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1. Neue Zeit - S. 59

1897 - Stuttgart : Neff
59 Magdeburg, Bremen, seit Mai Lübeck) zunächst auf sechs Jahre sich zu gegenseitiger Hilfe verpflichteten bei allen Angriffen „um des Worts Gottes, evange- lischer Lehr oder unseres heiligen Glaubens willen“. Der Anschluss der Schweizer Reformierten erfolgte nicht, weil diese (vor allem Zürich und Bern) sich weigerten, die Tetrapolitana anzunehmen, was übrigens Sachsen auf die Dauer auch kaum genügt hätte. Die Möglichkeit eines politischen Anschlusses der meisten oberdeutschen Städte an die Schweizer, den Zwingli seit langem als einen Teil seiner umfassenden Projekte erstrebte, wurde durch den Untergang Zwinglis in der Schlacht bei Kappel (11. Oktober 1531) und den zweiten Kappeier Frieden beseitigt, in dem die reformierten Städte ihre „Burg- rechte“ aufgeben mussten. Untergang Zwinglis. Zwinglisplan war, dieeidgenossen- schaft so umzugestalten, dass das seitherige Uebergewicht der (an Bevölkerungszahl weit nachstehenden) fünf alten Orte durch ein noch ent- schiedeneres Uebergewicht der (meistens schon reformierten) Städte ersetzt würde, und mit ihr die oberdeutschen Städte zu verbinden. Aber in Zürich selbst musste er einer immer stärker werdenden Gegnerschaft gegenüber die massgebende Leitung der Politik aufgeben (Mitte 1530), und von den reformierten Eidgenossen widerstrebte Bern Zwinglis politischen Planen, besonders seiner Kriegspolitik. Da die fünf Orte den Bündnern im „Müsserkrieg“ gegen einen mailändischen Abenteurer keine Hilfe leisteten, entstand bei Zürich grosser Argwohn. Zwingli wünschte Krieg, aber auf Drängen der andern Städte, besonders Berns, beschlossen die reformierten Städte Mitte Mai 1531 gegen die fünf Orte eine (im ersten Kappeier Frieden vor- gesehene) Proviantsperre. Die fünf Orte, hiedurch bedrängt und erbittert, erklärten, ohne das Ergebnis ihrer Unterhandlungen mit dem Kaiser, Ferdinand, dem Papste u. a. abzuwarten, 9. Oktober den Krieg. Am 11. Oktober wurde das an Zahl bedeutend schwächere und in ungünstiger Stellung sich befindende Züricher Heer von dem der fünf Orte bei Kappel geschlagen; Zwingli fiel neben vielen andern hervorragenden Persönlichkeiten. Die fünf Orte Hessen seinen Leichnam vierteilen und als den eines „allererzesten Erzketzers“ verbrennen. Ein Heerhaufen evangelischer Städte wurde in schmählicher Weise von Zugern geschlagen (23. Oktober). In Stadt und Land Zürich wurde das Verlangen nach Frieden trotz Hilfs- bereitschaft Hessens und Strassburgs immer dringender und allgemeiner. In dem 16. November abgeschlossenen Frieden wurde die Gleichberech- tigung der Orte beider Konfessionen ausgesprochen, sowie Parität für die gemeinen Herrschaften, jedoch sollte eine katholische Minder- heit bei ihrejn Glauben geschützt sein. Das Burgrecht der Evangelischen wurde aufgehoben. In den Herrschaften des Klosters von St. Gallen, die der Abt jetzt zurückerhielt, gelangte zumeist die alte Kirche wieder zur Herrschaft, wie auch im Rheinthal, in Rapperswil und den „freien Aemtern“ des Aargau; in Glarus gewann sie wieder Boden, in Solothurn so ziemlich die Allein- herrschaft. Kaiser Karl hatte sich trotz Zuredens Ferdinands und des Papstes im zweiten Kappeier Krieg neutral verhalten — hauptsächhch wohl aus Rück- sicht auf Frankreich. Organisation des Sehmalkaldener Bundes. Der Bund zerfiel in zavei Kreise, den oberdeutschen und den sächsischen. Die Voll-

2. Neue Zeit - S. 135

1897 - Stuttgart : Neff
Kapitel Xiii. Westeuropa in den ersten Jahrzehnden des Xvii. Jahrhunderts. § 44. Ende des Freiheitskampfes der nördlichen Niederlande. Moritz hatte bis 1597 die Gebiete der Utrechter Union von spanischen Besatzungen gesäubert (Einnahme Groningens 1594). Parmas (zweiter) Nachfolger war von 1596 an Erzherzog Albrecht, Bruder Rudolfs Ii. Albrecht und seine Gemahlin Isabella, Phi- lipps Ii. Tochter, erhielten 1599 die spanischen Niederlande als scheinbar selbständiges Fürstentum, dem Spanien mit Geld und Offizieren aushalf. Die gemeinsame Gegnerschaft bethätigten Engländer und Holländer hauptsächlich in gemeinsamen Seezügen an die spanische Küste (Cadix 1596 erstürmt und ausgeplündert, aber nicht gehalten), gegen spanische Kolonien und Silberflotten; aber auch zu Lande wurden die Holländer von England unterstützt, so in den für sie siegreichen Schlachten bei Turnhout (1597) und bei Nieuwpoort (1600). Wie Albrecht an Wiedergewinnung der nördlichen Provinzen dachte, so die nördlichen an die der südlichen. Spinöla, der seit 1603 den Oberbefehl führte und für den Krieg selbst Millionen opferte, nahm 1604 nach mehr als dreijähriger Belagerung Ostende. Aber diese und andere spanische Erfolge zu Land wurden durch schwere Verluste zur See mehr als ausgeglichen, die Albrecht unter- stehenden Provinzen waren schwer verödet und hatten bei ge- mindertem Erwerb eine grosse Steuerlast zu tragen. Die General- staaten bezw. ihre Provinzen und Städte hatten ebenfalls eine enorme Schuldenlast aufgehäuft, auch der Steuerdruck war schwer; England hatte mit Spanien 1604 Frieden geschlossen, Frank- reichs offene und volle Hilfe war nur gegen Verzicht auf volle Unabhängigkeit zu erhalten. Ende 1606 begannen Unterhand- lungen; das Ergebnis war ein April 1609 abgeschlossener zwölfjähriger Waffenstillstand. Spanien erkannte die Unabhängigkeit der (sieben) vereinigten Pro- vinzen an, gestand ihnen das Recht zu, mit allen überseeischen Ländern zu verkehren, die nicht unmittelbar unter spanischer Herrschaft standen, und verzichtete darauf, dass Freiheit und Oeffentlichkeit des katholischen Kultus für das Gebiet der freien Niederlande zugesichert werde. Die freien Niederlande, deren geistige Energie, wirtschaftliche Kraft und Erfahrung durch stete

3. Neue Zeit - S. 159

1897 - Stuttgart : Neff
Bundesgenossen Böhmens und des Kaisers. Der Böhmen Niederlage und Unterwerfung. Thurn und Hohenlohe ver- einigten sich mit Bethlen Gabor zu gemeinsamem Zug gegen Wien (November 1619), aber es fehlte ihnen an Geschütz, und Bethlen Gabor zog sich zurück, da eine von Polen unter- stützte Erhebung der ungarischen Katholiken ihn von Sieben- bürgen abzuschneiden drohte. Bald, nachdem er zum Fürsten von Ungarn gewählt war, schloss er mit Ferdinand 16. Januar 1620 einen Waffenstillstand auf Grund des gegenwärtigen Be- sitzes, aber am 25. Januar wieder ein Bündnis mit Böhmen und Mähren. August 1620 wurde er zum König von Ungarn gewählt. Noch trügerischer erwiesen sich die Hoffnungen der Böhmen auf Hilfe seitens der Union, die höchstens an einen Ueberfall geistlicher Gebiete dachte, Frankreichs, das eher bereit war, Ferdinand zu unterstützen, und Englands, dessen König bei seiner absolutistischen Gesinnung die böhmische Kebellion verabscheute und Spaniens Gunst nicht verscherzen wollte. Die Generalstaaten zahlten allerdings Subsidien. Sehr schlimm waren die eigenen Verhältnisse Böhmens: das Heer wiederholt meuterisch, durch Not und Seuche ge- schwächt, die Söldner und die adligen Herren zuchtlos, die Feld- herrn unter sich uneinig; der überhaupt wenig opferwillige Adel abgeneigt, die schwer gedrückte Bauernschaft (Bauernaufstände) durch Zugeständnisse für Unterstützung der Sache zu gewinnen; j König Friedrich war nicht der Mann, um Besserung zu schaffen, sein nach damaliger Sitte ungeheurer Hofstaat und üppiger Haushalt steigerte die Finanznot, sein calvinistiseher Hofprediger I verletzte in Wort und That die böhmischen Protestanten. Fer- dinand gewann dagegen vielseitige und wertvolle Hilfe: die der jetzt wieder umfassenderen (s. S. 155) Liga und Maximilians von Bayern, dem er zu einst- weiliger Sicherstellung für die Auslagen die deutschen Erblande, die er besetzen würde, verpfändete und mündlich Belehnung mit der pfälzischen Kur und mit Teilen der kurpfälzischen Terri- torien zusicherte, vermehrte Geldhilfe von seitenpaulsv. l (1605—1621), militärische von Toskana und Polen (Kosaken), in grösserem Umfang von Spanien, das dabei Gebiete zu besserer Verbindung Italiens und seiner Niederlande zu erwerben [ gedachte. Durch einen Neutralitätsvertrag zwischen I Union und Liga, der unter französischer Vermittelung Ende I Mai 1620 zu stände kam, wurde es Max möglich, die ligistische I | Armee gegen Oesterreich und Böhmen zu verwenden. Gegen I die Kurpfalz, die nicht anzugreifen die Liga sich verpflichtete, [ war ein spanisches Heer unter Spinola im Anmarsch.

4. Neue Zeit - S. 254

1897 - Stuttgart : Neff
254 Rekrutierungsbezirke für die einzelnen Regimenter, eingeteilt wurde, doch war der Adel von der Rekrutierung ganz befreit und die Aushebung im wesentlichen auf die ländliche und kleinbürger- liche Bevölkerung beschränkt; auch wurden die „Kantonisten“ immer wieder auf längere Zeit beurlaubt. Die Hälfte des Heeres bestand immer noch aus Geworbenen, die seinen eiser- nen Bestand bildeten. Das Offizierscorps ergänzte Friedrich Wilhelm, der die Ernennung aller Offiziere an sich nahm, grund- sätzlich aus Preussen und vorzugsweise, doch nicht ausscliliess- lich, aus dem Adel. Indem der König selbst durchaus als Mit- glied dieses Offizierscorps sich fühlte und gab, hatte er ein weiteres Mittel, sich dessen unbedingte Ergebenheit zu sichern und auf dessen Geist in seinem Sinn einzuwirken. In der äusserenpolitik hatte sich Friedrich Wilhelm I. mit dem, was Preussen im Utrecliter und im Stockholmer Frieden (s. S. 235/6 und S. 244) gewann, begnügt. Von den Mitteln einer Grossmachtpolitik, die er nach und nach seinem Staate schuf (ein Schatz von 8 Millionen Thaler und ein schlag- fertiges Heer von 80000 Mann), machte er für die Zwecke, die ihm am Herzen lagen, keinen Gebrauch. Das Blut- gericht, das in Tjhorn auf Klage der dortigen Jesuiten wegen einer groben Ausschreitung vieler durch die jesuitische Pro- paganda gereizter lutherischer Bürger vom polnischen Königs- gericht über den Bürgermeister Rösner und neun Bürger ver- hängt wurde (1724), konnte er weder durch seine Verwendung verhindern, noch that er etwas, um seinem unter Berufung auf den Frieden von Oliva eingelegten Protest Nachdruck zu geben. Und in der Frage der Bergischen Erbschaft (s. S. 247/8) erreichte er mit seinem Bestreben, die preussischen An- sprüche ausschliesslich durch Verträge zu sichern, nichts, als dass die Erfüllung auch seiner immer mehr ermässigten An- sprüche von dem guten Willen Frankreichs abhing, das von Oesterreich und Preussen umworben wurde und durch die ein- ander widersprechenden Verträge, die es betreffs des Jülich- Bergischen Erbfalls mit diesen zwei Staaten 1739 schloss, beide täuschte.

5. Neue Zeit - S. 272

1897 - Stuttgart : Neff
wartete bis Ende August, weil dann ein Eingreifen Russlands und Frankreichs in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten war, und rückte, nachdem er auf eine Anfrage über Oesterreichs Absichten eine unbefriedigende Antwort erhalten hatte, 29. Aug. 1756 in Sachsen ein. Oie Besetzung Dresdens lieferte ihm die Originale der zwischen den gegnerischen Mächten gewechselten Aktenstücke in die Hände und damit die Möglichkeit, sein Vor- gehen in einem mémoire raisonné sur la conduite des cours de Vienne et de Saxe zu rechtfertigen. Oie Forderung eines Bünd- nisses mit Preussen wurde von Sachsen, dessen ungerüstetes Heer bei Pirna ein festes Lager bezog, abgelehnt. § 83. Der siebenjährige (dritte schlesische) und der gleichzeitige englisch-französische Krieg. Die beiden ersten Kriegsjahre. Dass äch sis che Heer musste, nachdem ein österreichischer Entsatzversuch durch Friedrichs Sieg hei Lobösitz (1. Oktober) vereitelt worden war, 16. Oktober die Waffen strecken. Doch hatte der lange Widerstand es Friedrich unmöglich gemacht, noch in diesem Jahr, vor Vollendung der österreichischen Rüstungen, einen ent- scheidenden Schlag zu führen; dass die sächsischen Truppen zwangsweise dem preussischen Heer einverleibt wurden, war ein Fehler, der sich im Verlauf des Kriegs auch militärisch rächte. Aber die Beherrschung Sachsens, das in preussische Ver- waltung genommen wurde, Brandenburg gegen Süden deckte und Friedrich in den Besitz der kürzeren „inneren Linien“ setzte, war strategisch und finanziell für die weitere preussische Kriegführung von entscheidender Wichtigkeit. An- dererseits bewirkte der Angriff Friedrichs, dass gegen ihn (7. Januar 1757) der Reichskrieg beschlossen wurde, und dass gegen den „Störer der öffentlichen Ruhe“ Russland (Petersburger Konvention vom 2. Februar), Schweden (21. März) und Frankreich (Versailler Vertrag vom 1. Mai) sich durch Kriegs- und Teilungsverträge mit Oesterreich zu einem gemeinsamen Angriffskrieg verbanden, der Preussen auf den Testament Friedrichs des Grossen vom Jahr 1752, erscheint aber als unhalt- bar, da Friedrich die Voraussetzungen, deren Zutreffen er nach einer Stelle jenes Testaments als unerlässliche Bedingung für das etwaige Wagnis eines Eroberungskriegs gegen Oesterreich bezeichnet, im Jahr 1756 immöglich als gegeben betrachten konnte. Dass Friedrich, als er erst um seiner Sicherheit willen zum Krieg entschlossen war, für den Fall eines völligen Siegs an Er- oberungen gedacht hat, liegt in der Natur der Sache, beweist aber nichts für die Annahme, dass ihm der Entschluss zum Krieg durch Eroberungsabsichten eingegeben worden sei.

6. Neue Zeit - S. 354

1897 - Stuttgart : Neff
354 Friedensanerbietungen, die darauf Napoleon dem preussischen König machte, wies dieser zurück, und schloss mit Schweden 20. April 1807 ein Bündnis zum Zweck der Befreiung Preussisch- Pommerns, am 26. April mit Kussland den Vertrag von Barten- stein, in dem sich beide Teile verpflichteten, die Waffen nicht niederzulegen, ehe die Franzosen über den Rhein zurückgedrängt seien, für sich aber keine Eroberungen zu machen; auch England beteiligte sich und war bald zur Zahlung von Subsidien bereit. Aber die Niederlage der Russen bei Friedland (14. Juni 1807) bewirkte nicht nur, dass diese über den Niemen zurück- gingen, worauf die Preussen folgen und Königsberg räumen mussten, sondern auch, dass Alexander in Friedensunterhand- lungen mit Napoleon trat. Der Friede von Tilsit. Alexander I. Hess sich von Napoleons Liebenswürdigkeit und noch mehr von den Aussichten, die er ihm auf Vergrösserung der russischen Macht eröffnete, völlig gewinnen. Vergeblich verstand sich die bisher von Napoleon mit Schmähungen verfolgte preussische Königin Luise zu dem Versuch, Napoleon persönlich zu einer Milderung der Bedingungen zu bestimmen. Am 7. Juli 1807 wurde der Friede von Tilsit zwischen den russischen und französischen, am 9. von den preussischen Bevollmächtigten unterzeichnet; „aus Rücksicht auf Kaiser Alexander“ gab Napoleon dem preussischen König die kleinere Hälfte seiner Staaten (2856 Qm mit 4600000 Einw.) zurück ; alles preussische Gebiet westlich der Elbe mit Magdeburg und die Erwerbungen der zweiten und dritten polnischen Teilung musste Preussen abtreten, ausserdem den Kreis Kottbus, den Sachsen, und den Kreis Bialy stock, den Russland erhielt; Danzig wurde Freistaat mit französischer Besatzung. Süd- und Südostpreussen erhielt als „Grossherzogtum Warschau“ der König von Sachsen, den grösseren Teil der westelbischen Abtretungen Preussens mit Hessen-Kassel, Braunschweig und anderen welfischen Ge- bietsteilen Napoleons jüngster Bruder Jérôme als „Königreich Westfalendas Grossherzogtum Berg wurde bedeutend ver- grössert (u. a. durch Münster und Grafschaft Mark) ; an Holland fiel Ostfriesland ; zur Verfügung Frankreichs blieb Hannover, Erfurt, Baireuth. Alexander erkannte alle diese, sowie die früher von Napoleon vorgenoynmenen Gebietsänderungen und dessen poli- tische Schöpfungen an, überliess an Frankreich die jonischen Inseln und trat der Kontiyientalsperre gegen England bei. Napoleon übernahm die Vermittlung des Friedens zwischen Russland und der Türkei und machte zugleich dem russischen Kaiser Aussicht auf eine Teilung der Türkei. Frankreich und Russland schlossen ein geheimes Schutz- und Trutzbündnis.

7. Neue Zeit - S. 366

1897 - Stuttgart : Neff
— 366 — Edikt über die Judenemancipation (11. März 1812) erlassen und das Gleichgewicht im Staatshaushalt unter gleich- zeitiger Abzahlung von zwei Dritteln der französischen Schuld hergestellt.. Hand in Hand mit der politischen Neubildung ging eine Umwandlung des geistigen Lebens: dass Vaterlands- liebe und die bürgerlichen Tugenden mehr wert seien als schön- geistiges Wesen, dass die allgemein menschliche Bildung auf der Grundlage heimischer Eigenart und nationaler Selbständig- keit ruhen müsse, wenn sie nicht in charakterlose Oberflächlich- keit ausarten solle, dass den religiösen und sittlichen Faktoren des Volkslebens die grösste Bedeutung für die Geschicke eines Volkes zukommen, dass der Kampf gegen die Fremdherrschaft zugleich die elementarste und die heiligste Pflicht sei, waren die Ueberzeugungen, mit denen die geistigen Führer des Volks, ein J. G. Fichte (seine „Reden an die deutsche Nation“ 1808), Ernst Moritz Arndt (sein „Geist derzeit“ 1806 begonnen), Schleiermacher u. a., sich durchdrungen hatten und nament- lich die jüngere Generation erfüllten; freilich fehlte es auch nicht an Einseitigkeiten und Uebertreibungen in dieser Pflege des vaterländischen Sinns, so bei Jahn, der 1811 den Turnplatz auf der Hasenheide in Berlin eröflhete. Der „Tugendbund“, der, 1808 in Königsberg gegründet, schon 31. Dezember 1809 auf Wunsch des Königs sich auflöste, war hauptsächlich als Zeichen der Zeit und wegen des Eindrucks, den er auf die Franzosen machte, von einer gewissen Bedeutung gewesen. Eine That von bleibendem Wert für das deutsche Geistesleben und zugleich die für die Bedürfnisse der Zeit notwendige Ergänzung des patriotisch-sittlichen Gesichtspunkts durch die Wissenschaft war die von W. v. Humboldt angeregte Gründung der Ber- liner Universität, die im Herbst 1810 eröffnet wurde, kurz nachdem Königin Luise gestorben war (19. Juli 1810); das Ver- mächtnis, das sie ihrer Familie und ihrem Volk hinterliess, war die Pflicht der Wiederherstellung des Vaterlands. Zunächst frei- lich musste Preussen seinem Bezwinger Heeresfolge leisten. § 111. Napoleons Krieg mit Russland. Die Vorbereitung des Kriegs. Napoleons Bündnis mit Bussland war von vornherein nicht bestandfähig, weil Napoleon niemals im Ernst gewillt war, die Vorherrschaft in Europa mit Alexander zu teilen. Dies zeigte sich besonders in dem Rückhalt, den die Türkei den russischen Absichten gegen- über an Frankreich fand, und in der Begünstigung des Gross-

8. Neue Zeit - S. 373

1897 - Stuttgart : Neff
373 stand Anfang des Jahres 1814 mit seinem siegreichen Heer vor Bayonne, und die spanische Regentschaft weigerte sich, ohne England Frieden zu schliessen, obgleich Napoleon in einem Ver- trag vom 8. Dezember 1813 Ferdinand Vii. als spanischen König anerkannt hatte. § 114. Der Sturz Napoleons. Der Krieg von 1814. Im November 1813 hatte Metternich Napoleon Vorschläge machen lassen, wonach dieser französischer Kaiser bleiben und Frankreich seine „natürlichen Grenzen“ be- halten sollte, was Arndt zu seiner Schrift „der Rhein Deutsch- lands Strom, nicht Deutschlands Grenzeu veranlasste. Da Napoleon, Metternichs Erwartungen entsprechend, zuerst ablehnend, dann mit sehr viel weitergehenden Forderimgen antwortete, erliessen die Verbündeten die Frankfurter Proklamation, worin sie als ihr Ziel Unabhängigkeit des französischen Reichs, wie aller andern europäischen Staaten und Napoleon als einziges Hindernis des Friedens bezeichneten. Doch unterdrückte Napoleon alle Regungen des Widerstandes gegen die neuen Opfer, die er dem französischen Volk zumutete. Blücher, der in der Neujahrsnacht den Rhein bei Caub überschritten hatte, und die grosse Armee, die von der Schweiz aus in Frankreich eindrang, zogen der Champagne zu, und Blücher, bei Brienne von Napoleon zurück- gedrängt, aber dann durch Abteilungen der grossen Armee ver- stärkt, siegte über Napoleon hei La Rothiere 1. Februar 1814, worauf dieser seinem Gesandten Caulaincourt weitgehende Voll- machten für den am 5. Februar eröffneten Friedenskongress in Chätillon gab. Aber Napoleon benützte die Trennung der ver- bündeten Heere, um zuerst die einzelnen Abteilungen des die Marne entlang ziehenden Blüclier’schen Heeres in einer Reihe von Gefechten bei Montmirail, Chateau- Thierry und Etoges (10. bis 15. Februar) zu schlagen und dann die grosse Armee, die dem Lauf der Seine gefolgt war, durch die Gefechte hei Nangis und Montereau (17-/18. Februar) auf Troyes zurückzudrängen; nun nahm er die Friedensvollmachten zurück, doch löste sich der Kongress erst am 18. März ohne Ergebnis auf. Während sich Napoleon wieder gegen Blücher wandte, der mit seinem rasch wiederhergestellten Heer auf Soissons marschierte, um sich mit Bülow, dem Eroberer Hollands, zu vereinigen, wurden Macdonald und Oudinot bei Bar sur Auhe von der grossen Armee geschlagen, und am 1. März schlossen Russland, Grossbritannien, Oesterreich und Preussen den Vertrag vonchaumont, der ausser einem Schutz- und Trutzbündnis auf 20 Jahre das Programm der Neu- 1 -Wm*

9. Neue Zeit - S. 383

1897 - Stuttgart : Neff
383 von Ranke (1795—1886) systematisch durchgebildet wurde; auf die Erforschung des Urchristentums wurde sie von der „Tübinger Schule“ (Ferd. Chr. Baur, 1792—1860) angewendet. Der klassischen Philologie und Alter- tumswissenschaft, die durch Böckh (1785—1867), durch Gottfried Her- mann (1772—1848) und Imm. Becker (1785—1871), Lachmann (1793—1851) u. a. zu hoher Blüte gebracht wurde, trat ebenbürtig zur Seite die germanistische Wissenschaft (die Brüder Grimm, Jakob 1785—1868 und Wilhelm 1786 bis 1859, Uhland 1787—1862, Lachmann). Die vergleichende Sprach- Avissenschaft begründete der Sanskritforscher Franz Bopp (1791—1861); ihr Avidmete auch W. v. Humboldt (1767—1835) seine Avissenschaftliche Haupt- thätigkeit. Dessen Bruder Alexander v. Humboldt (1769—1859) Avar der vielseitigstenaturforscher seiner Zeit, ausgezeichnet durch den Reichtum eines durch eigene Anschauung erworbenen, alle Gebiete der Natur umfassenden Wissens und die geistige Beherrschung des ungeheuren Stoifs. Ihm geistesverwandt war Karl Ritter (1779——1859), der die „ Wissenschaft der vergleichenden Erdkunde“ schuf. Der grösste Mathematiker seiner Zeit Avar Gauss (1777—1855). In der Physik wurden die Brüder Weber (der Physiolog E. H. 1795—1878 und der Physiker W. E. 1804—91) die Begründer der Wellenlehre, der Grundlage der modernen Optik und Akustik; Gauss und W. Weber stellten 1833 den ersten elektromagnetischen Telegraphen her. Aus- gangspunkt der Spektralanalyse wurde die Entdeckung der dunklen Linien im Sonnenspektrum (1814/15) durch Fraunhofer (1787—1826), den Verbesserer der optischen Instrumente. Um Theorie und praktische Verwertung der Chemie hat sich vor allem Justus Liebig (1803—1873) Verdienste envorben. Das Gesetz von der „Erhaltung der Energie“ hat zuerst (1841, bezw. 42) der Heilbronner Arzt R. Mayer (1814—78) entdeckt. § 118. Die Zeit der heiligen Allianz. Die heilige Allianz (s. S. 380), der die übrigen christlichen Staaten Europas ausser England und dem Papst nacheinander bei- traten, sollte nach der Absicht des bei aller mystischen Empfind- samkeit klug auf seinen Vorteil bedachten Alexander I. ein euro- päisches Staatensystem begründen, in dem Russland, durch das friedensbedürftige Preussen gestützt, die Leitung gehabt hätte; aber Metternich, der im Sinne Franz’I. Oesterreich mit grundsätzlicher Ab Weisung j eden Fortschritts, auch soweit ein solcher mit dem Absolutismus verträglich gewesen wäre, durch eine allmächtige Polizei regierte, machte durch sein diplomatisches Geschick die heilige Allianz dem Zweck, die liberalen und nationalen Bestrebungen der Deutschen, Italiener und Spanier zu unterdrücken, und so der öster- reichischen Politik vor allem in Deutschland und Italien dienstbar. Das Hauptmittel der Metternich'sehen Politik waren die Kongresse, auf denen nach Art. 6 des zweiten Pariser Friedens die verbündeten Herrscher die Europa betreffenden Fragen im Sinn der „Legitimität“ regeln wollten; England schloss sich unter Castlereagh {1821 *]*) der Politik der Ostmächte an. Auf dem ersten dieser Kongresse in Aachen (1818) wurde die Zurück-

10. Neue Zeit - S. 397

1897 - Stuttgart : Neff
Japan erschloss sich seit 1854 durch Handelsverträge dem Ver- kehr mit der Union und den europäischen Staaten und seit 1869, nach Wiederaufrichtung der monarchischen Gewalt des Mikado, der abendländischen Kultur. § 121. Englands innere Entwickelung zwischen 1815 und 1850. Für die innere Politik Englands nach 1815 wurden die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse von zunehmender Wichtigkeit. Die Staatsschulden waren während des Kriegs auf 861 Millionen Pfund gestiegen, der Prozentsatz der öffentlich unterstützten Armen sehr gewachsen. Das Aufhören der Kontinentalsperre brachte der Industrie durch die auf den Be- darf des Festlands spekulierende Ueberproduktion, der Landwirtschaft durch die Ueberschwemmung mit ausländischem Getreide Gefahr. Der Grossgrund- besitz suchte das Sinken der Getreidepreise zu verhindern durch Erhöhung des Mindestpreises, bei dem Einfuhr zu mässigem Zoll gestattet wurde, und durch Festhalten eines die Einfuhr beinahe ausschliessenden Zolls bei mittleren, durch Schaffung einer Ausfuhrprämie bei niedrigen Getreidepreisen. Industrie und Handel nahmen allerdings rasch einen ausserordentlichen Aufschwung durch die hauptsächlich von Engländern gemachten und in England zuerst verwerteten Erfindungen (James Watts Dampfmaschine 1768, llargreaves und Arkivrights Spinnmaschine 1768. Puddleverfahren 1780, Cart- wrights mechanischer Webstuhl 1786, Davys Sicherheitslampe für Kohlenberg- werke 1815; Dampf Schiffahrt, 1807 in Amerika von Fulton, 1812 in Eng- land eröffnet, Ankunft des ersten amerikanischen Dampfschilfs in Liverpool 1819, seit 1888 regelmässiger Dampferverkehr mit Amerika; Stephensons Loko- motive 1812 und erste Eisenbahn Stockton-Darlington 1825, Manchester-Liver- pool 1880), und infolge davon überflügelte das bewegliche Kapital den Grund- besitz wreit; aber die materielle Lage des zahlreichen Arbeiter- standes war infolge der Kornzölle und zunächst auch der Anwendung der Maschinen eine sehr ungünstige. Kinder (zum Teil von den Armen- häusern gruppenweise geliefert) wurden schon vom sechsten oder siebenten, meistens vom achten Jahr ab oft mit 14 —16stündiger Arbeitszeit und unter der brutalsten Behandlung in grossem Umfange verwendet. Noch 1839 waren von 419560 Fabrikarbeitern 192887 unter 18 Jahre alt, nachdem 1835 die Arbeit von Kindern unter neun Jahren verboten worden war. Ebenso wurde die Verwendung der Mädchen und Frauen, auch in Bergwerken, immer mehr ausgedehnt. Zu diesem Gegensatz zwischen dem grundbesitzen- den Adel, der zunächst im thatsächlichen Alleinbesitz des Parlaments und damit der politischen Macht war, dem Mittelstand, insbesondere der Industriellen und Kapitalisten, der einen seiner thatsächlichen Be- deutung entsprechenden Einfluss auf die Politik beanspruchte, und dem Arbeiterstand, der Einfluss auf die Gesetzgebung anstrebte, um eine Verbesserung seiner Existenzbedingungen zu erreichen, kam die Unzufrieden- heit der katholischen Irländer mit ihrer politisch rechtlosen und materiell schwer gedrückten Lage; die Interessen der in Irland ansässigen Protestanten verteidigte in einseitiger und auch nicht immer gesetzlicher Weise der „Orangistenbund“ (nach dem Oranier Wilhelm Iii. benannt). Gegen die ungesunden sittlichen Zustände, die in den leitenden Kreisen herrschten, und auf die der Ehescheidungsprozess Georgs Iv. (1820 — 30) ein grelles Licht warf, erhoben der geniale Lord Byron (1788—1824) und der ihm geistes- verwandte Shelley (1792—1822), die ihrerseits nicht besser scheinen wollten, als sie waren, in ihren von Weltschmerz erfüllten Dichtungen eine ver- nichtende Anklage.
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TM Hauptwörter (200)200

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