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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Hamburg - S. 94

1899 - Hamburg : Kloß
— 94 — Beim Schaarmarkt pflegten lange Zeit die Fischer anzulegen und ihre Ware zu Markt zu bringen, wenn sie mit gutem Fange aus der See oder aus der Unterelbe heimgekehrt waren. Das Wort Schaarmarkt bedeutet nichts anderes als Markt am Ufer; denn Schaare ist das niederdeutsche Wort für Ufer oder Gestade. Der Strom spülte in alter Zeit aus flachem Ufer bis an den Schaarmarkt heran. Erst in späteren Jahren wurde die Elbe hier, so weit sie seicht war, zugeschüttet; das Ufer ward durch „Vorsetzen", die aus eichenen Bohlen bestanden, ge- sichert und gefestigt. Nun endlich hatten die Fischer die seit langem gewünschte Bequemlichkeit erreicht, hart an das Ufer heranfahren zu können. Die Straßenbenennung 1. und 2. Vor- setzen erinnert nns an jene Aufschüttung und Befestigung des Ufers. Die Vorsetzen und das Johannisbollwerk sind in letzter Zeit bedeutend erhöht worden. Dennoch kann es bei hoher Sturmflut vorkommen, daß die tief gelegenen Straßen und Gänge am Schaarmarkt von der Elbe unter Wasser gesetzt werden. Die Kanonen beim Johannisbollwerk haben zur rechten Zeit gewarnt; aber jedermann glaubte, es werde zum Schlimmsten nicht kommen. Da steht das Wasser schon in gleicher Höhe mit der Straße, und im nächsten Augenblicke fließt es darüber hinweg. Nun erleiden die Bewohner der Keller und flachen Parterres empfindlichen Schaden. Es hilft nichts, daß sie ver- suchen, durch einen Damm von Brettern. Stroh und Sand die Flut von ihrer Behausung abzuhalten. Der Druck gegen das schwache Wehr ist zu groß. Das Wasser dringt in die Wohnung, und bald schwimmen Stühle und Tische, ja Kleidungsstücke und Betten in buntem Durcheinander in derselben umher, während die Einwohner sich schleunigst in die höheren Gebäudeteile retlen müssen. Ist die Flut in der Elbe gefallen, so sind alle Hände thätig, das Wasser wieder aus den Wohnungen heraus zu schöpfen und zu pumpen. Anch die Feuerwehr kommt wohl zu Hilfe. Ihre dicken Schläuche saugen zwar in ein paar Minuten einen voll- gelaufenen Keller leer; aber damit ist uicht aller Schade gut ge- macht. Fußboden und Wände sind noch tagelang naß, Möbel

2. Hamburg - S. 75

1899 - Hamburg : Kloß
— 75 Blohm und Voß an dem bräunlich gestrichenen Schwimmdock gelesen. Es erscheint uns heute als sehr natürlich, fast als selbstverständlich, an dieser Stelle eine große Schisssbau-Anstalt zu sehen, und doch hat schon die bloße Anlage der Werft große Mühe und viel Arbeit gekostet. Die Elbe war dort am Ufer viel zu flach, als daß große Schiffe fo nahe an dasselbe hätten heranfahren können, wie es für eine Schiffswerft nötig ist, und das Gebiet der jetzigen Werft lag noch sehr niedrig und war zur Bebauung nicht ge- eignet. Man mußte also den Fluß an dieser Stelle bedeutend vertiefen und durch Aufschüttung des Baggersandes einen geeig- neten Baugrund am User schaffen. Eine halbe Million Knbik- meter Sand wurden aus der Elbe herausgebaggert und auf das Ufer geworfen. Es ist das eine so ungeheure Menge, daß man mit derselben das ganze, große Heiligengeistfeld mannshoch hätte überschütten können. Mit diesen Sandmassen wurde das Gebiet der Werft stellenweise bis zur doppelten Höhe eines Wohn- zimmers aufgefüllt. Starke Vorsetzen mußten in einer Länge von 1000 Schritten hergestellt werden, um das User vor einem Hinabrutschen in das Strombett zu bewahren. Die größten Seeschiffe können daher hart an der Werft anlegen. Auf der Werft werden neue Schiffe erbaut; im Schwimm- dock vor und zur Seite derselben bessert man beschädigte Schiffe aus und nimmt an anderen die gewünschten Veränderungen vor. 6 Hellinge liegen vor der Schiffsbauhalle. Es sind lange, schmale Bahnen aus Holz, die von starken, eingerammten Pfählen getragen werden und schräg zum Wasser hinablau^en. Auf dem Helling ruht das Schiff während des Baues und gleitet auf ihm zum Wasser hinab, wenn es fertig gestellt ist und vom Stapel gelösten wird. Das ist ein interessantes Schauspiel, zu welchem sich oft viele Zuschauer einfinden. Auf dem Helling wird zuerst der Kiel des Schiffes gestreckt. Er erhält meist die Form eines Baltens und wird durch Maschinenkraft aus dicken Eifenstäben zusammengenietet. Am Kiel vernietet und verbolzt man die stählernen Spanten. Sie bilden die Rippen des Schiffskörpers. Darauf folgt die Bekleidung des Gerippes mit

3. Hamburg - S. 95

1899 - Hamburg : Kloß
— 95 — und Kleider wohl gänzlich verdorben. Ein Glück ist es, daß solche Überschwemmungen jetzt nur noch sehr selten stattfinden können. Auf dem Schaarmarkt steht eine Volksbadeanstalt für Wannenbäder und Schwimmbäder. Sie ist eine wahre Wohl- that für diese Gegend. In großen, teuren Wohnungen pflegt man jetzt überall ein Badezimmer einzurichten. Wohlhabende Leute bedürfen daher der öffentlichen Badeanstalten nicht. Die Umgegend des Schaarmarktes aber hat kleinere Wohnungen, welche von ärmeren Leuten gemietet werden. Eine Etage mit einem Badezimmer gehört dort noch zu den Seltenheiten. Ein billiges Bad in der öffentlichen Anstalt muß daher jedem Anwohner des Schaarmarktes eine sehr erwünschte Erquickung sein. 28. Die Wasserleitung und die Sielleitung. Alltäglich werden in Hamburg ungeheure Mengen von Wasser als Trinkwasser, Kochwasser, Wasch-, Scheuer-, Bade- Wasser u. s. w. verbraucht. Mit Wasser pflegen wir nicht zu sparen; denn es kostet uns, wie es scheint, weder Geld noch Mühe. Wir brauchen nur den Brunnen in der Küche auf- zudrehen und Glas, Becher oder Eimer darunter zu halten; das Wasser läuft von selbst hinein, und es hört wieder auf zu laufen, sobald wir den Brunnen zudrehen. Das ist sehr bequem und angenehm. Wir haben es darin viel besser als die Bewohner von kleinen Städten und Dörfern, die das Wasser mühsam aus der Erde heraufpumpen und in Eimern zur Küche tragen müssen. Ebenso werden wir das gebrauchte, unreine Wasser auf die leichteste Art los. Gießen wir es in den Handstein, so läuft es von selbst weg, ohne daß wir noch irgend welche Mühe da- mit hätten. Jedes Hamburger Kind weiß, daß das Wasser des Brunnens in der Küche aus der Wasserleitung kommt, und daß das schmutzige Wasser aus dem Handstein in das Siel abfließt; wie aber Wasserleitung und Siel eingerichtet sind, das wissen viele Kinder nicht. In Rothenburgsort steht ein großer Turm, welcher dreimal

4. Hamburg - S. 134

1899 - Hamburg : Kloß
— 134 — Wandrahmsinsel sich anbauen durften, in kurzer Zeit durch ihre Vermischung mit den Hamburgern die holländischen Gebräuche abhanden kamen. Nur der Straßenname „Holländischer Brook", die holländische Bauart einer Reihe von Häusern der Fleet- gegend und die Bezeichnung „Holländifch-Waren-Geschäft" sind uns bis heut von ihnen erhalten geblieben und sind Erinuerungs- zeichen an die Thatsache, daß Hamburg den verfolgten Holländern ebenso wie anderen Flüchtigen eine Zufluchtsstätte und Freiheit für Handel und Gewerbe gewährte. Zur Abgeschlossenheit der Vierländer trug die Lage ihres Gebietes viel bei. Manches alte Bauernhaus der Vierlande gemahnt uns durch seine änßere Erscheinung wie durch seine innere Einrichtung an die holländisch- niederdeutsche Abstammung seiner Bewohner. In den Außen- wänden sind die Mauersteine in hübschen Mustern geschichtet; der Giebel des Dachstuhles ist eiu Stückchen über das Erdgeschoß hervorgerückt; ein Donnerbesen an dem Hause soll nach altem Aberglauben vor Blitzschlag schützen. Wir gelangen von der großen Diele in die sauberen Zimmer. Nach altem Brauche sind die Thüren zu den Wandschränken und den Wandbetten durch prächtiges Holzschuitzwerk reich verziert, die Wände ge- täfelt oder mit buut bemalten Kacheln belegt. Ein wahres Prachtstück ist der große, künstlerisch schöne Kachelofen. An Kleiderschränken, Truhen' und sonstigem Zimmergerät erkennt man, daß der Vierländer sich auf die Schönheit der Formen versteht. Mancher Vierländische Name klingt unseren Ohren fremd; „Harm, Marten, Barber, Elsche, Becke, Wobke" sind dort beliebte Vornamen. Die oberen Elbmarschen werden die Vierlande genannt nach der Zahl der vier Gemeinden: Altengamme, Nenengamme, Knrslak und Kirchwärder. Die 4 Lande wurden gleichzeitig mit dem Bergedorfer Schloß und der Riepenburg beiderstädtisches und später Hamburger Gebiet. Sie gehören in der hamburgischen Verwaltung samt Geesthacht und Krauel zur Landherrenschaft Bergedorf. Die angrenzenden Ortschaften unserer unteren Elb- marsch, wo ebenfalls aufs eifrigste der Gemüsebau und der Einzelverkauf nach Hamburg betrieben wird, sowie ein Gewirr

5. Goldene Heimat - S. 138

1908 - Hamburg : Janssen
138 geholt. Hber um das alte geborstene Schiff haben sie sich nicht weiter gekümmert. Dem war doch nicht mehr zu helfen. Die Mcherkinder aber, die hinter dem Deich wohnen und sogar des Nachts in ihren Betten die Wogen donnern hören und die Schreie der weißen Möwen vernehmen, die gingen alle Tage, wenn das Wetter ein freundliches Gesicht machte, nach dem alten wrack, um da zu spielen. Ts waren Stuben und Rammern darin und auch eine Rüche. Aber der Herd in der Rüche war schon ganz zusammen- gefallen und kaum noch zu erkennen. Lr stand schief und seine Tür ließ sich nicht mehr schließen, so verrostet war sie. Dort spielten die Rinder. In dem Schiffe wohnten sie. Und Antje war die Mutter, die kochte dann auf dem ver- rosteten Herd das Essen. Sie pflückte Zauerampfer-Blätter und die aßen die Rinder aus großen grauen Muscheln, die im Sande steckten. Sie backten Pudding aus dem feinen nassen Sande und die kleine Thedje mußte kleine blanke Muscheln suchen, die legten sie im Rreise um den Pudding, und dann war das Essen fertig. Vecka hatte ihre holzschuhe ausgezogen und damit schau- felte sie im Sande und grub einen Graben um den Garten. Die andern aber mußten ihr Strandblumen suchen, die pflanzte sie in den Garten hinein. Meinko aber war der „Rappen". Er stand vorn auf der Schiffsspitze und blickte hinaus auf die See. Er wollte das Schiff nach Amerika bringen und wiederkommen mit einer Ladung der wunderbarsten Schätze. So spielten die Rinder und hundert Schritt von ihnen da war das Wasser. Da donnerten die schweren salzigen Wogen, da schäumte die weiße Brandung, da schrien die Möwen. Cs war Ebbe. Ein dicker Nebel machte, daß die Rinder nur noch den Rand des Wassers sahen. Die Luft war schwer wie Unglück. Und dann kam die Mt und die wellen warfen ihren

6. Goldene Heimat - S. 168

1908 - Hamburg : Janssen
168 Sonntags kommen die Kinder und die Kindeskinder zu Besuch, dann ist der Garten voller Leben und der Großvater erzählt von alten Zeiten, vom Kriege von 1870 und 1871 und von noch früher, von der schrecklichen Franzosenzeit. Wie es in der Stadt herging und wie anders die Straßen und Häuser damals waren. 16. Wenn die Leute vor den Türen stehen Ts ist Sommer und abends acht Uhr. Die Leute kommen von der Urbeit, die grauen stehen vor den Türen, die Kinder spielen noch und freuen sich, daß sie noch nicht ins Bett sollen, weil es solch heißer Tag gewesen ist. Ein großer Junge spielt auf der Handharmonika, eine Frau strickt. Die Leute erzählen sich was........... Da kommt ein Krankenwagen angefahren. Im letzten Hause in der Straße ist eine alte Frau die Kellertreppe heruntergefallen, jetzt wird sie nach dem Krankenhause ge- bracht. Wie ist das gekommen? wodurch entstehen solche Unglücksfälle? wie kann man sie verhüten? Endlich ist es ganz still. Ulles schläft, nur der Mond scheint in die tote Straße, dann versteckt auch er sich hinter den Wolken. Uun geht nur noch der Schutzmann auf und ab. 17. Die Keife des Fußballes Schilderung einer Keife, die ein Lederball macht, der bei Bremen in die Weser fällt. Kinder spielen am Dsterdeich. Was der Fußball alles erlebt. Er kommt bis Helgoland und wird zwischen den Felsen festgeklemmt, ganz naß und schwer. Ausflügler finden ihn und nehmen ihn mit. Es kommt in die Zeitung. Er kommt wieder zurück, ist nicht mehr zu ge- brauchen, aber der verein läßt ihn in einem Glaskästen aus- stellen, da steht er noch und man kann ihn sehen.

7. Für die dritte Bildungsstufe - S. 16

1855 - Hamburg : Kittler
\ 1 viel, ein Morgen mit Hopfen bepflanzt sogar 6 bis 7 Mill. Pfund. Diese Berech- nungen wurden nach Versuchen in England angestellt, wo wahrend der 4 Sommer- monate aber nur 1,600,000 Pfund Regen auf den Morgen Landes fallt, welcher aber theils verdunstet, theils durch Quellen, Flüsse rc. dem Meere zugeführt wird, so daß höchstens die Hälfte den Pflanzen zu Gute kommt. Woher bekommen sie die übrigen Wasserdünste? Dieses geschieht durch die Eigenschaft der meisten den Boden bildenden Bestandtheile: die Wasserdünste der Luft einzusaugen, und diese Eigenschaft bat vorzüglich der aus der allmaligen Verwesung der organischen Substanzen entstan- dene Humus, welcher, außer dem Ammoniakgas, die Kohlensäure der Luft zu entziehen und zu sammeln weiß; ihm entziehen die Pflanzen dieses mit Ammoniak und Koh- lensäure erfüllte Wasser, und er ersetzt den Verlust wieder aus der Atmosphäre. Aber trotz des Humusgehaltes findet eine große Verschiedenheit der Vegetation statt, eine und dieselbe Pflanze gedeiht auf einem Boden üppig, auf anderen fast gar nicht. Warum überspringt z. B. die Grasnelke der Düne bei Helgoland die Granite, Thonschiefer des Harzes, den Porphyr und Muschelkalk Thüringens, und erscheint in der Sandebene Nürnbergs, jenseit des Mains? Aus der chemischen Untersu- chung der Asche ergiebt sich, daß sie sämmtlich Kalk oder Kieselerde, Soda und Pottasche, Kochsalz, Knochenerde (eine Verbindung von kohlensaurem und phosphor- saurem Kalk), Gyps u.s.w. enthält, und dieselben Pflanzen haben von diesen Bestandthei- len eine gleiche Menge in ihrer Asche. Fragen wir, weshalb gedeiht eine Pflanze, z. B. der Weizen, in dem humusreichsten Boden, in reiner Baumerde, nicht? so ist die Ant- wort: weil er einen Stoff, die Kieselerde, enthält, ohne den er nicht bestehen kann und den er nicht in der Baumerde findet. Die Erscheinung, daß gewisse Pflanzen ganz gesetzmäßig gewisse unorganische Mineralbestandtheile aus dem Boden aufnehmen, muß zu der Ansicht führen, daß diese Stoffe eben so wesentlich für das Bestehen, folglich für die Ernährung der Pflanze sind, als jene Elemente, aus denen dieselbe ihre organischen Bildungen zusammensetzt. Der ganze Reichthum, die große Mannig- faltigkeit der Vegetation, ihre große Verschiedenheit, sowohl wenn wir die Längen- und Breiten-Zonen, als wenn wir die wilde Natur mit den Culturlanden vergleichen, ist also abhängig von der Verschiedenheit der unorganischen Bestandtheile, welche die Pflanze aus dem Boden aufnimmt. M. I. Schleiden. 5. Die Erdwärme und ihre Wirkungen gegen die Oberfläche der Erde: Erdbeben, Vulkane rc. Die innere, mit der Tiefe zunehmende Wärme unseres Planeten und die Re- action dieses Innern gegen die Oberfläche hängt auf der einen Seite mit der Er- regung elektromagnetischer Strömungen und dem Lichtprozeß der Erde (einer Folge des Ausbruches eines magnetischen Ungewitters) zusammen und offenbart sich auf der andern Seite als eine Hauptguelle geognostischer Phänomene: als Erdbeben, Gas-Ausbrüche, heiße Quellen, Schlamm-Vulkane und Lavaströme aus Eruptions-Kratern; ja die Macht elastischer Kräfte äußert sich auch durch räum- liche Veränderung in dem Niveau der Oberfläche. Große Flächen, mannigfaltig gegliederte Continente werden gehoben oder gesenkt, es scheidet sich das Starre von dem Flüssigen; aber der Ocean selbst, von warmen und kalten Strömungen fluß- artig durchschnitten, gerinnt an beiden Polen und wandelt das Wasser in dichte Felse'nmaffen um, bald geschichtet und feststehend, bald in bewegliche Bänke zer- trümmert. Die Grenzen von Meer und Land, von Flüssigem und Starrem wur- den mannigfach und oft verändert. Es oscillirten die Ebenen aufwärts und ab- wärts. Nach der Hebung der Continente traten auf langen Spalten, meist parallel und dann wahrscheinlich zu einerlei Zeitepochen, Gebirgsketten empor; salzige Lachen und große Binnenwasser, die lange von denselben Geschöpfen bewohnt wa-

8. Für die dritte Bildungsstufe - S. 20

1855 - Hamburg : Kittler
20 lichen Italien. Der Zustand des zweiten Stadiums hat sich über 1% Jahrtausend in den von den Alten beschriebenen Salsen von Girgenti in Sicilien erhalten. Dort stehen, nahe aneinander gereiht, viele kegelförmige Hügel von 8, 10, ja 30 Fuß Höhe, die veränderlich sind, wie ihre Gestaltung. Aus den obern sehr klei- nen und mit Wasser gefüllten Becken fließt, unter periodischer Entwicklung von Gas, lettiger Schlamm in Strömen herab. Dieser Schlamm ist gewöhnlich kalt, bis- weilen, wie auf der Insel Java tu der Provinz Samarang, vpn hoher Temperatur. Auch die mit Geräusch ausströmenden Gasarten sind verschiedenartig: Wasserstoffgas mit Naphtha gemengt, Kohlensäure und fast reines Stickgas. — Die Schlamm- vulkane bieten dem Beobachter das Bild einer meist ununterbrochen fortwirkenden, aber schwachen Thätigkeit des innern Erdkörpers dar, deren Sitz nicht weit von der Oberfläche sein kann. Ein eigentlicher Vulkan entsteht nur da, wo eine bleibende Verbindung des innern Erdkörpers mit dem Luftkreise errungen ist. In ihm ist die Reaction des Innern gegen die Oberfläche in langen Epochen dauernd. Vulkane, welche, wie die der Andeskette, ihre Gipfel hoch über die Grenze des ewigen Schnees erheben, bieten eigenthümliche Erscheinungen dar. Die Schnee- massen erregen nicht blos durch plötzliches Schmelzen während der Eruption furcht- bare Ueberschwemmungen, Wasserströme, in denen dampfende Schlacken auf dicken Eismassen schwimmen; sie wirken auch ununterbrochen, während der Vulkan in vollkommener Ruhe ist, durch Infiltration in die Spalten des Trachytgesteins. Höhlungen, welche sich an dem Abhange oder Fuße des Feuerberges befinden, wer- den so allmälig in unterirdische Wasserbehälter verwandelt, die mit den Alpen- bächen des Hochlandes von Quito durch enge Oeffnungen vielfach communiciren. Die Fische dieser Alpenbäche vermehren sich vorzugsweise im Dunkel der Höhlen; und wenn dann Erdstöße, die allen Eruptionen der Andeskette vorhergehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig erschüttern, so öffnen sich auf einmal die unter- irdischen Gewölbe, und es entsteigen ihnen gleichzeitig Wasser, Fische und tuff- artiger Schlamm. Das ist die sonderbare Erscheinung, welche der kleine Wels der Cyklopen, die Urenalllllg., den Bewohnern der Hochebene von Quito gewährt. Als in der Nacht vom 19. zuñí 20. Juni 1698 der Gipfel des 18000 Fuß hohen Berges Carguairazo zusammenstürzte, so daß vom Krater-Rande nur zwei ungeheure Fels- hörner stehen blieben, da bedeckten flüssiger Tuff und Unfruchtbarkeit verbreitender Lettenschlamm, todte Fische einhüllend, auf fast zwei Quadratmeilen die Felder umher. Ebenso wurden sieben Jahre früher die Faulfieber in der Gebirgsstadt Jbarra, nördlich von Quito, einem Fischauswurfe des Vulkans Jmbaburu zuge- schrieben. v. Humboldt. 6. Das Erdbeben in Lissabon. Eines der schrecklichsten Erlebnisse neuerer Zeit und ein Beweis des noch im- mer fortgesetzten Bildungs-Prozesses unseres Weltkörpers ist das Erdbeben, welches am 1. November 1755 die Hauptstadt Portugals plötzlich und ungeahnet in den Abgrund des Verderbens stürzte. Um die Größe und den Umfang dieses Unglücks zu ermessen, ist es nöthig, einige Blicke auf die Stadt zu werfen, ehe jener Schreckenstag einbrach. Lissabon ist bekanntlich nebst London, Amsterdam, Hamburg einer der vor- züglichsten Handelsplätze von Europa. Der Verkehr war einige Jahre vor dem Ausbruche des Erdbebens, besonders durch die klugen Einrichtungen des damaligen Ministers Pombal, noch weit lebhafter als jetzt. Die Stadt am nördlichen Ufer des Tajo auf sieben Hügeln gewährte von dem prächtigen, mit Schiffen bedeckten Strome, die Hügel hinan und am Flusse hinab, von einer romantischen Land- schaft umgeben, einen eben so herrlichen, als durch die mit 77 altfränkischen Thür-

9. Für die dritte Bildungsstufe - S. 17

1855 - Hamburg : Kittler
reit, wurden gewaltsam geschieden. Die fossilen Reste von Muscheln und Zoo- phyten bezeugen ihren ursprünglichen Zusammenhang. Wir erkennen in den schaffenden, tief im Innern der Erde waltenden Kräften einer mit dem Abstande von der Oberflache zunehmenden Temperatur das, was seine obere Rinde hebt, er- schüttert und aufbricht, was durch Druck elastischer Dampfe den geöffneten Spalten als glühender Erdstrom (Lava) entquillt, mannigfaltige Erzeugungen von Mine- ralien und Gebirgsarten veranlaßt. Aber nicht die unorganische Natur allein ist unter dem Einflüsse dieser Reaction des Innern gegen das Aeußere geblieben. Es ist sehr wahrscheinlich, daß in der Urwelt mächtigere Ausströmungen von kohlen- saurem Gas, dem Lustkreise beigemengt, den Kohle abscheidenden Prozeß des Pflanzenlebens erhöheten, und daß so in waldzerstörender Revolution ein uner- schöpfliches Material von Brennstoff (Ligniten und Steinkohlen) in den oberen Erdschichten vergraben wurde. Die Verkettung aller dieser Erscheinungen ergrün- det zu haben, ist ein nicht geringer Fortschritt der neueren Geognosie, des minera- lischen Theiles der Physik der Erde. Erdbeben, Erderschütterungen zeichnen sich aus durch schnell aus einander fol- gende senkrechte oder horizontale oder rotatorische (kreisende) Schwingungen. Die minenartige Erplosion (senkrechte Wirkung von unten nach oben) hat sich am auf- fallendsten bei dem Umstürze der Stadt Riobamba (in der Nähe des Chimborasso, 1797) gezeigt, wo> viele Leichname der Einwohner auf den mehrere hundert Fuß hohen Hügel in Cullia, jenseits des Flüßchens von Lican, geschleudert wurden. Die Fortpflanzung geschieht meist in linearer Richtung wellenförmig, mit einer Ge- schwindigkeit von 5—7 geographischen Meilen in einer Minute; theils in Erder- schütterungskreisen oder großen Ellipsen, in denen wie aus einem Centrum die Schwingungen sich mit abnehmender Starke gegen den Umfang fortpflanzen. Die Größe der fortgepflanzten Erschütterungswellen wird an der Oberfläche der Erde nach dem allgemeinen Gesetze der Mechanik vermehrt, nach welchem bei der Mit- theilung der Bewegung in elastischen Körpern die letzte, auf der einen Seite frei liegende Schicht sich zu trennen strebt. Die Erschütterungs-Wellen werden durch Pendel und Sismometer-Becken ziemlich genau in ihrer Richtung und totalen Stärke, keineswegs aber in der in- neren Natur ihrer Alteranz und periodischen Jntumescenz untersucht. In der Stadt Quito, die am Fuße eines noch thätigen Vulkans (des Rucu-Pichincha) 8450 Fuß über der Meeresfläche liegt und schöne Kuppeln, hohe Kirchengewölbe aufzuweisen hat, bin ich oft über die Heftigkeit nächtlicher Erdstöße in Verwun- derung gerathen, welche so selten Risse in den Gemäuern verursachen, während in den peruanischen Ebenen viel schwächer scheinende Oscillationen niedrigen Rohr- häusern schaden. Eingeborene, die viele hundert Erdbeben erlebt haben, glauben, daß der Unterschied weniger in der Länge und Kürze der Wellen, in der Langsamkeit oder Schnelligkeit der horizontalen Schwingung, als in der Gleichmäßigkeit der Bewegung in entgegengesetzter Richtung liegt. Die kreisenden (rotatorischen) Er- schütterungen sind die seltensten, aber am meisten gefahrbringend. Umwenden von Gebäuden ohne Umsturz, Krümmung von vorher parallelen Baumpflanzungen, Ver- drehung von Aeckern, die mit verschiedenen Getreidearten bedeckt waren, sind bei dem großen Erdbeben von Riobamba (4. Februar 1797) in der Provinz Quito, wie bei dem von Calabrien (5. Februar — 28. März 1783) beobachtet worden. Mit dem letzten Phänomene des Verdrehens oder Verschiebens der Aecker und Cul- turstücke, von welchen gleichsam eins den Platz des andern angenommen, hängt eine translatorische Bewegung oder Durchdringung einzelner Erdschichten zusammen. Als ich den Plan der zerstörten Stadt Riobamba aufnahm, zeigte man mir eine Stelle, wo das ganze Hausgeräth einer Wohnung unter den Ruinen einer andern Kröger. Iii. 2

10. Für die dritte Bildungsstufe - S. 19

1855 - Hamburg : Kittler
19 scheinlich davon überzeugen, daß fast immerdar an irgend einem Punkte die Oberfläche erbebt, daß sie ununterbrochen der Reaction des Innern gegen das Aeußere unterworfen ist. Selbst in den lockersten Alluvialschichten von Holland, um Middelburg und Vlisfingen, sind (23. Februar 1828) Erdstöße empfunden worden. Wenn das Erdbeben dem ersten Anscheine nach ein blos dynamisches, räum- liches Phänomen der Bewegung zu sein scheint, so erkennt man doch nach sehr wahrhaft bezeugten Erfahrungen, daß es nicht blos ganze Landstrecken über ihr al- tes Niveau zu erheben vermag (z. B. Ulla-Bund nach dem Erdbeben von Cutsch im Juni 1819 östlich von dem Delta des Indus oder längs der Küste von Chili im November 1822), sondern daß auch während der Erdstöße heißes Wasser (bei Catania 1818), heiße Dämpfe (im Misststppi-Thale 1822), Mofetten (irrespi- rable Gasarten), den weidenden Heerden in der Andeskette schädlich, Schlamm, schwarzer Rauch und selbst Flammen (bei Messina 1785, bei Cumana 1797, Lissa- von 1755) ausgestoßen wurden. — Der Ausbruch des kohlensauren Gases aus Spalten während des Erdbebens von Neu-Granada (16. November 1827) verur- sachte das Ersticken vieler Schlangen, Ratten und anderer in Höhlen lebender Thiere. Auch verändert sich oft die Witterung. Die Gefahr des Erdbebens wächst, wenn die Oeffnungen der Vulkane verstopft und ohne freien Verkehr mit der Atmo- sphäre sind. Der unaussprechlich tiefe und ganz eigenthümliche Eindruck, den das erste Erdbeben, das wir empfinden, auf uns macht, ist, glaube ich, nicht Folge der Er- innerung an die Schreckensbilder der Zerstörung, welche unserer Einbildungskraft aus Erzählungen historischer Vergangenheit vorschweben, sondern die Enttäu- schung von dem angeborenen Glauben an die Ruhe und Unbeweglichkeit des Starren der festen Erdschichten. Von früher Kindheit an sind wir an den Kon- trast zwischen dem beweglichen Element des Wassers und der Unbeweglichkeit des Bodens gewöhnt, auf dem wir stehen. Alle Zeugnisse unserer Sinne haben diesen Glauben befestigt. Wenn nun plötzlich der Boden erbebt, so tritt geheimnißvoll eine unbekannte Naturmacht als das Starre bewegend, als das Handelnde auf. Ein Augenblick vernichtet die Illusion des ganzen früheren Lebens. Man traut dem Boden nicht mehr, auf den man tritt. Das Ungewöhnliche der Erscheinung bringt dieselbe ängstliche Unruhe bei den Thieren hervor. Schweine und Hunde find be- sonders davon ergriffen. Die Krokodille im Orinocco, sonst so stumm als unsere kleinen Eidechsen, verlassen den erschütterten Boden des Flusses und laufen brüllend dem Walde zu. — So wie die Erderschütterungen oft von Wasser- und Dampfausbrüchen be- gleitet find, so erkennt man in den Salsen oder kleinen Schlammvulkanen einen Uebergang von den wechselnden Erscheinungen, welche die Dampfausbrüche und Thermal-Quellen darbieten, zu der mächtigen und grausenvollen Thätigkeit Lava speiender Berge. Die Entstehung der Salsen ist durch Erdbeben, unterirdischen Donner, Hebung einer ganzen Länderstrecke und einen hohen, aber auf eine kurze Dauer beschränkten Flammenausbruch bezeichnet. Als auf der Halbinsel Abscheren am caspischen Meere, östlich von Baku, die Salse von Jokmali sich zu bilden anfing (27. Nov. 1827), loderten die Flammen drei Stunden lang zu einer außerordentlichen Höhe empor; die nachfolgenden 20 Stunden erhoben sie sich kaum 3 Fuß über den schlammaus- werfenden Krater. Bei dem Dorfe Baklichi, westlich von Baku, stieg die Feuersäule so hoch, daß man sie in sechs Meilen Entfernung sehen konnte. Große Felsblöcke, der Tiefe entrissen, wurden weit umher geschleudert. Diese findet man um den, gegen- wärtig so friedlichen Schlammvulkan von Monte Zibio, nahe bei Sassuolo im nörd-
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