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- B i b I i o t :i e k -
Heimatkunden.
Ergänzung zu de» Ausgaben A und B der Schulgeographie vou E. v. Seydlitz.
Landeskunde der provi») Sachsen und
des Herzogtums Änhalt
»»n vi. G. Hertel, ßoorg-k-iwri-'^k.'t
Gymnasiallehrer in Scfcilli^'wr^d
Inhal.: Breansräwela
I. Allgemeine Übersicht S, 1. Ii. Landschaftskunde S. 6. It^Wimv^Üjüt^R^sknftsknnde
S. 9. V. Die Bevölkerung und ihre Einrichtungen S. 14. Vi. Tabellen^. 21. Vii. Bilderanhang S. 23.
Abkürzungen. N, = Norden, n. = nördlich. W, — Westen, w. — westlich, S, — Süden, s. — süd-
lich. O. — Osten, ö, — östlich. Ew. — Einwohner. R.-B. — Regierungsbezirk. Hpst. — Hauptstadt, r. — rechts.
I. Allgemeine Übersicht.
Lage und Grenzen.
Man nennt Deutschland wohl das Herz von Europa, weil es ungefähr
in der Mitte desselben liegt. Den nördlichen Teil von Deutschland nimmt
das Königreich Preußen ein, in dessen Mitte, von W. nach O. gerechnet, die
Provinz Sachsen liegt. Geht man etwa aus dem 52. Parallelkreise entlang,
so liegen die Grenzen dieser Provinz von den Landesgrenzen im W. und O.
gleich weit entfernt.
Die Provinz liegt, wenn man von den weit nach S. vorgeschobenen Ex-
klaven absieht, zwischen dem 51. und 53. nördlichen Parallelkreise und dem 10.
und 14. Meridian östlich von Greenwich. Innerhalb dieser Grenzen liegt
auch das Herzogtum Anhalt.
Am südlichsten Punkte ist die Dauer des längsten Tages 16 St. 28 Min., des
kürzesten Tages 7 St. 50 Min. Am nördlichsten Punkte ist die Dauer des längsten
Tages 16 St. 51 Min., des kürzesten Tages 7 St. 28 Min. Der Zeitunterschied zwischen
dem östlichsten und westlichsten Punkte beträgt 15 Minuten. Die größte Entfernung von
N. nach S. (Seehausen in der Altmark bis Erfurt) beträgt ungefähr 200 Km, die von
W. nach O. (Heiligenstadt bis Ortrand) 230 km.
Die Grenzen sind! im N. die Provinz Hannover; im W. dieselbe, das
Herzogtum Braunschweig, Anhalt, die Provinz Hessen-Nassau; im S. die thü-
ringischen Herzogtümer; im O. Königreich Sachsen, die Provinz Schlesien,
Brandenburg und Herzogtum Anhalt.
Das Herzogtum Anhalt wird im W. von der Provinz Hannover und
Braunschweig, im S. und O. von der Provinz Sachsen, im N. von Branden-
bürg und Sachsen begrenzt.
2. Vodengcstalt im allgemeinen.
Der weitaus größte Teil der Provinz Sachsen und des Herzogtums An-
halt gehört dem norddeutschen Tieflande an. Das ganze Gebiet rechts der
Saale von der Mündung der Weißen Elster an, ferner der ganze Norden (R.-B.
Hertel, Landeskunde der Provinz Kschlen. » , 1
Inventaribitei unter.
*we*£s €>/)
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Extrahierte Personennamen: Hertel Hertel
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Deutschland Europa Deutschland Altmark Erfurt Heiligenstadt Sachsen Brandenburg Sachsen Provinz_Sachsen
16 Landeskunde der Provinz Sachsen und des Herzogtums Anhalt.
18. Die vom Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen abgetretenen Gebiets-
teile: das Gericht Allerberg, Amt Bodnngen, Dorf Brnchstedt, Gericht
Hainröden und Dorf Utterode (1816).
19. Die vom Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt abgetretenen Ämter Heringen
und Kelbra und das Dorf Wolkramshausen (1816).
20. Das vom Großherzogtum Weimar gegen das Dorf Nöda eingetauschte
Dorf Ringleben (1815).
21. Die reichsfreie Herrschaft Schauen (1815).
22. Das früher bayrische Dorf Kaulsdorf (1866).
Ösüicliv. Iß Greenwicli.
'Salzwedel
Stenäol
-and/'rük
ozeröxt
Eislebenm
Merseöur(
.hidolsladt/
Saatfeld,
Wagner idebesieipzig-
2. Abstammung und Religion.
In den ältesten Zeiten umfaßte das Reich der Thüringer auch nahezu
den ganzen Umfang der Provinz Sachsen. Später drangen Sachsen ein, und
beide Völker teilten sich das Land so, daß die Sachsen und die unter ihrem
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6 Landeskunde der Provinz Sachsen und des Herzogtums Anhalt.
(nach der Zählung vom Jahre 1885). Während der Größe nach also Sachsen
die 9. Stelle unter den preußischen Provinzen einnimmt, hat es seiner Ein-
wohnerzahl nach die 4. Stelle (Schlesien, Brandenburg mit Berlin und die
Rheinprovinz sind stärker bevölkert). Die Provinz, an deren Spitze ein Ober-
Präsident steht, zerfällt in die 3 R.-B. Magdeburg, Merseburg und Erfurt;
au der Spitze eines jeden steht ein Regiernngs-Präsident, die R.-B. zer-
fallen in Kreise unter der Verwaltung eines Landrats.
1. Der Regierungsbezirk Magdeburg hat! 11512,86 qkm mit
989716 Ew. — 859 auf 10 qkm — und zerfällt in 15 Kreise.
2 Der Regierungsbezirk Merseburg hat' 10207,06 qkm mit
1027228 Ew, — 1006 auf 10 qkm — und zerfällt in 17 Kreise.
3. Der Regierungsbezirk Erfurt hat! 3529,61 qkm mit 411379ew.
— 1166 auf 10 qkm — und zerfällt in 11 Greife.
Das Herzogtum Anhalt hatl 2294,36 qkm mit 248166 Ew. — 1080
auf 10 qkm —, übertrifft also die Provinz Sachsen sehr an Volksdichte. Es
zerfällt in 5 Kreise, an deren Spitze Kreisdirektoren stehen.
Ii. Landschaftskunde.
Die Provinz Sachsen ist von allen preußischen Provinzen die am meisten
zerrissene. Der nördliche Teil, welcher den R.-B. Magdeburg umfaßt, bildet
allerdings ein zusammenhängendes Ganze, aber er ist im S. durch das Her-
zogtum Anhalt vielfach eingezackt und hängt nur durch einen schmalen Streifen
(bei Aschersleben), der wiederum Anhalt in 2 große Teile scheidet, mit dem
R.-B. Merseburg zusammen. Ein Stück von Anhalt (Grafschaft Mühlingen)
liegt als Enklave^) im R.-B. Magdeburg, wogegen kleine preußische Gebietsteile
von Anhalt umschlossen sind. Auch eine Braunschweigische Enklave (Calvörde)
findet sich innerhalb dieses R.-B. Noch mehr fremde Gebietsteile umschließen
die beiden südlichen R.-B.: Teile von Weimar (Allstedt) und Schwarzburg-
Rudolstadt (Frankenhausen), sowie die Hauptmasse vou Schwarzburg-Souders-
hausen. Dafür liegen die Kreise Schleusiugeu und Ziegenrück gesondert weit
nach S. vorgeschoben.
Im W. werden die Provinz Sachsen und Anhalt vom Harz berührt.
Dieser ist ein in sich fest abgeschlossenes Massengebirge von etwa eiförmiger
Gestalt mit der größten Ausdehnung von N.w. nach S.o. (110 km); der
Querdurchmesser beträgt nur 30 km.
■sen, Jtappboile. Selke. mppra, jtusieoen.
Längsschnitt durch den Harz von Seesen bis Eisleben. (Nach R. Aßinann.)
Nach N.w. hin hat das Gebirge mehrere Vorstufen; es verflacht sich im
*) Exklave nennt man ein von der Hauptmasse eines Landes getrenntes, in einem
andern Staate liegendes Stück Land. Von jenem anderen Lande aus würde man es
als Enklave bezeichnen.
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— 17 —
eine Patenstelle bei dessen ältestem Sohne angenommen und diesem als Patengeschenk die Zauche, d. i. das Land südlich der Havel bis zum Fläminge, vermacht, ja, für den Fall seines Todes Albrecht den Bären zum Erben eingesetzt. Als er 1150 starb, beeilte sich seine Witwe den Askanier herbeizurufen, damit er die christlichen Einrichtungen ihres Mannes schütze. Schleunigst rückte der Markgraf heran, besetzte die Stadt Brandenburg und nahm das Land ohne Blutvergießen ein.
4. Bald hatte der tapfere Albrecht im Havellande festen Fuß gefaßt.
Er führte fortan den glorreichen Titel eines Markgrafen von Brandenburg. Mit diesem Titel wurde zugleich die Erzkämmererwürde des Römischen Reiches verbunden, welche den Nachfolgern Albrechts später die sehr wichtige Stellung von Kurfürsten verlieh. Die Nordmark mit ihrer Hauptstadt Salzwedel hieß fortan die Altmark. Sie ist die Wiege der Mark Brandenburg, Preußens und des neuen Deutschen Reiches. In den nächsten beiden Jahrzehnten hat der Markgraf das Gewonnene erweitert und gesichert, indem er die wiederholten Aufstände der Wenden siegreich niederwarf. Von seinem segensreichen Wirken in der Mark werden wir im folgenden Abschnitte Näheres hören. Im Jahre 1158 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, auf welcher ihn seine Gattin begleitete. Ant 18. November 1170 1170 beschloß er sein tatenreiches Leben. Er ward neben seiner Gemahlin Sophie in dem Familienkloster zu Ballenstedt beigesetzt. In neuerer Zeit
hat man dort sein Grab wieder aufgefunden.
5. Mit Albrecht dem Bären starb einer der verdienstvollsten deutschen Fürsten aller Zeiten. Er hat die Hauptaufgabe des mittelalterlichen Kaisertums, die Zurückeroberung des deutschen Ostens, wieder aufgenommen. Als kluger Staatsmann hat er dem glorreichsten Kaisergeschlechte seiner Zeit, den Hohenstaufen, zum Throne verholfen, indem er die gefährlichen Sonderbestrebungen der Welfen bekämpfte, und hat durch die Begründung der Mark Brandenburg den Weg zur Einigung Deutschlands gebahnt. Das Vaterland muß dem großen Askanier auf immer dankbar fein, r
§ 12. Die Flamländer, Mönche und Ritter.
1. Markgraf Albrecht war nicht nur ein erobernder Feldherr, sondern auch ein fürsorglicher Landesherr. Zunächst kam es ihm darauf an, die durch den Krieg verödeten Landschaften wieder zu bevölkern. Da tat der Markgraf das, was nach feinem Vorbilde später unter den Hohenzollern in Brandenburg-Preußen noch oft geschehen ist. Väterlich nahm er aus Gegenden, die durch Kriegsnot und andere Drangsal bedrückt worden waren, Ansiedler auf, beschenkte sie mit Land und gewann in ihnen die treusten und dankbarsten Untertanen. So folgten viele Bauersleute aus Westdeutschland und den Niederlanden gern seinem Rufe. Ganz besonders wichtig waren die Holländer und die Flamländer, die aus ihrer Heimat durch Meereseinbrüche vertrieben waren. An Wasserbauten in Niederungen von alters her gewöhnt, regelten sie an der Havel, Spree, Elbe und Mulde manchen Flußlauf durch Deiche und wandelten manchen Sumpf in fruchtbares Acker- und Gartenland um. Auch brachten sie die feinere Tuchweberei in die neue Heimat und lehrten die Verwendung des Backsteinbaues
Lorenz-Gunther, Anhalts Geschichte. 9
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrechts Albrechts Sophie Albrecht Albrecht Albrecht
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Ludwig_Xiv Ludwig Friedrich_von_Brandenburg Friedrich Friedrich_I. Friedrich_I. Leopold_von_Anhalt-Dessau Leopold Eugens Eugens Eugen Eugen Leopold Leopold Eugen Cassano Prinz_Eugens Eugens Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Spanischen_Erbfolgekriege Spanische_Erbfolgekrieg Frankreich Spanischen_Erbfolgekriege Niederrhein Deutschland Norditalien Niederlanden Frankreichs
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hatten sie angesteckt, um die Franzosen in ihrem Siegeszuge aufzuhalten. 22 Jahre zuvor hatte sie Fürst Franz erst neu erbaut. Am 19. Oktober ritten die ersten Franzosen in die anhaltische Hauptstadt ein. Dumpfe Schwüle lastete auf der Bevölkerung. Mit banger Erwartung schaute man dem Eintreffen des gefürchteten Franzosenkaisers und damit schweren Bedrückungen entgegen. Von nun ab begann der Durchzug der „großen Armee" (über 100000 Mann) nach Osten zu.
180t) 2. Am 21. Oktober 1806 nachmittags 3 Uhr traf Napoleon in Dessau
ein. Fürst Franz empfing ihn an der Schloßtreppe. Ein denkwürdiger Augenblick! Hier der korsische Welteroberer, klein und bleich mit stolzer, abstoßender Miene — dort der schlichte, milde Landesvater, ein hochgewachsener, schöner Mann in ungebeugter, würdevoller Haltung, geschmückt mit dem höchsten preußischen Orden vom Schwarzen Adler. Kurz und kalt die Fragen des übermütigen Siegers — mutig und besonnen die Antwort des edlen Fürsten. „Sie sind der Fürst dieses Landes?" — „Ja, Sire, seit 48 Jahren." — „Haben Sie ein Kontingent zur preußischen Armee gestellt?" — „Nein." — „Und warum nicht?" — „Weil keins von mir verlangt worden ist." — „Wenn man es aber verlangt hätte?" — „Dann würde ich es gestellt haben. Eure Majestät kennen ja das Recht des Stärkeren." Die letzteren Worte waren eine feine freimütige Anspielung auf die Rücksichtslosigkeit, mit der Napoleon Unterworfene behandelte. Dies offene, wahrhaft hoheitsvolle Wesen machte Eindruck auf den sonst so übermütigen Sieger. Er lud den Fürsten höflich ein, ihn nach der zerstörten Elbbrücke zu begleiten, verlangte, daß sie sofort wiederhergestellt würde, sicherte aber dem Lande Anhalt volle Neutralität zu. Als er am andern Morgen Dessau verließ, nahm er freundlichen Abschied und fragte sogar, ob er mit irgend etwas nützlich fein könne. Da antwortete der gute Fürst: „Ich für meine Person bedarf nichts. Aber um Schonung meiner armen Untertanen bitte ich, denn sie sind alle meine Kinder." Dieser von Herzen kommenden Fürbitte verschloß sich selbst ein Napoleon nicht. Alle bereits gestellten Forderungen wurden zurückgenommen und jede Gewalttat verboten. Die Schlösser, z. B. zu Dessau und Wörlitz, erhielten kaiserliche Schutzwachen.
3. Napoleon lud den Fürsten sogar ein, ihn in Paris zu besuchen. Dieser erklärte sich dazu bereit, wenn ihn der Kaiser als einen Privatmann empfangen wollte. Denn als deutscher Fürst zu kommen, verbiete ihm bei der unglücklichen Lage Deutschlands sein Gefühl. Fürwahr, nur ein so würdiger Herr wie Vater Franz durfte sich gegen den überaus empfindlichen Sieger eine solche freimütige Sprache erlauben. Als der Fürst 1807, um sich die mannigfach beherzigenswerten Einrichtungen des neuen Frankreich anzusehen, in Paris weilte, bereitete ihm Napoleon einen ausgezeichneten Empfang. War er doch eine der wenigen deutschen Fürstengestalten, die der Gewaltherrscher wahrhaft achtete. — Welcher Gegensatz zu dem verblendeten August Christian Friedrich von Anhalt-Eöthen! Für den war Napoleon gleichsam der Abgott. Er ahmte Einrichtungen des kaiserlichen Frankreich im Eöthenschen sklavisch nach, führte das napoleonische Rechtsbuch ein, teilte das Land in „Departements" mit „Maires" und „Präfekten" usw. Als der Fürst bei der Anwesenheit des Kaisers in Dessau „Napoleon dem Großen, dem heilbringenden Gesetzgeber der Welt" in
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Napoleon Franz Franz Napoleon Napoleon Napoleon Franz Franz Napoleon August Christian_Friedrich_von_Anhalt-Eöthen Friedrich Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Dessau Dessau Paris Deutschlands Frankreich Paris Frankreich Eöthenschen Dessau
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Mehringen, Bernburg und Zerbst. Außerdem besaß der Deutsche Ritterorden eine Niederlassung im Dorfe Büro an der Elbe.
3. Die Verteidigung des Gewonnenen gegen äußere Feinde fiel den, Rittern zu. Albrecht brachte nicht nur deutsche Ritter mit ins Land. Er stellte in weiser Absicht auch den wendischen Ritteradel dem deutschen gleich und bahnte zwischen beiden eine Verbindung durch Heiraten an. So fand das Deutschtum Eingang in die vornehmsten Wendengeschlechter. Noch jetzt erinnert manches hochangesehene deutsche Adelshaus mit seinem slavischen Namen an jene Zeiten, z. B. von Rochow, Krosigk, Trotha, Wülknitz, Grä-venitz. Die Ritterfamilien nannten sich nach ihren Gütern. Das Wörtchen „von", welches die Zugehörigkeit zu dem betreffenden Stammgute ausdrückt, ist noch jetzt das Kennzeichen des vom Rittertume stammenden Adels. Die meisten dieser Ritter wohnten nicht, wie man leicht denkt, auf Burgen,
Dienste zu folgen. Auf diese Lehensverfassung gründeten sich der Staat und das Heer der mittelalterlichen Kaiser. In Friedenszeiten hielten die Ritter als tüchtige Landwirte ihre meist leibeigenen Bauern zur Ordnung und geregelten Arbeit an. Auf ihren Ritterhöfen gaben sie das Vorbild guter, vornehmer Sitte und förderten besonders zur Hohenstaufenzeit die feinere Dichtkunst oder den Minnesang. Das Haus Anhalt kann sich zweier solcher Minnesänger rühmen; es sind Heinrich I., ein Enkel Albrechts des Bären (S. 22), und Otto Iv., Markgraf von Brandenburg. — Nach dem Untergänge der Hohenstaufen kam die „kaiserlose, die schreckliche Zeit", deren Folge das Raubrittertum war. Während in den Nachbarländern, z. B. in Thüringen und Brandenburg, die Bürger und Bauern von dem entarteten Adel beraubt und bedrückt wurden, hat sich die anhaltische Ritterschaft wenig dergleichen zu schulden kommen lassen. Nur im Kreise Ballenstedt hausten aus der Heinrichsburg und der Erichsburg eine Zeitlang Raubritter. Doch bald wurden sie überwunden und ihre Schlösser gebrochen. Die Manier hielten mit starker Hand auf Ordnung und gaben ihren Edelleuten das beste Vorbild.
4. Unter Albrecht dem Bären finden sich die ersten anhaitischen Münzen, sowohl einseitig geprägte Silberblechstücke oder Brakteaten (Fig. 8) als auch doppelseitige „Pfennige" oder Denare, von denen unser ^-Zeichen herrührt. Die anhaltische Münzenstempel-Schneidekunst blühte unter Albrecht und dessen Söhnen besonders in Cöthen.
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Rochow Krosigk Trotha Heinrich_I. Heinrich_I. Albrechts Albrechts Otto_Iv. Otto_Iv. Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht
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land hoch verdient gemacht. Bis 1555 gab es nur wenige Reichstage, bei denen er im Gefolge oder als Vertrauter des wittenbergischen Kurfürsten nicht zugegen gewesen wäre. So wohnte er 1520 zu Frankfurt der Kaiserkrönung Karls V. bei, eines der mächtigsten Herrscher aller Zeiten, der von sich rühmen durfte, daß in seinem Reiche die Sonne nicht untergehe.
§ 17. Am Wendepunkte zweier Zeitalter.
1. Fürst Wolfgangs Jugend fällt in einen der wichtigsten Zeitabschnitte der Weltgeschichte. Das Mittelalter ging zu Ende, und die
Neuzeit kam wie eine helle Sonne herauf. Als Morgenrot waren ihr
die großen Entdeckungen vorangegangen. Amerika öffnete dem Welthandel neue Bahnen. Das Schießpulver änderte den Gang der Schlachten. Die Buchdruckerkunst hatte eine allgemeine Verbreitung geistiger Bildung zur Folge, indem sie auch den tieferen Schichten des Volkes Stoff zum Lesen zuführte. Mehr und mehr büßten die Geistlichkeit und der Ritterstand an Ansehen und an Bedeutung ein. Das sollte der junge Fürst Wolfgang, der mit ganzem Herzen am Rittertume und an der Kirche hing, gar bald mit Trauern erkennen. Es zogen ja wohl noch manche Ritter umher,
turnierten und stritten wie er. Aber er fühlte mit ihnen immer klarer, daß ihr Treiben nicht hineingehöre in die neue Zeit, wo das Schießpulver die Mauern der Burgen brach und wo der stärkste Harnisch seinen Träger nicht mehr schützte. Durch ein frommes Werk wollte er sich die Gnade Gottes verdienen. Zu Göthen sollte auf seinen Befehl ein neues Kloster erstehen.
2. Aber wie schlimm sah es damals in den Klöstern aus! Ihr Reichtum, der durch milde Stiftungen immer größer geworden war, verführte die Mönche zu entarteten Sitten, zu Müßiggang und Schwelgerei. So schrieb 1485 Fürst Magnus, Wolfgangs Oheim, an den Papst: „Zwei Klöster meiner Stadt Zerbst sind so in den Grund verderbt, daß seit einiger Zeit nicht geringes Ärgernis daraus entstanden. Falls ihm nicht gesteuert wird, ist die größte Gefahr und tiefer Verfall auch in den Herzen der Besserdenkenden zu fürchten." Auch die hohen Geistlichen, die Bischöfe und Erzbischöfe, benutzten ihre Stellung, um sich zu bereichern und nach Erdenmacht zu streben. Anstatt allein auf die Gnade Gottes im Evangelium hinzuweisen, lehrten sie ihre Beichtkinder, durch äußere Werke, durch Fasten, Wallfahrten und Schenkungen, Gottes Zorn zu versöhnen.
3. Als frommer Christ machte Fürst Wolfgang eine Wallfahrt nach Rom just zu derselben Zeit wie Martin Luther. Wie dieser lief er von Kapelle zu Kapelle, erklomm die Stufen des Petersdomes auf den Knien — alles vergebens. Er mußte sehen, wie Papst Leo X. prunkend Hof hielt und beim Glanze des Weltlebens der Christenheit vergaß, und wohin das viele, viele Geld floß, das die Christen der ganzen Welt jahraus, jahrein zum Baue des Petersdomes spendeten. Düstere Gedanken über die Werkheiligkeit der römischen Kirche quälten den jungen Fürsten, als er heimkehrte. Er ließ den Bau des Cöthener Klosters einstellen. Bald darauf kam der Ablaßkrämer Tetzel auch nach Anhalt und trieb besonders auf dem Zerbster Gebiete sein Unwesen. Die Glocken läuteten, wo er
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Extrahierte Personennamen: Karls_V. Karls_V. Magnus Magnus Wolfgang Martin_Luther Leo_X Leo
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Amerika Rittertume Wolfgangs_Oheim Zerbst Gottes Gottes Rom
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Vorschlag, eine Gesellschaft zum Schutze der lieben Muttersprache zu gründen. Mit Begeisterung ging Fürst Ludwig auf den Plan ein und übernahm den Vorsitz dieser Vereinigung, die sogleich aus anhaltischen und
weimarischen Fürsten und Edelleuten gebildet wurde.
2. Das Schloß zu Cöthen, das damals gerade in schönem italienischen
Stile neu erbaut wurde, war bis zu Ludwigs Tode der Mittelpunkt der
Vereinigung. Sie nannte sich nach ihrem Abzeichen, dem Palmbaume, der „Palmenorden" oder die „Fruchtbringende Gesellschaft" mit dem Wahlspruche: „Alles zu Nutzen." Ihre Mitglieder verpflichteten sich, löbliche
Sitte und Tugend zu fördern, „sich erhaben, weise und nützlich zu erwei-
sen und die hochgeehrte Muttersprache in ihrem
gründlichen Wesen ohne Einmischung fremder ausländischer Fremdwörter im Reden, Schreiben, in Gedichten auf das zierlichste zu erhalten und auszuüben." Trotz der bald beginnenden Not des Dreißigjährigen Krieges war die Gesamtzahl der Mitglieder bei Fürst Ludwigs Tode auf 527, bei der Auslösung des Ordens im Jahre 1680 sogar auf 890 gestiegen.
3. Die bösen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges haben den Palmenodren nicht zur rechten Blüte kommen
lassen. Die Gedichte und Schriften, welche von Ordensmitgliedern verfaßt
oder unterstützt wurden, sind heute in Vergessenheit geraten. Deswegen darf man aber nicht etwa meinen, die Gesellschaft sei wider ihren Namen keine „fruchtbringende" gewesen. Gerade weil die Zeit so schwer war, gebührt dem Fürsten Ludwig unser wärmster Dank, daß er trotz aller Kriegsnot unermüdlich Mitglieder geworben und Schriften angeregt hat. Wie namenlos verwahrlost wäre die deutsche Sprache ohne die Tätigkeit des Palmenordens aus den Greuelzeiten des großen Krieges hervorgegangen! Fürst Ludwig aber hat dafür gesorgt, daß der Sinn für edle Sprachgewandtheit nicht ver-
Fig. 25. Ludwig, Fürst zu Anhalt-Cöthen.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwigs Ludwigs Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
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4. Im evangelischen Kirchenwesen wurde 1820 in Anhalt-Bernburg, 1827 in Anhalt-Dessau durch die Union nach preußischem Vorbilde Cmtgteit geschaffen, so daß fortan der Unterschied zwischen Lutherschen und M-sormierten verschwand und alle Protestanten gemeinsam Gottesdienst hielten. Nur in Anhalt-Cöthen bestand die Trennung noch weiter. Auch letzte der Herzog die Kirchenbauten seines Großvaters fort. Manche Gotteshäuser wurden neu aufgeführt, andere prächtig wiederhergestellt oder restauriert. Die herrlichste solcher Erneuerungen, die in ganz Deutichland gerühmt wurde, ist die der Stiftskirche zu Gernrode (Fig. 5). Nicht minder Ueb sich Herzog Leopold die Hebung des Schulwesens angelegen ie:n. £)te Gymnasien zu Zerbst und Dessau wurden zweckmäßig umgestaltet un zahlreiche neue Landschulen gegründet. Infolge der Berufung des Jkotejiors Werner nach Dessau entstand die für das deutsche Turnwe^en wichtige gymnastische Akademie.
5. Am 18. November 1836 stifteten die Herzöge von Anhalt-Dessau, Anhalt-Cöthen und Anhalt-Bernburg zu Ehren ihres großen Ahnherrn den anhaltischen Hausorden Albrechts des Bären mit der Umschrift „^urchle Gott, und befolge seine Befehle!" Die Anrede „Hoheit" ward 1844 angenommen. Sie gilt für den Herzog und feine_ Gemahlin sowie sur alle Prinzen und Prinzessinnen des Herzoglichen Hauses. Das Revolutionsiahr 1848 brachte in Anhalt nur schwache Bewegungen zugunsten einer neuen Verfassung hervor. Es wurde ein auf Utivahlen beruhender -andtag eingeführt, aber bald wieder aufgehoben. Dafür trat die schon früher in Geltung gewesene ständische Verfassung von neuem in Kraft.
6. Das Verhältnis Anhalts zum deutschen Vaterlande war während der Regierung Herzog Leopold Friedrichs bis 1866 solgendes: sogleich nach den Befreiungskriegen waren die anhaltischen Herzogtümer dem neu gegründeten Deutschen Bunde beigetreten. Bei der unter Österreichs ^.oriitz zu Frankfurt a. M. tagenden Bundesversammlung hatten lie zusammen ^eine Stimme und wurden durch einen eigenen Gesandten vertreten. _ Zum Bundesheere hatte Gesamtanhalt schon im Frieden ein Regiment Infanterie zu zwei Bataillonen nebst Scharfschützenabteilung zu unterhalten, ^ue Wehrpflicht wurde für alle männlichen Einwohner vom 21. 2,. Lebensjahre allgemein. Diese Truppen standen zu Dessau, Bernburg und Seron (Scharfschützen). Sie wurden nach preußischen Vorschriften ausgebildet. Ihre recht kleidsame, 1848 nach preußischem Schnitte zugerichtete Uniform ist noch heute diejenige der Herzoglichen Jägerbrigade. Beim Kriege gegen Dänemark, den der Deutsche Bund wegen Schleswig-Holsteins 1.849 rührte, rückte auch aus Anhalt ein Bataillon von 600 Mann ins Feld. ^ ^hne zum Gefechte zu kommen, hielt es die 1864 so berühmt gewordenen Düppeler Höhen besetzt.
§ 37. Die Wiedervereinigung der anhaltischen Herzogtümer.
la. In Anhalt-Cöthen hatte, als der Sohn des Fürsten Ludwig (S. 39) kinderlos starb, 1665 die Linie Cöthen-Plötzkau den Thron geerbt. Die meisten ihrer Fürsten regierten schlicht, tntfd und segensreich. Emanuel Leberecht gab 1693 die Erlaubnis zur Erbauung einer lutherischen Kirche in Cöthen. Bald nahm die lutherische Gemeinde erheblich §u. Vielelutheraner von auswärts ließen sich in Cöthen nieder. Emanuelleberechts
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Werner Albrechts Albrechts Leopold_Friedrichs Leopold Friedrichs Ludwig Emanuel_Leberecht