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1. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 42

1843 - Potsdam : Riegel
42 die Mitte des Tages sehr verengt, und wir sahen sie in jener hel- len Beleuchtung, die daö gleichzeitige Zurückwerfen des Lichts vom Himmel von Pflanzen und Felsen hervorbringt. Die ferne Ta- gcshelle stand in gewaltigem Abstiche mit der uns in diesen unter- irdischen Räumen umzingelnden Finsterniß. Wir hatten unsere Flinten fast zufällig, da wo Vögelgeschrci und Flügclschlag uns das Beisamenstchen vieler Nester vermuthen ließen, losgcbrannt. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es dem Herrn Bon- pland zwei Guacharo's zu treffen, die, vom Fackcllichte geblendet, uns zu verfolgen schienen. Dieser Umstand setzte mich in den Stand, den bis dahin den Naturforschern unbekannt gebliebenen Vogel zu zeichnen. Wir erstiegen mit einiger Mühe den kleinen Hügel, von welchem der unterirdische Bach herabflicßt. Wir sa- hen die Grotte sich merklich verengen, indem sie nur noch 40 Fuß Höhe hat, und sich nordostwärts verlängert, ohne von ihrer ursprünglichen Richtung abzuweichen, die mit dem großen Thal von Earipe parallel läuft. In diesem Theile der Höhle setzt das Waffer des Flusses eine schwärzliche Erde ab, welche derjenigen ähnlich ist, die man in der Grotte von Müggendorf in Franken Op ser er de der Grotte des hohlen Berges nennt. Wir konnten nicht entscheiden, ob diese seine und lockere Erdart durch Spalten, die mit der Oberfläche des Bodens zusammen hängen, herabfällt, oder ob sie von dem in die Höhle dringenden Regenwasser angeschwemmt wird. Es war orne Mischung von Kiesel-, Thon- und Damm-Erde. Wir wanderten durch dichten Koth bis zu einer Stelle, wo wir mit Erstaunm die Fortschritte des unterirdischen Pflanzenwachsthums wahrnahmen. Die Früchte, welche die Vögel zur Speisung ihrer Jungen in die Grotte tragen, keimen überall, wo sie sich in dem, die kalkigten Inkrustirungen deckenden Erdreich befestigen können. Dünn aufgeschossene, mit einigen Blätterspuren versehene Stämm- chen hatten eine Höhe von zwei Fuß erreicht. Es war unmög- lich, die durch den Mangel des Lichts in Form, Farbe und Ge- stalt völlig veränderten Pflanzenarten zu unterscheiden. Diese Spuren organischer Bildung mitten in der Finsterniß hatten die Neugier der fast so stumpfsinnigen und schwer aufzuregenden Ein- gebornen in hohem Grade geweckt. Sie beobachteten diesclbm mit der stillen Aufmerksamkeit, welche ein ihnen furchtbarer Ort ver- anlaßte. Es kam uns beinahe vor, als glaubten sie, in diesen

2. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 7

1843 - Potsdam : Riegel
7 Will. Ei, das versteht sich, die letzte! Witt. Aber, so ganz war er mir doch nicht recht, der Herr Tamm. Denn er sagte auch: »Viel Geld!« wenn er den Ar- men oder der Obrigkeit gab, und da hätte er nur immer sprechen mögen, wie der Herr Grell, mein anderer Nachbar. — Ich, Herr Will, der ich zwischen den beiden Redensarten mitten inne wohnte, ich habe mir beide gemerkt, und da spreche ich nun, nach Zeit und Gelegenheit, bald wie der Herr Grell und bald wie der Herr Tamm. Will. Nein, bei meiner Seele! Ich halt'6 mit Herrn Tamm. Das Haus und das Waarenlager gefällt mir. Witt. Er wollte also? Will. Viel Geld! viel Geld, lieber Herr Witt! Ganzer einhundert Reichsthalcr! Witt. Sieht er, Herr Will? Es wird schon werden. Das war schon recht. — Wenn man von einem Freunde borgt, so muß man sprechen, wie der Herr Tamm, und wenn man einem Freunde aus der Noth hilft, so muß man sprechen, wie der Herr Grell. (Enge,.) ..v? v «v;-: rvn" ; . . rr6 jhi fs ■ "l Iii. Die Krone des Alters. ;:V . . V • v ■'■ ■ .-•< ■ .. -! : -i; 28>en der Schöpfer ehret, warum sollten den nicht auch Men- schen ehren? Ans des Verständigen und Tugendhaften Haupt ist graues Haar eine schöne Krone. Drei Greise feierten zusammen ehr Jubelfest, und erzählten ihren Kindern, woher sic so alt geworden. Der eine, ein Lehrer und Priester, sprach: »Nie kümmerte mich, wenn ich zu lehren ausging, die Länge des Weges; nie schritt ich anmaßend über die Häupter der Jugend hinweg, und hob die Hände nie auf zum Segnen, ohne daß ich wirklich segnete und Gott lobte; darum bin ich so alt geworden.« Der andere, ein Kaufmann, sagte: »Nie habe ich mich mit meines Nächsten Schaden bereichert; nie ist sein Fluch mit mir zu Bette gegangen, und von meinem Vermögen gab ich gern den Ar- men; darum hat mir Gott die Jahre geschenkt.«

3. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 8

1843 - Potsdam : Riegel
8 Der dritte, ein Richter des Volks, sagte: »Nie nahm ich Geschenke; nie bestand ich starr auf meinen Sinn; im Schwersten suchte ich mich jederzeit zuerst zu überwinden; darum hat mich Gott mit meinem Alter gesegnet.« Da traten ihre Söhne und Enkel 31t ihnen heran, küßten ihre Hände und kränzten sie mit Blumen. Und die Väter segneten sie und sprachen: »Wie eure Jugend sei auch euer Alter! Eure Kin- der seien euch, was ihr uns seid, auf unserem greisen Haare eine blühende Roscnkrone.« Das Alter ist eine schöne Krone; man findet sic nur aus dem Wege der Mäßigkeit, der Gerechtigkeit und Weisheit. (Herder.) Iv. Die Bäume. Theobald und Julius, zwei fromme Jünglinge, waren mit einander aufgewachsen von früher Kindheit an. Die ganze, fröh- liche Knabenzeit war ihnen zusammen vcrschwebt, und alle harm- losen Spiele der Jugend hatten sic gemeinschaftlich getrieben; und es war kein Ort der süßen, heimathlichen Gegend, wo nicht ihre jugendlichen Seelen in einander geflossen waren im holden Wechsel- bund inniger Freundschaft und Liebe. Die Jahre gingen dahin; aus den Knaben wurden Jünglinge. Da erweiterte sich ihre Brust; bedeutungsvoller ward jedes Wort, das sie sprachen, reicher und blühender ihre Phantasie, süßer und ahnungsvoller ihre Träume. Und mit der wachsenden Kraft ihres inneren Lebens erstarkte auch in hoher Fülle der feste Bund ihrer Freundschaft, also, daß sic nie mit seligeren Gefühlen einander umschlangen. Da nahete sich ihnen des Lebens ernster und schwüler Tag; Theobalds Vater rüstete sich, mit all' den Seinigen das Land der Heimath zu verlassen und über das Meer zu segeln. Und als die Jünglinge das Wort vernahmen, das ihnen Trennung ge- bot, da hielten sie sich umfaßt in schmerzlicher Rührung und wein- ten einer an des anderen Brust. Am Abend vor dem bangen Ab- schiedstage gingen sie zusammen in ein Gebüsch, nahe bei Theo-

4. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 44

1843 - Potsdam : Riegel
44 Daseins zurückzulassen. Unsere Hauswirthe erzählten, wie die er- sten Ordensgeistlichen, die in diesem Berglande das kleine Dorf Santa Maria gründeten, während eines Monats in der Höhle wohnten, und wie hier, bei Fackelschein auf einem Felsstücke reli- giöse Mysterien von ihnen gefeiert wurden. Der einsame Ort diente den Missionaren zur Fluchtstätte gegen die Verfolgungen eines an den Ufern des Rio Caripe gelagerten kriegerischen Anfüh- rers der Tuapocans. <Al-,. ». Humboldt.) Xi. Gin Tag unter dem Äguator. Jnic glücklich bin ich hier, wie tief und innig kommt hier so manches zu meinem Verständnisse, das mir vorher unerreichbar stand! Die Heiligkeit dieses Ortes, wo alle Kräfte sich harmonisch vereinen, zeitiget Gefühle und Gedanken. Ich meine besser zu ver- stehen, was es heiße, Geschichtschreiber der Natur sein. Ich ver- senke mich täglich in das große und unaussprechliche Stillleben der Natur, und vermag ich auch nicht, es ganz zu erfassen, so er- füllt mich doch die Ahnung seiner Herrlichkeit mit nie gefühlter Wonne. Es ist drei Uhr Morgens; ich verlasse meine Hangmatte, denn der Schlaf stiehl mich Aufgeregten; ich öffne die Läden, und sehe hinaus in die dunkle, hehre Nacht. Feierlich flimmern die Sterne, und der Strom glänzt im Widerscheine des untergehenden Mondes zu mir herüber. Wie geheimnißvoll und stille ist alles um mich her! Ich wandle mit der Blendlaterne hinaus in die kühle Varanda und betrachte meine trauten Freunde: Bäume und Gesträuche, die um die Wohnung her stehen. Manche schlafen mit dicht zusammengelegten Blättern, andere aber, die Tagschläfer sind, ragen ruhig ausgebreitet in die stille Nacht auf; wenige Blu- men stehen geöffnet; nur ihr süß duftenden Paullinien-Hecken be- grüßet mit feinstem Wohlgeruche den Wanderer, und du erhabene, düsterschattende Manga, deren dichtbelaubte Krone mich gegen den Nachtthau schützet. Gespensterhaft flattern große Nachtschmetter- linge um die verführenden Lichter meiner Laterne. Immer stärker durchnäßt der Thau die frisch aufathmenden Wiesen, und die Nacht-

5. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 69

1843 - Potsdam : Riegel
69 Wagen und Karren in der Mitte der Männer, und stritten, wie von Thürmen herab, mit Lanzen und Speer gegen die Feinde. Und als sie den unendlichen Jammer ihres Herzens in solcher Weise umsonst zu mildern versucht hatten, da wandten sie die Ver- zweiflung gegen sich selbst und gegen die Ihrigen, und suchten dem Unglücke der Sklaverei zu entgehen durch jeglichen Tod. Sie er- mordeten ihre Kinder, sie ermordeten sich selbst mit ihren Kindern. Sie erstachen sich, erdrosselten sich und mit dem eigenen Haare; sie erhenkten sich, ließen sich von Ochsen zertreten, von Wagen zermal- men und schleifen von Pferden. Keine Todesart war zu gräßlich, wenn nur die Knechtschaft vermieden wgrd. Und diejenigen allein, Männer oder Weiber, geriethen in römische Gefangenschaft, denen Zufall und Unglück unmöglich machten, dm Tod zu finden. Die Menge der Gefallenen oder Gefangenen zu zählen, ist hier so unnöthig, als es auch eine vergebliche Arbeit sein würde. Rö- mische Schriftsteller haben sich bis zur Schamlosigkeit vergessen. Florus giebt den Verlust der Cimbrer auf 60,000 an, und den Verlust der Römer auf weniger als 300. Das Wesentliche ist und bleibt: Die Cimbrer gingen zu Grunde vor den römischen Waffen in der raudischen Ebene; der Krieg war geendigt; die Ti- guriner, die zum Schutze der norischen Alpen zurückgeblieben wa- ren, verschwanden, und setzten sich vielleicht in den Gebirgen der Schweiz fest, wo niemand sie suchte. Marius hatte Rom von der langen Angst befreiet; er feierte mit Catulus einen gemein- schaftlichen Triumph, bei welchem der König Teutobach durch Größe, Gestalt und Art mehr die Blicke auf sich zog, als alle Siegeszeichen; Marius jedoch wurde als der eigentliche Retter, als ein dritter Romulus, gepriesen und verherrlicht. Und gewiß, hätte er nicht das Unglück gehabt, diese unendliche Feier zu über- leben, er würde schön und groß für ewige Zeit in der Geschichte glänzen. Die Cimbrer und Teutonen aber, obgleich sie von der Erde vertilgt waren, hatten durch ihre Thaten ihren Namen so tief in die Geschichte eingegrabcn, daß sie nimmermehr aus dem Andenken der Menschen verschwunden sind, und daß dem deutschen Volke bei dem Eintritte in seine geschichtliche Laufbahn kaum irgend etwas hätte förderlicher sein können, als das Andenken an einen solchen Untergang. (Luden.)

6. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 84

1843 - Potsdam : Riegel
84 eine Stunde ausgeruht und sich erfrischt hatte, so trat er eben so bedächtig den Rückzug an; überstieg wieder jeden Zaun und zollte von Station zu Station seine Grüße. Ihr, die ihr diesen wunderlichen Alten belacht, laßt denkenden Ernst auf eure Stirn treten und ahmt ihm nach! Durch diese tägliche Übungen brachte er sein Leben aus 96 Jahre. Er war ein Vater dem Betrübten, ein Tröster dem Leidenden, dem Dürf- tigen ein Stab, der beste gutmüthigste Mensch der ganzen Gegend. Stets froh in sich selber, suchte er auch über andere Frohsinn zu verbreiten, und achtete kein Opfer zu groß. Den Unglücklichen widmete er die Gaben, welche andere an lose Vergnügungen ver- schwenden, und bekam ihr segnendes Lächeln und ihr Gebet zum Lohn. Mag der Sturm seine Asche verstreuen; das Andenken an sein Herz wird ewig unter diesen Menschen leben. Die, so ihn bloß sahen, liebten den Mann wegen seiner Ei- geuheiten; die seines Beistandes bedurften, verehrten ihn wegen sei- ner Tugend und Milde. Im ganzen Laufe eines so langen Lebens konnte niemand aufstehen und sagen: Nobs habe ihn auch nur in Gedanken beleidigt. Bei einem sehr mittelmäßigen Einkommen behauptete er 60 Jahre hindurch den Namen des Mildthätigen, und ließ bei seinem Hinscheiden seiner Familie nur wenig zurück. Aber er vermachte ihr dabei ein unschätzbares Erbe — jene Seg- nungen, welche der lohnende Himmel für die Kinder der Barm- herzigen aufbewahrt. (Schubart.) Xviii. Diogenes und der junge Kriton. Au Korinth lebte vor Zeiten ein Mann, der hieß Diogenes, ein höchst merkwürdiger Sonderling. Er lebte ganz außerordent- lich mäßig, kehrte sich an keine Gebräuche, handelte dadurch manch- mal wider den Wohlstand, that aber übrigens sehr vielen Gutes und keinem etwas zu Leide. Einstmals begegnete ihm Kriton, ein junger Mensch, den er liebte, weil es ein guter, unverderbter Jüngling war. »Wo willst du hin, Kriton?« fragte Diogenes, »du bist ja so geschmückt.« »Zum Klinias,« antwortete der Jüngling, »Klinias giebt diesen Abend seinen Freunden ein Gastmahl; er hat auch mich dazu eingeladen, es wird da herrlich hergehen.«

7. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 86

1843 - Potsdam : Riegel
86 Kriton. Sehr gern, Diogenes, ich würde dich darum gebeten haben, wenn du mir es nicht selbst angeboten hättest, da- rum habe ich mich so früh angekleidet. Ich hoffe doch, du wirst ihnen sagen, daß ich habe zu ihnen gehen wollen, und daß du mich abgehalten hast? Diogenes. Freilich werde ich ihnm das sagen, und ich denke, ich werde ihnen noch mehr sagen. Aber erst laß uns im freien Felde des herrlichen Morgens genießen. Kriton. Wollen wir nicht lieber gleich zu ihnen? Wir möch- ten sie sonst nicht zu Hause finden. Diogenes. Fürchte das nicht, mein Lieber, ich kenne diese Gesellen. Die Sonne muß schon sehr hoch stehen,» wenn sie ihre wollüstigen Betten verlassen sollen, und heute, denke ich, werden sie für die vergangene Nacht mit schlafen. Glaube mir, wir kom- men für sie noch immer früh genug, wenn wir um Mittag zu ihnen gehen. ^Diogenes führte hierauf den Jüngling weit ins Feld, durch schattige Wälder und duftreiche Wiesen, in eine herrliche Gegend, wo die Natur in aller ihrer Frühlingspracht glänzte. Noch hatte der Jüngling seinen Verdruß darüber, daß Diogenes ihn gestern von einem Vergnügen abgehalten hatte, nicht ganz überwinden können. Zwar liebte und ehrte er den Diogenes, von dessen Weis- heit er schon viel gelernt hatte; aber er liebte auch das Vergnügen, besonders die gesellschaftlichen Vergnügungen bei Wein und Tanz, wozu ihm Diogenes, wie er meinte, eine schöne Gelegenheit ver- dorben hatte. Er hatte daher während des Ganges wenig gesprochen. Jetzt bemerkte Diogenes, daß sein Gesicht heitrer wurde. „Fühlst du nicht, mein Lieber,« sagte er zu ihm, »wie dieser herrliche Anblick dein Gemüth erheitert? Wie die Wohlgerüche, die um uns her verbreitet sind, deine Brust erweitern und alle deine Gliedmaßen so leicht machen? Was für ein mächtiger Zauber liegt doch in der Natur, daß sie so bloß durch ihren Anblick alle unsere kleinen Leidenschaften besänftigen kann! Ich selbst spüre jetzt diesen wohlthätigen Einfluß. Ich hatte noch von gestern her einen Verdruß über einen Freund, auf den ich böse wurde, weil er mir etwas zuwider that; aber dieser Spaziergang und diese schöne Gegend haben mich wieder ganz heiter gemacht.« Kriton. O, ich verstehe dich, Diogenes! Nicht wahr, du meinst, es fei jetzt mit mir so, als du von dir sagst? Du hast

8. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 90

1843 - Potsdam : Riegel
90 den Grund gelegt, oder, da dieser bei den meisten von ihüen schon gelegt ist, der nicht weiter darauf fortgebaut hätte; keiner endlich der heute zu irgend einer edlen Beschäftigung Lust oder Kraft in sich verspürte. Siehe, Kriton, dies ist die Gesellschaft, von der ich gestern dich abgehalten habe; dies sind die Vergnügungen, welchen ich dich gestern entreißen mußte. Und doch habe ich dir ihre Gefährlichkeit nur erst von einer Seite gezeigt. Kriton. Ich erstaune, Diogenes, über alles, was du mir sagst; aber ich kann nicht glauben, daß Klinias und seine Leute, die mir so feine Leute zu sein scheinen, so durchaus unvernünftig sollten handeln können. Diogenes. Freilich, mein lieber Kriton, ist es schwer zu begreifen, wie vernünftige Menschen, und besonders Leute, welchen es nicht ganz an Erziehung gefehlt hat, wirkliche Freuden des Le- bens so schändlich mißbrauchen können, und wohl dir, wenn dir cs recht sehr unbegreiflich scheint! Aber wer die Welt kennt, weiß gleichwohl, daß es so ist, und wer, wie ich, unsere Korinther beobachtet hat, weiß, daß er durch ein solches Urtheil einem Klinias und seines Gleichen nicht zu viel thut. Doch, was brauchst du mir hier aufs Wort zu glauben! Was du bezweifelst, ist Thatsache, die der Augenschein dir beweisen kann. Komm, mein Lieber, wir wollen jetzt wieder nach der Stadt zurückkehren, unsere Leute werden indeß wohl auf- gestanden sein. Kriton. O ja, Diogenes! Laß uns eilen; ich kann kaum erwarten, zu sehen, ob Klinias und seine Freunde wirklich so thöricht gehandelt haben sollten. Diogenes. Nun, nun, das wirst du bald sehen. Aber über- eilen dürfen wir uns deshalb nicht. Glaube mir, sie liegen zu Hause eben so fest, als deines Vaters Hund an der Kette; denn ob unsere Kräfte durch äußere Gewalt oder durch innere Stockung gehemmt sind, siche, das ist eins! Der Jüngling überwand nunmehr seine kleine Ungeduld, bald wieder in der Stadt zu sein, und so gingen sie auf einem anderen Wege langsam zurück. Unterwegs bezeigte Diogenes dem Jüng- linge seine Zufriedenheit über die Geduld und Aufmerksamkeit, mit welcher er ihm zugehört hatte, und dieser hing nun wieder an ihm mit der ganzen, warmen Empsindung eines dankbaren Sohnes,

9. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 97

1843 - Potsdam : Riegel
97 breitet, daß ihr auch andere, aus welchen noch gute Menschen werden könnten, zu dieser Lebmsart verführt; das habt ihr gegen den Staat, gegen mich und gegen alle Rechtschaffenen zu ver- antworten, und Diogenes wird der erste sein, der diesen euren Unfug vor Gericht bringt, wenn ihr ihn fortsetzt. Vergiß nicht, auch dieses dem Klinias und deinen übrigen Freunden zu hin- terbringen. »Komm, mein Lieber,« fuhr er fort, indem er sich zu seinem Gefährten wandte, »unser Werk ist hier vollbracht; länger dürfen wir uns an einem solchen Orte nicht aufhalten. Du, Tenophant, lebe wohl, wenn du kannst, und vergiß nicht meine Bestellung an deine Freunde.« Tenophant wußte nicht, wie er sich bei dieser Rede geberden sollte, und Diogenes verließ ihn in aller der Verwirrung, welche das böse Gewissen in solchen Fällen allemal und ganz unausbleib- lich hervorbringt. »Du siehst, mein Bester,« sagte er zu seinem jungen Freunde, als sie wieder auf der Straße waren, »es ist, wie ich dir sagte. Was ich dir durch den Augenschein zu beweisen versprach, hätte ich dir so ziemlich bewiesen. Was ich dir aber nicht beweisen kann, und was du mir gleichwohl nicht weniger glauben mußt, ist dieses, daß, wenn anders mehrere deinesgleichen bei diesem Gastmahle ge- wesen sind, mancher von ihnen zugleich seine Unschuld verlorm, jeder andere aber sich in dem Netze der Wollust von neuem so fest verstrickt hat, daß er sich vielleicht niemals wieder daraus loswickeln kann. Und dieses, mein Bester, ist eben die gefährliche Seite dieser Vergnügungen, der ich heute früh nur obenhin erwähnte; dieses ist cs, wodurch die Zusammenkünfte dieser Herren, die sie feine Abendmahlzeiten zu nennen pflegen, für die Tugend eben so gefähr- lich werden, als sie für die Gesundheit zerstörend sind. Vergieb mir also, daß ich dich auf eine fast unhöfliche Art davon abge- halten habe.« »Nicht so, Diogenes,« antwortete der Jüngling, indem er seine Hand zärtlich drückte, »nicht so, wenn du nicht willst, daß ich, im Gefühl deiner Güte für mich, mich meiner selbst schämen soll. Vergieb du mir, bester, gütiger Mann, daß ich auch nur einen Augenblick deshalb auf dich ungehalten sein konnte; denn ich sehe nun wohl, daß ich auf einem sehr gefährlichen Wege war, da ich bloß auf dem Wege zum Vergnügen zu sein glaubte.« m. 7

10. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 128

1843 - Potsdam : Riegel
die Nase zeitlebens auf dem Mühlsteine haben, er wird keine Ger- stengrütze hinterlassen. Ist die Küche fett gewesen, so wird die Vcrlassenschast mager sein. Wir haben viel Geld, so wie wir es genommen haben, auch wieder verzehrt, seitdem die Weiber über dem Thee das Nähen und Stricken, und die Männer über dem Punsch das Pfropfen und Beschneiden vergessen haben. Schränkt also eure thörichten Ausgaben ein, so dürft ihr nicht so viel über schwere Zeiten, über drückende Abgaben und über lästige Familien klagen. Denn Spiel und unrichtiger Überschlag verrin- gern die Gelder und vermehren die Bedürfnisse. Mit dem, was ein einziges Laster zu unterhalten kostet, könnte man zwei Kinder unterhalten. Vielleicht glaubt ihr, ein wenig Thee oder Punsch, etwas leckerhaftere Speise, etwas feinere Kleider, und von Zeit zu Zeit einige Lustbarkeiten haben nicht viel zu bedeuten; aber der arme Jakob sagt: Ein leckes Brett kann ein ganzes Schiff versenken. Ihr habt euch hier zu diesem öffentlichen Verkaufe von allerlei Kaufmannsgut und Galanteriewaaren versammelt; ihr nennt der- gleichen ein Gut; aber wenn ihr euch nicht in Acht nehmt, so wird es für einige unter euch ein Übel werden. Denkt an das, was der arme Jakob sagt: Kauft nur, was du nicht nöthig hast, so wirst du bald verkaufen müssen, was dir unentbehrlich ist. Viele haben sich durch nichts anderes zu Grunde gerichtet, als durch ihr wohlfeiles Einkaufen. Scharlach und Seide, Sammt und Atlas löschen das Feuer in der Küche aus. Der arme Jakob giebt einen sehr guten Rath, wenn er sagt: Der läppische Geschmack an Putzwerk ist eine gefährliche Thor- heit. Eitelkeit ist eine Bettlerin, die eben so dringend, als die Armuth, aber noch weit unverschämter ist. Habt ihr ein schö- nes Stück gekauft, so müßt ihr noch zehn andere kaufen, damit eure ganze Aussiaffirung sich zusammen paßt. Aber wie der arme Jakob sagt: Wer Eitelkeit zum Mittagessen hat, bekommt Ver- achtung zum Abendbrot, oder: Der Stolz frühstückt mit dem Überfluß, speist zu Mittage mit der Armuth, und ißt des Abends mit der Schande. Welche Thorheit, solcher überflüssigen Dinge wegen Schulden zu machen! Bedenkt, daß ihr, wenn ihr Schulden macht, anderen ein Recht über eure Freiheit gebt. Könnt ihr nicht zur rechten Zeit bezahlen, so werdet ihr euch schämm, wenn ihr eure Gläübi-
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