1. Die Schatzgräber auf dem Engelnberg.
Vor vielen, vielen Jahren war es auf dem Engelnberg recht
öde. Da wuchs nur niederes Gestrüpp zwischen den Steinen.
Auch gab es dort manche Schluchten und dunkle Höhlen.' In
diesen Schlupfwinkeln hielten sich Räuber auf und versteckten
dort ihre Schätze. Wenn nun in Elberfeld den Leuten etwas
abhanden kam, so sagten sie: „Et geiht dem Engelenberg herop?"
Später erzählten sich die Leute auch, man könne auf dem Engeln-
berg Schätze in der Erde finden.
Nun wohnte am Rommelspütt ein Mann, der wollte mit
seinem Sohn auf dem Engelnberg einen Schatz graben. Vor
Mitternacht brachen sie auf und gingen hinauf zum Engelnberg.
<£§ war eine stürmische, düstere Nacht. Die beiden Schatzgräber
kamen an einzelnen kleinen Bauernhäusern vorbei, und vor jedem
bellte ein Hund. Sie gingen ganz still weiter, denn wenn man
einen Schatz graben will, darf man nicht sprechen. Auf einmal
merkten sie, daß ein schwarzes Ungetüm wie ein großer Hund
mit feurigen Augen ihnen nachging und immer um sie herum-
lief. Sie hatten beide so große Angst, daß ihnen die Schweiß-
tropfen auf der Stirne standen. Keiner aber wollte es den
andern merken lassen, und so gingen sie mutig vorwärts. Als
sie fast oben waren, kam wieder das Ungetüm mit den feurigen
Augen ganz dicht an sie heran. Da wurde ihnen so unheimlich
zumute, daß sie umkehrten und schnurstracks den Berg hinunter-
liefen. Die Lust zum Schatzgraben war ihnen vergangen. Sie
arbeiteten aber von nun an fleißig und wurden wohlhabende
Leute. Da lernten sie, daß die Arbeit der beste Schatz ist.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
2. Vom Zwergenloch an der Kluse.
Es gab einst eine Zeit, da sah's hier im Wuppertal ganz
anders aus als heute. Von Häusern war nichts zu sehen.
Waldige Berge begleiteten die Wupper auf ihrem Lauf. In dem
klaren Wasser des Flusses spiegelten sich Himmel und Bäume.
Am dichtesten traten bei der Kluse die Berge an die Wupper
heran.
Das stille Tal mit seinen waldigen Hügeln hatten sich Zwerge
zum Wohnorte ausersehen. Am liebsten hielten sie sich an der
Kluse und im Island auf. Am Tage arbeiteten sie fleißig im
Innern der Berge, schmiedeten kostbare Waffen und Geräte oder
gruben in der Erde nach Schätzen, nach edlen Steinen und
Perlen. Abends, wenn die Männlein müde von der Arbeit
waren, lustwandelten sie im Walde oder ruhten unter schattigen
Bäumen aus. Auch als einzelne Leute ihre Hütten im Wupper-
tal bauten, blieben die guten Zwerge.
Mancher Wanderer, der in der Abenddämmerung durch den
Wald an der Kluse ging, hat die Männlein gesehen. . Häufig
hielten dann die Zwerge die Vorübergehenden an und plauderten
gemütlich mit ihnen. Aber die Leute mußten gut und fromm
sein. Ungezogenes Reden oder Tun duldeten die Zwerge nicht
in ihrer Nähe. Nach und nach zogen immer mehr Leute hierher.
An Stelle der kleinen Häuser, in denen die Garnbleicher wohnten,
entstanden Fabriken. Das Wasser der Wupper ward trübe und
müde von der vielen Arbeit; es floß nicht mehr so munter dahin.
Die Leute holzten manchen Wald ab; die Hügel wurden mit
Häusern bebaut. Auch der Kluser Wald verschwand. Da wurde
es den Männlein ungemütlich. Sie verließen das ehemals so
stille Tal und kehrten niemals wieder.
3. Warum ein reicher Mann nach seinem Tode
keine Ruhe fand.
Am Kerstenplatz in Elberfeld wohnte einst ein reicher Mann,
den die Leute Konellges nannten. Er war aber sehr unehrlich
und betrog oft die Leute, die bei ihm Recht suchten, um Hab
und Gut. So konnte er sich ein Haus nach dem andern kaufen,
und endlich gehörten ihm alle Häuser am Kerstenplatz. Auch
besaß er Gärten und Felder am Kirdel. So hieß früher der
Berg auf dem rechten Ufer des Mirkerbaches.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Extrahierte Ortsnamen: Wuppertal Island Kerstenplatz Elberfeld Kerstenplatz Kirdel
Stadt und Land als Lehen erhalten. Nur dem Kaiser will
ich dienen."
Da der Kaiser sah, daß durch Güte der Streit nicht bei-
zulegen war, befahl er, daß ein Gottesurteil entscheiden solle. Die
beiden Feinde stellten sich einander gegenüber, zogen die
Schwerter und drangen hart aus einander ein. Lange dauerte
der Kampf, bis endlich Drost Brüning seinen Gegner mit einem
gewaltigen Schlag zu Boden streckte. „Drost Brüning ist Sieger,"
erscholl es aus den Reihen der Umstehenden, „und er bleibt
des Kaisers Lehensmann."
5. Vom treuen Schildknappen.
Wo jetzt die beiden Städte Elberfeld und Barmen liegen,
war vor vielen hundert Jahren dichter Wald. Ein silberhelles
Bächlein floß hindurch. Buchen spiegelten sich in dem klaren
Wasser. An einer Stelle war ein besonders schönes Fleckchen.
Ein Wiesental zog sich am Berge hin. Blumen leuchteten aus
dem Grase hervor, und Nachtigallen sangen im nahen Gebüsch
ihr Lied. ,
Nicht weit von diesem Wiesental wohnte ein Ritter. Ihn:
diente ein treuer Knappe, der seinen Herrn auf jeder Jagd und
in jedem Streite begleitete. — Einst waren sie zur Jagd an den
Rhein ausgezogen. Plötzlich bemerkten sie hinter sich eine Schar
Feinde. Vor ihnen rauschte der Fluß. An ein Entfliehen war
nicht zu denken. Der Ritter verzagte. Doch sein treuer Schild-
knappe flüsterte ihm zu: „Mut, mein Herr, ich weiß eine Furt
im Rhein und führe Euch sicher hinüber." So geschah es. Ehe
die Feinde es merkten, war der Ritter mit seinem Knappen am
anderen Ufer des Rheins. Zornig blickten die Feinde ihnen
nach. Sie konnten sich nicht erklären, wie der Ritter entkommen
war, und meinten, der treue Knecht sei ein böser Geist, der durch
Zauber seinem Herrn geholfen habe.
Nicht lange darnach wurde die Gemahlin des Ritters sehr
krank. Kein Arzt konnte sie heilen. Der Jammer aller Burg-
bewohner war groß. Da erklärte ein weiser Mann: „Ja, wenn
die Burgfrau Löwenmilch tränke, dann würde sie gesund." Dies
hörte der Schildknappe. Es verging noch keine Stunde, und der
treue Knecht war mit Löwenmilch zur Stelle. Die Frau des
Ritters trank und wurde bald gesund, zur großen Freude ihres
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
- s -
Wasserstrahl hervor, der lustig über Baumwurzeln und Steine
dahinsprang, bald zu einem munteren Bächlein erstarkte und
im Tale als ein ansehnlicher Fluß weiterrauschte. Es war
die Wupper. An ihren Ufern konnte mit emsigem Fleiße
gearbeitet werden, bis, wie der Zwerg verheißen hatte, .der
Ruhm Elberfelds durch alle Welt gedrungen."
7. Vom Galgenkämpchen auf Karnap bei Varmen.
Im Norden von Elberfeld liegt das Üllendahl. Zwischen
Üllendahl und Barmen zieht sich ein bewaldeter Bergrücken hin,
der Karnaper Busch. Wenn man die waldige Höhe überschritten
hat und hinuntersteigt nach Karnap, so kommt man auf dem
Scheitel des Berges an einer sumpfigen Stelle vorüber, die mit
niedrigem Buschwerk bewachsen ist. Die Leute erzählen, daß hier
früher ein Galgen gestanden habe, und nennen den Ort das
Galgenkämpchen.
Der Letzte, der dort durch Henkershand starb, war unschuldig
verurteilt. Er war des Mordes angeklagt worden. Am Gericht
zu Düsseldorf wurde er verhört. Der Angeklagte beteuerte immer
wieder seine Unschuld; es half ihm aber nichts. Die Nichter, die
sich große Mühe gegeben hatten, die Wahrheit an den Tag zu
bringen, sprachen ihr „Schuldig" aus und verdammten ihn zum
Tode. An dem festgesetzten Tage wurde der Verurteilte nach dem
Galgenkämpchen auf Karnap gefahren. In dem Zuge befanden
sich unter anderen auch der Henker und der Richter, der das
Todesurteil ausgesprochen hatte. Der Richter hatte auf dem
langen Weg von Düsseldorf nach Karnap viel Zeit zum Nach-
denken. Er beobachtete im stillen den Verurteilten, und es
kamen ihm Bedenken, ob sein Richterspruch auch wohl gerecht sei.
Um sich zu trösten, sprach er bei sich selbst: „Hab' ich falsch gerich-
tet, so ward ich falsch berichtet."
Mittlerweile war der traurige Zug auf Karnap angelangt.
Es war ein trüber, stürmischer Tag, wie sie im Bergischen so
häufig sind. Düstere Wolken jagten am Himmel dahin. Der
Mann wurde runter den Galgen geführt, und der Henker legte
ihm den Strick um den Hals. Wie es damals Sitte'war, forderte
man ihn noch einmal dringend auf, seine Sünde zu bekennen.
Er aber richtete sein bleiches Gesicht zum Himmel, deutete mit der
Hand nach oben und rief mit tränenerstickter Stimme: „Gott ist
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
- 16 -
Jagen ein. Sie kamen in großer Zahl: der Ritter von Elberfeld,
von der Lüntenbeck, von Kronenburg, von Horst, von Hardenberg
und viele andere.
Es Aar auch eine Lust, an einem so prächtigen Wintertage
zu jagen. Dichter Schnee bedeckte Wald und Feld. Frau Sonne
ließ ihre Strahlen auf der Schneefläche widerspiegeln, so daß
man eine Decke von Diamanten vor sich zu haben meinte. Die
Eiszäpfchen an den Zweigen der Bäume erglänzten in bunten
Farben. Eine Märchenwelt schien die Jäger aufgenommen zu
haben. Nur zu schnell verging der Tag. Manch Pfiffiges Häslein,
viele flinke Rehe und stattliche Hirsche mußten ihr Leben lassen.
Endlich verstummte der fröhliche Ruf der Jäger. Bei herein-
brechendem Abend versammelten sie sich zur Heimkehr. Da fehlte
Robert, der Sohn des Herzogs von Berg. Laut ließen die
Knappen noch einmal das Horn über Verg und Tal erschallen,
aber des Herzogs Sohn erschien nicht. Äie Ritter mußten ohne
ihn den Heimweg antreten.
Nicht weit von des Herzogs Burg, an einer Stelle, wo die
Felsen sich steil aus der Wupper erheben, stürzte plötzlich der
Hund des Prinzen aus dichtem Gestrüpp hervor. Er lief im
Kreise um die Ritter und heulte kläglich. Er zerrte an ihren
Kleidern, entfernte sich, kam wieder und wollte so den Rittern
zeigen, daß sie ihm folgen sollten. Sie verstanden ihn nicht,
meinten, der Rüde sei toll, und wollten ihn töten. Nur der greise
Heinrich von Horst rief ihnen zu: „Tut dem Rüden nichts zu-
leide. Er ist nicht toll. Wir wollen ihm folgen. Mir ahnt, ein
schweres Unglück hat seinen Herrn getroffen."
Sofort eilten nun die Ritter durch das Dickicht, aus dem
der Hund gekommen. Der Rüde sprang in großen Sätzen vor-
aus und führte die Ritter an einen steilen Abhang. In wenigen
Sprüngen war er am Fuße des Berges angelangt. Die Jäger
erreichten das Tal auf Umwegen. Welch entsetzlicher Anblick
bot sich ihnen dar! Da lag der junge Robert. Aus tiefen
Wunden floß das Blut. Bei der Verfolgung eines Hirsches war
er den Abhang hinabgestürzt. Neben ihm sahen sie das Roß
mit zerbrochenen Gliedern. Der treue Rüde aber leckte seines
Herrn Wunden und wärmte den erstarrten Körper.
So schnell wie möglich fertigten die Ritter aus jungen Holz-
stammen und Weiden eine Tragbahre. Vorsichtig hoben sie den
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
Bald hatte der Schneider mit dem Teufel den Vertrag ge-
macht, und nun lebte er alle Tage herrlich und in Freuden. Nur
zu schnell vergingen die sieben Jahre. Jetzt erfaßte das Schnei-
derlein eine große Angst. Vergebens hatte er sich bemüht, einen
Menschen zu finden, der sich statt seiner dem Teufel verschreibe.
Die schwersten Aufgaben stellte er dem Satan. Dieser erfüllte
aber alle seine Wünsche. Da packte ihn ein Grausen. Er aß und
trank nicht. Nachts wälzte er sich auf seinem Lager und konnte
nicht Ruhe finden. So kam der letzte Tag. Schon fing es an
zu dämmern. Da lief der Schneider hinaus ins Feld, immer
weiter und weiter, als wenn er dem Teufel entrinnen könnte.
Endlich stand er vor einem großen Wasser und konnte nicht vor-
wärts. Tausende und Tausende von Fröschen saßen in dem
Teich und ließen ihr Quaken ertönen. Es war Nacht geworden.
Schon hörte der Schneider vom fernen Kirchturm elf Uhr schlagen,
der Angstschweiß stand ihm auf der Stirn. Plötzlich kam ihm
ein listiger Gedanke. Er rief den Teufel herbei und sagte: „Eine
Stunde mußt du mir noch dienen; fang' in dieser Zeit alle
Frösche aus dem Wasser und setze sie auf die Bäume, die am
Ufer stehen." Hastig machte sich der Teufel an die Arbeit. Er
holte beide Hände voll Frösche und setzte sie auf die Bäume.
Dann stieg er wieder hinab, um andere zu holen. Doch inzwischen
waren die ersten wieder ins Wasser gesprungen und riefen dem
Teufel höhnend ins Ohr: „Quak, Quak!" Voller Wut stieg der
Böse bald in das Wasser, bald auf den Baum. Immer schneller
wurden seine Sprünge, immer größer wurde sein Zorn. Doch
die Frösche quakten fröhlich in ihrem nassen Hause weiter. Da
schlug es Mitternacht. Der Teufel hatte feine Aufgabe nicht er-
füllt. Mit lautem Geheul fuhr er in den tiefen Teich hinab.
Der Schneider aber kehrte frohen Mutes heim. Er hatte seine
Seele gerettet.
16. Der Wassernixen Zorn und Huld.
Aus den Höhen zwischen Solingen, Leichlingen und Witz-
Helden stand vor mehr als hundert Jahren ein herrlicher Wald.
Dicke Eichen breiteten ihre mächtigen Kronen aus. Dichtes Ge-
strüpp bedeckte den Waldboden. Hirsche, Rehe, Wildschweine
hatten hier ihren Aufenthalt. Mitten im Walde entsprang eine
Quelle. Die nannte man Heribertsborn nach dem heiligen Heri-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
- 46 -
Unglaubliche gesehen. Der Gerettete aber erhob seine Rechte
drohend gegen den Schloßberg und rief: „Gras, Moos und
Strauch müssen verdorren auf dem Wege, den mein Roß mit
seinen Hufen berührte. Kahle Felsen sollen hier für ewige
Zeiten ein Denkzeichen sein, und alle Welt soll wissen, daß Gott
dem Unschuldigen beisteht in seiner Not." Damit ritt er seiner
heimatlichen Burg zu. — Noch heute aber zeigt ein kahler Fels-
streifen am südlichen Abhänge des Burger Schloßberges die
Stelle, wo sich das Gottesgericht zugetragen hat.
25. Wie ein unzufriedener Bauernbursche wieder
zufrieden Wurde.
Nicht weit von der Stelle, wo einst das Kloster Altenberg
stand, erhebt sich der Bülsberg. Auf dieser Höhe breitete sich
ein Tannenwaldchen aus. Dort sah man in der Ferne den Dom
von Köln und in der Nähe den von Altenberg.
Einst lag ein Bauernbursche dort unter den Bäumeu und
träumte mit offenen Augen. Warum aber hafteten feine Blicke
immer wieder an der Burg da unten, die dem Ritter von Strau-
Weiler gehörte? Da wohnte die Jungfrau, der sein Herz gehörte,
und an die er immer dachte. Es war das schöne Töchterlein
des Ritters von Strauweiler. Aber wie durfte der Bauernsohn
es je wagen, dem vornehmen Ritterfräulein von seiner Liebe zu
reden? Das war nur einem Ritter erlaubt. Er grübelte und
grübelte und wünschte sehnlichst, ein Ritter zu sein. Dann
brauchte er seine Liebe nicht mehr im Herzen zu verbergen, sondern
konnte der holdseligen Jungfrau davon sagen. Wie er noch so
hin und her dachte, stand auf einmal ein merkwürdiger grauer
Mann vor ihm und sagte: „Ich kann deine Wünsche erfüllen.
Du mußt aber alles tun, was ich dir sage." Damit hielt er dem
Burschen ein Papier hin, das dieser unterschreiben sollte. Der
Bauer willigte mit Freuden ein, und bald war der Graue wieder
verschwunden.
Der Bursche ging heim. Aber was war denn das? Wo
sonst sein väterliches Haus gestanden hatte, erblickte er nun ein
herrliches Schloß mit stattlichen Türmen. Drinnen aber war
alles, was man sich nur wünschen konnte. Da gab's Knechte
und Mägde, Pferde und Hunde. Im Keller lagen Fässer mit
edlem Wein aller Art; die Vorratskammern waren gefüllt mit
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Altenberg Altenberg
Extrahierte Ortsnamen: Schloßberg Burger_Schloßberges Bülsberg Burg
- 7 -
Gemahls. Nun aber ward es dem Burgherrn selbst unheimlich.
Er glaubte auch, der Schildknappe sei ein böser Geist und ließ
ihn gehen.
Doch bald tat es dem Herrn leid; denn einen so treuen
Knecht bekam er nie wieder. Der Schildknappe war kein böser
Geist, sondern einer von den guten Elfen. Für seine Dienste
hatte er von seinem -Herrn Geld zum Lohn erhalten. Dafür
kaufte er sich eine Schelle; die hing er an einer schönen Stelle des
Waldes auf. Wanderer, die das Glöcflein läuten hörten, fanden
den schönen Ort. Es gefiel ihnen hier so gut, daß sie in dem
freundlichen Tale Hütten aufbauten. So entstand nach und nach
eine Stadt. Weil die Stelle, an der der Schildknappe sein Glöck-
lein aufgehängt hatte, das Elfenfeld hieß, nannte man die neue
Stadt Elfenfeld oder Elbenfeld und später Elberfeld.
6. Wie die Wupper entstand.
An einem schönen Sommertage wanderte ein Zwerg über
unsere Berge. Seine zarte £cmd führte als Stütze einen Stab.
Aus dem Antlitz leuchteten ein Paar freundliche, milde Augen.
Man sah's dem Männlein an, daß es nur ausgezogen war, um
den Menschen Wohltaten zu erweisen.
Doch wurde das Zwerglein selber von Hunger geplagt. Da
begegnete dem kleinen Wandersmann eine arme-Frau. An
ihrem Arm trug sie ein Körbchen mit duftenden Erdbeeren, die
sie in einem fernen Tal für ihre hungernden Kleinen gepflückt
hatte. Sie bemerkte die Not des Zwerges. Schnell trat sie heran
und reichte ihm die Früchte dar. Der Zwerg, hoch erfreut über
das gute Herz der Frau, aß die Erdbeeren. Daraus sprach er
zu seiner Wohltäterin: „Sprich eine Bitte aus, ich will sie dir
erfüllen." Die Frau besann sich eine Weile. Da ihr Verlangen
nicht aus Silber und Gold gerichtet war, sprach sie: ..Willst du
mir eine Gnade erweisen, so tue Gutes an meinen Kindern und
an diesem rauhen, unwirtlichen Lande."
Darauf befahl ihr das Zwerglein: „Grabe an dieser Stelle
nach. Es wird eine Quelle hervorsprudeln, die der ganzen Ge-
gend zum Segen gereichen soll. Gold und Silber wird sie her-
vorzaubern und besonders die Stelle beglücken, wo du die Erd-
beeren gepflückt hast." Der Zwerg verschwand. Die Frau tat
nach dem Befehl des Männleins. Alsbald quoll ein silberheller
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]