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1. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 41

1868 - Wesel : Bagel
41 führen. Die Stadt Potsdam verdankt ihm fast ganz ihr Entstehen. Und obschon er Gelehrsamkeit gar nicht leiden konnte, so legte er während seiner Regierung doch an 1800 Landschulen an, in welchen das Volk unterrichtet wurde, und stiftete in Potsdam das große Militair-Waisenhaus, in welchem bis auf den heutigen Tag viele hundert arme Soldatenkinder unterhalten und erzogen werden. 24. Noch einiges Merkwürdige von dem zweiten preußischen Könige. Keinen Stand hatte der König lieber, als den Soldatenstand. Recht viele Soldaten zu haben, das war sein innigster Wunsch. Anfangs zwang er die Jünglinge im Lande nicht, in das Heer zu treten, sondern er befahl, eine gutwillige Werbung zu halten. Doch diese gutwillige Werbung brachte viel Unfug. Man kaufte nun die rüstigen Burschen zu Soldaten, ja man warb die Schul- knaben und die Kinder in der Wiege an. Solche, welche auf diese Art zum Soldatenstande verpflichtet wurden, erhielten zum Zeichen eine rothe Halsbinde. Als dieses Alles noch nicht Soldaten genug brachte, verordnete der König, daß jedes Knäblein im Lande ge- borner Soldat sei. Außer den Landeskindern ließ er noch aus aller Welt Enden junge Leute zu Soldaten anwerben. Das kostete zwar viel Geld, doch danach fragte der König nicht. Er sparte lieber auf eine andere Weise. Und durch diese Beharrlichkeit brachte er es dahin, daß er ein prächtiges Heer von 89,000 Mann hatte. Davon war das Leib- oder Garde-Regiment wirklich merkwürdig und welt- berühmt. Es zählte an 4000 Mann, und diese waren fast lauter Riesen. Baumlange Menschen wurden aus allen Ländern in Eu- ropa zusammengeschleppt und kamen nach Potsdam unter dieses Regiment. Die Herbeischaffung mancher großen Soldaten kostete an 8000 Thaler. Viele erhielten täglich zwei Thaler Sold, die meisten doch einen Gulden. Wer aber diese Masse langer Menschen sah, der erstaunte und gestand, nie etwas Schöneres gesehen zu haben. Denn diese Gardisten, sowie die übrigen Regimenter des Heeres exercirten mit einer solchen Genauigkeit und Schnelligkeit, wie man fast nirgends fand, und ihr Anzug war so reinlich, so passend, so nett, daß man hätte glauben sollen, es wären Puppen. Das preußische Heer gehörte zu den besten in Europa. Der König hatte es aber auch so lieb, daß er es höchst ungern in den Krieg schickte. Doch verband er sich mit Rußland und Polen gegen den schwedischen König Karl Xii. - Es war für Friedrich Wilhelm keine kleine Freude, als Jedermann eingestand, die preußischen Soldaten sind nicht allein schön, sie sind auch tapfer, denn in allen Schlachten und Belagerungen zeichneten sie sich durch ihren Muth aus. Bei

2. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 42

1868 - Wesel : Bagel
42 Beendigung des Krieges erhielt Preußen Mittelpommern bis an den Peenefluß nebst den beiden Inseln Usedom und Wollin. Friedrich Wilhelm regierte über unser Vaterland 27 Jahre. Als er starb, hinterließ er ein schönes Heer von 89,000 Mann, einen baaren Schatz von beinahe 20 Millionen Thalern, und ein Land, welches in trefflicher Ordnung und 2275 Quadratmeilen groß war, jährlich 7% Million Thaler einbrachte und von 2^ Million Menschen bewohnt wurde. 25. Einem guten Könige folgt ein noch besserer Regent. Auf den vorigen König folgte dessen Sohn Friedrich Ii., mit dem Beinamen der Große. Er war ein Fürst, auf welchen noch immer jeder Preuße stolz ist. Der Vater wollte aus ihm nur einen tüchtigen Soldaten bilden, mehr, so meinte er, brauche der Kron- prinz nicht zu sein. Friedrich mußte daher schon als Knabe mit einem kleinen Gewehre exerciren, auf die Wache ziehen, in Sturm und Regen Schildwacht stehen und gleich dem gemeinen Soldaten sich in den Waffen üben. Je größer er wurde, desto mehr zog man ihn heran. Französische Bücher lesen, Flöte blasen, Verse machen und im Schlafrocke und in Pantoffeln sitzen, welches Alles der junge Prinz so gern that, litt der Vater durchaus nicht. Was nun nicht öffentlich geschehen durfte, das wurde heimlich ausgeführt. Aber der König erfuhr es, und nun wurde der Kronprinz so streng gehalten, bei geringen Versehen so hart bestraft, daß er beschloß, bei der ersten passenden Gelegenheit aus dem Lande zu fliehen. Auf einer Reise nach Westfalen, die er mit seinem Vater machte, glaubte er, sein Vorhaben ausführen zu können. In der Mitternachtsstunde stand er auf, packte schnell seine Sachen zusammen und jagte davon. Doch man hatte ihm aufgepaßt, holte ihn ein und brachte ihn zurück. Der König gerieth in den heftigsten Zorn. In Wesel ging er mit gezogenem Degen auf den Prinzen los, und wäre nicht ein alter General zwischen Vater und Sohn gesprungen, Friedrich Wil- helm hätte seinen Thronerben erstochen. Vom Rheine ließ er ihn sogleich nach der Festung Küstrin bringen, dort in ein enges Ge- fängniß schließen und ihn wie einen gemeinen Verbrecher behandeln. Dann bestand er darauf, daß das Todesurtheil über Friedrich aus- gesprochen würde, und es kostete viele Mühe, den ergrimmten Vater von diesem Vorhaben abzubringen. Doch mußte der Kronprinz noch lange Zeit in Küstrin bleiben, bevor ihn der König begnadigte. Diese Vorfälle hatten die Augen Vieler auf den jungen Fürstensohn gezogen, und Jeder im Lande war gespannt, wie er als König handeln werde. Er übertraf alle Erwartungen. Dem Lande that er gleich wohl. In dem harten Winter 1740 war viel Korn

3. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 46

1868 - Wesel : Bagel
46 Kaiserin Elisabeth von Rußland und dem Kurfürsten von Sachsen, dann mit dem Könige von Frankreich' und zuletzt mit Schweden. Alle diese wollten vereint über unfern König herfallen, ihm den größten Theil feiner Länder wegnehmen und ihn zum Markgrafen von Brandenburg erniedrigen. Ja, sie vertheilten schon die Pro- vinzen unter sich, ehe sie dieselben erobert hatten. Denn da ihrer so viele waren, so dachten sie nicht einmal an ein Mißlingen ihres Planes. Ganz im Stillen wollten sie sich gemächlich rüsten und dann plötzlich losbrechcn. Doch Friedrich hatte längst die böse Ab- sicht der Maria Theresia gemerkt und sich gehörig vorbereitet. Das Heer vermehrte er auf 180,000 Mann. Alles, was zum Kriegs- geräthe gehörte, war in Ueberfluß da, und nur ein Wink, so stan- den die Preußen schlagfertig. Durch einen Schreiber in Dresden erhielt er Nachricht von dem ganzen Plane, der gegen ihn ausge- heckt war, ja er hatte sogar die Abschriften von den Verhandlun- gen des gefährlichen Bundes. Als er nun so das heimtückische Treiben seiner Feinde übersah, beschloß er, das ihm drohende Un- gewitter nicht abzuwarten, sondern ihm rasch entgegenzugehen. Vor- her schloß er noch mit England ein Bündniß, und von den deutschen Staaten hielten es Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel, Gotha und Bückeburg mit ihm. Ganz in der Stille bekamen die Regimenter Befehl, aufzubre- chen, und eben so schnell geschah es. Im September 1756 wälzten sich, wie Meereswogen, urplötzlich die Preußen in drei Haufen über das Sachsenland her; Schwerin rückte mit großer Macht gegen Böhmen an. Die sächsischen Soldaten stoben eiligst bei Pirna in ein Lager, der Kurfürst floh, und das ganze Land fiel mit der Hauptstadt in Friedrichs Hände. So etwas hatten die Feinde nicht vermuthet. Sie waren erst wie vom Donner gerührt; dann geriethen sie in Zorn. Maria Theresia befahl ihrem 70,000 Mann starken Heere in Böhmen, rasch hinzueilen und die Sachsen zu er- lösen. Mit schnellen Schritten rückten die Oestcrreicher heran, und Friedrich mußte ihnen entgegengehen. Er nahm 24,000 Mann. Bei Lo wo sitz geschah die Schlacht. Man focht von beiden Seiten mit der höchsten Erbitterung. Schon hatten die Preußen fast kein Pulver und Blei mehr, und die Soldaten wurden unruhig, da rief ein General: „Nehmt das Bajonett und treibt die Feinde zurück!" Und auf das Wort schlugen sie mit den Gewehren drein, und die Oesterreicher wichen. Der Sieg war erkämpft. Friedrich schrieb nach der Schlacht: „Jetzt habe ich gesehen, was meine Truppen vermögen. Sie haben Wunder der Tapferkeit gethan." Die Sachsen waren verloren. Sie konnten vor Hunger und Müdigkeit kaum mehr stehen, und die ganze Armee mußte sich ergeben.

4. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 51

1868 - Wesel : Bagel
51 zingelte Dàun Hochkirch und das preußische Lager. Alles schlief in demselben ganz sanft, als mit einem Male die Oesterreicher darüber herfielcn. Wo sich die Preußen sammeln wollten, da wurden sie durch die feindlichen Kugeln niedergestreckt. Es war eine große Verwirrung. Als der Tag anbrach, hatten die Unsrigcn schon über 9000 Mann und 100 Kanonen verloren. Nur ein Rückzug konnte sie retten. Den führten sic auch so gut aus, daß Daun sie gar nicht verfolgte, sondern in seinem alten Lager sich auf die Lauer stellte, um zu sehen, was Friedrich nun beginnen werde. Dieser zog schnell den Prinzen Heinrich an sich, umging durch künstliche Märsche die Oesterreicher und vertrieb die Feinde vor Neiße. Daun wollte über diese Verschlagenheit vor Aerger fast vergehen; er zog nach Böhmen und überwinterte dort. Das vierte Jahr. Kaum war der Frühling angebrochen, als das Kriegsgetümmel wieder begann. Die Franzosen gingen mit großer Heeresmacht über den Rhein, trieben den Herzog Ferdinand zurück und drangen bis an die Weser vor. Bei Minden hatten sie sich gelagert. Hier griff sie Ferdinand au. Die preußischen Kanonen sprühten Tod und Verderben, und die Feinde konnten nicht widerstehen. Sie wichen. Die Reuterei wurde zurückgetrieben, und im Fußvolk entstanden Lücken. Hätte in diesem Augenblicke der englische General Sackville, wie ihm befohlen wurde, mit der Ka- vallerie ciugehauen, so war das ganze Franzosenheer verloren, aber aus Neid versäumte Sackville die Gelegenheit, und die Franzosen sammelten sich, so daß sie den Rückzug decken konnten. Doch ver- loren sie 7000 Gefangene, 25 Kanonen und viele Fahnen. Als Friedrich die Nachricht von diesem schönen Siege erhielt^ rüstete er sich auch zu einem verzweifelten Kampfe. Die Russen hatten sich mit dem tapfern österreichischen General Laudon vereinigt und waren, 70,000 Mann stark, bis Kunersdorf, zwölf Meilen von Berlin, vorgedrungen. Hier standen sie stark verschanzt. Die ganze Mark Brandenburg war in der größten Gefahr, wenn die Feinde nicht vertrieben wurden. Am 12. August griff Friedrich sie an. Anfangs ging Alles gut. Der linke russische Flügel wurde geschla- gen und ihm 70 Kanonen genommen. Damit war aber der König nicht zufrieden, er wollte die Russen ganz vernichten. Vergebens riethen die Anführer ab, vergebens bat Seidlitz, nicht Alles aufs Spiel zu setzeu. Friedrich wurde zornig und befahl: Vorwärts l Da brach Laudon mit den Oesterreichern und Russen los und fiel über die schon matten Preußen her. Schrecken und Verwirrung kam unter unsere Krieger. Wild flohen sie. Sie schienen nicht nur geschlagen, sondern rein auseinander gesprengt zu sein. Eine solche Niederlage hatte der König noch nie erlebt. Er wollte hier und da die Ordnung wieder Herstellen, Alles vergebens. Zwei: 4*

5. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 52

1868 - Wesel : Bagel
52 Pferde wurden ihm unter dem Leibe tobt geschossen. Eine Kugel fuhr ihm durch den Rock und zerschmetterte eine goldene Dose in der Westentasche. Der Rittmeister Prittwitz brachte ihn mit genauer Roth aus dem Getümmel. „Ich bin verloren!" rief der König, und nach Berlin schrieb er: „Rettet die Königliche Familie nach Magdeburg. Ich werde den Sturz des Vaterlandes nicht über- leben. Gott befohlen auf immer!" — Einen schrecklichem Tag hatte der Held nie gehabt. Am Abend konnte er kaum 5000 Mann zusammenbringen, und als er nachher auch wieder an 18,000 Mann um sich versammelt hatte, so hätte ihn dies Häuflein doch nicht retten können, wäre der russische General rasch vorgedrungen. Aber dieser blieb ruhig bei Frankfurt an der Oder stehen, und als er endlich sich langsam fortbewegte, jedoch für sein Heer keinen Unterhalt fand, kehrte er nach Polen zurück. Das war Friedrich's Rettung. Das ganze Unglück hätte am Ende gar nicht so viel ausgemacht, wenn nicht noch zwei Verluste hinzu- gekommeu wären. Die wichtige Stadt Dresden ging verloren, und der preußische General Fink mußte sich mit 15,000 Mann bei Maxen der österreichischen Uebermacht gefangen geben. 31. Das fünfte Jahr des siebenjährigen Krieges. So unglücklich, wie das vorige Jahr geschlossen hatte, eben so unglücklich sing dieses an. Der General Laudon nahm in Einem Tage die wichtige Festung Glatz weg. Friedrich belagerte Dresden, als er diese Hiobspost bekam. Wollte er nicht Alles verlieren, so mußte er nach Schlesien. Er brach auf. Mit ihm zogen die Oesterreicher; vor ihm Daun, hinter ihm Lasci. So kam man bis Liegnitz. Weiter konnte der König nicht, denn nun rückte von der Seite her noch Laudon heran und klemmte die Preußen völlig ein. Die Feinde jubelten und sagten: „Der Sack ist aufgemacht, in welchem wir die ganze preußische Armee aufsangen wollen. Wir brauchen ihn nur zuzuschnüren." „„Sie haben nicht Unrecht,"" er- widerte Friedrich, als er diese Prahlerei erfuhr, „„aber ich denke in den Sack ein Loch zu machen, das sie nicht sollen wieder zu- nähen können."" Obgleich die Oesterreicher die preußische Armee umzingelt hatten, so wagten sie es doch nicht, das Häuflein am Tage anzugreifen. Sie wollten, wie bei Hochkirch, einen Ueberfall machen und diesen am 15. August in aller Frühe des Morgens ausführen. Friedrich wfuhr aber zum Glück diesmal ihr Vorhaben noch zur rechten Zeit und war daher auf seiner Hut. Ganz still zog er mit seinen Sol- daten aus dem alten Lager und besetzte ringsum die Anhöhen. In dem alten Lager brannten jedoch lustig die Wachtfeuer fort, welche

6. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 8

1868 - Wesel : Bagel
8 (i an Brandenburg fallen solle. Durch das Alles wurde das brau- denburgische Reich immer bedeutender. Die Zahl der Einwohner stieg mit jedem Jahre. Ueberall baute man Dörfer und Städte. So sind zu jener Zeit Frankfurt an der Oder und Landsberg an der Warthe gegründet. In den Städten wohnten viele Hand- werker, die mancherlei Gewerbe trieben und gute Waare lieferten, mit welcher man nach dem Auslande hin handelte. Dadurch ver- schaffte man den Einwohnern einträgliche Erwcrbszweige. Dies Alles setzte die Unterthanen in Thätigkeit und erhöhte den Wohl- stand. Salzwedel war damals schon eine reiche Handelsstadt. Vor- züglich ist von den Regenten Vrandenburg's aus dieser Zeit Otto, genannt mit dem Pfeile, zu merken. Er war ein landesväterlicher Fürst, beförderte Handel und Gewerbe und gehörte zu den gebil- detsten Männern seiner Zeit. Dazu war er auch ein mächtiger Held und führte mehrere Kriege. In einem derselben gegen den Herzog von Pommerellen erwarb er die Landestheile Stolpe und Schlawe, in einem andern gegen den Erzbischof von Magdeburg erging's ihm aber schlecht. Otto wünschte nämlich, seinen Bruder zum Erzbischof von Magdeburg erwählt zu sehen. Das schlug fehl. Darüber erzürnte Otto und wollte mit dem Schwerte zwingen, was Güte nicht vermocht hatte. Mit einer großen Kriegsschaar brach er gegen die Stadt Magdeburg los und glaubte so gewiß an das Gelingen feines Vorhabens, daß er laut verkündete: „Ich werde in wenigen Tagen Magdeburg nehmen und dann," wie er gotteslästerlich hin- zufügte, „meine Pferde in der Domkirche füttern lassen." Der neue Erzbischof war aber ein wackerer und unerschrockener Mann. In feuriger Rede wußte er seine Magdeburger zu begeistern. Jung und Alt ergriff die Waffen, voll Kampfbegier eilten große Schaaren gegen den Brandenburger. Dieser wurde bei Frofe angegriffen, nach heftigem Kampfe besiegt und selbst gefangen genommen. Mit Frohlocken schleppten ihn die Feinde nach Magdeburg, ließen dort einen großen hölzernen Käfig machen und stellten in demselben den Markgrafen öffentlich zur Schau aus. Dann sperrten sie ihn in ein düsteres Gefängniß. In dieser Noth erinnerte sich Otto eines alten Dieners seines Vaters, des Ministers von Buch, und glaubte, der wisse Rath in diesem Unglücke. Daher ließ er seiner Gemahlin entbieten, zu dem alten Buch zu reisen und ihn um seine Mei- nung zu fragen. Der rieth der Markgräfin, nach Magdeburg zu eilen und dort die Domherren zu bestechen. Es geschah, und als nun der Erzbischof die Bestochenen um Rath befragte, was mit dem Gefangenen zu machen sei, antworteten sie, er solle 50,000 Thaler Lösegeld fordern und ihn dann entlassen. Der Erzbischof glaubte den Domherren und entließ Otto, damit er das Geld schaffe. Der Markgraf war aber in Verlegenheit, wie er so schnell eine so große

7. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 10

1868 - Wesel : Bagel
10 dazu die Altmark, Mittelmark, Neumark, Ukermark, Priegnitz, Landsberg und die Lausitz, Theile von Mecklenburg, Sachsen, Vor- pommern und die Lehnsherrschaft über ganz Pommern. Die großen Wälder und Wüsteneien waren verschwunden und dagegen herrliche Kornfelder, Wiesen und grünende Saaten zu sehen. Es weideten große Heerden Vieh an den Orten, wo sonst nur Sümpfe und Moräste die Luft verpestet hatten. Städte und Dörfer erhoben sich überall, Götzenbilder und Götzentempel waren nicht mehr, dagegen prangten christliche Kirchen im ganzen Lande. Dies Alles wirkte zwar heilsam auf das rauhe Gemüth der Wenden, aber da ihnen ein guter Unterricht fehlte, so war noch viele Rohheit und große Unwissenheit zu finden. So kam es, daß nicht allein die Niederen im Volke, sondern auch die Adeligen in Aberglauben und Unglauben versanken. Wenn der Adelige nur sein Roß tummeln und Schwert und Lanze führen konnte, so war er ein tüchtiger Ritter, denn seine Hauptbestimmung war da- mals, dem Regenten im Kriege Zuzug zu leisten. Dafür hatte er, oder sein Vorfahr Besitzungen zu Lehen — geliehen — bekommen und hiervon führte er den Namen „Lehnsmann." Mitunter waren die Edelleute gegen ihren Fürsten widerspenstig und wollten ihm im Kriege nicht helfen. Dann gerieth der Fürst in große Verlegenheit, denn stehende Heere gab es noch nicht, und er mußte oft seinen Edelleuten gute Worte und Geschenke geben, um sich dieselben zuge- than zu machen. Manche Ritter wurden durch solche Geschenke groß und mächtig und schalteten Md walteten nach Willkür. In den Städten blühte der Handel. Dort fand man die Handwerke und Gewerbe, dort die Wollwebereien und die Wollfär- bereien, dort braute man fleißig sehr gutes Bier. Und mit vielen dieser Produkte führten die Städte einen starken Handel in's Aus- land und verdienten viel Geld. Darum war hier Wohlstand, aber auch zugleich Pracht, Aufwand, Ueppigkeit und Schwelgerei. Die Jugend recht fleißig unterrichten zu lassen, daran dachte man nicht; es war selten, daß ein Bürger lesen, und noch seltener, daß er schrei- den konnte. In einer gedrückten Lage befand sich der Land mann. Wehr- los, wie er war, mußte er Alles über sich ergehen lassen. Er war Eigenbehöriger der Adeligen, der Städte oder der Klöster und mußte für die arbeiten, welche seine Herren waren. Er selbst hatte von dem Ackerbaue und der Viehzucht wenig; daher fristete er auch nur kümmerlich sein Leben. Manche Menschen beschäftigten sich mit dem Heringsfange in der Ostsee, denn zu der damaligen Zeit konnte man dieser Fische dort so viele fangen, daß ein ganzer Wagen voll nur zwei Pfennige kostete. Wenn Angelegenheiten verhandelt werden sollten, die das ganze

8. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 11

1868 - Wesel : Bagel
11 Land betrafen, so versammelte der Fürst die Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit und der Städte. Man besprach hier, wie am besten das Land verwaltet werden könnte, man bestimmte die Abgaben, man beschloß gute Einrichtungen für den Ackerbau, für die Viehzucht und für den Handel. Zu einer andern Zeit kam man zusammen, um Gericht zu halten und Recht zu sprechen. Dann versammelten sich die Abgeordneten unter freiem Himmel, blieben an vier Wochen dort und schlichteten alle Streitsachen der Gegend. 8. Es kommt ein anderes Fürstenhaus zur Regierung. Vier Jahre stritt man darüber, wem das schöne Brandenburg an- heimfalle. Endlich behielt der Stärkere die Oberhand. Der damalige deutsche Kaiser, welcher ein Herzog von Baiern war, nahm die Markgrafschaft als Eigenthum an sich und gab sie seinem ältesten Sohne Ludwig. So kam also ein ganz anderes Fürstengeschlecht in Brandenburg auf den Thron. Viele deutsche Fürsten gönnten aber dem Kaisersohne dies Besitzthum nicht und suchten ihm auf alle Weise zu schaden. Schon in den vier Jahren, während welcher Niemand im Lande wußte, wer Herr oder Knecht sei, war es arg hergegangen. Die Nachbarn hatten an den Grenzen ein Stück Land nach dem andern an sich gerissen, und im Innern raubte und plünderte, wem es gut schien. Zu diesen Plagen kamen noch andere. Zuerst fielen die Polen und Litthauer in das Land und hausten fürchterlich in demselben. Sie sollen 144 Dörfer verbrannt und 6000 Menschen gefangen weggeschleppt haben. Kaum war dieser Sturm vorüber, als ein neuer und dazu ganz sonderbarer Feind auftrat. Hin und wieder ließ sich im Lande ein Mann in einem Pilgerkleide sehen, welcher erzählte, er komme von einer Wallfahrt nach dem heiligen Grabe zu Jerusalem zurück. Dort habe er leib- haft den Markgrafen Waldemar angetroffen, denn dieser sei nicht gestorben, sondern lebe. Solche Rede lief von Mund zu Mund, von Ort zu Ort. Jeder horcht freudig auf. Der Pilger geht indeß zum Erzbischof von Magdeburg, und als ihn dieser nicht vor sich kaffen will, bittet er um einen Labetrunk. Man reicht ihm denselben. Indem er den Becher zurückgibt, wirft er in denselben den Siegelring des verstorbenen Waldemar und geht davon. Die Diener bringen den Becher zum Erzbischof, welcher gerade bei Tafel sitzt. Alle An- wesenden staunen über die Sache, man ruft den wunderbaren Mann zurück, und dieser sagt nun: „Ich selbst bin Markgraf Waldemar. Ich bin nicht, wie man geglaubt hat, gestorben, sondern ich habe mich damals nur für todt ausgegeben und einen andern Menschen statt meiner begraben lassen. Denn heftige Gewissensbisse peinigten mich und trieben mich an, nach Jerusalem zu wallfahrten und dort

9. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 63

1868 - Wesel : Bagel
63 war. Denn er und seine schöne, vortreffliche Gemahlin Luise führten ein solches häusliches Leben, wie man es noch nie von Fürsten gesehen hatte. Friedrich Wilhelm war ein wahrer Hausvater unter den Seinen. Ein Kreis blühender Kinder umgab das Königliche Paar, und man konnte nichts Schöneres, als diese Familie sehen. Die Unterthanen waren stolz auf dieselbe. Dabei zeigte der junge Fürst eine große Thätigkeit, Ordnung und Sparsamkeit. Und in allen diesen Stücken ist er sich bis an seinen Tod treu geblieben. Was war daher natürlicher, daß das Volk jubelte, als Friedrich Wilhelm den 16. November 1797 den Thron bestieg. Und wohl hatte es dazu große Ursache. Denn der junge König führte Spar- samkeit und Ordnung in das Land zurück, er verlangte Thätigkeit und Redlichkeit von Allen, die dem Reiche dienten. Manche Steuern erließ er, mit dem Heere nahm er sehr zweckmäßige Veränderungen vor, und damit die Heranwachsende Jugend zu frommen und nütz- lichen Menschen gebildet werde, sorgte er so für die Schulen aller Art, wie noch nie ein König gesorgt hatte. In den Jahren 1797 bis 1806 verwendete Friedrich Wilhelm für Landesverbesserungen, für Wiederaufbauung abgebrannter Oerter, für Bauten von Kirchen und Schulen fast 26 Millionen Thaler, und dazu tilgte er von den vom Vater nachgelassenen 49 Millionen Thaler Schulden an 23 Millionen. Das Alles sah das Volk und freute sich. Es hing mit Liebe an seinem Landesvater. Und wohl war es nöthig, daß Fürst und Volk fest zusammenhielten, denn es geschahen damals unerhörte Dinge, die Europa erschütterten. Unter den Franzosen war ein Mann aufgetreten, der viel Kraft und Fähigkeit besaß und vom Glücke wunderbar begünstigt wurde. Er hieß Napoleon Bonaparte und war der Sohn eines Advokaten auf der Insel Corsica. Als Knabe war er nach Frankreich in eine Kriegsschule gekommen, und als er heranwuchs, warf er sich keck in den Strom des Aufruhrs, welcher damals Frankreich durchtobte.. Er war kaum 26 Jahr alt, so erhielt er schon den Oberbefehl über die französische Armee in Italien gegen die Oesterreicher. Hier that er Wunder der Tapferkeit. Wie ein Prophet sagte er seine Siege vorher, und seine Worte trafen ein. Die Franzosen vergötterten ihn, machten ihn zum Ersten in ihrer Republik und nannten ihn Cónsul. Mit Uebermuth fuhr er fort, die Länder und Völker an- zugreifen, von denen er glaubte, daß sie Frankreich's Feinde wären, denn Krieg war Napoleon's Lust und Eroberung seine Freude. Jeder zitterte vor dem argen Angreifer, denn noch Niemand hatte gegen ihn aufkommen können, so sehr war das Glück mit ihm. Den Engländern nahm er Hannover weg, und die Oesterreicher schlug er so hart, daß sie mit ihm Frieden machen und das ganze linke Rheinufer abtreten mußten. Dadurch verlor unser König

10. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 93

1868 - Wesel : Bagel
93 führung. Es war ein schöner Mondschein, und es begann eine grausige Jagd. In den Feldern und in den Dörfern wurden btc Franzosen aufgejagt: wer nicht schnell genug fliehen konnte, wurde nieder- gehauen, oder mußte sich ergeben. Es währte nicht lange, so waren unsere braven Soldaten vor Genappe. Rasch wurde das Städtchen genommen, und im Nn waren die Wagen umzingelt. Mit Ent- setzen erwachte Napoleon; kaum hatte er Zeit, aus dem Wagen zu springen und davon zu laufen, dann sich auf ein Pferd zu werfen und aus der Stadt zu sprengen. Wagen, Hut, Degen, Krone, Kaisermantel, Edelsteine und sonstige Kostbarkeiten fielen in die Hände der Sieger. Napoleon eilte nach Paris. Zehn Tage nach- her standen auch die Verbündeten vor den Thoren der treulosen Stadt. Drinnen war wieder, wie das erste Mal, Schrecken und Verwirrung. Am 7. Juli ergaben sich die Pariser, und die Preußen und Engländer hielten zum zweiten Male einen schönen Sieges- einzug. Diesmal wurde aber die Hauptstadt hart mitgenommen. Der alte Blücher züchtigte das leichtsinnige Frauzosenvolk recht ordentlich. Zuerst sagte er: „Die Franzosen haben es sich lauge Zeit sehr wohl in Berlin schmecken lassen, die Preußen sollen cs eben so auch in Paris haben." Und wie der deutsche Held befahl, so mußte es ohne Widerrede geschehen. Dann gebot er, 100 Mil- lionen Franken Kriegssteuer zu zahlen. Das war die zweite Demü- thigung. Ucber die dritte jammerten die Franzosen am ärgsten. Sie hatten auf ihren Siegeszügen überall au8 den Ländern die schönsten Gemälde, Bildsäulen und sonstigen Kunstwerke geraubt und im Triumphe nach Paris geschleppt. Dort standen diese prachtvollen Sachen als Siegeszeichen aufgestellt. „Ich werde Alles zurücknehmen, was preußisches Eigenthum ist," sprach Blücher, und nun ließ er ausräumen und hörte nicht eher auf, bis er das kleinste Stück zurückgenommen und in das Vaterland gesendet hatte. Als das die andern Völker sahen, griffen sie auch zu und nahmen das Ihrige, so daß die Franzosen von dem Geraubten nichts behielten. Am 8. Juli kehrte der geflüchtete König Ludwig, der Achtzehnte, nach Paris zurück. Mit ihm wurde der zweite Pariser Frieden geschlossen. Frankreich mußte mehrere Landcstheile an der Grenze abtreten, 700 Millionen Franken Kriegskosten bezahlen und eine Reihe Festungen hergeben, welche auf 3 bis 5 Jahre von den Bun- destruppen besetzt wurden. Das war die Strafe für die Franzosen, weil sie Napoleon wieder ausgenommen hatten. Er selbst entging seinem Richter auch nicht. Von Paris aus war er an die Meeres- küste geflohen, um nach Amerika zu entwischen. Das wollte ihm aber nicht glücken, und als ihm nun die Preußen nahe kamen, gerieth er so in Angst, daß er sich den Engländern ergab. Diese sollten ihn, so meinte er, nach England bringen, dort wollte er ruhig
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