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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 443

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 6. Erstes Hervvrtreten Frankreichs als Feind und Dränger rc. 443 nackte Eigennutz, die selbstsüchtige Vereinzelung, kühle Berechnung, ver- standesmäßige Abwägung des Maßes der zu gewährenden Freiheiten und Wohlthaten — vergebens sehnt man sich nach einem warmen Hauch der gegenseitigen Liebe und anhänglichen Vertrauens. Von Frank- reich ist die neuere kalte, selbstsüchtige, herzlose Staatskunst ausgegan- gen, und Philipp Iv. war ihr Vater. Er zuerst hatte ein Christen- reich losgelöst aus dem großen Verbände der ganzen Christenheit, nur dieses einigen Landes und seines Beherrschers Vortheil gesucht, unbe- kümmert um das Wohl und Wehe der gesammten übrigen Welt oder um die höheren sittlichen Güter der eignen Unterthanen. Mit schnel- len Schritten begann Frankreich der traurigen Rolle zuzueilen, den westlichen Staaten Europa's ein Führer zu werden zum Unglauben, zur Politik der Selbstsucht, zur Sittenlosigkeit, zum Abfall von Allem, was heilig und ehrwürdig ist. Es lagen zwar noch Zeiten schwerer Demü- thigung für Frankreich selber dazwischen, aber Philipp Iv. hat das Ziel klar genug für seine Nachfolger gewiesen, und sie haben seine Wei- sungen später wohl begriffen und angenommen. §. 6. Erstes Hervortreten Frankreichs als Feind und Dränger Deutschlands. Schon Philipp Iv. hatte die Gelegenheit benutzt, und während die Deutschen wieder durch innere Zerwürfnisse behindert waren, das Gebiet von Lyon, welches den Lehenrechten nach zum deutschen Reiche gehörte, an sich gerissen und damit den Anfang gemacht aller jener kleinlichen Veruntreuungen und Beraubungen, durch welche die deut- schen Grenzen im Laufe der Jahrhunderte von den Ufern der Rhone bis an die Ufer des obern Rheins zurückgeschoben wurden. Ebenso machte er es in Flandern und Lothringen. Sodann hatte er den Papst gedrängt, einem französischen Prinzen, seinem Bruder, nach Albrech t's Tode die deutsche Königskrone zu verschaffen, und so sehr war da- mals schon der päpstliche Hof in der Gewalt des Franzosenkönigs, daß der Papst es gar nicht mehr wagte, die Forderung offen abzu- schlagen. Nur durch unwürdige List wußte er, den Wünschen des Königs zuwider, die Wahl auf den tapfern und unternehmenden Heinrich Vii. aus dem Hause Luremburg zu lenken (1308—1313). Nach dessen baldigem Tode trat in Deutschland anfangs durch eine zwiespältige Kaiserwahl (neben Ludwig von Bayern wurde Fried- rich von Oestreich erwählt), dann nach Fried rieh's Ueberwindung und Rücktritt durch die Unbeständigkeit, Charakterlosigkeit und das unweise Benehmen des Kaisers Ludwig eine Zeit ein, welche recht dazu gemacht schien, um das ganze Elend des päpstlich-französischen Uebermuths mit voller Wuth auf unser Vaterland fallen zu lassen.

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 470

1859 - Lübeck : Rohden
470 Xxii. §. 14. Wiedererhebung Frankreichs rc. Reich hineinspielte, in seine eigne Hand zu bringen und zugleich die schönen italienischen Länder des Papstes zu gewinnen wünschte? Doch nicht auf diese Weise sollte die alte Weltmonarchie wiederher- gestellt werden. Sie sollte überhaupt nicht wiederkehren. Nur das sollte geschehen, daß die bedeutendsten und religiös angeregtesten Völker der europäischen Christenheit, daß Deutschland und die Niederlande mit Spanien und Italien noch einmal unter denselben Scepter gebracht wurden, damit der große Geisterkampf, der jetzt bevorstand, auf eine ehrliche und gründliche Weise zwischen ihnen könnte zu Ende gekämpft werden, wie es denn ja auch geschehen ist. $. 14. Wiedererhebung Frankreichs als Deutschlands Widerpart und Verderben der Schweiz. Indem wir die Gesammtheit der Länder überschauen, welche beim Beginn der Reformation durch das gemeinsame Herrschergeschlecht wieder mit einander in Berührung, in die engste Verbindung getreten sind, fällt es uns sogleich auf, daß der alte Gegner Deutschlands, daß Frankreich auch jetzt noch in seiner vereinzelten und feindlichen Stellung bleibt und der gesummten übrigen abendländischen Christen- heit als ein losgesondertes Glied gegenübertritt. Auch dem fränki- schen Volke sollte das reine Evangelium wieder angeboten werden, oftmals, reichlich, dringend; es sollten auch viele einzelne Seelen durch die lautere Predigt dem Verderben entrissen werden, wiewohl das Volk als Ganzes durch den bewußten und grimmigen Wider- stand gegen das Wort Gottes erst völlig zu der antichristischen Stel- lung und zu dem Verderben heranreifte, dem es vor unseren Augen entgegengeht. Aber aus dem Schooße Frankreichs konnte keine Kirchenresormation selbständig hervorgehen, die deutsche Reforma- tion blieb den romanischen Völkern fremd und reizlos. Es fand sich aber ein anderer Boden, der, obwohl ursprünglich Deutschland ange- hörig und mit deutschem Wesen gesättigt, doch seit längerer Zeit schon in gefährlicher Weise nach Frankreich hinüberneigte. Hier bildete sich eine zweiter Quell- und Mittelpunkt der Reformation, und neben der deutschen, germanischen Reformation in Sachsen begründete sich eine welsche, romanische Reformation in der Schweiz. Nicht so schnell waren die bedenklichen Folgen der allmäligen Los- reißung aller schweizer Cantone von den angestammten deut- schen Gewalten und althergebrachten Verpflichtungen sichtbar ge- worden. Ein halbes Jahrhundert hindurch hatten die verbundenen Schweizer nicht bloß den Ruhm unvergleichlicher Tapferkeit, ja Un- überwindlichkeit, sondern auch echter deutscher Treue und Biederkeit,

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 490

1859 - Lübeck : Rohden
4-90 Xxiii. §. 4. Fortschritt der Reformation während politischer Kämpfe. bald auch durch die pyrenäische Halbinsel. Oder sollen wir vielmehr sagen: es wuchs inmitten Italiens, unter den Vätern des Oratoriums der göttlichen Liebe ein ganz eigenthümliches reformatorisches Wesen auf, welches in der Lehre von der Rechtfertigung die lutherische Lehre auf das Genaueste berührte, übrigens aber selbständig seinen — leider nur sehr kurzen — Lauf vollendete. Eine der köstlichsten Früchte von jenem italienischen Zweig des reformatorischen Lebensbaums ist das uns kürzlich wieder in die Hände gegebene liebe Büchlein des Aonio Paleario von der Wohlthat Christi. Solche ungestörte gedeihliche Entwicklung hätte das Reformations- werk in Deutschland schwerlich genommen, wenn nicht Papst und Kaiser während dieser ganzen Zeit alle ihre Aufmerksamkeit einem andern Un- ternehmen zugewendet hätten, an dessen Gelingen ihnen Alles gelegen war. Wlr sahen schon, das Wormser Edict ruhte auf dem Bündniß zwischen Papst und Kaiser. Das Bündniß aber war gegen die Fran- zosen gerichtet. Man wollte die Franzosen, welche seit Franz' I. Sieg in der Schlacht von Marignano Mailand behauptet hatten (vgl. S. 473), aus Italien vertreiben. Eine bittere Feindschaft herrschte zwischen die- sem König und dem Kaiser. Franz selber hatte ja Kaiser werden wollen und konnte es dem burgundischen Prinzen, seinem alten Vasallen, nicht ver- geben, daß er ihm vorgezogen war. Karl aber machte noch seine bur- gundischen Ansprüche auf die Bourgogne geltend, wollte die altkaiser- liche Hoheit über das Arelat wieder Herstellen und die alten Reichs- kammergüter Mailand und Genua wieder herbeibringen. So wurde denn von 1521 bis 25 unaufhörlich in Ober-Italien und an den fran- zösischen Grenzen von Spanien, Italien und den Niederlanden her ge- kämpft. Man hätte meinen sollen, Frankreich, das von den Ländern des Feindes fast rings umschlossen war, hätte keinen Augenblick wider- stehen können. Dazu war auch noch der König von England mit dem Kaiser im Bunde. Allein hier zeigte es sich recht, welch' ein Unter- schied es ist, ob ein König über die Kräfte seines Landes nach eigner Willkür verfügen kann, wie die französischen Könige nach der von ihnen neugegründeten Staatskunst eö vermochten — oder ob der Fürst an die Bewilligungen seiner Stände gebunden ist. So war es mit dem Kai- ser der Fall. Das deutsche Reich kümmerte sich um den Krieg gar nicht. Flandern und Aragon machten nur sparsame Bewilligungen, in Castilien waren innere Feinde zu bewältigen. Die italienischen Kräfte, welche Karl aus den unterworfenen Provinzen Neapel und Sicilien ziehen konnte, waren nicht sehr bedeutend und die Hülfsinittel des Papstes reichten auch nicht weit. Franz I. hatte dagegen die ganze Kriegs- macht der schweizerischen Mannschaften in seinem Solde. Bisher hatten sie als das beste, als das einzige, und wenn es vereinigt war, unüber- windliche Fußvolk in der Christenheit gegolten. In diesen Kriegen aber ward ihr Ruhm zu Schanden. Das war ja klar, der gepanzerte Rit- ter, der Speerträger, der Armbruftschütze hielt vor dem Handrohr und

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 552

1859 - Lübeck : Rohden
552 Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges. anderes Elend als das des dreißigjährigen Krieges würde dem Umsturz der deutschen Verfassung und der Untergrabung des deutschen Wesens gefolgt sein. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges. Nach Gustav Adolf's Tode hatte sein Kanzler Orenstierna die politische, der Herzog Bernhard von Weimar die militärische Leitung der schwedischen Angelegenheiten übernommen. Aber das Ver- trauen der Protestanten zu den Schweden war dahin. Ein Jeder wünschte, daß sie doch nur Deutschland wieder verlassen möchten. Beson- ders nach Wallenstein's Tode, da die Furcht vor den kaiserlichen Heeren sich minderte und auch der Kaiser friedfertigere Gesinnungen offenbarte, ward es dem schwedischen Kanzler schwer, die deutschen Fürsten noch im schwedischen Interesse zusammenzuhalten. Nur die Furcht vor der schwedischen Kriegsmacht verhinderte noch die förmliche Lossagung der Deutschen von den Schweden. Als aber die letzteren in der Schlacht bei Nördlingen durch den Sohn des Kaisers Ferdinand auf's Haupt geschlagen waren, da schlossen sich die Deutschen sogleich mit Freuden an den Kaiser an. Kursachsen voran, schlossen sie den Frieden zu Prag (1635), wodurch der augsburger Religionsfriede be- stätigt, das Restitutionsedict zurückgenommen und aller Anlaß zu Kla- gen der Protestanten wider katholische Bedrückungen aus dem Wege geräumt wurde. Fast ganz Deutschland, auch alle protestantischen Fürsten und Städte traten diesem Frieden bei. So war also jede Ursache zur weitern Fortsetzung des Krieges entfernt. Nach 17 lan- gen Leidensjahren hätte unser Deutschland einer lang ersehnten Ruhe genießen können, wenn — Schweden und Franzosen nicht gewesen wären. Die Schweden wären wohl noch aus dem Reiche zu ver- jagen gewesen; sie waren auch selbst des Krieges müde, und hätten gern Frieden gehabt, wenn ihnen nur eine erwünschte Entschädigung, etwa die deutschen Ostseeländer wären eingeräumt worden. Aber was hätte Frankreich bewegen sollen, seine Kriegspläne aufzugeben? Bisher hatte dieser Erzfeind des deutschen Namens nur von ferne ge- standen und voll Freuden das Feuer geschürt, welches Deutschland verzehrte. Jetzt entschloß er sich, mit eignen Streitkräften in's Feld zu rücken, um so viel als möglich von dem deutschen Gebiet abzurei- ßcn und mit Frankreich zu vereinigen. Und schon fand sich unter den Deutschen selbst ein bethörter Fürst, der um eines schnöden Gewinnes willen, den man ihm vorspiegelte, sein Vaterland an den welschen Nachbar verrieth, um dann spater, wie es Verräthern geht, schmäh-

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 622

1859 - Lübeck : Rohden
622 Xxv. §. io. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. sten neben sich sah, konnte er seiner bisherigen Eroberungen nicht ftoh werden. Nicht belehrt durch das Beispiel Spaniens, wo die gereizte, bis zur Tigerwuth gesteigerte Volkskraft ihm ein Heer nach dem an- dern vernichtete, und heute scheinbar zu Boden gestreckt, morgen desto gefährlicher und grimmiger wieder hervorbrach, glaubte er, daß seinem Feldherrntalent und Glücksstern nichts unmöglich sei. Was war denn noch auf dem europäischen Festland, das ihn reizen konnte? Denn auf dem Festlande mußte es sein; Englands Jnselreich blieb ihm unantastbar. Der schmale Meeresarm zwischen Frankreich und Eng- land bildete damals eine unübersteigliche eherne Mauer, die aller Wuth und toddrohendem Verderben des Weltbezwingers spottete. Wie oft hatte er eine Landung, einen Einbruch in England angekündigt, wie lange und mühselig Alleö dazu vorbereitet; aber er ist nie damit zu Stande gekommen. Das Meer war sein Element nicht. An Schiffs- macht waren ihm die Engländer entschieden überlegen. Sie belager- ten ihn fast in seinen Häfen, sie vernichteten den ganzen französischen Seehandel, sie zerstörten ihm seine Flotten, sie nahmen alle französi- schen Colonieen weg: sie reizten alle seine Feinde unaufhörlich durch Geldsendungen und Hülfleistungen, in Spanien und Portugal hatten sie ihre Truppen dem erbitterten Volke zu Hülfe gesandt. Was konnte Napoleon gegen sie machen? Um ihnen einen gewaltigen Schlag bei- zubringen, verbot er allen Staaten Europa's den Handel mit Eng- land, englische Maaren ließ er wegnehmen und verbrennen. Der thö- richte Mann bedachte nicht, daß er durch solches Verbot seine eignen Unterlhanen am schwersten traf, zugleich aber einer ungeheuren und unvermeidlichen Schmuggelei die Thüren öffnete, die am Ende doch den Engländern Vortheil bringen mußte. Oestreich und Preußen nebst den übrigen kleineren Staaten hatten sich diesem Machtgebot des Kai- sers fügen müssen. Oestreich war ohnehin durch den letzten Krieg (1809) gänzlich vom Meer abgeschnitten und Preußen war der Willkür des stolzen und ungerechten Ueberwinders völlig preisgege- den. Aber daß das mächtige und noch unüberwundene Rußland sich ebenfalls zum Gehorsam gegen solch schmachvolles, den eignen Handel zerstörendes Decret herbeiließ, mag uns billig Wunder neh- men. Napoleon hatte sein „Continentalsystem" dem Kaiser von Ruß- land im Frieden von Memel (1807) aufgedrungen, und Kaiser Alex- ander hatte es bis dahin für nützlich erachtet, mit dem mächtigen Eroberer gute Freundschaft zu halten, war auch 1808 zu einer per- sönlichen Unterredung mit Napoleon in Erfurt zusammengekommen — die beiden fremden Kaiser mitten in Deutschland gleich als in

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 603

1859 - Lübeck : Rohden
Xxv. §. 8. Napoleon, die Geißel Gottes über die Welt. 603 der aufzurichten. Es ließ sich auch einen Augenblick so an. Napo- leon schien im eignen Lande so viel zu thun zu finden, durch Her- stellung einer kräftigen Ordnung in allen Provinzen so in Anspruch genommen, daß er selber für jetzt gar keinen Krieg wünschen konnte. Und doch, wie hätte zwischen dem anmaßlichen Emporkömmling Na- poleon und der allezeit im Trüben fischenden Handelspolitik Eng- lands ein dauernder Friede bestehen können? Wie hätten die übri- gen Mächte, namentlich Oestreich und Rußland, bei dem wieder aus- gebrochenen Kriege längere Zeit müßige Zuschauer bleiben können? Schon 1803 brach der englisch-französische Krieg wieder aus, und da die französischen Flotten nicht im Stande waren, dem englischen Jnselreich nahe zu kommen, so mußte die Landarmee gegen Hannover mar- schiren, denn die Kurfürsten von Hannover saßen seit 1714 auf dem englischen Königsthron. Daß er damit das Gebiet und die Rechte des deutschen Reichs verletzte, kümmerte den Consul natürlich gar nicht. Denn das deutsche Reich eristirte in seinen Augen gar nicht mehr (vollends nach den Schlachten von Ulm und Austerlitz und dem Frie- den zu Preßburg 1805), oder diente ihm nur zum erwünschten Spiel- raum für die große Scheere, mit der er stets geschäftig war, die Län- der nach einem neuen Muster zuzuschneiden und eine neue geogra- phische Mode aufzubringen. Und Rechte? Wo hätte sich jemals Napoleon um Rechte bekümmert? Er kannte weder göttliche noch menschliche Rechte, er kannte nur seine Laune, seinen Ehrgeiz, seinen Vortheil, seine Willkür, er war, so möchte man sagen, die fleischge- wordene Selbstsucht in eigner Person. Mit festem Schritte stieg er soeben die Stufen des Thrones hinan, nach welchem seine Herrsch- gier schon so lange getrachtet hatte. Schon 1802 hatte er sich zum lebenslänglichen Eonsul ernennen lassen, aber der Titel genügte ihm noch nicht. Es mußte etwas Glänzendes, Ungewöhnliches, Seltsames sein, womit er die Franzosen köderte, den Pöbel aller Länder blendete, die Mächtigen lähmte und über Alles, was sonst auf Ehrfurcht und Gehorsam auf Erden Anspruch machte, sich kühnlich hinweghob. So redete er denn seinen Soldaten und Unterthanen vor, das Königthum sei für immer abgeschafft; denn das Königthum sei Tyrannei, Will- kürherrschaft, Knechtung der Völker. Aber das Kaiserthum, das sei die rechte Freiheit, Wohlstand, Macht, Ehre; kurz, alle Glückseligkeit der Völker liege iin Kaiserthum, wohlgemerkt, in Na pol con's Kai- serthum verschlossen. Und dann ließ er sich von den wedelnden und schmeichelnden Speichelleckern förmlich bitten, wie um eine große Gunst, daß er doch Frankreich zu dem Gipfel alles Glückes emporheben und

7. Lesebuch für katholische Volksschulen - S. 217

1881 - Danzig : Boenig
217 am 16. Juni 1815 bei Ligny mit solchem Ungestüm auf,, die Preußen, daß dieselben nach einem schrecklichen Kampfe der Über- macht weichen mußten. Doch zogen sie sich in guter Ordnung zurück. Nun griff Napoleon am 18. Juni 1815 die Engländer bei Waterloo an. Lange schwankte die Schlacht. Da kamen gegen Abend die Preußen noch rettend zu hülfe herbei. Jetzt wurden die Franzosen vollständig besiegt. Napoleon stoh eiligst nach Paris zurück und suchte nach Amerika zu entkommen. Allein er mußte sich an ein englisches L-chiff ergeben. Die Ver- bündeten zogen nun im Juli 1815 wiederum in Paris ein. Hier schlossen sie den zweiten Pariser Frieden. Napoleon, der Stifter so schrecklichen Unheils, wurde auf die Insel Lst. Helena verbannt, wo er im Jahre 1821 starb. Während dieser Vor- gänge waren auch die europäischen Staatenverhältnisse durch den Kongreß zu Wien endgültig geordnet worden. Die vertriebenen Fürsten kehrten überall auf ihre Throne zurück. Preußen erhielt seine verlorenen Landesteile wieder und außerdem Schwedisch- Pommern mit Rügen, die Provinz Sachsen und die Rhein- provinz. Die deutschen Staaten bildeten den deutschen Bund. Die Gesandten derselben traten zu Frankfurt zum sogenannten Bundestag zusammen, der unter dem Vorsitze Österreichs fortan die Geschicke Deutschlands leiten sollte. Friedrich Wilhelm Iii. starb im Jahre 1840. 270. Friedrich Wilhelm Iv. (1840—1861). Auf Friedrich Wilhelm Iii., den „Gerechten“, wie sein Volk ihn nannte, folgte als König von Preussen 1840 sein ältester Lohn Friedrich Wilhelm Iv. Das war ein Fürst von hoher Geistesbildung, der in sich die edlen Eigenschaf- ten seines biederen Vaters und seiner hochherzigen Mutter, der Königin Luise vereinigte. Er erklärte bei seinem Regierungsantritte, dass er entschlossen sei, „in den Wegen des Vaters zu wandeln, für die Erhaltung des Friedens Sorge zu tragen und das Regiment in der Furcht Gottes und der Liebe der Menschen zu führen.“ Auch bekundeten des Königs Handlungen die trefflichsten Absichten für Preussens und Deutschlands Entwickelung. Durch die Er- richtung des vereinigten Landtags gewährte er seinem Volke eine grössere Beteiligung an den Staatsangelegenheiten. Mit Eifer war er bemüht, dem deutschen Bunde eine wür- digere Stellung unter den grossen Staaten Europas zu ver- schaffen. Für das kirchliche Leben, für Stiftungen der Frömmigkeit und Wohlthätigkeit, hatte er stets ein warmes Herz und eine freigebige Hand. „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“, bekannte er laut vor den

8. Lesebuch für katholische Volksschulen - S. 209

1881 - Danzig : Boenig
209 zur Gemahlin erkoren. Sie war ein Bild der Anmut und Freundlichkeit, und in ihrem Gemüte wohnte Frömmigkeit und Wohlwollen gegen jedermann. Im Jahre 1794 wurde sie Kron- prinzessin von Preußen. Das war ein Jubel in Berlin, als der Kronprinz an ihrer Seite seinen Einzug hielt. Hätten sie Blumen gehabt in den kalten Dezembertagen, sie hätten ihnen den Weg damit reichlich bestreut. Sie ließen es auch so nickt fehlen, das junge Paar festlich zu empfangen, und das ganze Land freute sich mit. Denn so ist es immer gewesen in Preußen: die Festtage des hohen Fürstenhauses sind auch die Festtage des Volkes. Das neuvermählte Paar führte eine glückliche und ge- segnete Ehe. Nirgends weilten sie lieber als daheim in ihrer Häuslichkeit. An den Festlichkeiten, die man wohl an Fürsten- höfen feiert, hing ihr Herz nicht. — Dem Volk gefiel es, daß Luise ein Herz für die Leiden und die Not der Armen hatte; ihre Leutseligkeit und ihr mildes Wesen gewann ihr aller Herzen. Das hohe Paar verkehrte auch gern mit gewöhnlichen Leuten. Das blieb so, als der Kronprinz König geworden war. Nicht weit von Potsdam liegt das Gut Paretz. Dort ver- weilten Friedrich Wilhelm und Luise oft und gern und verlebten da vergnügliche Tage. Der König ließ sich gern als den „Schulzen von Paretz" ansehen, und seine Gemahlin hieß „die gnädige Frau von Paretz." Die hohe königliche Frau verkehrte gar leutselig mit den schlichten Landleuten. Wenn sie in Paretz die Garben eingebracht hatten und das Erntefest bei Spiel und Tanz feierten, so hielt sie sich nicht für zu hoch, sondern mischte sich unter die lustigen Tänze der Landleute, tanzte auch wohl einmal mit. Auch sonst, wenn sie ein Dorffest feierten, verkehrte sie fröhlich mit den Bauersleuten, und die liebe Dorfjugend um- ringte sie jubelnd, wenn sie von Bude zu Bude ging, um Ge- schenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her schrien: „Mir auch was, Frau Königin!" Büttner. 262. Die Jahre der Trübsal. Napoleon, welcher sich 1804 zum Kaiser der Franzosen ge- macht hatte, strebte nach der Weltherrschaft. In seinem Über- mute verletzte er vielfach die Friedensbedingungen. Da schlossen England, Rußland und Österreich ein großes Bündnis gegen ihn. Wie der Blitz brach er in Deutschland ein und besiegte Rußland und Österreich in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz 1805. Er vereinigte 16 deutsche Fürsten zu dem schimpflichen „Rheinbünde" und nannte sich ihren „Beschützer." Willenlos thaten sie, was der Gewaltige wünschte. Kaiser Franz legte die deutsche Krone 1806 nieder und nannte sich Kaiser von Öster- Lesebuch für katholische Volksschulen. 14

9. Lesebuch für katholische Volksschulen - S. 285

1881 - Danzig : Boenig
285 alle Baumwolle wird in der Heimat verarbeitet. Ungeheure Massen davon werden nach der Ernte ins Ausland versandt, z. B. zu uns nach Deutschland, so daß auch hier Tausende von Menschen Arbeit und Verdienst haben durch das Spinnen und Weben dieser wichtigen Ge spinstp la n z e. B°ng-»d. ' 337. Gottes Lob in Wald und Feld. Was rauschen doch die Bäume im Walde alle so? — Sie loben Gott den Herren, drum rauschen sie alle so froh! Was blühen doch die Blumen so lieblich in dem Thal? — Sie danken ihrem Schöpfer, drum blühen sie allzumal! Was springen doch die Bächlein so lustig hier vorbei? — Sie preisen Gott im Himmel, drum springen sie alle so frei! Was singen doch die Vöglein so fröhlich in dem Wald? — Sie rühmen Gott den Herrn, drum singen sie, daß es schallt! Und wenn die Bäum' und Blumen, die Bäch' und Vögelein den lieben Gott so preisen, wie sollt' ich da stille sein? — Nein, Herr, ich will dich loben mit frohem Sang und Klang, will singen dir und springen vor Freud' mein Leben lang! G. Chr. Dieffenbach. 338. Brennbare Mineralien. 1. Wenn wir nichts als Holz zur Feuerung hätten, so würden manche Gegenden bald von den Menschen verlassen werden müssen. Allein der weise und gütige Schöpfer hat noch anderes Brennmaterial entstehen lassen und unter der Erde auf- bewahrt, daran sich die Menschen wohl noch viele tausend Jahre wärmen können. Das sind die Steinkohlen, die Braun- kohlen und der Torf. Vordem kannte man dieselben wenig oder gar nicht; aber die Not hat sie schätzen gelehrt. Für manche Verrichtungen taugt selbst das beste Holz nicht so gut, wie die Feuerung mit Steinkohlen, weil diese eine weit stärkere Hitze geben, als Holz. Für andere Zwecke sind der langsam glimmende Torf und die ebenso ausdauernde Braunkohle vorzuziehen. Jedenfalls sollen diejenigen, welchen es niemals an einem guten Herd- und Ofenfeuer mangelt, mag es nun aus dem Pflanzen- reich oder aus dem Mineralreich stammen, der göttlichen Vor- sehung für die Befriedigung eines der ersten Lebensbedürfnisse in unserem kälteren Klima dankbar sein. 2. Die Steinkohlen werden gleich den Metallen durch Bergbau zu Tage gefördert. Glücklicherweise sind aber ihre Lager gewaltiger, als die der Silber- und Kupfererze, sonst würde die saure Arbeit der Bergleute nicht belohnt werden. So groß auch der Wert der Steinkohlen wegen ihrer bedeutenden Brennkrast ist, so läßt sich doch nicht leugnen, daß sich mit

10. Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in mehrklassigen Volksschulen - S. 102

1881 - Merseburg : Steffenhagen
102 neten Feldherrn bei dem er die Kriegskunst studierte, und dessen Luise He nrrette er später zur Gemahlin nahm. Fried-rich Wilhelm befaß einen lebhaften Geist, einen scharfen Verstand ein bewundernswürdiges Gedächtnis und dabei ein tief religiöses Gemüt. Die Wohlthaten des Friedens nach Gebühr schätzend war er stets bestrebt, dieselben seinem Volke zu erhalten. Aber 10 brandenburgischen Namens galt, da ariff er unbedenklich zum Schwerte, und den Ruhm und die Größe seines Hauses ließ er nie aus den Augen. (Friedrich Wilhelm's erste Maßregeln.) Als Friedrich Wilhelm die Regierung antrat, war das Land verarmt, entvölkert und von fremden Truppen besetzt, während die eigenen im Dienste des Kaisers standen. Zuerst forderte er von den Besatzungen der brandenburgischen Festuugen den Eid der Treue; die ihn nicht leisteten, wurden entlassen, aus den übrigen bildete er ein kleines Heer von anfänglich nur 3000 Mann, das er indes von Jahr zu ^ahr vermehrte. Danu schloß er mit den Schweden einen Waffen-stillstand, infolge dessen die Feinde die Marken räumten und diesen den so lange entbehrten Frieden wiedergaben. Nun war der Kurfürst bemüht, die Wunden zu heilen, die der Krieg dein Bernde geschlagen. Er zog in Die verödeten Gegenden Ansiedler ans den Niederlanden und der Schweiz und begünstigte den Acker-Ä" auf mancherlei Weise; er förberte Handel und Verkehr durch Einführung der Posten und durch Anlegung von Straßen und Kanalen; er ermunterte die Gerverbthätigkeit, die Kunst und Wissen-Schaft, verbesserte die Schulen und gründete neue. Dank diesem umsichtigen Walten gedieh Brandenburg bald wieder zu schöner Blüte, und Friedrich Wilhelm's Ansehn stieg in kurzem so hoch daß er i'm westfälischen Frieden die oben erwähnten Gebietsvergrößerungen erhalten konnte. _ (Schwedisch-polnischer Krieg.) Im Jahre 1654 brach zwischen Schweden und Polen ein Krieg aus, in welchem der Kurfürst uicht wohl neutral bleiben durfte. Er verbündete sich daher zuerst mit den Schweden und besiegte mit ihnen die Gegner in der dreitägigen Schlacht bei Warschau, wofür ihn jene die Unabhängigkeit Preußens zusicherten. Doch Friedrich Wilhelm lag weuig daran, Schweden, das von jeher nach dem Besitze der Ostseeküste getrachtet, noch mächtiger werden zu sehen. Er trat daher jetzt Mit Polen in Unterhandlung und schloß mit ihm den Vertrag 1657zn Wehlau, durch welchen auch das letzterediesouveränität P re ußeus anerkannte. Drei Jahre später kam es zum Frieden von Oliva, und der Wehlauer Vertrag wurde von beiden Parteien bestätigt. (Ludwrg's Xiv Raubkriege am Rhein.) - Jii Frankreich regierte damals der eben so prachtliebende und üppige wie stolze und herrschsüchtige Ludwig Xiv. Dieser suchte aus der Ohn-
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