige Ge-
büsche, an deren Bäumen die zur Jagd bestimmten Netze hingen
und wo auf offenen Rasenplätzen die schönen gallischen Pferde, von
großen aus Britannien stammenden Hunden bewacht, weideten. Die
jungen Gallier gefielen sich im römischen Kriegsdienste. Die malerische
Kleidung und die glänzenden Waffen des römischen Ritters lachten
sie an, und die Ausdehnung des Reiches, das den damals bekann-
ten Erdkreis umfaßte, gab ihrem auf Abenteuer gerichteten Sinne
Gelegenheit, die fernsten Zonen und fremdesten Völker zu sehen.
In den bedeutenderen Städten und in deren Nähe war alles rö-
misch geworden, aber entfernt von ihnen und in den Gebirgen und
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Claudius Wechsler Diana
44
Die Volks-
versammlun-
gen.
sammlung der Sohn den Vater vertreten durfte, ist sehr zu bezwei-
feln. Wenn der Sohn ein Gut empfing, wurde er ein Glied der
Gemeinde. Eine Theilung des väterlichen Gutes unter mehrere
Söhne war, wie es scheint, nicht verwehrt, und so mußte sehr bald
die ursprüngliche Zahl der Hufen im Dorfe, der hundert in der
Hundertschaft überschritten sein. Das Wort Hundertschaft verlor
seine ursprüngliche Bedeutung und wurde zu einer allgemeinen Be-
zeichnung umgewandelt. Eine weitere Gliederung der Hundertschaft
in kleinere Abtheilungen ist nicht anzunehmen. Es wird zwar der
Decanus als ein Beamter geringeren Ranges als der Oeutenarius
erwähnt; doch ist damit noch nicht eine Eintheilnng des Landes und
Volkes in Zehentschaften bewiesen. Eine höhere Einheit aber faßte
die Hundertschaften zusammen, und dieses war die Völkerschaft
und der Gau. Die großen deutschen Stämme, deren wir vier
zählen, als sie zuerst in der Geschichte auftreten, bestehen aus ei-
ner größeren Anzahl solcher Völkerschaften, deren jede eine Ge-
meinde bildete, einen Gau bewohnte, einen eigenen Namen führte.
Diese Namen sind es, welche die Geographen, besonders Ptole-
mäns, aufgezeichnet haben, und sie sind auch später nicht ganz ver-
schwunden. Es gab auch umfassendere Namen, welche mehrere un-
ter sich näher verwandte Völkerschaften zusammen bezeichneten. Die
Völkerschaft bezeichnet Tacitus mit dem Worte civitas, die Hun-
dertschaft durch pagus, das Dorf durch vieus. In der Regel wer-
den in einer Hundertschaft sich mehrere Dörfer, vici, befunden
haben.
Die politische Macht besaß die Gemeinde, deren Versammlung,
das Thing, alles Recht und alle Herrschaft in sich vereinigte, von
der alle Gewalt ausging. Jede Hundertschaft, aber auch jeder Gau
hatte seine Versammlung. Die Versammlung der Hundertschaft
war für den kleineren Kreis ganz dasselbe, was die des Gaus für
die Völkerschaft war. In der Versammlung kamen alle öffentlichen
Angelegenheiten zur Sprache, es wurden die Obrigkeiten gewählt,
Streitigkeiten entschieden und Bußen erkannt; auch fand in dersel-
den die Wehrhaftmachung der Jünglinge statt. Ob es bestimmt
war, welche Sache in der Versammlung des Gaus und welche in
der Hundertschaft zu verhandeln war, ist schwer zu sagen. Wenn
zwischen Mitgliedern verschiedener Hundertschaften gestritten wurde,
stand gewiß der Gauversammlung die Entscheidung zu, ebenso wenn
es sich um Lebensstrafen handelte. Ueber Fragen des Eigenthums
kann gewiß auch die Hundertschaft gesprochen haben.
Es gab regelmäßige und unregelmäßige Versammlungen, wie
es später hieß, unge boten es und gebotenes Thing. Die re-
gelmäßigen Versammlungen richteten sich nach dem Mondwechsel,
so wahrscheinlich, daß mit jedem Neu- und Vollmond oder doch
einmal im Monat Versammlung war. Es waren oft harte Stra-
fen darauf gesetzt, wenn einer zu spät zur Versammlung kam. Alle
waren bewaffnet, und daher war das versammelte Volk zugleich
das Heer. Sobald es vereinigt ist, steht es unter dem Schutz der
Götter; der Thingfrieden, der Heerfrieden herrschen, und die höchste
richterliche Gewalt ist in der Hand der Priester. Diese wachen,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]