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ihrer Grundstücke gern durch Erlen, Weiden, Pappeln und Eschen.
Diese vereinzelt und gruppenweise auftretenden Bäume und Sträucher
verleihen im Verein mit den saftigen Grasflächen und den blinken-
den Fließen der Gegend einen eigenen Reiz, den die hier herrschende
sonntägliche Nuhe noch erhöht, und um derentwillen der Spreewald
alljährlich von vielen Fremden besucht wird. In die Stille der
Landschaft dringt kein Wagengerassel und kein Getöse einer Verkehrs-
reichen Stadt, sie wird höchstens belebt durch das dumpfe Buh der
Rohrdommel, das Schnarren des Wachtelkönigs, das klagende Geschrei
der Wasserhühner und das meckernde Fluggeräusch der Schnepfen oder
durch das fröhliche Jauchzen übermütiger Reisender. Die Dörfer
sind weitläufig angelegt und bestehen teilweise aus weitzerstreuten,
im Grün verborgenen Gehöften (Raupen). Jedes der letzteren
umfaßt das Wohnhaus und die Stallung für das Vieh, nebst Futter-
kammer. Scheunen fehlen ebenso wie trennende Zäune und staubige
Straßen. Die Dorfstraße ist die Spree. Bild 3 zeigt einen Teil
derselben in dem Dorfe Lehde. Das blinkende Fließ schlängelt sich
unter mächtigen Erlen
dahin, zwischen denen
die Gebäude hervor-
lugen. Diese sind der
großen Bodenfeuchtig-
keit wegen aus Baum-
stammen zusammen-
gefügt und mit Schilf
gedeckt. Im Vorder-
gründe (l.) bemerken
wir einen Stall, vor
dessen Tür einer der
hier gebräuchlichen
flachen Kähne befestigt
ist. Gegenüber ist ein
Spreewälder im Be-
griff, im Kahne stehend,
seine Fahrt anzutreten.
Im Hintergrunde ist
das Wohnhaus eines
zweiten Gehöftes ficht-
bar, dem die kleinen,
Weißgerahmten 3. Dorfstraße zu Lehde im Spreewatde.
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TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
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Bauern, ein wenig größer, wie es sich für den gesteigerten Wirt-
schaftsbetrieb nötig machte, ein wenig massiver vielleicht, und
dann setzte er sein etwas geräumigeres ein- bis zweistöckiges
Wohnhaus mitten hinein. Gewöhnlich schloß sich nach ein
Park an.
Eine durchaus konservative Stimmung lagerte über dem
Gutshofe wie über dem Dorfe, die ihm glücklicherweise auch
heute noch geblieben ist. Ob das Holz von dem Fachwerk und dem
Ziegel abgelöst ist, stets bleibt das Haus ein schlichtes Bauwerk,
das Dorf ein echtes Tieflanddorf mit Anger und Teich, in den
alte Weiden, Linden oder Kastanien hinunterschatten, den freund-
lichen, von Holzgattern •— stellenweise von Granitfindlingen —
abgeschlossenen Vorgärten und den strohgedeckten Häusern. Alles
ist breit angelegt, auseinandergezogen, alles unter Baumkronen
versteckt. Die alte Dingstätte hat sich an manchen Orten erhalten,
meistens unter der uralter: Linde, in deren Gezweig wundersame
Märchen und Sagen flüstern. So manche Friedenstat ist unter
ihren Zweigen beschlossen, aber auch manche Untat gesühnt worden.
Denn nicht nur das Feldgericht hielt hier seine Sitzungen ab,
um die gemeinsamen Dorsangelegenheiten wie Bau und Ver-
änderung von Wegen, Triften, Gehegen, Brücken und Gräben,
Verkäufe, Bestallungen u. a. zu ordnen, sondern oft auch sah der
Baum das Urteil an Missetätern oder an solchen, die man dafür
hielt, vollstrecken. Und treten wir auf den Kirchhof, der die in
märkischen Dörfern selten fehlende Kirche umgibt und nach dem
Anger durch eine Mauer abgeschlossen ist, dann erzählt uns auch
der durch den jahrhundertelangen Gebrauch erhöhte Boden
nicht nur vom Vergehen der Geschlechter, sondern auch von Frie-
denstaten, die sich auf seinem Rasen ereigneten, namentlich
von den gemütlichen Morgensprachen am Schlüsse des Gottes-
dienstes.
In den ehemals wendischen Gebieten, d. h. im Südosten
Brandenburgs, sind die Dorfhäuser noch heute im Blockbau,
jener urtümlichen, einst allgemein angewandten Bauart Nord-
osteuropas errichtet, die nicht selten sich auch auf die Kirche erstreckt.
Aber auch solche Hütten, von denen der Schweizer Servetius um
1550 sagte, daß die Landbauern der Mark in ihren aus Lehm und
Holz erbauten, kaum aus der Erde hervorguckenden, mit Stroh
bedeckten einzelnen und zerstreuten Hütten wohnen, sind längst
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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19
Dann ziehüs mich hinaus. An hübschen alten, strohgedecktem
Bauernhäusern, unter reichtragenden Apfelbäumen des Dörfchens
Michendorf vorbei schlendere ich hinaus ins Feld. In Reihen
knien die Tagelöhnerweiber auf dem Kartoffelacker und ernten
die Knollenfrucht. Auf einem hochgelegenen Getreidefeld hält
ein Bauer mit seinem Gespann. Wie er breitbeinig steht und an
seinem Pfluge etwas bastelt, zeichnen sich seine Umrisse klar und
scharf gegen den Hellen Horizont ab — ein Bild so voll Kraft
und Erdgeruch wie die dampfende Scholle selber. Nun geht der
Weg durch eine Kiefernschonung. Wege kreuzen sich, und so ziehe
ich Erkundigungen nach dem rechten bei einem Waldarbeiter ein,
der auf einer Blöße Tannenstämmchen pflanzt. Er antwortet
mit dem wortreichen Behagen eines Menschen, der froh ist, in
der tiefen Stille einmal seine eigene Stimme hören zu können.
Gleich darauf komme ich in den Hochwald. Der blaue Himmel
lacht zwischen den Stämmen hindurch, und die Sonnenstrahlen
huschen über den moosigen Grund — nichts verrät den Herbst
als das goldbraune Farnkraut in den Schluchten und das gleißend
goldene Laub einer Birke am Wege. Still ist's, aber nicht tot;
nur abgedämpfter klingt der Laut des Lebens. Man hört das
leise, süße Gezwitscher der Meisen, den rauhen Schrei der Krähen,
hier und da ein leises Knacken im Kreferngeäst, das den zierlichen
Räuber, das Eichhörnchen, verrät, das, unbekümmert um den ein-
samen Spaziergänger, auf einem freistehenden Aste seine Kiefern-
samen verspeist. In der Nähe der Försterei Schmerberg, die ich
nach anderthalbstündiger Wanderung erreiche, ändert sich das
Waldbild. Hier sind Laubbäume in den Kiefernwald eingesprengt;
mächtige Ahorne, Buchen und Eichen und schlanke Birken mischen
sich mit den ernsten Föhren, und über sie alle hat der Maler Herbst
aus seiner reichen Palette einen Farbenzauber gestreut, der
mit seinem Rot, Gold und Braun zwischen lichtem Grün im Auge
einen wahren Farbenrausch erzeugt. Wie eine Beruhigung steht
ein Grund voll hochstämmiger Edeltannen dahinter.
Nun wird das Land bergig, Hügel rechts und links, zwischen
denen romantische Hohlwege hinabführen, und dann blitzt es
verräterisch zwischen den Stämmen hindurch, das blaue Wasser
des herrlichen Sees — Ferch ist erreicht. Alles in diesem Dörfchen
ist fast noch so ursprünglich, wie es stets gewesen. Die Häuser
in den unregelmäßigen Dorfstraßen liegen bald oben auf den
2*
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Moosschicht hat sich darauf niedergelassen, und ihr ganzes Er-
scheinen erinnert lebhaft an die Sanddünen der Ostsee. Zwischen
den Hügeln aber liegt jedesmal ein grüner Streifen, aus dessen
Mitte leise gekräuselte Wasserflächen, mal dunkel wie ein Teich,
mal blau wie ein See, hervorblicken. Alles Lebendige scheint diese
Ode zu meiden. Keine Lerche wiegt sich in den Lüften, kein Storch
stolziert den Sumpf entlang: nur eine Krähe fliegt gleichgültig
über die Landschaft hin, wie ein Bote zwischen dem vor uns
liegenden Wald und dem Biesenthaler Kirchturm in unserm
Rücken. Die Krähe passiert diese Gegenden wie wir, sie wohnt
nicht darin.
Ein halbstündiger Gang in dem mahlenden Sande hat uns
endlich au eine tiefere Talschlucht geführt, und die andere Seite
hinaufsteigend, treten wir ein in die Stille des Waldes. Der wellige
Boden bleibt derselbe; aber rote Fichtenstämme steigen in schlanker
Schönheit auf, während das Fehlen alles Unterholzes einen Blick
weit waldeinwärts gestattet und den grünen Moosteppich in
überraschender Frische zeigt. Der Forst ist von großer Längen-
ausdehnung, aber von wenig Tiefe. So sehen wir es denn bald
wieder lichter vor uns werden und fühlen jenen veränderten
Luftzug, der den Ausgang des Waldes verrät. Ehe wir ihn erreicht
haben, hören wir ein leises Geräusch und gewahren zu seiten eines
dichten Brombeerbusches einen Alten, der Reisig sammelt und die
zerbrochenen Zweige auf seine Karre wirft. Neben ihm liegt ein
alter Spaten, um Wurzeln auszugraben, und an der obersten
Karrensprosse hängt ein Korb, drin er die fleischfarbenen Reizker
und die gelben Pfefferlinge sammelt, die ihm sein gutes Glück
als Zugabe beschert.
Der Alte trugt Strohhut und Leinwandjacke und zeigt nichts
Auffälliges, als das Fehlen jeder Spur von Oberlippe. Mittler-
weile habe ich ihm guten Tag geboten und frage ihn, ob er aus
Prenden ist.
Joa, ick bin ut Pren'n.
Ist es noch weit, Papa?
Nei, jlieks wenn Se 'rut komen. Awers sehen künn'n Se't
nich; 't ligt ing'n Grünn.
Und ist ein Krug da?
Joa, twee. Een jlieks hier vörnan, wo Sparren sin Slott
stunn.
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130
die Natur selber in Festtagsstimmung zu sein. Wie flüssiges Gold
quoll der Sonnenschein durch das zarte, grüne Buchenlaub und
warf breite, Helle Flecken auf den moosigen Weg. Eine Weile
noch hallte fernes Glockenläuten herüber; dann verwehte der
Klang, und nur das vielhundertstimmige Vogelkonzert belebte
die Stille. Ein paarmal führte der Weg über eine Waldblöße;
dann schwirrte der Gesang der Lerchen vom blauen Himmel herab
wie ein lang anhaltendes Geigentremolo in den höchsten Tönen.
Von Menschen traf ich nur ein paar Kirchgänger, dann nichts
mehr.
3. Zur Frühstückszeit kam ich nach Welsigke, einem stillen
Walddorf mit einer Oberförsterei. Das Försterhaus liegt im
Schatten uralter Eichen und Kastanien. Da der Tag heiß war,
rastete ich ein wenig auf einer Bank unter ihren Zweigen. Der
Forstmeister, eine prächtige, kraftvolle Weidmannsgestalt, trat
unter die Haustür, und bald entspann sich ein Gespräch, das mit
den Kränzen, die noch von der Hochzeit der einzigen Tochter her
am Hause hingen, anhob und mit dem Wildbestand der Forsten
endigte. Welsigke ist ein Stück der ehemaligen Brandtsheide
und hat in seinen Wäldern einen sehr starken Bestand nicht allein
an Reh- und Damwild, sondern auch an Wildschweinen und Fa-
sanen. Mittlerweile war die stille, freundliche Frau Forstmeisterin
mit den gütigen Augen zu uns getreten; wie durch Zauberhand
deckte sich der Tisch, und den Wegfremden wurde in altdeutscher
Gastfreundschaft ein kräftiges Frühstück so freundlich angeboten,
daß das Ausschlagen eine Beleidigung gewesen wäre.
Neugestärkt wanderte ich weiter nach Grubo, einem alten
wendischen Dorfe. Der letzte Teil des Weges von hier bis Raben
ist der beschwerlichste; er führt durch niedrige Bauernheide, ist
sonnig und sandig. Desto lieblicher ist der Blick auf das Dörfchen
Raben. Es liegt in einem Wiesengrunde an den Ufern der hier
entspringenden Plane; waldige Höhenzüge bilden rings den
Hintergrund. Die ganze Landschaft erinnert an die Gegenden
des Unterharzes.
4. Südlich vom Dorfe erhebt sich auf einer steil aus dem
Tal aufsteigenden Bergkuppe, die Gegend beherrschend, Burg
Rabenstein. Durch eine kühle Schlucht führt der Weg hinauf; man
hat hier neuerdings Anlagen gemacht, und in das Haselnuß- und
Buchenunterholz mischen sich blühende Flieder- und Weißdorn-
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2 Wie es in der Provinz Brandenburg aussieht.
berg bei Sorau, erhebt sich nur 235 m (718 Fuß). Oder wer von dem
gesegneten Rhein her käme und in der Mark die Rebenhügel an den
steilen Felsenufern mit den alten Ritterburgen wiederzufinden dächte, der
fände an unserer Oder, Havel und Spree und an den zahlreichen
Seen zwar manche liebliche Userlandschaft, aber nur Flüsse mit trä-
gerem Laufe ohne Felsschluchten und tiefe Thäler. Und wer aus den
reichen Fruchtauen Süddeutschlands, Sachsens, Westfalens, Schle-
siens mit den goldenen Saaten in unsere Provinz kommt, der wird
sich freilich seine Heimath loben, wenn er bei uns öfter weite san-
dige Strecken mit dünnem Hafer, niedrigem Roggen und magerem
Buchweizen sieht. Und doch ist auch in diesen wenig bevorzugten
Gegenden gut wohnen, und wer genügsamen Sinnes ist, liebt seine
Heimath, das stille Dörflein mit den Lehmhütten und dem Strohdache,
auf dem der Storch nistet. Wie friedlich liegt es da in seiner grü-
nen Umgebung! Birnen- und Aepfelbäume beschatten Häuser und
Gärten; Buchfinken nisten in den Zweigen, und die Nachtigall schlägt
in dem Gebüsch! Der Kürbis und die Bohnen ranken am niedrigen
Fenster, die Schwalbe nistet zutraulich unter dem Dachgebälk, und die
Lerche singt auch hier dem großen Herrn der Welt ihr Loblied.
Einige Strecken in der Mark sind aber wirklich öde, z. B. im süd-
lichen Theile und in der Niederlausitz. Der lockere Sand ernährt nur eine
sparsame Pflanzendecke und der Wind spielt mit ihm. Die lichten Kiefer-
wälder bieten keine Erfrischung, kein kühler Quell, kein lebendiger Bach
tränkt das Land weit hin, des Wanderers Fuß ermüdet in dem tiefen
Sande oder gleitet auf den trocknen, glatten Nadeln. Die Bewohner
sind arm, aber rührig und ein nachdenkendes Volk. Die Regierung
hilft überdies überall nach. Feste Steinstraßen verbinden die Städte,
und die Landwirtschaft hat es gelernt, auch den armen Boden für die
fleißige Pflege dankbar zu machen. Vielfach begegnen uns schon Kirsch-
bäume und nützliche Pflanzen, wo vor 30 Jahren noch Heidekraut und
Besenpfriem wucherte; manches Dorf hat in der Zeit ein freundliches
Ansehen erhalten und ragt mit dem alten Kirchthurme aus jungen Gärten
hervor. In den Häusern steht oft noch der alte Webstuhl und der große
Kachelofen, die Leute spinnen und weben noch vielfach selbst ihren Kleider-
bedarf. Sie müssen fleißig sein, sparsam leben und gut Haus halten,
wenn sie ihr tägliches Brot erwerben und ihre Steuern pünktlich zahlen
wollen. Aber es erheben sich auch durch das ganze Land größere
Anstalten des Gewerbefleißes und Fabriken aller Art, und der Ver-
kehr stockt nirgends, nur sehr wenige Strecken liegen weit ab von
den großen Handelsstraßen. Unter dem Volke herrscht Liebe zur
Heimath und zum Könige. Aus seinem Dienste im Kriegsheere
bringt der junge Landmann viele neue Erfahrungen und Gedanken mit,
die er nun durch seine Arbeit verwerthet. Ueberall ist ein Scherflein
übrig für Nothleidende, und das Wort Gottes wohnet reichlich in
der Mark; es ist vielfach in ihr durch die That zu erfahren, wie
es ein großer Gewinn ist, wer gottselig ist und lasset ihm genügen.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Dic £prct.
11
hin zurückweichen mußten. Die Nachkommen derselben wohnen noch
heute im Spreewalde und haben die Sprache und Sitten ihrer Väter
bewahrt. Viel Wald ist ausgerodet und in Wiese und Ackerland
verwandelt, und auch hier hat Friedrich der Große keine Kosten
gespart. So ist der Spreewald jetzt ein anmuthiges Jnselland, auf
welchem Gärten, Wiesen und Aecker mit reichen Laubwäldern wechseln,
in denen Eichen, Buchen, Ulmen, Eschen, Linden, Ahorn und Erlen
fröhlich neben einander wachsen, während an den Flußarmen Mühlen
klappern und freundliche Wohnhäuser stehen.
Alles, was anderswo zu Fuße, zu Pferde und zu Wagen ab-
gemacht wird, verrichtet man dort in Kähnen; denn die Flußarme
und Gräben vertreten die Stelle der Wege. Die schmalen Fahrzeuge
aus Baumstämmen werden, weil sie leicht umschlagen, Seelenverkäufer
genannt. Mit großer Geschicklichkeit wissen die Bewohner des Spree-
waldes sie zu regieren, und pfeilschnell treibt man sie durch das Waffer.
Mit dem Kahne bringt man das Vieh zur Weide, holt Gras, Getreide
und Holz heim, besucht den Nachbar, fährt zu Markte und im
Sonntagsschmucke zur Kirche, folgen auch im schweigenden Trauer-
zuge die Leidtragenden der Leiche, die auf einem Kahne zum Kirch-
Hofe gebracht wird. Zu Kahne besucht der Förster sein Revier, ver-
folgt er den Holz- und Grasdieb, fährt er auf die Jagd. Ein
anderes Bild gewährt der Winter. Kaum hält das Eis, so schnallt
sich alle Welt Schlittschuhe an: das arme, alte Mütterchen, das sich
Raff- und Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer,
Weiber und Kinder, alle gleiten dann pfeilschnell über die spiegelblanken
Kanäle und Handschlitten vertreten nun die Kähne. Der Spreewald
theilt sich in den oberen und unteren; jener ist 30 Km (4 Meilen) lang,
11 Km (1 y2 Meile) breit, zieht sich bis Lübben, von wo der untere
Theil fast 15 Km (2 Meilen) abwärts reicht; von Wald ist hier freilich
nichts mehr zu sehen, nur baumarme, mit Erlengebüsch bewachsene Torf-
wiesen breiten sich an den Ufern der Spree aus, bis diese in den flachen
Schwielung-S ee fließt. Durch Sandöden und Kieferwälder fließt sie
weiter; unterhalb der Stadtb e e s k o w mündet der M ü l l r o s e rk a n a l,
der nach dem großen Kurfürsten Fri edrich- Wilhelms -Kau a l heißt.
Er verbindet die S p r e e mit der O d e r und stellt so eine ununterbrochene
Wasserstraße von der Elbe bis zur Weichsel her; denn aus der Elbe
gelangt man in die Havel und Spree und aus dieser durch den
genannten Kanal in die Oder, Warthe und Netze, und mittelst
des Bromberger Kanals in die Weichsel. Vor Fürstenwalde
hat sich die Spree aus ihrem nördlichen Laufe nach Nordwesten ge-
wendet, fließt durch waldreiches Land an den Rauen'schen Bergen
vorüber bis zum Müggelsee und den Müggelbergen (Iii m
[342 Fuß) hoch) bei Köpenick und erreicht dann bald Berlin.
Zahlreiche Kähne mit Holz, Torf, Getreide, Steinen, Kalk, Obst beleben
hier den Fluß. An Ch arlo tt enb urg vorüber geht sie endlich beider
Festung Spandau in die träge Havel. Wir machen aber von der
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Wilhelms Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Müggelsee Müggelbergen Berlin
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
2
Wie es in Lei Provinz Brandenburg ausfleht.
Häuser und Gärten; Buchfinken nisten in den Zweigen, und die Nach-
tigall schlägt in dem Gebüsch! Der Kürbis und die Bohnen ranken
am niedrigen Fenster, die Schwalbe nistet zutraulich unter dem Dach-
gebälk, und die Lerche fingt auch hier dem großen Herrn der Welt
ihr Loblied.
In dem Sande, der lose ist und bei jedem Tritte nachgiebt, ist
zumal in der Sonnengluth, wenn er fast durch die Ledersohlen durch-
brennt, schlechtes Wandern. Wer sich da auf den nahen Wald freut,
täuscht sich; denn darin stehen Kiefern, die gewähren keine Erfri-
schung. Auf den glatten Nadeln gleitet der Fuß häufig aus; ver-
geblich schaut das Auge nach einem frischen Quell, die lechzende
Zunge zu kühlen; findet man auch hier und da Master, so ist das
doch kein Labetrunk, es ist abgestanden, und schon der Geruch ist
widerlich. Und wie erfreut sich doch das Herz, wenn man aus der
Fremde heimkehrt und man sieht über dem Waldsaume den wohl-
bekannten Kirchthurm und betritt wieder die Stube mit dem großen
Kachelofen und dem Webestuhle, auf welchem gewebt wird, was die
Mutter und Tochter des Hauses im Winter gesponnen haben, um
daraus Hemden und Kleider zu fertigen. Freilich müssen Alt und
Jung fleißig und sparsam sein, wenn sie ihr tägliches Brot erwer-
den und die Steuer und Abgaben pünktlich bezahlen wollen. Da
müssen sie von Früh bis in die späte Nacht thätig sein und mit
dem Erworbenen gut Haushalten. Wohl dem Hause, wo man das
mühsam Verdiente nicht durch Branntweintrinken vergeudet und auch
ein Schärfiein für Nothleidende übrig hat. Wohl dem Hause, wo
es reinlich aussieht und auch das Wort Gottes reichlich wohnt; denn
von einem solchen gilt: Es ist ein großer Gewinn, wer gottselig ist
und lästet ihm begnügen.
Freilich giebt es auch weite Strecken, wo keine menschliche Woh-
nung zu finden ist, wo unwirthliche Haiden mit verkrüppelten Na-
delholzbäumen und dürrem Haidekraute sich ausbreiten; da sind keine
belebten Straßen; da hört man keinen Vogel singen; nur etwa ein
Specht klopft an den angefaulten Baumstämmen; meilenweit sieht
man keinen Menschen, und wo man einem begegnet, geht man scheu
an ihm vorüber; denn es ist in dieser unheimlichen Einsamkeit Nie-
mandem zu trauen, wenn man ihn nicht kennt.
Anderwärts breiten sich große Sümpfe mit dichtem Schilfe aus und
Moore, an denen Erlen- und Birkengebüsch sich hinzieht. Da schreitet
der Storch bedächtig herum, die Rohrdommel flattert über das Schilf,
und das schwarze Wasserhuhn rudert flink dahin.
Doch es giebt auch viele Gegenden, in denen es ganz anders
aussieht. Die Mark ist reich an Flüssen und Seen; sammetgrüne
Wiesen sind an ihren Ufern, weidende Viehheerden beleben sie, und
umschlossen werden sie von lieblichen Laubwäldern. Von den An-
höhen aus, wie sie sich in verschiedenen Theilen der Mark einige
Hundert Fuß hoch erheben, hat man einen freien und weiten Blick
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Mulde.
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zogen werden. Nach Annaburg führt die große Haide ihren Namen,
die sich dort ausbreitet. Sie enthält großentheils Tannen- und
Kiefernwaldung, und nur hin und wieder trifft man Laubholz. Sie
ist auch an Bienenzucht reich.
4. Die Mulde.
Die Mulde kommt aus dem Königreiche Sachsen und ist aus
zwei Flüffen gleiches Namens, aus der Zwickau er und Freiber-
ger Mulde, die sich bei der sächsischen Stadt Kolditz vereinigen,
entstanden. Da sie zwischen der Elbe und Saale fließt, hat sie
wenig Zuflüffe; aber ihr Lauf ist schnell und rauschend; sie geht nach
der Vereinigung der beiden Quellflüffe meist durch ebene Gegenden.
Bei Eilenburg tritt sie in die Provinz ein.
Auf der rechten Seite der Mulde schließt sich Haide an Haide;
bei Düben beginnt die große Dübener Haide, aus welcher Delitzsch,
Leipzig und andere Städte meistens ihr Brennholz beziehen. In
dieser Haide arbeiten gewöhnlich vom Frühjahr bis zum Herbste die
sogenannten Muldenhauer, Leute, • welche aus der Gegend von
Königssee im Thüringer Walde jährlich hieher kommen, um sich
ihr Brot zu erwerben. Jeder dieser Leute führt auf einem Schub-
karren seine geringen Bedürfnisse, Haushalt und Hausgeräth sammt
Werkzeug, mit sich, fährt in das Holz hinein, baut sich eine Hütte
und verfertigt mit großer Geschicklichkeit und Schnelligkeit Backtröge,
Mulden, Schaufeln, Karren, Leitern und andere hölzerne Geräthe.
Wenn sie im Oktober wieder hcimziehen, haben sie kaum so viel
verdient, um sich und die Ihrigen den Winter hindurch ernähren zu
können. Auf den dürftigen Feldern können nur Roggen, Haidekorn,
Kartoffeln, Gerste und Hafer gebaut werden.
So zieht sich die Gegend über Gräsenhainichen hinaus bis nach
Wittenberg hin. In Gräsenhainichen wurde i. I. 1606 oder
1607 Paul Gerhard, der Dichter von: „Befiehl du deine Wege"
und vieler anderen Lieder, die wir in unseren Gesangbüchern heute
noch haben, geboren. Die Waldungen bestehen meist aus Nadel-
hölzern, doch findet man auch viele Eichen, Buchen, Rüstern, Birken,
Eschen und Erlen. Mit dem Bau-, Nutz- und Brennholz, den
Brettern und Latten wird bedeutender Handel in's Anhaltische, nach
Magdeburg, ja bis nach Hamburg hin getrieben. Auf beiden Seiten
der Mulde breiten sich weite Moor- und Snmpfstrecken aus, in
denen viel Torf gestochen wird. Nach Delitzsch und Bitter selb
hin ist der Boden sehr fruchtbar; da wechseln Oelsaaten mit Weizen
und Flachsfeldern; Tabak, Gemüse, Zuckerrüben werden vielfach an-
gebaut und auch Färbekräuter, als Krapp und Waid, werden hier
gezogen. In Delitzsch sind seit alten Zeiten viele Strumpfwaaren
gefertigt worden. Darum heißt es in einem Liede: „Delitzsch, die
Strumpfstrickerstadt, wird das Stricken gar nicht satt."
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Wie t* in der Provinz Posen »u-fieht.
Schrimm aus. In dem sandigen Boden wachsen meist Kiefern,
so besonders bei Meseritz. Da ist mit dürrem Haidekraut der un-
fruchtbare Boden bedeckt, und die rothen Kiefern starren traurig in
die Wolken. Da herrscht eine tiefe Einsamkeit. Wenn sich kein Lüft-
chen regt, und die Kiefern Harzdünste ausschwitzen, und die Wespen
und Bienen summen um die violetten Haideblüthen, wenn ringsum
nichts zu hören ist, als der Specht, der gegen die Stämme häm-
mert, und dein eigener Fußtritt, lieber Wandersmann, der auf den
glatten Kiefernadeln glitscht, und der Sand ist so heiß, und du kommst
nicht weiter: dann wird es dir recht bange in der Haide, und du
horchst, wenn ein Lüftchen geht und ein Eichhörnchen von Ast zu Ast
raschelt, und die alten, ausgedörrten Zweige knarren. Dein Gaumen ist
trocken, und du suchst vergeblich nach einem frischen Quell.
Doch auch grüne, schattige Laubwälder bedecken viele Striche der
Provinz. Da wachsen Birken, Eichen, Ulmen, Buchen, Ahorn, Lin-
den, Espen und Erlen. In den Wäldern haben die Holzfäller,
Köhler und Vogelsteller ihre Arbeit; da dampfen die Meiler, da
krachen die hohen Bäume, wenn sie gefällt werden; da schält man
die Eichen, um die Rinde als Lohe für die Gerber zu verkaufen;
da werden Bretter geschnitten, Balken für Häuser zugehauen; da
sucht man Erd- und Heidelbeeren, eßbare Pilze und heilsame Kräu-
ter. Andere sieden Pech und Theer und füllen Butten mit Kienruß,
und fertigen Waschklammern, Quirle, Mulden, Siebzeug und man-
cherlei Hausgeräthe. Auch wird von den Waldbienen viel Ho-
nig und Wachs gewonnen und aus ersterem ein beliebtes Getränk,
der Meth, bereitet. In den hohlen, alten Bäumen nisten Eulen,
hoch oben in den Wipfeln Habichte, und auch Adler werden biswei-
len erlegt. Auerhühner brüten in der Tiefe des Waldes und Birk-
und Haselhühner kommen häufig vor. Der Jäger geht den Hasen
und Rehen nach, die sich in großer Anzahl in den Wäldern finden;
seltener sind die wilden Schweine. Dagegen wohnen gar viele Füchse
und Dachse in ihren künstlichen Gängen und Gruben, aus denen sie
nur mit Mühe herauszubringen sind; Wiesel und Iltisse, Marder
und wilde Katzen hausen in hohlen Bäumen, und der Wolf ist be-
sonders häufig in den großen Wäldern anzutreffen, die an das Kö-
nigreich Polen stoßen. Es werden jährlich über 100 dieser räube-
rischen Thiere getödtet, und für jedes Stück, was erlegt wird, gewährt
die Regierung eine Belohnung; außerdem wird auch für das Fell
ein guter Preis bezahlt. Es vergeht wohl kein Jahr, wo nicht
die Wölfe mehrere Kinder und auch Erwachsene überfallen und tödten.
Man erlegt sie mit Schußwaffen, sängt sie aber auch in Gruben.
Einmal ging ein Geigersmann von einer Kirchweihe nach Hause,
auf welcher er den Leuten bis tief in die Nacht aufgegeigt hatte.
Das Männlein kam im dicken Forste vom Wege ab und fiel am
Ende in eine Grube, welche der Jäger zum Wolfsfange gegraben
hatte. Der Schreck war groß, als er unten auf etwas Lebendiges
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TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]