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1. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 73

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
fangen sollte um vor die rechte Schmiede zu kommen. Auf einmal ruft eine weibliche Stimme: „He, lieber Mann, was suchen Sie denn?" Ich sehe auf und — wunderbar — 'C§ war die Frau vom Kirchen- konzert. Ehe ich noch den Hut recht abgezogen hatte, stand schon ein Dienstmädchen neben mir, das mich einlud hinauf ins Zimmer zu kom- men. Daß ich's kurz mache! Hier war ich an die rechte Schmiede ge- kommen. Der Mann der Frau wies mir die Wege, gab mir Rat, und — meine Angelegenheit wurde bald und gut zu Ende gebracht. Wer hätte mir damals in der Kirche gesagt, daß der Mann jener Frau bald in die Hauptstadt befördert werden und mir für solch geringe Höflichkeit ein zehnfacher Vergelter sein würde? Kurz, Höflichkeit macht Edelmann und Bürger, jung und alt, Mann und Weib beliebt. Wer's besser wissen will, versuche es mit der Unhös- lichkeit. Er wird wohl sehen, wie weit er kommt. Nach Hugo Weber. 45. Aus dem Nadelstand in den Adelstand. Jm Jahre 1832 wurde ganz Hyeres, ein Städtchen in der Nähe von 1 Toulon, durch die Nachricht in Trauer versetzt, daß der Freiherr Stulz von Ortenberg gestorben sei. Dieser Mann war wenige Jahre vorher als Millionär nach Hyeres gekommen und war hier bald ein doppelter Millionär geworden; denn alles, was er anfaßte, schien sich unter seinen Händen in Gold zu verwandeln. Aber er hatte auch alle Zeit eine offene Hand und liebte, sein Glück mit anderen zu teilen. In Hyeres stiftete er ein Krankenhaus, ließ einen herrlichen Brunnen herstellen und beschenkte die katholische Kirche mit einer kostbaren Orgel. Die Mittel für die evangelische Kirche in Marseille wurden fast gänzlich von ihm hergegeben. Kein Wunder, daß die Nationalgarde mit Fahnen und Trauermusik den Leichenzug begleitete und daß an der Gruft tief empfundene Reden die Verdienste dieses Mannes priesen. In seinem Heimatdorf Kippenheim in Baden aber setzte man Georg Stulz ein Denkmal; denn auch hier hatte er ein Krankenhaus errichten und die Kirche ausbauen lassen. Für die Polytechnische* Schule und das Lehrerseminar in Karlsruhe hatte er je 30 000 Franken gestiftet und verschiedenen wohltätigen Zwecken hatte er 300 000 Franken zugewandt. Um dieser Ehrentaten willen hatte ihn der Großherzog von Baden in den Adelstand erhoben. Georg Stulz war L J. 1778 in Kippenheim bei Lahr geboren. Ein Schneider war sein Vater und Schneider sollte auch Georg Sieh Fußnote Seite 49.

2. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 301

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
301 geborstene hatten, zerbrochene Zäulen, kunstvoll gehauene Fenster- gesimse, — wahrhaftig, ein überwältigender Rnblick! lvehe wird es einem ums herz in diesen Ruinen! Und mitten in dir, mein Pfälzerwald, da wohnt ein Volk, be- scheiden gesegnet an irdischen Gütern, aber gar reich an Gemüt, gar treu und bieder, mitunter von herzerfrischendem Humor, — ein Volk, erfüllt von Liebe und Treue zu seinem Pfälzerwalde, zu seiner Heimat, seinem Vaterlands, zu seinem Könige und Fürsten und nicht in letzter Linie erfüllt von Liebe und Treue zu seinem Gotte. Tausende und Ubertausende rufen und jubeln: ,,G Pfälzerwald, wie schön bist du!" Fritz Claus. 150. Das Bauernhaus an der Haardt. (7>ie Weindörfer vor der Haardt zeichnen sich aus durch zwei besonders ^ gebildete Teile des Hauses: das Hochparterre* als die äußere Folge des hochgewölbten Kellers und das freie, hochgewölbte Hoftor. Der mächtige Keller ist hier oft das halbe Haus. Dem innerlich Bedeutsamsten gibt aber das Volk wie der echte Künstler auch nach außen den eigenartigsten Schmuck. Darum hat der alte Pfälzer Weinbauer seinen Keller da geziert, wo er sozusagen ans Licht tritt — im Keller- loch; er hat sich ein Ornamentstückff geschaffen, das sich vielleicht in dem Volksbau der ganzen Welt nicht wiedersindet: ornamentierte Kellerlöcher. Könnten wir doch alle mit schönen Formen ziellos umhertastenden Bau- meister vor diese ornamentierten Kellerlöcher führen oder auch in die Ställe mancher Ökonomen der Pfalz, Ställe, die wahre Prachthallen sind, massiv aus Stein, mit Pfeilern und Kreuzgewölben! Die gleiche schöne Wirkung des Wahren und Notwendigen spricht aus den großen Hoftoren des pfälzischen Weinlandes. Diese gewaltigen steinernen Rundbogen sind die Triumphbogen des Landmannes, durch die er mit dem hochbeladenen Erntewagen einzieht. Und wie jeder gern den mächtigst getürmten Wagen heimführen möchte, so hat auch jeder nach dem höchstgewölbten Bogen gestrebt, als dem eigentlichen Steindenkmal seines Reichtums. Die Hochparterre mit den verzierten Kellerlöchern und die hochgewölbten, schmuckreichen Hoftore stellen uns Wein und Brot dar als den Grundschatz dieser Weindörfer. Der pfälzische Bauer schmückt übrigens nicht bloß seine Kellerlöcher, er schmückt auch seine Fenster, nur nicht so großartig wie jene. Das * Parterre — Erdgeschoß, in der Pfalz 1. Stockwerk eines Hauses. 1 Ornament — Schmuck, Verzierung.

3. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 371

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
371 neue Bedürfnisse und neue wünsche mit zurück. Dem Kaufmann, der für ihre Befriedigung sorgte, öffneten sich die Tore der Burgen, die bisher für ihn verschlossen gewesen. Dieselben schiffe, welche neue Kreuzfahrer nach dem Gelobten Lande beförderten, brachten nun auf der Nückreise die Erzeugnisse des Orients mit. So lernte man Zucker, Baumwolle und Seide kennen und gebrauchen, man brachte fremde Bäume und Blumen nach Deutschland, man fand Gefallen an perlen und Goldschmuck, aber auch an Kunst und Wissenschaft. Noch andere Wirkungen zeigten sich in den Busgangsländern dieser Züge. Die ununterbrochene Fahrt von hoch und gering nach dem heiligen Grabe verschaffte den Gutsherren Bbsatz für ihren Über- fluß an Getreide, Vieh u. dgl. und dies mußte namentlich in der Nähe der Tinschiffungsorte, wo große Menschenmassen auf längere Zeit versorgt wurden, bedeutende Geldsummen in Umlauf bringen. Nicht minder hat darauf die kostspielige Busrüstung der Ritter und ihres Gefolges gewirkt, wodurch mancher gezwungen wurde Teile seiner Besitzungen zu verkaufen oder zu verpfänden. Buch löste sich manche Fessel, welche die vorhergegangenen Jahrhunderte den kleinen Grundeigentümern angelegt hatten, viele Kreuzfahrer verordneten für den Fall ihres Todes die Freilassung ihrer hörigen und Leib- eigenen. Noch größer ist der Umschwung, den die Kreuzzüge unmittelbar und mittelbar in den städtischen Verhältnissen hervorriefen. Zwar hatten sich die Städte meist schon vor dieser Zeit von der Obergewalt der Bischöfe und Fürsten losgerissen und tatsächlich ihre Unabhängig- keit errungen, da sie nur die Oberhoheit der kaiserlichen Gewalt an- erkannten. Bber diese Freiheit kam nur den ehemaligen Lehensleuten und Bltfreien, welche ritterlichen Nang besaßen, zugute. Diese führten das Negiment und neben ihnen stand rechtlos die ganze Übrige Bevöl- kerung, aus hörigen, Kaufleuten, Handwerkern und Dienern zusam- mengesetzt. Zn diese Masse, die arbeitende und tätige Bevölkerung, kam jetzt aus einmal Leben und Bewegung. Die Kaufleute und Geldwechsler stiegen in demselben Maße an Bnsehen, als sie sich durch den Handel bereicherten. Zn ähnlicher weise veränderte sich die Stellung der meisten Ge- werbe, namentlich derjenigen, welche Busrüstungsgegenstände verfer- tigten. Der ungeheure Bedarf an Waffen, Harnischen u. s. w. erhob die Waffenschmiede schnell zu großer Bedeutung, und daß sie auch in technischer Beziehung Fortschritte machten, beweist der Nuf, den die 24*

4. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 232

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
232 Wieder eine andere Art von Vereinen sind die sogenannten Ferien- kolonien. In der ungesunden, verstaubten Luft der Großstädte bleibt eine große Zahl von Kindern schwach und hinfällig; sie siechen dahin ohne bettlägerig zu sein. Da tut frische Land- und Waldluft und kräftige Kost dringend not. Deshalb haben es sich die Ferienkolonienvereine zur Ausgabe gemacht armen Kindern Stätten der Erholung entweder in Kinderheilanstalten, Milchkurorten, Badeorten oder in Familien auf dem Lande zu verschaffen. Groß und überaus segensreich ist das Verdienst solcher Wohltätigkeit. Gar manches arme Großstadtkind ist auf diese Weise dem sicheren Tode oder einem leidensvollen Leben entrissen worden. In manchen Fällen leben Kinder in einer Umgebung, die für ihre sittliche Gesundheit von größtem Schaden ist. Oftmals werden Kinder durch die eigenen Eltern auf die Verbrecherlaufbahn geführt. Da bleibt nichts übrig, als solche bedauernswerte Kinder den Händen ihrer Verführer zu entziehen und sie dorthin zu bringen, wo sie zu guten, braven Menschen erzogen werden. Neben dem Staat und den Gemeinden übernehmen diese wichtige Aufgabe die Fürsorgevereine, Erziehungsvereine, Pflege- vereine. Auch die „Innere Mission" bei den Protestanten und manche Ordensgesellschaften bei den Katholiken nehmen sich solcher armen Kinder an. In Rettungshäusern, Erziehungshäusern, auch in Waisenhäusern, am liebsten aber in braven, guten Familien werden solche Kinder unter- gebracht. Schon manches arme Kind ist so davor bewahrt worden, später ein Verbrecher zu werden. Die erwachsenen Knaben und Mädchen bleiben nicht immer daheim bei Vater und Mutter. Viele gehen hinaus in die Fremde um entweder ihr Geschäft noch besser zu erlernen oder als Geselle oder Dienstbote größeren Verdienst zu suchen. Nicht selten sind aber diese alleinstehenden jungen Leute da draußen in der Welt den größten Gefahren ausgesetzt. Es hat sich deshalb eine ganze Reihe von Jünglings- und Jungfrauenvereinen, Gesellen-, Lehrlings-, Arbeiterinnen- und Mägdevereinigungen gebildet, die sich dieser jungen Leute annehmen, sie vor den Gefahren der Welt behüten, ihnen Gelegenheit zu geselliger Unterhaltung verschaffen und sie so vor den Schlingen gewisser Verführer bewahren. Gesellen- und Pflegehäuser, Gesellen- und Mägdeherbergen, Mädchenheime u. s. w. dienen diesem Zwecke. Besonders wichtig ist die sogenannte Bahnhofsmission, die von den Marianischen Kongregationen sowie von Frauenvereinen (Verein der Freundinnen junger Mädchen) geübt wird. Sie besteht darin, daß alleinreisende Mädchen auf den großen Bahnhöfen von eigens dazu aufgestellten Personen abgeholt und ihrem Bestimmungsort oder einer guten Herberge zugeführt werden. Ferner sind auf allen Bahnhöfen und in den Bahnzügen selbst Tafeln angebracht, wo die Häuser verzeichnet sind, in denen die jungen Mädchen Herberge und Pflege finden können. Für solche Leute, die gar übers Meer in einen anderen Erdteil wandern, besteht die große Gefahr, daß sie in den Hafenstädten von gewissenlosen Geschäftsvermittlern irregeführt und schändlich betrogen wer- den. Aber die „Innere Mission" protestantischerseits und der Raphaelverein katholischerseits haben unter den größten Schwierigkeiten jenen Leuten das

5. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 259

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
259 Kurz erst recht darauf, daß Vogt eine Strafsumme zahlen müsse. Auch der Bürgermeister machte Vogt aufmerksam, daß er gegen Paragraph 185 des Strafgesetzbuches verstoßen habe und daß er vom Gerichte sicher verurteilt werde. Was er aber dann an Strafe und an Gerichtskosten zu zahlen habe, werde weit höher sein als die geforderte Geldbuße. Der hartnäckige Vogt jedoch bestand auf seiner Weigerung und so verlief der Sühnetermm, ohne daß man sich geeinigt hatte. Kurz überlegte sich, ob es nicht besser wäre die Sache nun ruhen zu lassen. Würden aber seine Neider nicht glauben, daß wirklich etwas Wahres au den Beschuldigungen Vogts wäre? Und sollte er sich un- bestraft beleidigen lassen? Nein und abermals nein! Seine angegriffene Ehre verlangte eine Sühne. Am nächsten Morgen schon fetzte er sich hin, fertigte eine Klageschrift gegen Vogt an und richtete sie an das Königliche Amtsgericht. Diesem Schriftstücke legte er eine Bescheinigung des Bürgermeisteramts über die erfolglos versuchte Sühne bei. Nach einiger Zeit wurden beide, Kurz und Vogt, vor das Schöffengericht geladen. Dieses setzte sich zusammen aus einem Amtsrichter, als dem Vorsitzenden, und zwei angesehenen Bürgern der Stadt, denen das Ehren- amt eines Schöffen übertragen war. Nach Eröffnung der Hauptverhand- lung trug der Vorsitzende den Sachverhalt vor und forderte den beschul- digten Vogt auf sich hierüber zu erklären. Vogt suchte seine Äußerung als ganz harmlos hinzustellen. Ein Zeuge, der ebenfalls vernommen wurde, bestätigte jedoch alle Angaben des Kurz. Auch das Kirchenvorstandsmitglied wurde verhört und es ergab sich, daß sein Verkehr mit Meister Kurz gar keinen Einfluß auf die Vergebung der Arbeiten gehabt hatte. Das Schöffen- gericht zog sich zur Beratung zurück. Dann verkündete der Amtsrichter das Urteil. Vogt wurde zu einer Geldstrafe von fünfzig Mark und zur Tragung der Kosten in der Höhe von 26,30 Mark verurteilt. Wären die Parteien durch Rechtsanwälte vertreten gewesen, so würde der Kosten- betrag bedeutend höher gewesen sein. Vogt war wütend; doch einsichtige Freunde rieten ihm, keine weiteren Schritte in der Angelegenheit zu tun. Außer neuem Ärger werde er nur noch größere Geldkosten haben. Darum sah er von einer Berufung an das Landgericht ab. Es dauerte aber lange Zeit, ehe er sich mit Kurz versöhnte und einsah, wie gut es gewesen wäre, wenn er die Zunge besser im Zaume gehalten hätte. Nach Erich Walter. 134. De Reknung' ahn Wirt. „Gun Morgen, Herr Avkat, mi is do wat passiert, Mi hett dor up de Strat so’n unverschämtes Dirt Von Köter in de Beinen beten Un mi en Stück ut mine Büxen reten. Dat is ’ne ganze nige Hos’, Und ick wull Sei dat bloß mal fragen, Ob ick den Kirl nich körnn verklagen, De so’n bettchen Hund lett los’ Hier up de Strafen rümmer gähn?“ — 17

6. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 260

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
„Gewiß, mein lieber Freund, das können Sie! Der Eigentümer von dem Vieh, Das solches Ihnen angetan Und Ihre Hose riß in Fetzen, Muß Ihnen selbige ersetzen.“ — „Süll’t woll drei Daler föddern können?“ — „Gewiß, das können Sie! Für diese schönen Und neuen Hosen ist das nicht zu viel.“ „Na, Herr Avkat,“ sagt Möller Thiel, „Denn geben S’ man drei Daler her, Wißt Ehr oll Keter wesen ded.“ — „Mein Hund? — mein Polio biß Sie in die Waden? Nun gut! Ich glaub’s und stehe für den Schaden: Hier sind drei Taler für die Hosen. Was Recht ist, muß als Recht bestehn Und sollt’ die Welt in Stücken gehn!“ — De Möller lacht so recht gottlosen Und denkt: „De hast du richtig nommen!“ Strikt sik dat lütte Geld tausamen Und will gehorsamst sik empfehlen. — „Halt, lieber Freund!“ seggt de Avkat, „Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Daß in beregter Sach’ für Müh’ und guten Rat Drei Taler sechzehn Groschen mir gebühren. Man wedder rut mit de drei Daler, Un söstein Groschen bigeleggt! Denn kömmt de Sak erst richtig t’recht. Recht, Fründing, möt as Recht bestahn, Und süll de Welt in Stücken gähn!“ Fritz Reuter. 135. fom Keweröegericht. ^^chlofsermeister Schulz: „Nehmen Sie es nicht übel, lieber Nachbar, ^ wenn ich Sie einige Augenblicke aufhalte. Ich möchte mir in einer für mich wichtigen Angelegenheit Ihre Auskunft erbitten. Da erhalte ich soeben von dem Gerichtsschreiber des hiesigen Gewerbegerichts eine Ladung mich morgen vor dem genannten Gericht einzustellen, weil ein von mir plötzlich entlassener Geselle dort eine Klage gegen mich angestrengt hat. Was für eine Einrichtung ist eigentlich dieses Gewerbegericht?" — Klempnermeister Bürger: „Gewerbegerichte bestehen nach dem Reichs- gesetz vom 20. Juli 1890, das vom 1. Januar 1902 ab in einer neuen Fassung gültig ist. Sie sind dazu errichtet, um Streitigkeiten zwischen ge- werblichen Arbeitern und Arbeitgebern möglichst schnell und billig zu erledigen. Wie liegt denn der Fall, um den es sich bei Ihnen handelt?" Schulz: „Ich habe einen größeren Auftrag in Bauarbeiten für mehrere herrschaftliche Häuser erhalten und suchte deshalb schnell einige Gehilfen. Unter den sich Meldenden war auch der jetzt gegen mich klagbar

7. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 377

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
377 trieb sein Geschäft mit Eifer und Liebe' es nahm den größten Teil der Tageszeit in Anspruch und die Abendstunden verbrachte er gern im Kreise seiner Familie an der Leite seiner Hausfrau. Nur die gemeinsamen öffentlichen Zerstreuungen, die bei Gelegenheit der jährlichen Lchützen- feste, Jahrmärkte u. s. w. dargeboten wurden, unterbrachen zeitweilig die Nuhe des häuslichen Lebens. Hin und wieder besuchte der Haus- vater auch wohl abends die Trinkstube der Geschlechter oder das Zunfthaus,' aber wenn nicht besondere Feste dort abgehalten wurden, befand er sich, sobald die Natsglocke ertönte (wohl die 10. Nbend- stunde), wieder daheim,' denn es galt für unanständig ohne besondere Veranlassung länger auswärts zu fein. Das häusliche Leben der Bürger im Mittelalter mag nach den heutigen Begriffen von Zerstreuung und Bequemlichkeit nicht besonders unterhaltsam erscheinen,' genügsamer und innerlicher als heute war es jedenfalls. Nach Nugustzböe. 188. Schutz des zünftigen Handwerks. Schuhmachermeister Daniel Spörken kam sehr aufgeräumt heim und erzählte, der Ratsherr Mildehövet habe ihn, als er zufällig vorbeigekommen, zu sich herein rufen lassen und ihm seine Not geklagt über das leidige Podagel*), das ihm im linken großen Zeh arge Schmer- zen verursache; er habe es nun schon fast bei allen Schuhmachern in Lüneburg versucht; aber keiner habe ihm das Schuhzeug recht zu Danke machen können; ob er, Daniel, ihm nicht Hilfe zu schaffen vermöchte. „Freilich können wir ihm Hilfe schaffen," rief Timmo, der Schusterknecht, „habt Ihr ihm denn Maß genommen, Meister?" „Maß hab' ich ihm genommen," versetzte Daniel, „aber auf das Podagel verstehe ich mich auch nicht." „Wir müssen ihm ein Paar Pelzstiefel machen aus weichem Kalbleder und inwendig mit Rauchwerk gefüttert," sagte Timmo. „Rauchwerk!" wiederholte der Meister, „wir können doch den Pelzern nicht ins Handwerk pfuschen, das würde eine schöne Buße kosten." „Was werden wir denn die Pelzer groß drum fragen!" lachte der Gesell, „das machen wir alles selbst; hab' ich schon öfters getan und ein paar Kar- nickelfelle werden sich ja wohl noch auftreiben lassen." „Böhnhase!"**) drohte der Meister; „wenn es herauskommt, machen sie Jagd auf uns, und was der Geselle gesündigt hat, muß der Meister ausbaden." „Hat sich was auszubaden!" lachte Timmo, „der Ratsherr wird froh sein, wenn er sein Podagel los wird und Euch nicht ans Pelzeramt verraten. Schneidet nur die Stiefel recht weit und bequem zu und laßt mich machen und die Karnickelfelle, Hans, für die sorgst du!" „Kleinig- keit!" sagte Hans mit einem Gesichte wie ein Fuchs, der auf der Lauer liegt und eben zuspringen will. *) Podagra — Fußgicht. **) Böhnhase = unechter Hase; einer, der ohne Berechtigung ein Hand- werk treibt.

8. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 73

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
73 fangen sollte um vor die rechte Schmiede zu kommen. Auf einmal ruft eine weibliche Stimme: „He, lieber Mann, was suchen Sie denn?" Ich sehe auf und — wunderbar — >es war die Frau vom Kirchen- konzert. Ehe ich noch den Hut recht abgezogen hatte, stand schon ein Dienstmädchen neben mir, das mich einlud hinauf ins Zimmer zu kom- men. Daß ich's kurz mache! Hier war ich an die rechte Schmiede ge- kommen. Der Mann der Frau wies mir die Wege, gab mir Rat, und — meine Angelegenheit wurde bald und gut zu Ende gebracht. Wer hätte mir damals in der Kirche gesagt, daß der Mann jener Frau bald in die Hauptstadt befördert werden und mir für solch geringe Höflichkeit ein zehnfacher Vergelter sein würde? Kurz, Höflichkeit macht Edelmann und Bürger, jung und alt, Mann und Weib beliebt. Wer's besser wissen will, versuche es mit der Unhöf- lichkeit. Er wird wohl sehen, wie weit er kommt. Nach Hugo Weber. m. Aus dem Nadelstand in den Adelstand. Tm Jahre 1832 wurde ganz Hyeres, ein Städtchen in der Nähe von Toulon, durch die Nachricht in Trauer versetzt, daß der Freiherr Stulz von Ortenberg gestorben sei. Dieser Mann war wenige Jahre vorher als Millionär nach Hyeres gekommen und war hier bald ein doppelter Millionär geworden; denn alles, was er anfaßte, schien sich unter seinen Händen in Gold zu verwandeln. Aber er hatte auch alle Zeit eine offene Hand und liebte, sein Glück mit anderen zu teilen. In Hyeres stiftete er ein Krankenhaus, ließ einen herrlichen Brunnen herstellen und beschenkte die katholische Kirche mit einer kostbaren Orgel. Die Mittel für die evangelische Kirche in Marseille wurden fast gänzlich von ihm hergegeben. Kein Wunder, daß die Nationalgarde mit Fahnen und Trauermusik den Leichenzug begleitete und daß an der Gruft tief empfundene Reden die Verdienste dieses Mannes priesen. In seinem Heimatdorf Kippenheim in Baden aber setzte man Georg Stulz ein Denkmal; denn auch hier hatte er ein Krankenhaus errichten und die Kirche ausbauen lassen. Für die Polytechnische* Schule und das Lehrerseminar in Karlsruhe hatte er je 30 000 Franken gestiftet und verschiedenen wohltätigen Zwecken hatte er 300 000 Franken zugewandt. Um dieser Ehrentaten willen hatte ihn der Großherzog von Baden in den Adelstand erhoben. Georg Stulz war L J. 1778 in Kippenheim bei Lahr geboren. Ein Schneider war sein Vater und Schneider sollte auch Georg * Sieh Fußnote Seite 49.

9. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 260

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
260 f „Gewiß, mein lieber Freund, das können Sie! Der Eigentümer von dem Vieh, Das solches Ihnen angetan Und Ihre Hose riß in Fetzen, Muß Ihnen selbige ersetzen." — „Süll't woll-drei Daler föddern können?" — „Gewiß, das können Sie! Für diese schönen Und neuen Hosen ist das nicht zu viel." „Na, Herr Avkat," sagt Möller Thiel, „Denn geben S' man drei Daler her, Wißt Ehr oll Keter wesen ded." — „Mein Hund? — mein Polio biß Sie in die Waden? Nun gut! Ich glaub's und stehe für den Schaden: Hier sind drei Taler für die Hosen. Was Recht ist, muß als Recht bestehn Und sollt' die Welt in Stücken gehn!" — De Möller lacht so recht gottlosen Und denkt: „De hast du richtig nommen!" Strikt sik dat lütte Geld tausamen Und will gehorsamst sik empfehlen. — „Halt, lieber Freund!" seggt de Avkat, „Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Daß in beregter Sach' für Müh' und guten Rat Drei Taler sechzehn Groschen mir gebühren. Man wedder rut mit de drei Daler, Un söstein Groschen bigeleggt! Denn kömmt de Sak erst richtig t'recht. Recht, Fründing, möt as Recht bestahn, Und süll de Welt in Stücken gähn!" Fritz Reuter. 185. 'Dom Kewerbegericht. ^^chlossermeister Schulz: „Nehmen Sie es nicht übel, lieber Nachbar, wenn ich Sie einige Augenblicke aufhalte. Ich möchte mir in einer für mich wichtigen Angelegenheit Ihre Auskunft erbitten. Da erhalte ich soeben von dem Gerichtsschreiber des hiesigen Gewerbegerichts eine Ladung mich morgen vor dem genannten Gericht einzustellen, weil ein von mir plötzlich entlassener Geselle dort eine Klage gegen mich angestrengt hat. Was für eine Einrichtung ist eigentlich dieses Gewerbegericht?" — Klempnermeister Bürger: „Gewerbegerichte bestehen nach dem Reichs- gesetz vom 20. Juli 1890, das vom 1. Januar 1902 ab in einer neuen Fassung gültig ist. Sie sind dazu errichtet, um Streitigkeiten zwischen ge- werblichen Arbeitern und Arbeitgebern möglichst schnell und billig zu erledigen. Wie liegt denn der Fall, um den es sich bei Ihnen handelt?" Schulz: „Ich habe einen größeren Auftrag in Bauarbeiten für mehrere herrschaftliche Häuser erhalten und suchte deshalb schnell einige Gehilfen. Unter den sich Meldenden war auch der jetzt gegen mich klagbar

10. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 259

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
259 Kurz erst recht darauf, daß Vogt eine Strassumme zahlen müsse. Auch der Bürgermeister machte Vogt ausmerksani, daß er gegen Paragraph 185 des Strafgesetzbuches verstoßen habe und daß er vom Gerichte sicher verurteilt werde. Was er aber dann an Strafe und an Gerichtskosten zu zahlen habe, werde weit höher sein als die geforderte Geldbuße. Der hartnäckige Vogt jedoch bestand auf seiner Weigerung und so verlief der Sühnetermin, ohne daß man sich geeinigt hatte. Kurz überlegte sich, ob es nicht besser wäre die Sache nun ruhen zu lassen. Würden aber seine Neider nicht glauben, daß wirklich etwas Wahres an den Beschuldigungen Vogts wäre? Und sollte er sich un- bestraft beleidigen lassen? Nein und abermals nein! Seine angegriffene Ehre verlangte eine Sühne. Am nächsten Morgen schon setzte er sich hin, fertigte eine Klageschrift gegen Vogt an und richtete sie an das Königliche Amtsgericht. Diesem Schriftstücke legte er eine Bescheinigung des Bürgermeisteramts über die erfolglos versuchte Sühne bei. Nach einiger Zeit wurden beide, Kurz und Vogt, vor das Schöffengericht geladen. Dieses setzte sich zusammen aus einem Amtsrichter, als dem Vorsitzenden, und zwei angesehenen Bürgern der Stadt, denen das Ehren- amt eines Schöffen übertragen war. Nach Eröffnung der Hauptverhand- lung trug der Vorsitzende den Sachverhalt vor und forderte den beschul- digten Vogt auf sich hierüber zu erklären. Vogt suchte seine Äußerung als ganz harmlos hinzustellen. Ein Zeuge, der ebenfalls vernommen wurde, bestätigte jedoch alle Angaben des Kurz. Auch das Kirchenvorstandsmitglied wurde verhört und es ergab sich, daß sein Verkehr mit Meister Kurz gar keinen Einfluß aus die Vergebung der Arbeiten gehabt hatte. Das Schöffen- gericht zog sich zur Beratung zurück. Dann verkündete der Amtsrichter das Urteil. Vogt wurde zu einer Geldstrafe von fünfzig Mark und zur Tragung der Kosten in der Höhe von 26,30 Mark verurteilt. Wären die Parteien durch Rechtsanwälte vertreten gewesen, so würde der Kosten- betrag bedeutend höher gewesen sein. Vogt war wütend; doch einsichtige Freunde rieten ihm, keine weiteren Schritte in der Angelegenheit zu tun. Außer neuem Ärger werde er nur noch größere Geldkosten haben. Darum sah er von einer Berufung an das Landgericht ab. Es dauerte aber lange Zeit, ehe er sich mit Kurz versöhnte und einsah, wie gut es gewesen wäre, wenn er die Zunge besser im Zaume gehalten hätte. Nach Erich Walter. 134. De Reknung ahn Wirt. „Gun Morgen, Herr Avkat, mi is do wat passiert, Mi hett dor up de Strat so'n unverschämtes Dirt Von Köter in de Beinen beten Un mi en Stück ut mine Büxen reten. Dat is ’ne ganze nige Hos’, Und ick wull Sei dat bloß mal fragen, Ob ick den Kirl nich künn verklagen, De so’n bettchen Hund lett los’ Hier up de Straten rümmer gähn?" — 17
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