Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 122

1913 - Wittenberg : Herrosé
122 Duftes ist vorzuziehen: deshalb mische man die Würzen nicht für den gleichen Schrank. Auch „reinlich geglättet" will unser Dichter den Schrein, und jede Hausfrau wird auch dafür sorgen, wenn sie über das Brett eines jeden Fachs noch eine Leinendecke breitet, die mit ihrem spitzenbesetzten Vorderand leicht herabhängt. Auf dieser saubern Unterlage nun ruhen die Wäschepückchen, jede Sorte für sich dutzendweise gehäuft und mit Band umschlossen: die Hand- tücher lang gefaltet,- die Servietten quadratisch usf. In die zwei obern Fächer kommen die seltener in Gebrauch zu nehmenden Stücke und die Tischwäsche, in das dritte Fach die Bettwäsche, in das vierte Handtücher, weiter die übrige Küchen- und Haus- standswüsche. Ein allzu großer Wäschevorrat ist nicht praktisch: es emp- fiehlt sich vielmehr, von Zeit zu Zeit Berbrauchtes zu ersetzen. Die Wäsche wird von zu langen! Liegen brüchig und gelb. Selten Gebrauchtes muß durch Umfalten in andre Lage gebracht oder- ungestärkt gerollt werden. Der Wäscheschrank muß gut schließen, um vollkommenen Schutz vor Staub und Insekten zu gewähren: er verlangt einen trocknen Standort, damit die Wäsche vor Moderflecken bewahrt bleibe, die schwer oder gar nicht wieder entfernt werden können. Zur Aufbewahrung der schmutzigen Wäsche empfiehlt sich für- feinere Gegenstände ein aus waschbarem Stofs gefertigter Wäschebeutel: gröbere Wäsche legt man in Waschkörbe oder hängt sie über Wäscheleinen. Je größere Zwischenräume zwi- schen den einzelnen Waschtagen liegen, desto öfter wird die sorg- same Hausfrau die schmutzige Wäsche wenden, lüften und prüfen, ob genügend Schutz gegen Mäusefraß vorhanden ist. Ausbessern und Verwerten älterer Wäschestücke. Das Tragen der Wäsche sowie das wiederholte Reinigen nützen auch bei ver- nünftigster Behandlung den Gewebefaden der Wäschestücke ab und lassen schadhafte Stellen entstehen, und zwar zunächst immer an den Punkten, die am stärksten angeschmutzt waren und in- folgedessen beim Waschen am kräftigsten in Angriff genommen werden mußten. Rechtzeitiges Ausbessern schiebt den Verlust manchen Stückes auf ein Weilchen hinaus, es hindert rasche Ver- größerung der Schäden und legt Zeugnis ab für die Gewissen- haftigkeit der Hausfrau wie für ihren Ordnungssinn. Von einer Frau. die zerrissenes Küchenzeug leidet, deren zum Trock- nen aufgehängte Leibwäsche Löcher zeigt, die wohl gar Tisch- wäsche auflegt mit geschlitzten Stellen, wird niemand viel halten. Und doch sei auch wieder gewarnt vor dem unvernünftigen Flicken und Stopfen! Es kann der vollendetste Musterstopf ein Fehler, das sparsamste Flicken eine Verschwendung sein. wenn auch auf das älteste Stück noch Stunden der Arbeit verwendet werden.

2. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 130

1913 - Wittenberg : Herrosé
130 und den Saft von zwei Zwiebeln dazu, verrühre alles, daß es eine feste Masse gibt, reibe damit die versengten Stellen ein, und sie werden blendend weiß. Champagnerflecke in Seide entfernt man, indem man die Rückseite der Seide mit einem in Wasser getauchten Schwamm befeuchtet. Eisenflecke aus Leinen und Baumwolle entfernt man durch Zitronensäure, nach deren Anwendung der Stoff gut abzuspülen ist. Um Essigflecke aus wollenen und seidenen Stoffen zu ent- fernen, wasche man die Flecke sofort mit reinem Wasser aus und trockne in gelinder Wärme; dann befeuchte man ein sauberes Läppchen mit Salmiakgeist, fahre damit einige Male über die Flecke und lasse sie trocknen. Auf 12—16 Teile Salmiakgeist wendet man 1 Teil Wasser an. Fett- oder Ölflecke entfernt man vornehmlich mit Seife und Wasser, mit Soda, mit verdünntem Salmiakgeist und besonders mit Benzin oder ganz reinem, nicht aber altem und verharztem Terpentinöl. Auch Bimsstein, Borax, Eidotter und Ochsengalle oder Branntwein, Kreide, Pottasche, Roggenmehl, Schmierseife, Speckstein, Spiritus, Ton und Kölnisches Wasser werden an- gewendet. Ist der Fleck noch frisch und das Öl noch nicht tief eingesogen, so genügt zur Reinigung meist bloßes Abwaschen mit verdünntem Salmiakgeist. Oder: man betupfe die Flecke mit reinem Terpentinöl. Oder: man wende Salmiakgeist tropfenweise ab- wechselnd mit Hoffmannstropfen an und verreibe die feuchte Stelle stets mit einem weichen Tuch. Oder: man wasche die Stellen mit Schmierseife ab und poliere sie dann blank. Schwer zu ent- fernende Flecke wasche man mit einer Lösung von Pottasche und spüle mit reinem Wasser tüchtig nach. Bei schwarzer Seide lege man einen Brei von spanischer Kreide auf den Fleck, der, wenn er trocken geworden ist, das Fett aufsaugt. Aus seidenen Roben und andern fraglichen Stoffen entfernt man Fettflecke durch Wärme, indem mair beide Seilen mit Löschpapier belegt und mit einem warmen Plätteisen darüber hinfährt, wobei der Fettstoff in das Löschpapier einzieht. Aus Wollstoffen verschwinden Fettflecke oft schon durch Reiben mit einem Tuchläppchen. Oder: man lege Speckstein auf. Oder: man bestreue die Stellen dick mit Roggen- mehl, decke Löschpapier darüber und stelle ein heißes Plätteisen darauf; ist das Fett in das Löschpapier eingezogen, so entferne man es und ebenso das Mehl; dieses Verfahren wiederhole man so lange, bis auch die letzte Spur des Fleckes verschwunden ist. Auf dunkelfarbigen Stoffen reibt man die Flecke mit Salmiakgeist ein. Aus Samt entfernt man Fettflecke, wenn man ein Stückchen Baumwolle mit gereinigtem Zitronenöl befeuchtet und dieses auf den Fleck legt, ohne den Samt niederzudrücken; man wiederholt dies so lange, bis der Fleck verschwunden ist, und bürstet dann mit einer Samtbürste, oder man befeuchtet ein weißes Tuch mit Terpentinöl und reibt die befleckte Stelle vorsichtig nach dem Strich.

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 173

1913 - Wittenberg : Herrosé
173 14. Bei ausgebrochenem Feuer bewahre vor allen Dingen Ruhe und rette zunächst die Personen, dann erst die wertvollsten Gegenstände. 15. Auf alle Fälle versichere deine Habe gegen Feuersgefahr. Nach A. Kummers Haushaltungsbuch. 108. Die Beleuchtung unsrer Wohnräume. Das Sonnenlicht oder das Tageslicht ist und bleibt die beste und ergiebigste Beleuchtung für unsre Wohnräume. Unser Bestreben mutz dahin gehen, durch richtige Anordnung der Fenster möglichst viel Licht in unsre Wohnräume zuzulassen. Aber wir müssen auch darauf bedacht sein, einen Ersatz für das natürliche Licht zu schaffen, um an den langen Winterabenden die für Arbeit wie für Geselligkeit und Vergnügen nötige künstliche Beleuchtung zu haben. Pechfackeln, Öllampen, Wachskerzen waren die Be- leuchtungskörper, die unsern Vorfahren genügen mutzten. Die Einführung des Petroleums brachte seinerzeit eine gewaltige Umwälzung in den Beleuchtungsverhältnissen hervor. Seitdem sind zahlreiche Verbesserungen im Beleuchtungswesen eingeführt worden durch Herstellung des Leuchtgases und Ausnutzung der Elektrizität zu Beleuchtungszwecken. Wenn man den Wert derartiger Verbesserungen prüfen will, so hat man dabei von zwei verschiednen Gesichtspunkten auszu- gehen: es handelt sich zunächst um die Erhöhung des Beleuchtungs- effekts und sodann um die grötzere oder geringere Verschlechterung der Luft. Die Helligkeit eines Leuchtkörpers geht oft mit einer übermätzigen Erhitzung und gesteigertem Verbrauch der Luft einher: braucht doch jede Flamme zu ihrem Brennen dieselben Bestandteile, die wir zur Atmung nötig haben. Die ideale Be- leuchtung würde demnach diejenige sein, die bei möglichst grotzer Lichtstärke eine möglichst geringe Verschlechterung der Luft bewirkt. Prüfen wir nun nach diesen Grundsätzen die verschiednen, jetzt noch in Gebrauch befindlichen Beleuchtungskörper, so finden wir zunächst, datz die aus Wachs, Talg, Stearin usw. hergestellten Kerzen, die doch vielfach noch zur Beleuchtung dienen, den An- forderungen am wenigsten entsprechen, weil sie ein nur schwaches Licht liefern und viel Nutz bilden, auch ungesunde Verbrennungs- gase entwickeln. Dazu kommt noch, datz das Licht durch sein Flackern ungleichmätzig ist und daher zu leichter Ermüdung der Augen führt. Dieses Flackern des Lichtes wird bei den Lampen vermieden, weil hier die Flamme durch den Zylinder geschützt wird. Das Petroleum, das heutzutage wohl allgemein die übrigen Brennöle verdrängt hat, gibt bei gut konstruiertem und rein gehaltenem Brenner eine gut leuchtende Flamme mit nur geringer Rutz- abscheidung. Diese an sich stärkere Leuchtkraft hat man neuer-

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 264

1913 - Wittenberg : Herrosé
264 — mal ohne Lächeln hart und steif und bang nach ihr blickte, alles dieses brach ihr gänzlich das Herz. Ihre Klagen brachen jetzt in lautes Schreien aus, und alle Kinder und der Säugling weinten mit der Mutter, und es war ein entsetzliches Jammergeschrei, als eben Lienhard die Tür öffnete. Gertrud lag mit ihrem Antlitz auf ihrem Bette, hörte das Öffnen der Tür nicht und sah nicht den kommenden Vater. Auch die Kinder wurden seiner nicht gewahr; sie sahen nur die jam- mernde Mutter und hingen an ihren Armen, an ihrem Hals und an ihren Kleidern. So fand sie Lienhard. Todesblässe stieg in sein Antlitz, und schnell und gebrochen konnte er kaum sagen: „Herr Jesus, was ist das!" — Da erst sah ihn die Mutter, da erst sahen ihn die Kinder, und der laute Ausbruch der Klage verlor sich. „O Mutter, der Vater ist da!" riefen die Kinder aus einem Munde, und selbst der Säugling weinte nicht mehr. Gertrud liebte den Lienhard. und seine Gegenwart war ihr auch im tiefsten Jammer Erquickung, und auch Lienhard verlich jetzt das erste bange Entsetzen. „Was ist. Gertrud," sagte er zu ihr, „dieser erschreckliche Jammer, in dem ich dich treffe?" „Oh, mein Lieber!" erwiderte Gertrud. „Finstere Sorgen umhüllen mein Herz, und wenn du weg bist, so nagt mich mein Kummer noch tiefer." „Gertrud!" erwiderte Lienhard, „ich weiß, was du meinst... ich Elender!" Da entfernte Gertrud ihre Kinder, und Lienhard hüllte sein Antlitz in ihren Schoß und konnte nicht reden. Auch Gertrud schwieg eine Weile und lehnte sich in stiller Wehmut an ihren Mann. Indessen sammelte sie all ihre Stärke und faßte den Mut, um in ihn zu dringen, daß er seine Kinder nicht ferner diesem Un- glück und Elend aussetze. Gertrud war fromm und glaubte an Gott, und ehe sie redete, betete sie still für ihren Mann und für ihre Kinder, und ihr Herz war sichtbarlich heitrer; da sagte sie: „Lienhard. trau auf Gottes Erbarmen und fasse doch Mut. recht zu tun!" „O Gertrud! Gertrud!" sagte Lienhard und weinte, und seine Tränen flössen in Strömen. „O mein Lieber, fasse Mut!" sagte Gertrud, „und glaube an deinen Vater im Himmel, so wird alles wieder besser gehen! Es geht mir ans Herz, daß ich dich weinen mache. Mein Lieber! ich wollte dir gern jeden Kummer verschweigen; du weißt, an deiner Seite sättigt mich Wasser und Brot, und die stille Mitternachts- stunde ist mir viel und oft frohe Arbeitsstunde für dich und meine Kinder. Aber wenn ich dir meine Sorge verhehlte, daß ich mich noch einst von dir und diesen Lieben trennen müßte, so wäre ich nicht Mutter an meinen Kindern, und an dir wäre ich nicht treu. O Teurer, noch sind unsre Kinder voll Dank und Liebe gegen uns;

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 307

1913 - Wittenberg : Herrosé
— 307 das Auge hell und fest. Kuckucksruf aus dem Wald: Du blickst uns an und lächelst schalkhaft. Wir klopfen dreimal an die Tasche. Nun gürtest du um den Leib den grauen, körnerschweren Samensack. Der rechte Arm, nackt bis zum Ellenbogen, mit flatterndem Ärmel, geht im Schwung mit dem Schritt. Aus der Hand fliegen saufend im Bogen die Körner, sorglich erlesen, glatt und prall und glänzend in Keimkraft. Stillbedächtig. wie in verhaltener Lust, empfängt sie die Erde und zieht sie ein in den harrenden Schoß, Hampfel um Hampfel. Immer seh' ich dich so, mein Bater, als Säemann. Immer so im festen Schritt über den frischgepflügten, dampfenden Acker hin, wie von heimlicher Musik aus der Tiefe der Erde begleitet. von segnenden Winden umsungen aus des Himmels leuchtender Höhe. Michael Georg Tonrad. 193. Zum Walde. 1. Schön ist die Flur (Gott sei gedankt!), wenn segenschwer die Ähre schwankt: mich aber lockt der kühle Wald, der Hirsche schatt'ger Aufenthalt. 2. Still ist es hier, fern lärmt die Welt, die Morgensonne purpurn fällt durch Vlütenzweige warm und mild in seinen Schoß, der duftend schwillt. 3. Der Kuckuck ruft. und Amsel schlügt, die Wipfel flüstern windbewegt. vom Eichenhorste schwingt der Weih hinauf sich in die Lüfte frei. 4. Der stolze Hirsch, das sanfte Reh. sie tummeln sich in Moos und Klee: im Silberschmuck der Schlehdorn blüht, und purpurrot Dornröschen glüht. 20*

6. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 343

1913 - Wittenberg : Herrosé
343 kern zu. Es kann aber heutigeslags kein Volk ohne die Hilfe andrer Länder leben, denn es bedarf der Erzeugnisse dieser Länder; wir bedürfen des Reises, der Zitronen, der Feigen aus Italien, des Weines und Getreides aus Österreich, der Felle aus Rußland usw., und diese Länder wieder wollen die Güter haben, die unsre Leineweber. Maschinenbauer usw. hergestellt haben. Da ziehen deutsche Kaufleute durch die Länder der Erde, kaufen deren Erzeugnisse, bringen diese zu uns und schaffen die Dinge, die wir fertiggebracht haben, zu jenen Völkern. Die Kaufleute bedürfen nun in den fremden Ländern, deren Gesetze sie häufig nicht genau kennen, des Rates und des Schutzes, der ihnen durch die hohen Beamten, die wir in jene Länder senden, die Konsuls und Ge- sandten. zuteil wird. Es liegt auf der Hand. daß zwischen den verschiedenen Staaten häufig Fragen auftauchen, die der Rege- lung bedürfen: wenn z. V. ein Verbrecher nach Frankreich ent- flohen ist. so kann er nur die Strafe erhalten, wenn er uns von den Franzosen ausgeliefert wird. Diese Fragen werden alle durch das auswärtige Amt mit Hilfe der in den fremden Ländern wohnenden Gesandten geregelt, und häufig geschieht dies durch Verträge, die die Staaten miteinander abschließen. Freilich kommt es zuweilen auch vor. daß zwischen den Staaten ernster Streit entsteht, den diese auf friedlichem Wege nicht beilegen wollen oder können: in solchen Fällen läßt man die Gewalt der Waffen entscheiden, und damit in der- artigen Fällen das Volk nicht wehrlos ist. halten wir auf dem Lande ein Heer und auf dem Meere eine Flotte. Diese beiden bilden die Kriegsmacht unsers Vaterlandes, die dazu bestimmt ist. unser Volk vor dem Einbruch fremder Völker zu beschützen. Es handelt sich dabei um das Wohl des gamen Volkes, und darum ist auch ein jeder gesunde und kräftige Mann verpflichtet, vom 20. Jahre an im Heere oder in der Marine dem Vaterlande, wenn nötig selbst mit Aufopferung seines Lebens, zu dienen. Auf Erden hat ja der Mensch kein höheres Gut als das Vater- land, und darum ist es auch unsre Pflicht, in den Zeiten der Rot alles, was wir haben, für unser Volk und sein Land einzusetzen. Je kräftiger und mächtiger dies geschieht, desto gewisser ist unserm Volke der Sieg! o. Poche. 211. Von der Rechtspflege. Es wäre eine schöne Sache, wenn es unter den Menschen keine Streitigkeiten gäbe. wenn jeder freiwillig dem Gesetze gehorchte, den andern ihre Rechte unverkümmert zugestände, und wenn keiner, weder aus Gewinnsucht noch aus Zorn und Leidenschaft, sich hinreißen ließe. Handlungen zu begehen, die mit einem geordneten Gemeinwesen unverträglich sind. Das ist nun aber, wie die Men- schen einmal sind. nicht möglich: und es genügt deshalb nicht, daß der Staat festsetzt, was als Recht gelten soll, sondern er muß auch

7. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 409

1913 - Wittenberg : Herrosé
409 ich weiß, daß es mir und den Meinen gut geht — und daß die Blätter nicht einmal verwelken, geschweige der Stamm." Wenn alle, alle die hohen und niedern Verehrer laut des Umganges mit Frau Rat sich rühmten, ihr eigentlicher Wirkungs- kreis. ihr Haus und ihre Familie, wußten noch beredter davon zu erzählen. Ihr tiefes, reiches Gemüt umschloß vor allem ihre beiden Kinder W o l s g a n g und K o r n e l i a. Der Liebling der Mutter war der schöne Knabe, der schon in den frühesten Lebensjahren eine erstaunliche geistige Regsamkeit verriet. Was wir bei dem großen Dichter heute so sehr bewundern, das Natür- liche, das Einfache und doch das Herz so tief Ergreifende, es ist ein Erbteil seiner Mutter. Deren höchstes und einziges Er- ziehungsmittel war die Liebe, die schönste Unterhaltung bereitete dem aufgeweckten Knaben die herrliche Gabe der Mutter. Märchen zu erzählen. Sie selbst schildert die Lust zu fabulieren mit den Worten: ..Meine Gabe, die mir Gott gegeben hat, ist eine lebendige Darstellung aller Dinge, die in mein Wissen einschlagen. Großes und Kleines. Wahrheit und Märchen usw. Sowie ich in einen Zirkel komme, wird alles heiter und froh, weil ich erzähle." — ..Bücher schreiben, nein, das kann ich nicht, aber was andre ge- schrieben haben, zu erzählen — da suche ich meinen Meister!!!" Und wie diese Meisterschaft auf ihren kleinen Wolfgang gewirkt hat, das schildert sie mit reizender Anschaulichkeit: „Ich konnte nicht müde werden, zu erzählen, sowie er nicht ermüdete, zuzu- hören. Luft. Feuer. Wasser und Erde stellte ich ihm unter schönen Prinzessinnen vor. und alles, was in der Natur vorging, dem er- gab sich eine Bedeutung, an die ich bald fester glaubte, als meine Zuhörer: und da wir uns erst zwischen den Gestirnen Straßen dachten, und daß wir einst Sterne bewohnen, und welchen großen Geistern wir da begegnen würden, da war kein Mensch so eifrig auf die Stunde des Erzählens als ich. Da saß ich. und da verschlang er mich bald mit seinen großen schwarzen Augen: und wenn das Schicksal irgendeines Lieblings nicht recht nach seinem Sinn ging, da sah ich. wie die Zornader an seiner Stirn schwoll, und wie er die Tränen verbiß. Manchmal griff er ein. noch eh' ich meine Wendung genommen hatte: .Nicht wahr. Mutter, die Prinzessin heiratet nicht den verdammten Schneider, wenn er auch den Riesen totschlägt?' Wenn ich nun Halt machte und die Katastrophe auf den nächsten Abend verschob, so konnte ich sicher sein, daß er sich bis dahin alles zurechtgerückt hatte, und so ward mir denn meine Einbildungskraft, wo sie nicht mehr zureichte, durch seine ersetzt. Wenn ich dann am nächsten Abend den Schicksalsfaden nach seiner Angabe weiter lenkte und sagte: Du hast's geraten! so ist's ge- kommen! Da war er Feuer und Flamme, und man konnte sein Herzchen unter der Halskrause schlagen sehen." Aber der sonnige Lebensweg der Frau Rat hatte auch seine dunklen Schatten. Der Vater Goethes war ein streng rechtlicher Charakter von unermüdlichem Fleiße. Aber das Schicksal hatte

8. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 448

1913 - Wittenberg : Herrosé
448 rauschte über Felsblöcke der Bergbach. Leicht flog ich den be- quemen Weg entlang, der durch ein Seitentälchen nach dem andern sich windet. Verirren konnte ich mich nicht, denn auf Stunden ringsum gab es nur diesen einen Pfad durch die Wildnis. Doch plötzlich hielt mein Pferd an. Der Weg gabelte sich. Welches ist nun meine Richtung? Da entdeckte ich ein an einen Stamm ge- nageltes Brett und las darauf die Inschrift: Pflanzung V. Dort- hin gerade wollte ich. Ich folgte der Weisung. Bald lichtete sich der Wald. Ich schaute hinab in eine Talmulde, deren Abhänge mit Tausenden von Kaffeebäumchen bepflanzt waren. Unten aus dem Grunde leuchtete mir ein freundliches Landhaus ent- gegen. und langsam ritt ich durch die Pflanzung den Berg hinab. Ich näherte mich dem Hause, in dem der Leiter der Pflanzung wohnt. Hier mutz eine deutsche Hausfrau walten, so dachte ich. Vor dem Hause blühten allerlei heimatliche Blumen, Nelken und Geranien in leuchtender Pracht. Auf dem Hofe gackerten die Hühner. Hinter dem Zaun erblickte ich wohlgepflegte Garten- beete, auf denen Salat und deutsche Gemüse aller Art gediehen. Ein schwarzer Diener sprang herzu und nahm mir mein Pferd ab. über den berankten Vorbau trat ich in das Haus. Ein freundliches Zimmer nahm mich auf. Felle von wilden Tieren lagen als Teppiche auf dem Boden. Gehörne von Antilopen hingen über den Türen. Von der Wand her aber grützten mich alte bekannte Bilder, die ich schon in der Heimat gesehen. Von den Büchern, die ich auf dem Tische fand. hatte ich in Deutschland auch wohl schon dieses oder jenes in der Hand gehabt. Bald trat die junge Hausfrau selber ein, ihr Töchterchen an der Hand. Verwundert schaute das Kind zu dem fremden Manne hinauf. Schwarze Leute find ihm ganz vertraut, die sieht es alle Tage. Es plaudert mit ihnen in ihrer Sprache, hat auch einen Namen, Kalunde. d. h. das Wölkchen, von ihnen bekommen. Aber ein weitzes Gesicht sieht es nur selten, autzer bei Vater und Mutter, und mit weihen Kindern spielt es wohl nur ein- oder zweimal im Jahr. Die Mutter hieh mich herzlich willkommen. Sie freute sich über den Besuch und klagte, daß es so einsam sei im Walde. Aber tapfer hält sie stand an ihres Gatten Seite, eine treue Ge- hilfin seiner Arbeit, und macht ihm in der Fremde sein Haus zu einer Heimat. Der Hausherr weilte noch in der Pflanzung. Für viele Hände gibt es dort täglich zu tun. Das Unkraut mutz gehackt und fortgeschafft und der Boden mutz gelockert werden. Die Wald- bäche werden über die Pflanzung geleitet, um sie in trockener Zeit zu tränken. Neue Stücke Waldes müssen ausgerodet und bepflanzt werden. Haben aber die Kaffeebeeren eine bläulich- rote Farbe erlangt, dann ist die Zeit der Ernte da, und schwarze Frauen sammeln die Frucht ein. über aller Arbeit mutz das Auge des Leiters wachen. Er duldet keine Faulheit. Streng ist

9. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 47

1913 - Wittenberg : Herrosé
47 Tier, von dem sie stammt, gesund, die Melkerin oder wer sonst mit der Milch in Berührung kam. aber krank war; durch Kübel, durch die Wäsche, ja selbst durch die Hände können Krank- heiten der Menschen, Typhus, Scharlach, Cholera u. a., übertragen werden, wobei lediglich die Milch die Vermittlerin spielt. Um diesen gefahrvollen Möglichkeiten aus dem Wege zu gehen, gibt es nur ein sicheres Mittel, nämlich jede Milch vor dem Genuß abzukochen; abgekochte Milch kann ansteckende Krankheiten nicht übertragen. ^ Unter allen Nahrungsmitteln ist die Milch am meisten der Fälschung ausgesetzt. Die am häufigsten vorkommende Ver- fälschung besteht in ein- bis zweimaligem Absahnen der Milch, die dann doch noch als ganze (volle) Milch verkauft wird, und im Zusatz von Wasser. Gute, unverfälschte Kuhmilch fühlt sich, zwischen den Fingern gerieben, fettig an; der einzelne Tropfen muß beiin Einträufeln in reines Wasser untersinken, weil gute Milch schwerer als Wasser ist, und auf dem Fingernagel seine halbkugelige Gestalt mit völlig undurchsichtigen Rändern behalten, nicht auseinanderfließen. Die abgesahnte (abgerahmte) Milch besitzt bei teilweiser Entsahnung oft noch das Ansehen ganzer Milch, besonders wenn diese an und für sich fettreich war. während sie bei völliger Entsahnung mehr bläulich, dünner, durchsichtiger ist. Die sicherste und genaueste Prüfung der Milch erfolgt durch die von einem Sachverständigen vorzunehmende chemische Untersuchung; doch läßt sich auch auf einfachere Weise, durch die Senkwage und andre Instrumente, der betrügerische Wasserzusatz und der Fettgehalt der Milch mit ausreichender Genauigkeit bestimmen. Sehr beeinflußt wird der Fettgehalt sowie überhaupt die Beschaffenheit der Milch durch die Nahrungsmittel der milch- gebenden Tiere. Grünfüllerung,,bzw. gutes Wiesen-und Wald- heu und Kleie und zuweilen ein Ölkuchen im Tränkfasse verrichten die besten Dienste. Von sehr hoher Bedeutung ist auch die Er- fahrung, daß der Buttergehalt der Abendmilch bis zum Doppelten größer ist als derjenige der Morgenmilch. Um die Milch in möglichst unverändertem Zustande zu er- halten, muß man sie an einem kühlen Orte aufbewahren; denn in der Wärme tritt die Umwandlung des Milchzuckers in Milch- säure sehr schnell ein, die Milch wird sauer und der Käsestoff gerinnt. In der Hauswirtschaft wird bekanntlich die Milch, um sie einige Zeit vor Säuerung zu schützen, abgekocht. Wird dann die Lust sorgfältig abgehalten, so kann das Sauerwerden auf längere Zeit verhütet werden. Auch durch einen Zusatz von doppeltkohlensaurem Natron (1—2 g auf 1 1) wird das Sauer- werden auf 4—5 Tage hinausgeschoben, ohne daß der Geschmack verändert oder die Milch der Gesundheit nachteilig wird. Für die Ernährung der Kinder mit Kuhmilch ist es unbedingt nötig, daß diese vorher so lange gekocht wird, bis alle etwa vorhandenen gesundheitsgefährdenden Keime getötet sind, und daß dann die

10. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 63

1913 - Wittenberg : Herrosé
63 und sorgt durch Einweichen der rohen Früchte in kaltem Negen- wasser in der Nacht vor dem Gebrauch sowie durch langsames lochen in weichem Wasser für die richtige Ausschließung des Pflanzeneiweißes, so kann man groß und klein getrost Erbsen, Bohnen und Linsen auch in reichern Mengen geben. Noch eiweißreicher und dabei für jedermann ganz leicht ver- daulich sind die im großen aufgeschlossenen und gemahlenen Hülsen- früchte. Die betreffenden Mehle und die daraus hergestellten Nahrungsmittel haben außerdem den Vorzug, daß sie sich in einer halben Stunde gar kochen lassen. Die Hausfrau spart da- durch sehr an Zeit und an Brennmaterial, so daß für kleinere Familien die Hülsenfruchtmehle trotz des höhern Einkaufspreises doch verhältnismäßig billige Speisen geben. Nach Verschiedenen. 51. Das Mehl. Das Ate hl, aus dem viele unsrer Speisen bereitet werden, liefern uns bekanntlich die Samenkörner der Getreidearien. Der feste Kern dieser Samen wird zwischen zwei großen, scheiben- förmigen Steinen, deren zugekehrte Seiten viele scharfe kanten haben, zu einem seinen Pulver zermalmt und von der häutigen Schale, die dabei zugleich mit abgerieben wird, durch eine Art Sieb befreit. Von den zwei Steinen liegt der untere, der Bodenstein, fest, der obere aber, der Läufer, dreht sich mit großer Schnelligkeit auf dem Bodensleine heruni und wird durch Wind, Wasser oder Dampf bewegt, wonach man die Mühle eine Wind-, Wasser- oder Dampf- mühle nennt. In der Mitte hat der Läufer eine weite runde Öffnung, in die das Getreide hineinfällt und so zwischen beide Steine gelangt, die von einer hölzernen Hülle, Zarge, umgeben sind, damit das gemahlene Getreide nicht verstäube. An der einen Seite hat diese Hülle unten eine Öffnung, in die das Mehl durch die schnelle Bewegung hineingetrieben wird und in einen langen, an beiden Enden offenen Beutel gelangt, der in einein tasten schräg aus- gespannt ist. Durch das Mühlwerk erhält dieser Beutel eine rüttelnde Bewegung, infolge derer das feine Mehl durch den Beutel wie durch ein Sieb in den tasten fällt, die groben Teile aber, das Schrot und die Hülsenstückchen, die die Kleie ausmachen, allmählich an das untere Ende des Beutels kornmen und hier in ein untergestelltes Gefäß fallen. Das Gemisch von Schrot und Kleie wird noch mehrere Male durchgemahlen, wobei man die Steine jedesmal näher aneinander rückt und ein Mehl erhält, das immer grauer wird, weil allmählich auch die Kleie zerrieben wird, deren feinste Teile ebenfalls durch den Mehlbeutel gehen, sich mit dem Mehl mengen und ihm seine reine, weiße Farbe nehmen.
   bis 10 von 288 weiter»  »»
288 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 288 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 7
1 0
2 3
3 4
4 8
5 41
6 0
7 109
8 0
9 5
10 43
11 4
12 7
13 0
14 5
15 3
16 16
17 2
18 0
19 62
20 6
21 59
22 0
23 9
24 11
25 6
26 6
27 4
28 20
29 9
30 8
31 11
32 0
33 7
34 4
35 1
36 9
37 60
38 9
39 23
40 3
41 0
42 1
43 6
44 1
45 26
46 5
47 4
48 4
49 3

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 22
2 0
3 9
4 9
5 0
6 26
7 6
8 8
9 11
10 0
11 1
12 40
13 2
14 4
15 7
16 101
17 72
18 0
19 18
20 8
21 27
22 4
23 28
24 5
25 4
26 8
27 28
28 18
29 9
30 12
31 5
32 2
33 0
34 2
35 1
36 10
37 3
38 7
39 12
40 17
41 6
42 34
43 3
44 0
45 26
46 1
47 2
48 1
49 0
50 4
51 10
52 8
53 2
54 11
55 7
56 1
57 1
58 5
59 4
60 6
61 0
62 0
63 1
64 2
65 6
66 1
67 4
68 8
69 8
70 8
71 8
72 7
73 1
74 0
75 12
76 11
77 50
78 3
79 9
80 1
81 66
82 18
83 0
84 8
85 2
86 2
87 11
88 4
89 1
90 3
91 36
92 118
93 0
94 27
95 1
96 4
97 0
98 43
99 1

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 101
1 269
2 63
3 252
4 17
5 443
6 100
7 180
8 6
9 38
10 24
11 78
12 372
13 181
14 40
15 47
16 62
17 22
18 35
19 74
20 10
21 57
22 29
23 12
24 202
25 76
26 46
27 52
28 255
29 37
30 27
31 17
32 71
33 896
34 60
35 49
36 37
37 44
38 15
39 641
40 22
41 5
42 79
43 416
44 30
45 21
46 225
47 89
48 22
49 67
50 364
51 361
52 909
53 25
54 83
55 29
56 26
57 13
58 29
59 559
60 54
61 100
62 251
63 12
64 82
65 146
66 28
67 41
68 20
69 0
70 25
71 75
72 29
73 48
74 40
75 236
76 35
77 19
78 174
79 15
80 43
81 1030
82 34
83 78
84 92
85 60
86 78
87 36
88 18
89 75
90 35
91 25
92 4
93 23
94 100
95 78
96 38
97 42
98 51
99 123
100 647
101 74
102 202
103 37
104 29
105 22
106 90
107 148
108 19
109 63
110 143
111 237
112 55
113 95
114 208
115 34
116 150
117 23
118 20
119 90
120 20
121 182
122 113
123 91
124 687
125 171
126 28
127 90
128 42
129 145
130 33
131 288
132 22
133 310
134 35
135 18
136 402
137 144
138 24
139 46
140 85
141 31
142 127
143 127
144 6
145 100
146 39
147 52
148 6
149 9
150 19
151 141
152 434
153 29
154 585
155 83
156 139
157 68
158 25
159 44
160 40
161 26
162 37
163 47
164 125
165 83
166 242
167 54
168 133
169 77
170 19
171 35
172 55
173 130
174 37
175 771
176 19
177 417
178 23
179 126
180 112
181 43
182 115
183 1014
184 61
185 34
186 27
187 25
188 188
189 126
190 18
191 30
192 31
193 64
194 30
195 57
196 343
197 42
198 37
199 105