— 64 —
wie wir sahen, fest auf dem Boden, wenn sie sah, daß alles im Schick war, so war sie doch wie das Wetter herunter, wo etwas außer Schick kam. Lange reden und zurechtweisen liebte sie nicht, und wo sie meinte, daß einer schwer hörte, da hielt sie auch die paar Worte noch für zuviel. Noch wußte der verdrossene Knecht nicht eigentlich, wie es gekommen; aber jetzt hörte er vortrefflich und verstand alles und rieb nur ein klein wenig das Ohr oder die Schulter. Eine so rührige Frau war die Frau von Bredow. Loben tat sie nicht viel, sie hielt's für Überfluß; denn daß jeder täte, wie er tun muß, hielt sie für Lohns genug; aber wem sie mal auf die Schulter klopfte, wenn sie durch die Reihen ging, dem war es wie ein Tropfen starken Weines, der nach langer Mattigkeit und Bangigkeit durch die Adern rinnt und die Glieder wieder stärkt.
So war es mit der Herbstwäsche am Lieper Fließ bestellt. Eine gute Stunde abwärts von der Burg war das Lager, und ein dichter Wald und ein tiefer, weiter Morast lagen dazwischen. Also mußte im Lager nicht allein gewaschen und gebleicht, sondern auch gekocht und gebettet, gesungen und gebetet und gewacht werden: alle Verrichtungen, wie es einer Stadt Art und Sitte ist. Das Gebet verrichtete am Morgen der Dechant für alle, wenn die Schelle über der Hütte der Edelfrau läutete. Das Waschen und Kochen geschah einen Tag wie den andern. Das Singen und Spielen machte sich von selbst, und für das Wachen sorgte die Frau von Bredow. Kein Zigeunerbub' hätte einen Strumpf von der Leine, kein Fuchs aus dem Korbe eilt Huhn stehlen dürfen.
Eine Woche weniger denn einen Tag dauerte schon die Wäsche. Vor dem Klopfen und Klatschen waren die Fische aus dem Fließ auf eine Meile entflohen. Von den hohen Kiefernstämmen, wo sie nisteten, hatten zu Ansang die Fischreiher mit ihren langen, gelben Schnäbeln neugierig herabgeschaut. Da gab es Jagd und Kurzweil für die jungen Burschen. Vor den Bolzen und Pfeilen, die durch ihre luftigen Burgen sausten, hielten die zähen Tiere aus. Selbst wenn der Pfeil einem den Flügel durchbohrte, wenn fein Herzblut hinabträufte, er gab in banger Todesangst nicht nach. Er krallte sich an dem Aste fest, bis die Bolzen wie der Hagel kamen und endlich Holz, Leib und Gefieder miteinander hinab stäubten und splitterten. Aber des
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
— 23 —
In der Frühe schon sind wir aufgebrochen von der alten Burg zu Köpenick. Jetzt haben wir die jungen Schwesterstädte erreicht. Denn noch Ms nicht lange her, daß diese Lande überhaupt der deutschen Herrschaft einverleibt wurden: der Barnim, an dessen Grenze Berlin gelegen ist, wurde erst um das Jahr 1232 von dem edlen Wenden Barwin den hochgemuten Markgrafen Johann und Otto für ein gut Stück Geldes verkauft. Der Slawe sah wohl ein, daß jede Hoffnung, seinen Besitz sich mit den Waffen zu erhalten, nunmehr eine eitle wäre. Dann waren schnell die Mauern der beiden Städte aufgetürmt worden. Die alten Fischerkirchen zu St. Nikolaus und St. Peter hüben und drüben waren erneut und verschönt worden, und zu den christlichen Slawen, die allbereits in beiden Niederlassungen am Spreeufer saßen, kam der deutsche Kaufmann, kam der deutsche Handwerker, ja auch der deutsche Grundbesitzer mit dem deutschen Recht, um allein die vollberechtigte Bürgerschaft zu bilden.
Hier am Wege nach Köpenick — wo nach Jahrhunderten sich die Häuser „Wall- und Roßstraßen-Ecke" erheben sollten — stand damals unter vereinzelten Ulmen und Rüstern eine Fischerhütte. Auf dem Stück Wiesenland sehen wir die Netze und Boll-jacken ausgespannt. Die Wendin, mit schneeiger Schürze geschmückt gleich ihren Landsleuten im Spreewald, ist vor die niedere Tür des Lehmkatens getreten und blickt neugierig auf den glänzend gerüsteten, lanzenbewehrten Reiter hin, der auf dem Wege hält, weil ihn ein wendischer Bettler, ein Vogelsteller mit seinem Korbe auf dem Rücken, angesprochen und ihn um milde Gabe gebeten hat. Wir kennen den Ritter, — es ist der Vogt zu Köpenick, ein Rnthnigk! Vor Vögten aber haben die Landfahrer um 1250 noch keine Scheu. Ist es doch ein verdienstlich und sündentilgend Werk, Almosen zu geben, ein verdienstlich Werk also auch, zu solcher Tat Gelegenheit zu geben! Kurzen Gruß, und nun vorbei!
Soeben sprengen die reisigen Begleiter des Ritters Rnthnigk zu dem äußeren Gebäude des Köpenicker Tores heraus, gleich ihrem Herrn die Hahnenfedern keck auf den Helmen tragend. Wir gehen an ihnen wie an dem Torfchließer vorbei. Dieser aber, mit untergestemmten Armen am Wachthause lehnend, läßt uns keineswegs also passieren. Wir müssen ihm über unsre Person und all die Geschäfte genaue Auskunft erteilen, die uns nach der Stadt Kölln geführt haben. Dann erst dürfen wir, durch die
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Johann Johann Otto Nikolaus Nikolaus Peter
42
Da fährt er so einher,
als ob er lebend wär';
aller Kutscher Muster, treu und fest und grob,
Pfund genannt, umschmeißen kannt' er nicht: das warsein Lob !
2. Mordwege fuhr er ohne Furcht; sein Mut
hielt aus in Schnee, Nacht, Sturm und Wasserflut.
Ihm war das einerlei,
er fand gar nichts dabei.
In dem Schnurrbart fest und steif blieb sein Gesicht,
und man sah darauf kein schlimmes Wetter niemals nicht.
3. Doch rührte man an seinen Kutscherstolz,
war jedes Wort von ihm ein Kloben Holz;
woher es auch geschah,
daß er es einst versah
und dem alten Fritz etwas zu gröblich kam,
wessenhalb derselbe eine starke Prise nahm
4. und sprach: „Ein grober Knüppel, wie Er ist,
der fährt fortan mit Eseln Knüppel oder Mist!"
Und so geschah's. Ein Jahr
bereits verflossen war,
als der Pfund einst Knüppel fuhr und guten Muts
ihm begegnete der alte Fritz; der frug: „Wie tut's?"
ö. „I nun, wenn ich nur fahre," sagte Pfund,
indem er fest auf seinem Fahrzeug stund,
„so ist mir's einerlei
und weiter nichts dabei,
ob's mit Pferden oder ob's mit Eseln geht,
fahr' ich Knüppel oder fahr' ich Euer Majestät."
6. Da nahm der alte Fritz Tabak gemach
und sah den groben Pfund sich an und sprach:
„Hüm, find't Er nichts dabei
und ist Ihm einerlei,
ob es Pferd, ob Esel, Knüppel oder ich,
lad Er ab, und spann Er um, und fahr Er wieder mich."
August Kopisch.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Mordwege Fritz Fritz Fritz August
90
zeigten sich am selben Tage. Ein altes Mütterchen, das gelähmt
an Krücken herzugewankt war, wurde durch den Anblick des Wunder-
blutes geheilt und warf ihre Krücken weg, da sie wieder gehen
konnte. Einem Manne, der jahrelang seinen kranken Arm in
der Binde getragen hatte, wurde dieser gesund.
4. Nun verbreitete sich alsbald die Kunde von dem Wils-
nacker Wunderblut in der ganzen Welt. Von allen Enden kamen
Kranke, arme und reiche, um geheilt zu werden. Wer nach Wils-
nack pilgerte, erhielt Ablaß seiner Sünden. So konnte bald die
Kirche, nunmehr in stolzer Pracht, wieder aufgebaut werden.
Wilsnack aber erhob sich zu Wohlstand und wurde eine blühende
Stadt. Zwei Jahrhunderte fast erhielt sich der Ruf von der
Wundertätigkeit des Blutes zu Wilsnack, bis die neue Lehre
Luthers dem Aberglauben ein Ende machte.
Walther Nohl.
Es war im Jahre 1285, als in die Kirche des Dorfes Techow
unfern Wittstock in der Prignitz eingebrochen und verschiedenes
wertvolle Kirchengerät entwendet wurde. Unter diesem be-
fanden sich auch der Kelch und die Monstranz mit der geweihten
Hostie. Eine Spur des Täters war lange Zeit nicht zu entdecken,
bis sich endlich in Pritzwalk ein Jude verdächtig machte und infolge
verschiedener Äußerungen, die er in dem allgemeinen Gerede über
den Kirchenraub getan hatte, eingezogen wurde. Da der Ver-
dächtige nichts eingestehen wollte, ihm aber auch nichts zu beweisen
war, so konnte er nicht verurteilt werden. Losgelassen wurde er
aber auch nicht, weil man meinte, daß die harte Gefangenschaft
ihn schon weich machen würde.
Da erbot sich ein Pritzwalker Bürger, ein Tuchmacher, den
Gefangenen durch List zum Geständnis zu bringen. Obgleich schon
mehrere Priester ihr Heil vergeblich versucht hatten, so wollte sich
der Tuchmacher doch auch als Priester verkleiden; denn er war
der Meinung, daß es seine Vorgänger nur falsch angefangen hätten.
Er trat dem Juden durchaus nicht mit Bekehrungsversuchen gegen-
über, sondern erzählte sich mit ihm allerlei und machte ihn nach
und nach zutraulich, so daß sich der Gefangene in seiner öden,
langweiligen Zelle gar bald auf die Besuche des vermeintlichen
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
78
ich schreib es an seine Tür:
Jochimke, Jochimke, hüte dich!
Kriegen wir dich, so henken wir dich."
Da schüttelt die Heide sich weit im Rund,
als ob sie's vernommen hätt',
und mit den Krügen von Mund zu Mund
ging die Rede des Otternstädt:
„Jochimke, Jochimke, hüte dich!
Kriegen wir dich, so henken wir dich."
Noch lag beim Feuer, umnebelt vom Rauch,
ein ehrliches, märkisches Blut,
ein Bauer, der holte im Walde Strauch;
da lockt' ihn die rötliche Glut,
zu wärmen die Glieder, vom Froste steif,
an dem Feuer der Ritter vom Stegereif.
Den traf die Rede wie Wetterblitz,
und es regt' sich der märkische Kern:
„Hilf Himmel, hier hausen die Köckeritz,
sie lauern auf unsern Herrn.
Und bin ich ein Bauer von niederem Blut,
Doch kann ich ihn retten, dafür bin ich gut."
Er schlich vom Feuer und war nicht faul —
nicht einer achtet' darauf ■—
und band vom Aste den nächsten Gaul
und kletterte und huckte auf.
„Streich aus, mein Gaul, über Stock und Stein,
sonst soll Herr Joachim gehenket fein!“
Es klagt wie Geisterstimmen im Rohr. —
„Streich aus, mein Gaul, streich aus!"
Ein Irrlicht flackert im Heidemoor. —
„Nicht kehr dich dran, gradeaus!
Vor Hexe und Unhold Gott gnädig mich schütz',
ich wag' es mit Krachten und Köckeritz."
Und horch, da schallt es wie Hörnerklang,
wie Stampfen von Rosseshuf.
Und wie es nahe und näher drang,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser]]