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1. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 107

1911 - Magdeburg : Creutz
Das Flachland. 107 den 200 m hohen Kaiser-Wilhelm-Aussichtsturm. Vvr uns liegt mit ihrem Zauber die herrliche Waldlandschaft, die wir heute durchwandert haben. Unsere Blicke reichen bis zu den Kirchtürmen von Kemberg und Wittenberg im N. und bis zu den Türmen von Düben und Eilenburg im S. Lutherstein in der Dübener Heide. 4. Schmiedeberg als Badeort. Wir besuchen die Badeanstalt. In jeder Badezelle steht eine Wanne für das Moorbad und eine zweite Wanne für das Neinigungsbad. Der Bademeister macht ein Bad zurecht, indem er in die Badewanne 50 kg feingemahlene Moorerde schüttet und diese durch Wasserdampf erhitzt. Er läszt dann so lange kaltes Wasser zulaufen, bis der gewünschte Wärme- grad vorhanden ist. Woher ist die Moorerde genommen? Der Boden in der Umgegend von Schiniedeberg enthält unerschöpfliche Moorlager, die in den Dienst der Heilkunde gestellt werden. Nachdem ein Arzt in früherer Zeit anf die Heilkraft des Moores hingewiesen hatte, wnrden in Schmiedeberg Moorbadeeinrichtungen hergestellt. Im Herbste wird die Moorerde gestochen und bleibt dann im Winter auf einem freien Platze liegen.^ Ehe sie zur Bereitung des Moorbades gebraucht wird, schüttet man sie auf eine besondere Mühle. Durch das Mahlen wird sie in eine feine, gleichmäßige Masse verwandelt, die nun frei von Wurzeln und Steiucheu ist.

2. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 108

1911 - Magdeburg : Creutz
108 8. Das Land zwischen ^aale und Elbe. Von welchen Kranken werden diese Moorbäder aufgesucht? 50 kg Moorerde enthalten 3,5 kg Salze; infolgedessen wirkt das Moorbad beruhigend auf die Nerven. Wer Solbäder genommen hat, kann sich diese angenehme Wirkung vorstellen. Besonders solche Kranken, die an Rheumatismus und Gicht leiden, suchen hier Heilung. So mancher, der gefahren werden mußte oder nur an Krücken langsam gehen konnte, hat hier gesunde Beine wieder erlangt. Mit dankbarein Herzen hat er Schmiedeberg gesund und frisch verlassen. Das Landstädtchen, das nur 3000 Einwohner hat, wird im Sommer von ungefähr 3000 Kurgästen besucht. Auch die Kinder der Ferienkolonien aus Leipzig und Halle sind Moorhalde bei ^chmiedeberq. in den großen Ferien hier in den Waldungen"zu treffen. Frisch und rotbäckig kehren sie heim. Der Name „Schmiedeberg" erinnert an Eisen- werke, die früher in der Heide lagen und das Eisenvitriol der Moore ausbeuteten. Der Name des Gasthauses „Eisenhammer" erinnert gleich- falls daran. B. Gewässer. 1. Die weiht (flfter. Die Quelle der Weißen Elster liegt auf dem Elstergebirge. In zahlreichen Krümmungen fließt sie nach N. durch das Vogt- und das Osterland. Ihr tiefes Tal ist durchweg breit und fruchtbar. In ihrem Oberlause eilt sie an dem Badeorte Elster und der Fabrikstadt Plauen vorüber, im Mittelläufe an Greiz und Gera. Im Unterlaufe, vou Zeitz au, bewässert sie eine äußerst fruchtbare Ebene, die Aue. Getreidefelder

3. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 121

1911 - Magdeburg : Creutz
Das Flachland. 121 den 200 m hohen Kaiser-Wilhelm-Aussichtsturm. Vor uns liegt mit ihrem Zauber die herrliche Waldlandschast, die wir heute durchwandert haben. Unsere Blicke reichen bis zu den Kirchtürmen von Kemberg und Wittenberg im N. und bis zu den Türmen von Düben und Eilenburg im S. Lutherstem in der Dübener Heide. 4. Schmiedeberg als Badeort. Wir besuchen die Badeanstalt. In jeder Badezelle steht eine Wanne für das Moorbad und eine zweite Wanne für das Reinigungsbad. Der Bademeister macht ein Bad zurecht, indem er in die Badewanne 50 kg feingemahlene Moorerde schüttet und diese durch Wasserdampf erhitzt. Er läßt dann so lange kaltes Wasser zulaufen, bis der gewünschte Wärme- grad vorhanden ist. Woher ist die Moorerde genommen? Der Boden in der Umgegend von Schmiedeberg enthält unerschöpfliche Moorlager, die in den Dienst der Heilkunde gestellt werden. Nachdem ein Arzt in früherer Zeit auf die Heilkraft des Moores hingewiesen hatte, wurden in Schmiedeberg Moorbadeeinrichtungen hergestellt. Im Herbste wird die Moorerde gestochen und bleibt dann im Winter aus einem freien Platze liegen. Ehe sie zur Vereitung des Moorbades gebraucht wird, schüttet man sie aus eine besondere Mühle. Durch das Mahlen wird sie in eilte feine, gleichmäßige Masse verwandelt, die nun frei von Wurzeln und Steiuchen ist.

4. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 122

1911 - Magdeburg : Creutz
122 8. Das Land zwischen Saale und Elbe. Von welchen Kranken werden diese Moorbäder ausgesucht? 50 kg Moorerde enthalten 3,5 kg' Salze; infolgedessen wirkt das Moorbad beruhigend auf die Nerven. Wer Solbäder genommen hat, kann sich diese angenehme Wirkung vorstellen. Besonders solche Kranken, die an Rheumatismus und Gicht leiden, suchen hier Heilung. So mancher, der gefahren werden mußte oder nur an Krücken langsam gehen konnte, hat hier gesunde Beine wieder erlangt. Mit dankbarem Herzen hat er Schmiedeberg gesund und frisch verlassen. Das Landstädtchen, das nur 3000 Einwohner hat, wird im Sommer von ungefähr 3000 Kurgästen besucht. Auch die Kinder der Ferienkolonien aus Leipzig und Halle sind Moorhalde bei ^chmiedeberg. in den großen Ferien hier trt den Waldungen zu treffen. Frisch und rotbäckig kehren sie heim. Der Name „Schmiedeberg" erinnert an Eisen- werke, die früher in der Heide lagen und das Eisenvitriol der Moore ausbeuteten. Der Name des Gasthauses „Eisenhammer" erinnert gleich- falls daran. B. Gewässer. 1. Sic weihe Elster. Die Quelle der Weißen Elster liegt aus dem Elstergebirge. In zahlreichen Krümmungen stießt sie nach N. durch das Bogt- und das Osterland. Ihr tieses Tal ist durchweg breit und fruchtbar. In ihrem Oberlaufe eilt sie an dem Badeorte Elster und der Fabrikstadt Plauen vorüber, im Mittellaufe an Greiz und Gera. Im Unterlaufe, von Zeitz an, bewässert sie eine äußerst fruchtbare Ebene, die Aue. Getreidefelder

5. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 2

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
2 Am. Abend der Kriegserklärung 1914 in Königsberg. Mit ernster Miene, doch mit fester Stimme hielt der Kaiser dann folgende Rede an sein Volk, die eigentlich jedes deutsche Kind auswendig lernen sollte: „Eine schwere Stunde ist heute über Deutschland hereingebrochen. Neider überall zwingen uns zu gerechter Verteidigung. Man drückt uns das Schwert in die Hand. Ich hoffe, daß, wenn es nicht in letzter Stunde meinen Bemühungen gelingt, die Gegner zum Einsehen zu bringen und den .Frieden zu erhalten, wir das Schwert mit Gottes Hilfe so führen werden, daß wir es mit Ehren wieder in die Scheide stecken können. Enorme Opfer an Gut und Blut würde ein Krieg von uns fordern. Den Gegnern aber würden wir zeigen, was es heißt, Deutschland anzugreifen. Und nun empfehle ich euch Gott, geht in die Kirche, kniet nieder vor Gott und bittet ihn um Hilfe für unser braves Heer!" Immer wieder wurde die Rede von Beifallsrufen unterbrochen, und als der Kaiser'geendet hatte, drängten sich die Gefühle zusammen in dem „Heil dir im Siegerkranz," das von der ganzen Niesenmenge entblößten Hauptes gesungen wurde. Noch einmal grüßte das Kaiserpaar, und brausender Gegengruß antwortete. Dann traten die Majestäten in ihre Zimmer zurück, und die Masse flutete singend weiter durch die Straßen der Reichshauptstadt. Für alle war es eine entscheidende und erlösende Stunde gewesen; denn jeder wußte es nun: „Der Kaiser ist eins mit seinem ganzen Volke." Gustav Schlipköter, „Der Sturm bricht los!" (Deutsche Iugendkriegsbücherei. 1. Folge.) Verlag Friedr. Burchard. Clberfeldrsonnborn. 3. Am Abend der Kriegserklärung und am ersten Mobilmachungstage 1914 in Königsberg. „Krieg, Krieg!" So hörte man am Abend des 1. August 1914 in den Straßen Königsbergs rufen. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht verbreitet, daß die Bemühungen unseres Kaisers, den Frieden zu erhalten, leider vergeblich gewesen wären. Daher hätte er die Mobilmachung anbefohlen und gleichzeitig Rußland den Krieg erklärt. Die Anschlagsäulen mit den roten amtlichen Bekanntmachungen und die Anschlagstellen mit den Extrablättern der Zeitungen waren überall von dichten Menschenmassen umringt. Bei dem großen Andrange war es dem einzelnen unmöglich, selbst zu lesen; darum las stets einer, der am nächsten stand, mit erhobener Stimme vor. Mittlerweile begannen die Glocken der ganzen Stadt zu läuten und riefen die waffenfähigen Männer auf zum Sturm. Ein erhebender und tief ergreifender Augenblick! Wer ihn miterlebt, wird ihn nie vergessen. Die Menge stand still. Frauen falteten die Hände, und Ernst und Andacht ergriffen alle Herzen. Jeder empfand die Größe der schicksalsschweren Stunde. Man hörte verhaltenes Schluchzen, und manches Auge füllte sich mit Tränen. Die Hauptstraßen waren „schwarz von Menschen" und glichen einem Strombett, in dem sich die Flut dem Schlosse zuwälzte. Bis lange nach Mitternacht wogte auf dem Schloßplatz eine tausendköpfige Menge, so daß es »

6. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 8

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
8^ Plötzliches Auftauchen der Kosaken auf einem Gute Ostpreußens an der russischen Grenze. zu spenden in diesen Lagen der Bitternis. Und Trost kann er jetzt nur schöpfen aus dem Bewußtsein, daß sein ganzes Volk in aufopfernder Liebe und unerschütterlicher Treue an ihm hängt, von der Hauptstadt bis in den fernsten Winkel an den Grenzen. An euch zuerst tritt es heran, ihm das zu beweisen. Deshalb gilt es hier, auszuharren und auszuhalten, Gott zu geben, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist. Beiden aber gehört das Leben. Doch mißversteht mich nicht, meine Kinder! Ich fordere euch nicht auf, mit Waffen in der Hand den Feind zu erwarten und den Kampf aufzunehmen. Nein, wenn es an uns kommt, daß wir sterben sollen, so werden wir den Tod des Märtyrers erleiden, nicht um des Glaubens willen, doch um des Vaterlandes willen. Ich will keine Waffe sehen in euern Händen, ich will keinen Schuß fallen hören aus euern friedlichen Häusern, ihr sollt euch nicht beflecken mit Blut — in friedlicher Ruhe soll man euch finden. Drum gehe morgen ein jeder seinem Tagewerke nach wie sonst und warte in Gottvertrauen und deutscher Besonnenheit ab, was geschehen wird. Mich werdet ihr in eurer Mitte sehen. Und nun, meine Kinder, rufe ich euch alle noch einmal an den Tisch des Herrn!" Als das Abendmahl erteilt war, verließ die Gemeinde das Gotteshaus. Die Glocken läuteten in die Stille des Vormittags hinein. Heller Sonnenschein, unterbrochen von den spärlichen Schatten einiger Bäumchen, lag auf dem Platze vor der Kirche. Entnommen aus: Walter Heichen, „Unter den Fahnen Hindenburgs." Aus dem Phönix-Derlag, Carl Siwinna-Kattowitz O. S. 6. Plötzliches Auftauchen der Kosaken auf einem Gute Ostpreußens an der russischen Grenze. Landtagsabgeordneter Hofer. Heute frühmorgens — es war zu Beginn des Weltkrieges — saß ich noch nichtsahnend zu Hause an meinem Schreibtisch, um eine Eingabe an den Landrat fertig zu machen, als vor dem Fenster plötzlich der Kopf eines Kosakenoffiziers erscheint. „Aus diesem Hause ist geschossen worden!" ruft er auf deutsch. Ich nötige ihn ins Wohnzimmer und gebe ihm die Versicherung, daß weder von mir noch von meinen Leuten ein Schuß abgegeben worden sei und daß wir von der Anwesenheit der Russen überhaupt nichts gewußt hätten. Er scheint sich dabei zu beruhigen, und ich frage ihn, ob ich ihm eine Flasche Wein vorsetzen dürfe. „Wir nehmen während des Feldzuges keinen Tropfen Alkohol, es ist streng verboten," antwortet er, „aber für ein Glas Tee wäre ich ihnen dankbar." Ich lasse ihm Tee und ein Frühstück vorsetzen, wir unterhalten uns ganz gemütlich miteinander. Als er aber fertig ist, erklärt er mir mit der gleichgültigsten Miene: „Nun muß ich meine Pflicht tun und den Hof anzünden lassen, denn es ist aus Ihrem Hause auf meine Truppen geschossen worden." Meine Beteuerungen helfen nichts, er gestattet mir nur, meine Leute und mich in Sicherheit zu bringen, und er verspricht — worum ich ihn nicht gebeten hatte — mein

7. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 45

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Aus den Tagen der Schlachten an den masurischen Seen. Eine Schwester hatte ihm rote Nelken hingestellt, er freut sich so sehr darüber. Sie würden hier alle verwöhnt, es gehe ihnen viel zu gut, der Felddienst würde ihnen zunächst wohl sauer ankommen. „Felddienst!" Das war etwas so Selbstverständliches, daß es in wenigen Lagen, ^ höchstens Wochen, wieder hinausging zu gleichem Kampf, zu gleicher Not, vielleicht zu gleichen oder schlimmeren Leiden. Ich betrat noch viele, viele Krankenstuben, ganz allein, und immer wieder derselbe Eindruck: Begeisterung für das Vaterland. Solange wir solche Soldaten haben, kann wirklich das Vaterland ruhig sein. 31. Aus den Tagen der Schlachten an den masurischen Seen. (Erste Hälfte des September 1914.) 1. Ein Erlebnis. Während sich die Russen auf dem Einmärsche bemühten, einen guten Eindruck zu machen, war davon auf dem Rückzüge nach drei Wochen nichts mehr zu merken. Bezeichnend dafür ist die Schilderung der Besitzerfrau Kasten aus Abschermeningken im Kirchspiel Kleszowen, zwischen Darkehmen und Goldap gelegen: Am 10. September 1914 kamen vier Russen an unserm Felde vorbei, wo die beiden jüngeren Söhne pflügten — die beiden älteren waren auf dem Heuboden versteckt. Die Russen kamen mit wildem Geknalle an und fragten die Knaben: „Sollen wir Euch beschießen?" Sofort legten auch drei von ihnen an und feuerten mehrmals ab, doch der vierte warf mit seinem Arm die Gewehre etwas hoch, so daß alle Schüsse über sie hinweggingen. Dann fragten sie die verängstigten Knaben, ob sie Schnaps und Zigarren haben möchten. Die Knaben verneinten. Ein paarmal schossen die Russen noch in die Luft, dann gingen sie weiter. So kamen sie zu unserm Gehöft. Sie müssen von den zwei älteren Söhnen bereits gewußt haben; denn zwei von ihnen gingen sofort auf den Heuboden suchen, und zwei kamen zu uns herein. Diese machten keinen angetrunkenen, aber unfreundlichen Eindruck. Ich reichte ihnen die Hand, aber sie stießen mich hart beiseite und durchsuchten das Haus, namentlich die Betten nach dem „Panje", dem Herrn. Der war zufällig fortgegangen. Nun verlangten sie zu essen und zu trinken, den Rum mußte ich ihnen erst vorkosten. Der eine forderte Zigarren, aber ich hatte keine. Auf sein weiteres Drängen lud ich ihn ein, selbst nachzusehen. Da legte er auf mich an und drückte ab. Glücklicherweise hatte der andere das Gewehr etwas abgeschlagen, so daß die Kugel durch die Tür ging. Mir schwanden die Sinne. Inzwischen hatten die beiden anderen den älteren Sohn auf dem Heuboden gefunden und ihn aus der Luke berabgestürzt. Sie bemerkten aber bald, daß der Fall ihm nicht geschadet hatte und liefen hinzu, um ihn ge-

8. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 49

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Aus der Zeit des zweiten Nuffeneinfalls in Ostpreußen. 49 wenn er nicht als dummer Junge seine Hand in eine Häckselmaschine gesteckt und einen seiner Finger, der zum Laden eines Gewehres unentbehrlich ist, verstümmelt hätte. Er hatte also nie des Kaisers Rock getragen und verstand nichts von militärischen Dingen. Das wurde sein Unglück. Als die Russen im November 1914 zum zweiten Male in Ostpreußen einfielen, mußte er mit Weib und Kind wie alle anderen Bewohner des Dorfes schleunigst fliehen und seine herrliche Wirtschaft mit den reichsten Wintervorräten, so und soviel Stück Vieh, Schweinen, Gänsen und Hühnern im Stich lassen. Nur sein alter Vater wollte nicht mit, sondern auch unter den Russen zur Abwartung des Viehes und Fortführung der Wirtschaft bleiben. Ein lebensmüder Greis fürchtet den Tod auch aus Feindeshand nicht. Und so floh denn Jankowski auf einem mit starken Pferden bespannten Planwagen, darunter Weib und Kind saßen, im langen Flüchtlingszuge zunächst nach der Kreisstadt Angerburg. Schon unterwegs fiel ihm so manches ein, was er mitzunehmen vergessen hatte. Einige geschlachtete Gänse und Hühner hätten immer noch Platz gehabt. Auch sonst manches schöne Hausgerät hätte man mitnehmen können. Dann fiel ihm weiter ein, daß er so manches dem Alten auf die Seele zu binden vergessen hatte: Den Schweinen nur nicht zu heißes Fressen zu geben, das jüngste Kalb von der bunten Kuh bald zu entwöhnen und es nicht unter 25 Mark an den Fleischer zu verkaufen. Ja, es war so viel zu bedenken. Auf das schwarze Huhn, welches immer die Eier in verborgene Winkel legt, war aufzupassen. Ach, was hätte er dem Alten nicht alles noch ans Herz zu legen gehabt! Die Flucht war zu hastig gekommen. In der Stadt Angerburg faßt er zufällig in seine Westentasche und findet — o weh! — den Speicherschlüssel. Ach, was nun? Die Pferde können keinen Hafer, die Kühe und Schweine nicht Kleie bekommen. „Mutter," sagt er zu seiner Frau, „ich muß wieder zurück. Bleibe hier mit den Kindern und warte auf mich, bis ich wieder hier bin. Ich muß dem Alten den Speicherschlüssel abgeben und auch noch manches sagen wegen dem Kalb, dem Schwein und auch dem schwarzen Huhn." — Ein Soldat, den er auf der Straße fragt, ob er wohl nach seinem Dorfe zurückkehren könne und ob die Russen wohl schon dort seien, gibt ihm den Rat, aufs Etappen-Kommando zu gehen und sich einen Ausweis zu holen. Freund Jankowski schüttet dem Etappen-Kommando seine Herzensangelegenheiten aus, findet aber kein Gehör. Der Erlaubnisschein wird ihm verweigert. Er zeigt den Speicherschlüssel, schildert die Not seines Viehes — nichts macht auf die hohe Militärbehörde Eindruck. Da denkt Jankowski in seinem citin: „Wer hat mir was zu befehlen? Ich bin kein Soldat, sondern ein masurischer Bauer. Ich gehe, wohin ich will. Donnerwetter, ich werde doch wohl in mein eigenes Haus gehen können!" Und so wandert er trotzig aus der Stadt zur Heimat. Unterwegs bei Dtr. sieht er unsere Schützengräben, und auf der Chaussee steht ein deutscher ooldat. „Ich werde nicht so dumm sein, den Patrouillen in die Arme zu laufen. Ich schleiche mich hinter jenem Gebüsch rechts den Berg herab und

9. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 89

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Tilsiter Russentage. 89 Leben, das sich da entwickelte. Auf einem Ende wurde geschlachtet, gekocht, gewaschen. Auf der andern Seite wieder wurde Gottesdienst gehalten. Einen ganzen Vormittag spielte in Jakobsruh eine russische Kapelle, wahrscheinlich übten sie Märsche für ihren Einzug in Berlin. Sie fragten nämlich immer sehr einfältig, wie weit es bis Berlin wäre. Da konnten wir oft die unglaublichsten Dinge hören. Alle diese durchrückenden Soldaten waren gut ausgerüstet, es handelte sich hauptsächlich um die besten Truppen. Im übrigen machten sie zum größten Teil einen ziemlich mutlosen Eindruck. Ihre schwermütigen russischen Lieder klangen wie Grabgesang. Die Durchmärsche dauerten bis zum 8. September. Die zuletzt hier durchkamen, gönnten sich schon keine Ruhe mehr; nach ein paar Stunden ging's weiter. Von Mittwoch, den 9. September, flogen täglich deutsche Flieger über unsere Stadt, die dann jedesmal wie wild beschossen wurden. Einer von ihnen überflog wiederholt die Dragonerkaserne, zum Schlüsse warf er eine Platzbombe auf den Kasernenhof. Die Russen sind außer sich gewesen, konnten ihm aber nichts anhaben. Am Donnerstag, den 10. September, wurde es unter den Russen merkwürdig unruhig. Am Sonnabend, den 12. September, bis sechs Uhr sollte eine neue Kriegssteuer von 90 000 Mark gezahlt werden, 50 000 waren schon bezahlt. Alle Fahrräder wurden eingezogen, Haussuchungen in Aussicht gestellt. Da erzählten zum Markt gekommene Landleute, es wären deutsche Patrouillen schon nahe bei der Stadt gesehen worden. Um 21/2 Uhr nachmittags hörten wir die ersten Schüsse fallen. Zuerst glaubte ich, es wäre wieder ein Flieger in der Nähe. Dann wurde das Schießen heftiger und anhaltender, das Geknatter der Maschinengewehre mischte sich hinein. Jetzt wußten wir, unsere Retter sind nahe. Bald zogen auch russische Truppen zur Verstärkung der ihrigen hinaus, und nun donnerten auch bald die deutschen Kanonen. Nach dreistündigem Kampf kamen die ersten fliehenden Russen durch Jakobsruh gerannt, und immer näher kommendes Hurrarufen verkündete bald den Sieg und das Herannahen unserer Deutschen. Eine Batterie taste sofort nach der Brücke. Hauptmann Fletscher, der sie führte, kam gerade an, als die Zündschnüre schon glühten. Er hieb sie mit dem Degen durch und rettete so durch seine Tapferkeit und Geistesgegenwart unsere schöne Luisenbrücke und mit ihr einen großen Teil der Stadt. Der Platz vor der Brücke ist nach diesem Helden „Fletscherplatz" benannt. Es entwickelte sich noch ein ziemlich heftiger Straßenkampf, besonders vor den Kasernen und der Post. Alles Mitnehmbare aus den Kasernen und Kasinos hatten die Russen auf Wagen gepackt, sogar unsere Offizierswagen angehängt. Nun wollten sie, während ihre Kameraden draußen kämpften, mit ihrer Beute abziehen. Von den herankommenden Deutschen wurden dann zuerst die Pferde abgeschossen, die Offiziere und Leute gaben sich gefangen. Vor der Post wurde der russische Postmeister mit der Kasse von einem Tilsiter Bürger abgefaßt. Es ist hier keiner entwischt, da die Stadt von drei Seiten zugleich angegriffen wurde. Swillus, Unser Ostpreußen. I. 7

10. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 93

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Aus der Nu»enzeit in Insterburg. 93 Ein Kamerad, der von Ey dt kühnen kommt, berichtet, daß das Bild der Zerstörung dort das hiesige weit in den Schatten stellt. Eigenartig soll es anmuten, daß die Grenze, die sonst so viel Aufhebens von sich machte, ausgelöscht ist und daß man gedankenlos nach Rußland hinübergeht. Auf die Grenze wird der Soldat aber erst aufmerksam, wenn er etwas braucht. In Deutschland gibt es nämlich an der Grenze, wo die Russen gehaust haben, nichts mehr. Einzig und allein aus Rußland ist noch etwas zu holen. Der Bahnhof Wirballen in Rußland ist Unterkunftsgebäude unserer Truppen. Sie liegen auf roher Baumwolle, die nach Rußland eingeführt werden sollte. Große Menge russischer Artillerie- und Infanteriemunition sind in Wirballen vorgefunden worden, ich glaube, 70 Eisenbahnwagen von der einen Sorte und 80 von der anderen. Sie werden nach Deutschland gebracht. F. 60♦ Aus der Russenzeit in Insterburg. Wie in Tilsit und Gumbinnen, so dauerte auch in Insterburg die Russenherrschaft drei Wochen. Gleich nach der Besetzung der Stadt durch die Russen war im Wasserwerk eine Störung vorgekommen. Die zurückgebliebenen Arbeiter verstanden nicht, den Fehler zu beseitigen. Auf diese Weise war es nicht möglich, die hochgelegenen Stadtteile genügend mit Wasser zu versorgen. Der General von Rennenkampf, der beim Großfürsten Nikolai Niko-lajewitsch im Dessauer Hof wohnte,v war darüber sehr ungehalten und befahl: „Es soll sofort mehr Wasser beschafft werden!" Er sandte auch einige russische Fachmänner nach dem Wasserwerk hin, unter diesen seinen ihm befreundeten Adjutanten, einen Petersburger Garde-Rittmeister. Ohne etwas von der Sache zu verstehen, erteilte letzterer die unsinnigsten Befehle. Es erfolgte daher eine Explosion, durch die fünf Jnsterburger Bürger und ein russischer Monteur getötet und der Rittmeister schwer verletzt wurden. Der von den Russen zum Gouverneur ernannte Dr. Bierfreund entging nur wie durch ein Wunder dem Tode. General von Rennenkampf war über die schwere Verletzung seines Adjutanten außer sich, ließ 18 hochgestellte Jnsterburger Bürger kommen und sagte in seinem Zorn zu ihnen: „Ihr sollt alle erschossen werden, wenn der Rittmeister stirbt." Zu diesen dem Tode geweihten Bürgern — Geiseln *) genannt — gehörte auch der russische Gouverneur Dr. Bierfreund, ein praktischer Arzt, der die Behandlung des verletzten Offiziers übernommen hatte. Die Freude war groß, als er ant nächsten Tage den anderen 17 verkünden konnte: „Meine Herren, diesmal geht's uns nicht an den Kragen, der Rittmeister wird wohl mit dem Leben davonkommen!" — 2)te Russen hatten auf dem Bahnhof zu Insterburg mehrere Säcke mit schwärzlichem Thomasmehl gefunden, das bekanntlich als Dünger gebraucht wird. <cte hielten es für Pulver, nahmen vorsichtig einen Sack und brachten 0 Geisel — Leibbürge, das ist eine Person, die mit ihrem Leben für die Erfüllung einer Forderung haftet.
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