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der Unterworfenen größtenteils nach dem Grade der Bereit-
willigkeit bestimmt, mit der sie sich ergeben hatten. Für dieses
staatsrechtliche Verhältniß Roms zu den italischen, bald mehr
bald weniger abhängigen Bundesgenossen und eigentlichen Unter-
thanen bildete sich allmälig eine bestimmte Ordnung aus, welche
in den Hauptzügen lange unverändert geblieben ist. Hiernach
gab es:
1. Freistädte (municipia d. h. solche Städte, welche
einen größeren oder geringeren Antheil am römischen Bürger-
rechte erhalten hatten und dabei ihre eigenen Gesetze und Obrig-
keiten behielten. Man unterschied drei Arten von Municipien:
solche, deren Bürger, nur wenn sie nach Rom kamen, Rechte
und Pflichten eines römischen Bürgers ausübten, mit Ausnahme
des Simmrechts und der öffentlichen Ämter; ferner unterthänige
Gemeinden, die das Bürgerrecht ohne Stimmfähigkeit hatten
(eivitas sine suffragio); endlich solche, welche das volle Bür-
gerrecht mit Stimmfähigkeit hatten (eives optimo jure). Aus
diesen wurden entweder neue Tribus gebildet oder sie wurden
in alte ausgenommen. Im Felde diente das Aufgebot der Mu-
nicipien nicht getrennt, sondern in der römischen Legion.
2. Bundesgenossen latinischen Rechts (socii juris La-
tini). Diese behielten neben dem ursprünglichen Rechts der
gesetzmäßigen Ehe und des Verkehrs (eonnubium, eommereium)
ihre eigene Verfassung. Sie hatten nicht nur die freie Wahl
ihrer Obrigkeit, sondern auch ihren besondern Gerichtsstand.
Zudem konnten sie, wenn sie nach Rom kamen, in einer der
Tribus, welche ihneu durch das Loos zugewiesen wurde, mit-
stimmen. Als Gegendienst forderte man Beiträge an Geld und
Mannschaft für den Krieg.
3. Bundesgenossen italischen Rechts (socii juris Italici).
Ihr Verhältniß war, je nach den Verträgen verschieden gere-
gelt. Im Ganzen jedoch standen sie den latinischen Bundesge-
nossen nach. Namentlich hatten sie nicht wie diese, das Stimm-
recht in einer römischen Tribus. Alle übrigen Rechte und Pflich-
ten theilten sie größtentheils mit ihnen. Auch sie behielten ihre
x) Civitates , quae munia (Gerechtsame) capiunt Bei Orelli
Nr. 3691.
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nerva vollenden und denselben mit ehernen Götter- und Königs-
bildern ausschmücken. In einem unterirdischen Gewölbe dieses
Tempels wurden auch die sibillinischen Schicksalsbücher aufbe-
wahrt, in deren Besitz der König auf folgende Art gekommen
sein soll. Einst kam eine unbekannte Alte zu ihm und bot ihm
neun Bücher zu einem außerordentlich hohen Preise an. Weil
der König sie nicht so theuer bezahlen wollte, verbrannte sie drei
derselben, kam dann zum Könige zurück und verlangte die vorige
Summe für die noch übrigen. Wiederum abgewiesen verbrannte
sie abermals drei und erneuerte nun das Anerbieten der drei
letzten unter denselben Bedingungen. Das fiel dem Könige auf,
und nun fragte er seine Auguren. Man erkannte die Bücher
für die Orakel der Sibille von Cumä. Tarquin kaufte sie, und
die Alte verschwand. Diese Bücher, welche als ein Kleinod in
den Händen des Königs und nachmals in Verwahrung des Se-
nats blieben, zog man bei Bedrängnissen und Gefahren zu Rathe
und wußte darin jedes Mal die dienlichsten Orakelsprüche für
das Interesse des Staates zu finden.
Eines Tages setzte eine furchtbare Erscheinung im königli-
chen Palaste die ganze Familie in Angst und Schrecken. Eine
Schlange schlüpfte aus einer hölzernen Säule und raubte das
auf den Altar gelegte Opferfleisch. Bange Ahnung beunruhigte
den König, und er beschloß, das Orakel zu Delphi zu Rache
zu ziehen. Er schickte zwei seiner Söhne mit kostbaren Weih-
geschenken dahin, und gab ihnen seiner Schwester Sohn, den
L. Junius Brutus, zum Begleiter. Dieser spielte, um sein
Leben zu retten, die Rolle eines Blödsinnigen, seitdem sein älte-
rer Bruder vom Könige war ermordet worden. Auch er brachte
dem delphischen Gotte ein Weihgeschenk, seinen hölzernen Stab
nämlich, der aber einen goldenen in sich schloß — ein Sinnbild
seiner selbst!
Als die Jünglinge den Auftrag des Vaters vollzogen hatten,
trieb sie die Neugierde, das Orakel zu befragen, wer nach dem
Vater in Rom regieren würde. Derjenige — war die Antwort
— welcher zuerst die Mutter küssen wird. Die Brüder beschlos-
sen, hierüber das Loos entscheiden zu lassen. Brutus aber hatte
den Sinn des Orakels anders aufgefaßt. Er warf sich unter
dem Scheine, als wäre er über etwas gestolpert, zu Boden und
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200
Grunde, daß sie bei Staatspachtungen von dem Senate und den
Censoren vielfach abhängig waren, mußten sie sich mehr den
Optimaten anschließen.
Rom hatte theils durch das Glück seiner Waffen, theils
durch Politik seine Herrschaft über drei Erdtheile ausgedehnt und
besaß bereits, außerhalb Italiens folgende Provinzen: Sicilien,
Sardinien, Corsika und Afrika (das Gebiet von Karthago), die
sämmtlich erworben waren durch die punischen Kriege; Macedo-
nien und Jllyrien, Achaja, Spanien und Asien (das Gebiet von
Pergamos). Zu Statthaltern in den Provinzen ernannte der
Senat seit 144 in der Regel Proprätoren und Proconsuln, und
man unterschied deshalb provinciae praetoriae und consulares.
Die Verfassung, welche der eroberten Provinz gegeben wer-
den sollte, wurde von dem Feldherrn, der sie erobert, und einer
von Rom dahingesandten Commission, gewöhnlich von zehn Mit-
gliedern, die der Senat aus seiner Mitte ernannte, gemeinschaft-
lich berathen und entworfen, und die hierüber ausgestellte Ver-
fassungsurkunde (forma oder formula) dem Senate zur Geneh- .
migung vorgelegt ')
Die Statthalter der Provinzen vereinigten in sich
die höchste Civil- und Militärgewalt. Sie besorgten demnach
erstens die sämmtlichen zur Landesvcrwaltung gehörigen Ge-
schäfte. Das Finanzwesen insbesondere leitete unter ihrer Auf-
sicht ein Quästor. Zweitens übten sie die Polizei und Ge-
richtsbarkeit und machten deshalb beim Antritte ihres Amtes in
einem besonderen Edikte die Gerichtsordnung bekannt, die sie ein-
halten wollten. Drittens hatten sie den Oberbefehl über die
im Lande stehenden Besatzungen. Zu diesem Behufe wurde ihnen
auch vor ihrer Abreise von Rom das Imperium feierlichst er-
theilt. Zur Wahrnehmung eines so umfassenden Geschäftkreises
wurden dem Statthalter ein, oft auch zwei Quästoren und we-
nigstens drei Legaten als Gehülfen beigeordnet. Außerdem hatte
er eine Menge untergeordneter Beamten, Schreiber, Dollmetscher,
Ausrufer um sich, welche seine „Cohors" hieß. Das Imperium
des Statthalters erstreckte sich eigentlich nur aus diejenigen Städte
eines eroberten Landes, welche unterthänig und zinspflichtig ge-
l) Daher der Ausdruck: in provinciae formam ledigere.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Sicilien Sardinien Corsika Afrika Karthago Achaja Spanien Asien Rom Rom
162
Geschwornengericht. Die Richter hieen Helisten. Ueberhaupt stellte die Volks Versammlung die eigentliche Staatsgewalt dar.
Besonders sorgte Solan fr die Erziehung der Jugend in allen Knsten und Wissenschaften. Zu diesem Zwecke waren besondere Anstalten, Gymnasien genannt, errichtet, in denen nicht nur die Krfte des Krpers, fondern auch des Geistes gebt wurden. Insbesondere waren Philosophie und Beredt-samkeit Gegenstnde 'des Unterrichts und dienten als Vorbe-reitung zur Verwaltung der Ehrenstetten im Staate. Hier sollte nicht, wie zu Sparta, der Brger blo Soldat sein; er sollte auch schne Knste und Wissenschaften treiben. Vorzglich mute der junge Athener sich den, seine Gedanken schn und flieend zum Vortrage zu bringen, um dereinst in der Volks-Versammlung durch den Zauber der Rede seine Mitbrger ganz nach feinem Willen lenken zu knnen. Und was die Musik "betrifft, fo rechneten die Athener es ihrem Feldherrn Themistkles fogar als eine Schande an, da er die Laute nicht spielen konnte; Sokrtes lernte noch im Alter die Flte. Die ganze Stadt sollte nur aus fleiigen, thtigen Brgern bestehen. Mig-gang war auf das Strengste verboten. Jeder war fogar ehrlos, der nicht irgend ein Gewerbe, eine Kunst betrieb, wovon er sich ernhrte. In Folge der freisinnigen Anordnungen Solon's erhob sich ein reges Volksleben; alle schlummernden Krfte wurden geweckt, Handel und Gewerbe stiegen mchtig empor, in jeder Kunst und Wissenschaft herrschte der grte Wetteifer, und es war vorauszusehen, da in allen Zweigen einst die be-deutendsten Männer auftreten wrden. Zu allem diesen legte Solon den Grund. Und kaum anderthalb hundert Jahre fp-ter stand Athen schon da als Knigin aller Städte, als Leh-rerin aller Zeiten und Völker.
Auch von den brigen Staaten Griechenlands hatte jeder seine besondere Verfassung, die jedoch im Ganzen mehr oder weniger der Verfassung der beiden Hauptstaaten, Sparta und Athen, glich.
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in den andern spter. Die meisten bildeten mit der Zeit eben so viele Republiken oder Freistaaten, in denen eine be-stimmte Zahl Brger, die das Volk aus seiner Mitte whlte, abwechselnd die Negierung fhrte.
45, Vereinignngspunkte smmtlicher griechischer Staaten.
Ungeachtet der Zerstckelung des Landes in eine Menge kleiner unabhngiger Staaten hrten doch die Griechen nicht auf, sich fortwhrend als eine ungeteilte Nation zu betrachten. Auer der gemeinsamen Sprache, dem festen Bindungsmittel einer jeden Nation, gab es vorzglich drei Einrichtungen, welche den Nationalsinn bei ihnen rege hielten und die traurigen Fol-gen der Eifersucht und Zwietracht milderten, die aus jener Zerstckelung nothmendig hervorgehen muten. Diese waren: die gemeinsame Religion (Mythologie) berhaupt und die Orakel insbesondere, die Amphiktyonieu und die Nationalspiele.
1) Die gemeinsame Religion. Die Griechen verehrten nicht wie wir einen einzigen Gott, sondern mehre Götter und Gttinnen. Diese bedeuteten eigentlich nur die Krfte und Mchte der uns umgebenden sichtbaren Natur, durch welche unser Leben sowohl erhalten als auch bedroht wird. In der Stimmung eines ungewhnlich erhhten Lebensgefhles glaub-ten sie daher auch den Gott unmittelbar selbst in ihrer Brust zu fhlen, im Donner ihn zu hren, im Wehen der Lfte zu empfinden, in der rieselnden Quelle ihn zu vernehmen. Sie dachten sich ihre Götter ganz menschlich, mit allen Vorzgen; und Gebrechen der menschlichen Natur; nur an Macht ragten sie der diesen empor. Wer ihnen Opfer brachte, sie anslehete und den Weg der Tugend wandelte, dem waren sie gewogen? den Frevler ereilte ihre Strafe. Die Priester standen als Diener der Gottheit und Vorsteher der Religion im hchsten Ansehen-Man glaubte, da die Götter sie ihres persnlichen Umganges wrdigten und ihre Gebete am ersten erhrten. Der Glaube
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60
jhrlich dreihundert Pferde als Tribut zu liefern und das unter ihnen angefangene Bekehrungswerk nicht zu hindern. Aber kaum hatte der Sieger den Rcken gewandt, so erschlugen sie ihre Bekehrer, verbrannten die Kirchen und kehrten jauchzend in die Wlder zu den Altren ihrer vaterlndischen Götter zurck. Karl sah wohl ein, da ohne vllige Unterwerfung dieser ge-fhrlichen Nachbaren keine Ruhe, keine Sicherheit fr sein eigenes Reich zu gewinnen sei. Auch hielt er sich als Christ im Gewissen verpflichtet, das Heidenthum und insbesondere die grausamen Menschenopfer unter den Sachsen auszurotten und diese mit Gewalt zur Annahme des Christenthums zu zwingen. Auf einer groen Reichs Versammlung zu Worms, im Jahre 772, wurde der Krieg gegen sie beschlossen. Damals ahnete Karl wohl nicht, da dieser Krieg mit geringer Unterbrechung einunddreiig Jahre dauern wrde.
Auf des Knigs Ruf griffen die Franken gegen ihre alten Feinde frendig zu den Waffen. Wie ein verheerender Strom brachen sie in das unvorbereitete Sachsen ein und berfluteten die Beste Ehresburg, einen den Sachsen heiligen Ort. Hier war der Hauptsitz ihrer Götter und Priester, ihrer Volksfeste und Zu-sammenknste. Hier war der heilige Hain mit der Jrmensnl oder Jrmensnle, einem Riesenbaume, der nach dem Glauben der Sachsen das Weltall trug. Da baten die berfallenen um Frieden mid stellten Geiel. Karl ging diesen Frieden jetzt um so lieber ein, weil ihn gerade neue Unruhen nach Italien riefen.
17. Karl erobert das longobardische Reich (774).
In Paota, der Hauptstadt des Longobardenreiches, herrschte nach dem Tode Aifulf's Desiderius. Karl hatte dessen Toch-tcr zur Gemahlin genommen, dieselbe aber schon nach dem ersten Jahre ihm zurckgeschickt. Darber wurde Defiderius hchst ausgebracht und schwur dem treulosen Gemahle seiner Tochter bittere Rache. Gegen ihn selbst wagte er zwar ffentlich nichts zu unternehmen, heimlich aber warb er eine Partei fr die beiden Shne des verstorbenen Karlmann, welche sich mit ihrer
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karlmann
61. Joseph Ii., Kaiser von Deutschland (1765—1790).
Joseph Ii., der Sohn Maria Theresia's und Franz I.,
war als stiller Bewunderer Friedrich des Großen ausgewachsen.
Was dieser für Preußen war, wollte er für seine Staaten
werden. Wenige Regenten kommen ihm gleich an wohlwol-
lender Gesinnung und regem Eifer für das Wohl seiner
Unterthanen. Schon in früher Jugend entwickelte sich sein
großer und kräftiger Geist und entwarf hohe Plane zur künf-
tigen Umbildung seines Reiches; denn viele alte Vorurtheile
und Mißbräuche schienen ihm noch in demselben zu herrschen.
Rach dem Tode seines Vaters 1765 nahm ihn Maria The-
resia zum Mitregenten an; allein noch war er im freien Wir-
ken gebunden; denn die eigentliche Regierung blieb doch in den
Händen der Mutter. Bei der ihr eigenthümlichen Milde und
Herzensgüte ging diese aber dem feurigen Jünglinge viel zu
langsam in Abstellung der Mißbräuche zu Werke. Erst ihr
Tod ließ ihn zur selbständigen Negierung kommen. Er war
damals neun und dreißig Jahre alt, als er, im Bewußtsein
der Kürze des menschlichen Lebens und des weiten Umfanges
seiner Aufgabe, mit rastloser Thätigkeit die schönen Plane zu
verwirklichen suchte, die er im vollen Jugendfeuer entworfen
hatte. Wie er als Kaiser dachte, dafür spricht am besten die
Stelle eines Briefes an seinen Bruder Maximilian, als dieser
Kurfürst von Köln geworden war: „Als Kurfürst sind Sie
einer der ersten Fürsten des Reiches. Vergessen Sie, daß der
Kaiser Ihr Bruder ist, daß Sie ein Prinz meines Hauses
sind. Opfern Sie sich ganz dem Vaterlande und Ihrem Volke."
So dachte der Kaiser, und so handelte er auch. Er berück-
sichtigte bloß das Verdienst und zog es hervor, wo er es fand,
ohne Rücksicht auf äußere Verhältnisse zu nehmen. Insbeson-
dere nahm er sich des gedrückten Bauernstandes an. Er hob
die von seiner Mutter schon gemilderte Leibeigenschaft auf.
Bei Raudnitz in Mähren legte er einst selbst die Hand an den
Pflug und ackerte eine Furche, den Landleutcn zu zeigen, wie
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Extrahierte Personennamen: Joseph_Ii Joseph_Ii Maria_Theresia's Maria Franz_I. Franz_I. Friedrich Friedrich Maria_The- Maria Maximilian Maximilian
49
hatte. Ein Prophet dieser Seele, der Bäcker Johann
Matthisen aus Hartem, kam mit seinem eifrigsten Apostel,
Johann Bockelsohn, früher Schneider, dann Schenkwirth
und Dichter, aus Leiden nach Münster, wo gerade damals der
Prediger Rottmann die Reformation verbreitete und mit
seinem Anhänge hier einen ähnlichen Sturm gegen den Katho-
licismus veranlaßte, wie damals Karlstadt in Wittenberg.
Das betrübende Bild, welches die durch innere Parteiungen
zerrissene Stadt darbot, hatte die Sehnsucht nach einem besseren
Zustande der Dinge rege gemacht. Da kamen die Wiedertäufer
und predigten ihnen ihre Grundsätze von einem neu aufzurich-
tenden Reiche Christi, in welchem völlige Freiheit und Gleich-
heit herrsche. Das trügerische Zauberbild zog die Gemüther
der aufgeregten und neuerungssüchtigen Menge an. Viele
ließen sich durch den abermaligen Empfang der Taufe zu
Bürgern des neuen Reiches einweihen. Auch Rottmann schloß
sich an die Wiedertäufer. Der Bischof und das Domkapitel
flohen aus der stürmisch bewegten Stadt.
Bald hatten die Wiedertäufer die Ueberhand, und der
Schneider Johann von Leiden und der Tuchmacher Knip-
perd olling, nachmals der Catilina der unglücklichen Stadt
genannt, spielten jetzt die Hauptrolle. Furchtbar begann das
abenteuerliche Reich; Kirchen und Klöster wurden rein aus-
geplündert, zum Theil zerstört, Heiligthümer mit Füßen ge-
treten, Bilder und Statuen zerschlagen, schriftliche Urkunden
und Denkmäler zerrissen, alle Bücher, bis auf Luther's Bibel,
auf öffentlichem Markte verbrannt. Nichts sollte übrig bleiben,
was an den früheren Zustand erinnern konnte. Alsdann
wurde förmliche Gütergemeinschaft und Vielweiberei eingeführt.
Die längst verheißene Freiheit aber endete in der Schreckens-
herrschaft des Johann von Leiden, der nun als Prophet und
König auftrat, da Matthisen bei einem Ausfälle aus der Stadt
geblieben war. Auf dem Markte stand für ihn der „Stuhl
David's" aufgerichtet. Täglich wurden die ausgesuchtesten
Hinrichtungen wie ein öffentliches Schauspiel aufgeführt. Der
Weiter's Wcltgesch. Iii. 16. Aust. 4
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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Extrahierte Personennamen: Johann Apostel Johann_Bockelsohn Johann Schneider Schenkwirth Rottmann Karlstadt Rottmann Schneider_Johann_von_Leiden Johann Johann_von_Leiden Johann
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Christi Luther's_Bibel
242
und Erbrichter vorstanden, suchten sich dieser Oberherrlichkcit
ganz zu entziehen. Da beschloß Leopold, das abtrünnige Volk
zu züchtigen und so die C'hre des Hauses Oesterreich zu rächen.
Er rief sein Kriegsvolk zusammen, um — wie er höhnisch sagte
— die Schweizcrbanern mit dem Fuße zu zertreten. Denn
er meinte, schon der Anblick seiner geharnischten Scharen würde
die Hirten erschüttern, welche, ungewohnt des Krieges, kein an-
deres Geschäft, als die ruhige Pflege ihrer Heerdcn kannten.
In stolzer Zuversicht zogen die österreichischen Ritter, alle vom
Kopfe bis zu den Füßen gepanzert, mit hochwallenden Helm-
büschen und klirrenden Lanzen durch die Hohlwege der Alpen
gerade auf Schwyz los.
Allein auch der friedliche Hirt wird zum muthigen Strei-
ter, wenn ihn das theure Vaterland unter seine bedrängte Fahne
ruft. Schnell eilten die Männer von Uri und Unterwalden
denen aus Schwyz zu Hülfe; dennoch kam nur ein Häuflein
von dreizehnhundert Mann zusammen. Aber der Muth ersetzte
die Menge, und die Oertlichkeit begünstigte die leichtbewaffneten
Hirten mehr, als die schwer gerüsteten Ritter. Die Schweizer
besetzten den Engpaß Morgarten, der sich zwischen dem Berge
Deorgarten und dem Agerisee hinzieht. Hiedurch ging der
glänzende Zug der Ritter. Und als der Paß zwischen Berg
und See mit Menschen und Pferden dicht angefüllt war, da
erhoben sich die Dreizehnhundert. Mit lautem Geschrei wälzten
sie mächtige Stcinblöcke von der Höhe des Berges hinab und
schleuderten andere mit großer Leibeskraft mitten in den ge-
drängten Haufen. Da entstand eine gräuliche Verwirrung im
Hohlwege. Die Pferde wurden scheu und drängten zurück auf
das nachfolgende Fußvolk, andere sprengten in den See. In
diesem Augenblicke rannten die Schweizer herunter und fielen
in vollem Laufe den Feinden, die sich in dem beengten Raume
kaum rühren tonnten, in die Seite, schlugen mit Keulen drein
und stachen mit Hellebarden die Ritter von den Pferden. Da
sanken viele der Grafen und Ritter und Edelen aus Leopold's
Heere entseelt zu Boden. Auch Landenberg war unter ihnen.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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195
Großmeister Hermann von Salza im Jahre 1226 von den
Polen gegen die Preußen gerufen. Drei und fünfzig Jahre
laug führten sie mit diesem noch heidnischen Volke schwere
Kriege. Endlich eroberten sie das Land und zwangen die Be-
wohner, die christliche Religion anzunehmen. Marienburg wurde
im Jahre 1309 die Residenz des Hochmeisters. Im sechzehnten
Jahrhundert (1526) ging ihr Hochmeister, der Markgraf Albrecht
von Brandenburg, mit den meisten Ordensgliedern zur luthe-
rischen Religion über. Die übrigen wandten sich nun nach
dem Städtchen Mergentheim im Würtembergischen. Im Jahre
1809 ist dieser Orden durch den Wiener Frieden völlig aufge-
hoben worden.
Turniere. — Das Hauptvergnügen der Ritter waren die
Turniere?) Hierunter verstand man feierliche Kampfspiele,
welche den Rittern eine erwünschte Gelegenheit gaben, Proben
ihre Tapferkeit und Gewandtheit abzulegen und so Ruhm und
Beifall von einer schaulustigen Menge öffentlich einzuernten.
Die Turniere wurden bei feierlichen Veranlassungen, z. B. bei
der Krönung eines Königes, bei der Geburt oder Vermählung
eines Prinzen gefeiert. Könige, Fürsten, Grafen und Städte
suchten sich dabei an Pracht und Aufwand zu übertreffen. Schon
eine geraume Zeit zuvor wurden die Spiele durch einen Herold
angekündigt. Jeder Ritter, welcher Antheil nehmen wollte, mußte
sich alsdann bei den Turnicrvögtcn einschreiben lassen. Keiner
wurde zugelassen, der nicht von Adel war, Keiner der sich ein
entehrendes Verbrechen hatte zu Schulden kommen lassen. Die
Wappen und Helme derer, welche turnieren wollten, mußten
einige Tage vorher zur Schau ausgestellt werden. Ritter und
Damen unternahmen die Prüfung. Auch die Rosse, Streitkolben,
Schwerter und Rüstungen wurden zuvor in Augenschein genom-
men und untersucht.
In Deutschland wurden die Turniere gewöhnlich auf dem
Markte oder auf einem anderen freien Platze in der Stadt ge-
*) Von dem alten Worte ,Mrnen", d. i. Ringen oder Kämpfen.
13*
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann_von_Salza Albrecht
von_Brandenburg Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Marienburg Städtchen_Mergentheim Würtembergischen Deutschland