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1. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 54

1909 - Leipzig : Hirt
54 Iii. Preußen bis zum Tode Friedrich Wilhelms Iii. kund, denen der rechte Begriff fehlte. Ihr Streben ging dahin, die deutsche Einheit wiederherzustellen so stark und umfassend, wie sie in den Tagen des höchsten Glanzes des mittelalterlichen Kaiserreichs gewesen war. Im Juni 1815 wurde in Jena die Allgemeine Deutsche Burschenschaft gegründet. Wahres Christentum, ernste Geistesarbeit, Sittlichkeit und echtes und rechtes Deutschtum waren die ursprünglichen Ideale dieses Bundes. Ein mit Schnüren besetzter schwarzer Samtrock mit übergeklapptem, breitem, weißem Kragen und ein schwarz-rot-goldnes Band auf der Brust waren die Abzeichen. Eifrig wurde auf Jahns Veranlassung auch das Turnen betrieben. Burschenschaften entstanden bald an allen deutschen Universitäten. Seitens der Regierungen wurden die Bestrebungen der Burschenschaften und des Turnvaters Jahn nicht gern gesehen, als die jungen Leute anfingen, Politik zu treiben. Die dritte Jahrhundertfeier der Reformation im Jahre 1817 gab den Burschenschaften Anlaß, einen großen deutschen Burschenschaftstag abzuhalten. Am 18. Oktober 1817 kamen die Burschenschafter aus allen deutschen Gauen auf der Wartburg zusammen. Das Fest hatte einen ernsten, religiösen Anstrich. Zur Erinnerung an die Schlacht bei Leipzig flammten auf den Bergeshöhen die Oktoberfeuer. Da führten einige Studenten ohne Vorwissen des Festausschusses ein verhängnisvolles Nachspiel auf. Es wurden eine Anzahl Bücher, die man als undeutsch und unchristlich bezeichnete, mit einer Heugabel ins Feuer gestoßen. Zuletzt flogen die Nachbildungen eines hessischen Zopfes, eines österreichischen Korporalstockes und eines preußischen Gardistenschnürleibes ins Feuer. Damit war das der unerfahrenen Jugend nicht zustehende Gebiet der Politik betreten; die Schuld der einzelnen wurde der ganzen Studentenschaft zur Last gelegt. Diese Vorkommnisse erregten den Unwillen der Regierungen. Zu einem strengen Einschreiten gegen jegliche freiheitliche Bewegung aber wurden sie veranlaßt, als 1819 der russische Staatsrat Kotzebue von dem Studenten Karl Sand in Mannheim ermordet wurde. Kotzebue war der deutschen Jugend verhaßt, weil er scharfe Artikel gegen die freiheitlichen Bewegungen schrieb. Sand hatte keine Mitschuldigen. Einige Wochen später wäre beinahe der nassanische Präsident Jbell in Wiesbaden der Mordwaffe des jungen Apothekers Löning zum Opfer gefallen. Die Karlsbader Beschlüsse (20. September 1819). *) Sogleich nach dem Wartburgfeste wurden in Preußen die Studentenverbindungen verboten und die Turnplätze sorgfältig bewacht. Die Greueltaten in Mannheim und Wiesbaden aber boten dem österreichischen Staatskanzler Metternich Veranlassung, noch andre Maßregeln zur Unterdrückung der freiheitlichen Bewegung zu ergreifen. Metternich war der größte Gegner *) Quellenbuch S. 370 ff

2. Deutsche Geschichte - S. 96

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
96 Das Zeitalter der religiösen Kampfe 1519—1648. noch für eine Stadt des deutschen Reiches galt, und lebte meist in Basel; er war ein feinsinniger und geschmackvoller Gelehrter, der auch die Schäden der Kirche wohl einsah, sich aber nicht entschließen konnte Luthers Bahnen zu folgen. Ihm zur Seite steht Johannes Reuchlin, der aus Schwaben stammte und dessen besonderes Verdienst die Wiedererweckung der hebräischen Studien ist; größer noch als er wurde sein Großneffe Philippmelanch-thon, ursprünglich Schwarzerd, der- bereits mit sechzehn Jahren eine griechische Grammatik schrieb, nachher an die Universität Wittenberg berufen und Luthers vertrauter Freund und Helfer wurde. Eine besondere Stellung unter den Humanisten nimmt der kühne und feurige Ritter Ulrich von Hutten ein, der einst für den geistlichen Stand bestimmt worden, aber aus dem Kloster entsprungen war und ein unstetes Wanderleben führte; in seinen Streitschriften, die er anfangs lateinisch, später deutsch schrieb, wandte er sich mit großer Schärfe gegen das Papsttum. Sein Wahlspruch war: „Ich hab's gewagt!" Von ihm stammt das Wort „O Jahrhundert, o Wissenschaften, es ist eine Lust zu leben! Es blühen die Stubien, die Geister erwachen!" Diademsch« Jn betreiben Jahrzehnten erreichte die deutsche Kunst ihren Höhepunkt, vor allem die Malerei. Damals lebte der aus Nürnberg gebürtige Albrecht Dürer, der größte deutsche Maler, der Schöpfer von Heiligenbildern, Porträts, Kupferstichen und Holzschnittwerken; ein Mann von tiefem deutschem Gemüt, ein treuer Anhänger Luthers. Ihm steht zur Seite Hans Holbein, ein Augsburger von Geburt, der aber lange in England weilte, wo er mehr Aufträge erhielt als im Vaterlande; von ihm stammt u. a. das Darmstädter Bild der Mutter des Heilandes. Ein gewaltiger Meister der Farbe war Matthias Grünewald; in Wittenberg lebte Lukas Kranach, von dem wir auch Bilder Luthers und seiner Freunde haben. Unter den deutschen Erzgießern ragt Peter Bischer hervor, der wie Dürer aus Nürnberg stammte und dessen berühmtestes Werk, das figurenreiche Grabmal des heiligen Sebaldus, in der dortigen Sebalduskirche steht. Zugleich blühte die Bildhauerkunst und die Holzschnitzerei. Was endlich die Baukunst anlangt, so folgt auch in Deutsch-laub auf das Zeitalter der Gotik ein Zeitalter der Renaissance, das bis zum breißigjährigen Kriege gebauert hat; das herrlichste Baubenkmal jenes Stils ist wohl das H e i b e l b e r g e r S ch l o ß, das selber seit seiner Zerstörung durch die Heere Lubwigs Xiv. eine Ruine ist. § 101. Die Erfindung des Buchdrucks. Die Blüte der Wissenschaft und Kunst kam zunächst den höheren Stänben zugute. Die nieberen Stänbe, zumal die Bauern, lebten in großer Unwissenheit bahin; Hanbschriften waren

3. Deutsche Geschichte - S. 101

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Karl V. und die Anfänge der Reformation. 101 lud ihn unter Zusicherung freien Geleits vor den Reichstag; und der Reformator versprach trotz aller Warnungen und aller Hinweise aus das Schicksal des Böhmen Hus zu kommen, „und wenn dort", wie er sagte, „so viel Teufel wären, als Ziegel auf den Dächern". Seine Reise war wie ein Triumphzug. Wie der päpstliche Legat selbst nach Rom berichtete, „riefen damals neun Zehntel der Deutschen Luther"; allenthalben ward er festlich empfangen, in Erfurt kam ihm die ganze Universität vor dem Tore entgegen. In Worms hatte sich eine unzählige Menge zu seinem Einzüge eingefunden. Am 17. April ward er zum ersten Male vor den Kaiser und den Reichstag vorgefordert; auf die Frage, ob er seine Schriften widerrufen wolle oder nicht, bat er sich Bedenkzeit aus, die ihm gewährt wurde. Am 18. April, abends 6 Uhr, erschien er von neuem vor dem Reichstag. *j»E Aufgefordert-, eine klare und bündige Antwort zu geben, erklärte er: wenn er nicht durch Zeugnisse der Schrift oder durch einleuchtende Vernunftgründe überführt würde, so könne und werde er nicht widerrufen, da wider das Gewissen zu handeln unsicher und gefährlich sei. Er schloß mit den Worten: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helf mir. Amen." Als er in seine Herberge kam, rief er freudig und unerschrocken: „Ich bin hindurch!" Auf viele unter den Fürsten hatte er Eindruck gemacht. Der Kaiser freilich sagte: „Der soll mich nicht zum Ketzer machen." Er erließ, als der Reichstag seinem Ende zuging, mit Zustimmung der noch anwesenden - Fürsten das Wormser Edikt, wodurch Luther in die Reichsacht erklärt und diewo-miui Verbreitung seiner Bücher und seiner Lehren verboten wurde. § 106. Luther auf der Wartburg. Die Schwarmgeister. Luther, der bereits vorher abgereist war, wurde unterwegs in einem Tale des Thüringer Waldes auf Befehl des Kurfürsten Friedrich des Weisen unter dem Schein eines räuberischen Überfalls aufgegriffen und nach der Wartburg bei Eisenach geführt. Dort lebte der Reformator in Reitertracht als Junker Jörg; und auf den freien Höhen dieses Schlosses, umgeben vom grünen deutschen Walde, begann er die B i b e l, zunächst das neue Testament, Anaa. in die deutsche Sprache zu übersetzen. So machte er dem deutschen Volke ein herrliches Geschenk; auch dem gemeinen Manne ermöglichte er es, sich in die Worte des Evangeliums zu versenken und Trost, Erbauung und Belehrung daraus zu schöpfen. Seine Sprache war nicht gelehrt, sondern so volkstümlich wie möglich; so verbreitete sich denn seine Bibelübersetzung mit ungemeiner Schnelligkeit in deutschen Landen, und kein Buch hat mehr als dieses zur Entstehung unsrer neuhochdeutschen Schriftsprache beigetragen. Kaum ein Jahr verblieb Luther auf der Wartburg. In seiner

4. Deutsche Geschichte - S. 102

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
102 Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1619-1648. Die Abwesenheit traten in Wittenberg „Schwarmgeister" auf, teilweise €6$etms Tuchmacher aus Zwickau, Leute, welche von Gott begeistert zu sein glaubten, ihre Eingebungen für bedeutsamer als die Worte der Bibel erklärten und die Forderung aufstellten, der Gottesdienst müsse gänzlich umgestaltet, die Bilder in den Kirchen zerstört, die Kindertaufe abgeschafft und durch eine Taufe der Erwachsenen ersetzt werden. Ihnen schloß sich auch Karlstadt an; und schon gewannen sie viel Anhang und fingen an, ihre Neuerungen gewalt-1522.sam durchzusetzen. Da erschien Luther in Wittenberg. Er hatte auf die Mahnungen seines Kurfürsten, der ihn auf die ihm drohende Gefahr aufmerksam machte, geantwortet, daß er in Gottes Schutz stehe: „Ja, ich meine, ich wollte Ew. Kurfürstliche Gnaden mehr schützen, als Sie mich schützen könnten. Wer am meisten glaubt, der wird hier am meisten schützen." Eine Woche lang predigte er täglich gegen das Unwesen der Bilderstürmer und Wiedertäufer und erreichte, daß sie aus Wittenberg weichen mußten. Luthers Luther aber blieb fortan unangefochten in Wittenberg. Einige Zeit aäti9lcit später legte er die Mönchskutte ab und heiratete Katharina von Boret, die, aus einem sächsischen Adelsgeschlecht stammend, bereits als Kind in ein Kloster gebracht worden war und es nun, wie so viele andere Mönche und Nonnen, verlassen hatte. Außer Philipp Melanchthon standen ihm Justus Jonas, Bugenhagen und andere Freunde zur Seite. Er predigte, er beriet in kirchlichen Dingen seinen Landesherrn und so manchen deutschen Fürsten, dazu viele andere Rat und Hilfe suchende Deutsche aller Stände, er schrieb Bücher und Streitschriften, er forschte in der Schrift und fuhr fort sie zu übersetzen, er dichtete endlich seine herrlichen Kirchenlieder. § 107. Die Reformation Ulrich Zwinglis. Indessen hatte auch in der Schweiz der Abfall von der alten Kirche begonnen. Der schweizerische Lwingii in Reformator wurde Ulrich Zwingli, der als Sohn wohlhabender 8md>' Bauern aus einem Alpendorfe stammte, auf mehreren Universitäten studiert hatte, dann Geistlicher geworden und damals Priester in Zürich war. Auch ihn brachte, wie Luther, das Ablaßwesen in Gegensatz zu der päpstlichen Kirche; in demselben Jahre, in dem für Luther die Leipziger Disputation entscheidend wurde, erwirkte er, daß der Rat von Zürich einen Ablaßprediger auswies. In den nächsten Jahren wurde in Zürich die Reformation durchgeführt, dem Papste der Gehorsam aufgesagt, die Messe abgeschafft, die Heiligenbilder und jeder Schmuck aus- den Kirchen entfernt. Andere Schweizer Städte, besonders Bern und Bäsel, schlossen sich diesem Vorgehen an.

5. Deutsche Geschichte - S. 286

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
286 Geschichtliche Tabellen. 1415 (1417) 1438—1519 1440 — 1493 1453 1493—1519 1519—1648 1498 1492 1483 io. Nov. 1501 1505 1517 31. Okt. 1518 Verbrennung von Johann Hus. Belehnung Friedrichs Vi. von Nürnberg mit Kurbrandenburg. Die Hussitenkriege. Johann Ziska. 3- Die Habsburger bis auf Maximilian I. Friedrich Iii. Fehden in Deutschland. Eroberung von Konstantinopel durch die Türken. Siege der Eidgenossen über Karl den Kühnen; Karls Tod bei Nancy. Vermählung von Karls Tochter Maria mit Maximilian. M a x i m i l a n I. Versuche einer Reichsreform. Gründung des Neichskammergerichts, Einteilung des Reichs in Kreise. Iv. Das Zeitalter -er religiösen Kämpfe. Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. a) Das Zeitalter der Entdeckungen. Entdeckung des Seewegs nach Ostindien durch Vascö da (Santa. Entdeckung von Amerika durch Eolumbus. Die erste Weltumsegelung; Magalhaes. Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortez, von Peru durch Franz Pizarro. b) Umwandlung des Heerwesens (Landsknechte, Schießpulver) und Staatswesens (Sieg des Absolutismus über das Lehnswesen). c) Das Zeitalter des Humanismus und der Re- naissance. d) Die Erfindung der B u ch d r u ck e r k u n st. e) Die Reformation. Martin Luther zu Eisleben geboren. Er bezieht die Universität Erfurt. Er tritt in das Augustinerkloster ein. Er wird an die Universität Wittenberg berufen. Die 95 Thesen. Verhör durch Cajetan zu Augsburg.

6. Deutsche Geschichte - S. 287

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Karl V. und die deutsche Reformation. 287 1519 1520 1520 10. Dez. 1519 — 1556 1519 — 1532 1521 18. April 1524—1525 1525 1526 1526 1529 1530 1532 1532—1545 Disputation mit Eck zu Leipzig. Die drei großen reformatorischen Schriften. Verbrennung der Bannbulle. 1. Karl V. und die Reformation. A. von Karls V. Thronbesteigung bis zum Nürnberger Religionsfrieden. Luther vor dem Reichstag zu Worms. Das Wormser Edikt. Luther auf der Wartburg. Die Schwarmgeister in Wittenberg. Ulrich Zwingli und die Reformation in Zürich. Erhebung und Tod Sickingens. Der große Bauernkrieg. Siege des Truchseß von Waldburg über die süddeutschen Bauern; Niederlage Thomas Münzers bei Frankenhausen. Erster Krieg mit Franz I. von Frankreich. Schlacht bei Pavia. Franz gefangen. Erster Reichstag von Speie r. Gründung evangelischer Landeskirchen. Die Reformation in Preußen (Albrecht von Brandenburg), Schweden (Gustav Wasa) und Dänemark. Ferdinand, Karls V. Bruder, erbt Ungarn und Böhmen. Türkenkriege (Suleiman). Zweiter Krieg mit Franz I. Plünderung Roms durch die deutschen Landsknechte. Der zweite Reichstag von Speier; die Protestation. Reichstag von Augsburg; die augsburgische Konfession. Der schmalkaldische Bund. Tod Zwinglis bei Kappel. Der Nürnberger Religionsfriede. ß. vom Nürnberger Religionsfrieden bis zum Schmalkaldischen Kriege. Die Wiedertäufer (Jan Matthys und Jan Bockelson) in Münster. Reformation in Württemberg (Ulrich), Brandenburg ,(Joachim) und Sachsen-Meißen (Moritz).

7. Deutsche Geschichte - S. 97

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Martin Luther und >te Reformation. 97 teuer; die Kunst des Lesens und Schreibens war auf einen kleinen Teil der Nation beschränkt. Da war es von der größten Bedeutung für die allgemeine Volksbildung, für die Verbreitung nützlicher Kenntnisse,, für die geistige Anregung der weitesten Volksschichten, daß der Buchdruck erfunden wurde. Bilderholzfchnitte, die wohl auch Unterschriften gehabt hatten, waren längst bekannt; da kam um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Johann Gutenberg aus Mainz auf den Gedanken, bewegliche, aus Metall gegossene Lettern anzuwenden. In Mainz hat Gutenberg die erste Buchdruckpresse eingerichtet; er hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da er ohne die nötigen Geldmittel war und sich seine Geschäftsteilnehmer als unzuverlässig erwiesen. Von Mainz hat sich die Kunst des Buchdrucks, die „deutsche Kunst", schnell nach den verschiedensten Ländern verbreitet. Sie ermöglichte die billige Herstellung von Büchern und Flugschriften; sie kam besonders der Verbreitung der Reformation zugute, und eins der verbreitetsten Bücher wurde Luthers Bibelübersetzung. Martin Luther und die Reformation. § 102. Die kirchlichen Zustände. Die Klagen über die kirchlichen Zustände hatten seit dem Konstanzer Konzil, auf dem man vergeblich versucht hatte, die ersehnte Reform der Kirche an Haupt und Gliedern durchzuführen, nicht aufgehört. Es gab damals viele, welche von einem herzlichen Verlangen nach Gott erfüllt waren; man suchte die Bibel zu lesen und zu verstehen, und sie ist auch vor Luther mehrmals übersetzt worden; viele suchten durch reichliches Almosengeben, durch Wallfahrten, durch Verehrung der Kirchliche ylljtutlöc» Reliquien die Seele zu befriedigen; andere wieder wandten sich von der Kirche ab. In der Tat saßen damals auf dem päpstlichen Stuhle Männer, die mehr von weltlichen als von geistlichen Interessen erfüllt waren; auch sonst hörte man laute Klagen über das weltliche Leben vieler Geistlichen. Besonders anstößig war es von jeher gewesen, daß das Papsttum unter den verschiedensten Gründen immer von neuem große Geldsummen aus allen katholischen Ländern nach Rom zu ziehen verstand. Eine große Ausdehnung hatte vornehmlich das A b l a ß w e s e n gewonnen. Auch Papst Leo X., Der etras. der zum Neubau der Peterskirche viel Geld brauchte, schrieb einen Ablast aus; einer der Ablaßprediger, die in Deutschland umherzogen, war der Dominikanermönch Johann Tetzel. Da trat ihm Dr. Martin Luther entgegen. Neubaner. «ewfitt. Lehrb. für Mädchensch. Ii 5. Aufl. 7

8. Deutsche Geschichte - S. 98

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
98 Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519 — 1648. § 103. Martin Luther. Martin Luther stammte aus einer Bauernfamilie. Sein Vater, der aus Thüringen gebürtig war, arbeitete als armer io. Novbr. Bergmann in Eisleben, wo sein Sohn Martin am 10. November 1483 1483' geboren wurde; später zog er nach M a n s f e l d, wo er sich ein Haus erwarb und ein angesehener Mann wurde. Der Sohn wurde streng erzogen und oft „hart gestäupt". Mit vierzehn Jahren wurde er nach Magdeburg auf die lateinische Schule gebracht, von wo er bald nach Eisenach übersiedelte ; dort sang er, um sein Brot zu verdienen, als Kurrendeschüler toor den Häusern. Erst als sich Frau Ursula Cotta seiner erbarmte und ihn Erfurt, an ihren Tisch zog, lernte er ein behaglicheres Leben kennen. 1501 bezog lo01' er die Universität Erfurt; er sollte Jura studieren, um später ein Beamter werden zu können. Aber nach vierjährigem Studium trat Luther, von 1505. Gewissensängsten getrieben, in das Kloster der Augustiner in Erfurt ein. Dort unterzog er sich allen mönchischen Pflichten mit dem größten Eifer und der größten Selbstverleugnung. Er sammelte Almosen vor den Türen der Leute, er marterte Leib und Seele durch Buhübungen und Kasteiungen, er vertiefte sich in die Schrift und die Kirchenlehrer, ohne doch den Frieden des Herzens mit Gott zu finden. Da brachte ihm zuerst der Generalvikar des Ordens, Johann Staupitz, die Überzeugung nahe, daß der Mensch nicht durch die eigenen Werke gerecht werden könne, daß Gott aber um Christi willen dem, der reuig zu ihm komme, seine Sünden vergebe. Und diese Überzeugung kräftigte sich in ihm mehr und mehr durch das Studium der Briefe des Apostels Paulus und der Schriften des großen Kirchenvaters Augustinus. Seitdem ward Luther immer fester in sich, immer mutiger, immer freudiger, ein starker religiöser Charakter. 1508 wurde er auf 508**0’ (Stäupt^ Betreiben an die Universität Wittenberg berufen, die der sächsische Kurfürst Friedrichderweisevor kurzcm gegründet hatte; dieser entstammte der ernestinischen Linie des Hauses Wettin, während die albertinische Linie in Sachsen-Meißen herrschte. Einige Jahre später hatte Luther in Ordensangelegenheiten eine Reise nach Rom zu machen. Da kam 1517 Tetzel, zwar nicht nach Kursachsen, das ihm der Kurfürst zu betreten verboten hatte, aber doch an die Grenze des sächsischen Gebietes und fand auch aus Wittenberg viel Zulauf. Unter diesen Umständen fühlte sich Luther durch seine Pflicht als Seelsorger gedrängt, nicht zu schweigen, sondern sich gegen den Mißbrauch des Ablasses öffentlich zu erklären, und am Abend des 31. Oktober 1517 schlug er seine lateinisch Die abgefaßten 95 Thesen über den Ablaß an die Tür der Schloßkirche zu 8v Oktober Wittenberg. Er hatte dabei zunächst nur die Absicht, Tetzel zur öffentlichen 1517' Disputation herauszufordern, wie das damals unter Gelehrten häufig vor-

9. Deutsche Geschichte - S. 99

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Martin Luthcr und die Reformation. 99 kam. Aber die Thesen gewannen eine weit darüber hinausgehende Bedeutung; binnen vierzehn Tagen waren sie in ganz Deutschland verbreitet, fanden manchen scharfen Widerspruch, aber viel mehr begeisterte Zustimmung. Schon wurde der Streit vor den Papst gebracht, der den kühnen Mönch zur Verantwortung nach Rom vorlud. Aber Kurfürst Friedrich der Weise trat schützend für die Zierde seiner Universität ein und erwirkte, daß Luther von dem Kardinal Cajetanus, der seinen Namen von seiner Vaterstadt Gaeta trug und der 1518 bei dem in Augsburg abgehaltenen Reichstag anwesend war, vernommen würde. So reiste Luther nach Augsburg; aber mit Berufung auf die heilige Schrift, deren Wert und Geltung größer sei als die der Kirchenväter und Konzilien, verweigerte er den Widerruf, den der Kardinal von ihm verlangte. Als er fürchten mußte verhaftet zu werden, floh er heimlich aus der Stadt. Bald darauf kam der päpstliche Kammerherr v o n M i l t i tz, der damit Mmtz. beauftragt war, Friedrich dem Weisen als Geschenk des Papstes eine goldene Rose zu überbringen, mit Luther zu Altenburg zusammen und erreichte, daß er zu schweigen versprach, wenn auch seine Gegner schwiegen. Aber der Streit konnte auf diese Weise nicht mehr beigelegt werden. Luthers Wittenberger Amtsgenofse Andreas Karlstadt hatte mit einem Gegner Luthers, dem Jngolstädter Professor Dr. Eck, eine öffentliche Disputation^^ auszufechten, die auf der Pleißenburg zu Leipzig unter Anwesenheit des ^U®ltst*n albertinischen Herzogs Georg von Sachsen stattfand. Hier kam Luther dem 1519. hart angegriffenen Karlstadt zu Hilfe; und hier erklärte er es offen, daß auch unter den Lehrsätzen, um deren willen Hus verbrannt sei, manche gut evangelisch gewesen seien, und daß auch die Konzilien irren könnten. Diese Erklärung war für Luther entscheidend; sie schied ihn von der alten Kirche. Ihm zur Seite stand jetzt Philipp Melanchthon, keine Kampfnatur wie Luther, zarter und milder angelegt, aber als Gelehrter und Schriftforscher ihm ebenbürtig. Obwohl der Kurfürst sich von der alten Kirche nicht trennte, so trat er doch in seiner gerechten und milden Art auch ferner schützend für Luther ein. In Deutschland aber stieg sein Anhang von Tag zu Tag; zumal viele der Humanisten und insbesondere Ulrich von Hutten feierten ihn als den Ihrigen, und der Führer der rheinischen Ritterschaft, Franz von Sickingen, bot ihm auf seinen Burgen eine Freistatt an. Luther aber schrieb jetzt die berühmten Streitschriften „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" Luthers und „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche", denen er die Schrift lensten. „Von der Freiheit eines Christenmenschen" folgen ließ. Indessen war Eck nach Rom gereist und hatte bei Leo X. eine Bulle erwirkt, die Luther, falls

10. Deutsche Geschichte - S. 100

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
100 Dar Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519—1648. er nicht binnen 60 Tagen widerriefe, mit beut Banne bedrohte. Da ver-Berbttnnun«brannte Luther die Bannbulle am 10.Dezember 1520 im Beisein der A"'nvulle. gesamten Universität vor dem Elstertore zu Wittenberg; so brach er end-1820. gültig mit dem Papsttum. 1. Karl V. und die deutsche Reformation. 1519—1556. A. Von Karls Y. Thronbesteigung bis zum Nürnberger Religionsfrieden. 1519—1532. Karl V. und die Anfänge der Reformation. § 104. Die Wahl Karls V. 1519 war Kaiser Maximilian gestorben. Um die Krone des deutschen Reiches bewarben sich zwei fremde Fürsten: Ä«ri v. König Karli. von Spanien und König Franz I. von Frankreich. Ersterer war der Sohn Philipps von Burgund, der Enkel Maximilians, der Erbe der burgundischen, Habsburgischen und spanischen Lande, zu denen auch Neapel und Sizilien und die amerikanischen Kolonien gehörten; er war der Herr eines Reiches, in dem „die Sonne nicht unterging". In den Niederlanden war er geboren. Streng kirchlich erzogen, hielt er durchaus am alten Glauben fest. Er sprach nur gebrochen deutsch; auch sein Denken und Fühlen war nicht deutsch. Seine Interessen waren nicht die eines deutschen Fürsten, sondern die eines Weltherrschers. Das letzte Ziel seiner Staatskunst war, dem Hause Habsburg eine beherrschende Machtstellung in Europa zu erwerben. Immerhin stand Karl Deutschland näher als der Franzose; und so wurde er denn, nachdem Friedrich der Weise die Krone abgelehnt hatte, von den Kurfürsten zum Kaiser gewählt und im Jahre 1520 zu Aachen gekrönt. So erhielt Deutschland in einem der entscheidungsreichsten Augenblicke seiner Geschichte einen Fremden zum Herrscher. § 105. Der Reichstag zu Worms. Seinen ersten Reichstag hielt der junge Kaiser in Worms ab, und hier kam neben mancherlei politischen Dingen auch die Sache Luthers zur Verhandlung. Ein kaiserlicher Herold
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