Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
6. Bewohner. 25
öffnete. So siedelten sich vom Jahre 1687 viele Pfälzer in Calbe an; sie
brachten der Stadt einen neuen Erwerbszweig, indem sie die Tuchmanufaktur
einführten. Dieselbe steht jetzt in hoher Blüte.
In den Jahren 1806—1813, da unser Vaterland von dem welschen
Eroberer Napoleon geknechtet wurde, gehörte unsere Heimat zu dem König-
reich Westfalen; doch nur gezwungen trugen unsere Väter das fränkische Joch.
Der Aufstand eines Hauptmanns von Kleist, der Siegeszug des Herzogs
von Brannschweig und die Rächerschar des Majors von Schill im Jahre
1809, der das Dodendorser Feld mit französischem Blut tränkte, geben uns
den Beweis, daß in den Herzen unsrer Väter die alte Preußenliebe loderte.
So wie man im Jahre 1815 Friedenseichen pflanzte, so errichtete man im
Jahre 1871 Friedensdenkmäler für die tapferen Söhne, die unser Haus und
unsern Herd im Kriege beschirmten und die deutsche Einigkeit mitbaneu
halfen.
7. Zum Schlüsse dieses Abschnittes mögen noch einige alte Sprüche
folgen, in denen manche Städte und Orte vom Volke gekennzeichnet sind:
1. De Brocken, de lätt sick locken, aber de Elm (Höhenzug im Braun-
schweigischen), dat is en Schelm. (Wetterregel.)
2. In Aken is nicks to maken as Buntholt uu Staken.
3. Queddelborger Brennewien, Queddelborger Masteschwien.
4. Stemmern, Biere, Barendorp, Uellnitz nn Forstete,
Zens, Mühlinge, Eikendorp, Atzendorf is ok derby,
Brumby un Glöthe, Soll'n dat nich elf Dörper si)'!*)
7. Handel und Verkehr.
Wie Abschnitt 5 schon erwähnt, sind unsere Heimatkreife zu den frucht-
barsten und gesegnetsten des ganzen Reiches zu rechnen, denn sie bringen
die meisten Lebensbedürfnisse im reichsten Maße hervor; ja an manchen Er-
zeugnissen, z. B. Getreide, Zucker, Cichorien, Braunkohlen und Salz u. s. w.,
ist sogar Überfluß vorhanden, so daß davon in andere Gegenden ausgeführt
werden kann (Ausfuhrartikel). Dennoch müssen die Bewohner auch Erzeug-
uisse anderer Länder, z. B. Kaffee, Thee, Reis, Tabak, Baumwolle, Seide,
Holz, Steinkohlen n. s. w. herankommen lasien, also einführen (Einfuhrartikel).
Dieser gegenseitige Austausch der Erzeugnisse wird Handel genannt und
durch die Kaufleute vermittelt. Infolge der umfangreichen Großindustrie
und des Handels dieser Kreise ist der Verkehr ein sehr bedeutender. Unter-
stützt wird er durch die Schiffahrt auf der Elbe und Saale. Außerdem
durchschneiden viele Eisenbahnstrecken die sruchtbaren und industriereichen
Teile der Kreise und stellen die Verbindung zwischen den größeren und
mittleren Städten her. Zu den wichtigsten Verkehrsanstalten gehören ferner
noch die Post- und Telegraphenanstalten, welche Waren, Briefe und Nach-
richten befördern. Von ganz besonderer Wichtigkeit für den Verkehr ist
das dichte Netz sehr guter Laudstraßeu, das fast alle Orte der Kreise
untereinander und mit außerhalb der Kreise gelegenen Ortschaften verbindet.
*) Diese Dörfer find 11 Ortschaften der Börde.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Schill Queddelborger_Brennewien
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34 Ortskunde.
gelehrte und berühmte Männer sind aus Quedlinburg hervorgegangen, wie Klopstock,
der berühmte Sänger des Messias, Karl Ritter und der Turnvater Gnths Muths'
Die Geburtshäuser derselben sind hente noch vorhanden. In dem herrlichen Brühl-
Wäldchen findet man die Büste Klopstocks und das Denkmal des berühmten Geo-
graphen Karl Ritter.
Die Gründung Quedlinburgs.
Kaiser Heinrich Iii., welcher zu Goslar residierte, hatte eiu bildschönes Töchter-
lein, welches jedoch das Unglück hatte, den Zorn des Vaters aus sich zu laden, so
daß derselbe befahl, sie hinzurichten. Die Räte legten sich jedoch ins Mittel und
baten den Kaiser für sie um Gnade. Da sagte er endlich: Nun ia, wenn sie inner-
halb acht Tagen ein Altartuch für den Dom fertig schaffe, wie er es wünsche, so
wolle er sie wieder in Gnaden annehmen. Die Prinzessin konnte aber über alle
Maßen schön weben und sticken, und als der Kaiser nun gesagt, wie das Altartuch
sein sollte, so machte sie sich sofort an die Arbeil. Das Muster war aber so
schwierig, daß eine fleißige geübte Stickerin wohl ein Jahr daran zu thuu hatte. Da
nun die Arbeit sehr langsam von statten ging, so rief sie die Mutter Gottes um
Hilfe an, aber diese kam nicht. In ihrer Verzweiflung rief sie endlich den Bösen
an. Dieser stellte sich sofort ein und versprach seine Hilfe, wenn sie ihm ihre Seele
verschreiben wolle. Darauf wollte die Prinzessin aber nicht eingehen. Der Böse
machte nun den Vorschlag, er wolle das Altartuch unter der Bedingung zur rechten
Zeit fertig stellen, daß. wenn er in der letzten Nacht zwischen elf und zwölf Uhr sie
wachend autreffe, so wolle er ihre Seele nicht haben, schliefe sie aber, so müßte sie
sein werden. Ja, antwortete sie, damit wäre sie zufrieden. Das Altai'tnch wuchs
uuu unter ihren Händen zusehends und ward wuuderschön. Als nun die letzte Nacht
vor dem Ablieferungstermine herankam und das Tuch beinahe fertig war, da konnte
sich die Prinzessin vor Müdigkeit gar nicht halten und schlief ein. Die Prinzessin
aber hatte ein kleines Hündchen, welches den Namen Quedel führte und die
Prinzessin nie verließ. Auch in dieser verhängnisvollen Nacht lag das Hündchen auf
ihrem Schöße und war munter, während sie schlief. Zwischen elf und zwölf Uhr
trappte der Böse über den Vorsaal und wollte eben die Thür zum Arbeitszimmer
der Prinzessin öffnen, als das muntere Hündchen durch lautes Bellen die Prinzessin
erweckte. Als nun der Teufel die Prinzessin wachend antraf, ward er sehr wütend,
ergriff das Hündchen und schmetterte es gegen den Boden, daß es auf der Stelle
starb. Der Teufel aber verschwaud und kam nicht wieder. Zum ewigen Gedächtnis
an diese Begebenheit ließ die Königstochter ein Kloster bauen, welches sie dem Hünd-
lein zu Ehren Quedlinburg nannte. Das wachsame Hündlein aber wurde auf deu
Befehl der Prinzessin einbalsamiert und nach ihrem Tode neben sie in den Sarg
gelegt. _
Noch heute zeigt man in einer kleinen Kapelle zu Goslar ein Frauenbild nut
einem Hündlein in einem Sarge liegend. Auch das Altartuch wurde vor Jahren
im alten Dome noch vorgezeigt.
Die Nikolaikirche in (Quedlinburg.
Die mit zwei hohen Türmen geschmückte Nikolaikirche in Quedlinburg ist dem
Wasserheiligen Nikolai gewidmet, welcher iin Jahre 343 n. Chr. gestorben ist.
Nikolai lebte als Bischof zu Myra iu Lycieu. Bei der Christenverfolgung wurde er
ins Gefängnis geworfen, doch später von Konstantin d. Gr. erlöset und nach Myra
zurückgesandt, wo er alle Götzentempel zerstörte und ein Helser aller Armen und
Bedrängten wurde. Er soll auch auf dem Konzil zu Nicäa (325) gewesen sein, wo
er dem Arins kräftig Widerstand leistete. Nach seinem Tode wurde er als Heiliger
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Extrahierte Personennamen: Klopstock Karl_Ritter Karl Karl_Ritter Karl Heinrich_Iii Heinrich Nikolai Konstantin_d
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Kreis Oschersleben, 67
Bäche entsendet der Hny und das Brandsleber Holz, die in den Bruchgraben
münden. Das Bruch wurde schon im 12. Jahrhundert nutzbar zu machen
gesucht; aber es sind noch Jahrhunderte vergangen, bis der Morast in üppiges
Wiesenland verwandelt worden ist. Späterhin nahm man, nachdem ver-
schiedene Pläne zur Urbarmachung des Sumpfes gescheitert waren, den Plan
wieder auf, aber allerlei Streitigkeiten machten der Sache ein Ende. Erst
in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts ist eine endgültige Regelung
erfolgt, durch welche das Land rechts und links vom Bruchgraben in Wiesen
umgeschaffen worden ist.
Die Bewohner beschäftigen sich in den Dörfern mit Ackerbau und Vieh-
.zucht. In den Städten herrscht lebhafter Handel und Gewerbe und außer-
ordentliche Fabrikthätvgkeit. Von den Fabriken sind die Zuckerfabriken vor-
herrschend, denn im Kreise Oschersleben befinden sich allein elf Zuckerfabriken
lind eine Zuckerraffinerie. Außerdem findet man noch fünf Spiritusbrennereien,
■drei Brauereien, drei Malzfabriken, zwei Maschinenfabriken und Eisengieße-
reien, zwei Papier- und Pappfabriken, eine Fabrik für landwirtschaftliche
Maschinen, eine Ölkuchenmühle und drei Braunkohlengruben (Hamersteben,
Hornhausen und Neindorf); bei Anderbeck ist mit Erfolg auf Kali gebohrt.
Die Kreisbehörde besteht aus dem Königlichen Landrat, zwei Kreis-
deputierten und sechs Kreisausschußmitgliedern. Neben dieser Behörde besteht
noch der Kreistag, dessen Mitglieder von den Bewohnern des Kreises
■(nenn Mitglieder von den größeren ländlichen Grundbesitzern, acht Mitglieder
Non den Landgemeinden und neun Mitglieder von den Städten) gewählt werden.
B. Beschreibung der Ortschaften,
a. Städte.
1. Oschersleben, 10 682 Einwohner.
Oschersleben an der Bode ist Kreisstadt und Wohnort der Kreisbe-
Hörden, hat eine Snperintendentnr, ein Amtsgericht, Postamt I und Eisenbahn-
station. Die Stadt hat eine evangelische und eine katholische Kirche. An
Schulen sind vorhanden: Eine Knaben- und Mädchen-Mittelschule, eine
Knaben- und Mädchen-Bürgerschule, eine evangelische Volksschule für Knaben
und Mädchen und eine katholische Volksschule für Knaben und Mädchen.
An Stiftungen sind vorhanden: St. Georgen-Hospital, Diakonissenhaus, evange-
Usches und katholisches Waisenhaus.
An Fabriken besitzt Oschersleben zwei Zuckerfabriken, eine Fabrik für
landwirtschaftliche Maschinen, drei Malzfabriken, zwei Brauereien, eine Eifen-
gießerei, eine Kupfer- und Kesselschmiede, eine Braunkohlengrube „Marie
Louise" bei Neindorf.
Oschersleben wird zum erftenmale in der Urkunde genannt, in der König
Otto Iii. am 23. November 994 den Markt in Quedlinburg errichtet. In der Namens-
form findet sich wenig Verschiedenheit, einmal heißt es Oskersleve, sonst immer
Oschersleve oder Osschersleve, lateinisch Oscharia. Schon seit Ende des 13. Jahr-
Hunderts und dann bis ins 16. Jahrhundert wird die Stadt gern Bruck-Öschers-
5*
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