1913 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Verleger, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bielefeld
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
118 —
während das Land und die Dörfer die Sitze der Landwirtschaft und
des Grundvermögens blieben/' Die Wandlung vollzog sich in nnsrer
Stadt ganz allmählich. Bielefeld war im ganzen Mittelalter keine
bedeutende Handelsstadt, wenn es auch als Schutzstadt dem Hansa-
buude angehörte.
1309 gab Graf Otto von Ravensberg den Bielefelder Kansleuten,
die sich uuter dem Namen einer Brüderschaft zum heiligen
Johannes vereinigt hatten, Handelsvorrechte. Wie in andern
Städten hatten sie sich auch hier zum Schutz ihres Gewerbes
zusammengetan. Ihre Handelsgegenstände waren: „Alles, was ans
Getreide gemacht wird, als geschälte Gerste, allerhand Grütze von
Habern, Buchweizen und Gerste, Banmfrnchte, inländische Pflaumen,
Bratbirnen, Schnitzel, ausgedörrte Kirschen, Flachs, Haus, und was
davon gemacht wird, als Garn, Zwirn, Leinwand, Drell, weiße Kanten,
linnen Band, Bindgarn, Seile, allerhand Getreide-, Lein- und Gersten-
samen, Kornbranntwein, allerhand destillierte Wasser, fremdes und
einheimisches Bier, Essig, Senf. Honig, Mehl und Wachs, braune
Seife, Speck, Butter, Käse, Lein- und Rüböl, Salz, geschnittenes Holz,
Dielen, Bretter, eiserne Waren ohne Unterschied, Stahl, Kupfer,
Messing, Zinn, Blei, allerhand Porzellan, irden Geschirr, Näh- und
Knopfnadeln, Holfchen, Besen, allerhand Vieh, sowohl fette als magere
Schweine, Rinder, Schafe, Hammel, Lämmer, Füllen und Pferde."
Wie die Kaufleute, so schlössen sich auch die Gewerbetreibenden
und Handwerker zu Zünften zusammen. Wie anderswo, so entstanden
auch in Bielefeld zuerst die Zünfte der Gewandschneider und Wollen-
Weber. Nach ihnen bildeten sich die Zünfte der Schuhmacher, der
Bäcker, der Metzger.
m Mittelalter waren die Rechtsverhältnisse im deutschen Reicke
sehr verwickelt. In frühster Zeit lag die richterliche Gewalt
in den Händen der Volksgemeinde. Etwaige Zwistigkeiten einzelner
Volksgenossen wurden bei dem „Ding" von der Dinggemeinde ge-
schlichtet' aber auch Raub, Mord oder Verrat fanden hier ihre Sühne.
Alle freien Männer, die zum Diug versammelt waren, fanden das
Recht. Sie umstanden die durch Stab und Band umgrenzte Gerichts-
stätte und wurden deshalb der Umstand genannt. Aus diesem uralten
germanischen Volksgerichte entwickelte sich das Gogericht. Die Goe
waren die Landeseinheiten, innerhalb deren ein Gogericht bestand, dem
alle Einwohner unterstanden. Die Gogerichte waren die ordent-
lichen weltlichen Landgerichte, die über alle leichteren und schwereren
Vergehen urteilteu. In der Grafschaft Ravensberg waren ursprünglich
zwei Gogerichte vorhanden, nämlich das Gogericht zur Schiplager
Heide (Melle) und zum Heienloh (bei Schötmar in Lippe). Zum ersten
80. Das Gogericht
1913 -
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- Autor: Verleger, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bielefeld
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 119 —
gehörten folgende sechzehn Kirchspiele: Melle, Gesmold, Oldendorf,
Riemsloh, Neuenkirchen, Wellingholzhausen, Wallenbrück, Jöllenbeck,
Borgholzhausen. Halle, Spenge, Enger, Bünde, Hiddenhausen, Kirch-
lengern und ein Teil von. Quernheim. Außer Vlotho gehörte der
ganze Osten Ravensbergs, also auch Bielefeld, zum Gogericht auf dem
Heienloh.
Im Laufe der Zeit entstanden aus diesen beiden Gograffchaften
mehrere kleinere. Vom Gogericht Melle zweigten sich die Gogerichte
zu Bünde, Borgholzhansen und Halle ab. Auch in Versmold bildete
sich ein selbständiges Gogericht.
Das Gografentnm unterstellte die Hoch- und Niedergerichts-
barkeit der großen geschlossenen Gebiete einem Richter; denn der
Gogras war der ordentliche Nichter „von der gantzen Landtfchafft".
Vom Gorichter zum Heienloh heißt es: „Sein höchstes Gericht ging
über Hals und Hand, und er richtete alles, ,wat mit rechter
claghe vorbracht Wörde byuneu dessem lande'." Sämtliche Insassen
des Gobezirks, die einen eignen Ranch hatten, waren zum Goding
verpflichtet. Auch entrichteten sie dem Gorichter Abgaben, die in
Hühnern, Roggen, Gerste, Hafer, Salz oder Geld bestanden. So hatte
im Go Versmold jede Ranch statte dem Gografen ein Huhn zu
geben.
Wie bei dem alten Volksgericht, dem Ding, unterschied man anch
beim Gogericht zwischen dem ungebotenen und dem gebotenen
Gogericht oder Goding.
Das ungebotene Goding oder der Landtag fand jährlich drei-
oder viermal statt. Aus ihm wurden die Rechte und Pflichten der
Versammelten verkündet und allgemeine Fragen erledigt. Zur Ab-
urteilung vou Verbrechern wurde das gebotene Goding aufgeboten.
Bis 1536 suchte der gesamte Umstand das Recht; später wurde die
Urteilssiuduug einer kleinen Zahl von Urteilsweisern oder Schössen
übertragen. Der Richter oder Vorsitzende des Gogerichts war der
Gogras, der als „Gogräve" oft in den Urkunden genannt wird. Nach
und nach erwarben die Ravensberger Landesherren das Gograsentum
und damit die hohe Gerichtsbarkeit in der Grafschaft Ravensberg. In
Ravensberg ist nicht in der Grundherrschaft der Ursprung der landes-
herrlichen Gewalt zu fuchen, fondern wahrscheinlich ist die Erwerbung
der hohen Gerichtsbarkeit der wichtigste und sörderudste Punkt der
sich entwickelnden Landesherrlichkeit.
N
81. Das Freiqericht.
^^eben dem Gogericht, dem allgemeinen Landgericht, gab es im
Mittelalter noch mehrere Sondergerichte. Zn ihnen gehörte
das Freigericht. Es ist ein Rest der alten fränkischen Grasschast'srechte.
1913 -
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- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bielefeld
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
litrratur.
Fraas, Die Triaszeit in Schwaben, Maier, Ravensburg. — Fr aas,
Petrefaktensammler, Lutz, Stuttgart. — Haas, Aus der Sturm- und Drangperiode
der Erde. 2. und 3. Band. — Meyer, Der Teutoburger Wald zwischen Bielefeld
und Werther, Göttingen 03. — Monke, Die Liasmnlde von Herford, 88. —
Reißert (Stille), Das Weserbergland und der Teutoburger Wald. Bielefeld. —
Walther, Vorschule der Geologie, Fischer, Jena. — Driesmanns, Der Mensch
der Urzeit. — I. B. Nordhoff, Das Westfalenland und die urgeschichtliche An-
thropologie, Münster 90. — I. Wormstall, Ethnographische Forschungen zur
Geschichte Nordwestdeutschlands in der Römer-, Sachsen- und Frankenzeit, Münster 01. —
Mogk, Kelten und Nordgermanen, Leipzig 96. — I. Grimm, Deutsche Mythologie,
Berlin. — W. Golther, Handbuch der germanischen Mythologie, Leipzig 95. —
Jellinghaus, Vor- und frühgeschichtliche Spuren in nordwestdeutschen Orts- und
Flurnamen, 09. — Dörrenberg, Römerspuren und Römerkriege im nordwestlichen
Deutschland, Leipzig 09. — I. Deitmer, Der Sachsenführer Wittekind nach Ge-
schichte und Sage, Würzburg 79. — Rübel, Die Franken, ihr Eroberungs- und
Siedelungssystem im deutschen Volkslande, Bielefeld 04. — Lamprecht, Deutsche
Geschichte, 1. Band. — Th. Lindner, Die Veme, Paderborn 96. — Stüve,
Untersuchungen über die Gogerichte, Jena 70. — Roßberg, Die Entwicklung der
Territorialherrlichkeit in der Grafschaft Ravensberg. — K. Bücher, Die Entstehung
der Volkswirtschaft, Tübingen 04. — Preuß, Entwicklung des deutschen Städte-
Wesens, Leipzig 06. — Weerth, Löwenburg und Sparrenburg, Zeitschrift für
Geschichte und Altertumskunde Westfalens, "45. Band. — Jahresberichte des
Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, Bielefeld. — Ravensberger
Blätter für Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Bielefeld. — Fricke, Geschichte
der Stadt Bielefeld und der Grafschaft Ravensberg, Bielefeld. — Vormbaum,
Die Grafschaft Ravensberg, Leipzig 64. — Henniges. Geschichte des Franziskaner-
ordens zu Bielefeld, Düsseldorf 10. — Wilbrand, Kurze Chronik des Sparen-
berges, Bielefeld. — Fricke, Bielefelds Sparrenburg und ihre Geschichte,
Bielefeld. — Weddigens Westfälisches Magazin. — Eulemann, Ravensbergische
Merkwürdigkeiten, Minden 1747. — P. F. Weddigen, Beschreibung der Graf-
schaft Ravensberg, Leipzig 1790. — Spannagel, Minden-Ravensberg unter
brandenburgisch-preußischer Herrschaft von 1648—1719, Leipzig 94. — Strecker,
Franz von Meinders, Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen Xl, Leipzig 92'. —
Lüttgert, Grafschaft Ravensberg in der Zeit des Ubergangs an den branden-
burgisch-preußischen Staat, Bielefeld 71. — Hinzpeter, Der Große Kurfürst auf
der Sparrenburg, Bielefeld 1900. — E. v. d. Knesebeck, Ferdinand, Herzog zu
Brannschweig und Lüneburg, während des Siebenjährigen Krieges, 2 Bände,
Hannover 57/58. — Goecke, Das Königreich Westfalen, Düsseldorf 88. — Schubert,
Beschreibung der Stadt Bielefeld, 1835. — Seemann, Grafschaft Ravensberg
mit ihren Altertümern und Merkwürdigkeiten, Herford 1854. — Ernst Moritz Arndts
Werke. — Statistische Darstellung des Kreises Bielefeld, 1863. — Coesfeld,
Geschichte der Stadt Bielefeld von 1857—81, Bielefeld 81. — Tümpel, Minden
und Ravensberg, Bielefeld 1909. — Herwig, Festschrift zum 350jährigen
Jubiläum des Gymnasiums und Realgymnasiums zu Bielefeld, 1908. — Jost es,
Westfälisches Trachtenbuch. Bielefeld 04. — Naturwissenschaftlicher Verein Bielefeld,
und Umgegend, Bericht über 1908, Bielefeld.
1913 -
Hannover-List [u.a.]
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- Autor: Verleger, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bielefeld
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 126 —
handeneu Goldlack ansgesäet haben. 1743 wurde der Sparenberg zu
Gefängnissen eingerichtet. Im Siebenjährigen Kriege diente er mehrere
Male als Vorratshaus, und 1775 wurden von den Mauern Steine zum
Kasernenbau abgeschossen. 1842 begann man mit dem Wiederaufbau
des verfallenen Turmes. 1854 besuchte der Prinz von Preußen, der
spätere Kaiser Wilhelm I., und 1857 sein Sohn, der nachmalige Kaiser
Friedrich Iii., den Sparenberg. 1879 brannte das Gefängnis ans,
und am 19. Mai 1879 kam die Burg für die Summe von
8934 Mk. 90 Pf. in den Besitz der Stadt. 1888 wurde der Neubau,
der aus freiwilligen und städtischen Mitteln bestritten war, eingeweiht.
1897 und 1900 weilte unser Kaiserpaar ans dem Sparenberge, auf
dem am 6. August 1990 im Beisein nnsers geliebten Herrscherpaares
das Denkmal des Großen Kurfürsten enthüllt wurde. (Siehe Ein-
gangsbild im 1. Teil der Heimatkunde.) Von 1905 an wurden die
unterirdischen Räumlichkeiten der Burg ausgeräumt und trockengelegt
und alte Einrichtungen aufgedeckt oder Mauerreste freigelegt. 1912
unterzog man den Turm einer gründlichen Ausbesserung.
m
87. Die Ravensberger Landesherren bis 1609.
o—^ Die Grafen von Ravensberg,
rwilie ersten Herren der Stadt Bielefeld und des Ravensberger
Landes nannten sich nach einer Besitzung Calverlage oder
Calveslage. Es waren die Grafen von Calverlage. Wo der Ort
Calverlage zu suchen ist, steht nicht fest. Während man ihn früher in
der Nähe von Melle bei Gesmold vermutete, glauben andre ihn bei Vechta
im Großherzogtum Oldenburg wiedergefunden zu haben. Hier gab es
schon im 10. Jahrhundert Grafen von Calveslage. Gegen Ende des
11. Jahrhunderts erwarben sie am Teutoburger Walde Grundbesitz
und Hoheitsrechte. Graf Hermann von Calverlage war mit der Tochter
des sächsischen Großen Otto von Nordheim verheiratet, der die Sachsen
zum Kanipse gegen Heinrich Iv. aufreizte. Nach dem Tode Ottos vou
Nordheim erbte feine Tochter die Hälfte feiner Güter. Diese lagen
in der Gegend der Ravensburg, die vielleicht schon in den Kämpfen
der Sachsen gegen den König Heinrich Iv. erbaut wurde. Es ist aber
auch möglich, daß die Ravensburg erst unter den Enkeln Hermanns,
den Grafen Otto und Heinrich, erstand. Während ihr Vater, Her-
mann 11., noch Graf von Calverlage hieß, nannten sich die beiden
Brüder zuerst Grafen von Ravensberg (um 1150). Um 1200 lebte
Graf Hermann, der Gründer der Stadt Bielefeld. Er stand in den
Kämpfen Friedrich Barbarossas und Heinrichs des Löwen treu auf
der Seite des Kaisers. Im Mal des Jahres 1226 schlössen die gräs-
lichen Brüder Otto und Ludwig einen Teilungsvertrag. In ihm er-
hielt der ältere Bruder Otto den gesamten calverlagischen Besitz, der sich
1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
187
her, und wird bei Frankfurt sa breit, als der Rhein unter der Brücke zu Basel ist;
daun vereinigt er sein gelbliches Wasier mit dem grünlichen des Rheins. Gleich
unter dieser Stelle, unter der Mainzer Schiffbrücke, wird der letztere Strom 1800
Fuß breit, so daß man eine halbe Viertelstunde braucht, um über die Brücke zu
gehen. Bei Bingen dagegen, wo ihm links die Nahe zufließt, wird er schmäler, denn
er muß sich zwischen gewaltigen Bergen hindurchdrängen, wodurch zwar einige stru-
delnde Stellen in seinem Bett hervorgebracht werden, welche aber die Schifffahrt
seit der Sprengung der Felsen nicht mehr hemmen. Vielmehr nehmen sich die steilen,
unten mit Reben, oben mit Wald bewachsenen Ufer, woran zahlreiche freundliche
Oerter und alte Burgen liegen, desto schöner aus. Da kommt bei Coblenz die
schiffbare Mosel, welche sich aus Frankreich durch ein enges, krummes, aber wein--
reiches Thal windet. Sie ist der letzte recht schiffbare Zufluß des Rheins; denn die
fast gegenüber einmündende Lahn, die weiter unten mündenden Ruhr und Lippe kön-
nen keine großen Schiffe tragen. Schon oberhalb Köln, vom Siebeugebirg an, wer-
den die Ufer des Rheins ganz stach, und hören auf, schön zu sein; dies ist noch
mehr der Fall, wenn er weiter unten in das holländische Gebiet eintritt und sich
dort in so viele Arme theilt, daß man kaum ihre Namen behält und daß derjenige,
welchem der Name Rhein bleibt, sich früher im Sand verlor, jetzt durch einen Kanal
in das Meer geleitet wird. Freilich geht die Wassermasse darum nicht verloren, der
größte Arm vereinigt sich vielmehr mit einem auö Frankreich und Belgien kommenden
ansehnlichen Flusse, der Maas, worauf sie an Rotterdam vorbei ihr Wasser zusam-
men in die Nordsee ergießen.
Kleiner und von kürzerem Laus ist die Weser, dafür aber auch nach Ursprung
und Mündung ein deutscher Fluß, in dessen Nähe auch einst die Römer von den
Deutschen geschlagen wurden. Die Weser erhält ihren Namen erst von der Ver-
einigung der beiden bereits schiffbaren Flüsse Fulda und Werra an, wovon die erstere
ans der Rhön, die andere an dem Thüringer Wald entspringt. Sie bringen die
Gewässer des Hessenlandes und Thüringens zusammen, und der durch ihre Vereini-
gung bei Münden entstandene Strom drängt sich zwar anfangs noch durch Gebirge,
besonders durch die sogenannte westphälische Pforte, fließt aber dann in ebenem Land
an der Stadt Bremen vorbei in die Nordsee. Nur ein bedeutender Nebenfluß ver-
stärkt die Weser, die langsam fließende Aller mit den braunschweigischen und han-
növerschen Gewässern. An ihrer Mündung, wo die Weser das Oldenburgische von
dem Hannöverschen trennt, erweitert sie sich durch die eindringende See zu einer
Art Meerbusen.
Dieser Mündung nähert sich auch der vierte deutsche Strom, die Elbe, bis auf
wenige Meilen, obgleich die Quelle derselben von den Wesergucllen sehr entfernt
liegt. Denn die Elbe entspringt in Böhnkn auf den Hochebenen des Rieseugebirgs.
Nachdem sic sich nun mit den sämtlichen Gewässern des gleich einem Kessel nach
der Mitte zu vertieften Königreichs Böhmen verstärkt hat, bricht sie durch das Erz-
gebirg in einer engen Schlucht hindurch, doch ohne einen Wassersall zu bilden, und
erreicht das Königreich Sachsen. Hier wird sie zu einem breiten ansehnlichen Strom,
und in der Hauptstadt Sachsens, Dresden, geht eine berühmte steinerne Brücke dar-
über. Zwischen hier und Magdeburg erhält sic mehrere ansehnliche Nebenflüsse, be-
sonders die vom Fichtclgebirg kommende Saale. Der Harz ist zu nahe, um bedeu-
tende Gcwäjier in die Elbe zu senden, dagegen kommt aus dem ebenen Land zur
Rechten die schiffbare Havel, welche vermittelst einiger Kanäle auch die Schifffahrt
1819 -
Ludwigsburg
: Nast
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
8o
Deutschland.
Helmstadt, 52oo E. Königslutter, an der Lutter,
hat bedeutende Bierbrauereien und 2400 E.
4) Der Harzdistrikr, mit zwei Kreisgerichten und den
Städten: Seesen, am Fuß des Harzes und an der Schil-
dau, 2000 E., hat ein jüdisches Institut. Ocker, ein Ort
ron 8z0 E., wo jährlich 600 Centner Meffmg und 75o Cent-
uer Kupfer bereitet werden.
5) Der Distrikt Gandersheim mit den Städten:
Gandersheim an der Gande, 1900 E., hat Eisen - und
Stahlfabriken.r Grünenplan, Dorf im Sollingerwald mit
einer Spiegelhütte, 7oo E.
6) Der Distrikt Stadt Oldendorf mit den Städ-
ten: Holzminden, an der Weser, Zzoo E., die Stadt
treibt starken Eisen -> und Leidwandhandel. Stadt Olden-
dorf unweit der Weser, 1400 Einw. Thedinghausen,
ein Marktfleken unweit der Weser mit 1400 E., der in Han-
nover liegt.
7) Der Distrikt Blankenburg mit Blanken-
burg, an einem Berg, auf dem ein Schloß mit 2i0 Zim-
mern steht, 2600 E, dabei ist die Leufelsmauer, eine
Reihe von Steinklippcn auf dem Heibelberge. Rubel and,
Dorf an der Bode mit 55o E. und einer Eisenhütte. In der
Nahe die Baumanns und Bielshöhle, ein Marmor-
bruch und Marmormühle. Hohegeiß, Dorf auf dem Harze, >
das 2760 Fuß hoch liegt; eines der höchsten Oerter des
Harzes.
Viii. Königreich Hannover.
Gränzen. Das Land gränzt an Holstein,
Meklenburg, Preußen, Lauenburg, Kurhessen,
Lippe-Schaumbnrg - und Detmold, Oldenburg, die
Niederlande und die Nordsee. e
Größe. Es hat über 660 O« Meilen Flachen-
innhalt.
Klima. Im Ganzen ist es gemäßigt und ge-
sund ; an Meer und den größern Flüssen feucht,
auf dem Gebirge rauh.
Gewässer, Flüsse. 1) Die Elbe, welche
hier die Ietze, Ei men au, Lühe, Seewe,
Este und Oste aufnimmt. 2) Die Weser, welche
die schiffbare Aller, in welche die Ocker, Fuse,
Innerste, Leine und andere stießen, dre Wüm-
1819 -
Ludwigsburg
: Nast
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
L2 Deutschland.
6) Die Kriegsmacht besteht aus ungefähr 20,ooo
Mann.
Eint Heilung. Das Königreich Hannover
hat folgende Provinzen.
1) Das Fürstenthum K a l e n b erg mit derhptst. des
Reichs: Hannover, an der Leine, 20,000 E., hat ein
Gymnasium, eine Bibelgesellsch., Tabak-Fayence-Wachstuchfadc.
Das königl. Schloß, das Opernhaus, das Zeughaus, ^de,
Pallast des Herzogs von Cambridge sind merkwürdige Gebäude
der Stadt. In der Nahe die Lustschlösser Herrenhausen
mit einem 120 Fuß hoch steigenden Springbrunnen. Mout-
brillant, Sommer-Aufenthalt des Herzogs mit Garten-
Anlagen. Münder, an der Hamel mit einem Salzwerk,
1500 E., Hameln, St. an der Hamei und Weser, 5000
E., treibt Schiffarth und Fischfang in der Weser.
2) Das Fürstenthum Göttingen mit Göttin-
gen an der neuen Leine, (einem Kanäle, dessen Wasser aus
der Leine abgeleitet wird,) einer berühmten Universität, 9500
E. Münden, am Zusammenfluß der Fulda und Werra,
dann Weser genannt, treibt einen sehr starken Handel, und
hat Leder-, Tabaks-Fayencesabriken. Mark Oldendorf,
mit g-oßen Lcinwandbleichen. Osterode, St. am Harze mit
einem großen Kornmagazin für die Bergleute. Salz der
Helden und Sülbek, zwei Dörfer mit Salzwerken, wo-
von das erste jährlich 8000, das lezterc 6000 Malter Salz
liefert. Lauterderg, ein Fleken mit der größten Eisen-
hütte im Lande. Clausthal und Cellerfeld, zwei
Bergstädte nur durch einen Bach getrennt, wovon die erste
eine Münze hat, und Bergwerke, die jährlich 120 Centner
Silber, 80 Centner Kupfer und über 40,000 Centner Blei
liefern. Andreasberg, mit den ergiebigsten Silber^üben
des Garzes, in der Nahe der über 80 Morgen große gemau-
erte Oderteich, aus dem das Wasser auf alle Hüttenwerke
der (° t«i>t geleirer wird. Lerbach, Be.gfleken an der Ler-
bach, dessen Einwohner beinahe alle Kröpfe haben.
Z) Das Fürst enth um Hildesheim mit Hildes-
heim, eine alte Stadt von Wallen und Gräben umgrben,
11,000 E., har eine Domkirche, 19 andere theils lutherische
theils katholische Kirchen, ein lutherisches Gymnasium, und
treibt Garn und Leinwandhandel. Goslar, St. an der
tivrd'ichen Seite des Harzes, am Fuße des erzreichen Rammel-
bergs, in welchem die Stadt Bergbau treibt; hat eine Dom-
kirche, ein Hospital und 5600 E.
4) Das Fürstenthum Lüneburg mit Lüneburg,
an der Ilmenau und an dem Kalkberg, dem höchsten Berge
des Landes, hat Mauern und Graben und 10,000 E., die
1819 -
Ludwigsburg
: Nast
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
96
Deutschland.
Einehe ilung. Cs zerfallt in drei Theile.
1) In das eigentliche H e r z o g t h u m Olden-
burg, welches in 7 Kreise getheilt ist, mit Oldenburg,
Hptst. an der schiffbaren Hunte, hat ein Schieß, ein Gymna-
sium, 5ioo E. Elsfleth an der Weser, wo ein Zoll er-
hoben wird. Varel, Hauptort einer Herrschaft, dem Gra-
fen von Bentink gehörig. Jever, Hptst. der Herrschaft
gl. N. wozu die Insel W a n g e r o g gehört.
2) In das F u r st e n t h u m L ü b e ck mit Eutin, hat
ein Herzog!. Schloß und starke Bierbrauereien, 2300 E.
3) In das Fürsten thum Bir k enfel d, mit der St,
gl. N. an der Nahe 1500 L. hat Eisenhütten.
Xx. Fürsten thum Lippe-Detmold.
Das Land gränzt an Hannover, Preußen, Schaum-
burg-Lippe und die Grafschaft Pyrmont, und hat
2i 0. M. und 70,000 Einwohner, größtentheils Re-
formirte. Flüsse sind, die Werra, Emme,
Aach. Hauptprodukte sind Pferde, Rindvieh, und
Flachs, daher sich sehr viele Einwohner von Leine-
spinnerei nähren.
Detmold, Hptst. und Residenz mit einem Schloß an
der Werre, 2300 E. Lemgo, hat ein Schloß, Gymnasium
und Meerschaum-Pfeifenkopf-Fabriken. Horn, am Teuto-
burger-Wald. Meinberg, ein Dorf, hat berühmte mine-
ralische Bader. Lippstadt au der Lippe, gehört zum Theil
dem König von Preußen, 2700 E.
Xxi. Fürst ent hum Schaumburg-
Lippe.
Gränzen sind Hannover, Preußen, Detmold
und Kurhessen. Größe, io 0. M. mit 23,ooo
lutherischen Einwohnern, der Hauptfluß ist die W e-
se r. Ein Theil des Steinbudersees gehört hieher.
Das Land bat gute Viehzucht und schöne Waldun-
gen. Ein Fürst regiert das Land. Einkünfte
desselben betragen 210,000 Gulden.
Bücke bürg, Restdenzst. an der Aue mit einem Schloß,
2000 E. Stadthagen, hat Mineralquellen, 1400 Einw.
1819 -
Ludwigsburg
: Nast
- Autor: ,
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- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Königreich Hannover. 81
me und Hunte aufnimmt. Beide Flüsse sind
schiffbar und ergießen sich in die Nordsee. — Land-
see n. Der Dümmersee, das S rein hu der-
Meer.
Gebirge. Ein Theil des Harzwaldes,
dessen höchste Spize hier der Bruchberg 2700
Fuß hoch ist. Der Solltngerwald, der west«
lich vom Harze lauft. Gegen das Meer hin wird
das Land immer flacher, hat viele Sümpfe und
Haiden, worunter die 12 Meilen große Lünebur»
g er-Haide bemerkenswcrth ist, und muß durch
Damme gegen den Andrang des Meeres gefchüzt
werden.
Produkte. Pferde, Rindvieh, (auf d-em
Harze) Schafe^ klein und mit schlechter Wolle,
Schweine, Geflügel, Wildpret; Fische, Perlenmu-
scheln, und starke Bienenzucht; Getreide, auf dem
Harze wenig, Flachs, Hanf, Tabak, aber kein
Wein; etwas Gold und Silber, viel Blei, Kupfer,
Essen, Zink, Schwefel, Alabaster, Steinkohlen,
Marmor, Schiefer, Kalk, Thon, Torf, vorzügliche
Salzquellen, Mineralwasser.
Einwohner^ i) Ihre Zahl belauft sich auf
1,300,000 Menschen. 2) Der größte Theil derselben
bekennt sich zur lutherischen Religion, doch finden
sich auch andere christliche Sekten und Juden im
Lande. 3) Die Industrie der Einwohner ist nicht
besonders groß. Leinwandweberei und Garnspinne-
rei beschäftigt einen großen Theil Menschen, aber
auch mehrere Tuch -- und Wollenfabriken und
die Hüttenwerke. Die Nahe der Nord - und Ostsee
und die vielen schiffbaren Flüsse des Landes siitd für
den Handel vortbcilhaft. Es werden viele Lan-
des-Produkte ausgeführt. 4) Die Regierungs-
form ist monarchisch, und durch Landstande einge-
schränkt, der König von Großbrittanien Georg Iii.
ist zugleich König von Hannover; ein Ministerium
in Hannocher, dessen Präsident der Herzog von Cam-
bridge ist, besorgt die Regierung. 5)Diestaats-
Einkünfte schazt man auf 11 Millionen Gulden.
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1819 -
Ludwigsburg
: Nast
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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H e r z o g r h u m A n h a ! r.
den gewöhnlichen Produkten, findet sich hier auch
Silber, Eisen, Kupfer, Marmor. Wollen - und
Garnspinnerel beschäftigt die Einwohner Haupte
sachlich. Das Land wird von drei Herzogen
regiert, die ganz unabhängig von einander sind;
Theile desselben sind demnach:
1) Herzogthum Anhalt-Dessau, mit Dessau,
Hrtst. und Residenz an der Mulda, 9200 E. mit ein-.rr Re-
sidenzschloß , Iagdzeughaus und Lustgarten. L u i, i u m,
Georgen Haus, Lustschlösser in der Nahe. W ö r l i z,
Schloß des Herzogs, mit einem berühmten englischen Gatten.
Zerbst an der Nuthe, hat ein Gymnasium, ein schloß und
7000 Einw.
2) H e r ; 0 g t h u m A n h a lt - B e r n b u r g, mit Bern-
bürg an der Saale, 4800 E. mit etnem Schloß. Ballen-
stadt mir einem Residenzschloß, am südlichen Fuße des Har-
zes, 2500 E. Harzgerode mit einer Silberhütte in der
Nähe, und dem bekannten Alexmbade.
5) Herz » gthum Anhalt-Köthen, mit Köthen
am Fl. Zittau, Hptst. und Residenz mit z-vei Schlösse-n, Z200
E. Nienburg an der Saale, hat ein Schloß.
Xix. Herzogthum Holstein-Olden-
burg.
Der größte Theil dieses Landes, das eigentliche
Herzogthum Oldenburg, liegt zwischen Hannover und
der Nordsee, ein anderer Theil, das Fürstenthum
L üb eck in Holstein^ ein dritter, das Fürstenthum
Briten selb im ehemaligen Saardepartement jen»
setts des Rheins, zwischen Preußen und Sachsen-
Coburg. Zusammen enthalten diese Lander 11/ Q.
M. und 220,000 meistens luth erisch e Einwohner.
Flüsse sind, die Weser, Hunte, Hase, Leda.
Das Land ist ohne Berge. Schafe und Bienen sind
dre Hauptprodukte. Strumpffirikerei, Garnspinne--
rei, Leiuwaudweberei, Fischerei und Sch ffarth be-
schäftigen die Einwohner hauptsächlich. Der Regent
des Landes führt den Titel Herzog, ist aber ei-
gentlich Großberzog, seine Einkünfte betragen
1,200,000 Gulden, seine Kriegsmacht ' 1600
Mann.