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zur Gemahlin erkoren. Sie war ein Bild der Anmut und
Freundlichkeit, und in ihrem Gemüte wohnte Frömmigkeit und
Wohlwollen gegen jedermann. Im Jahre 1794 wurde sie Kron-
prinzessin von Preußen. Das war ein Jubel in Berlin, als
der Kronprinz an ihrer Seite seinen Einzug hielt. Hätten sie
Blumen gehabt in den kalten Dezembertagen, sie hätten ihnen
den Weg damit reichlich bestreut. Sie ließen es auch so nickt
fehlen, das junge Paar festlich zu empfangen, und das ganze
Land freute sich mit. Denn so ist es immer gewesen in Preußen:
die Festtage des hohen Fürstenhauses sind auch die Festtage des
Volkes. Das neuvermählte Paar führte eine glückliche und ge-
segnete Ehe. Nirgends weilten sie lieber als daheim in ihrer
Häuslichkeit. An den Festlichkeiten, die man wohl an Fürsten-
höfen feiert, hing ihr Herz nicht. — Dem Volk gefiel es, daß
Luise ein Herz für die Leiden und die Not der Armen hatte; ihre
Leutseligkeit und ihr mildes Wesen gewann ihr aller Herzen.
Das hohe Paar verkehrte auch gern mit gewöhnlichen Leuten.
Das blieb so, als der Kronprinz König geworden war.
Nicht weit von Potsdam liegt das Gut Paretz. Dort ver-
weilten Friedrich Wilhelm und Luise oft und gern und verlebten
da vergnügliche Tage. Der König ließ sich gern als den
„Schulzen von Paretz" ansehen, und seine Gemahlin hieß „die
gnädige Frau von Paretz." Die hohe königliche Frau verkehrte
gar leutselig mit den schlichten Landleuten. Wenn sie in Paretz
die Garben eingebracht hatten und das Erntefest bei Spiel und
Tanz feierten, so hielt sie sich nicht für zu hoch, sondern mischte
sich unter die lustigen Tänze der Landleute, tanzte auch wohl
einmal mit. Auch sonst, wenn sie ein Dorffest feierten, verkehrte
sie fröhlich mit den Bauersleuten, und die liebe Dorfjugend um-
ringte sie jubelnd, wenn sie von Bude zu Bude ging, um Ge-
schenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her schrien:
„Mir auch was, Frau Königin!" Büttner.
262. Die Jahre der Trübsal.
Napoleon, welcher sich 1804 zum Kaiser der Franzosen ge-
macht hatte, strebte nach der Weltherrschaft. In seinem Über-
mute verletzte er vielfach die Friedensbedingungen. Da schlossen
England, Rußland und Österreich ein großes Bündnis gegen
ihn. Wie der Blitz brach er in Deutschland ein und besiegte
Rußland und Österreich in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz
1805. Er vereinigte 16 deutsche Fürsten zu dem schimpflichen
„Rheinbünde" und nannte sich ihren „Beschützer." Willenlos
thaten sie, was der Gewaltige wünschte. Kaiser Franz legte die
deutsche Krone 1806 nieder und nannte sich Kaiser von Öster-
Lesebuch für katholische Volksschulen. 14
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Potsdam Paretz Paretz Paretz England Deutschland
104
S&tä" ä“ 8t ^main P—
(Friedrich Wilhelm's Stellung zum Kaiser und derverlauf der französischen Raubkriege., Auch sonst sollte derkurfurst die Erfahrung machen daß auf Oestreichs Freundschaft nicht zu bauen
s 1x5ü! i?a^Te ^ der letzte Herzog von Schlesien
Pnnh*™ m T Joachim Ii abgeschlossenen Vertrage hätte das Land an Brandenburg fallen müssen. Aber der Kaiser nahm dasselbe ohne weiteres in Besitz und überließ dem Kurfürsten nur
abtrat ' ^übrigens dessen Nachfolger wieder
ff:. Die Acißsümmung darüber war es hauptsächlich was Än-dnch Wilhelm bewog, sich an den Kriegen gegen Srankeich mcht ferner beteiligen. Die durch die oben erwähnten Kämpfe errungenen Erfolge, bestehend in dem Gewinn der Freiqrafschaft
?uhmiux?v ctt ^a¥. flandrischer Städte hatten ^udwig Xiv nur noch übermütiger gemacht. Er erklärte, daß er mit den eroberten Landern zugleich ein Recht auf die früher mit ihnen verewigten Gebiete erhalten Habe, und ließ diese sofort be-etzen Me sich noch das deutsche Reich zur Abwehr aufraffen konnte bemächtigte sich der König durch Verrat auch des wich-
h-a l^tete Ludwig seine Augen auf die
u r5' ile Cr al ®rbe der Gemahlin eines französischen Prinren .beanspruchte, beim Herannahen des kaiserlichen Heeres aber aufs schrecklichste verwüsten ließ. Als endlich der ersehnte Friede eintrat, behielt Frankreich den ganzen Elsaß mit dem schönen Straßburg.
letzte Regierungszeit.) Während dieser Kampfe widmete sich der große Kurfürst lediglich dem Gedeihen
semer Lande und der Wohlfahrt feiner Unterthanen. Er schuf
em; rrc!ni Flotte, gründete eine afrikanische Handels-gesellschaft und ließ an der Küste von Guinea eine Kolonie Mit dem^ Fort Groß-Friedrichs bürg anlegen. Als sich in ürankrelch eine Verfolgung wider die H n g e n o t t e n erhob, nahm Friedrich Wilhelm 20000 derselben tit Brandenburg auf Bei seinem Tode hinterließ er ein erweitertes Gebiet, blühende Provinzen, ein wohlgeordnetes Staatswesen und ein stattliches Heer.
ifirr_i7vt64« P^ußens zum Königreiche. Kurfürst
a *"S* Friedrich I. (Friedrich m.) önehich Wilhelm s Sohn und Nachfolger Friedrich Iii war ein wohlmeinender Fürst, zeigte indes einen großen Hang zur Pracht und Verschwendung und ließ sich nur zu leicht von Schmeichlern und Günstlingen bestimmen. Anfänglich besaß sein ehemaliger Lrziehcr, der strenge, aber rechtschaffene Eberhard von Dan-kelmann, sein ganzes Vertrauen. Doch die zahlreichen Feinde desselben bewirkten seinen Sturz, und nun wurde der schlaue und gewandte Kolbe von Wartenberg unumschränkter Minister,
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Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Brandenburg Frankreich Guinea Brandenburg
62
51. Rarl Xii. König von Schweden. 16971718.
Karls Charakter. Erst sechzehn Jahre alt, bernahm Karl Xii. nach des Paters Tode die Regierung. Er hatte vortreffliche Anlagen und zeigte schon in frher Jugend ein groes Talent in der Erlernung der alten und nencit Sprachen. Da er sehr ehrgeizig war, so spornten ihn seine Erzieher zu groer Thtigkeit an. Mathematik war sein Lieblinczsstndium. In allen ritterlichen bungen war er wohl erfahren. Er suchte wenig Umgang und mied jugendliche Zerstreuungen und Vergngungen. Seine schnsten Tugenden, Wohlwollen und Redlichkeit, verdunkelte ein unbndiger Starr- und Eigensinn, welcher ihn oft in die schwierigsten Lagen brachte. Sonst war er ein hchst liebenswrdiger Cha-: rakter, voll Gottesfurcht, Gerechtigkeit und unerschtterlichen Mutes.
Karls Sieac. Bei seinem Regierungsantritt war Schweden ein mchtiges Reich, und auch die Kstenlnder an der Ostsee, welche jetzt zu Rußland gehren, waren damals schwedisch. Die Nachbarn aber hielten Karl fr einen schwachen Knaben. So traten denn die Könige von Dnemark und Polen und der Zar Peter von Rußland zusammen und erklrten Schweden den Krieg. Da/ntsiel den schwedischen Rten das Herz, und sie wollten zitternd und bebend hergeben, was die Feinde verlangten. Aber der junge König rief miitic]: Daraus wird nichts." Er rckte den Dnen ins Land, besiegte sie, und schon int ersten Kriegs- ? jhre (1700) muten sie einen Frieden annehmen, wie Kart Xii. ihn vorschrieb. Dann setzte er nach Rußland hinber und jagte noch in demselben Jahre mit seinen 8000 Schweden 32000 Russen aus ihren. Verschanzungen bei Narwa. Einige Jahre darauf vertrieb er den Polenknig August den Starkeu von Land und Leuten. (August war so stark, da er mit bloen Hnden ein starkes! Hnfeisen zerbrechen konnte.)
Schlacht bei Pnllawa 1701). Um die russische Macht gnzlich zu zerstren. zog er in das innere Rußland, wurde aber vom Zar Peter bei Pultawa so geschlagen, da er nur mit 150 Mann in das nahe Trkenland entkommen konnte. Hier wurde er voll Ehrfurcht empfangen.
Karl bei Den Trkei. Der Sultan batte schon viel von ihm gehrt und seinen Mut bewundert. Peter bot 3 Millionen Rubel, wenn man ihm den gefrchteten Karl ausliefere: aber der Türke wies solchen Antrag mit Abschen zurck. Karl blieb mehrere Jahre bei den Trken, lie sich von ihnen ernhren und that, als wenn er da zu Hause wre. Die Trken wurden endlich seiner berdrssig; denn er kostete ihnen erstaunlich viel. So baten sie ihn dringend zu gehen. Da er aber dennoch blieb, so umringten viele Janitscharen (trkische Soldaten) sein hlzernes Hans und schssen so lange mit Flinten und Kanonen hinein, bis das Dach abbrannte, und die Sparren zusammenstrzten. Da rannte Knigs Karl, den Degen in der Rechten, die Pistole in der Linken, tollkhn unter die feindliche Menge. Aber drauen verwickelte er sich mit seinen langen Sporen im Grase, siel und wurde lebendig gesangen. Bald darauf befreit, ritt und fuhr Karl 14 Tage und 14 Rchte hinter einander nach seinem Vaterlande zurck, das i inzwischen von allen Grenzuachbarn feindlich angegriffen war.
Karls (fndc. Sogleich begann er wieder mit frischem Mute den Kampf: ; aber schon bei Belagerung der norwegisch-dnischen Festung Friedrichshall erlag 1 er einer feindlichen Kugel. So endete der König sein unruhiges Leben. Der 1 Krieg dauerte noch drei Jahre fort. Da schlssen die Schweden Frieden, und ' die Feinde erhielten, was sie erstrebt hatten. Nach Cassian und Kappe. 1
C. Kilver nur der lirandcnlnngisch preuische '
und deutschen Geschichte etc. I
--j
52. Die alten wenden in der Mark Brandenburg.
inwanderuna der Wenden. Vor der Vlkerwanderung wohnten in
Brandenburg deutsche Völker. Diese wurd-n "her spter verdrngt, und an ihre j
I
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl_Xii Karl Karls_Sieac Karls Karl Karl Peter_von_Rußland August August Peter_bei_Pultawa Karl Karl Peter Karl Karl Karl Karl Hans Knigs_Karl Karl Karl Karl Karls Cassian C._Kilver
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Karls Ostsee Polen Narwa Pnllawa Karls Schweden Mark_Brandenburg Brandenburg
86
der halben Million Menschen, die der unersttliche Eroberer der die Grenzen 'u tf hatte, faum 30 000 Gesunde und Waffenfhige wieder
72. Jer erste Freiheitskrieg. 18131814.
Preuens Erhebung. 1813.
Aufruf des Knigs von Preußen. Friedrich Wilhelm Iii. schlo mit ^ayer Alexander von Rußland cht Bndnis, nm Deutschland von der Fremdherrschaft zu befreien. Er erklrte an Frankreich den Krieq und er-lie (am 17 Marz 1813) den Aufruf an mein Volk". In demselben hie es: l^roe Opfer werden von allen Stnden gefordert werden- denn unser Beginnen ist groß und nicht gering die Zahl und Mittel unserer feinde. Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden mgen sie wiegen die Heiligen Gter nicht auf, fr die wir sie hingeben, 'fr ie wir streiten und siegen mssen, wenn wir nicht aufhren wollen. P reu Yen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, ^ wir bestehen fr unsere Existenz, unsere Unabhngigkeit, unfern Wohlstand. Keinen andern Ausweg giet es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang."
rj. * "^<*3 Volk steht auf." Der Aufruf des Knigs brachte eine mchtige Wirkung hervor. Das Volk stand auf, der Sturm brach los." Immer wieder klang der Ruf durch das Land: Das Vaterland ist in Gefahr." Der Dichter Korner fang begeistert:
Frisch auf, mein Volk! die Flammenzeichen rauchen*
Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht;
Du sollst den Stahl in Feindesherzen tauchen;'
frisch auf, mein Volk! Die Wammenzeichen rauchen:
Die Saat ist reif; ihr Schnitter, zaudert nicht!"
In dem unvergelichen Frhlinge und Sommer des Jahres 1813 war unter den Preußen nur eine Stimme, ein Gefhl, ein Zorn und eine ^leoc: das Saterland zu retten, Deutschland zu befreien und den franzsischen Ubermut einzuschrnken. Krieg! rief der Edelmann und Landbesitzer der verarmt war; Krieg! der Bauer, der sein letztes Pferd unter Vorspann und Fuhren tot trieb; Krieg! der Brger, den die Einquartierungen und Abgaben erschpften; Krieg! der Tagelhner, der keine Arbeit finden konnte Iunglmge, die kaum wehrhaft warcu, und Männer mit grauen Haaren eilten zu den Fahnen Ja sogar Jungfrauen, unter mancherlei Verstellungen und Verladungen drngten sich zu den Waffen.
S. . Opferwilligkeit der Frauen. Nenn Prinzessinnen, an der Spitze die hochherzige Prinzessin Wilhelm von Preußen, grndeten einen Frauen-er ein zum Wohle des Vaterlandes und erlieen einen Aufruf an ote Frauen tm preuischen Staate. Sogleich gab auch das weibliche Geflecht alles her worauf es doch sonst hohen Wert legt, jede Art von
Ssi"? t t"?1!1' I^des Ersparte. Ein glnzendes Beispiel gab in Schlesien he fnfzehnjhrige Jungfrau Ferdinande von Schmettan welche nn Besitz eines schnen, reichen Haares war, das sie sich abschneiden !tct3 und fr 15 Mark verkaufte, um das gelste Geld den Freiwilligen zu-^meu zu lasseu. Ihr edler Zweck wurde vollkommen erreicht. Denn die S ; chr '"cht verschwiegen; viele wnschten die Erinnerung daran ilvtul mach Ulid es fand dankbare Anerkennung, als jemand das verkaufte Haar wieder kaufte und daraus allerlei Zieraten, Ringe
ans fuly" anfertigen lie. Goldene Trauringe wurden
Landes zu mehreren Tausenden hingegeben. Es btc Veranstaltung getroffen, da man dafr eiserne Ringe' mit der In-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Alexander_von_Rußland Alexander Korner Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Deutschland Schlesien
— 4 —
Natürliche Grenzen sind die Sudeten, das Erzgebirge, der Böhmer-
wald, die Alpen, der Wasgenwald, die Nord- und Ostsee.
Die Grenzen Deutschlands sind meist sehr offene. Dadurch wird der
Verkehr und Handel mit den Nachbarländern begünstigt; doch ist Deutschland
auch leicht feindlichen Einfällen ausgesetzt, und es sind darnm viele Festungen
zur Landesverteidigung nötig.
Wichtigkeit der Ostgrenze: I. Von Rußland bekommen wir Getreide,
Holz, Haus, Lein (Flachs), Pelzwerk und Gedärme. 2. Die Deutschen haben
die Aufgabe, die Bildung mit nach Osten zu verpflanzen. Das russische Volk
ist im ganzen noch nicht so gebildet, wie das deutsche. (Schulen.) 3. Wir
haben die russische Macht zu sürchteu. (Festungen zu unserem Schutze sind
z. B. Königsberg, Thorn, Posen.)
Bedeutung der Südgrenze: I. Durch diese stehen wir in Verbindung
mit Österreich, in welchem viele Deutsche wohnen und welches bis 1866 mit
Deutschland vereinigt war. Österreich ist jetzt zur Erhaltung des Friedens
mit Deutschland verbündet. 2. Aus Ungarn bekommen wir Getreide (Mehl),
Holz, Schweine (Bakonier), Schafe und Schafwolle. 3. In der Schweiz
wohnen viele Deutsche, weil die Schweiz früher zu Deutschland gehörte.
4. Dnrch die Südgrenze wird die Natnrliebe gefördert: die Alpen bieten
eine Fülle der herrlichsten Natnrbilder und sind alljährlich das Ziel zahl-
loser Reisender.
Bedeutung der Westgrenze: 1. Sie ist wichtig für den Handel:
aus Frankreich bekommen wir Wein, Baumöl, Seide, aus Belgien Spitzen
(die Brüsseler Spitzen sind weltberühmt!), aus Holland Käse, Tabak, Blumen
(Tulpen) u. s. w. 2. Wir müssen vor den Franzosen auf uuserer Hut sein;
sie sind unsere „Erbfeinde" und möchteu gern den Rhein zur Grenze haben.
Jedoch: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein", und: „Fest
steht und treu die Wacht am Rhein!" Gegen sie sind im Westen viele und starke
Festungen (Metz, Straßburg) errichtet. 3. Die Deutschen ahmen den Franzosen
in Sitten, Moden und Schriften nach. Ein Nationalfehler der Deutschen
war und ist zum Teil heute noch die Sucht, alles, was aus der Fremde,
namentlich aus Frankreich, kommt, über Gebühr wert zu halten, das Ein-
heimische dagegen zu unterschätzen. Nicht allein das Gute, das von jenfeit
des Rheines nach Deutschland gebracht wurde, ahmte man nach; auch die
französischen Laster schlichen sich bei uns ein. Es gab eine Zeit, in welcher
unser edles Volkstum durch Einführung französischer Sitte, Mode und Sprache
vergiftet wurde. Unsere herrliche Muttersprache mußte in den Palästen und
Schlössern ihrer französischen Schwester Platz machen (Friedrich der Große
von Preußen!), und nur beim Bürger- und Bauernstande, beim „Volke"
fand sie noch eine Heim- und Pflegestätte. Jetzt ist das deutsche National-
gesühl wieder erwacht. („Deutsche Industrie.")
Bedeutung der Nordgrenze: 1. Sie ist die einzige Grenze, an der
das Deutsche Reich vom Meere bespült wird. 2. Das Meer ist wichtig:
a) für den Fischsang (Hering, Stockfisch, Sprotten, Schellfisch); b) für
den Handel (mit England, Rußland, Skandinavien, den deutschen Kolonieen,
Amerika); c) für Entwicklung einer deutschen Seemacht (Kiel, Wilhelms-
Häven); 6) für Entstehung von Seebädern: auf Norderney, Rügen (größte
deutsche Insel), an der Ostseeküste; e) für Gewinnung des Bernsteins
an der Ostseeküste, namentlich im Samlande. 3. In die Nord- und Ostsee
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Thorn Posen Deutschland Deutschland Deutschland Frankreich Belgien Holland Rhein Rhein" Rhein Straßburg Frankreich Deutschland England Skandinavien Amerika Kiel Wilhelms-
Häven Norderney
— 138 —
Nach dem Baseler Frieden drangen die Franzosen in Süddeutschland ein, wurden aber von den Österreichern unter Erz-tz erzog Karl zum Rückzüge gezwungen. Desto glücklicher waren sie in Italien, wo der junge, erst 27jährige Napoleon Bonaparte den Oberbefehl führte. Geboren am 15. August 1769 zu Ajaccio auf Korsika als Sohn eines vermögenslosen Edelmannes, kam Bonaparte durch Vermittlung einflußreicher Freunde auf die Kriegsschule zu Brienne, um sich daselbst für den Militärdienst vorzubereiten. Mathematik und Geschichte waren seine Liebliugs-studien, und tiefsinniges, schweigsames Wesen, eiserne Willenskraft und glühender Ehrgeiz zeichneten ihn vor allen seinen Genossen ans. Nachdem er zu Paris seine Bildung vollendet, wurde er in einem Alter von 17 Jahren in ein Artillerie-Regiment eingestellt und war beim Ausbruch der Revolution noch Leutnant. Doch seine Einsicht und Tapferkeit hoben ihn rasch von Stufe zu Stufe, und die Verdienste, welche er sich bei der Belagerung von Toulon erwarb, sowie der Beistand, den er der Direktorialregierung bei Niederwerfung der Jakobiner leistete, verschafften ihm die Stelle eines Oberbefehlshabers in Italien. Als solcher überstieg er im Frühjahr 1796 die Alpen und führte sein dem österreichischen an Zahl nachstehendes Heer durch geschickte Märsche und unerwartete Angriffe von Sieg zu Sieg. Ganz Norditalien fiel in die Hände der Franzosen, und schon bereitete man sich in Wien darauf vor, die Feinde vor den Thoren zu sehen, als der bestürzte kaiserliche Hof irrt Oktober 1797 den Frieden von Eampo Form io einging, in welchem Österreich gegen den Besitz der bisherigen Republik Venebig in die Abtretung der Nieberlaube und der Lombarbei willigte.
Im folgenben Frühjahre (1798) unternahm Bonaparte zur Vernichtung des englischen Handels im Morgenlande einen Zng nach Ägypten. Glücklich entging er mit seinen Schiffen den Nachstellungen der Engländer, nahm unterwegs das dem Johanniterorden gehörige Malta weg und stieg an der westlichen Nilmündung ans Land. Jetzt erschien auch die englische Flotte unter dem Admiral Nelson und vernichtete die französische in der Seeschlacht von Abnkir, ohne inbes Bonaparte in seinem Siegeslaufe aufhalten zu können. Unbeirrt zog der letztere den Nil aufwärts, schlug ein zahlreiches türkisches Reiterheer im Angesichte der Pyramiben und unterwarf hierauf ganz Ägypten. Dann brang er auf einem beschwerlichen Marsche in Syrien ein, und schon hatte er auch bieses Land zum großen Teil erobert, als ihn bennruhigeube Nachrichten aus der Heimat zur Rückkehr bewogen.
Zu Campo Formio war ausgemacht worben, daß die bnrch den Verlust des linken Rheinufers betroffenen beutfchen Fürsten
i
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— 61 —
Xxvi. Friedrich Wilhelm Iii. 1797—1840.
1. Sein Wesen, Streben und Leben. Er war ein Mann des Friedens in einer Zeit, da die Welt vom Waffenlärm widerhallte. Einfach, sparsam, gewissenhaft und gerecht, bemühte er sich redlich, alle eingerissenen Misstände Zn beseitigen. Den Glaubenszwang hob er auf; Günstlinge und gewissenlose Beamte entfernte er; Ordnung und Gewissenhaftigkeit brachte er wieder in die Verwaltung. Das Muster einer Fürstin, Gattin und Mutter war seine ebenso schöne wie edle und geistvolle Gemahlin Luise von Meckleuburg-Strelitz. Sie war der freundliche Leitstern ihres Gatten, die Vorsehung ihrer Kinder, der Engel der Nothleidenden und der gute Geist ihres Volkes. Das schöne Familienleben des königlichen Paares war ein Muster für das ganze Land.
2. Napoleon Bonaparte war ein Advokatensohn von der Insel Korsika. Bald drängte er durch seine Thaten alle in Schatten, die sich in Frankreich von unten auf bis zu den höchsten Stellen empor gearbeitet hatten. Durch scharfen Blick und Verstand, Entschlossenheit und Schnelligkeit wie die Begeisterung seiner Soldaten war er unwiderstehlich. Sieg auf Sieg erfocht er über die Oesterreicher in Italien und entriss ihnen viele Besitzungen. Um die verhassten Engländer in ihrem Handel zu vernichten, wollte er über Ägypten nach Ostindien vordringen. Bei den Pyramiden Kairos siegte er über die Türken, nachdem er seinen Soldaten zugerufen: „Von der Höhe dieser Pyramiden schauen 40 Jahrhunderte auf euch herab." Die Siege des Russen Suwarow in Italien riefen ihn nach Europa zurück. In Paris machte er sich zum ersten Konsul, erfocht in Italien den glänzenden Sieg bei Marengo 1800 und zwang Oesterreich zum Frieden von Lüneville 1801, der das linke Rheinufer an Frankreich brachte. Nachdem er sich mit Kriegsruhm bedeckt und weise Gesetze gegeben hatte, setzte er sich 1804 die Kaiserkrone der Franzosen auf.
3. Deutschlands Erniedrigung. Napoleon strebte nach der Weltherrschaft. In seinem Übermnthe verletzte er vielfach den Frieden. Da schlossen England, Russland und Oesterreich ein großes Bündnis gegen ihn. Wie der Blitz brach er in Deutschland ein, nahm den General Mack bei Ulm gefangen und besiegte Russland und Oesterreich in der Dreikaiserschlacht von Anst erli tz 1805. Oesterreich verlor im Frieden von Pressburg Venedig und Tyrol. Napoleon vereinigte 16 deutsche Fürsten zu dem schimpflichen „Rheinbünde" und nannte sich ihren „Beschützer." Willenlos thaten sie, was der Gewaltige wünschte. Kaiser Franz legte die deutsche Krone 1806 nieder und nannte sich Kaiser von Oesterreich. So ruhmlos endete das deutsche Reich nach tausendjährigem
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Verordnungen über Bauwesen, Verpachtung der Kämmereigüter
und Gemeindesteuern führten eine ganz neue Zeit für die Städte
herbei.
Eifrig war der König bestrebt, die Gewerbe, die damals
sehr daniederlagen, zu heben. Um die Wollindustrie zu
fördern, verbot er die Ausfuhr einheimischer Rohstoffe und die
Einfuhr fremder Wollwaren. Durch Handelsverträge mit Schweden
und Russland verschaffte er neue Absatzgebiete für deutsche Woll-
waren, ln Berlin gründete er eine Tuchfabrik im grossen Mals-
stabe und liess Weber, Spinner und Färber aus den Niederlanden
und anderen Ländern kommen.
Zur Hebung der Handwerker erliels er eine Handwerks-
ordnung, in der es heisst: ,,die Meister sollen die Lehrjungen in
gebührender Zucht halten, ihnen keinen Mutwillen noch andere
Ungebühr verstatten, hingegen sie zu Gottesfurcht und guten Sitten
soviel als möglich anhalten und unterweisen, an den Sonn-, Best-
und Busstagen zum Besuche des Gottesdienstes und zur Kinder-
lehre schicken, diese! bi gen auch, damit sie ihr Handwerk desto
besser erlernen, zu keiner anderen Hausarbeit, als was einem Lein-
jungen obliegt, gebrauchen, und wo sie immer Zucht und Be-
strafung bedürfen, dieselben gegen sie mit gebührender Bescheiden-
heit vornehmen, ihnen auch die zur Erhaltung der Gesundheit
benötigten Speisen und Trank reichen.“
Wie sein Vater war auch er dem österreichischen Kaiserhause
zugethan. Doch musste er am Ende seiner Regierung erfahren,
dass man in Wien seine Ehrenhaftigkeit missbrauchte. Am 81. Mai
1740 starb der König mit den Worten: „Herr Jesus, du bist mein
Gewinn im Leben und im Sterben.“
89. Friedrich Wilhelm Iii., 1797—1840.
Friedrich Wilhelm bestieg, siebenundzwanzig Fahre ach den Thron in
einer Feit, in der die französischen Heere siegreich gegen die verbündeten
Mächte vordrangen. Tie Franzosen hatten ihren König ermordet: eine
blutige Schreckensherrschaft war gefolgt, aber von der Freiheit, Gleichheit
und Brüderlichkeit war nichts zu erkennen. Gott hatte man abgesetzt:
göttliche und menschliche Ordnungen zertrümmert und statt dessen die
Vernunft zur Göttin erhoben und eine Willkürherrschaft begründet.
Ta kam Napoleon und machte sich znm ersten Konsul und danach
zum Kaiser der Franzosen. Weil er ihre Truppen von Sieg zu Sieg
führte, so folgten sie ihm mit Begeisterung. Für die Völker Europas
war er eine große Zuchtrute, durch die sie wieder zum lebendigen Gott
geführt wurden. Preußen hatte unter Friedrich Wilhelm Ii. 1795
den Frieden zu Basel mit Frankreich geschlossen und sich so von den
Verbündeten getrennt. Friedrich Wilhelm Iii. glaubte diesen Frieden
aufrecht erhalten zu müssen. Doch könnte Napoleon Treue nicht halten.
Er brachte es endlich dahin, daß ihm Preußen den Krieg erklärte. So
hatte er es gewollt. Preußen wurde bei Jena, 1806, von ihm gänzlich be-
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