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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
geschossen; der übrige Teil der Herde macht Kehrt und ergreift die Flucht.
Das getroffene Tier steht trotzig da, augenscheinlich von Wut erfüllt und
doch unfähig zunl Angriff. Das Blut strömt ans den Nasenlöchern auf
deu grünen Grund, zornig blitzen die kleinen, feurigen Augen unter dem
buschigen Haar hervor. Ohne einen Laut von sich 511 geben, stirbt das
stolze Geschöpf.
Das Jagdglück ist uns günstig; nach nicht allzn langer Streife er-
blicken wir anch ein Rudel weidender Renntiere. Es ist Wild von
der Größe eines Damhirsches mit jetzt braungrauem (im Winter weißem)
Felle und starkem, an der Spitze handsörmigästigem Geweih. Aber wie
plump und unschön sind diese Geschöpfe im Vergleich zu unserem stolzen
Edelhirsch! Wie ungelenk sind alle ihre Bewegungen! Wir sind ihnen,
durch den Wind begünstigt, ganz nah gekommen und hören nun bei jeder
Bewegung der so nützlichen Geschöpfe jenes höchst eigentümliche Knacken,
das den Fremdling, der zum ersten Male in die Nähe einer Renntier-
Herde kommt, nicht wenig in Erstaunen setzt. Jetzt giebt einer unserer
Begleiter ein Zeichen — donnernd entladen sich die Gewehre, und drei
der Geweihträger wälzen sich sterbend am Boden, indes die übrigen
flüchten. Erfreut eilen wir hinzu, dem Todeskampfe der Getroffenen
schnell ein Ende machend.
„Eine gute Jagd," rufen die Dänen einander fröhlich zu, und be-
lehren uns auf unsere Frage, daß das Fleisch des Tieres einen überaus
wohlschmeckenden Brateu liefere, während sich das Fell vortrefflich zu
Bettvorlageu und ähnlichen Dingen eigne.
„Schade," meint der alte Warfredfon halb ärgerlich, „daß ans so
schauerliche Art von deu Eingeborenen gegen die Remitiere gehaust wird!
Sonst wurden jeden Sommer 19—20 000 Stück auf den Markt gebracht,
es gab köstliches Wildpret in Menge. Jetzt erlegen die Eskimos in
Mittelgrönland zuweilen in einem Jahre nur noch 20—80 Stück. Die
Thoren töten das treffliche Wild nicht selten nur aus Vergnügen oder
der Zunge wegen. Im Süden sind die Tiere noch häufiger, namentlich
in den Thälern, die von den Fjords, aufwärts ziehen. Sie haben sich
aber iu Menge nach der Ostküste zurückgezogen, weil sie dort von ihrem
größten Feinde, dein Menschen, weniger zu leiden haben."
„Wie mag's wohl kommen, daß die Eingeborenen das Renntier
nicht gezähmt haben, wie es die Lappen mit bestem Erfolge thun?"
fragen wir.
„Es würde ihnen gezähmt wenig nützen," lautet die Antwort des
freundlichen alten Herrn. „Das Tier kommt nämlich anf dem Eise nicht
gut fort, auch würden die Eskimos bei ihren Reisen anf dem Eise Not
haben, Futter für die Rens zu fchaffeu. Wenn Sie den Winter über in
Grönland bleiben, werden Sie erkennen lernen, daß sich der Hund viel
besser zu Schlittenfahrten auf dem Eise eignet. Übrigens wird eine höchst
eigentümliche Liebhaberei der Eskimos Ihre Aufmerksamkeit noch erregen,
^ie essen das magere Fleisch des Renntiers sehr gern in fauligem Zu-
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TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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swnde, und als ein ganz besonders leckeres Gericht gilt ihnen — der
Halbverdante Inhalt des Magens mit Walfischspeck. Aus der Hant und
den Sehnen bereiten sie sich Kleider und Zwirn, ans bent Geweih machen
sie allerlei Werkzenge."
Um mancherlei interessante Anschauungen reicher, kehren wir mit den
Jägern heim; inzwischen herzugekommene Eingeborene bringen, geschwätzig
und lebhaft wie Südländer, die Beute nach der Niederlassung.
Am nächsten Tage entsteht ungewöhnliches Leben am Strande: ein
Schiff ist angekommen; das bedeutet ein großes, seltenes Ereignis in diesen
einsamen, weltfernen Gegenden, in denen sogar der dänische Gouverneur
seine amtliche Zeitnng ein Jahr zu spät erhält. Aus allen Richtungen
strömen die Eingeborenen dorthin, den unerwarteten Bestich anstaunend.
Langgezogenes Hundegeheul, wie es nur der Eskimohund hervorzubringen
vermag, begrüßt die Ankömmlinge. Dann erklingt ein wildes, seltsames,
süß^tranriges Willkommlied der Eskimos, das, obwohl die Worte un-
verständlich sind, den Fremdling doch immer ties rührt.
Geduldig, von brennender Neugierde geplagt, bleiben die Eskimos,
Männer, Frauen und Kiuder, deu langen Vormittag am Ufer stehen, alle
Bewegungen des Schiffes und der Mannschaft mit größtem Staunen be-
trachtend. Zum Strande hinabschlendernd, betrachten wir sie uns genau.
Frauen und Männer sind fast vollkommen gleich gekleidet, sodaß man die
Geschlechter in der Kleidung nur sehr schwer unterscheiden kann. Sie
tragen Beinkleider aus Seehuudsfell, Jacken aus Remitier- oder Robben-
fell und wasserdichte Stiefel. Eine große Kapuze verhüllt de» Kops. Im
Winter verdoppeln sie diese Gewandungen und trotzen dann der grimmigsten
Kälte. Aus den Därmen der Robben- und Walrosse bereiten die Frauen
init großem Geschick wasserdichte Hemden; diese ersetzen jetzt, im heißen
Sommer, die schweren Überkleider und leisten den Leuten bei ihrer sast
amphibischen Lebensweise treffliche Dienste. Die Statur der Eskimos ist
nicht groß, aber zwerghast sind sie nicht; sie sehen nur deswegen ver-
hältnismäßig klein ans, weil sie ziemlich beleibt find und sehr dicke, schwere
Gewandung tragen. Die Hantfarbe ist dunkelgrau oder dunkelbraun, die
Gesichter sind breit, haben stark entwickelte Backenknochen und meist plnmpe,
selten hübsche Formen. Das Haar ist schwarz, die Augen sind dunkel
und schief geschlitzt, der Bartwuchs ist bei allen Männern schwach. Der Körper-
bau ist bei allen stark und fest, der Rumpf ungemein breitschulterig.
Thatsächlich gebieten diese Nordlandssöhne, obwohl sich ihre Muskeln
weich anfühlen, über eine gewaltige Körperkraft, sodaß sie in dieser Hinsicht
alle anderen Ureinwohner Nordamerikas übertreffen. Manche dieser unter-
setzten Männergestalten könnten dreist mit dem Eisbären oder dem Wal-
roß ringen. Auffallend ist die Kleinheit der wohlgebauten Hände und
Füße, der ersteren namentlich deswegen, weit sie zu recht anstrengenden,
harten Arbeiten gebraucht werden. Ihrer Hantfarbe, ihrem üppigen, pech-
schwarzen Haupthaar, ihrer Lebhaftigkeit und Geschwätzigkeit wegen könnte
man diese Kinder des hohen Nordens fast für Südländer halten. Ein
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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I.
Im Hohen Worden.
Um die hehre Majestät, aber auch die grausigen Schrecknisse der
Polarwelt kennen zu lernen, denken wir uns auf ein seetüchtiges Schiff
versetzt, das dein fernen Grönland zusteuert.
Lustig streicht unser Fahrzeug durch die blauen Fluten; die Farbe
der reinen, durchsichtigen Wasser verrät uus, daß wir uns noch im Ge-
biete des warmen, für unsern Weltteil so überaus wichtigen Golfstromes
befinden. Weiter, rastlos weiter dringt das Schiff nach Nordwesten.
Allmählich ändert sich die Färbung des Wassers, bis sie endlich in ent-
schiedenes Grün übergeht. Der erfahrene Kapitän belehrt uns, daß wir
in den Bereich einer von Nordeu, also aus der Polnrwelt, kommeudeu
Strömung geraten sind. Die schmutziggrüne Färbung rührt vorwiegend
von einer Unzahl winzig kleiner, mit dem bloßen Auge gar nicht wahr-
nehmbarer Algen und niederer Tiere her; der freundliche Befehlshaber
läßt eine Portion davon auffischen, und leicht erkennen wir, daß jene
niederen Pslauzeugebilde eiueu üblen Geruch verbreiten und schleimige
Beschaffenheit besitzen. Uberraschend schnell ist der Wechsel in der Wasser-
farbuug vor sich gegangen; aus blauein Wasser gelangten wir in oliven-
grünes, dann in blaßgrünes. Im Bereich des Golfstroines zeigte das
ins Wasser gehaltene Thermometer noch 4° Wärme, hier, im eisigen
Polarstrom, kündet der Wärmemesser nur uoch 0° Wassertemperatur.
Da ruft der Mann im Mastkorbe plötzlich: „Segel ahoi!" und
deutet mit dem Zeigesinger der ausgestreckten Rechten nach Nordwesten.
Es ist bereits so furchtbar einsam in diesen Gebieten, wir haben uns
schon so an das Gefühl ungeheurer Entfernung von menschlichen Wesen
gewöhnt, daß wir den Kapitän fragend ansehen. „Sicher ein Walfisch-
fänger", erklärt der alte Seebär. „Treiben sich gerne in diesen Gegen-
den herum. Sind hier die besten Jagdgründe auf das Riesenwild."
Er giebt sodann mit ruhiger Stimme Befehl, ans das einsame Schiff
zuzusteuern. „Ist jetzt nicht viel mehr von Walen hier zu sehen," erzählt der
wackere Kapitän. „Gab eine Zeit, da fuhren jedes Jahr von Bremen
mehr als zwanzig, von den Weser- und Elbhäfen insgesamt zwischen
fünfzig und sechzig stattliche Schiffe iu die nördlichen Gründe ans und
erlegten vier- bis fünfhundert der specktragenden Ungeheuer. Vou
1770—90 brachten deutsche Schiffe 'die Ausbeute vou 2200 Walen heim.
Haben sich durch unvernünftige, rücksichtslose Allsnutzung selbst den
Klcinschm idt, Lebensbildern. i
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
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— 64 —
will, wie verschieden die Gegenden in Britifch-Nordamerika sind, der nmß
einmal nachlesen, wie die 4300 Zähler ihr Geschäft in dem ungeheuer
großen Ranme besorgten. An der Westküste reisten sie auf einem Dampfer,
der in alle Einschnitte einlies und alle bewohnten Inseln besuchte; die
zerstreuten Ansiedlungen in den Felsengebirgen wnrden aus Saumtieren
aufgesucht; ins Saskatschewan fuhren die Zähler auf Hundeschlitten. Ander-
wärts, wie an der Hndfonsbai, wurde die Reise in Kanoes vorgenommen;
hier im weiten Manitoba kamen die Männer teils zu Fuß, teils zu Pferd,
teils auf Booten nach den einzelnen Farmen. Einer, der sich in den noch
nnbesiedelten Gegenden verirrte, konnte fein Leben nur dadurch retten, daß
er sein Pferd schlachtete und dessen Fleisch aß."
Wir lächeln; unser Wirt aber erklärt zuversichtlich: „Bald werden
solche Dinge in Manitoba undenkbar fein. Die Regierung thut alles, um
Ansiedler nach dem Westen zu ziehen, und die Natur wird für das Weitere
sorgen. Wir haben hier alle europäischen Nutzpflanzen mit den: trefflich-
sten Erfolge angebaut. Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, Kartoffeln und
Runkelrüben gedeihen vorzüglich; Gemüse und Obst erreichen jene Größe,
durch die Sie vorhin in das größte Erftauueu versetzt wurdeu. Wir
besitzen viel und ausgezeichnetes Milchvieh, kleine, aber kräftige und aus-
dauernde Pferde. Rinder, Schafe und Schweine zählen nach vielen Mil-
lionen, und des Geflügels ist überall eine unendliche Menge vorhanden,
ja es mögen auch bereits mehrere Hunderttausend Bienenstöcke gezählt
werden. Kurz, es ist ein reiches und gutes Land mit einer vortrefflichen
Regierung."
Ganz erfüllt von dem günstigen Eindrucke, deu uns die Farm des
gutherzigen, biederen Landsmannes machte, nehmen wir von ihm, seiner
freundlichen, frischen Frau und deu blondhaarigen, blauäugigen Kindern
Abschied und setzen unsere Reise mit der kanadischen Pacificbahn nach
Westen hin fort. Der Zug führt uns durch schier endlose Strecken frucht-
bareu Steppenlandes, dann in eine einförmige, bäum- und stranchlose
Ebene mit vielen Salzlaguueu; diese trübselige Gegend ist dem Anbau
wohl sür immer verschlosfen. Am Ostabhange der Felsengebirge nimmt
die Landschaft wieder ein freundlicheres Aussehen an; sie zeigt mehr
Pflanzenwuchs und bildet die Region der Viehweiden, den Distrikt
Alberta. Die südliche Hälfte dieses Gebietes zeigt einen außerordentlich
üppigen Graswuchs, weshalb die amerikanischen Viehzüchter in Dakota
und Montana Strecken bis zu 250 Quadratkilometer Flächeninhalt von
der canadischen Regiernug pachten, um ihre Herden darans weiden zu
lassen. Aber auch viele Engländer und Schotten halten ansehnliche
Herden in diesen Gebieten. Als Hirten treffen wir die „Cowboys" )
(wörtlich: Kuhjungen), muntere, wilde, verwegene Gesellen, die aus Texas,
Nebraska, Dakota und Montana herzugeritten sind, um ihre halbwilden
Pflegebefohlenen unter Aufsicht zu nehmen.
*) Sprich: Kaubeu.
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Extrahierte Ortsnamen: Britifch-Nordamerika Manitoba Manitoba Alberta Montana Texas Nebraska Montana
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— 65 —
Einsam reiten wir durch die endlosen Weidegründe; öde liegt die
Gegend um uns her, kein Städtchen, keine größere Ansiedlung winkt gast-
lich in der Ferne, dem Ermüdeten Ruhe verheißend nach langem Ritt int
Sonnenbrand. Da stoßen wir auf eine Herde weidender Rinder; berittene
Cowboys bewachen die knochigen, scheuen Tiere. Es sind trotzige, toll-
kühne Burschen in Lederwams und Lederbeinkleidern; auf dem Kopse sitzt
der breitkrempige Mexikanerhut, an den Füßen sind gewaltige Sporen
befestigt, um den Leib haben sie den breiten Patronengürtel geschnallt,
und keinem fehlt der in solcher Öde unentbehrliche Revolver. Sie
beantworten unsern Gruß nicht unfreundlich, aber wortkarg und zurück-
haltend. Sobald wir aber anfangen, ihre erstaunliche Sicherheit und
Geschicklichkeit im Reiten, im Einsangen der Tiere mit dem Lasso, im
Zusammentreiben der Herde ausrichtig zu bewundern, werden sie warm,
munter und zutraulich. Großmütig und gastfreundlich, wie fast alle
Hirten der Steppe, laden sie uns ein, in ihrem Ranche*) zu übernachten
und uns dort an Speise und Trank zu stärken. Dankend nehmen wir
das Anerbieten an; im Nu ist die Herde zusammengetrieben, und nun
geht's in wildem Lause auf den Unterschlupf zu. Endlich taucht der
Ranche vor uns auf: ein roh gezimmertes Blockhans, das auf eiuer
niedrigen Bodenerhebung am Ufer eines Flusses liegt, unfern davon zwei
andere, ebenso einfache Gebänlichkeiten. Wir halten vor dem größeren,
aus dem der Aufseher über die Herde getreten ist; kurz, aber freundlich
heißt er uns willkommen. Die Hirten begeben sich in das zweite Gebäude,
während im dritten eine Anzahl wertvollerer Pserde Unterknnst findet.
Ein weibliches Wesen, das die Haushaltungsgeschäfte beforgen könnte, ist
nicht vorhanden; die Männer müssen sich in allem selber helfen. Und
die derben Bursche thun das, ohne viel nach dem Wie? zu sragen. In
ihrer gutgemeinten, aber ungeschlachten Weise bewirten sie uns mit dem
Besten, was sie haben: Fleisch, Fisch, Früchten, alles in Blechbüchsen
eingekocht; selbst Milch und Butter kommen in solchen Behältern aus der
Union herüber. Abends erzählen die wilden Gesellen dann von ihrem
eigentümlichen, an Strapazen und Gefahren reichen Leben, auch von den
Aussichten, die den Viehzüchtern in Alberta zur Zeit beschieden sind.
„Sieht noch windig damit aus, Fremder," schließt der bejahrte Aufseher.
„Können uoch gar zu wenig Vieh nach dem Osten verkaufen, wird aber
mit der Zeit gewiß besser werden."
Am nächsten Morgen eilen die Cowboys mit ihren Herden wieder
auf die Prairie hinaus, wir aber kehren zur Eisenbahn zurück. Noch
haben wir 960 Kilometer vom Fuße der Rocky Mountains bis zur
Küste des Stillen Oeeans zurückzulegen. Keuchend und stöhnend arbeitet
sich das Dampfroß durch die wilden Berggegenden hindurch. Unglaublich
kühne Felsbilduugeu, fcharfe Zacken, scharfkantige Pyramiden, trotzige
*) Gesprochen: Rehndsch (vom Spanischen ranelio-Hütte),
Klcinschmidt, Lebensbilder :c. 5
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Immer unruhiger wird das Eis, immer wilder fegt der Sturm von
Norden daher; vor seiner Gewalt beginnen die Eisfelder zu bersten und
mit furchtbarer Wucht gegeneinander zu drücken. Das Klirren, Krachen,
Tönen und Rauschen, das bei dem Aufeinandertreffen der kolossalen,
meilenweiten Eismafsen, bei ihrem Bersten und Spätren entsteht, ist sinn-
verwirrend. Keine Worte vermögen die Furchtbarkeit dieses Aufruhrs zu
fchilderu, dessen Schrecklichkeit nur bei dem Ausbruche eines Vulkans
ähnlich wiederkehrt.
Der „Albatros" bebt und stöhnt unter der Pressung durch das Eis
und wird langsam von den drängenden Massen ausgehoben. Sorgenvoll
stehen wir auf dem Verdeck, die Gesichter mühsam gegen den kalten,
feinen Schnee schützend. So erwarten wir den Polarwinter mit seinen
Schrecken und seiner erhabenen Herrlichkeit, immer schwankend zwischen
Furcht und Hoffnung — der Furcht, das gute Schiff werde zerquetscht
werden und versinken, und der Hoffnung, das Eis werde sich beruhigen,
der „Albatros" verschont bleiben und uns im beginnenden Frühjahre die
Rückkehr in glücklichere Gegenden ermöglichen.
Wie furchtbar der Polarwinter ist, erkennen wir deutlich au den
Wirkungen der Kälte auf uns selber und auf die mancherlei Dinge, deren
wir zum Leben benötigt sind. In das erforderliche Polarkostüm gekleidet,
unternehmen wir einen kleinen Spaziergang. Das Thermometer zeigt
220 Kälte nach Reanmür. Steif kommt der Wind aus Norden; wir
schließen die Lippen vorsichtig und atmen nur durch die Nase. Die Lust
ist schneidend scharf und trocken. Bart, Augenbrauen, Augenwimpern be-
kommen eine zarte, weiße, vollkommen einhüllende Decke. Am Schnurr-
bart und an der Unterlippe bilden sich baumelnde Perlen von Eis. Wir
strecken die Zunge nur ein wenig heraus, und sofort friert sie an diese
eisige Verzierung au. Schleunigst müssen wir nns unter Zuhilfenahme
der Hand bemühen, sie wieder loszubekommen. Das ist zugleich eine
Warnung, sich vor dem Sprechen möglichst zu hüten. Auch die Augen-
lider auf einige Zeit zu schließen, ist gefährlich, denn unter der Ein-
Wirkung des Frostes werden sie fest zusammengeeist. Wir haben zwei
Paare dicker wollener Fausthandschuhe angezogen; trotzdem fühlen wir,
wie das Eisen an unseren Gewehren durch sie hindurch zu wirken beginnt
und eine Empfindung hervorruft, wie wenn wir heißes Wasser anfühlteu.
Bisher gingen wir mit dem Winde, wurden dabei warm und begannen
sogar zu schwitzen. Jetzt wenden wir uns gegen die Luftströmung und
bemerken eine sehr unerfreuliche Veränderung. Weggeblasen ist alle Aus-
dünstung, schneidend rinnt die Kälte am Nacken herunter und dringt in
die Taschen der Gewandung ein. Das kaum noch warme Messer in der
Hosentasche ist plötzlich so kalt geworden wie Eis und fühlt sich doch wie
Feuer an. Eine lähmende Betäubung überkommt uns; wir eilen, nachdem
wir beide Backen erfroren haben, auf dem Eise nach dem Schiffe zurück,
froh, die Gefährten überhaupt wieder zu erreichen.
Wie anf den Menschen, so wirft die furchtbare Kälte auch auf alle
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— 68 —
Unsere Gefährten sind „Halfbreeds" *), Mischlinge; ihre Väter
waren französische Canadier, ihre Mütter Indianerinnen; wohl 20 000
solcher Mischlinge leben in den weiten Gebieten zerstrent. Die Männer-
alle sind mittelgroß, ihre Hautfarbe spielt ins Kastanienbraune. Ihre
Gestalten siud stark und knochig; das schlichte, straffe Haar, ein Erbteil
der roten Rasse, reicht bis zum Halse herab. Die Augen blickeu schlau
und doch offeu; ihre Kleiduug ist zweckmäßig und höchst malerisch; eine
Pelzmütze bedeckt deu Kopf, ein mit Stickereien und Lederriemeu reich
verziertes Wams den Leib; die Beine stecken in Lederhosen, die Hände
in Pelzhandschuheu. Keinem fehlt das treue Gewehr, das scharfe Jagd-
messer im Gürtel. Mächtige Schneeschuhe an den Füßen vervollständigen
die Ausrüstung.
Die beständigen Nachstellungen haben die Pelztiere in die ent-
legensten Gegeudeu zurückgescheucht; doch die Trapper folgen ihnen Hun-
derte von Stuudeu in die grausigsten Einöden. Das eleude Dorf aus
Blockhäuferu verlassend, eilen sie mit ihren Hundeschlitten in den arktischen
Frost hinaus. Die Zugtiere siud gewöhnliche Judiauerhuude; unähnlich
ihren Brüdern bei deu Eskimos, lassen sie sich nur schwer ans Ziehen
gewöhnen. Aber die halbblütigen Pelzjäger zwingen diese Köter nach und
nach durch entsetzlich grausame Behandlung doch dazu, deu verlangten Dienst
zu leisten. Granenhaft kalt pfeift die Luft über die Öde, m die wir
hinausgezogen werden; auf dem dünnen Boden unseres Schlittens aus-
gestreckt, ist es uns, wie wenn wir auf einem Betttuche über einen Kies-
weg geschleift würden; jeder feste Gegenstand, den wir anfassen, brennt
wie Feuer in der Hand; abends, wenn in geschützter Felsbucht gerastet
wird, geriuut der heiße Thee, währeud wir ihn trinken. Die dicke Pelz-
kleiduug schützt uns einigermaßen gegen die Wirkung der 30° Kälte, so
lange die Lnft still ist und wenn wir, uuseru farbigen Begleitern gleich,
neben den Schlitten mit den Hunden um die Wette traben; aber jetzt
erhebt sich der Wind; wie ein hungriges Raubtier rast er heuleud über
die entsetzliche Öde, daß wir meinen, das Herzblut müsse uns im tötenden
Froste gerinnen. Einen „Pulvertag" ueuuen unsere Gefährten diese
erheiternde Abwechselung. Doch schlimmer noch kommt es an gewissen
sonnigen und windstillen Tagen; eben kneipt es in der Nase — da ist
sie auch schon erfroren; wir geraten in Besorgnis um unsere Wangen
und erheben die Hand, um die unheimlichen weißen Flecke von ihnen
wegzureiben — und im Nu sind die Finger erfroren. So viel wir auch
reißen — die weißen Flecke werden größer und größer, bis endlich das
ganze Gesicht mit wachsartigem Aussatze bedeckt ist. Die Halbiudiauer
sind an solche Unbilden der Witterung gewöhnt und wissen sich auch besser
gegen sie zu schützen. Gleichen Schritt mit dem Schlitten haltend, rennen
sie ungeheuer große Strecken neben ihm her. Wunderbar ist's, was
sie mit ihren französischen Flüchen bei den Schlittenhunden auszurichten
*) Sprich: Hasbrihd! (wörtlich: Halbbrut, Halbrasse).
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Inhalt: Zeit: Geographie
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— 73 —
Auf unsere Frage nach diesen roten Kindern der Natur erzählt
uns der Befehlshaber abends im gemütlich warmen Zimmer, daß noch
etwa 120 000 Ureinwohner in Britisch-Nordamerika vorhanden sind, daß
aber ihre Zahl beständig in unerklärlicher Weise abnimmt. Nur etwa
20 000 davon sind ansässig, die übrigen ziehen als wilde oder halbwilde
Jäger und Halbnomaden umher. Die seßhaften sind klägliche Überreste
der einst so mächtigen und kriegerischen, durch Coopers Romane be-
kannten Algonqnins, Hnronen und Irokesen. In den weiten
Wäldern an der Hudsons-Bai leben ungefähr 10000 Indianer von
Jagd und Fischfang; bandenweise umherziehend, schlagen sie bald da,
bald dort ihr Lager auf.
„Erstaunlich ehrlich sind einzelne Stämme am Wollaston- und
Athabasea-See, sowie am Mackenziestrom," erzählt unser Wirt
weiter. „In jenen eisigen Gegenden unterhält unsere Gesellschaft keine
ständigen Handelsposten. Von Zeit zu Zeit schicken wir aber Waren-
senduugeu in die Blockhäuser, die da und dort errichtet sind. Die Rot-
häute kommen nun ab und zu an die ganz verlassenen Posten, bringen
ihre Pelze und Felle darin unter, nehmen gewissenhaft so viel an Schieß-
bedarf, Decken und Lebensmitteln, wie dem Wert ihrer Ware entspricht;
dann verlassen sie das Blockhaus und schließen den Eingang sorgsam
zum Schutz gegen wilde Tiere. Kräftige Stämme Haufen in den Prairieen
am Fuße des Felsengebirges, so die Blutindianer, die Sionx, die
Krähenindianer, die mächtigen, überaus kriegerischen Schwarzsüße.
Sie sind fast beständig auf dem Kriegspfad gegeneinander und reiben
sich so gegenseitig aus. Der Bau der großen Pacisic-Eisenbahn hat daran
nichts geändert, obwohl sie mitten durch ihre Gebiete hindurchführt. Es
fiud große, starke, wohlgebaute Leute von jenem Schlage, wie wir sie
aus unserer Jünglingszeit durch Coopers Romane kennen. Ich war
mehrere Jahre in Grenzsorts thätig und lernte sie im Handelsverkehr
genau kennen. Dort finden wir noch Gestalten, wie sie nns in unserer
Jugend durch die Lederstrumpfgeschichten vertraut wurden: phantastisch
geschmückte Krieger mit klugen Gesichtern, blitzenden Falkenaugen, kühn
gebogener Adlernase. Ihre mit Glasperlen und Lederstreifen reich ver-
zierten Hemden aus Büffelleder, ihre Ledergamaschen, ihre Mokassins,
ihr malerischer Federschmuck in den Haaren, ihre Umhänge aus vorzüglich
gegerbter weicher Büffelhaut kleiden sie vortrefflich. Die Frauen tragen
kurze Lederrocke, die von breiten, mit Messingknöpfen besetzten Gürteln
festgehalten werden; auch der übrige Teil ihrer Kleidung besteht aus
Fellen; lang wallt ihnen das straffe, glänzend schwarze Haar ans den
Rücken hinab. Diese Wilden hausen noch nach Art ihrer Väter im spitz
zulaufenden Zelt aus Büffelfell, deffen Wandungen mit Bildern von Adlern,
Schlangen, Elentieren und Büffeln bemalt sind. Nur zwei ganz herab-
gekommene Stämme wohnen in armseligen Leinwandzelten. Ein sonder-
bar wildes Aussehen erhalten Männer wie Weiber dadurch, daß sie sich
Wangen, Stirn und Nasenrücken grell mit Zinnober bemalen. Den
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
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beladen, die Flüsse fest zugefroren; der Wasserfall hängt starr an der
Felswand, die Eingänge der Grotten und Höhlen hat der treibende Schnee
verweht. Das Elen- und Renntier streifen hungernd nach Nahrung, be-
droht vom durch Hunger gereizten Bären, vom lauernden Lnchfe, der
ihnen von oben her auf den Nacken springt; die Milliarden der lärmenden,
ewig in Bewegung befindlichen Seevögel sind in wärmere Gegenden
gezogen. Noch öder ist die weite Ebene, in die wir, dem Aukon zu-
strebend, nun gelangen. Im Sommer fanden wir hier unzählige Seen
und Teiche, silbern blinkende Flüsse und Bäche. Danach sowohl wie nach
dem Stande der Sonne konnten wir uns beim Bestimmen der Richtung
zurechtsuchen. Jetzt bedeckt eine unendliche weiße Decke, einem riesigen
Leichentuche vergleichbar, auf Hunderte von Meilen hin ein Gebiet ohne
jede Spur von Erhöhungen; Land wie Wasser sind davon eingehüllt.
Gleichmäßig dehnt sich diese Decke nach allen Seiten hin bis zum Rande
des Horizontes.' Der Himmel ist sast immer in dichte graue Wolken-
schleier gehüllt und breitet sich wie eine einfarbige graue Glocke über der
unwirtlichen, unwegsamen Landschaft aus. Keine Spur einer Erhöhung
ist zu entdecken, so weit unser Auge auch schweifen mag. Die Höhe des
eigenen Körpers bildet deu höchsten Aussichtspunkt, und so können wir
denn, da die Erdoberfläche gewölbt ist, nach allen Richtungen hin nur
eine geringe Strecke überschauen. Kein Baum, uicht einmal ein Strauch
weist uns in dieser Öde den Weg, noch weniger lädt ein Hans zu will-
kommener Rast ein. Die flachen, ruudlichen Eskimohütten ragen nur
wenige Fuß über die Ebene hinaus, und oft genug kommt es vor, daß
sie vom Schnee einer einzigen Nacht vollkommen und ganz gleichmäßig
überdeckt werden. Um uns hier zurecht zu finden, bedürfen wir einer
ausgezeichneten Ortskenntnis und einer vorzüglich ausgebildeten Orien-
tierungsgabe, denn die halbverwehte Schlittenspur des Wanderers allein
giebt nns einen Anhalt zur Bestimmung der Richtung. Überdies wird
die kleine Fläche, die nnser Auge bei Tage zu überschauen vermag, an
gar vielen Tagen durch undurchdringliches Schneegestöber bis auf etliche
Schritte rings um den Schlitten her eingeschränkt.
Doch glücklich gelangen wir ins nächste Fort, erholen uns hier etwas
und dringen hierauf bis zur Behringsstraße und dem Kotzebuesund vor.
Und an dieser großen, schon zum Eismeer gehörigen Ausbnchtnng müssen
wir in der Wintereinöde erfahren, wie wenig die dort ansässigen Eskimos
das Ansehen der Regierung scheuen. Unablässig mit Beschwerden und
Gefahren aller Art riugeud, erlangen diese plump gebauten Männer eine
erstaunliche Kraft. Sie erkennen nur das Recht des Stärkeren an und
sind daher sehr geneigt, einen körperlich schwachen weißen Mann zu be-
trügen, ja zu berauben. Hier wie unter den Tinnehindianern können wir
uns nur durch fehr entschiedenes persönliches Auftreten schützen; breite
Schultern und kräftige Gliedmaßen sind diesen Wilden gegenüber der beste
Sicherheitsbrief. Eigentümliche Scheu haben sie auch vor dem Notizbuche
des Reisenden. Sobald man merkt, sie hegen die Absicht groben Betruges,
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her; wie in stummer Trauer schaut das einfache Kirchlein darauf nieder.
Die ganze Lust ist vom Geruch der faulenden Fische, die aus Gestelleu
an der Küste getrocknet werden, verpestet. Wir steigen ans Ufer, barfuß
laufende Kinder mit schmutzigen Gesichtern betrachten uns voll stumpf-
sinnigen Staunens; zerlumpte, müßige Weiber schwatzen unablässig von
Seefahrt und Stockfisch, von Tanz und Schiffahrt. Hier und in den
anderen Ortschaften an der Südküste wohnen 200 000 Menschen, die
ausschließlich vom Ertrag des Fischfanges leben. Neufundland kennt nur
zwei Jahreszeiten: Winter und Sommer. Der Frost beginnt sein Regiment
Mitte November und dauert bis ties iu den Mai. Wandern wir an
einem der zahlreichen Fjords landein, so merken wir schon nach wenigen
Meilen, daß das Klima im Innern wesentlich von dem an der Küste
verschieden ist. Hier, im Süden, wo sich die großen Fischbänke befinden,
sind schwere, nasse Nebel häufig und machen die Schifffahrt gefährlich.
Hunderte vou französischen, schottischen und amerikanischen Schiffen sind
angekommen, zunächst um im Frühjahre Robben zu „schlagen", dann nm
den Stockfisch zu saugen. Der Robbenschlag beginnt Ende Februar. Mit
einer Holzkeule auf der Schulter, woran gewöhnlich ein Bündel mit
Kleidungsstücken oder Wäsche baumelt, mit Harpunen und wohl anch
Flinten kommen die Jäger auf den Eisfeldern an. Durch Keulenschläge
ans Kopf oder Schnauze werden die jungen Robben getötet; bald bedecken
Hunderte, ja, Tausende von Seehundsleichen das Schlachtfeld; Taufende
der hilflosen jungen Tiere erwarten unter entsetzlichem Geschrei den Todes-
streich. Treu harren die Alten bei ihnen aus, ohne sie jedoch vor dem
Tode schützen zu können. Diese Schlächterei, die alljährlich mehrere
hunderttausend, ja, zuweilen eine halbe Million Hänte liefert, ist jetzt
vorbei; die Zeit steht im Zeichen des Stockfisches. Alles lebt von ihm,
alles dreht sich um ihn. Sein Bild prangt im Neufundländer Wappen,
es ziert die Banknoten und Münzen des Landes, es ist ans den Brief-
marken der Insel, ja, sogar aus deu Knöpfen an den Uniformen der
Konstabler angebracht. Der Stockfisch ist Herr im Lande, er erfüllt alle
Köpfe, ja, er wird sogar an Geldesstatt angenommen. Aber der Vorteil,
den der Fischfang bringt, kommt wenigen mächtigen Handelshäusern zu
gute; sie streichen den Löwenanteil von den 20 Millionen Dollars ein,
die alljährlich mit diesem Geschäfte verdient werden. Der größte Teil
der Fischer darbt im Elend; sie sind den reichen Handelsherrn meist tief
verschuldet, müssen Lebensmittel und Kleider mit dem doppelten Preise
zahlen, und wenn sie mit ihrer Fischausbeute kommen, nimmt man sie
ihnen um ein Spottgeld ab. So schmachten sie tatsächlich in einer Art
von Leibeigenschast. Außer dem Stockfische werden auch Heringe und
Makralen, sowie die kleinen schmackhaften Kaplinfifche in unendlicher Menge
gefangen.
Das Innere Neufundlands ist meist eben, mit zahlreichen Heiden
und Marschstrecken, großen Wäldern und Seen bedeckt. Hier stellen die
Mikmak-Jndianer mit dem Scharfsinn guter Spürhunde dem
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