Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
280
Der Herr Professor hatte sich an seiner Frau Gemahlin ge-
rächt und; ohne ihr Wissen und ihren Willen den unglückseligen
Kaffeesack bei seinem Freunde in Göttingen zurückgelassen.
Förster.
141. Vom Fostwesen.
Große Veränderungen hat das vergangene Jahrhundert auf den verschie-
densten Gebieten der Industrie, des Handels und des Verkehrs gebracht.
Die Industrie verwertete die zahlreichen Erfindungen und Entdeckungen
und erlangte dadurch eine Vielseitigkeit und Vollkommenheit, die man noch
vor wenigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hätte. Handel und
Verkehr wußten sich die Errungenschaften der Industrie zunutze zu machen,
brachten die entferntesten Gegenden in Beziehung zueinander und trugen
so zum wirtschaftlichen Aufschwünge ganzer Nationen bei. Mit dieser fort-
schreitenden Entwicklung entfaltete sich das Postwesen in gleichem Schritte,
indem es, den größeren Anforderungen entsprechend, immer schneller und
pünktlicher arbeitete und sich somit leistungsfähiger erwies.
Wohl stand es um das Postwesen das ganze Mittelalter hindurch
noch sehr schlimm. Boten zu Fuß trugen die Briefe, Befehle, Nachrichten
aller Art von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, wobei sie in der Regel in
jedem Wirtshause einkehrten. Dadurch vernachlässigten sie ihren Boten-
dienst und das Vertrauen in ihre Gewissenhaftigkeit ging verloren. Mit
dem Jahre 1516 sollte es anders werden. Der damalige deutsche Kaiser
Maximilian I. war mit Italien, Ungarn und den Niederlanden in Krieg ver-
wickelt. Seine Anwesenheit war oft an der einen Grenze so notwendig
wie an der anderen. Als er nun einst in verzweifelte Klagen ausbrach,
daß er nicht an allen Orten gleichzeitig sein könnte, daß aber die Boten,
die seine Briefe und Befehle in alle Gegenden tragen sollten, recht gleich-
gültig wären, da trat einer seiner Hofherren namens Taxis mit dem Aner-
bieten hervor die kostenfreie Beförderung sämtlicher kaiserlichen Briefe
und Befehle zu übernehmen, wenn ihm das ausschließliche Recht zur Aus-
übung und Ausbreitung der neuen Beförderungsart sowie die gesamten
daraus entspringenden Einkünfte zuerkannt würden. Maximilian ging auf
diesen Vorschlag ein und erteilte dem Hause Taxis dieses Vorrecht, das
zunächst nicht bedeutend erschien, in den späteren Jahrhunderten sich jedoch
als eine wahre Goldgrube erwies. So brachte es schon 1588 — nach 72-
jährigem Bestehen — seinem glücklichen Inhaber einen Reingewinn von
100000 Dukaten, eine für die damalige Zeit unerhörte Summe. Die erste
Linie dieser Taxisboten ging von Wien nach Brüssel. Die Boten waren
gut beritten und trugen die Briefschaften in einem Felleisen bei sich. Sehr
bald erweiterten die Taxis diese erste Linie durch Abzweigungen nach
Frankreich, Hamburg, Mailand, Venedig, ja bis nach Rom und errichteten
in den wichtigsten Städten und Grenzorten Anstalten zum Sammeln und
Ausgeben der Briefe sowie zum Wechseln der Pferde.
Nur kurze Zeit jedoch sollte diese günstige Entwicklung des Post-
wesens andauern. Mit dem Beginne der Schrecken und Verheerungen des
Dreißigjährigen Krieges geriet es in einen jämmerlichen Zustand, so daß
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Göttingen Italien Ungarn Wien Brüssel Frankreich Hamburg Mailand Venedig Rom
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
390
Müncheners: „Ha, Maxl, weil nur du da bist!", die Max Iv. ent-
gegenklangen, als er am 12. März 1799 als Kurfürst in München
einzog, hinter ihm lag ein schlichtes, teils in der französischen Krmee
teils in stiller Zurückgezogenheit verbrachtes Prinzenleben, vor ihm ein
zerrüttetes Ltaatswesen, um ihn jubelte erwartungsvoll ein Volk, das
sich nach Ordnung und Freiheit sehnte, weiter draußen zankten sich in
einem zerrissenen Deutschland selbstsüchtige deutsche Brüder, noch weiter
draußen verhallten eben die letzten Schrecken der Revolution und über
alle dem schwebte der blutige Stern Napoleons.
Österreich stand noch immer mit seinen verschleierten Plänen
im Hinterhalt, den Augenblick erlauernd, der ihm günstig sein sollte
Bayern unter seine Herrschaft zu bringen. Rber Max und sein wach-
samer Minister Montgelas beobachteten die österreichischen Umtriebe.
Für das schwache Bayern war nur Kettung beim „Herrn der Welt",
bei Napoleon, „wer könnte mich tadeln, wenn ich jetzt mit Frankreich
unterhandelte?" sagte Max damals. Km 25. Kugust 1805 schloß er
mit Napoleon ein Waffenbündnis ab. Des Starken Schutz, ein be-
deutender Sänderzuwachs und die Königswürde waren des Korsen
Gegenleistung. Diese Tat, heute getan, wäre eine undeutsche zu nennen,-
in jener Zeit aber, wo es vor lauter Selbstsucht kein Deutschland mehr
gab, war sie eine Friedenstat. Zum zweiten Male war die Selb-
ständigkeit Bayerns gerettet.
Durch das Bündnis mit Bonaparte vor den Gelüsten Österreichs
gesichert, konnte Max nun seinem Bayerlande innere Ordnung brin-
gen. Dabei war „Siebe und Sicht sein erstes Gebot", Bayerntreue
seine starke Stütze und Montgelas sein weitblickender Gehilfe. Kls
König wollte er nun halten, was er schon als Kurfürst in schwankender
Zeit versprochen: „Zur Zeit, wo den Staaten große und gefährliche
Erschütterungen drohen, müssen Staatsgebrechen schnell und mit Ent-
schlossenheit geheilt werden durch Gesetzgebung." Bayern mangelte
eine einheitliche, übersichtlich geordnete Verwaltung,- vergeblich suchte
man Schulen, wissen und Bildung,- durch Zunftzwang und Zollwesen
geknechtet und gesperrt, lagen Gewerbe, Handel und Verkehr danieder;
das Bauernmark verkümmerte unter der Seibeigenschaft und auf dem
ganzen Sande lastete der Druck ungeheurer Schulden,- von Westen drang
der verwirrende Kuf nach Freiheit und Gleichheit. Überall tat Ord-
nung not. — wo da zuerst beginnen? So mag Max sich oft gefragt
haben. —
was heute zu Bayern gehört, bestand in dieser Zeit
aus etwa achtzig verschiedenen Gebieten. Herzogtümer, Fürsten-
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Extrahierte Personennamen: Maxl Max_Iv Max Napoleons Max Max Napoleon Max Max Napoleon Max Max Max
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Napoleons Frankreich Deutschland Bayerns Bayerntreue
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Schulformen (OPAC): Volksfortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
284
für Deutschland in die Hände. Kühnen Muts wagten sich hanseatische
Kaufleute ohne den Schutz einer vaterländischen Flotte über das
Weltmeer und gründeten überall Handelsniederlassungen. Die Wie-
dergeburt Deutschlands auf den blutigen Schlachtfeldern Frankreichs
hat einen gewaltigen Aufschwung des deutschen Wirtschaftslebens
ermöglicht. Großbritannien ist zwar an der Spitze der Welthandels-
staaten geblieben, aber Deutschland, das hinter Frankreich und den
Vereinigten Staaten zurückstand, ist jetzt an die zweite Stelle ge-
treten. Deutsche Reichsangehörigen sind jetzt überall zu finden auf
dem weiten Erdenrund, an allen Küsten haben sie Niederlassungen,
im Inneren ferner Länder entstehen deutsche Ackerbaukolonien. In
Ost- und Westafrika, Polynesien und China verfügen wir über
Schutzgebiete, wirtschaftliche und politische Stützpunkte und Außen-
werke des Reiches.
Diese wertvollen Errungenschaften würden ohne den Schutz
des Reiches bald verloren gehen. Eine Festlandsmacht wie Deutsch-
land kann über Millionen von Soldaten verfügen und doch ihres
Anteils an der Weltwirtschaft beraubt werden, wenn nicht eine
starke Kriegsflotte dem Gegner zur See ein unüberwindliches Boll-
werk entgegenstellt. Sie hat die Aufgabe das Ansehen des deutschen
Namens und die Reichsgewalt in fremden Meeren zu verkörpern»
Leben und Eigentum deutscher Landsleute an Ort und Stelle zu
sichern und die Verbindung mit dem Mutterlande aufrecht zu er-
halten.
Aber die Kriegsflotte hat noch eine höhere Pflicht zu erfüllen.
Auch im Vaterlande selbst ist eine starke Seemacht für die gedeih-
liche Entwicklung und die Blüte der Volkswirtschaft unentbehrlich.
Schon ihr Dasein allein ist eine Mahnung zum Frieden, eine Warnung
gegen Ruhestörer. Bei einem feindlichen Angriff aber schützt die
deutsche Schlachtflotte nicht nur die heimischen Küsten vor Landung
feindlicher Truppen oder der Beschießung von Hafenstädten, sondern
sie erfüllt auch die Aufgabe das wirtschaftliche Leben der Nation
im Gange zu erhalten. Gelingt es dem Feinde durch eine Blockade die
Aus- und Einfuhrwege zu sperren, so sind die großen Blutadern im
wirtschaftlichen Organismus des Reiches unterbunden. Das kleinere
Übel wäre dann noch das Aufhören der Ausfuhr, obwohl wir damit
einen großen Teil unseres auswärtigen Handels verlieren würden.
Dieser Verlust würde aber nach dem Kriege bei dem eben herrschen-
den scharfen Wettkampf auf dem Weltmärkte schwerlich sobald
wieder gutzumachen sein. Noch größer aber wäre das Verhängnis,
das im Fall einer Blockade unsere Gewerbetätigkeit, Industrie und
Landwirtschaft, ja unser gesamtes Volksleben treffen müßte.
Das deutsche Volk war bis vor kurzem noch eine ackerbau-
treibende Nation. Die Neuzeit hat darin eine Wendung gebracht.
Deutschland entwickelt sich mit schnellen Schritten zum Industrie-
staat wie England. Wir erzeugen gegenwärtig schon auf eigenem
Boden kaum für drei Viertel unserer Bevölkerung genügende Nah-
rungsmittel. Der fehlende Bedarf an Körnerfrüchten, Vieh, Fleisch^,
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Frankreichs Deutschland Frankreich Westafrika Polynesien China Boll- Deutschland England
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
280
Der Herr Professor hatte sich an seiner Frau Gemahlin ge-
rächt und: ohne ihr Wissen und ihren Willen den unglückseligen
Kaffeesack bei seinem Freunde in Göttingen zurückgelassen.
Förster.
141. Vom Postwesen.
Große Veränderungen hat das vergangene Jahrhundert auf den verschie-
densten Gebieten der Industrie, des Handels und des Verkehrs gebracht.
Die Industrie verwertete die zahlreichen Erfindungen und Entdeckungen
und erlangte dadurch eine Vielseitigkeit und Vollkommenheit, die man noch
vor wenigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hätte. Handel und
Verkehr wußten sich die Errungenschaften der Industrie zunutze zu machen,
brachten die entferntesten Gegenden in Beziehung zueinander und trugen
so zum wirtschaftlichen Aufschwünge ganzer Nationen bei. Mit dieser fort-
schreitenden Entwicklung entfaltete sich das Postwesen in gleichem Schritte,
indem es, den größeren Anforderungen entsprechend, immer schneller und
pünktlicher arbeitete und sich somit leistungsfähiger erwies.
Wohl stand es um das Postwesen das ganze Mittelalter hindurch
noch sehr schlimm. Boten zu Fuß trugen die Briefe, Befehle, Nachrichten
aller Art von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, wobei sie in der Regel in
jedem Wirtshause einkehrten. Dadurch vernachlässigten sie ihren Boten-
dienst und das Vertrauen in ihre Gewissenhaftigkeit ging verloren. Mit
dem Jahre 1516 sollte es anders werden. Der damalige deutsche Kaiser
Maximilian I. war mit Italien, Ungarn und den Niederlanden in Krieg ver-
wickelt. Seine Anwesenheit war oft an der einen Grenze so notwendig
wie an der anderen. Als er nun einst in verzweifelte Klagen ausbrach,
daß er nicht an allen Orten gleichzeitig sein könnte, daß aber die Boten,
die seine Briefe und Befehle in alle Gegenden tragen sollten, recht gleich-
gültig wären, da trat einer seiner Hofherren namens Taxis mit dem Aner-
bieten hervor die kostenfreie Beförderung sämtlicher kaiserlichen Briefe
und Befehle zu übernehmen, wenn ihm das ausschließliche Recht zur Aus-
übung und Ausbreitung der neuen Beförderungsart sowie die gesamten
daraus entspringenden Einkünfte zuerkannt würden. Maximilian ging auf
diesen Vorschlag ein und erteilte dem Hause Taxis dieses Vorrecht, das
zunächst nicht bedeutend erschien, in den späteren Jahrhunderten sich jedoch
als eine wahre Goldgrube erwies. So brachte es schon 1588 — nach 72-
jährigem Bestehen — seinem glücklichen Inhaber einen Reingewinn von
100000 Dukaten, eine für die damalige Zeit unerhörte Summe. Die erste
Linie dieser Taxisboten ging von Wien nach Brüssel. Die Boten waren
gut beritten und trugen die Briefschaften in einem Felleisen bei sich. Sehr
bald erweiterten die Taxis diese erste Linie durch Abzweigungen nach
Frankreich, Hamburg, Mailand, Venedig, ja bis nach Rom und errichteten
in den wichtigsten Städten und Grenzorten Anstalten zum Sammeln und
Ausgeben der Briefe sowie zum Wechseln der Pferde.
Nur kurze Zeit jedoch sollte diese günstige Entwicklung des Post-
wesens andauern. Mit dem Beginne der Schrecken und Verheerungen des
Dreißigjährigen Krieges geriet es in einen jämmerlichen Zustand, so daß
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Extrahierte Ortsnamen: Göttingen Italien Ungarn Wien Brüssel Frankreich Hamburg Mailand Venedig Rom
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
284
für Deutschland in die Hände. Kühnen Muts wagten sich hanseatische
Kaufleute ohne den Schutz einer vaterländischen Flotte über das
Weltmeer und gründeten überall Handelsniederlassungen. Die Wie-
dergeburt Deutschlands auf den blutigen Schlachtfeldern Frankreichs
hat einen gewaltigen Aufschwung des deutschen Wirtschaftslebens
ermöglicht. Großbritannien ist zwar an der Spitze der Welthandels-
staaten geblieben, aber Deutschland, das hinter Frankreich und den
Vereinigten Staaten zurückstand, ist jetzt an die zweite Stelle ge-
treten. Deutsche Reichsangehörigen sind jetzt überall zu finden auf
dem weiten Erdenrund, an allen Küsten haben sie Niederlassungen,
im Inneren ferner Länder entstehen deutsche Ackerbaukolonien. In
Ost- und Westafrika, Polynesien und China verfügen wir über
Schutzgebiete, wirtschaftliche und politische Stützpunkte und Außen-
werke des Reiches.
Diese wertvollen Errungenschaften würden ohne den Schutz
des Reiches bald verloren gehen. Eine Festlandsmacht wie Deutsch-
land kann über Millionen von Soldaten verfügen und doch ihres
Anteils an der Weltwirtschaft beraubt werden, wenn nicht eine
starke Kriegsflotte dem Gegner zur See ein unüberwindliches Boll-
werk entgegenstellt. Sie hat die Aufgabe das Ansehen des deutschen
Namens und die Reichsgewalt in fremden Meeren zu verkörpern,
Leben und Eigentum deutscher Landsleute an Ort und Stelle zu
sichern und die Verbindung mit dem Mutterlande aufrecht zu er-
halten.
Aber die Kriegsflotte hat noch eine höhere Pflicht zu erfüllen.
Auch im Vaterlande selbst ist eine starke Seemacht für die gedeih-
liche Entwicklung und die Blüte der Volkswirtschaft unentbehrlich.
Schon ihr Dasein allein ist eine Mahnung zum Frieden, eine Warnung
gegen Ruhestörer. Bei einem feindlichen Angriff aber schützt die
deutsche Schlachtflotte nicht nur die heimischen Küsten vor Landung
feindlicher Truppen oder der Beschießung von Hafenstädten, sondern
sie erfüllt auch die Aufgabe das wirtschaftliche Leben der Nation
im Gange zu erhalten. Gelingt es dem Feinde durch eine Blockade die
Aus- und Einfuhrwege zu sperren, so sind die großen Blutadern im
wirtschaftlichen Organismus des Reiches unterbunden. Das kleinere
Übel wäre dann noch das Aufhören der Ausfuhr, obwohl wir damit
einen großen Teil unseres auswärtigen Handels verlieren würden.
Dieser Verlust würde aber nach dem Kriege bei dem eben herrschen-
den scharfen Wettkampf auf dem Weltmärkte schwerlich sobald
wieder gutzumachen sein. Noch größer aber wäre das Verhängnis,
das im Fall einer Blockade unsere Gewerbetätigkeit, Industrie und
Landwirtschaft, ja unser gesamtes Volksleben treffen müßte.
Das deutsche Volk war bis vor kurzem noch eine ackerbau-
treibende Nation. Die Neuzeit hat darin eine Wendung gebracht.
Deutschland entwickelt sich mit schnellen Schritten zum Industrie-
staat wie England. Wir erzeugen gegenwärtig schon auf eigenem
Boden kaum für drei Viertel unserer Bevölkerung genügende Nah-
rungsmittel. Der fehlende Bedarf an Körnerfrüchten, Vieh, Fleisch,
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
281
von einem geregelten Postbetriebe nichts mehr zu verspüren war. Infolge-
dessen sah sich der Große Kurfürst von Brandenburg genötigt das Post-
wesen zu einer Staatseinrichtung zu machen ohne sich weiter um das Allein-
recht der Taxis zu kümmern. Diesem Beispiele folgten bald die verschie-
densten Länder und Ländchen, ja sogar reichsunmittelbare Städte, indem
sie ihre eigenen Posten gründeten, deren Einrichtung und Verwaltung keine
Rücksicht auf den Nachbarn, noch weniger auf das Wohl der Gesamtheit
nahmen, sondern nur den eigenen augenblicklichen Vorteil verfolgten. Da-
durch entstand eine heillose Verwirrung. In manchen Städten saßen drei
oder vier Posten, die einander nichts weniger als gut gesinnt waren, öfters
kam es zwischen den verschiedenfarbigen Postillionen und Briefboten auf
offener Landstraße oder in Wirtshäusern zu Raufereien und Schlägereien,
durch die weder die Sicherheit noch die Schnelligkeit der Beförderung ge-
winnen konnte.
In dieser traurigen Zeit des Postwesens wuchsen ganz still und un-
bemerkt die Vorbedingungen zu der alle Kulturstaaten umfassenden Welt-
post. Allmählich, wenn auch langsam, rückte das Postwertzeichen, die Frei-
marke, ein. Die Erfindung desselben kam aus dem Königreiche Sardinien, wo
es schon 1819 in der Form von Briefumschlägen verwendet wurde. Aus den ge-
stempelten Umschlägen wurden in der Folge die Freikuverte und zuletzt löste
sich von dieser die Freimarke, die jetzt sogar im bürgerlichen Leben und Klein-
verkehr die Stelle eines Zahlungsmittels sich erworben hat. Nicht lange mehr
ließ auch die Auflösung der verschiedenen Postanstalten in dem geeinten
Norddeutschland auf sich warten. Durch eine Abfindungssumme wurden
sie entschädigt und die ganze Einrichtung einschließlich der Generalpost in
Frankfurt a. M. ging an den preußischen Staat über.
Mit dem Verschwinden der verschiedenen Postanstalten waren große
Verkehrserleichterungen eingetreten; aber immer noch fehlte eine „Karte“,
durch die der Postverkehr vereinfacht und beschleunigt werden konnte.
Wohl hatte der Generalpostmeister Stephan in Berlin schon im Jahre 1865
ein „Postblatt“ erfunden und dieses der „deutschen Postkonferenz“, die in
Karlsruhe tagte, vorgelegt und zur Einführung empfohlen. Aber erst kurz
vor dem Ausbruche des Deutsch-französischen Krieges fand der Vorschlag
Genehmigung. Wie sehr die Post damit einem längst gefühlten Bedürfnis
entgegenkam, erhellt daraus, daß am ersten Tage in Berlin allein 45000
und in den ersten fünf Monaten 10 Millionen Stück der neuen Karte ver-
kauft wurden. Doch Stephan sollte noch mehr leisten! Bald nach Deutsch-
lands politischer Einigung glückte es ihm den Weltpostverein zu gründen,
lobwohl seinem Bestreben von verschiedenen Regierungen nicht geringe
Hindernisse in den Weg gelegt worden waren. Durch dieses Meister-
werk wurden mit einem Schlage 55 verschiedene Portosätze, die bis da-
hin in den dem Vereine jetzt angehörenden Staaten bestanden, zu einem
einzigen Satze verschmolzen. Für jeden Brief, der von jetzt an in das
Ausland ging, bezahlte man 20 Pfennig. Postsendungen nach den deutschen
Schutzgebieten, nach Luxemburg und nach Österreich-Ungarn unterliegen
denselben Gebühren wie die innerhalb des Deutschen Reiches.
Dieser Weltpostverein gehört zu den stolzesten Schöpfungen des
vergangenen Jahrhunderts. Er ist ein Band, das die meisten Staaten der
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
390
Müncheners: „Ha, Maxl, weil nur du da bist!", die Max Iv. ent-
gegenklangen, als er am 12. März 1799 als Kurfürst in München
einzog, hinter ihm lag ein schlichtes, teils in der französischen Brmee
teils in stiller Zurückgezogenheit verbrachtes Prinzenleben, vor ihm ein
zerrüttetes Staatswesen, um ihn jubelte erwartungsvoll ein Volk, das
sich nach Ordnung und Freiheit sehnte, weiter draußen zankten sich in
einem zerrissenen Deutschland selbstsüchtige deutsche Brüder, noch weiter
draußen verhallten eben die letzten Schrecken der Bevolution und über
alle dem schwebte der blutige Stern Napoleons.
Österreich stand noch immer mit seinen verschleierten Plänen
im Hinterhalt, den Augenblick erlauernd, der ihm günstig sein sollte
Bayern unter seine Herrschaft zu bringen. Bber Max und sein wach-
samer Minister Montgelas beobachteten die österreichischen Umtriebe.
Für das schwache Bayern war nur Bettung beim ,,Herrn der Welt",
bei Napoleon. ,,Wer könnte mich tadeln, wenn ich jetzt mit Frankreich
unterhandelte?" sagte Max damals. Bm 25. Bugust 1805 schloß er
mit Napoleon ein Waffenbündnis ab. Des Starken Schutz, ein be-
deutender Länderzuwachs und die Bönigswürde waren des Börsen
Gegenleistung. Diese Tat, heute getan, wäre eine undeutsche zu nennen,-
in jener Zeit aber, wo es vor lauter Selbstsucht kein Deutschland mehr
gab, war sie eine Friedenstat. Zum zweiten Male war die Selb-
ständigkeit Bayerns gerettet.
Durch das Bündnis mit Bonaparte vor den Gelüsten Österreichs
gesichert, konnte Max nun seinem Bayerlande innere Ordnung brin-
gen. Dabei war ,,Liebe und Licht sein erstes Gebot", Bayerntreue
seine starke Stütze und Montgelas fein weitblickender Gehilfe. Bis
Bönig wollte er nun halten, was er schon als Burfürst in schwankender
Zeit versprochen: ,,Zur Zeit, wo den Staaten große und gefährliche
Erschütterungen drohen, müssen Staatsgebrechen schnell und mit Ent-
schlossenheit geheilt werden durch Gesetzgebung." Bayern mangelte
eine einheitliche, übersichtlich geordnete Verwaltung; vergeblich suchte
man Schulen, Wissen und Bildung - durch Zunftzwang und Zollwesen
geknechtet und gesperrt, lagen Gewerbe, Handel und Verkehr danieder;
das Bauernmark verkümmerte unter der Leibeigenschaft und auf dem
ganzen Lande lastete der Druck ungeheurer Schulden,- von Westen drang
der verwirrende Bus nach Freiheit und Gleichheit. Überall tat Ord-
nung not. — Wo da zuerst beginnen? So mag Max sich oft gefragt
haben. —
Was heute zu Bayern gehört, bestand in dieser Zeit
aus etwa achtzig verschiedenen Gebieten. Herzogtümer, Fürsten-
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Extrahierte Personennamen: Maxl Max_Iv Max Napoleons Max Max Napoleon Max Max Napoleon Max Max Max Max
Extrahierte Ortsnamen: München Deutschland Napoleons Frankreich Deutschland Bayerns Bayerntreue