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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 154

1911 - Erfurt : Keyser
154 feinen Branntwein mehr beschaffen tonnte, in den Rauchfang gehängt, in welchem unten das Feuer brannte. Zwar wurde ab und zu ein bei Mordtat ertappter Kroat am Gack gehenft oder neben dem Pranger fnieend mit dem Schwert enthauptet, aber damit trat feine Besserung ein. Ueber ein Jahr war niemand auf den Landstraßen feines Lebens sicher, und Wagenlasten sonn-len nur noch mit militärischer Bedeckung befördert werden. Lolches geschah in den ersten 10 Jahren des Krieges, und es ist dabei geblieben, bis der Frieden nach weiteren 20 langen Jabren wieder ins Land zog. inach Prof. Alfred Kirchhoff.) 48. Gustav Adolfs Einzug in Erfurt. 22. September 1631. Es war ein Donnerstag, an dem der Einzug Gustav Adolfs in Erfurt zu erwarten stand. Erst am Tage vorher, am 21. September, war Herzog Wilhelm von Weimar, der dem König feine Dienste angeboten hatte, vor dem Krämpfertor erschienen und ohne ernsthaften Widerstand der Torwache an der Spitze eines schwedischen Regimentes in die Stadt eingezogen. Er hatte dann den Ehrbaren Rat zu sich auf den Marftplatz vor den Graden entboten und ihm die Schlüssel der Stadt abverlangt. Sie wurden ihm auch ohne Weigerung von allen sechs Haupttoren der Stadt überreicht, so daß Erfurt beim Einzuge des Königs bereits in schwedischen Händen war. Einzug: Die Herzen der Erfurter schlugen dem Sieger von Breitenfeld warm entgegen. Wer nur irgend sonnte, eilte herbei, uni ihn zu sehen und ihm zuzujubeln. Schon in aller Frühe hatten die Türmer das Herannahen der Heersäulen am nördlichen Horizont bemerft und den Bürgern verfündet. Seit Mittag harrten diese, Kops an Kops gedrängt, ans die Einziehenden. Der Platz vor der „hohen Lilie", dem zum Hauptquartier des Königs bestimmten Wohnhaus des Ratsherrn Hiob Ludolf, war bereits überfüllt, ebenfo der Rubemnarft (von der Marftstraße bis zur Andreaskirche) und die Straßen nach dem Andreastor. Aber noch immer drängten neue Scharen aus dem Innern der Stadt herzu. Da ertönte um die vierte Nachmittagsstunde als erster Willfom-mengruß das Geläut der Maria Gloriosa, und sofort mischten sich die andern Glocken dazwischen. Erwartungsvoll lauschte die Menge. Endlich erklangen die ersten Trompetensansaren, und von fern sah man Waffen im Sonnenlicht des heiteren Septembertages erglänzen. Näher und näher kam das Brausen eines vieltausendstimmigen Jubels. Begrünung: Jetzt erschien auch der König. Hoch zu Roß ritt er vor seinen finnischen Panzerreitern einher, einfach und doch herzgewinnend. Seine frostige Gestalt überragte um Haupteslänge

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 156

1911 - Erfurt : Keyser
— 156 — Seite das schwedische Wappen, aus der anderen das Brustbild des Königs mit dem Lorbeerkran;. (Nach Pros. Alsr. Kirchhosf.) 50. Schwedens Königin in Erfurts [Dauern. 1 Aufenthalt: Zweimal hat Marie Eleonore in Erfurt geweilt. Das erste Mal erschien sie wenige Monate nach ihrem Gemahl. Es war am Shloestertage 1631, als sie ohne großes Gefolge zum Schmidtstedtertor hereinfuhr. In das Begrüßungsgeläut der großen Glocke mischte sich der lernte Donner der Wallund Burggeschütze. Aber auch die Bürgerschaft, die mit der Garnison Spalier in den Straßen bildete, jubelte ihr freudig entgegen. Die „hohe Lilie", der Stadt vornehmstes Absteigequartier, öffnete der Königin die gastlichen Pforten. Sie bewohnte dieselben Gemächer, die kurze Zeit vorher ihren Gemahl beherbergt hatten. Am Neujahrstage besuchte die Königin den Gottesdienst im Dom. Mit der Krone aus dem Haupte und umgeben von ihrem Gesolge, stieg sie die 70 Graden zu dem prächtigen Gottes hause empor. Da aber ihr Herz sie drängte, dem geliebten Gemahl entgegenzueilen, reiste sie schon am andern Tage nach Franken weiter. Doch trotz des kurzen Aufenthaltes hatten die Erfurter die Königin liebgewonnen; sie erblickten in ihr den Schutzengel der Stadt. 2 Aufenthalt: Im Oktober desselben Jahres kehrte sie noch einmal mit ihrem Gemahl nach Erfurt zurück. Gustav Adols wollte feine Gemahlin nicht dem unberechenbaren Geschick einer Feldschlacht aussetzen und Hatte darum Erfurt zu ihrer Residenz auserfeheu. Er selbst weilte nur für kurze Zeit (28. bis 30. Oft.) in der Stadt. Nachdem er fein Heer in wenigen Tagen auf dem ausgedehnten Johannesfelde geordnet hatte, zog er mit ihm nach Sachsen weiter. Am Dienstag, den 30. Oktober, drückte Marie Eleonore den letzten Kuß auf die Lippen ihres heißgeliebten Gemahls, der ungesäumt der großen Entscheidungsschlacht entgegenzog. Kaum war der König aufgebrochen, da verlegte die Königin ihren Wohnsitz von der „hohen Lilie" nach dem Anger, wo seit Jahresfrist der schwedische Statthalter residierte. Sie erwählte das Hans zum „schwarzen Löwen" (Anger 11), unmittelbar neben der Stattbalterei (Anger 10, Haus zum „weißen Löwen") gelegen und mit ihr durch einen Durchbruch verbunden, zur Wohnung. Tage von der Ankündigung des Todes Gustav Adolfs: Sieben Tage waren seit der schmerzlichen Trennung von ihrem Gemahl vergangen. Wieder war es ein Dienstag (6. November), und so trübselig grau, wie an diesem Nebeltag die Wolken herniederhingen, so bekümmert war das Herz der Königin. Ihre Gedanken weilten bei ihrem Gemahl, den sie in grausamer Feldschlacht glaubte. Frühzeitig senkte sich nächtliches Tun-

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 178

1911 - Erfurt : Keyser
— 178 — zitternd erwartete man den Ausgang des Kampfes. Mehrere Hannoveraner hatten sich in benachbarte Häuser geflüchtet, doch nur wenigen konnten die Bürger durchhelfen. Die meisten wurden ergriffen und gefangen fortgeführt. Schädigung der Ltadt: Die folgenden Jahre glichen dem Jahre 1759. Die Stadt sah in wiederholtem Wechsel Reichstruppen, Franzosen und Preußen, bis endlich der Friede zu Hubertusburg dem Kriege und damit auch den Leiden Erfurts ein Ende machte. Diese haben vor allem in der Aufbringung großer Summen Kriegsgelder bestanden. Man schätzt den Gesamtschaden, den der Krieg der Stadt und ihrem Gebiete gebracht hat, aus 3 Millionen Reichstaler. Erst 30 Jahre nach dem Kriege hörte die Bezahlung der Beitrüge zu den Kriegsschulden auf. Mancher Bürger hat den größten Teil feiner Habe, mancher Handwerker fein Handwerksgerät und mancher Landmann fein Vieh und feine Ländereien verkaufen müssen, um seinen Anteil zu bezahlen. Infolge der vielen Lieferungen an Freund und Feind und der fortwährenden Einquartierungen trat eine Teuerung ein, die von Jahr zu Jahr wuchs. Gegen Ende des Krieges kostete ein Butterweck 7 Groschen, ein Mandel Eier ebensoviel, ein Pfund Schweine- oder Rindfleisch bis 6 Groschen, Schöpsenfleisch 4 Groschen und ein Paar Käse 3 und 4 Groschen. Eine Semmel, welche kaum die Größe einer früheren Pfennigsemmel hatte, kostete 3 Pfennige. Auch alle grünen und dürren Gemüse waren sehr teuer. (Nach Eonst. Beyer.) 62. In Erfurt zur Zeit Dalbergs. 1772—1802. Fürsorge Dalbergs: Die Statthalterschaft des Freiherrn Karl Theodor v. Dalberg1) galt und gilt heute noch bei den Erfurtern als eine besondere Glanzzeit der Stadt. Tatsächlich hat v. Dalberg auch eine große, bessernde Tätigkeit für das Erfurter Gebiet entwickelt. Er bildete z. B. die Kommerziendeputation (Abordnung von Kaufleuten) zur Besserung des darniederliegenden Handels, förderte Ackerbau und Viehzucht und milderte die Fronen, errichtete eine Spinnschnle zur Förderung des Gewerbfleißes, gründete ein Zwangsarbeitshaus für arbeitslose und arbeitsscheue Leute, schuf eine Witwenkasse für Staatsdiener und eine Landnotdurftskasse zur Bestreitung außerordentlicher Ausgaben in Notzeiten und führte gesetzlich die Feuerversicherung ein. Der Erfolg dieser wohlgemeinten Vorschläge und ') Ernannt vom Erzbischof Emmerich Joseph, war er hauptsächlich unter dem Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Etthal (1774—1802, dem die Erfurter nach seinem ersten Aufenthalte in Erfurt (1777) die Ehrensäule auf dem Platze vor den Graden (Friedrich Wilhelmsplatz) errichteten, als Statthalter tätig.

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 180

1911 - Erfurt : Keyser
— 180 — brauchen begangen wurde. Den größten Fremdenftrom führte jedoch die große Fronleichnamsprozession herbei, eine Schöpfung der Jesuiten. Hinter dem feierlichen Zuge erschienen, teils auf breiten, teppichbedeckten Wagen, teils auf Brettern oder auf den Schultern getragen, bildliche Darstellungen aus der Heiligen Schrift. Sie wurden von lebenden Personen dargestellt und dienten nur zur Befriedigung der Schaulust der Umstehenden. Da sah man den Propheten Jonas im Rachen des Walfisches, David mit der Schleuder und den Riesen Goliath, Josua und Kaleb mit der großen Weintraube u. a. m. Das Stadtinnere: Die Stadt selbst machte äußerlich einen recht stattlichen Eindruck. Mit ihren zahllosen Türmen und Kirchen, überragt vom Dom und den beiden Stiftskirchen, bot sie dem Wanderer ein herrliches Bild, dem aber das Innere in keiner Weise entsprach. Durch die finsteren, gewundenen Tore gelangte man in die Stadt, falls es nicht Nacht ober am Sonntag zur Kirchzeit war. Zu biefen Stunben waren die Tore geschlossen und würden nur gegen eine Vergütung geöffnet. Am Tore be-sanb sich die Zoll- und die Akzisewache (Akzise = Verbrauchssteuer), bei der alle eingehenbe Hanbelsware versteuert werben mußte. Hatte man die Vorstabt burchschritten, so stanb man vor einem zweiten Mauerring; benn die älteste, von der Gera umflossene Befestigung war noch zum größten Teil vorhanben. Von ihren Toren stanben das alte Wasser-, Löber-, Johannes- und Augusttor (s. Nr. 21). Der mächtige Steinunterbau der Tore war mit bürstigen Holzhäuschen besetzt, die man an arme Leute vermietet hatte. Durch bxcfc Tore betrat man die eigentliche Stadt. Ihre Straßen waren verhältnismäßig breit. Aber das Gras wuchs zwischen den Steinen, ba der Verkehr fehlte. Pflaster und Reinlichkeit ließen viel zu wünschen übrig. Ersteres war so schlecht, daß sich an vielen Orten tiefe Löcher befanben, in benen Menschen und Vieh samt dem Fuhrwerk leicht verunglücken konnten. Durch die meisten der Straßen war fließenbes Wasser geleitet. Diese künstliche Bewässerung galt als eine besonbere Merkwürbigkeit Erfurts und biente, außer zur Bewässerung der Gärten, der Reinlichkeit der Stadt und der Gefunbheit der Luft; ferner würde es in den Brauereien gebraucht, biente zum Antrieb der vielen Mühlen und ganz befonbers zur Unterstützung der Rettungsanstalten beim Feuer. Eine Straßenbeleuchtung, wie sie die größeren deutschen Städte um 1800 bereits besaßen, fehlte noch. Wer abenbs ausgehen wollte, mußte sich eine Laterne mitnehmen. Auch Straßenschilber und Hausnummern waren nicht vorhanben. Jebes der 3154 Häuser hatte noch die aus dem Mittelalter stammenbe Benennung, unter der es allgemein bekannt war. Die Bautätigkeit war gering. Die vorhandenen prächtigen Bauten stammten aus älterer Zeit. Wohl aber zählte man in der Stadt über 400 wüste Brandstätten. Nicht weniger als 15 Kirchen standen teils unge-

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 186

1911 - Erfurt : Keyser
— 186 — Göttin. Im Innern war ein Altar mit Der Inschrift „Großmut und Tugend" erbaut. Ihn zierten die Büsten des Königs und der Königin. Junge Mädchen in lang herabwallenden Gewändern, griechischen Priesteriunen ähnlich, streuten Blumen aus und vor den Altar nieder. Von den Seiten des Tempels aus durchzogen Schwibbogen, welche mit unzähligen Lampen und Bildern griechischer Gottheiten geschmückt waren, die Vorderseite des Gartens. Im mittelsten Bogen schwebte der preußische Adler. Große Freude herrschte an diesem Abend in der Stadt. Ein dichtes Gewühl von Menschen durchzog die Straßen und bewunderte die im Lichterglanz erstrahlenden Häuser. Besonders groß war das Gedränge in der Nähe der Statthalterei, aus deren Balkon die hohen Herrschaften zu schauen waren. Abreise: Tags darauf reiste das hohe Paar, begleitet von den heißesten Segenswünschen der Erfurter, ab. Ju den wenigen Tagen hatten die Bürger den König und die Königin liebgewonnen; sie waren nun auch mit ihren Herzen Preußen. 2 Besuch: Fast noch glänzender als der erste, verlief einige Wochen später der zweite Besuch des hohen Paares. Am 25. Juni wurde bekannt, daß der König und die Königin noch einmal zu kurzem Aufenthalt am folgenden Tage eintreffen würden. Der Einzug sollte diesmal durch das Andreastor erfolgen, da die hohen Herrschaften vom Besuche des Eichsfeldes (mit Erfurt, als zu Kurmainz gehörend, zugleich preußisch geworden) zurückkehrten. Mit klingendem Spiel rückte die Schützenkompanie am 26. unter Mittag zum Tore hinaus. Auch die Bürgerschaft hatte sich in hellen Haufen aufgemacht, die hohen Gäste zu begrüßen. Es war 1 Uhr, als das Läuten sämtlicher Glocken das Nahen der Majestäten verkündete. In dem Glockenchor unterschied man zum ersten Male wieder das schöne „Berggeläute" der Peterskirche, das seit Aufhebung des Klosters verstummt war. Die Majestäten kamen nicht zusammen. Der König, kein Freund geräuschvoller Kundgebungen, war vorausgefahren. Er passierte gleich im ersten Wagen, in welchem ihn niemand vermutete, das Tor und fuhr, so gut wie unerkannt, zur Stattbalterei. Die Königin erschien später. Sie saß im offenen Wagen, und es machte ihr sichtlich Freude, die warmen und begeisterten Huldigungen der Erfurter entgegenzunehmen. Sie erwiderte diese durch immer wiederholte Verbeugungen und die freundlichsten Blicke. Gegen 9 Uhr abends versammelte sich die Bürgerschaft ans dem Ratskeller und zog von da mit Musik und Fackeln über die Neue Straße und den Anger nach der Stattbalterei. Es war eine unübersehbare Reihe, die aus Bürgern aller Stände bestand. Vor der Hofstatt schloß sich der Zug zum Kreise und ehrte das hohe Paar durch einen Volksgesang. Das Lied hatte der Diakonus Lossius gedichtet, und es wurde von der Menge nach der Melodie

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 192

1911 - Erfurt : Keyser
— 192 — 67. Proklamation1) des Königs Friedrich Wilhelm Iii. an die Bewohner Erfurts nach dem Frieden von Ciliif. „An die Bewohner der Provinzen und Gebiete: Altmark. . Erfurt usw. Ihr kennt, liebe Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, meine Gesinnungen und die Begebenheiten des letzten Jahres. Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des letzten Restes meiner Armee waren vergeblich. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem mein mächtiger Bundesgenosse selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt fühlt, blieb mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Not des Kriegs zu wünschen. Der Friede mußte, so wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden; er legt mir und meinem Hause, er legt dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer aus. Was Jahrhunderte und biedre Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden halten, mußte getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren vergeblich, fruchtlos! Das Schicksal gebietet. Der Vater scheidet von den Kindern! Ich entlasse Euch aller Untertanenpflichten gegen mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für Euer Wohl begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn! Seid ihm, was ihr mir wäret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus meinem und der Meinigen Herzen vertilgen. Memel, den 24sten Jul. 1807. Friedrich Wilhelm." 68. Der Erfurter Ffirffenkongrefj. a) Ankunft der Kaiser zur Fürltenverfammlung in Erfurt. Vorbereitungen zum Empfang Napoleons: Napoleon hatte Erfurt zu dem Orte erwählt, an dem er sich mit den Mächtigsten der Erde zu einer Besprechung vereinigen wollte. Darum trafen schon einige Wochen vor ibm seine Beauftragten in der Stadt ein, um alles für seinen Empfang und den seiner erlauch teu Gäste vorzubereiten. Marschall Ondinot, der als Gouverneur nach Erfurt gekommen war, ließ die ansehnlichsten Häuser der Stadt in Beschlag nehmen und an den Türen mit „Maison del’empereur“ bezeichnen. Auch die Bürger selbst trafen verfchiedentliche Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers. So wurden drei Ehrenpforten an der Grenze des Erfurter Gebietes, bei Gamstädt, vor dem Brühlertor und auf dem Anger, errichtet, und eben sollte an sie die letzte Hand gelegt werden, als der kaiserliche Befehl kam, alle kostspieligen Veranstaltungen bei seinem Einzug zu unterlassen. Nun blieb den Bürgern nichts anderes übrig, als sie wieder l) Wurde am 30. September 1807 bekannt gemacht.

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 208

1911 - Erfurt : Keyser
— 208 — Mehrere 1000 Arbeiter aus der Stadt und ihren Dörfern und aus den angrenzenden Fürstentümern arbeiteten täglich an diesem Werke, mitunter sogar bei Fackelschein. Auch die Bürger selbst mußten aus Besehl mit schanzen. Die Arbeit begann am Peters-berge. Hier wurden die alten Geschützwälle abgetragen und dafür neue errichtet. Die spitzen Dächer der Kasernen und Schutzturme wurden durch ebene ersetzt; auch neue Schanzen und tiefe Laufgräben wurden angelegt. Die Cyriaksburg teilte mit dem Petersberg dasselbe Schicksal. Hierauf kam die Reibe an die Stadtwälle. Diese beliebten Spazierwege, bisher eine große Zierde der Stadt, wurden in kahle Verschanzungen umgewandelt. Ihr herrlicher, alter Baumbestand siel unter den Aerten der französischen Zerstörer. Die Aussicht von ihnen in das weite Vorland wurde durch eine hohe Brustwehr versperrt. Auch einige Tore samt ihren Brücken riß man nieder und verschanzte sie. Die Stadtgräben' aber, die man ausgetrocknet und urbar gemacht hatte, wurden wieder verlieft und mit Gerawaffer gefüllt. Dadurch fetzte man die ganze Gegend und die Felder vom Dreienbrunnen bis zum Löbertor und verschiedene Gärten innerhalb des Walles unter Wasser. Selbst in die Keller vieler Bürgerhäuser drang das Wasser, das sich unterirdisch verbreitete, ein, wodurch den Bewohnern großer Schaden erwuchs. In der Stadt wurden mehrere alte Türme und ehemalige, schöne Kasernen bis zum Erdboden abgetragen oder in feste Pulver- und Kugelkammern verwandelt. Zu- letzt verwüstete man noch die fruchtbaren, rings um die Stadt gelegenen Gärten, Weinberge und Felder. Zu Anfang Oktober erhielten dann die Bürger den Befehl, sich auf vier Monate mit Lebensmitteln zu versehen oder die Stadt zu verlassen. Die Ausführung dieser neuen Anordnung bereitete den Bürgern großen Verdruß; denn kaum halten sie das Notwendigste eingekauft, so wurden sie aufgefordert, soundsoviel Scheffel Mehl und soundsoviel Pfund Fleisch auf die Festung zu liefern. Wobt oder übel mußte dann mit dem Einkauf wieder von vorn angefangen werden. Auch bares Geld wurde fortwährend verlangt. Wehrten sich aber die Bürger gegen die Zahlung, so wurden einige als Geiseln auf den Petersberg gebracht, und es hieß: Folgt ihr jetzt nicht, so erschießen wir sie. Die beiden Buchhändler Kevser, Pater und Sohn, saßen immer abwechselnd auf der Feste. Man holte sie mit Vorliebe, weil sie ihre Treue und Anhänglichkeit an Preußen wenig verbargen. (Nach Const. Beyer.) 74. Die flrforder Gciifeln. 'S war Anne dräiz'n, da waren die Franzusen noch Härre äbber de Stadt Arford o schräbben Stäiern aus wie verreckt, die hußeu fc Sempeln, on die moßten die Bärger uffbrenge, on nahmen sich dassertwägen a Stockcr viere rächt angesiehne Bärger als Gai-

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 210

1911 - Erfurt : Keyser
— 210 — Feldlager verwandelt, und zahllose Wachtfeuer lohten mit qualmender Flamme zum wetterschwarzen Nachthimmel empor. Selbst die Domstufen dienten als Schlafstätte, und auf den Steinfliesen der Häuser brannten die Lagerfeuer und ruhten die Soldaten. Pferde und Menschen lagen nebeneinander, ermattet von den Anstrengungen der Flucht und dem ausgestandenen Hunger. Alle Läden waren geschlossen. In höchster Eile brachten die Bürger ihre Habseligkeiten, die letzten Reste aus der langen Erpressungszeit, in sichere Verwahrung. Sie fürchteten eine allgemeine Plünderung, da bekannt geworden war, daß die fliehenden Franzosen die Dörfer ausgeraubt hatten. Es war darum ein Glück für die Stadt, daß der Kaiser in diesen Tagen mit feinem Gefolge in ihr Aufenthalt nahm. Auf seinen Befehl durchstreiften zahlreiche Wachen nach allen Richtungen die Stadt und nahmen alle, die sich einfallen ließen, Sicherheit und Ruhe zu stören, in Haft und schafften sie ins Biwak. Unterdessen dauerte der Durchzug der geschlagenen Armee weiter fort und schien tatsächlich kein Ende nehmen zu wollen. Am Tage übertraf das Truppengewühl in den Straßen vom Anger bis zum Brühlertor alles bisher Gesehene. Nur in den Nachtstunden wurde es etwas ruhiger, da ein kaiserlicher Befehl für diese Zeit die Tore selbst feinen Soldaten sperrte. Die fliehende Armee mußte in der Nacht außerhalb der Stadt vorübermar-fchiereu. Abreise Napoleons: In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober verließ Napoleon die Stadt; denn die Preußen und Verbündeten waren ihr bedenklich nahe gekommen. Der Donner ihrer Geschütze rollte schon aus der Ferne herüber, selbst das Knattern des Gewehrfeuers war deutlich hörbar. So wurden schnell die Zelte niedergerissen, die Tornister gepackt und die Gewehre geschultert. Kurz nach Mitternacht marschierte eine Abteilung der kaiserlichen Garde vor der Hosstatt auf und nahm zu beiden Seiten des Eingangs Ausstellung. Dann fuhr der Reifewagen des Kaisers vor. Ihm folgte eine endlose Reihe von Kutschen. Diener mit Pechfackeln bildeten eine Ehrengasse bis zum Wagen. Nachdem dann ein lauter Trommelwirbel gerührt war, trat der Kaiser mit einem reichen Gefolge von Marschällen und Adjutanten aus dem hohen Tor. Den Kopf bedeckte der kleine Dreispitz. Des Kaisers Züge waren finster und bleich. Sein Blick streifte flüchtig die Menge. Fester schlug er den Wettermantel um sich und bestieg den Wagen. Ein General war sein Reisebegleiter. Vom Turm der nahen Wigbertikirche kündete mit dumpfen Schlägen die Glocke die zweite Stunde der Nacht. Gerade jetzt dröhnte der Widerhall des Gefchützfeuers der Preußen und ihrer Verbündeten gewaltiger über die Stadt. Langsam fetzte sich der Zug der Wagen in Bewegung. Das Auge des Kaisers starrte schweigend in die finstere Nacht. Dachte er viel-

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 212

1911 - Erfurt : Keyser
— 212 - bergen gelegene Dörfchen Daberstedt, das nach dem Großen Kriege neuerstanden war, in Flammen auf. Die Franzofen halten es angezündet, damit es den Verbündeten nicht als Unterschlupf dienen könne. Genau 8 Tage fpäter ereilte Ilversgehofen dasselbe Schicksal. Mit verdeckten Laternen waren die Belagerten zum Johannes- und Krämpsertore hinausgezogen und halten die preußischen Vorposten und dann die ganze Besatzung des Ortes überlistet. Sie waren schon im Dorf, als der größte Teil der Preußen noch schlief. So wurde es ibuen möglich, ohne großen Widerstand die verbündeten Truppen zu vertreiben, die Häuser zu plündern und anzuzünden. Doch schon am folgenden Tage, am 6. November, erhielten die Franzosen die Antwort auf ihr Tun; denn die Verbündeten beschossen die Stadt heftig (f. Beschießung Nr. 77). Nun ließ sich der sranzösische Statthalter herbei, einen Waffenstillstand mit ihnen zu schließen. Waffenstillstand und gesteigerte Not der Belagerten: Anfangs hieß es in der Stadt, bis zum 14. November sei Waffenruhe; und wirklich, die Feindseligkeiten waren auf beiden Seiten eingestellt. Kein Schuß siel mehr. Trotz eifriger Unterhandlungen kam es aber zu keinem Abschluß. In banger Sorge verging eine Woche nach der anderen, und die Lage der Bürger verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Sie hatten alle Vorräte zu ersetzen, die aus der Festung durch Feuer zerstört worden waren. Die Kühe, die noch hier und da in den Ställen waren, wurden weggenommen und den Fleischern verboten, srisches Fleisch zu schlachten. Was der Brand verschont hatte, das wurde jetzt durch Menschenhände vernichtet. Die noch übrigen Häuser um die Festung und den Dom wurden niedergerissen und dadurch mehrere 100 Bürger aus ihren Wohnungen vertrieben. Auch eine hohe Geld-steuer wurde mit größter Strenge eingefordert. Alles das fetzte die Stadt in große Unruhe, befouders da verschiedene Kanonen in den Straßen aufgepflanzt und Streifwachen ausgeschickt wurden. Durch den Mangel an genügender Nahrung und gesunder Luft, sowie durch die fortwährende Sorge und Aufregung steigerte sich die Sterblichkeit gewaltig. Viele Bürgerhäuser waren ganz ansg^storben. In der Zeit vom 1. bis 17. November wurden 400 Bürger und 1472 Soldaten aus den Militärlazaretten begraben. Alle schmachteten darum nach Erlösung. Ilebergabe der Stadt: Endlich stand der Tag der Ueber- gabe der Stadt an die Preußen fest. Am 6. Januar sollten ihnen die Tore geöffnet werden. Diese Nachricht verbreitete in der r^tadt allgemeine Freude. Von den Wällen wurden die Kanonen abgeführt und den Bürgern erlaubt, die alten Spazierwege wieder aufzusuchen. Von dieser Erlaubnis wurde besonders am Neujahrstage ausgiebiger Gebrauch gemacht, ja einige Bürger bahnten sich über den gefrorenen Stadtgraben den Weg ins Freie. Am folgenden Sonntage, am 2. Januar, wallfahrten viele sogar

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 214

1911 - Erfurt : Keyser
— 214 — Leitern wurden ausgerichtet und mit Eimern, die von Hand zu Hand gingen, der Dachstuhl begossen. Aber die Flammen sprangen bum einem Sparren zum anderen über und einten sich schließlich zu einer mächtigen Brandfackel. Es war, als ob ihr Schein den Geschützen ein neues Ziel verraten hätte. Ein wahrer Regen von Granaten fiel auf die Ebene der Festung nieder. Da flog im feurigen Bogen ein Geschoß in einen Heuschober, der für die französische Reiterei bestimmt war. Eine ungeheure Feuergarbe schoß sprühend zum schwarzen Nachthimmel empor. Die brennenden Heubündel fielen auf das Dach der Hauptwache. Wenige Minuten später züngelten auch dort die ersten Flammenspitzen hervor und leckten gierig am ausgetrockneten Gebälk. Gegen 10 Uhr abends schwiegen endlich die Kanonen; mit einer kurzen Unterbrechung am Mittag hatten sie ihr Zerstörungswerk vom frühen Morgen bis zum späten Abend fortgesetzt. Ueber-all herrschte Stille wie in einem Totenhause. Sie wurde nur durch die unaufhörlichen Sturmschläge von den Türmen unterbrochen. Ueber dem Flammenmeer, das den „Graden" bedeckte, lagerte eine schwarze Rauchwolke, und über diese hinaus erhoben sich, gegen den dunkeln Himmel abgezeichnet, die brennenden Gebäude des Petersberges. Die Höhlen der Chorfenster leuchteten im Glanze verglimmender Glut. Die Stadt selbst glich einem glühenden See mitten in einem finsteren Talbecken. Nur die grauen Steinmauern des Domes ragten in einsamer Hoheit unversehrt aus den feurigen Wogen hervor. Nach der Beschießung: In banger Spannung verging die Nacht. Die meisten Augen blieben schlummerlos. Jeder erwartete mit Schrecken den abermaligen Beginn der Kanonade. Zur allgemeinen Beruhigung aber traf schon früh am andern Morgen die Nachricht ein, daß zwischen den Feinden friedliche Unterhandlungen abgehalten würden. Nun wagte man sich wieder auf die Straße, um das Bild des Jammers und der Verwüstung zu schauen. Den traurigsten Anblick gewährte der Platz vor den Graden. Ueber die rauchende Brandstätte der Gebäude ragte nach dem Berge zu die Festungsruine hervor. Sie schien wie durch ein Wunder auf den Marktplatz vorgerückt zu fein. Bis hinunter zur Andreaskirche war jetzt ein offner, öder Raum; hier waren 121 Häuser ein Raub der Flammen geworden. Der Marktplatz war mit gerettetem Hausrat besetzt. Die Häuser aber auf den beiden vom Feuer verschonten Seiten sahen Ruinen ähnlich. Die Fenster waren teils ausgehoben, teils zersplittert und die Läden feft verschlossen. Auch die Predigerkirche war mit geretteten Sachen gefüllt. Sie bot ein schwaches Bild des Tempels zu Jerusalem, ehe der Herr die Käufer und Verkäufer ausgetrieben hatte. Sogar ein Kasten mit einem Eichhörnchen stand auf dem Altar zur großen Freude der
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