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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 42

1908 - Altenburg : Bonde
42 hoch gestiegen, denn die Finten hatten grossen Schaden getan. Am 7. Mai kam ein armer Leinweber, ein ehrlicher Meister aus dem Orte. Sein Gesicht sah vor Hunger und Grämen selber aus wie graue Leinwand. Er zählte ihm, damit der reiche Mann Geld sähe, für einen halben Scheffel 3 Taler 22 Groschen auf den Tisch. Die 22 Groschen bestanden aus Dreiern, Sechsern und Groschen, denn der Mann hatte alles zusammengesucht. Aber der Bauer sprach: „Euer Auszählen hilft Euch nichts; der Scheffel kostet 8 Taler, das ist mein Satz. Eher tue ich meinen Boden nicht auf.“ Des Bauern Söhnchen, ein Bürschchen von 10 Jahren, zupfte den Alten am Rock: „Vater, gebts ihm doch!“ Aber der Vater prägte ihm mit einem Rippenstofse andere Grundsätze ins Herz. Der Weher musste sein Geld zu- sammenstreichen und heimwandern. Den 8. Mai in der Abenddämmerung kam die Zeitung an. Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden wollte: Roggen 8 Taler. Da zitterten ihm die Glieder vor Freude. Er nahm ein Licht, ging auf den Boden und wollte über- sehen , wie viel er wohl verkaufen könne, und überschlagen, wie gross seine Einnahme wäre. Indem er so durch die Haufen und gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er an einem umgefallenen, fällt selber, das Licht fliegt ihm aus der Hand und in einen Haufen Stroh, der daneben liegt. Ehe er sich aber aufraffen kann, steht das Stroh in hellen Flammen; ehe an Hilfe zu denken ist, hat das Feuer Dach- stuhl und Dielen ergriffen. Um Mitternacht an demselben Tage, wo der Scheffel Roggen 8 Taler galt, wo der Bauer auf seinen Satz gekommen war und seinen Boden geöffnet hatte, stand er am Schutthaufen seines ganzen Gutes als ein armer Mann. Ahlfeld. 46. Der Lotse. „Siehst du die Brigg dort auf den Wellen? Sie steuert falsch, sie treibt herein und muß am Vorgebirg zerschellen, lenkt sie nicht augenblicklich ein. Ich muß hinaus, daß ich sie leite!" - „Gehst du ins offne Wasser vor, so legt dein Boot sich auf die Seite und richtet nimmer sich empor." —

2. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 47

1908 - Altenburg : Bonde
47 polnischen Kirchhofe liege. Die Meisterin, welche dem unbekannten Wohltäter ihres geliebten Ehegatten schon oft Gottes Segen auf allen seinen Wegen gewünscht hatte, war zur Küche hineingesprungen, hatte eiligst ihre Hand auf beiden Seiten abgetrocknet und sie unter den freundlichsten Grüßen dem werten Gaste hingestreckt. Sie eilte aber bald wieder hinaus, um zwei fette Gänse abzuschlachten und ein fest- liches Mahl zu bereiten, wozu sie ihre ganze Freundschaft laden ließ. Der Schmied aber rief einmal über das andere: „Das soll mir ein Freudentag sein!" und herzte und küßte den treuen Kameraden, der noch immer ganz verstummt drein sah und die Sprache nicht recht finden konnte. Die Gänse wurden fertig, und der hungrige Schneider erinnerte sich nicht, in vielen Jahren so prächtig gespeist zu haben. Dabei er- zählte ihm der Schmied seine seitherigen Schicksale, was dem Schneider wie die schönste Tafelmusik klang; und nachdem dieser sich satt gegessen hatte, mußte auch er erzählen, wie es ihm ergangen sei. Alle An- wesenden wurden gerührt und gewannen den Fremdling bei seiner offenherzigen Erzählung so lieb, daß sie verlangten, er sollte bei ihnen feinen Wanderstab niederlegen. Wer sehnte sich mehr nach einem Plätzchen der Ruhe als unser lieber Schneider! Es fror ihn noch, wenn er an die Schneegestöber dachte, die er in manchem Winter hatte durchfechten müssen. Mit Freuden ging er daher auf den Vorschlag ein, wurde der Mann eines tugendsamen Weibes und erfreute sich des göttlichen Segens in so reichem Maße, daß er ohne allen Mangel leben konnte. So hatten es beide, der Schmied am Schneider und der Schneider am Schmiede erfahren, was Sirach im 6. Kapitel spricht: „Ein treuer Freund ist ein Trost des Lebens; wer Gott fürchtet, der kriegt solchen Freund." Redenbacher. 50. Dienerlreue. Ein reicher Herr in Polen fuhr zur Winterzeit in einem Schlitten nach dem Städlein Ostrowo, nur von seinem Knechte Jakob begleitet, der dem Schlitten vorreiten mußte. Ehe sie die Stadt erreichten, mußten sie durch einen langen, einsamen Wald, und es war bereits Abend. Der Knecht schlug daher dem Herrn vor, in einer Herberge, die am Eingänge des Waldes lag, zu übernachten; denn im Walde seien viele Wölfe, und die Untiere seien jetzt gar grimmig, weil der Winter so hart sei. Der Herr war aber einer von den Wunderlichen, von denen, die einen guten Rat, wenn er von einem Knechte kommt,

3. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 32

1908 - Altenburg : Bonde
— 32 — so war es ihr Sohn, und die junge Frau, die gestern mit ihm geredet hatte, war ihre Schwiegertochter, und das Kind war ihr Enkel. Und als der General seine Mutter erkannte und seiner Gemahlin sagte: „Das ist sie," da küßten und umarmten sie sich, und die Mutterliebe und die Kindesliebe und die Hoheit und die Demut schwammen in- einander und gossen sich in Tränen aus, und die gute Mutter blieb lange in ungewöhnlicher Rührung, fast weniger darüber, daß sie heute die Ihrigen fand, als darüber, daß sie sie gestern schon gesehen hatte. Als der Wirt zurückkam, sagte er, das Geld regne zwar nirgends durch den Kamin herab, aber nicht 200 Franken nähme er darum, daß er nicht zugesehen hätte, wie die gute Mutter ihren Sohn erkannte und sein Glück sah. Hebel. 36. Ein Frie-hofsgang. 1. Beim Totengräber pocht es an: „Mach auf, mach auf, du greiser Mann! Tu auf die Tür und nimm den Stab, mußt zeigen mir ein teures Grab!" 2. Ein Fremder sprichts mit struppgem Bart, verbrannt und rauh nach Kriegerart. „Wie heißt der Teure, der Euch starb und sich ein Pfühl bei mir erwarb?" — 3. „Die Mutter ist es; kennt Ihr nicht der Martha Sohn mehr am Gesicht?" — „Hilf Gott, wie groß, wie braun gebrannt; hätt nun und nimmer Euch erkannt! 4. Doch kommt und seht! hier ist der Ort, nach dem gefragt mich Euer Wort. Hier wohnt, verhüllt von Erd und Stein, nun Euer totes Mütterlein." — 5. Da steht der Krieger lang und schweigt, das Haupt hinab zur Brust geneigt. Er steht und starrt zum teuern Grab mit tränenfeuchtem Blick hinab. 6. Daun schüttelt er sein Haupt und spricht: „Ihr irrt, hier wohnt die Tote nicht. Wie schloß ein Raum, so eng und klein, die Liebe einer Mutter ein!" Vogl.

4. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 34

1908 - Altenburg : Bonde
34 39. Wer ist mein Nächster? Ein Handwerksbursche ging unweit Preßburg in Ungarn in der grimmigsten Kälte mit seinem Bündel auf dem Rücken über die Heide. Seine Kleider waren dünn und seine Strümpfe zerrissen. Ach da fror ihn sehr! Er weinte, und die hellen Tränen froren ihm an den Augenwimpern. „Lieber Gott," seufzte er, „weit und breit kein Dorf und keine Stadt, nicht einmal eine Köhlerhütte! Ich werde erfrieren. Ach was wird meine arme Mutter anfangen! Mein Vater ist schon tot, dann hat sie niemand mehr, der für ihren Unterhalt sorgt!" Er wollte laufen, um sich zu erwärmen, aber feine Glieder waren starr. Er wurde schläfrig, legte sich in den Schnee auf sein Bündel und schlief ein. — Ein Postknecht ritt vorbei und sah ihn starr daliegen. Da er indes noch einige Lebenszeichen an ihm bemerkte, ritt er schneller und zeigte es unter dem Tore der nächsten Stadt an. — „Was hilfts? Bis wir hinaus kommen, ist er längst tot," sagten die Ge- fühllosen. Ein armer Tagelöhner aber, welcher gerade in der Wachtstube war, um sich zu erwärmen, hörte es, und ihm brach das Herz vor Mitleid. Ohne ein Wort zu sagen, eilte er auf die Landstraße, trug den erstarrten Handwerksbnrschen in das nächste Dorf, rieb ihn mit Schnee, brachte ihn der Wärme immer näher und erweckte ihn endlich wieder. Darauf nahm er ihn mit in die Stadt und teilte sein Holz und seinen Tisch, ob er gleich selbst nicht viel hatte, mit ihm so lange, bis er imstande war, weiter zu reisen. Hebel. 40. Ein dankbares Herz. Ein Edelmann in den Niederlanden war durch den Krieg in große Armut geraten und lag an Händen und Füßen lahm von der Gicht in einem Dachstüblein und hatte niemand als eine alte Ausläuferin, die sich des Tages zwei- oder dreimal nach ihm umschaute. Und als er zuletzt auch von seinem alten Rittermantel die goldenen Spangen, Haken und Schnüre verkaufen mußte, geriet er in schwere Sorgen. An dem- selben Tage noch kam ein unbekannter Mann an fein Bett, der wie ein Diener eines großen Herrn aussah und stumm schien, weil er weder mit einem Worte grüßte noch auf eine Frage Antwort gab, sondern jedesmal seinen Finger fest an die Lippen drückte, womit er andeuten wollte, daß ihm sein Mund verschlossen sei. Der hatte ein schneeweißes Damasttuch an den vier Zipfeln in der Hand und in dem Tuche eine silberne Schüssel, die er mit Speise darin auf das Tischlein neben dem Bette stellte, worauf er wieder ging, ohne zu sagen, woher oder wo-

5. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 65

1908 - Altenburg : Bonde
Ii. Aus Sage und Geschichte. 70. Der gehörnte Siegfried. In den Niederlanden wohnte vor vielen hundert Jahren ein König, mit Namen Sieghard, dessen Gemahlin einen einzigen Sohn hatte, Siegfried geheißen. Der Knabe Siegfried war groß und stark, gab nichts auf Vater und Mutter, sondern dachte nur daraus, wie er ein freier Mann werden möchte. Damit machte er seinen Eltern große Sorge. Der König hielt mit seinen Vertranten Rat, ob man den Knaben in die Fremde ziehen lassen könnte, damit er ein tapferer Held würde. Aber Siegfried sonnte die Zeit nicht erwarten, bis ihn der Vater ausgestattet hatte. Er ging ohne Urlaub davon, sein Abenteuer zu versuchen. Indern er nun durch Gehölz und Wildnis zog, sah er ein Dorf liegen. Er richtete seine Schritte nach demselben. Zunächst vor dem Dorfe wohnte ein Schmied; ihn sprach Siegfried an, ob er einen Jungen oder Knecht nötig habe, denn er hatte zwei Tage nichts gegessen und war zu Fuß eine große Strecke gegangen. Als der Schmied sah, daß Siegfried ein wackeres und gesundes Aussehen hatte, ließ er sichs gefallen. Er gab dem Knaben zu essen itnb zu trinken, dessen Siegfried wohl bedurfte. Weil es nun spät am Tage war, ließ er ihn zu Bett weisen. Am anderen Morgen stellte er ihn als Jungen an und führte ihn zur Arbeit, denn er wollte sehen, ob er sich auch zum Handwerk schicke. Als er ihm aber den Hammer in die Hand gegeben, da schlug Siegfried mit so grausamer Stärke auf das Eisen, daß dieses entzweiging und der Amboß beinahe in die Erde sank. Der Meister erschrak darüber und wurde ärgerlich. Er nahm den jungen Siegfried beim Haare und zausete ihn ein wenig. Dieser aber, der solches Dinges nicht gewohnt war, nahm den Meister beim Kragen und warf ihn auf Gottes Erdboden nieder, daß er sich geraume Zeit nicht besinnen konnte. Sowie er aber ».Iv. n.

6. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 66

1908 - Altenburg : Bonde
66 ä" sich selber kam, rief er seinem Knechte, daß er ihn: zu Hilfe kommen sollte. Diesen empfing jedoch Siegfried wie seinen Herrn, so daß der Meister nur auf Mittel und Wege sann, wie er den ungefügen Jungen wieder los werden möchte. Deswegen rief er am nächsten Morgen den Siegfried wieder zu sich und sprach zu ihm: „Da ich gerade jetzt der Kohlen so sehr benötigt bin, so mußt du in den Wald gehen und mir einen Sackvoll holen, denn es wohnt dort ein Köhler, mit dem ich allezeit Geschäfte habe." Des Schmiedes heimliche Meinung aber war, der furchtbare Drache, der sich im Walde bei einer Linde aufhielt, sollte ihn töten. Siegfried geht ohne alle Sorge in den Wald und denkt nicht anders, als daß er Kohlen holen soll. Wie er aber zu der Linde kommt, schießt der ungeheure Drache auf ihn los und sperrt den Rachen auf, ihn zu ver- schlingen. Siegfried bedenkt sich nicht lange. Den ersten Baum, der ihm zu Händen kommt, reißt er aus der Erde und wirft denselben auf den Drachen. Dieser verwickelte sich mit seinem Schweife in die Äste und Zweige des Baumes. Er verstrickte sich so, daß er nicht ledig werden konnte. Siegfried riß nun einen Baum nach dem anderen heraus und warf sie auf den Drachen. Dann lief er schnell in des Köhlers Hütte und holte sich Feuer. Mit diesem zündete er die Bäume über dem Untiere an, daß sie alle samt dem Drachen verbrannten. Da floß unter den brennenden Stämmen und Ästen das Fett wie ein Bächlein dahin. Siegfried tauchte den Finger in das Fett, und wie es erkaltet war, da wurde es hartes Horn. Als er solches gewahr wurde, zog er sich sogleich aus und überstrich mit dem Drachenfett seinen ganzen Leib, mit Ausnahme zweier Flecke an der Schillter, wohin er nicht ge- langen konnte. Und dies ist die Ursache, warum er später der gehörnte Siegfried genannt ward. Nach Kecks Volksbuch. 71. Siegfrieds Schwert. 1. Jung Siegfried war ein stolzer Knab, ging von des Vaters Burg herab; 2. wollt rasten nicht in Vaters Haus, wollt wandern in alle Welt hinaus. 3. Begegnet ihm manch Bitter wert mit festem Schild und breitem Schwert. 4. Siegfried nur einen Stecken trug; das war ihm bitter und leid genug.

7. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 74

1908 - Altenburg : Bonde
74 'ehr, daß man aus der Küche so viel daher trägt, aber kein Schenke den Wein bringt." — „Die Schuld," scherzte der König, „liegt an Hagen; der will uns verdursten lassen." — „Heute," erwiderte dieser, „gibt es nichts zu trinken. Ich habe den Wein in den Spessart geschickt; dort, meinte ich, sollte heute die Jagd sein. Aber ich weiß hier in der Nähe einen Quell; wen dürstet, dem rate ich hinzugehen." Als Siegfried zu der Linde gehen wollte, unter deren Wurzeln der Quell hervorsprudelte, sagte Hagen: „Ich habe immer gehört, daß niemand Kriemhildens Gemahl folgen kann, wenn er rennen will." — „So versucht doch," sprach Siegfried, „nnt mir einen Wettlauf nach dem Brunnen. Ich will Gewand und Waffen bei mir tragen, Wurfspieß und Schild samt dem ganzen Jagd- gerät, ihr aber könnt alles bis auf das Hemd ablegen." Wie zwei wilde Panther liefen Hagen und Günther durch den Klee, aber Siegfried ist weit voraus der erste am Brunnen. Er entledigt sich seiner Waffen; den Wurfspieß lehnt er an einen Ast der Linde, den Schild aber stellt er neben den Quell. Er wartet, bis der König herangekommen und läßt ihn zuerst trinken. Als nun Siegfried zur klaren Quelle sich bückt und trinkt, trügt Hagen Bogen und Schwert rasch zur Seite, sieht nach dem Zeichen am Gewände und schleudert mit solcher Gewalt Siegfrieden den Wurfspieß in den Rücken, daß dessen Herzblut aus der Wunde an Hägens Hand sprang. Der Todwunde rafft sich auf, und da er das Schwert nicht findet, schlägt er, die Speerstange im Rücken, mit dem Schilde so kräftig auf Hagen ein, daß der Anger von den Schlägen widerhallt und mancher Edelstein aus dem Schilde heraus auf die Erde fällt. Aber bald erbleicht feine lichte Farbe, er fällt, und strom- weise fließt das Blut in die Blumen. „Weh euch," stöhnt er, „ihr bösen Feiglinge! Was helfen mir nun meine Dienste, da ihr mich erschlagen habt, euch und euren Kindern zur Schande; denn für alle Zeiten sollt ihr mit Schimpf von guten Recken geschieden sein." Mit vielen andern Rittern beklagt auch Günther zum Scheine den sterbenden Siegfried. Ihn tadelt Siegfried: „Das tut 'nicht not, daß der um Schaden weint, von dem man ihn genoinmen hat. Du hast mir meine Dienste schlimm vergolten. Aber willst du auf dieser Welt noch an jemand Treue er- weisen, so laß deiner Gnade mein liebes Weib befohlen sein und ihr zugute kommen, daß sie deine Schwester ist." Die Ritter legten den toten Helden auf einen Schild; und um seine schreckliche Rache voll zu machen, ließ Hagen den Leichnam vor die Kemnate Kriemhildens bringen und an die Türe legen, daß sie ihn finden mußte, wenn sie früh vor Tage zur Kirche ging. Als der Käm- merer, der ihr mit der Fackel leuchtete, vor die Türe trat, fuhr er er-

8. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 78

1908 - Altenburg : Bonde
78 erschlagen hat. Ich will dieses Helden Tod an ihr rächen." Wild springt er auf sie zu. Von seinem Schwerte getroffen, fällt sie mit lautem Todes- schrei neben Hagen zu Boden. Dietrich und Etzel heben zu weinen an. von Herzensgründe klagen sie manchen Freund und Mann. Herrlichkeit und Ehre. das lag nun alles tot. die Leute waren alle in Jammer und Not. Mit Leide war geendet die hohe Festeszeit, wie stets aufs allerletzte die Freude bringet Leid. Nach dem Nibelungenliede. 77. Die alten Dentschen. Um das Jahr 100 n. Chr. schrieb der römische Geschichtsschreiber Tacitus für seine Landsleute über das Land und die Sitten der Deutschen ein Buch, durch das uns die ausführlichste Kunde über unsere Vor- fahren geworden ist. In demselben berichtet Tacitus ungefähr folgendes: Das Land, obwohl es ziemliche Abwechselung darbietet, ist im ganzen doch von rauhen Wäldern oder unwirtlichen Sümpfen bedeckt. Für Getreidesaat ist es ergiebig, doch Obstbäume tragt es nicht. Zahlreiche Herden ernährt es, diese sind des Volkes einziger und liebster Reichtum. Silber und Gold haben die Götter — soll ich sagen: aus Huld oder Zorn? — versagt. Doch möchte ich nicht behaupten, daß keine Gebirgsader Ger- maniens Silber oder Gold hervorbrächte; denn wer hat danach gesucht? Man sieht bei ihnen silberne Gefäße, die ihre Gesandten und Fürsten als Geschenke erhielten, neben irdenem Geschirr zu gleich niedrigem Dienste be- stimmt. Die Binnenvölker treiben nach einfacher alter Art Tauschhandel. Selbst Eisen haben die Germanen nicht im Überfluß, wie aus der Art ihrer Waffen zu schließen ist. Wenige brauchen Schwerter oder größere Lanzen; sie führen Speere oder nach ihrer Benennung Framen mit einer schmalen und kurzen Eisenspitze, so scharf jedoch und zum Ge- brauch so handlich, daß sie mit derselben Waffe ans der Nähe sowohl als ans der Ferne kämpfen. Der Reitersmann begnügt sich mit Schild und Framea; die Fußkämpfer entsenden auch Wurfgeschosse, jeder mehr als eins, und schlendern sie sehr weit. Sie sind nackt oder mit einem leichten Mantel bekleidet. Prahlerischen Schmuck kennen sie nicht, nur die Schilde bemalen sie mit Farben. Wenige haben Panzer, kaum einer oder der andere hat eine Sturmhaube oder einen Helni. Im ganzen besteht ihre Hauptstärke im Fußvolk, deshalb kämpfen sie in gemischten Haufen, denn leicht fügen und schmiegen sich in den Reiterkampf die

9. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 99

1908 - Altenburg : Bonde
99 bäume mit ihren schwarzen Beeren fehlten. Nackte Kinder, bräunlich und schmutzbedeckt, wälzten sich neben den Ferkeln auf der Dung- stätte; kleiner waren die Leute, rundlich und platt die Gesichter, und statt der bedächtigen Ruhe, mit welcher die Reiter anderswo von den Dorfbewohnern begrüßt wurden, tönten ihnen hier lautes Geschrei, Schelte und Verwünschungen in fremder Sprache entgegen. Es war ein W e n d e n d o r f. In einem großen Hofe, der eine Stunde weiter lag, hatten die räuberischen Wenden gemordet und gesengt und, was lebendig blieb, davon geführt. Als die Reisenden am Abend des nächsten Tages aus dem dunklen Fichtenwalde ritten, schauten sie von der Berghohe niedrige Hügel, in der Ferne offenes Land. Vor ihnen lag am Fuße des Berges ein Dorf, grau die Dächer, grau die Balken, rund herum ein Zaun aus Pfahl- werk und ein breiter Graben. An der Wegscheide hielt der Führer und sagte kurz: „In das Land der Thüringer habe ich euch geleitet. Dies ist das Dorf, dort ist der Hof des Franken, den sie einen Meier des Grafen nennen, und dort steht er selbst. Vollbracht ist, was ich gelobt, fahret dahin!" Eilig jagte der Führer von dannen; den Fremden aber kam der Verwalter freudig entgegen, nahm ehrerbietig den Hut vom Haupte, um Winfried mit seinem Begleiter zu be- grüßen, und führte die beiden nach seinem Hofe. Nach einiger Zeit war dem Winfried eine Halle bei dem Meier- hofe des Grafen errichtet worden, damit er würdiger das Volk empfange. Doch war er selten daheim; von Reisigen und von einem Gefolge an- sehnlicher Männer begleitet, zog er rastlos durch das Land, und wo er erschien, stritten die Männer über Opfermahle und ihr künftiges Heil in der Himmelsburg. Viele zogen das weiße Gewand der Täuf- linge an, noch mehr standen unsicher zur Seite. Fand er auch überall bittere Feinde, wider den ersten Andrang seiner Lehre vermochten sie sich nur wenig zu wehren. Gütig und schonend sprach er zu dem einzelnen; er war freundlich zu den Frauen; sein Antlitz wandelte sich in helle Fröhlichkeit, wenn er mit den Kindern sprach: und wo er einen Bedrängten oder Darbenden fand, gab er alles, was er selbst gerade hatte, und bat so feierlich und dringend, daß er oft auch die Harten zur Guttat beredete. Im ganzen Lande sagten die Leute, daß er ein milder und vornehmer Mann sei, und darum hörten sie ihn williger. Aber auch das Dorf, in dem er zuerst eingekehrt war, wies bald die Verwandlung. Auf dem Meierhofe erhob sich bei der Halle ein Turmgerüst und daran ein großer im Viereck eingehegter Raum, der 7*

10. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 80

1908 - Altenburg : Bonde
80 Es ist gestattet, bet der Versammlung auch Klagen und Rechts- händel ans Tod und Leben anzubringen. Die Strafen sind nach dem Vergehen verschieden: Verräter und Überläufer knüpfen sie an Bäumen auf; bei leichteren Vergehen finden Abstufungen in den Strafsätzen statt; wer überführt ist, wird um eine Anzahl Pferde oder Vieh ge- straft. Ein Teil der Buße gehört dem Könige oder der Gemeinde, ein Teil wird dem, zu dessen Gunsten das Gericht einschreitet, selbst oder seinen Anverwandten gezahlt. Ferner werden in den Versamm- lungen die Vorsteher gewählt, die in Gauen und Dörfern Recht sprechen. Jeden umgeben hundert Beisitzer aus dem Volke, um ihm mit Rat bei- zustehen und Ansehen zu verschaffen. Kein Geschäft verhandeln sie anders als in Waffen. Diese aber darf keiner anlegen, bevor nicht die Gemeinde ihn für wehrhaft erklärt hat. Dann schmückt in der Versammlung selbst entweder einer der Fürsten oder der Vater oder ein Verwandter den Jüngling mit Schwert und Framea. Das ist die erste Ehre der Jugend; bis dahin sind sie dem Hause angehörig, dann der Gemeinde. Wenn in der Gemeinde, in der sie geboren sind, langer Friede die Tatkraft lähmt, so ziehen Scharen des jungen Volkes aus freien Stücken zu den Stämmen, bei welchen es gerade Krieg gibt. Das Land zu bebauen oder des Jahres Segen abzuwarten, dazu möchte man sie minder leicht bewegen, als einen Feind herauszufordern und sich Wunden zu erkämpfen. Trüge und mattherzig dünkt es sie, mit Schweiß zu erwerben, was man mit Blut erkaufen kann. Sobald sie nicht in den Krieg gehen, bringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch mit Müßiggang zu, dem Schlafen und Schmausen hingegeben. Die Sorge für Haus, Herd und Land wird den Weibern, den Greisen und den schwächlichsten Gliedern der Familie überlassen. Daß die germanischen Völkerschaften keine Städte bewohnen, ist hinlänglich bekannt; sie dulden nicht einmal unter sich verbundene Wohnungen. Abgesondert und zerstreut siedeln sie sich weit vonein- ander an, wie ihnen gerade eine Quelle, ein Feld, eine Waldung be- hagt. Ihre Dörfer legen sie nicht so an, daß die Gebäude aneinander stoßen und zusammenhängen; jeder umgibt sein Haus mit einem freien Raume. Auch sind Mauersteine und Ziegel bei ihnen nicht im Ge- brauch; zu allem wenden sie unbehauene Baumstämme an. Einige Stellen bestreichen sie mit einer reinen und glänzenden Erdart, daß es wie Malerei aussieht. Sie pflegen auch unterirdische Höhlen auszu- graben und belegen sie oben mit Dünger, als eine Zuflucht für den Winter und ein Versteck für die Feldfrüchte.
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