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führen. Die Stadt Potsdam verdankt ihm fast ganz ihr Entstehen.
Und obschon er Gelehrsamkeit gar nicht leiden konnte, so legte er
während seiner Regierung doch an 1800 Landschulen an, in welchen
das Volk unterrichtet wurde, und stiftete in Potsdam das große
Militair-Waisenhaus, in welchem bis auf den heutigen Tag viele
hundert arme Soldatenkinder unterhalten und erzogen werden.
24. Noch einiges Merkwürdige von dem zweiten preußischen
Könige.
Keinen Stand hatte der König lieber, als den Soldatenstand.
Recht viele Soldaten zu haben, das war sein innigster Wunsch.
Anfangs zwang er die Jünglinge im Lande nicht, in das Heer zu
treten, sondern er befahl, eine gutwillige Werbung zu halten.
Doch diese gutwillige Werbung brachte viel Unfug. Man kaufte
nun die rüstigen Burschen zu Soldaten, ja man warb die Schul-
knaben und die Kinder in der Wiege an. Solche, welche auf diese
Art zum Soldatenstande verpflichtet wurden, erhielten zum Zeichen
eine rothe Halsbinde. Als dieses Alles noch nicht Soldaten genug
brachte, verordnete der König, daß jedes Knäblein im Lande ge-
borner Soldat sei. Außer den Landeskindern ließ er noch aus
aller Welt Enden junge Leute zu Soldaten anwerben. Das kostete
zwar viel Geld, doch danach fragte der König nicht. Er sparte lieber
auf eine andere Weise. Und durch diese Beharrlichkeit brachte er es
dahin, daß er ein prächtiges Heer von 89,000 Mann hatte. Davon
war das Leib- oder Garde-Regiment wirklich merkwürdig und welt-
berühmt. Es zählte an 4000 Mann, und diese waren fast lauter
Riesen. Baumlange Menschen wurden aus allen Ländern in Eu-
ropa zusammengeschleppt und kamen nach Potsdam unter dieses
Regiment. Die Herbeischaffung mancher großen Soldaten kostete
an 8000 Thaler. Viele erhielten täglich zwei Thaler Sold, die
meisten doch einen Gulden. Wer aber diese Masse langer Menschen
sah, der erstaunte und gestand, nie etwas Schöneres gesehen zu
haben. Denn diese Gardisten, sowie die übrigen Regimenter des
Heeres exercirten mit einer solchen Genauigkeit und Schnelligkeit,
wie man fast nirgends fand, und ihr Anzug war so reinlich, so
passend, so nett, daß man hätte glauben sollen, es wären Puppen.
Das preußische Heer gehörte zu den besten in Europa. Der König
hatte es aber auch so lieb, daß er es höchst ungern in den Krieg
schickte. Doch verband er sich mit Rußland und Polen gegen den
schwedischen König Karl Xii. - Es war für Friedrich Wilhelm keine
kleine Freude, als Jedermann eingestand, die preußischen Soldaten
sind nicht allein schön, sie sind auch tapfer, denn in allen Schlachten
und Belagerungen zeichneten sie sich durch ihren Muth aus. Bei
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Potsdam Potsdam Potsdam Europa
42
Beendigung des Krieges erhielt Preußen Mittelpommern bis an den
Peenefluß nebst den beiden Inseln Usedom und Wollin.
Friedrich Wilhelm regierte über unser Vaterland 27 Jahre.
Als er starb, hinterließ er ein schönes Heer von 89,000 Mann,
einen baaren Schatz von beinahe 20 Millionen Thalern, und ein
Land, welches in trefflicher Ordnung und 2275 Quadratmeilen groß
war, jährlich 7% Million Thaler einbrachte und von 2^ Million
Menschen bewohnt wurde.
25. Einem guten Könige folgt ein noch besserer Regent.
Auf den vorigen König folgte dessen Sohn Friedrich Ii., mit
dem Beinamen der Große. Er war ein Fürst, auf welchen noch
immer jeder Preuße stolz ist. Der Vater wollte aus ihm nur einen
tüchtigen Soldaten bilden, mehr, so meinte er, brauche der Kron-
prinz nicht zu sein. Friedrich mußte daher schon als Knabe mit
einem kleinen Gewehre exerciren, auf die Wache ziehen, in Sturm
und Regen Schildwacht stehen und gleich dem gemeinen Soldaten
sich in den Waffen üben. Je größer er wurde, desto mehr zog man
ihn heran. Französische Bücher lesen, Flöte blasen, Verse machen
und im Schlafrocke und in Pantoffeln sitzen, welches Alles der junge
Prinz so gern that, litt der Vater durchaus nicht. Was nun nicht
öffentlich geschehen durfte, das wurde heimlich ausgeführt. Aber der
König erfuhr es, und nun wurde der Kronprinz so streng gehalten,
bei geringen Versehen so hart bestraft, daß er beschloß, bei der ersten
passenden Gelegenheit aus dem Lande zu fliehen. Auf einer Reise
nach Westfalen, die er mit seinem Vater machte, glaubte er, sein
Vorhaben ausführen zu können. In der Mitternachtsstunde stand
er auf, packte schnell seine Sachen zusammen und jagte davon. Doch
man hatte ihm aufgepaßt, holte ihn ein und brachte ihn zurück.
Der König gerieth in den heftigsten Zorn. In Wesel ging
er mit gezogenem Degen auf den Prinzen los, und wäre nicht ein
alter General zwischen Vater und Sohn gesprungen, Friedrich Wil-
helm hätte seinen Thronerben erstochen. Vom Rheine ließ er ihn
sogleich nach der Festung Küstrin bringen, dort in ein enges Ge-
fängniß schließen und ihn wie einen gemeinen Verbrecher behandeln.
Dann bestand er darauf, daß das Todesurtheil über Friedrich aus-
gesprochen würde, und es kostete viele Mühe, den ergrimmten Vater
von diesem Vorhaben abzubringen. Doch mußte der Kronprinz
noch lange Zeit in Küstrin bleiben, bevor ihn der König begnadigte.
Diese Vorfälle hatten die Augen Vieler auf den jungen Fürstensohn
gezogen, und Jeder im Lande war gespannt, wie er als König
handeln werde. Er übertraf alle Erwartungen. Dem Lande that
er gleich wohl. In dem harten Winter 1740 war viel Korn
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Wil- Friedrich Friedrich Friedrich
46
Kaiserin Elisabeth von Rußland und dem Kurfürsten von Sachsen,
dann mit dem Könige von Frankreich' und zuletzt mit Schweden.
Alle diese wollten vereint über unfern König herfallen, ihm den
größten Theil feiner Länder wegnehmen und ihn zum Markgrafen
von Brandenburg erniedrigen. Ja, sie vertheilten schon die Pro-
vinzen unter sich, ehe sie dieselben erobert hatten. Denn da ihrer
so viele waren, so dachten sie nicht einmal an ein Mißlingen ihres
Planes. Ganz im Stillen wollten sie sich gemächlich rüsten und
dann plötzlich losbrechcn. Doch Friedrich hatte längst die böse Ab-
sicht der Maria Theresia gemerkt und sich gehörig vorbereitet. Das
Heer vermehrte er auf 180,000 Mann. Alles, was zum Kriegs-
geräthe gehörte, war in Ueberfluß da, und nur ein Wink, so stan-
den die Preußen schlagfertig. Durch einen Schreiber in Dresden
erhielt er Nachricht von dem ganzen Plane, der gegen ihn ausge-
heckt war, ja er hatte sogar die Abschriften von den Verhandlun-
gen des gefährlichen Bundes. Als er nun so das heimtückische
Treiben seiner Feinde übersah, beschloß er, das ihm drohende Un-
gewitter nicht abzuwarten, sondern ihm rasch entgegenzugehen. Vor-
her schloß er noch mit England ein Bündniß, und von den deutschen
Staaten hielten es Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel, Gotha
und Bückeburg mit ihm.
Ganz in der Stille bekamen die Regimenter Befehl, aufzubre-
chen, und eben so schnell geschah es. Im September 1756 wälzten
sich, wie Meereswogen, urplötzlich die Preußen in drei Haufen über
das Sachsenland her; Schwerin rückte mit großer Macht gegen
Böhmen an. Die sächsischen Soldaten stoben eiligst bei Pirna in
ein Lager, der Kurfürst floh, und das ganze Land fiel mit der
Hauptstadt in Friedrichs Hände. So etwas hatten die Feinde
nicht vermuthet. Sie waren erst wie vom Donner gerührt; dann
geriethen sie in Zorn. Maria Theresia befahl ihrem 70,000 Mann
starken Heere in Böhmen, rasch hinzueilen und die Sachsen zu er-
lösen. Mit schnellen Schritten rückten die Oestcrreicher heran, und
Friedrich mußte ihnen entgegengehen. Er nahm 24,000 Mann.
Bei Lo wo sitz geschah die Schlacht. Man focht von beiden Seiten
mit der höchsten Erbitterung. Schon hatten die Preußen fast kein
Pulver und Blei mehr, und die Soldaten wurden unruhig, da rief
ein General: „Nehmt das Bajonett und treibt die Feinde zurück!"
Und auf das Wort schlugen sie mit den Gewehren drein, und die
Oesterreicher wichen. Der Sieg war erkämpft. Friedrich schrieb
nach der Schlacht: „Jetzt habe ich gesehen, was meine Truppen
vermögen. Sie haben Wunder der Tapferkeit gethan."
Die Sachsen waren verloren. Sie konnten vor Hunger und
Müdigkeit kaum mehr stehen, und die ganze Armee mußte sich
ergeben.
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth_von_Rußland Friedrich Friedrich Maria Theresia Friedrichs Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Frankreich Schweden Brandenburg Ueberfluß Dresden England Braunschweig Hessen-Kassel Gotha Bückeburg Sachsenland Schwerin Pirna Friedrichs Sachsen Sachsen
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zingelte Dàun Hochkirch und das preußische Lager. Alles schlief in
demselben ganz sanft, als mit einem Male die Oesterreicher darüber
herfielcn. Wo sich die Preußen sammeln wollten, da wurden sie
durch die feindlichen Kugeln niedergestreckt. Es war eine große
Verwirrung. Als der Tag anbrach, hatten die Unsrigcn schon über
9000 Mann und 100 Kanonen verloren. Nur ein Rückzug konnte
sie retten. Den führten sic auch so gut aus, daß Daun sie gar nicht
verfolgte, sondern in seinem alten Lager sich auf die Lauer stellte, um
zu sehen, was Friedrich nun beginnen werde. Dieser zog schnell
den Prinzen Heinrich an sich, umging durch künstliche Märsche die
Oesterreicher und vertrieb die Feinde vor Neiße. Daun wollte über
diese Verschlagenheit vor Aerger fast vergehen; er zog nach Böhmen
und überwinterte dort.
Das vierte Jahr. Kaum war der Frühling angebrochen,
als das Kriegsgetümmel wieder begann. Die Franzosen gingen mit
großer Heeresmacht über den Rhein, trieben den Herzog Ferdinand
zurück und drangen bis an die Weser vor. Bei Minden hatten
sie sich gelagert. Hier griff sie Ferdinand au. Die preußischen
Kanonen sprühten Tod und Verderben, und die Feinde konnten nicht
widerstehen. Sie wichen. Die Reuterei wurde zurückgetrieben, und
im Fußvolk entstanden Lücken. Hätte in diesem Augenblicke der
englische General Sackville, wie ihm befohlen wurde, mit der Ka-
vallerie ciugehauen, so war das ganze Franzosenheer verloren, aber
aus Neid versäumte Sackville die Gelegenheit, und die Franzosen
sammelten sich, so daß sie den Rückzug decken konnten. Doch ver-
loren sie 7000 Gefangene, 25 Kanonen und viele Fahnen.
Als Friedrich die Nachricht von diesem schönen Siege erhielt^
rüstete er sich auch zu einem verzweifelten Kampfe. Die Russen
hatten sich mit dem tapfern österreichischen General Laudon vereinigt
und waren, 70,000 Mann stark, bis Kunersdorf, zwölf Meilen von
Berlin, vorgedrungen. Hier standen sie stark verschanzt. Die ganze
Mark Brandenburg war in der größten Gefahr, wenn die Feinde
nicht vertrieben wurden. Am 12. August griff Friedrich sie an.
Anfangs ging Alles gut. Der linke russische Flügel wurde geschla-
gen und ihm 70 Kanonen genommen. Damit war aber der König
nicht zufrieden, er wollte die Russen ganz vernichten. Vergebens
riethen die Anführer ab, vergebens bat Seidlitz, nicht Alles aufs
Spiel zu setzeu. Friedrich wurde zornig und befahl: Vorwärts l
Da brach Laudon mit den Oesterreichern und Russen los und fiel
über die schon matten Preußen her. Schrecken und Verwirrung
kam unter unsere Krieger. Wild flohen sie. Sie schienen nicht
nur geschlagen, sondern rein auseinander gesprengt zu sein. Eine
solche Niederlage hatte der König noch nie erlebt. Er wollte hier
und da die Ordnung wieder Herstellen, Alles vergebens. Zwei:
4*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Ferdinand Ferdinand Ferdinand Friedrich Friedrich August Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Hochkirch Daun Rhein Berlin Brandenburg
52
Pferde wurden ihm unter dem Leibe tobt geschossen. Eine Kugel
fuhr ihm durch den Rock und zerschmetterte eine goldene Dose in
der Westentasche. Der Rittmeister Prittwitz brachte ihn mit genauer
Roth aus dem Getümmel. „Ich bin verloren!" rief der König,
und nach Berlin schrieb er: „Rettet die Königliche Familie nach
Magdeburg. Ich werde den Sturz des Vaterlandes nicht über-
leben. Gott befohlen auf immer!" —
Einen schrecklichem Tag hatte der Held nie gehabt. Am Abend
konnte er kaum 5000 Mann zusammenbringen, und als er nachher
auch wieder an 18,000 Mann um sich versammelt hatte, so hätte ihn
dies Häuflein doch nicht retten können, wäre der russische General
rasch vorgedrungen. Aber dieser blieb ruhig bei Frankfurt an der
Oder stehen, und als er endlich sich langsam fortbewegte, jedoch
für sein Heer keinen Unterhalt fand, kehrte er nach Polen zurück.
Das war Friedrich's Rettung. Das ganze Unglück hätte am Ende
gar nicht so viel ausgemacht, wenn nicht noch zwei Verluste hinzu-
gekommeu wären. Die wichtige Stadt Dresden ging verloren, und
der preußische General Fink mußte sich mit 15,000 Mann bei Maxen
der österreichischen Uebermacht gefangen geben.
31. Das fünfte Jahr des siebenjährigen Krieges.
So unglücklich, wie das vorige Jahr geschlossen hatte, eben so
unglücklich sing dieses an. Der General Laudon nahm in Einem
Tage die wichtige Festung Glatz weg. Friedrich belagerte Dresden,
als er diese Hiobspost bekam. Wollte er nicht Alles verlieren, so
mußte er nach Schlesien. Er brach auf. Mit ihm zogen die
Oesterreicher; vor ihm Daun, hinter ihm Lasci. So kam man bis
Liegnitz. Weiter konnte der König nicht, denn nun rückte von der
Seite her noch Laudon heran und klemmte die Preußen völlig ein.
Die Feinde jubelten und sagten: „Der Sack ist aufgemacht, in
welchem wir die ganze preußische Armee aufsangen wollen. Wir
brauchen ihn nur zuzuschnüren." „„Sie haben nicht Unrecht,"" er-
widerte Friedrich, als er diese Prahlerei erfuhr, „„aber ich denke
in den Sack ein Loch zu machen, das sie nicht sollen wieder zu-
nähen können.""
Obgleich die Oesterreicher die preußische Armee umzingelt
hatten, so wagten sie es doch nicht, das Häuflein am Tage anzugreifen.
Sie wollten, wie bei Hochkirch, einen Ueberfall machen und diesen
am 15. August in aller Frühe des Morgens ausführen. Friedrich
wfuhr aber zum Glück diesmal ihr Vorhaben noch zur rechten Zeit
und war daher auf seiner Hut. Ganz still zog er mit seinen Sol-
daten aus dem alten Lager und besetzte ringsum die Anhöhen. In
dem alten Lager brannten jedoch lustig die Wachtfeuer fort, welche
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Extrahierte Personennamen: Prittwitz Roth Fink Laudon Glatz Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich August Friedrich
8
(i
an Brandenburg fallen solle. Durch das Alles wurde das brau-
denburgische Reich immer bedeutender. Die Zahl der Einwohner
stieg mit jedem Jahre. Ueberall baute man Dörfer und Städte.
So sind zu jener Zeit Frankfurt an der Oder und Landsberg an
der Warthe gegründet. In den Städten wohnten viele Hand-
werker, die mancherlei Gewerbe trieben und gute Waare lieferten,
mit welcher man nach dem Auslande hin handelte. Dadurch ver-
schaffte man den Einwohnern einträgliche Erwcrbszweige. Dies
Alles setzte die Unterthanen in Thätigkeit und erhöhte den Wohl-
stand. Salzwedel war damals schon eine reiche Handelsstadt. Vor-
züglich ist von den Regenten Vrandenburg's aus dieser Zeit Otto,
genannt mit dem Pfeile, zu merken. Er war ein landesväterlicher
Fürst, beförderte Handel und Gewerbe und gehörte zu den gebil-
detsten Männern seiner Zeit. Dazu war er auch ein mächtiger
Held und führte mehrere Kriege. In einem derselben gegen den
Herzog von Pommerellen erwarb er die Landestheile Stolpe und
Schlawe, in einem andern gegen den Erzbischof von Magdeburg
erging's ihm aber schlecht. Otto wünschte nämlich, seinen Bruder
zum Erzbischof von Magdeburg erwählt zu sehen. Das schlug fehl.
Darüber erzürnte Otto und wollte mit dem Schwerte zwingen, was
Güte nicht vermocht hatte. Mit einer großen Kriegsschaar brach er
gegen die Stadt Magdeburg los und glaubte so gewiß an das Gelingen
feines Vorhabens, daß er laut verkündete: „Ich werde in wenigen
Tagen Magdeburg nehmen und dann," wie er gotteslästerlich hin-
zufügte, „meine Pferde in der Domkirche füttern lassen." Der neue
Erzbischof war aber ein wackerer und unerschrockener Mann. In
feuriger Rede wußte er seine Magdeburger zu begeistern. Jung
und Alt ergriff die Waffen, voll Kampfbegier eilten große Schaaren
gegen den Brandenburger. Dieser wurde bei Frofe angegriffen,
nach heftigem Kampfe besiegt und selbst gefangen genommen. Mit
Frohlocken schleppten ihn die Feinde nach Magdeburg, ließen dort
einen großen hölzernen Käfig machen und stellten in demselben den
Markgrafen öffentlich zur Schau aus. Dann sperrten sie ihn in
ein düsteres Gefängniß. In dieser Noth erinnerte sich Otto eines
alten Dieners seines Vaters, des Ministers von Buch, und glaubte,
der wisse Rath in diesem Unglücke. Daher ließ er seiner Gemahlin
entbieten, zu dem alten Buch zu reisen und ihn um seine Mei-
nung zu fragen. Der rieth der Markgräfin, nach Magdeburg zu
eilen und dort die Domherren zu bestechen. Es geschah, und als
nun der Erzbischof die Bestochenen um Rath befragte, was mit dem
Gefangenen zu machen sei, antworteten sie, er solle 50,000 Thaler
Lösegeld fordern und ihn dann entlassen. Der Erzbischof glaubte
den Domherren und entließ Otto, damit er das Geld schaffe. Der
Markgraf war aber in Verlegenheit, wie er so schnell eine so große
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Otto Stolpe Otto Otto Otto Otto
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dazu die Altmark, Mittelmark, Neumark, Ukermark, Priegnitz,
Landsberg und die Lausitz, Theile von Mecklenburg, Sachsen, Vor-
pommern und die Lehnsherrschaft über ganz Pommern. Die großen
Wälder und Wüsteneien waren verschwunden und dagegen herrliche
Kornfelder, Wiesen und grünende Saaten zu sehen. Es weideten
große Heerden Vieh an den Orten, wo sonst nur Sümpfe und
Moräste die Luft verpestet hatten. Städte und Dörfer erhoben sich
überall, Götzenbilder und Götzentempel waren nicht mehr, dagegen
prangten christliche Kirchen im ganzen Lande.
Dies Alles wirkte zwar heilsam auf das rauhe Gemüth der
Wenden, aber da ihnen ein guter Unterricht fehlte, so war noch viele
Rohheit und große Unwissenheit zu finden. So kam es, daß nicht
allein die Niederen im Volke, sondern auch die Adeligen in
Aberglauben und Unglauben versanken. Wenn der Adelige nur
sein Roß tummeln und Schwert und Lanze führen konnte, so
war er ein tüchtiger Ritter, denn seine Hauptbestimmung war da-
mals, dem Regenten im Kriege Zuzug zu leisten. Dafür hatte er,
oder sein Vorfahr Besitzungen zu Lehen — geliehen — bekommen
und hiervon führte er den Namen „Lehnsmann." Mitunter waren
die Edelleute gegen ihren Fürsten widerspenstig und wollten ihm im
Kriege nicht helfen. Dann gerieth der Fürst in große Verlegenheit,
denn stehende Heere gab es noch nicht, und er mußte oft seinen
Edelleuten gute Worte und Geschenke geben, um sich dieselben zuge-
than zu machen. Manche Ritter wurden durch solche Geschenke
groß und mächtig und schalteten Md walteten nach Willkür.
In den Städten blühte der Handel. Dort fand man die
Handwerke und Gewerbe, dort die Wollwebereien und die Wollfär-
bereien, dort braute man fleißig sehr gutes Bier. Und mit vielen
dieser Produkte führten die Städte einen starken Handel in's Aus-
land und verdienten viel Geld. Darum war hier Wohlstand, aber
auch zugleich Pracht, Aufwand, Ueppigkeit und Schwelgerei. Die
Jugend recht fleißig unterrichten zu lassen, daran dachte man nicht;
es war selten, daß ein Bürger lesen, und noch seltener, daß er schrei-
den konnte.
In einer gedrückten Lage befand sich der Land mann. Wehr-
los, wie er war, mußte er Alles über sich ergehen lassen. Er war
Eigenbehöriger der Adeligen, der Städte oder der Klöster und mußte
für die arbeiten, welche seine Herren waren. Er selbst hatte von
dem Ackerbaue und der Viehzucht wenig; daher fristete er auch nur
kümmerlich sein Leben. Manche Menschen beschäftigten sich mit dem
Heringsfange in der Ostsee, denn zu der damaligen Zeit konnte
man dieser Fische dort so viele fangen, daß ein ganzer Wagen voll
nur zwei Pfennige kostete.
Wenn Angelegenheiten verhandelt werden sollten, die das ganze
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Land betrafen, so versammelte der Fürst die Abgeordneten des Adels,
der Geistlichkeit und der Städte. Man besprach hier, wie am besten
das Land verwaltet werden könnte, man bestimmte die Abgaben,
man beschloß gute Einrichtungen für den Ackerbau, für die Viehzucht
und für den Handel. Zu einer andern Zeit kam man zusammen,
um Gericht zu halten und Recht zu sprechen. Dann versammelten
sich die Abgeordneten unter freiem Himmel, blieben an vier Wochen
dort und schlichteten alle Streitsachen der Gegend.
8. Es kommt ein anderes Fürstenhaus zur Regierung.
Vier Jahre stritt man darüber, wem das schöne Brandenburg an-
heimfalle. Endlich behielt der Stärkere die Oberhand. Der damalige
deutsche Kaiser, welcher ein Herzog von Baiern war, nahm die
Markgrafschaft als Eigenthum an sich und gab sie seinem ältesten
Sohne Ludwig. So kam also ein ganz anderes Fürstengeschlecht in
Brandenburg auf den Thron. Viele deutsche Fürsten gönnten aber
dem Kaisersohne dies Besitzthum nicht und suchten ihm auf alle
Weise zu schaden. Schon in den vier Jahren, während welcher
Niemand im Lande wußte, wer Herr oder Knecht sei, war es arg
hergegangen. Die Nachbarn hatten an den Grenzen ein Stück Land
nach dem andern an sich gerissen, und im Innern raubte und
plünderte, wem es gut schien. Zu diesen Plagen kamen noch andere.
Zuerst fielen die Polen und Litthauer in das Land und hausten
fürchterlich in demselben. Sie sollen 144 Dörfer verbrannt und
6000 Menschen gefangen weggeschleppt haben. Kaum war dieser
Sturm vorüber, als ein neuer und dazu ganz sonderbarer Feind
auftrat. Hin und wieder ließ sich im Lande ein Mann in einem
Pilgerkleide sehen, welcher erzählte, er komme von einer Wallfahrt
nach dem heiligen Grabe zu Jerusalem zurück. Dort habe er leib-
haft den Markgrafen Waldemar angetroffen, denn dieser sei nicht
gestorben, sondern lebe. Solche Rede lief von Mund zu Mund,
von Ort zu Ort. Jeder horcht freudig auf. Der Pilger geht indeß
zum Erzbischof von Magdeburg, und als ihn dieser nicht vor sich
kaffen will, bittet er um einen Labetrunk. Man reicht ihm denselben.
Indem er den Becher zurückgibt, wirft er in denselben den Siegelring
des verstorbenen Waldemar und geht davon. Die Diener bringen
den Becher zum Erzbischof, welcher gerade bei Tafel sitzt. Alle An-
wesenden staunen über die Sache, man ruft den wunderbaren Mann
zurück, und dieser sagt nun: „Ich selbst bin Markgraf Waldemar. Ich
bin nicht, wie man geglaubt hat, gestorben, sondern ich habe mich
damals nur für todt ausgegeben und einen andern Menschen statt
meiner begraben lassen. Denn heftige Gewissensbisse peinigten mich
und trieben mich an, nach Jerusalem zu wallfahrten und dort
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Waldemar Waldemar
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war. Denn er und seine schöne, vortreffliche Gemahlin Luise führten
ein solches häusliches Leben, wie man es noch nie von Fürsten
gesehen hatte. Friedrich Wilhelm war ein wahrer Hausvater unter
den Seinen. Ein Kreis blühender Kinder umgab das Königliche
Paar, und man konnte nichts Schöneres, als diese Familie sehen.
Die Unterthanen waren stolz auf dieselbe. Dabei zeigte der junge
Fürst eine große Thätigkeit, Ordnung und Sparsamkeit. Und in
allen diesen Stücken ist er sich bis an seinen Tod treu geblieben.
Was war daher natürlicher, daß das Volk jubelte, als Friedrich
Wilhelm den 16. November 1797 den Thron bestieg. Und wohl
hatte es dazu große Ursache. Denn der junge König führte Spar-
samkeit und Ordnung in das Land zurück, er verlangte Thätigkeit
und Redlichkeit von Allen, die dem Reiche dienten. Manche Steuern
erließ er, mit dem Heere nahm er sehr zweckmäßige Veränderungen
vor, und damit die Heranwachsende Jugend zu frommen und nütz-
lichen Menschen gebildet werde, sorgte er so für die Schulen aller
Art, wie noch nie ein König gesorgt hatte. In den Jahren 1797
bis 1806 verwendete Friedrich Wilhelm für Landesverbesserungen,
für Wiederaufbauung abgebrannter Oerter, für Bauten von Kirchen
und Schulen fast 26 Millionen Thaler, und dazu tilgte er von
den vom Vater nachgelassenen 49 Millionen Thaler Schulden an
23 Millionen. Das Alles sah das Volk und freute sich. Es hing
mit Liebe an seinem Landesvater. Und wohl war es nöthig, daß
Fürst und Volk fest zusammenhielten, denn es geschahen damals
unerhörte Dinge, die Europa erschütterten.
Unter den Franzosen war ein Mann aufgetreten, der viel Kraft
und Fähigkeit besaß und vom Glücke wunderbar begünstigt wurde.
Er hieß Napoleon Bonaparte und war der Sohn eines Advokaten
auf der Insel Corsica. Als Knabe war er nach Frankreich in eine
Kriegsschule gekommen, und als er heranwuchs, warf er sich keck in
den Strom des Aufruhrs, welcher damals Frankreich durchtobte..
Er war kaum 26 Jahr alt, so erhielt er schon den Oberbefehl über
die französische Armee in Italien gegen die Oesterreicher. Hier that
er Wunder der Tapferkeit. Wie ein Prophet sagte er seine Siege
vorher, und seine Worte trafen ein. Die Franzosen vergötterten
ihn, machten ihn zum Ersten in ihrer Republik und nannten ihn
Cónsul. Mit Uebermuth fuhr er fort, die Länder und Völker an-
zugreifen, von denen er glaubte, daß sie Frankreich's Feinde wären,
denn Krieg war Napoleon's Lust und Eroberung seine Freude.
Jeder zitterte vor dem argen Angreifer, denn noch Niemand hatte
gegen ihn aufkommen können, so sehr war das Glück mit ihm.
Den Engländern nahm er Hannover weg, und die Oesterreicher
schlug er so hart, daß sie mit ihm Frieden machen und das ganze
linke Rheinufer abtreten mußten. Dadurch verlor unser König
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Extrahierte Personennamen: Luise Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Europa Corsica Frankreich Frankreich Italien
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führung. Es war ein schöner Mondschein, und es begann eine grausige
Jagd. In den Feldern und in den Dörfern wurden btc Franzosen
aufgejagt: wer nicht schnell genug fliehen konnte, wurde nieder-
gehauen, oder mußte sich ergeben. Es währte nicht lange, so waren
unsere braven Soldaten vor Genappe. Rasch wurde das Städtchen
genommen, und im Nn waren die Wagen umzingelt. Mit Ent-
setzen erwachte Napoleon; kaum hatte er Zeit, aus dem Wagen zu
springen und davon zu laufen, dann sich auf ein Pferd zu werfen
und aus der Stadt zu sprengen. Wagen, Hut, Degen, Krone,
Kaisermantel, Edelsteine und sonstige Kostbarkeiten fielen in die
Hände der Sieger. Napoleon eilte nach Paris. Zehn Tage nach-
her standen auch die Verbündeten vor den Thoren der treulosen
Stadt. Drinnen war wieder, wie das erste Mal, Schrecken und
Verwirrung. Am 7. Juli ergaben sich die Pariser, und die Preußen
und Engländer hielten zum zweiten Male einen schönen Sieges-
einzug. Diesmal wurde aber die Hauptstadt hart mitgenommen.
Der alte Blücher züchtigte das leichtsinnige Frauzosenvolk recht
ordentlich. Zuerst sagte er: „Die Franzosen haben es sich lauge
Zeit sehr wohl in Berlin schmecken lassen, die Preußen sollen cs
eben so auch in Paris haben." Und wie der deutsche Held befahl,
so mußte es ohne Widerrede geschehen. Dann gebot er, 100 Mil-
lionen Franken Kriegssteuer zu zahlen. Das war die zweite Demü-
thigung. Ucber die dritte jammerten die Franzosen am ärgsten.
Sie hatten auf ihren Siegeszügen überall au8 den Ländern die
schönsten Gemälde, Bildsäulen und sonstigen Kunstwerke geraubt
und im Triumphe nach Paris geschleppt. Dort standen diese
prachtvollen Sachen als Siegeszeichen aufgestellt. „Ich werde Alles
zurücknehmen, was preußisches Eigenthum ist," sprach Blücher, und
nun ließ er ausräumen und hörte nicht eher auf, bis er das kleinste
Stück zurückgenommen und in das Vaterland gesendet hatte. Als
das die andern Völker sahen, griffen sie auch zu und nahmen das
Ihrige, so daß die Franzosen von dem Geraubten nichts behielten.
Am 8. Juli kehrte der geflüchtete König Ludwig, der Achtzehnte,
nach Paris zurück. Mit ihm wurde der zweite Pariser Frieden
geschlossen. Frankreich mußte mehrere Landcstheile an der Grenze
abtreten, 700 Millionen Franken Kriegskosten bezahlen und eine
Reihe Festungen hergeben, welche auf 3 bis 5 Jahre von den Bun-
destruppen besetzt wurden. Das war die Strafe für die Franzosen,
weil sie Napoleon wieder ausgenommen hatten. Er selbst entging
seinem Richter auch nicht. Von Paris aus war er an die Meeres-
küste geflohen, um nach Amerika zu entwischen. Das wollte ihm
aber nicht glücken, und als ihm nun die Preußen nahe kamen,
gerieth er so in Angst, daß er sich den Engländern ergab. Diese
sollten ihn, so meinte er, nach England bringen, dort wollte er ruhig
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Ludwig Ludwig Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Paris Berlin Paris Paris Paris Frankreich Amerika England