Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Vaterländisches Lesebuch - S. 8

1857 - Jena : Mauke
8 Dies wird's wohl sein! So nimm dein Eigenthum zurück!" So sprach er mit dem heitern Blick eines ehrlichen Mannes und eines guten Gewissens, und das war schön. Der Andere machte auch ein fröhliches Gesicht, aber nur, weil er sein verloren geschätztes Geld wieder hatte. Denn, wie es um seine Ehrlichkeit aussah, das wird sich bald zeigen. Er zählte das Geld, und dachte unter- dessen geschwinde nach, wie er den treuen Finder um seine ver sprochene Belohnung bringen könnte. „Guter Freund," sprach er hierauf, „eö waren eigentlich 800 Thaler in dem Tuch eingenäht. .^Ich finde aber nur 700 Thaler. Ihr werdet also wohl eine-Nckhj 'aufgetrennt und Eure 100 Thaler Belohnung schon herausgenom- men haben. Da häbt Ihr wohl daran gethan. Ich danke Euch." Das war nicht schön. Aber wir sind auch noch nicht am Ende. Ehrlich währt am längsten, und Unrecht schlägt seinen eignen Herrn. Der ehrliche Finder, dem es weniger um die 100 Thlr., als um seine unbescholtene Rechtschaffenheit zu thun war, ver- sicherte, daß er das Päckchen so gesunden habe, wie er es bringe, und es so bringe, wie er's gefunden habe. Am Ende kamen sie vor den Richter. Beide bestanden auch hier noch auf ihrer Be Häuptling: der Eine, daß 800 Thaler seien eingenäht gewesen, der Andere, daß er von dem Gefundenen nichts genommen und das Päcklein nicht versehet habe. Da war guter Rath theuer. Aber der kluge Richter, der die Ehrlichkeit des Einen und die schlechte Gesinnung des Andern zum voraus zu kennen schien, griff die Sache so an. Er ließ sich von Beiden über das, was sie aussagten, eine feste und feierliche Versicherung geben, und that hierauf folgenden Ausspruch: „Demnach, und wenn der Eine von Euch 800 Thaler verloren, der Andre aber nur ein Päcklein mit 700 Thalern gefunden hat, so kann auch das Geld des Letz leren nicht das nämliche sein, auf welches der Erstere ein Recht hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Bewahrung, bis der kommt, welcher nur 700 Thaler verloren hat! Und dir da weiß ich keinen Rath, als du geduldest dich, bis derjenige sich meldet, der deine 800 Thaler findet." So sprach der Richter und dabei blieb es. 12. Wo Nichts ist, kommt Nichts hin. Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust uitb keinen Muth, etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht zu den Fenstern hereinregnete. Er sagte immer: „Wo Nichts ist, ' * >

2. Vaterländisches Lesebuch - S. 11

1857 - Jena : Mauke
11 darin geboren bin," sagte er, „so will ich darin sterben, und wie sie mir von meinem Vater erhalten worden ist, sollen sie meine Nachkommen von mir erhalten und auf ihr den Segen ihrer Vor- fahren erben." Da nahm der König eine ernsthaftere Sprache an. „Wißt Ihr auch, guter Mann, daß ich gar nicht nöthig habe, viel Worte zu machen? Ich lasse Eure Mühle taxiren und- breche sie ab. Nehmt alsdann das Geld, oder nehmt es nicht!" Da lächelte der unerschrockene Mann, der Müller, und erwiederte dem König: „Gut gesagt, allergnädigster Herr, wenn nur das Kammergericht in Berlin nicht wäre!" Nämlich, daß er cs wolle ans einen rich- terlichen Ausspruch ankommen lassen. Der König war ein gerech- ter Herr und konnte überaus gnädig sein, also, daß ihm die Herz- haftigkeit und Freimüthigkeit einer Rede nicht mißfällig war, son- dern wohlgefiel. Denn er ließ von dieser Zeit an den Müller unangefochten und unterhielt fortwährend mit ihm eine friedliche Nachbarschaft. Der geneigte Leser aber darf schon ein wenig Re- spect haben vor einem solchen Nachbar, und noch mehr vor einem solchen Herrn Nachbar. _ » 10. Kannitverstan. Der Mensch hat wohl täglich Gelegenheit, in Emmendingen und Gundelfingen so gut als in Amsterdam Betrachtungen über den Unbestand aller irdischen Dinge anzustellen, wenn er will, und zufrieden zu werden mit seinem Schicksal, wenn auch nicht viel gebratene Tauben für ihn in der Luft umherfliegen. Aber auf dem seltsamsten Umweg kam ein deutscher Handwerksbursche in Amsterdam durch den Irrthum zur Wahrheit und zu ihrer Er- kenntniß. Denn als er in diese große und reiche Handelsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger Menschen gekommen war, siel ihm sogleich ein schönes und großes Hans in die Augen, wie er auf seiner ganzen Wanderschaft von Dnttlingen bis nach Amsterdam noch keins gesehen hatte. Lange betrachtete er mit Verwunderung dies kostbare Gebäude, die sechs Kamine auf dem Dach, die schönen Gesimse und die hohen Fenster, größer als an des Vaters Haus daheim die Thür. Endlich konnte et sich nicht entbrechen, einen Vorübergehenden anzureden. „Guter Freund," redete er ihn an, „könnt ihr mir nicht sagen, wie der Herr heißt, dem dieses wunderschöne Hans gehört mit den Fen- stern voll Tnlipanen, Sternblumen und Levkoien?" — Der Mann aber, der vermuthlich etwas Wichtigeres zu thun hatte und

3. Vaterländisches Lesebuch - S. 77

1857 - Jena : Mauke
¿m 77 ich nicht erst gezählt habe, so kvill ich euch auch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind." — sprach der König: „Die andere Frage lautet: Wie viel Sterne stehen am Himmel?" — Das Hirtenbüblein sagte: „Gebt mir einen großen Bogen weiß Papier!" und dann machte es mit der Feder so viele feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen und gar nicht zu zahlen waren, und einem die Angen vergingen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es: „So viele Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf dem Papiere; zählt sie nur!" — Aber Niemand war dazu im Stande. — Sprach der König: „Die dritte Frage lautet: Wie viel Secunden sind in der Ewigkeit?" — Da sagte das Hirten- büblein: „In Hinterpommern liegt ein Demantberg, der hat eine Meile in die Höhe, eine Meile in die Breite und eine ilueiic in die Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahre ein Böglein und wetzt sein Schnäblein daran, und wann der ganze Berg abgewetzt ist, dann ist die erste Secunde in der Ewigkeit vorbei." — Sprach der König: „Ich will dich fortan halten wie mein eigen Kind." Junker Nechberger. Rechenberger war ein Junker keck, Der Kaufleut' und der Wandrer Schreck. In einer Kirche verlassen, Da that er die Nacht verpassen. lind als es war nach Mitternacht, Da hat er sich auf den Fang gemacht. Ein Küufzug, hat er vernomineu, Wird frühe vorüber kommen. Sie waren geritten ein kleines Stück, Da sprach er: »Reitknecht! reite zurück! > Die Handschuh hab' ich vergessen Auf der Bahre, da ich gesessen >< Der Reitknecht kam zurück so bleich: »Die Handschuh' hole der Teufel euch! Es sitzt ein Geist ans der Bahre; Eö starren mir noch die Haare. Cr har die Handschuh' angethan Und schaut sie mit feurigen Augen an, Er streicht sie wohl auf und nieder; Cs beben mir noch die Glieder.« Da ritt der Junker zurück im Flug, Er mit dem Geiste sich tapfer schlug. Er.hat den Geist bezwungen, Seine Handschuh wieder errungen. w

4. Vaterländisches Lesebuch - S. 78

1857 - Jena : Mauke
78 Da sprach der Geist mit wilder Gier: »Und läßt du sie nicht zu eigen mir, So leihe mir ans ein Jährlein Das schmucke, schmeidige Pärlein.« — »Ein Jährlein ich sie dir gerne leih', So kann ich erproben des Teusels Treu'. Sie werden wohl nicht zerplatzen An deinen dürren Lätzen.« Rechbcrger sprengte von dannen stolz, Er streifte mit seinem Knechte im Holz. Der Dahn hat ferne gerufen, Da hören sie Pferdehusen. Dem Junker hoch das Herze schlug, Des Weges kam ein schwarzer Zug Lermummter Niitersleute; Der Junker wich auf die Seite. Und hinten trabt noch Einer daher, ' Ein ledig Näpplein führet er, Mit Sattel und Zeug stafsiret, Mit schwarzer Decke gezieret. Reclcherger ritt heran und frug: »Sag' an! wer sind die Herren vom Zug? Sag' an, traut lieber Knappe! Wem gehört der ledige Rappe?« — »Dem treuesten Diener meines Herrn, Nechberger nennt man ihn nah und fern. Ein Jährlein, so ist er erschlagen, Dann wird das Rapplein ihn tragen.« Der Schwarze ritt den Andern nach, Der Junker jit seinem Knechte sprach: «Weh' mir": voiu Rotz ich steige, Es geht mit mir zur Neige. Ist dir mein Nößlcin nicht zu wild, Und nicht zu schwer mein Degen und Schild, Nimm's hin dir zum Gewinnste Und brauch'« iu Gottes Dienste!« Rechberger in ein Kloster ging: »Herr Abt, ich bin zum Mönche zu 'ring, Doch möcht' ich. iu tiefer iiicuc Dein Kloster dienen als Laie.« — > Du bist gewesen ein Reilersmann, Ich seh' es dir an den Sporen an, So magst du der Pferde walten, Die wir im Klosterstall halten.«

5. Vaterländisches Lesebuch - S. 79

1857 - Jena : Mauke
79 Am Tag, da selbiges Jahr sich schloß, Da fauste der Äbt ein schwarz wild Noß; Ncchberger sollt' es zäumen, Und es that sich stellen und bäumen. Es schlug den Junker mitten anf's Herz, Daß er sank in bitterem Todesschmerz. Es ist im Walde verschwunden, Man hat's nicht wieder gefunden. Um Mitternacht, an Junkers Grab Da stieg ein schwarzer Reitknecht ab, Einem Rappen hält er die Stangen, Reithandschnh' am Sattel hangen. Rcchbcrger stieg anö dem Grab herauf, • ' Er nahm die Handschuh vom Sattelknauf, Er schwang sich in Sattels Mitte, Der Grabstein diente zum Tritte. Dies Lied ist Junkern zur Lehr' gemacht, Daß sic geben ans ihre Handschuh' Acht, Und daß sie sein bleiben lassen, In der Rächt am Wege zu passen. <»!). Die Nrezcftalt des Schweizerlandes. Im Norden des Landes Italien stellen sich die Alpen dar: voll Piemont biö nach Istrien, in Form eines "großen halben Mon- deö, eine himmelhohe weiße Mauer mit unersteigbaren Zinnen, dritthalbtansend Klaftern über dem Mittelmeerc. Man weiß nur einzelne Menschen, die den weißen Berg, wenig oder keine, welche das Schreckhorn oder Finsteraarhorll erstiegen hätten; man sieht ihre pyrainidalischen Spitzen mit unvergänglichem Eise bepanzcrt lind von Klüften umgeben, deren unbekannten Abgrund grauer Schnee trügerisch deckt. In unzugänglicher Majestät glänzen sic, hoch über den Wolken, weit in die Länder der Menschen hinaus. Ihre Eislast trotzt den Sonnenstrahlen, sie vergolden sie nur; diese Gipfel werden von dem Eise wider die Lüfte geharnischt, welche im Lauf der Jahrtausende die kahlen Höhen deö Boghdo und Ural in Trümmer verwittert haben. Welin in verschlossenen Gewölben der nie erforschte Kern deö Erdballs noch glühet, so liegt auch diesem Feuer daö Eis der Gletscher zu hoch. In der Erde schmilzt Wasser unter demselben hervor und rinnt in Thäler, wo es überfriert, und seit Jahren, deren Zahl Niemand weiß, in unergründliche Lasten, Tagereisen weit, gehärtet und aufgehäuft worden ist. In den Tiefen arbeitet ohne Unterlaß die wohlthätige Wärme der Natur; anö den finstern Eiskammern ergießen sich

6. Vaterländisches Lesebuch - S. 29

1857 - Jena : Mauke
29 ja dreimal länger brennen, als die Lichter in der Hütte am See, und von der Dienerschaft dachte Niemand daran. - Was im Schlosse diente, versah sein Amt in der Schenke oder gaffte durch die offenen Saalthüren auf die wirbelnden Frauen und Herren. Nur der Wildmeister war ganz allein unten im Keller, der fast durch das ganze Schloß, hinlief, und selbst Satanas dachte nicht an ihn, weil man in so guter und großer Ge- sellschaft einen einzelnen alten Freund.leicht vergißt. Der alte Schlemmer hätte schon längst wissen mögen, was für Weine in dem kleinen Seitengewölbe liegen, in welches man ans dein Hauptkeller durch ein niederes Pförtlein gelangen konnte. Eine bessere Gelegenheit, den geheimnißvollen Inhalt der unter- irdischen Zelle zu erforschen, konnte es nicht geben, als diesen Abend. Er zündete daher die Ampel der Äüchenmagd an, nahm den Schlüsselbund des Kellermeisters und stieg in die Tiefe hinab. Die Lampe brannte ihm zu trübe, deswegen füllte er ans eincin ausgezupften Faß einen Becher voll Franzbrantwein, nahm ans dem Korb des Kellermeisters eine Hand voll Werg, zündete es an und warf es auf den Spiritus. Nun erleuchtete eine große blaue Flamme das weite und hohe Gewölbe. Dann öffnete er die Seitenzclle, wälzte eines von den zwanzig Fäßlein, die darinnen auf einander lagen, heraus, bohrte ein Loch in den Boden steckte eine Hollunderrhhre hinein, und legte dann die Tonne auf ein Lager, um ihren Inhalt mit Muße zu kosten. Es war aber kein Wein darin, sondern schwarzes körnigtes Pulver, das dnrch die Röhre hcrauörann, wie Streusand ans einer umgeworfenen Büchse. Denn in dem Gewölbe lag noch von dem dreißigjährigen Kriege her ein Borrath von grobem Schießpulver, das man nicht in die Jagdflinte brauchen konnte. Staunend glotzte der Wildmeister das rinnende Pulver an. Aber nicht lange. Bon der offenen Kellerthüre herab kam ein Zugwind und führte von dem brennenden Werg ein Fünklein in das auf dem Boden liegende Pulver. In diesem Augenblicke sah der Engel vor der Hütkc am See, wie [fid; chas kupferne Dach auf dem Schloß von einander that und einer Rauchsäule Platz machte. Ein dumpfer, schwerer Knall folgte darauf. Und nun wußte der himmlische Bote, daß er zum Dienst um der frommen Leute willen ausgesandt worden war. Denn er hatte vollauf zu thun, um die schweren fliegenden Trüm- mer des Schlosses von der Hütte abzuwehren, und so das Leben ihrer Bewohner zu erhalten. Ja, hätte er nicht seine Fittige aus- gebreitet', wie eine Henne über ihre Küchlein, so würde der ge-

7. Vaterländisches Lesebuch - S. 87

1857 - Jena : Mauke
87 Wenn sich das Leben neiget, Ist 'sie des Pilgers Loos. Die zweite ist verschieden, Bald ist sie grob, bald sein, Bald wohlseil und bald theuer, Bald selten, bald gemein. Das Ganze steht auf Erster, Aus Zweiter ist's gemacht, Zeigt wo der Wandrer ruhet, Bis ihm der Morgen tagt. Ii. Ich wohne in einem steinernen Haus, Da lieg ich verborgen und schlafe. Doch ich trete hervor, ich eile heraus, Gefordert mit eiserner Waffe. Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein, Mich kann dein Athem bezwingen, Ein Regentropfen schon sauget mich ein, Doch mir wachsen im Siege die Schwingen. Wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt, Erwachs ich zum furchtbarn Gebieter der Welt. 73. Ein guter Sohn. In dem Negimente des berühmten, von Friedrich dem Gro« ßen hochgeehrten Generals von Ziethen stand auch ein Rittmeister mit Namen Kurzhagen. Er war klug, tapfer und hatte ein kind- liches Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklen- burgischen. Mit dem Berdienstorden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchirn ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen in die Stadt gekom- men, um ihren Sohn nach Jahren wiederzusehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Wie er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freudenthräncn. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste hatte. Einst spottete ein Offizier darüber, daß Bauern bei einem Rittmeister zu Tische säßen. „Wie? Sollte ich nicht die ersten Wohlthäter meines Lebens achten?^ war seine Antwort. „Ehe ich * des Königs Rittmeister wurde, war ich ihr Kind." Der brave General von Ziethen hörte von diesem Vorfalle und bat sich selbst nach einiger Zeit mit mehreren Vornehmen

8. Vaterländisches Lesebuch - S. 33

1857 - Jena : Mauke
33 wurde, die Worte — »»Unternimm nichts, ohne vorher den Ausgang reiflich zu erwägen" — in die Augen fielen, stutzte er, und mit sichtbarer Aengstlichkeit legte er die giftige Lanzette zurück und nahm eine andere. Der Khan bemerkte dies und fragte, warum er die andere Lanzette weglege. Auf die Antwort, daß sie eine stumpfe Spitze habe, verlangte er, sie zu sehen, weil ihm die Aengstlichkeit des Arztes auffallend war. Als der Arzt zögerte, sprang der Khan auf und rief: »»Nur ein offenes Geständniß kann dir das Leben retten; deine sichtbare Angst macht dich verdächtig." Der Arzt stürzte dem Khan zu Fußen und ent- deckte ihm den Anschlag auf sein Leben, welchen auszuführen ihm die warnende Inschrift im Becken den Muth benommen habe. »»Habe ich wohl," sagte der Khan, »»dem Derwisch seinen Rath zu theuer- bezahlt?" Er schenkte dem Arzt das Leben, befahl, den Statt- halter zu erdrosseln und ließ den Derwisch überall aufsuchen, nur ihn noch mehr zu belohnen. 38. Vorbedacht! Bei Allem was du thust, bedenke das Ende! denn „vorge- than'und nachbedacht hat Manchen in groß Leid gebracht." — Das ist eine goldne Lehre für die Jugend, wie für das Alter, für den Reichen, wie für den Armen. Hätte Mancher bedacht, daß der Stein, den er im Zorne ergriff, aufhörte in seiner Gewalt zu sein, sobald er ihn ans der Hand geworfen, er wäre nicht ein Mörder geworden. Hätte Mancher bedacht, daß er vielleicht in der nächsten Stunde sterben und vor Gott stehen könnte, er würde bei Zei- ten fein Haus bestellt, mit seinen Nächsten Friede gemacht und an das Heil seiner Seele gedacht haben. Darum bedenke bei Allem, was du thust, das Ende, noch ehe du es thust. — Da giebt's aber auch ein anderes Sprüchwort, welches sagt: »»Wer zu viel bedenkt, thut wenig" und auch das ist wahr! Alles zu seiner Zeit. Kommt ein um Hülfe Bittender zu dir, und spricht dich um "dei- nen Beistand an, da bedenke nicht zu lange und drehe den Gro- schen nicht zu oft in deiner Hand um; — oder fällt ein Kind ins Waffer, und du kannst es retten, bedenke nicht erst lange, sonst geht das Kind unter deinem vielen Bedenken unter. Darum Al leö zu seiner Zeit! — 39. Ein Paar Pantoffeln. Zu Bag (lud lebte ein alter Kaufmann, Namens Abu Kasein, cwr wegen seines Geizes sehr berüchtigt war. Seines 'Reichthums ungeachtet waren seine Kleider mir

9. Vaterländisches Lesebuch - S. 93

1857 - Jena : Mauke
93 — Was hilft es, bessere Zeiten zu wünschen und zu hoffen? Aendert euch nur selbst, so werden sich die Zeiten auch ändern. Fleiß hat nicht nöthig zu wünschen. Wer sich mit Hoffnungen nährt, der läuft Gefahr, Hungers zu sterben. Ohne Mühe hat man keinen Gewinn. Wer ein Gewerbe hat, der besitzt auch Ver- mögen, und wer einen Beruf hat, der hat ein einträgliches Ehren- amt. Wer arbeiten will, der findet immer Brod. Dem fleißigen Mann schaut wohl der Hunger in das Haus, hinein aber wagt er sich nicht. Die Arbeitsamkeit ist des Glückes Mutter und dem Fleißigen schenkt Gott Alles. Arbeite heute, denn du kannst nicht wissen, was dich morgen abhält. Ein Heute ist mehr werth, als drei Morgen. 'Greife die Arbeit rüstig an; in Handschuhen fängt die Katze keine Mäuse. Aber selbst Fleiß ist allein nicht hinrei- chend; wir müssen auch beständig, nicht fahrlässig, noch störrig sein; wir müssen selbst ein Auge auf unsere Arbeit haben und uns nicht zu viel aus andere verlassen; denn ein Baum, der oft versetzt wird, und eine Familie, die oft auszieht, gedeihen weniger, als diejenigen, welche auf ihrem Platze bleiben. Dreimal aus- ziehen ist soviel, als einmal abbrennen. Verlasse deine Werkstatt nicht, so wird deine Werkstatt dich auch nicht verlassen. Willst du deine Sache gut ausgerichtet haben, so gehe selbst. Wer durch den Pflug reich werden will, der muß ihn selbst anfassen. Das Auge des Herrn fördert mehr, als seine beiden Hände. Eine kleine Vernachlässigung kann großes Unheil anrichten. Weil ein Nagel fehlte, ging das Hufeisen verloren, aus Mangel des Huf- eisens das Pferd und aus Mangel deö Pferdes der Reiter; der Feind holte ihn ein und tödtete ihn, was nicht geschehen wäre, wenn er den fehlenden Nagel am Hufeisen gesehen hätte. Wer nicht eben so gut zu sparen als zu verdienen weiß, der kann sich zu Tod^e arbeiten, ohne einen Pfennig zu hinterlassen. Eine fette Küche macht ein mageres Testa,nent. Wie gewonnen, so zerronnen, heißt es von manchem schönen Thaler. Seit die Männer über den Spiel- und Trinkgesellschaften Axt und Ham- mer, und seit die Weiber über den Kaffee- und Thecbesuchen den Spinnrocken und das Strickzeug vergessen haben, ging manches Vermögen fast in derselben Zeit verloren, wo cs erworben wurde, Willst du reich werden, so lerne nicht allein erwerben, sondern auch sparen. Schränkt euren thörichten Aufwand ein, so dürft ihr nicht zu Hause klagen. Eine einzige Thorheit zu unterhalten, kommt theurer zu stehen, als zwei Kinder aufzuziehen. Ihr glaubt vielleicht, eine einzige Schale Thee oder Kaffee, ein Glas Wein oder Bier, bisweilen ein leckerer Bissen, etwas feinere Kleider

10. Vaterländisches Lesebuch - S. 94

1857 - Jena : Mauke
94 und dann und wann ein besonderes Vergnügen, dies alles habe so viel nicht auf sich; aber merkt euch: Ein Wenig, mehrmal wiederholt, macht ein Viel. Hütet euch vor den oft wiederholten Ausgaben. Eine kleine Oeffnung versenkt ein großes Schiff, und Wohlgeschmack führt zum Bettclsack. — Ihr habt euch hier zu einer öffentlichen Versteigerung von allerhand Sachen versammelt. Ihr nennt diese Dinge Güter; aber ihr mögt euch wohl vorsehen, daß sie nicht Einigen zu Uebeln werden. Ihr denkt, sie werden wohlfeil, vielleicht weit unter dem Werthe abgehen; allein, wenn ihr sie nicht nothwendig braucht, so werdet ihr sie auf jeden Fall zu theuer bezahlen. Richard sagt: »/Kaufe nur, was du nicht brauchst, so wirst du bald verkaufen müssen, was bit — Der Weise wird durch fremden Schaden llng, der Narr kaum durch seinen eigenen. Ich kenne Leute, welche selbst hungern und ihren eigenen Kindern das Brod entziehen, nm sich das nöthige Geld für ein unnöthiges schönes Kleid zu ersparen. Seide und Sammet aber löschen das Feuer in der Küche aus. Dahin ist es gekommen, daß der erkünstelten Bedürfnisse mehr sind, als der natürlichen. Durch solche und ähnliche Thorheiten sind reiche und vornehme Leute an den Bettelstab gekommen und geüwigt wor- den, die um Hülse anzusprechen, auf welche sic früher hochmüthig herabgesehen haben, die aber durch Fleiß und Sparsamkeit zu Vermögen und Ansehen gekommen sind. Mancher, der am mei- sten klagt, hat ein artiges Vermögen geerbt; er vergaß aber, wie er dazu gekommen, und dachte: Es ist Tag, es wird niemals Nacht werden. Eine kleine Ausgabe in einem so großen Vermögen kommt nicht in Betracht; wenn man aber immer aus dem Mehl- fasse nimmt und nichts wieder hineinfällt, so kommt man bald auf den Boden. Wenn der Brunnen trocken ist, schätzt man erst das Wasser. Wollt ihr wissen, was das Geld werth ist, so geht hin und borgt. Sorgen folgt auf Borgen. Hast du ein schönes Stück ins Haus gekauft, so mußt du noch zehn dazu kaufen, da- mit Alles zusammen paßt. Es ist leichter, den: ersten Gelüste zu widerstehen, als allen folgenden, und der Arme, welcher dem Rei- chen nachäfft, ist eben so lächerlich, als der Frosch, welcher sich aufblies, um so groß zu werden, wie der Stier. Große Schiffe können sich ins weite Meer wagen; kleine Fahrzeuge müssen sich am Ufer halten. — Welche Thorheit, der entbehrlichsten Dinge wegen Schulden zu machen! Wer sich in Schulden steckt, giebt Andern ein Recht über seine Freiheit. Könnt ihr zu gesetzter Frist nicht bezahlen, so werdet ihr euch schämen, wenn euer Gläubiger euch begegnet. Ihr werdet ängstlich sein, wenn ihr mit ihm sprecht,
   bis 10 von 92 weiter»  »»
92 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 92 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 3
1 0
2 0
3 2
4 0
5 58
6 0
7 23
8 0
9 1
10 9
11 2
12 1
13 1
14 0
15 0
16 13
17 1
18 3
19 9
20 1
21 2
22 0
23 0
24 1
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 2
31 0
32 0
33 13
34 0
35 0
36 2
37 55
38 6
39 11
40 0
41 1
42 0
43 3
44 0
45 1
46 4
47 1
48 1
49 2

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 7
2 0
3 1
4 2
5 0
6 7
7 0
8 0
9 1
10 0
11 2
12 7
13 0
14 2
15 0
16 14
17 39
18 0
19 6
20 0
21 16
22 0
23 0
24 3
25 0
26 3
27 0
28 5
29 0
30 2
31 0
32 1
33 0
34 0
35 0
36 16
37 4
38 1
39 30
40 4
41 0
42 8
43 1
44 0
45 9
46 0
47 1
48 0
49 5
50 0
51 0
52 1
53 0
54 6
55 1
56 0
57 2
58 1
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 1
65 1
66 0
67 0
68 2
69 0
70 5
71 2
72 0
73 0
74 0
75 6
76 5
77 52
78 0
79 1
80 0
81 3
82 13
83 1
84 2
85 0
86 0
87 20
88 2
89 0
90 0
91 10
92 23
93 0
94 61
95 0
96 0
97 0
98 4
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 23
1 6
2 11
3 17
4 0
5 2
6 45
7 1
8 2
9 6
10 8
11 0
12 43
13 38
14 14
15 2
16 0
17 8
18 1
19 1
20 3
21 9
22 3
23 2
24 20
25 25
26 14
27 0
28 21
29 4
30 6
31 2
32 9
33 73
34 11
35 0
36 4
37 2
38 3
39 17
40 4
41 6
42 41
43 26
44 1
45 0
46 20
47 6
48 6
49 1
50 108
51 114
52 2
53 0
54 0
55 2
56 2
57 0
58 7
59 73
60 0
61 5
62 0
63 1
64 7
65 25
66 0
67 1
68 0
69 0
70 1
71 2
72 6
73 2
74 5
75 6
76 2
77 0
78 5
79 1
80 1
81 168
82 5
83 4
84 12
85 9
86 1
87 1
88 0
89 22
90 2
91 7
92 0
93 0
94 1
95 12
96 3
97 23
98 2
99 3
100 119
101 2
102 50
103 1
104 3
105 0
106 7
107 12
108 0
109 9
110 12
111 12
112 8
113 4
114 44
115 1
116 33
117 0
118 2
119 6
120 0
121 33
122 4
123 22
124 43
125 38
126 2
127 3
128 2
129 12
130 8
131 54
132 1
133 19
134 5
135 1
136 10
137 16
138 0
139 2
140 10
141 2
142 26
143 19
144 1
145 2
146 1
147 3
148 0
149 0
150 3
151 1
152 46
153 1
154 21
155 9
156 12
157 5
158 2
159 10
160 0
161 9
162 0
163 5
164 30
165 1
166 10
167 6
168 14
169 10
170 7
171 9
172 2
173 9
174 1
175 97
176 0
177 20
178 3
179 21
180 6
181 2
182 6
183 40
184 5
185 8
186 0
187 2
188 3
189 4
190 4
191 2
192 0
193 18
194 1
195 10
196 109
197 0
198 4
199 5