Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 10

1910 - Wittenberg : Herrosé
10 I. Der Bauernstand sonst und jetzt. gesellen. Als er sich wieder aufmachen wollte, machte ihm der Vater wieder die eindringlichsten Vorstellungen, aber nichts konnte ihn zurück- halten; er. war zu sehr schon an das Verbrechen gewöhnt. Mit un- verhohlener Freude erzählte er von seinen und seiner Genossen Schand- taten, wie sie selbst in bitterer Winterkälte den von ihnen Beraubtetl kein Kleid auf dem Leibe gelassen, wie sie den Bauern Pferde, Ochsen und Kühe aus den Höfen getrieben, wie er selbst einen Bauern in einen Ameisenhaufen gebunden habe und andere Schandtaten mehr. Da mahnte ihn der Vater noch eitrmal, sich vor dem Galgen zu hüten, damit sein Traum nicht in Erfüllung gehe; der Sohn nahm aber solche Rede so übel, daß er erklärte, er wolle nun auch seines Vaters Gut nicht länger vor seinen Raubgesellen schützen. Auch erzählte er, wie er vorgehabt, seine Schwester mit dem vornehmsten seiner Raub- gesellen, der den Übernamen Lämmerschling führte, zu vermählen, das wollte er aber nun unterlassen. Dann ritt er noch immer drohend davon. Gotelind, Helmbrechts Schwester, hatte die Rede ihres Bruders mit großer Freude gehört, denn sie war ebenso töricht wie er, und hielt ein Leben, wie es der Bruder ihr geschildert, für besser als ein Leben in treuer, ehrlicher Arbeit, und sie hatte daher ihren Bruder, als er heimlich mit ihr davon gesprochen hatte, gebeten, dafür zu sorgen, daß sie Lämmerschlings Weib werde. Als Helmbrecht wieder bei seinen Genossen war, hörte man bald wieder von allerlei schlimmen Taten. Witwen und Waisen wurden beraubt, uni reiche Beute zu Lämmerschlings Hochzeit herbeizuschaffen. Als aber alle Vorbereitungen getroffen waren, sanldte Helmbrecht einen heimlichen Boten zu jeiner Schwester und ließ diese herbeiholen. Gotelind und Lämmerschling wurden vermählt, und man setzte sich zum Mahle nieder. Wie ausgelassen fröhlich bei demselben auch die Gesellen waren, konnte Gotelind doch ein geheimes Grausen nicht überwinden. Trübe Ahnungen beschlichen sie, und schon begann sie in Gedanken zu bereuen, daß sie heimlich von Vater und Mutter ent- wichen war. Nach dem Essen kamen Spielleute und spielten ihre schönsten Stücklein auf. Dann gingen sie herum, die Gaben der Gäste einzusammeln. Aber kaum hatten Bräutigam und Braut, als die ersten, ihre Gabe auf den Teller gelegt, so erschien an der Tür des Hochzeitgemaches der Richter mit etlichen starken Männern, und bald waren die Räuber alle gefangen und mit starken Fesseln gebunden. Gotelinden ward in dem Gedränge das Brautkleid zerrissen, und sie floh voll Angst und Kummer hinter einen Zaun. Die Räuber wurden zum Tode verurteilt und von dem Henker hingerichtet; dem zehnten schenkte der Henker nach seinem alten Rechte das Leben, und dieser zehnte war Helmbrecht. Doch wäre ihm der Tod besser gewesen, denn der Henker strafte an ihm, daß er feine Eltern verachtet hatte; er stach ihm die Augen aus und hieb ihm eine Hand ab. Von einem Knaben ließ sich der blinde Helmbrecht nun in seines Vaters Hans führen, und flehentlich bat er, ihn daselbst aufzunehmen. Dem Vater brach fast das Herz entzwei, als er seinen Sohn so reden hörte; aber er sprach: „Einen, den ich nie mit meinen Augen gesehen

2. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 71

1910 - Wittenberg : Herrosé
71 Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 51. Ein und aus, auf und nieder. Iin Atemholen sind zwei Gnaden: Die Luft einziehen, sich ihrer entladen! Jenes bedrängt, dieses erfrischt; so wunderbar ist das Leben gemischt. Du, danke Gott, wenn er dich preßt, und dank' ihm, wenn er dich entläßt. Goethe. 52. Das Höchste. 1. Halte fest am frommen Sinne, der des Grenzsteins nie vergaß! Alles Heil liegt mitten inne, und das Höchste bleibt das Maß. 2. Glücklich, wenn die Tage fließen wechselnd zivischen Freud und Leid, zwischen Schaffen und Genießen, zwischen Welt und Einsamkeit! Em. Geibel. 53. Über ein Stündlein. Dulde, gedulde dich fein! Über ein Stündelein ist deine Kammer voll Sonne! Uber den First, wo die Glocken hangen, ist schon lange der Schein gegangen, ging in Türmers Fenster ein. Wer an: nächsten dem Sturm der Glocken, einsam wohnt er, oft erschrocken, doch am frühesten tröstet ihn Sonnen- schein. Wer in tiefen Gassen gebaut, Hütt' an Hüttlein lehnt sich traut, Glocken haben ihn nie erschüttert, Wetterstrahl ihn nie umzittert, aber spät sein Morgen graut. Höh' und Tiefe hat Lust und Leid. Sag' ihm ab, dem törichten Neid! Andrer Gram bringt andre Wonne. Dulde, gedulde dich fein! Über ein Stündelein ist deine Kammer voll Sonne! P. Heyse. 54. Abendlied eines Bauern. 1. Das schöne, große Taggestirne vollendet seinen Lauf: komm, wisch den Schweiß mir von der Stirne, lieb Weib, und dann tisch aus! 2. Kannst hier nur auf der Erde decken, hier unterm Apfelbaum; da pflegt es Abends gut zu schmecken und ist am besten Raum. 3. Und rufe flugs die kleinen Gäste; denn hör, mich hungert's sehr; bring auch den Kleinsten aus dem Neste, wenn er nicht schläft, mit her!

3. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 48

1910 - Wittenberg : Herrosé
48 Ii. Das Haus und seine Sitte, die Familie und ihre Glieder. 25. Auf Westfälischer Heide. 1. Wie lauscht, vom Abendschein mn- die strohgedeckte Hütte, — szuckt, recht wie im Nest der Vogel duckt, aus dunkler Föhren Mitte! 2. Am Fensterloche streckt das Haupt die weißgestirnte Sterke, bläst in den Abenddnft und schnaubt und stößt ans Holzgewerke. 3. Seitab ein Gärtchen, dornumhegt, mit reinlichem Gelände, wo matt ihr Haupt die Glocke trägt, aufrecht die Sonnenwende. 4. Und drinnen kniet ein stilles Kind, das scheint den Grilnd zu jäten; nun pflückt sie eine Lilie lind und wandelt längs den Beeten. 5. Am Horizonte Hirten, die im Heidekraut sich strecken und mit des Aves Melodie träumende Lüfte wecken. 6. Und von der Tenne ab und an schallt es wie Hammerschläge; der Hobel rauscht, es fällt der Span, und langsam knarrt die Säge. 7. Da hebt der Abendstern gemach sich aus den Föhrenzweigen, und grade ob der Hütte Dach scheint er sich mild zu neigen. 8. Es ist ein Bild, wie still und heiß es alte Meister hegten, kunstvolle Mönche, und mit Fleiß es auf den Goldgrund legten. 9. Der Zimmermann, — die Hirten niit ihrem frommen Liede, — sgleich die Jungfrau mit dem Lilienzweig — und rings der Gottesfriede; 10. Des Sternes wunderlich Geleucht aus zarten Wolkenfloren —: ist etwa hier im Stall vielleicht Christkindlein heut' geboren? A. v. Droste-Hülshoff. 26. Ein guter Bater und eine treue Magd. „Herr Doktor, kommen Sie doch geschwind zu dem Hans im Enslihof! Er ist von der Leiter abgestürzt und hat sich wohl den Arm aus der Kugel gefallen." Mit diesen Worten trat ein schlichtes Dorfmädchen in das Hans des Wund- und Augenarztes Johann Baptist Pestalozzi am „Rüden- platz" zu Zürich. Vom Laufen war das Mädchen erhitzt und außer Atem. „Warte und ruhe ein wenig!" sagte der Arzt freundlich. „Ich komm' schon mit. Will nur dies fertig machen und mein Verbandzeug einpacken. Jst's dein Bruder?" „Ach nein!" war die Antwort. „Ich kam vorbei, als das Un- glück geschah. Es war niemand weiter daheim; da bin ich gleich fortgesprungen." „Brav!" sagte der Arzt und betrachtete mit Wohlgefallen das wackere Mädchen. „Einer diene dem andern, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen." Während sich der Arzt zur Reise rüstete, sah sich das Mädchen im Zimmer um. Da gewahrte es in einer Ecke ein Büblein von vier oder fünf Jahren; das war schwächlich an Gliedern, schwärzlich im Gesicht und unschön von Gestatt. Aber es schaute ans tiefen, schönen Augen verwundert aus das fremde Mädchen. Das stand auf, streichelte ihm das Haar glatt und sagte: „Liebs Büebli, komm, laß dein Wäglein mal schön laufen!"

4. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 102

1910 - Wittenberg : Herrosé
102 Iv. Nahrung und Notdurft des Leibes und Lebens. 9. Es setzten sich die Fürsten; da möcht' es seltsam sein. Sie hungern und sie dürsten beim Braten und beim Wein! „Nun, will's euch nicht behagen? Es fehlt dach, deucht mir, nichts? Worüber ist zu klagen? An was, ihr Herrn, gebricht's? 10. „Es schickt zu meinem Tische der Odenwald das Schwein, der Neckar seine Fische, den frommen Trank der Rhein. Ihr habt ja sonst erfahren, was meine Pfalz beschert! Was wollt ihr heute sparen, wo keiner es euch wehrt?" 11. Die Fürsten sahn verlegen den andern jeder an, am Ende doch verwegen der Ulrich da begann: „Herr, fürstlich ist dein Bissen, doch eines tut ihm not, das mag kein Knecht vermissen; wo ließest du das Brot?" 12. „Wo ich das Brot gelassen?" sprach da der Pfälzer Fritz; er traf, die bei ihm saßen, mit seiner Augen Blitz. Er tat die Fensterpforten weit ans im hohen Saal; da sah man allerorten ins offne Neckartal. 13. Sie sprangen von den Stühlen und blickten in das Land, da rauchten alle Mühlen rings von des Krieges Brand. Kein Hof ist da zu schauen, wo nicht die Scheune dampft; von Rosses Huf und Klanen ist alles Feld zerstampft. 14. „Nun sprecht: Von wessen Schul- ist so mein Mahl bestellt? sden Ihr müßt euch wohl gedulden, bis ihr besät mein Feld, bis in des Sommers Schwüle mir reifet eure Saat, und bis mir in der Mühle sich wieder dreht ein Rad. 15. „Ihr seht, der Westwind fächelt in Stoppeln und Gesträuch. Ihr seht, die Sonne lächelt, sie wartet nur auf euch. Drum sendet flugs die Schlüssel und öffnet enern Schatz, so findet bei der Schüssel das Brot den rechten Platz." Gustav Schwab. 84. Bom frischen Wasser. Ein Glas frisches, helles, reines Wasser ist ein herrlicher Trunk und zugleich der gesündeste. Mancher würde lieber verdursten, ehe er den Mund an schlammiges, stinkendes Sumpfwasser setzte. Jede Niederlassung wird daher vor allem zu untersuchen haben, ob sich in der Nähe gutes Trinkwasser vorfindet. Im qnellenreichen Gebirge wird es in der Regel leichter und besser zu finden sein als in der Ebene. Große Städte müssen mit ungeheuern Kosten oft meilenweite Wasserleitungen anlegen und zuweilen das Wasser erst filtrieren, bevor nran es durch den Fall oder durch Maschinen in einem ausgedehnten Röhrenwerke bis in die menschlichen Wohnungen verteilen kann. Zum

5. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 153

1910 - Wittenberg : Herrosé
Vi. Bildung und ihre Bedeutung, Besitz und seine Pflichten. 153 anstalt auf dem Schloß zu Burgdorf im Emmentale habe, und welche Wege dahin führten. Nun ließ es dem Knaben keine Ruhe mehr. Er mußte zu Pestalozzi nach Bnrgdorf, wie weit und mühsam auch der Weg vom Arlberge bis zur Emme war. Wo die Sehnsucht als Feuer- fäule voraneilt, da kommen die Füße schon nach! In grüner Joppe, kurzen Lederhosen, nägelbeschlagenen Berg- schuhen, mit dem Hütchen auf dem Kopfe, dem Rosenkranz auf der Brust, dem Stecken in der Hand und dem Rucksacke auf dem Rücken, so machte sich der Knabe nach Westen auf den Weg. Viele Tage war er unterwegs. Allerlei Gegenden und Menschen sah er. Überall befragte er sich. Von den Büchen trank er, und wilde Beeren aß er. Nachts blieb er in Feldhütten, unter Felshängen oder bei Sennern. Alle waren freundlich gegen den frischen Knaben mit den klugen Augen. So kam er endlich nach Bnrgdorf und suchte das Schloß auf. Es herrschte drin ein fröhliches Summen und Brummen, wie wenn die Bienen schwärmen. Aber mutig fragte sich der Tiroler Hirtenknabe durch, bis er endlich Pestalozzi, den Vielbeschäftigten, fand. „Herr Pestalozzi," sagte er, „Ihr habt ein Buch geschrieben, das hat mir die Seele gewonnen. Um Gottes und aller Heiligen willen nehmt mich in Euer Haus und laßt mich Euern Schüler werden! Viel- leicht gefällt es Gott, daß ich ein Lehrer in Eurem Sinne werde!" Vater Pestalozzi sah den Knaben an und liebte ihn. Eine wunder- bare Zuneigung erfüllte sein Herz vom ersten Augenblicke an. Der Knabe bot aber auch ein ungewöhnliches Bild. Das Ave Maria als Gruß auf den Lippen, den Rosenkranz auf der Brust, fröhliche Ge- sundheit in der kraftvollen Gestalt, schöne Begeisterung in den hellen Augen, Ernst und Festigkeit in den Mienen, Ruhe und Gewißheit im Herzen, freien Mut zum Streben in Wort und Willen: so stand er vor Pestalozzi, und nie vergaß dieser das Bild. „Sei willkommen, mein Sohn!" sagte Pestalozzi, „woher kommst du?" Dabei legte er seine Hand auf des Knaben Haupt und streichelte sein volles Haar. „Von der Grenze des Tirolerlandes!" war die Antwort. „Ich hörte und las von Eurem Tun. Da hat mir's keine Ruhe gelassen; ich mußte zu Euch, um Euer Schüler und vielleicht ein Lehrer zu werden!" „So bleibe da und werde mir ein lieber Sohn!" sagte Pestalozzi und drückte den Knaben an sich. Dieser aber ergriff seine Hand und küßte sie dankbar. ^ Bald entfaltete der fremde Knabe eine stille, auffallende Tatkraft. Trotz seiner Jugend war er schon in sich geschlossen, fromm, einfach und kraftvoll. Bald überflügelte er alle im Lernen. Besonders war Maß und Zahl seine Welt. Hier fand er bald neue Wege des Unter- richts. Aus dem Schüler wurde ein Lehrer, und zwar der besten einer. Eine Urkraft und eine unbefiegliche Zähigkeit lebten in ihm. Lernen und Lehren waren feine Lust und gingen bei ihm stets Hand in Hand. Fleiß und Gebet hielt er für die Flügel des Lernens. '

6. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 181

1910 - Wittenberg : Herrosé
Vii. Der Hof und seine Ordnung, die Haustiere und ihre Pflege. 181 die Goldwage zu holen, und konnte vorhersehen, daß Ihr Euch unter- dessen besonnen haben würdet." Der Alte, welcher in seinen Bewegungell bald etwas ungemein Rasches, bald wieder die größte Bedächtigkeit zeigte, je nachdem das Geschäft war, das er trieb, setzte sich an den Tisch, wischte langsam und sorgfältig seine Brille ab, spannte sie über die Nase und fing nun an, die Goldstücke genau zu wägen. Zwei oder drei musterte er als zu leicht ans, worüber der Pferdehändler ein heftiges Gezeter erhob, welchem der Hofschulze schweigend und kaltblütig, die Wage in der Hand behaltend, zuhörte, bis der andere statt der verworfenen vollwichtige hervorholte. Endlich war die Sache beendigt; der Ver- käufer packte bedächtig das Geld in ein Papier und ging mit dem Pferdehändler llach dem Stalle, um ihm das Pferd zu überliefern. Der Rendant wartete die Rückkunft der beiden nicht ab. „Mit solchem Klotz ist nichts anzufangen," sagte er, „aber wenn du uns nur nicht so ordentlich auf die Termine bezahltest, wir wollten dich—" — Er fühlte nach seinen urkundlicheil Papiereil in der Tasche, merkte an ihrem Knittern, daß sie noch darin seien, und schlich vom Hofe. Aus dem Stalle traten der Pferdehändler, der Schulze und ein Knecht, welcher zwei Pferde, das des Pferdehändlers und die erkaufte braune Stute hinter sich herführte. Der alte Schulze sagte, indem er die letztere zum Abschied streichelte: „Es tut einem immer leid, wenn man eine Kreatur, die man aufzog, losschlägt, aber wer kann dawider? — Nun halte dich brav, Bräunchen!" ries er und gab dem Tiere einen herzhaften Schlag auf die runden, glänzenden Schenkel. Der Pferdehändler war indessen aufgestiegen und sah mit seiner langen Figur und der kurzen Schoßjacke unter dem breitkrempigen lackierten Hute, mit seinen erbsengelben Hosen über den dürren Lenden und den hochhinaufreichenden, ledernen Gamaschen, mit seinen Pfund- sporen und mit seiner Peitsche wie ein Wegelagerer aus. Er ritt ohne Lebewohl zu sagen, fluchend und wetternd davoll, die Braune am Leitzaume nachziehend. Keinen Blick wandte er nach dem Gehöfte zurück, die Braune dahingegen drehte mehrere Male den Hals um und wieherte wehmütig, als wollte sie klagen, daß ihre gute Zeit nun vorüber sei. Der Hofschulze blieb, die Arme in die Seite gestemmt, mit dem Knechte stehen, bis der Zug durch den Baumgarten ver- schwunden war. Dann sagte der Knecht: „Das Vieh grämt sich." „Warum sollte es nicht?" erwiderte der Hofschulze, „grämen wir uns doch auch. Komm auf den Futterboden, wir wollen Hafer messen." Karl Jmmermann. 4 125. Die Reinlichkeit im Hofe. Überall, wo Sinn für Ordnung und Reinlichkeit vorhanden ist, wird man auch der Sauberhaltung des Hofes die nötige Beachtung schenken. Wer gröblichen Schmutz in seinem Hofe duldet, ladet eine

7. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 397

1910 - Wittenberg : Herrosé
Xiii. Vaterland und Volkstum. 397 gefallen lassen muß. — Die Trauben werden gleich an Ort und Stelle in den Legeln zerquetscht. Das sind ovale Holzgefäße, die mittels Riemen auf dem Rücken getragen werden. Zu Hause erfolgt dann die vollständige Auspressung in der „Kelter", d. h. in der Presse. Aus dem abfließenden trüben Most entsteht nach langer Gärung der goldhelle Rheinwein (durch Zersetzung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure). Gegeu Abend kündigen Flintenschüsse auf der rechten, Glocken- läuten auf der linken Rheinseite, — die Bräuche sind hüben und drüben verschieden, — den Feierabend an. Die Weinberge werden geschlossen, und die Winzer und Winzerinnen ziehen heim. Ihr Singen und Jauchzen mischt sich mit dem Knallen der Flinten und dem Läuten der Glocken. — „Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben, gesegnet sei der Rhein." Im Angesichte des Rheingaues, zu I n g e l h e i m am l i u k e u Rheinufer südöstlich vou Johatinisberg, erbaute Karl der Große sich einen mächtigen Residenzpalast. Auch ihm nwchte es die herrliche Landschaft angetan haben. In Ingelheim wurden viele Reichstage abgehalten. Bon hier aus wurde auch der Zug gegen die Sachsen und Sorben unternommen. — Karl der Große sorgte auch für Ein- führung neuer Reben und hob den damals fast bedeutungslosen Wein- bau auf eine hohe Stufe. Der mächtige Palast, in dem später hin und wieder auch andere Kaiser residierten, wurde, nachdem er schon im dreißigjährigen Krieg stark gelitten hatte, 1689 von den Scharen Ludwigs Xiv. zerstört. Nach Joh. Meyers „Lesebuch der Erdkunde". 235. Der Thüringer Wald. 1. Lage und Beschaffenheit. Wie der Teutoburger Wald als ein langer Arm in das Tiefland Norddeutschlands, so greift der Thüringer Wald in gleicher Richtung und gleicher Weise in das nuttel- deutsche Bergland aus. Er erstreckt sich vom Fichtelgebirge bis zum Werraknie und bildet die Grenze zwischen Thüringen und Franken. Am Süd-, genauer Südwestabhang sagt man: „Drinnen in Thüringen," am Nord- oder Nordostabhang: „Draußen in Franken". Mit seinem breiten Fuß und seinen weiten Ausläufern füllt er fast das ganze politische Thüringen. Das Bayern (Franken) angehörige Stück heißt Frankenwald. Derselbe ist mehr hochflächenförmig, während der eigent- liche Thüringer Wald ein stark ausgeprägtes Kammgebirge bildet. — Kein anderes deutsches Gebirge ist geologisch so bunt zusammen- gesetzt wie er, eine wahre Musterkarte von Erdbildungsformen. Über- wiegend vertreten sind Granit, Schiefer, Rotliegendes und Zechstein. Dazu kommen vielfach Porphyrberge, ein Beweis, daß das Gebirge in altzeitlichen Perioden wiederholt von Glutmassen des Innern durch- brochen wurde. Der ganze Rücken hält sich fast ununterbrochen in der 700 m- Schicht; nur an drei Stellen ragt er in die 800 m-Schicht hinein. In der mittleren dieser drei Erhebungen liegt die höchste Spitze, der

8. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 458

1910 - Wittenberg : Herrosé
458 Xiv. Weite Welt und Wanderung ins Weite. immergrüne, lederartige, lanzettliche Blätter, die als Gewürz gebraucht werden und aus denen man Kränze für die Dichter und Sieger wand. Er wächst int südlichen Europa. 6. Der Baumwollen strauch ist eine der wichtigsten Gespinst- pflanzen. Er wird meterhoch, hat 3lappige Blätter und blaßgelbe Blüten, die in einem gefransten Kelche sitzen. Daraus entwickeln sich Samenkapseln, in denen viele Körner in weichen, wolligen Haar- bettchen liegen. Diese sprengen endlich die Kapsel, die mit 3—5 Klappen aufspringt. Das Sammeln und Reinigen der Baumwolle ist sehr mühselig aber lohnend, da die Bauntwolle einer der wichtigsten tzaudels- artikel ist und Millionen von Menschen beschäftigt. Die Engländer nennen sie „König Cotton". Sie wächst hauptsächlich im heißen Amerika, in Ostindien und Ägypten, wird aber zumeist in englischen Fabriken in der mannigfachsten Weise verarbeitet. Aus Polacks Naturgeschichte. 267. Die wichtigsten Völker Europas. Die hervorragendsten europäischen Völker sind teils romanischer, teils germanischer Abstammung. Die romanischen Völker haben ihre Blütezeit hinter sich, die germanischen befinden sich in derselben oder erwarten sie noch. Die romanischen Völker sind der Mehrzahl nach katholischer Religion, die germanischen haben sich in überwiegender Zahl der protestantischen Kirche zugewandt. Ein Volk romanischen Stammes, das in der Geschichte einst eine Hauptrolle gespielt, eine Zeitlang aber vom Schauplatz derselben ver- drängt war, siitd die Italiens r. Welche Eriirnernngen knüpfen sich an Italien, welche Schätze birgt es noch heute! Noch heute zieht es Tausende mit unwiderstehlichem Zuge in das „Land, wo die Zitronen blüh'n", mit seinen Myrten, Zitronen und Orangen; noch heute sind seine Museen und Kunstsammlungen ein Anziehungspunkt für Künstler und Kunstfreunde. Roms Macht ist zweimal dahingesunken; aber wenn der Reisende die Kuppel der Peterskirche am Himmel auftauchen sieht, da klopft sein Herz höher, und sein Fuß betritt nicht ohne eine gewisse Erregung die Räume der heiligen Stadt. — Das Ideal eines Italieners ist das dolce far niente, das süße Nichtstun; darum ist der Handel der Italiener von geringer Bedeutung, die gewerbliche Tätigkeit der Größe und dem Reichtums des Landes nicht entsprechend. Auch die Volksbildung steht auf niedrigerer Stufe als in den meisten andern europäischen Ländern. Die Regierung hat noch jetzt mit der Unter- drückung des Räuberwesens zu tun. Äußerst zudringliche Bettler be- lästigen den Reisenden, und hundert Hände strecken sich bei jeder Gelegenheit nach einem Trinkgeld aus. Im nördlichen Italien findet man mehr Arbeitsamkeit; von hier aus gehen viele in andere Länder, um als Eisenbahnarbeiter, Maurer, Gipsfigurenhändler, Zuckerbäcker soviel zu verdienen, daß sie sich später in der Heimat ansiedeln können. Der Italiener hat eine schöne Gestalt, meist dunkle Augen und dunkles Haar, ein leidenschaftliches Gemüt, große Zungenfertigkeit und eine schöne, vokalreiche Sprache.

9. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 421

1910 - Wittenberg : Herrosé
Xiii. Vaterland und Volkstum. 421 246. Bon Soldatenehre. Ein wackerer Soldat und Kriegsmann soll für seinen König und Herrn und für dessen Reich und Ruhm sterben uttd aushalten bis in den Tod. Ein wackerer Soldat soll sein Vaterland und sein Volk über alles lieben und gern seinen letzten Blutstropfen verspritzen, wenn das liebe Vaterland in Gefahr steht. Ein wackerer Soldat soll immer Gott vor Augen haben und Gottes Gebote tief ins Herz geschrieben tragen, daß auch keine Gewalt ihn zwingen könne, wider Gottes Gebote zu tun. Ein wackerer Soldat soll die Gerechtigkeit und Freiheit über alles lieben und für diese freudig das Schwert ziehen; denn ein anderer Krieg gefällt Gott nicht, der einst von sedevi Tropfen unschuldig ver- gossenen Blutes Rechenschaft fordern wird. Ein wackerer Soldat soll nicht prunken mit der äußeren Ehre, noch sich auf Eitelkeit blähen, sondern die Treue gegen das Vaterland soll seine Ehre sein und sein stiller Mut seine höchste Zierde. E. M. Arndt. 247. Die Trommel. Rings wirbelt die Trommel im Preußenland; still liegt nur ein Hüttchen am baltischen Strand. 2. Ivas jammert das Weib drin bei Tag und Nacht? Ihr Mann ist gefallen »in heißer Schlacht. 3. Auch traf ihr die Angel der Söhne zwei. Der jüngste nur lebt und ihr Nummer dabei. ch Und lebt dir ein Anabe, was härmst du dich bleich? G, preise den Himmel, noch bist du ja reich! 5. Doch horch! Welche Töne das Ufer entlang! Das Weib schrickt zusammen; was macht ihr so bang? 6. „Horch, Mutter, wie schallt es so mächtig und laut?" „„Mein Sohn, zur Rirche wohl führt man die Braut!"" — 7. „Nein, Mutter, das klingt nicht wie Hochzeitston!" „„So trägt man den Paul wohl zu Grabe, mein Sohn!"" — 8. „Nein, nein, so klingt auch nicht Sterbegesang; schon kenne den Ton ich, schon hört' ich den Rlang. 9- Als einst ich ihn hörte zum erstenmal, da war's für den Rater das Abschiedssignal. l0. Und als er zum andern getroffen mein Ghr, da folgten die Brüder dem werbenden Thor. U- Nun ruft er zum dritten, er ruft es nun mir: Die andern sind tot, und die Reih' ist an dir!

10. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 424

1910 - Wittenberg : Herrosé
424 Xiii. Vaterland und Volkstum. 9. die alten toten Streiter von Düppel und vom Sund, aus Böhmens Schlachtgefilden, aus Frankreich und Burgund. 10. Nun wird ein tiefes Jauchzen durch all die Scharen gehn: „Wir sollen unsern Feldherrn und König wiederfeh'n! 11. Er hatte zu vollbringen so viel auf Erden noch; drum blieb so lang' er ferne, heut' endlich kommt er doch. 12. Nun wird er bei uns bleiben in alle Ewigkeit; nun wird er es erfahren: In Freude und in Leid, 13. auf Erden und im Himmel, wohin der König geht, geschart um Deutschlands König die deutsche Treue steht." 14. Ihr Männer und ihr Knaben, heran, die Stunde ruft! Kniet nieder, legt die Hände auf eures Kaisers Gruft! 15. Hier liegt viel mehr als Ehre begraben und als Ruhm, hier liegt begraben Deutschlands heiligstes Heiligtum. 16. Du Herr, du Held, du Kaiser, entschlaf'ne Majestät, vernimm den Schwur, der brausend aus Deutschland aufersteht: 17. „Dein Tagewerk, dein großes, soll nicht verloren sein; wir wollen, was wir haben, und was wir sind, ihm weih'n! 18. Deutschland soll nicht zerfallen, lebendig soll's nach dir die Weltenbahnen schreiten, das schwören, schwören wir!" 19. Und wenn die Trommeln rufen die Männer zum Gewehr, dann geht der alte Kaiser lebendig vor uns her. 20. Dann rauscht in unsern Fahnen sein Geist zu uns und spricht: „Mein Deutschland, ich bin bei dir, sei stark und fürchte nicht! 21. Wir teilten jede Fre»de„ wir teilten jede Not; 4 so große, tiefe Liebe ist stärker als der Tod. 22. Solang vom Berg zum Meere durch Deutschland fließt der Rhein, wird mit dem deutschen Volke sein Kaiser Wilhelm sein." Ernst v. Wildenbruch. 251. Kaiser Friedrichs Iii. letzte Fahrt. „Ich sähe wohl gern (er sprach es stumm) uoch einmal die Plätze hier herum. An: liebsten auf Alt-Geltow zu, — und ihr kommt mit, die Kinder und du." Das Dorf, es lag im Sonnenschein; in die stille Kirche tritt er ein, die Wände weiß, die Fenster blank, zu beiden Seiten nur Bank an Bank; und auf der letzter: — er blickt empor auf Orgel und auf Orgelchor und wendet sich und spricht: „Wie gern vernähm' ich noch einmal: Lobe den Herrn. Den Lehrer im Feld, ich mag ihn nicht stören; Vikyl) laß du das Lied mich hören!" llud durch die Kirche, klein und kahl, als sprächen die Himmel, ertönt der Choral, und >vie die Töne sein Herz bewegen, eine Lichtgestalt tritt ihm entgegen, 0 Viktoria.
   bis 10 von 40 weiter»  »»
40 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 40 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 5
1 1
2 0
3 2
4 0
5 26
6 0
7 4
8 0
9 0
10 1
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 2
17 0
18 1
19 1
20 0
21 1
22 2
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 1
29 2
30 1
31 0
32 0
33 8
34 0
35 0
36 0
37 30
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 3
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 10
2 0
3 0
4 3
5 2
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 11
17 27
18 0
19 6
20 0
21 2
22 0
23 0
24 2
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 1
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 3
39 13
40 0
41 0
42 1
43 0
44 0
45 2
46 1
47 0
48 0
49 1
50 0
51 1
52 0
53 0
54 5
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 1
69 0
70 1
71 4
72 0
73 1
74 0
75 5
76 1
77 27
78 0
79 1
80 0
81 0
82 4
83 1
84 0
85 0
86 0
87 7
88 0
89 0
90 0
91 2
92 5
93 0
94 21
95 2
96 0
97 0
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 5
1 10
2 2
3 36
4 0
5 83
6 16
7 19
8 1
9 0
10 2
11 15
12 44
13 90
14 8
15 0
16 0
17 0
18 0
19 15
20 0
21 0
22 0
23 0
24 41
25 8
26 4
27 0
28 114
29 4
30 0
31 0
32 17
33 165
34 5
35 4
36 8
37 0
38 1
39 88
40 1
41 1
42 31
43 99
44 3
45 0
46 48
47 5
48 0
49 0
50 143
51 121
52 114
53 0
54 6
55 0
56 4
57 0
58 2
59 50
60 4
61 11
62 36
63 0
64 7
65 32
66 1
67 2
68 0
69 0
70 0
71 13
72 0
73 6
74 1
75 24
76 2
77 1
78 22
79 0
80 2
81 239
82 3
83 13
84 40
85 0
86 16
87 0
88 0
89 26
90 2
91 4
92 1
93 3
94 2
95 30
96 7
97 1
98 2
99 24
100 175
101 8
102 37
103 0
104 0
105 0
106 21
107 7
108 0
109 5
110 22
111 43
112 6
113 9
114 51
115 2
116 18
117 2
118 0
119 13
120 0
121 2
122 6
123 20
124 160
125 68
126 4
127 17
128 0
129 8
130 2
131 28
132 0
133 130
134 0
135 0
136 57
137 56
138 0
139 6
140 0
141 4
142 19
143 4
144 0
145 34
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 31
152 98
153 0
154 77
155 7
156 12
157 13
158 0
159 4
160 0
161 6
162 0
163 0
164 5
165 8
166 34
167 3
168 15
169 11
170 3
171 0
172 3
173 8
174 4
175 178
176 0
177 44
178 0
179 24
180 0
181 0
182 10
183 192
184 1
185 7
186 0
187 0
188 13
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 5
195 10
196 88
197 0
198 0
199 11