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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 68

1867 - Rostock : Hirsch
08 einander hatten. Erst dadurch, daß alle verschiedenen Stämme unter eine und dieselbe kirchliche Ordnung traten, wurden sie eng mit einander verbunden mtb wuchsen heran zu dem großen, mäch- tigen deutschen Volke. Winfrieds Ende. In seinen alten Tagen hätte Bonifacius wohl mögen Ruhe haben; aber er gedachte an den Wunsch seiner Jugend, den Friesen das Evangelium zu predigen. So legte er denn sein Bischofsamt nieder, bestimmte seinen treuen Mitarbeiter Lullus zu seinem Nach- folger, sorgte für die Zukunft seiner Jünger und Mitarbeiter und versammelte noch einmal etliche seiner Freunde und Genossen um sich mtb sprach zu ihnen: „Liebe Brüder, lasset uns noch einmal hin- ausziehen zu den: Volke der Friesen, ob wir noch unter ihnen eine Frucht haben möchten, ihre Seelen zu gewinnen und zu erretten von der Finsterniß zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott!" Begleitet von 52 Männern reiste er nach Friesland ab und wirkte dort etliche Zeit in großem Segen. Seine Erfolge er- regten indes den Haß der Heiden, daß sich ihrer viele verschworen, den Feind ihrer Götter zu ermorden. Bonifacius hatte auf das Fest der Pfingsten, den 5. Juni 755, die Menge der Neugetauften nach Dokkum in Nord-Friesland, wo er seine Zelte aufgeschlagen hatte, beschieden, um sie dort durch Handauflegnng zu confirmiren. Aber statt ihrer erschienen in der Frühe des Morgens seine Feinde, mit Lanzen und Schwertern und Schilden bewaffnet. Seine Diener eilten in ihre Zelte, ihre Waffen zu holen, und schickten sich zur Gegenwehr an; aber Bonifacius wehrte ihnen und sprach: „Liebe Brüder, hebet nicht den Arm auf wider sie! Meinet ihr, daß der Herr uns nicht erretten könnte aus der Hand dieser Feinde, wenn es also bei ihm beschlossen wäre? Ist aber die Stunde gekommen, daß wir um seines Namens willen nufer Leben lassen sollen, wohlan, so wollen wir seinem Rufe nicht widerstreben. Sein Wille geschehe!" Darnach wandte er sich zu den Priestern und sprach: „Unser Herr Christus spricht: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tobten, aber die Seele nicht können tobten! Seid getreu bis in den Tod, auf daß euch droben die Krone der Gerechtigkeit beigelegt werde!" Und als er das gesagt hatte, trat er, das Evangelienbuch in der Hand, den Heiden entgegen und empfing betend den Todesstreich, 75 Jahre alt. Seine Leiche wurde nach seinem eignen letzten Willen nach Fulda, dem bedeutendsten der von ihm gegründeten Klöster, gebracht und

2. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 82

1867 - Rostock : Hirsch
82 Vor der Stadt Antiochia, die mit einer zweifachen Mauer und vierhundert Thürmen umgeben war, lagen sie volle neun Monate, ehe sie dieselbe erobern konnten. Da wurde die Noth im Lager- groß und erreichte solche Höhe, daß Leder, Baumrinde und das Fleisch der gefallenen Thiere gegessen wurde und viele Menschen vor Hunger starben. Wunder des Muthes und der Tapferkeit wurden dort gethan, wie sie nur die größten Helden der Vorzeit ausgerichtet haben. Vor allen ragte Gottfried durch unerschütter- liches Gottvertrauen und unbezwinglichen Heldensinn hervor. Einst hatte er einen Zweikampf mit einem riesigen türkischen Reiter. Eine Zeit lang hatte der Kampf gedauert, ohne daß eine Entscheidung erfolgt war; da holte der Türke zu einem fürchterlichen Schlage aus iinb hieb mit einem einzigen Hiebe den Schild des Christen mitten durch, daß er in zwei Stücken zur Erde siel. Nun hob sich Gottfried hoch empor in den Bügeln und schwang mit beiden Hän- den sein Schwert durch die Luft, daß es sauste und pfiff. Auf die linke Schulter des Türken fuhr das Schwert nieder und ging schräge durch die Brust hindurch, bis es an der rechten Hüfte wieder her- auskam. „Zur Rechten sah man, wie zur Linken einen halben Türken niedersinken. Da saßt die andern kalter Graus: sie fliehen in alle Welt hinaus." Nach nenn Monaten bekamen sie die Stadt in ihre Gewalt. Ein grausiges Gemetzel begann in den Straßen, als die Christen eindrangen. Nicht Kinder, noch Greise, nicht Kranke noch Schwache wurden verschont. Alles, was sich sehen ließ, wurde niedergemacht, zur Rache für das Elend, welches die Belagerer vor den Mauern erdnldet hatten. Von Antiochien ging der Marsch weiter nach Jerus al em. Am 6. Juni 1099 sahen sie von einer Anhöhe herab die Stadt Gottes im Glanze der Abendsonne vor sich liegen. Da fielen die müden und abgezehrten Krieger auf ihre Kniee, sangen Lob- und Danklieder und priesen Gott mit Thränen der Freude, daß er sie gewürdigt hatte, die heilige Stadt mit Augen zu sehen. Sie hätten gerne sogleich den Sturm unternommen; aber das wäre Vermessen- heit gewesen. Jerusalem war stark befestigt und mußte regelrecht eingeschlossen lind belagert werden. Nach einigen Wochen waren die Vorkehrungen getroffen, und der Sturin konnte beginnen. Mit beispiellosem Muthe griffen die Christen an; mit einer Todesver- achtung, die aus dem Glaubeil kam, daß sie sich den Himmel ver- dienten, gaben sie ihr Lebeil preis; Berge von Leichen häuften sich ans; aber der Abend kam heran, und die Christen mußteil zurück- gehen, ohne das Geringste erreicht zu haben. Am folgenden Tage, den 15. Juli, wurde der Kamps von bei- . den Theilen, wo möglich mit noch größerer Wuth erneuert. Auch

3. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 84

1867 - Rostock : Hirsch
84 Christi nicht von dieser Welt ist, und daß seine Diener nicht mit weltlichen Waffen für Jesu Ehre kämpfen sollen. Schwäbische Kunde. Als Kaiser Rothbart lobesam Zum Heilgen Land gezogen kam, Da mußt er mit dem frommen Heer Durch ein Gebirge wüst und leer. Daselbst erhub sich große Noth; Viel Steine gabs und wenig Brot, Und mancher deutsche Reitersmann Hat dort den Trunk sich abgethan. Den Pferden wars so schwach im Magen: Fast mußte der Reiter die Mähre tragen. Nun war ein Herr aus Schwabenland, Von hohem Wuchs und starker Hand; Des Rößlein war so krank und schwach, Er zog es nur am Zaume nach; Er hätt es nimmer aufgegeben, Und kostets ihm das eigne Leben. So blieb er bald ein gutes Stück Hinter dem Heereszug zurück. Da sprengten plötzlich in die Quer Fünfzig türkische Reiter daher; Die huben an auf ihn zu schießen. Nach ihm zu werfen mit den Spießen. Der wackre Schwabe forcht sich nit. Ging seines Weges Schritt vor Schritt, Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken Und thät nur spöttlich um sich blicken, Bis einer, dem die Zeit zu lang, Auf ihn den krummen Säbel schwang. Da wallt dem Deutschen auch sein Blut Er trifft des Türken Pferd so gut, Er haut ihm ab mit einem Streich Die beiden Vorderfüß zugleich. Als er das Thier zu Fall gebracht, Da faßt er erst sein Schwert mit Macht: Er schwingt es auf des Reiters Kopf, Haut durch bis auf den Sattelknopf, Haut auch den Sattel noch in Stücken Und tief noch in des Pferdes Rücken: Zur Rechten sieht man, wie zur Linken Einen halben Türken heruntersinken. Da packt die andern kalter Graus: Sie fliehen in alle Welt hinaus, Und jedem ists, als würd ihm mitten Durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten. Drauf kam des Wegs eine Christenschaar, Die auch zurückgeblieben war: Die sahen nun mit gutem Bedacht, Was Arbeit unser Held gemacht. Von denen hats der Kaiser vernommen;

4. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 98

1867 - Rostock : Hirsch
98 Reise an; denn er hoffte, daß er nun den letzten Rest von Zweifel überwin- den und vollen, gewissen Grund des Glaubens finden werde. Aber wie bit- ter wurde er enttäuscht! Je näher er Rom kam, desto leichtfertiger waren die Priester, desto versunkener die Gemeinden. Zn Rom selbst ging es am ärgsten her. Die Priester verrichteten hier die kirchlichen Geschäfte mit einer unwürdigen Hast und Eile, gleich als ob sie in Tagelohn beteten. Und als Luther selbst einmal Messe las, andächtig und feierlich, wie sichs gebührte, verspotteten sie ihn und riefen ihm unter rohen Späßen zu, er solle doch ei- ten, daß er zu Ende komme. Kurz vor seiner Abreise kroch er nach dem da- maligen Brauch die Stufen der Pilatustreppe auf den Knieen hinauf, um den Ablaß des Papstes zu empfangen. Da wars ihm, als ob jemand mit Macht in sein Ohr rufe: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben." Dies Wort wurde ihm von nun an zur unumstößlichen Gewißheit. Somit ist seine Hoffnung erfüllt worden, daß er in Rom festen Grund seines Glaubens finden werde, wenn auch in anderer Weise, als er selbst gehofft hatte. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Doktor der Theologie erhoben und erhielt den Auftrag, die Klöster des Landes zu visitiren. O, was für Jam- mer mußte er da sehen! Von Christi Verdienst war in Kirchen und Schulen keine Rede, aber desto mehr von dem Verdienst der Heiligen: die zehn Ge- bote wurden geringe geachtet, dagegen die selbsterwählte Geistlichkeit hoch gepriesen; die Vergebung der Sünden um Christi willen war eine unbekannte Sache, aber der Ablaßhandel war wohlbekannt in Stadt und Dorf. Wie tammerte ihn des armen Volkes, das verschmachten mußte und hatte nichts zu essen! Wer ein Meister werden will, muss früh anfangen, treu an- hangen, immer vorwärts langen. Anfang der Reformation. Papst Leo schrieb 1517 einen großen Ablaß aus, der allen denjenigen zu Theil werden sollte, welche zum Bau der Peters- kirche in Nom Geld beitragen würden. Die Größe des Erlasses richtete sich nach der Größe der Summe, die einer bezahlte. Für ganz Deutschland erhielt der Erzbischof von Mainz den Auftrag, Ablaß zu ertheilen. Um größern Absatz zu finden, hielt er sich eine Menge Kleinhändler, die umherzogen und ihre Ware feil boten. Da konnte man den Erlaß für Lüge und Betrug, Erlaß für Raub und Brand, Erlaß für alle möglichen Sünden, Erlaß selbst für Verstorbene von den Qualen des Fegefeuers erhalten. Am schamlosesten trieb es ein Mönch Tetzel, der geradezu er- klärte, es bedürfe der Buße nicht; wenn Ulan nur einen Ablaß- zettel kaufe, sei im Himmel alles in Richtigkeit! So frech hatte noch niemand gesprochen. Als Luther von dem Unwesen hörte, predigte er dagegen und belehrte das Volk gründlich über die Vergebung der Sünden aus Gottes Wort. Man hörte nicht auf ihn. Tetzel kam in die Nähe von Wittenberg und hatte die Freude zu sehen, daß die Leute in hellen Haufen zu ihm liefen.

5. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 14

1867 - Rostock : Hirsch
14 tesdienste abzuhalten haben, müssen daher Tag und Nacht in der Kirche blei- den und sich Lebensmittel durch kleine Öffnungen von außen hineinreichen lassen. Auch Pilger bringen gerne Tag und Nacht in der Kirche zu. — Die eigentlichen Besitzer der Kirche sind die Griechen. Die Juden bewohnen den elendesten Theil der Stadt, das Thal zwi- schen Zion und Moria. Dort leben sie in traurigen Hütten, mitten unter Schutt und Trümmern, in gräßlichem Elend, größtentheils von den milden Gaben ihrer Brüder in Europa. Gehaßt, verhöhnt, verfolgt, ausgestoßen von der Welt, dulden sie alles Elend, ohne zu murren und zu klagen, und sind zufrieden, daß sie je zuweilen dort liegen und weinen dürfen, wo ihre Väter sangen und sich freuten. Ein Haufe von Menschen, in Lumpen geklei- det, ein geringer Pöbel, zum Leiden geboren, eine Schar von Sklaven, von ihren übermüthigen Gebietern mit Füßen getreten---------das ist das Volk, von dem die Schrift sagt: „Israel, wer ist dir gleich?" Aber hoffnungs- los ist Israel nicht elend — wie könnte ein Volk zwei tausend Jahre ohne Hoffnung bestehen! — sondern dies ist die Hoffnung, davon es lebt: „So ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, will ich mich von euch finden lassen", spricht der Herr. Bethlehem. Auf dem Wege von dem königlichen Jerusalem nach der kleinen Stadt Bethlehem kommt man an Rahels Grab vorbei und erblickt bald dar- auf ganz nahe vor sich auf zwei mit Gebüsch bewachsenen Hügeln den Ort, der wohl klein war unter den Tausenden in Juda, aber mit Nichten klein ist in den Augen eines Christen, weil aus demselben der Herr kam, dessen Aus- gang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. Bethlehem ist ein un- scheinbares Städtchen und hat, mit Ausnahme einer einzigen Kirche, keine Merkwürdigkeiten aufzuweisen. Aber dafür ist die Kirche auch eine der präch- tigsten im ganzen heiligen Lande. Sie ist vor etwa 1500 Jahren von einer Kaiserin erbaut und steht über der Grotte, in welcher der Heiland geboren ist. Die Grotte selbst, zu welcher man in der Nähe des Altars eingeht, ist eine Felsenhöhle von etwa 36 Fuß Länge und 12 Fuß Breite und.diente, wie wir wissen, zum Stalle für das Vieh. Dies ist die Herberge, in wel- cher der Heiland der Welt geboren wurde! Ach Herr, Du Schöpfer aller Ding, wie bist Du worden so gering! Jetzt ist die Grotte mit Sammet und Seide ausgeschlagen und wird Tag und Nacht durch goldene und silberne Lampen erhellt. Denn nun wandeln die Heiden in dem Lichte und die Kö- nige in dem Glanze, der in Bethlehem aufging, und wetteifern mit einander, den Ort zu zieren, von wo das Licht ausgegangen ist. Bethlehem ist der einzige Ort in Palästina , der fast ganz von Christen bewohnt wird. — Etwa eine Viertelstunde von dem Städtchen liegt eine grüne Ebene, wo die Hirten ihre Herden sollen gehütet haben, als sie die Engelsbotschaft empfin- gen: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren."

6. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 173

1867 - Rostock : Hirsch
173 des Kampfes ist ein sogenannter Circus, ein mit Sand gefüllter, mit einer Bretterwand umgebener runder Platz, um welchen her erhöhte Bänke für die Zuschauer sich besinden. Zu Anfang des Kampfes sind nur die Piken- männer und Mantelmänner auf dem Platze, jene zu Pferde und mit einer stumpfen Pike, in welche eine eiserne Spitze geschlagen ist, bewaffnet, diese mit nichts, als einem bunten Mäntelchen versehen. Sobald die Thür des Zwingers geöffnet ist, rennt der Stier hervor und stürzt auf den ersten Mantelmann zu, dessen er ansichtig wird. Dieser bleibt ruhig stehen. Erst wenn das Thier die Hörner zum Stoß ansetzt, hüpft er mit leichtem Sprunge bei Seite, und der Stier fährt vorüber, ohne getroffen zu haben. Man wie- derholt dies, und dadurch wird der Stier zu einem der Pikenmänner gelockt. Dieser hält seine Lanze dem anrennenden Thier entgegen: die Spitze dringt ins Fleisch, die stumpfe Pike nicht mit, Roß und Reiter werden weit zurück- geschoben; aber der Stier kann ihnen nichts anhaben; denn die Lanze hält ihn zurück. Gefährlich kann es nur werden, wenn die Pike abgleitet. Dann fährt der zornige Stier heran, neigt das Haupt zum Stoß und reißt mit dem gewaltigen Horn dem Pferde den Bauch auf, daß oft das Thier auf der Stelle todt niederstürzt. Und der Pikenmann wäre verloren, wenn nicht die Mantelmänner mit ihren rothen Gewändern herbeieilten und die Wuth des Thieres auf sich lenkten, bis jener entflohen ist. Ist der Stier hinreichend gereizt, so erscheint eine neue Art von Kämpfern, die Stabmänner mit ihren zwei Fuß langen, mit bunten Bändern ver- zierten Stäben, an welchen vorne ein eiserner Widerhaken befestigt ist. Ruhig und fest erwarten sie den Angriff des Thieres, das durch die bisherigen Necke- reien fast rasend geworden ist. Wenn das Thier schon den Kopf zum Stoße neigt, stoßen sie ihm den Stab in Nacken oder Seite und enteilen behende, oft über den Körper des Thieres hinwegspringend, der drohenden Gefahr. Nach und nach wird das Thier mit einer Menge von Stäben bespickt. Es weiß vor Wuth kaum zu bleiben. Aber in den vergeblichen Kämpfen erlahmt allmäh- lich seine Kraft. Dann ist die Zeit gekommen, da dem Dinge ein Ende gemacht wird. Ein Plann erscheint mit einem langen Degen und stößt denselben nach kurzem Kampfe dem Stiere bis an das Heft in den Leib. Unter unendlichem Beifallschreien stürzt das Thier zusammen. Schnell ösfuen sich die Thore, ein Gespann von Maulthieren, die mit blutrothen Quasten aufgeputzt sind, tritt ein, um das todte Thier hinauszuschleppen. Nachdem der Circus gereinigt ist, wird der Zwinger wieder geöffnet; ein zweiter Stier stürzt hervor; das blutige Spiel beginnt von neuem — ein grausiges Schauspiel, von dem jeder Christ mit Abscheu sich abwenden sollte. Tl. Marseille. Im südöstlichen Frankreich liegt eine Landschaft, deren Nähe von der Seeseite aus eher mit der Nase , als mit dem Auge wahrgenommen wird , indem der Geruch des Rosmarins und anderer hräftiger Kräuter wohl an die dreissig Meilen über das Meer sich verbreitet. Die Land- schaft heisst die Provence. Im Norden gebirgig und rauh, im Süden glühend heiss, bringt sie auf kleinem Raum fast alle Produkte des ganzen Europa hervor. In den mittleren Gegenden wachsen Mandeln und Obst, besonders viele Pflaumen, die unter dem Namen Prünellen bis zu uns ge- langen. Im Süden gedeihen Feigen, Wein und vorzügliche Oliven, deren

7. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 177

1867 - Rostock : Hirsch
177 um der Ordnung willen da zu sein scheint, wenn man sich scheuen muß, aus den Fußboden zu treten oder auf den Stuhl sich zu setzen oder ein Ding im Zimmer anzufassen, daun hört für uns die Gemüthlichkeit auf. Ist schon ganz Holland durch seine Reinlichkeit bekannt, so ist das Dorf Broek (spr. Bruhk) dadurch berühmt geworden. Die Straßen sind mit roth und blau glasurten Ziegeln gepflastert und werden täglich gewaschen und gebürstet. Das Vieh darf nur von hinten auf die Höfe treten. Die Hauptthür des Hauses wird nur bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen geöffnet; sonst ist sie be- ständig verschlossen. Zum täglichen Gebrauch dient eine Seitenthür. Wenn Fremde Zutritt haben wollen, müssen sie über ihre Stiefeln weiche Überschuhe oder Pantoffeln ziehen, die auf jeder Diele vor- räthig sind. Selbst Kaiser Alexander von Rußland mußte sich der Sitte fügen, wenn er Einlaß haben wollte. Ein Prediger des Orts konnte trotz aller Mühe das Zutrauen seiner Gemeinde nicht eher erwerben, als bis er die Kanzel in Pantoffeln bestieg. Alle Geräthschaften in den Häusern sind spiegelblank. Der Fußboden ist mit Matten bedeckt; die Wände, selbst in beit Kuh- ställen , sind mit Porzellanfliesen ausgelegt, Schaufeln, Spaten, Dunggabeln, Harken mit Ölfarbe bunt angestrichen, zum Theil mit vergoldetem Schnitzwerk versehen. In den Gärten ist jeder Strauch mit der Scheere zu einer bestimmten Form verschnitten. Die Beete aber sind gar mit Muscheln und bunten Steinen bedeckt und mit einer hölzernen Einfriedigung umgeben, auf welcher statt der fehlenden natürlichen — gemalte Blumen zu sehen sind, die nicht durch abfallende Blätter und Blüthen den Garten beschmutzen. Reinlich ist das alles; aber schön ists nicht, sondern nur seltsam. 27. Etwas von der Insel Island. Hoch oben im Norden, näher an Amerika, als an Europa, liegt die zu Dänemark gehörende unwirthliche Insel Island, die aus der Ferne mie ein weißes Gewölk aus dem dunklen Meere hervortaucht und erst nach und nach sich als ein festes Stück Land mit schneebedeckten Höhen answeist. Sie hat ein rauhes Klima und unfreundliches Ansehen. Die Oberfläche ist zer- rissen, die Höhen sind kahl; vulkanische Verwüstungen sind überall sichtbar. Statt der Bäume erblickt man niedriges Birkengestrüpp, statt des Grases, außer in den geschützten Thälern, das als Heilmittel bekannte isländische Moos. Unter den Vulkanen, deren Island an die dreißig haben mag, ist der Hekla der bekannteste, weil er der Küste am nächsten liegt. Stunden weit in seinem Umkreise ist nur Asche, Lava und Schutt, aber kein Grashalm, kein grüner Strauch zu sehen. Sein letzter großer Ausbruch fand im Jahre 1766 statt. Eine schwarze, mit feuriger Gluth untermischte Rauchwolke stieg aus seinem Schlunde zu einer upermeßlichen Höhe empor und schleuderte Asche und glühende Steine in solcher Menge umher, daß auf Meilen weit 12

8. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 187

1867 - Rostock : Hirsch
187 Über den Zustand der Seele nach dem Tode haben die Hindus seltsame Lehren. Die fromm gelebt, d. h. alle vorgeschriebenen Gebräuche beobachtet haben, kommen gleich in den Himmel. Die fromm gewesen sind um des Lohns willen, erhalten den Lohn, den sie erstrebt haben, in dem Himmel; dann aber müssen die Seelen zurück auf die Erde und durch verschiedene Thierleiber gehen, bis sie endlich wieder mit einem menschlichen Leibe angethan werden und Gelegenheit haben, heiliger zu leben, als früher. Dies heißt man die Seelenwanderung. Die Seelen der Bösen endlich bleiben zunächst ohne Ruhe in der Luft und suchen den Menschen Schaden zu thun, weshalb auch der Zauberer mit seinen Zauberzetteln eine wichtige Person ist. Wenn sie aber das Maß ihrer Sünden voll gemacht haben, beginnt auch ihre Seelen- wanderung, bis sie schließlich in einem Menschenleibe leben und sich dann für den Himmel oder die Hölle entscheiden können. Das gesellige und häusliche Leben der Hindus. Ähnlich, wie die alten Ägypter, nur viel schroffer noch, zerfallen die Indier in verschiedene „Geschlechter", die wir gewöhnlich mit einem portugiesischen Worte „Kasten" nennen. In der frühesten Zeit kannte man den scharfen Unterschied der Geschlechter nicht. Der Anfang geschah damit, daß das Priesterthum in gewissen Familien erblich wurde, und zwar in der Art, daß kein anderer zunr Priesterthunl gelangen konnte, als der, welcher aus den prie- sterlichen Familien stammte. Bald darauf schlossen sich die Kriegs- leute ebenfalls so eng zusammen, daß sie keinen unter sich aufttahmen, der nicht durch die Geburt zu ihnen gehörte. Indem die andern diesem Beispiele folgten, bildeten sich allmählich vier Kasten heraus, die in sich eng verbunden waren, aber nach außen hin sich gänzlich gegen einander abschlössen. Die oberste Kaste sind die Br ah m ine n. Aus ihnen werden die Priester, Ärzte, Advokaten und Lehrer genommen. Sie genießen eine solche Verehrung, daß sie fast die Götter des Volks geworden sind. Kein Brahmine darf bestraft werden, wenn er auch Ver- brechen begangen hat. Denn er hat Macht über die Zauberer und bösen Geister und durch diese über die Götter und ist somit immer, wenn er auch böse Dinge thut, ein Segen für die Welt. Die Brahminen tragen als Abzeichen eine heilige Schnur, die ihnen int siebenten Lebensjahre mit großer Feierlichkeit umgehängt wird. Ihre göttergleiche Macht ist so groß, daß, so jemand nur einen Waffertropfen an sich trägt, den der Fuß eines Brahminen berührt hat, er um deswillen Vergebung aller seiner Sünden findet. Mit dem Essen müssen sie sehr vorsichtig sein; denn sie dürfen nichts essen, was Leben gehabt hat. Mit Waschungen und Reinigungen bringen sie einen großen Theil des Tages hin. Trotz der großen Verehrung, die sie genießen, sitzen sie voller List und Falschheit und Betrug. Man kann sicher darauf rechnen, daß der größere Theil aller Gauner, Tagediebe und aller Verbrecher, die die Ge-

9. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 124

1867 - Rostock : Hirsch
124 geld nicht reichte, halfen freiwillige Gaben aus. Und solche gingen durch Gottes Gnade stets ein, nach dem noth war. Francke nahm oft mit Schmerzen wahr, daß der gute Same, der in der Schule in die Herzen der Kinder gestreut war, außer der Schule wieder zertreten wurde, namentlich bei solchen Kindern, die keine Eltern mehr hatten. Es war klar: sollte nicht alle Ar- beit unnütz sein, so mußte hier noch in anderer Weise Rath ge- schafft werden. Und siehe, der Herr, der schon hört, noch ehe wir rufen, half über Erwarten schnell. Denn kaum hatte Francke die Sache in ernste Erwägung genommen und Gott im Gebete ans Herz gelegt, so wurden ihm 500 Thlr. zugeschickt, mit der Bestim- mung, daß von den Zinsen ein Waisenkind christlich erzogen wer- den solle. Nun kam es nur noch darauf an, dasjenige Kind zu bestimmen, dem die Wohlthat zu Theil werden sollte. Aber das war ein saures Werk. Es wurden ihm sogleich vier Kinder ge- meldet und am andern Tage noch eins und dann wieder eins, bis im Umsehen neun Kinder da waren, die alle der Hülfe gleich bedürftig schienen. Als Francke dies sah, hat er nicht, wie Mailand Philippus that, lange gerechnet, sondern hat an den reichen Gott gedacht, dem alles Silber und Gold der Erde gehört, und der verheißen hat: „Bittet, so werdet ihr nehmen." Dann hat er die neun Kinder sammt und sonders aufgenommen und bei rechtschaffe- nen Leuten ausgethan, daß sie christlich anferzogen würden. Und der Herr hat seinen Knecht nicht beschämt. Denn noch im Laufe des Winters erhielt Francke so große Gaben, daß er im Frühling ein eigenes Haus kaufen konnte, worin er seine Armenschule nebst achtzehn Waisen bequem unterbrachte. Ja, als die Zahl der Zög- linge sich fortwährend mehrte, entschloß er sich in Gottes Namen, ein Grundstück vor den Thoren der Stadt zu kaufen und ein großes Schul- und Waisenhaus darauf zu bauen, wiewohl er nicht so viel in Händen hatte, daß er auch nur ein kleines Haus hätte erbauen können. Am 24. Juni 1698 legte er den Grundstein zu dem Gebäude. Nun ging zwar die Zeit der Noth an, aber auch die Zeit der Danksagung. Wie oft geschah es, daß Hunderte essen wollten, und kein Pfennig war im Hause! daß die Handwerker Zahlung begehrten, und die Kaffen waren leer! Aber Gott half immer ans, ob er schon oft seine Gaben zubröckelte, wie man den Küch- lein das Brot zubröckelt. Einst will der Verwalter 50 Thlr. ha- den, um die Arbeiter bezahlen zu können. Francke antwortet: „Ich habe kein Geld; aber Gott hat was." Und als die Stunde des Zählens kommt, bringt ein Student ihm 30 Thlr. Ein an- der Mal soll der Verwalter am Abend 100 Thlr. auszahlen und meldet dies, weil es eine große Summe ist, schon am Morgen des

10. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 204

1867 - Rostock : Hirsch
204 Eben so ist für die öffentliche Sicherheit in Amerika nicht son- derlich gesorgt. Ganze Scharen von Betrügern und Raufbolden, die sich förmlich in Klassen theilen, streifen durch die Straßen der großen Städte, fallen Menschen an iinb berauben sie am Hellen Tage. Eine ganze Bande von Faullenzern lebt in New-Jork da- von, daß sie die ankommenden Auswanderer betrügen. Streitig- keiten enden oft mit Mord, ohne daß sich eine Seele darum beküm- mert. Daher gehen viele nie anders als wohlbewaffnet aus dem Hause. Wenn ein Verbrechen vorzuliegen scheint und die Polizei nicht zur Hand ist, hält das Volk auf der Stelle Gericht. Ist der angebliche Verbrecher für schuldig erkannt, so wird er am nächsten Baum erhenkt, nachdem er nur Zeit behalten, ein Vater Unser zu beten und kurze Anordnungen für sein Haus und seine Familie zu treffen. Dies Gericht, Lynch (spr. Lüntsch) genannt, dient wahrlich nicht dazu, den Glauben an die Gerechtigkeit der Nordamerikaner wesentlich zu stärken. Der Sonntag wird in Amerika so strenge gefeiert, daß die von uns dorthin Ausgewanderten in der Regel nicht genug zu prei- sen wissen, daß der Mensch dort doch einen Sonntag habe. Alles ruht; keiner strickt einmal oder spielt Klavier. Den Kindern wer- den die Spielsachen weggenommen. Man geht zwei bis dreimal zur Kirche und hält daneben noch Hausandachten. Kein Volk auf der Erde bringt für die Mission und andere kirchliche Zwecke so viele Beiträge zusammen, als die Nordamerikaner. Alle möglichen Kirchen und Sekten bestehen neben einander; aber keine erhält zur Erhaltung ihres Kirchenwesens die geringste Unterstützung aus öf- fentlichen Kassen. In den Regierungsschulen wird kein Religions- unterricht ertheilt; denn die Schulen sollen nur das geben, was nützlich ist, um Geld zu verdienen. Die Zucht in denselben ist über die Maßen schlecht. Die Lutheraner können sich mit solchem Un- wesen am wenigsten befreunden; darum legen sie, wenn sie irgend dazu im Stande sind, Kirchspielsschulen an, die ganz wie unsre Schulen eingerichtet sind. Die Prairien. Die Prairien sind die ausgedehnten Grasebenen zwischen demmissi- sippi und dem Felsengebirge, welche Deutschland fünfmal an Größe über- treffen und zum Theil eine außerordentliche Fruchtbarkeit besitzen. Prairien von mittlerer Güte bedürfen, wenn sie umgebrochen werden, in den ersten 20 Jahren keinen Dung; der gute Boden giebt 80 Jahre lang ergiebige Ernten, ohne daß er auch nur eine Spur von Dung begehrt. Der Boden der Prairien hat nur kleine, wellenartige Erhöhungen und ist überall mit Blumen und ellenhohem Grase bedeckt. In der Hitze des Sommers verdorrt die Menge des Grases und sinkt matt auf die Seite. Geräth dann die Prairie in Brand, so stürmt die feurige Gluth wirbelnd über die endlose
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TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
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