Sagen, 35
einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf
eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland foll stehen bleiben, wir
wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war
das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver-
meintlichen Künstler arg
genasführt waren. Kein
Wunder also, daß sich ihr
Unmut gegen ihn wandte.
Als sie den Schalk griffen,
steckten sie ihn zur Strafe
in den Wendenturm, Im
Nu aber entwich er mit
einem Hohngelächter: und
jeder wußte nun, daß der
vermeintliche Künstler der
leibhaftige Teufel gewesen
war.
Der Rolaud war
in der früheren Zeit für
die Stadt Stendal das
Zeichen der eigenen
Gerichtsbarkeit. Die
im Jahre 1525 am Rat-
hause errichtete Stein-
figur gehört zu den
größten, die wir besitzen.
Der gewaltige Körper
ruht auf starken Beinen,
dessen Waden stärker sind
als der Brustumfang
eines kräftigen Mannes,
Durch den schweren Pan-
zer wird der Körper ge-
schützt. Die erhobene
rechte Hand hält das 4 m
lange Schwert, das
Werkzeug des strafenden
Rechts; die linke Hand
umfaßt den Schild mit
dem brandenburgischen
Adler, das Sinnbild
des Schutzes. So er-
innert der Roland an die
frühere Größe und Selbst-
ständigkeit der Stadt
Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal.
2. Der wunderbare Ring im Schlosse zu Calbe a. M.
In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte
und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken, Als die Edelfrau ein-
willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend
ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen
würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund.
Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine
Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er-
3*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Sagen. 49
einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf
eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland soll stehen bleiben, wir
wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war
das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver-
meintlichen Künstler arg
genasführt waren. Kein
Wunder also, daß sich ihr
Unmut gegen ihn wandte.
Als sie den Schalk griffen,
steckten sie ihn zur Strafe
in den Wendenturm. Im
Nu aber entwich er mit
einem Hohngelächter; und
jeder wußte nun, daß der
vermeintliche Künstler der
leibhaftige Teufel gewesen
war.
Der Roland war
in der früheren Zeit für
die Stadt Stendal das
Zeichen der eigenen
Gerichtsbarkeit. Die
im Jahre 1525 am Rat-
hause errichtete Stein-
sigur gehört zu den
größten, die wir besitzen.
Der gewaltige Körper
ruht auf starken Beinen,
dessen Waden stärker sind
als der Brustumfang
eines kräftigen Mannes.
Durch den schweren Pan-
zer wird der Körper ge-
schützt. Die erhobene,
rechte Hand hält das 4 m
lange Schwert, das
Werkzeug des strafenden
Rechts; die linke Hand
umfaßt den Schild mit
dem brandenburgischen
Adler, das Sinnbild des
Schutzes. So erinnert der
Roland an die frühere
Größe und Selbstständig-
keit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal.
2. Der wunderbare Mug im Schlosse zu Calbe a. M.
In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte
und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken. Als die Edelfrau ein-
willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend
ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen
würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund.
Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine
Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er-
Henze-Kohlhase, Die Provinz Sachsen. Ausgabe A. 4
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Die Neuordnung der Mittelmeerwelt in der Zeit vom 5. bis zum 9. Jahrhundert. 49
Handelsreisen, die ihn bis nach Syrien führten. Erst die Vermählung mit der Witwe Chadidscha enthob ihn der Sorgen. Er war eine nervöse Natur, schwärmerisch veranlagt, von der Idee eines reinen Monotheismus mächtig ergriffen. Es währte aber geraume Zeit, bis er mit der Verkündigung einer neuen Religion hervortrat. In Mekka fand er wenig Anhänger, wurde vielmehr verfolgt. Deswegen flüchtete er im Jahre 622 nach der Stadt, die seitdem Medina (d. H. die Stadt, nämlich des Propheten) heißt. (Mit dem Jahre seiner Flucht [Hefrschra] beginnt die Zeitrechnung der Mohammedaner.)
Hier gewann er die tapferen Stämme der Wüste und konnte die Mekkaner mit den Waffen bekämpfen. Sie mußten ihm das Recht zugestehen, die Kaaba zu besuchen, und endlich nahm er ihre Stadt fast ohne Kampf.
Die Lehre Mohammeds fordert den Glauben an einen Gott, Allah, und die unbedingte Hingabe an seinen Willen. Von dieser Hauptforderung führt die Religion den Namen „Islam", d. h. Ergebung. Der Gläubige (Moslem) muß dem Dienste Allahs leben und die Welt seinem Glauben erobern, er muß sich in das ihm bestimmte Geschick blind ergeben (Fatalismus). Täglich müssen vorgeschriebene Gebete und Waschungen vollzogen werden; bestimmte Fasten innehalten, Almosengeben, Wallfahrt nach Mekka, Teilnahme am heiligen Kriege gehörten zu den unerläßlichen religiösen Pflichten. Dem Frommen steht der Lohn des Paradieses in sicherer Aussicht. Fatalismus und Vielweiberei sind Krebsschäden der Lehre.
Die Lehre Mohammeds ist nach seinen Aussprüchen zum Teil gleichzeitig aufgezeichnet, aber die Sammlung seiner Sprüche, der „Koran", wurde erst unter dem dritten Kalifen abgeschlossen. Der Koran wurde durch die „Sunna", die Niederschrift der mündlichen Überlieferung, ergänzt; doch erkennen diese nur die Sunniten (Türken) als gleichwertig mit dem Koran an, die Schiiten (Perser) verwerfen sie.
§ 28. Ausbreitung des Islams. Die Kalifen, d. H. Nachfolger {Mohammeds), verbreiteten den Islam über die Grenzen Arabiens hinaus und gründeten auf Kosten ihrer Nachbarn, der Neuperser und Oströmer, ein weites Reich.
Das Neupersische Reich, kurz zuvor (im Anfang des 7. Jahrhunderts) von den Oströmern schwer erschüttert, brach unter dem Angriffe der Araber zusammen.
Im Byzantinischen Reiche gingen die Gebiete des alten Orients verloren, nur die Kernlande in Europa und Kleinasien hielten jahrhundertelang stand. Die innere Entwicklung von Ost-Rom war unter Justiuian abgeschlossen; nach der Unterdrückung des Nika-Ansstandes war der kaiserliche Absolutismus vollendet worden, das römische Recht im €orpus juris kodifiziert; die Baukunst hatte in der Hagia Sophia ein Werk geschaffen, das nicht mehr überboten wurde; alles geistige Leben hatte sich in dogmatische Untersuchungen geflüchtet.
Pfeifer. Geschichte V. (K.) 4
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
216
Verbrechen strenge Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person. Im Haus
und im Hoflager hielt er treffliche Ordnung und richtete seine Hof-
haltung aufs sparsamste ein, obgleich er bei feierlichen Gelegenheiten
Glanz und Pracht liebte. Um die ungeheuren Schulden zu tilgen,
welche teils von seinem Vater hinterlassen, teils während der Vormund-
schaft durch Ankauf mehrerer Landesteile entstanden waren, bestimmte
er, daß der Aufwand der Hofhaltung allein von den Einkünften der
Herrschaft Gera bestritten, der Ertrag der übrigen Landesteile aber
zur Schuldentilgung verwandt werden sollte, und so gelang es ihm,
den größten Teil der Schulden nach und nach abzutragen. Bei aller
Sparsamkeit aber hatte er immer für Notleidende eine offene Hand
und erwies sich zumal gegen seine treuen Diener gütig und wohl-
thätig. Besonders aber sparte er nicht, wo es galt, die Wohlfahrt des
Landes zu fördern.
Als ein gottesfürchtiger Herr war er vor allem bestrebt, die reine
Lehre des Evangeliums zu schirmen und zu pflegen und Frömmigkeit
und gute Sitte zu pflanzen. Die ihm von Gott anvertraute Aufsicht
über die Kirche betrachtete er als das edelste Kleinod seines Herrscher-
amtes und wandte ihr alsbald die größte Aufmerksamkeit zu. Da sich
die kirchlichen Zustände vielfach in Verwirrung befanden und Zucht
und Sitte verfallen waren, veranlaßte er seine Vettern zu einer gemein-
samen Kirchenvisitation, die in den Jahren 1600 bis 1602 von den
Superintendenten und den tüchtigsten Geistlichen abgehalten wurde.
Da wurden Lehre und Wandel der Pfarrer und Schullehrer, der
religiöse und sittliche Zustand der Gemeinden, die Einrichtung des Gottes-
dienstes, die Kirchengüter und kirchlichen Gebäude untersucht und neue,
gute Ordnungen getroffen, die Mißbräuche aber beseitigt. Die zu
geringen Besoldungen der Pfarrer und Schullehrer erhöhte Posthumus
aus eigenen Mitteln. Denn er sagte: „Ich bin nach Gottes Willen
Herr im Lande und könnte also auch wohl frei ausgehen; aber weil
mir Gott durch das Predigtamt viel Gutes erwiesen und noch erweist,
so mag und will ich nicht frei sein, sondern das Meinige willig dazu
steuern. Daher soll mir auch von der Steuer zur Erhaltung der
Kirchen und Schulen in meinen Herrschaften gar niemand frei sein." —
So errichtete er an vielen Orten neue Schulen und stellte tüchtige
Lehrer an. Vor allem gründete er in Gera eine Gelehrtenschule, das
Gymnasium illustre, in welchem die künftigen Pfarrer, Beamten und
Ärzte ausgebildet werden sollten, und erbaute ein geräumiges Schul-
gebäude, in welchem Schulsäle und Wohnungen für Lehrer und Schüler sich
befanden. Diese Schule stiftete viel Segen und wurde weithin berühmt.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Stunde der Andacht nach so vielen Stunden der Angst und des Kummers."
Am Sonntag daraus fand Betstunde in der Schloßkirche und Nikolaikirche
statt, am 26. Oktober Gottesdienst in den beiden eben erwähnten und in
der Bergkirche. Vormittag wurde über Psalm 78, 2 — 7, nachmittag über
Psalm 47, 2—6 gepredigt. Die Stadtkirche konnte erst vom 30. November
an wieder zum Gottesdienst benutzt werden.
Hatten die Franzosen übel gehaust, fast noch schlimmer trieben es die
mit den Franzosen verbündeten Bayern. „Da sie nicht Befriedigung für
die nötigen Bedürfnisse fanden, zerschnitten sie Möbel, erpreßten Geld, ver-
übten Mißhandlungen und raubten wertvolle Bilder und Thürschlösser, die
sie nach Hanse schickten."
Den durch Zerstörung und Plünderung der Stadt Schleiz erwachsenen
Schaden hat man auf lx/2 Million Mark geschätzt, die Verpflegung der
Truppen ungerechnet.
Alle Fuhr- und Postpferde, sowie Kutscher und Knechte wurden von
den Franzosen in Anspruch genommen. Der Fürst verlor 22 Pferde und
rettete nur seine Kutsch- und Reitpferde. Beschränkte und feige Knechte
kamen leer wieder heim, höchstens mit einer Tracht Prügel von seiten
der Franzosen belastet, schlaue und entschlossene brachten ihren Herren nach
längerer Zeit die Pferde wieder zurück. Das Vieh von den Kammer-
und Rittergütern war meist eine Beute der Franzosen geworden. Nur
iu Oschitz war eiu heller Kops auf den Gedanken gekommen, das Vieh in
den Wäldern und Thälern umherzutreiben und damit zu retten.
Durchmärsche durch Schleiz setzten sich mit Unterbrechungen fort bis
Juli 1807 und endlich vom November 1807 bis Januar 1808.
Bei allen Kriegsschrecken fehlte es doch auch nicht an fast ergötzlichen
Szenen. Ein biederer Bürger sah der Ankunft der Franzosen beinahe
mit Vergnügen entgegen und schilderte sie seinen Mitbürgern als höchst
gesittete, gemütliche, überaus höfliche Leute. Die Franzosen erscheinen. Ihr
Lobredner steht unter der Hausthür. „Geld!" schreit ein Husar mit ge-
schwungenein Säbel ihm zu. Erschrocken entnimmt der so barsch An-
geredete seiner Westentasche die ganze Barschaft. „Mehr Geld!" brüllt der
Franzose mit drohenden Blicken. Die Barschaft aus dem Geldbeutel in
der Hosentasche wird ausgehändigt. Aber der deutsche Wortschatz des
Franzosen war noch nicht erschöpft. „Viel Geld!" Nun mußte der Inhalt
des Kästchens im Fensterstocke den gleichen Weg wandeln. Überdies reißt
der Franzose dem Manne auch Uhr samt Kette aus der Tasche.
Das ist der Krieg! Gott behüte uns davor in Gnaden!
Paetz.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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seines Körpers. Der grosse ebenmäfsige Kopf mit reicher
Mähne, die ihn vom Hinterhaupte bis zur Schulter umwallt,
die breite behaarte Brust voll Muskelkraft, der glatte zier-
liche Hinterleib, die muskulösen Beine und der stolz geschwungene
Schwanz mit grosser Haarquaste, das furchtbar glühende Auge,
welches, der Kraft seines Leibes sich bewusst, den Gegner ruhig
überschaut — alles giebt ihm das Gepräge des Reckenhaften
und Edlen, obschon sein inneres Wesen immer das der Katze
bleibt. Ihm gegenüber bleibt die Löwin im Nachteil. Die
trotzige, achtunggebietende Mähne fehlt ihr; dagegen treten die
kurzen spitzen Ohren um so katzenartiger an dem nackten
Kopfe hervor. Der ganze Vorderkörper hilfst hierdurch das
Merkmal unbegrenzter Kraft ein; die Brust verläuft schmaler
in den Hinterkörper; der ganze Leib ist schlanker, schwäch-
licher, um ein volles Drittel kleiner.
3. So ist das Äussere dessen, den man den Wüstenkönig
nennt. In der That ist die Wüste sein Reich; aber nicht das
weite Sandmeer derselben, sondern ihr Saum, Schluchten, Wälder
und Büsche sind seine Wohnstätten. Wo das Thermometer
nicht unter 10° Wärme herabsinkt, da gedeiht der Löwe am
besten. Darum ist Afrika, besonders Tripolis, seine eigentliche
Heimat. Die waldreichsten Schluchten sind hier seine Lieb-
lingsorte ; denn er liebt es, am Tage zu schlafen und nur in der
Nacht zu jagen. Auch hieran erkennen wir die Katze wieder, und
der schlafende Löwe gleicht seiner schlichten Verwandten völlig.
4. Ein Kenner des Löwen und seiner Geschichte veranschlagt
die Kosten für seinen Unterhalt nach dem Preise des den Vieh-
herden zugefügten Schadens auf jährlich 4500 Mark. Mithin
würde jeder Löwe, dessen Alter sich durchschnittlich auf 30
bis 40 Jahre beläuft, in 30 Jahren dem Lande 135 000 Mark
gekostet haben. Freilich dürfen wir dabei nicht vergessen, dass
ihn ein Heer von Schmarotzern begleitet, für die er jagt und
übrigiäfst. Diesen Hofstaat bilden vorzüglich Schakal und
Hyäne. In ehrerbietiger Stille folgen sie von weitem und
harren, was der königliche Herr ihnen lassen wird. Aber der
Wüstenkönig würdigt diese saubere Gesellschaft, deren Ge-
hässigkeit er zu kennen scheint, niemals eines Blickes. Sich
selbst genug wiegt er gesättigt den Kopf hin und her und ver-
abscheut es als Katze, mit den im vollen Sinne des Wortes
hündischen Schmarotzern zu verkehren.
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in Form eines Bügels und von der Stärke eines Pferdehaares be-
findet. Wird eine solche Lampe mit einem elektrischen Strome in Ver-
bindnng gesetzt, so gelangt die Faser infolge des Widerstandes,
welchen sie dem Dnrchgange des elektrischen Stromes entgegensetzt,
znm Glühen.
Es ist ein großer Fortschritt, der mit dem elektrischen Lichte in
dem Belenchtnngswesen eingetreten ist. Alle übrigen Quellen des
künstlichen Lichtes wirken dnrch den Verbranch von Sanerstofs und die
Entwicklnng von Kohlensänre gesundheitsschädlich, und die von ihnen
entströmende Wärme wird leicht lästig. Das elektrische Licht entwickelt
fast gar keine Wärme und entnimmt der umgebenden Lnft keinen
Sanerstoff znr Verbrennung, es verändert die Farbe der beleuchteten
Körper nicht im geringsten, es kann Ränme beleuchten, die von dem
Orte, wo es erzeugt wird, sehr entfernt liegen, es vermindert die Ge-
fahren von Unglücksfällen, denn Explosionen und Feuergefahr sind
bei ihm fast ausgeschlossen. Daher hat auch die elektrische Beleuchtung in
vielen Städten rasche Fortschritte gemacht. Alle Arten von Werkstätten
und Fabriken, Häfen und Bahnhöfe, Eisenbahnen und Schiffe, Theater
und Konzertsäle, Straßen und Plätze, Leuchttürme, ganze Stadtteile,
sowie einzelne Privatwohmmgen: alles bedient sich bereits des elektrischen
Lichtes. Wir finden es in photographischen Anstalten, in feuergefähr-
lichen Räumen, wie z. B. in Bergwerken, bei der friedlichen Feldarbeit,
wie bei kriegerischen Unternehmungen, insbesondere bei Belagernngs-
arbeiten, ja selbst der Arzt bedient sich desselben. Mit Hilfe des
elektrischen Lichtes ist es diesem ein leichtes, die Höhlen des mensch-
lichen Körpers, z. B. die Mundhöhle, das Ohr, die Nasen- und Rachen-
höhle zu erleuchten, mittelst Spiegelung den krankhaften Zustand der-
selben zu erkennen und alsdann ein richtiges Heilverfahren anzuwenden.
Das elektrische Licht leuchtet in öffentlichen Ämtern wie in Waren- und
Geschäftshäusern, in den Speisesälen großer Gasthöfe, bei Tnnnelbanten
und nächtlichen Bahnarbeiten, es muß sogar der Sonne helfen, Früchte
znr Reife zu bringen; und wird, was nicht zu bezweifeln ist, über
lang oder kurz der elektrische Strom zu billigem Preise geliefert werden
können, dann dürfte demselben auch in der Küche eine große Zukunft
bevorstehen. Es würde dann die Zeit kommen, wo Hausfrauen und
Köchinnen mit elektrischer Wärme kochen und braten werden. Wie be-
quem, wie reinlich und gefahrlos wäre eine solche Einrichtung für
Haushaltungen und Küchen!
Leipziger Lesebuch.
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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und Bäche nur wenig Wasser haben. Hier werden alle Bedürfnisse, als
Gerste, rohe Wolle, Hammel und Butter, eingehandelt, bis dann zu Ende
des Sommers diese Zugvögel vergnügt in ihre Heimat zurückkehren.
Die Handelszüge durch die Wüste gehen ziemlich regelmäßig und
zwar in Gesellschaften von 200 bis 1000 Kaufleuten mit ihren Lasttieren.
Die Karawane von Fezzan gilt für die am besten eingerichtete. Die
Hauptrichtungen gehen von Osten nach Westen, z. B. von Marokko nach
Kairo oder von den Nil-Oasen nach Fezzan in Tripolis. Die Karawane
von Fez nach Timbnktu braucht 129 Tage, unter denen 50 Rasttage sind.
Große Gefahr in der Wüste bringen die S a n d st ü r m e. Es ereignet
sich nämlich nicht selten, daß heftige Wirbelwinde die Sandmassen gleich
Meereswogen in Bewegung setzen, aufwühlen und als turmhohe Sand-
säulen in die Höhe wirbeln. Die Leiden der Reisenden während eines
Sandsturmes sind unbeschreiblich, und der gewisse Tod steht jeden Augen-
blick bevor, weshalb die Araber, wenn sich der Sand zu bewegen anfängt,
schnell die Zelte abbrechen. Die ganze Luft ist dann voller Staubwolken,
so daß man nicht zwei Schritt weit sehen kann. Dabei steigt die Hitze zu
einem erstaunlich hohen Grade. Die Pferde recken die Zungen aus dem
Halse hervor und bäumen sich; die Menschen werden von dem schrecklichsten
Durste gequält; nur das Kamel erträgt alle Beschwerden mit Ruhe und
Geduld. Unterdessen schreiten die Sandmassen wie wandelnde Berge daher.
Die hochragenden Säulen fliegen bald mit Windesschnelle, bald schieben
sie mit majestätischer Ruhe über den Boden dahin. Manchmal fürchtet
man, schon erreicht zu sein, schon regnet ein feiner Staub aus den Wolken
nieder; da entfernen sie sich wieder und verschwinden mit unglaublicher
Schnelligkeit. Man kann nichts thun, als sich ruhig in sein Schicksal
ergeben und das Ende des Naturschauspiels abzuwarten. Wenn sich ein
entgegengesetzter Wind erhebt, so ist die Gefahr schnell vorüber. Im
Jahre 1805 wurde eine Karawane von 2000 Personen durch einen Sand-
sturm verschüttet. Mau gewahrt in der Wüste häufig Knochen und Schädel
von Menschen und Kamelen neben den Sandpfaden, oft auch große Sandhügel,
aus welchen Hunderte von weißgebleichten Gerippen hervorragen, Überreste von
Menschen, Pferden und Kamelen in der Stellung, wie der Tod sie überraschte.
Eine andere, aber minder große Gefahr, welche die Wüste bietet, sind
die Glutwinde. Diese erhalten durch die heißen, ausgedehnten Sandstrecken,
über welche sie hinwehen, ihre Glut. Durch den aufgewirbelten Staub
erscheint die Sonne in matterm Lichte; die Tiere werden unruhig; den
Menschen wird der Gaumen trocken und die Ausdünstung gehemmt, was
ein sehr unbehagliches Gefühl hervorbringt. Die Araber pflegen sich dann
das Gesicht zu bedecken und neben ihren Kamelen niederzuknieen, damit
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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Ihr Gesicht ist fast dreieckig, da die Backenknochen stark hervortreten
und das Kinn spitzig zuläuft. Die Holländer haben ihnen den Spott-
namen Pfefferköpfe gegeben, weil bei ihnen die Haare nicht wie bei
uns gleichmäßig über den Kopf verteilt sind, sondern auf warzen-
ähnlichen Erhöhungen als einzelne Büschel stehen.
Die Einwohner werden in Freie und Sklaven eingeteilt; jene sind
an den: Stocke kenntlich, den sie als das Zeichen des freien Mannes
führen, diese besorgen alle Arbeiten im Hause und auf dem Felde,
werden in der Regel mild behandelt und nicht übermäßig angestrengt.
Bei den gewöhnlichen Negern der meisten Stämme steht die Frau noch
unter dem Sklaven; sie wird wie ein Lasttier angesehen, dessen Kräfte
soviel wie möglich ausgenutzt werden, und das man nach Belieben ver-
borgt, verkauft, verschenkt.
Von den Negern gilt im allgemeinen, was der Apostel Paulus
von den Korinthern schreibt: ihr Ruhm ist nicht fein. Sie sind geistig
nicht unbegabt, fassen schnell auf und merken leicht. Viele aber sind
Lügner und Diebe; die Kruneger sind bei vielen guten Eigenschaften
die größten Spitzbuben: sie sind im stände, in der Brandung das Boot
umzuwerfen, um mit der einen Hand dir das Leben zu retten, mit der
andern deine Taschen auszuplündern. Die Nama legen bei der Ver-
folgung des Wildes eine staunenswerte Ausdauer an den Tag, aber
sonst sind sie so faul, daß bei dem echten Hottentotten von dem vielen
Liegen auf der Erde sämtliche Haare am Hinterkopfe abgescheuert sind.
Während die Küstenbewohner täglich mehrmals sich baden, starren viele
Stämme des Binnenlandes vor Schmutz an Körper und Kleidern, und
in ihren Hütten wimmelt es von Ungeziefer aller Art. Viele Neger
sind musikalisch sehr begabt, und diese Anlage unterstützt ihre angeborne
Heiterkeit. Es kann bei uns an Erntefesten und Kirmestagen nicht
fröhlicher zugehen als bei den Negern in den Vollmondnächten, da
Wald und Wiese von Gesang und Tanz wiederhallen. Zieht auf der
einen Seite dieser Charakterzug uns an, so stoßen andere, als Leicht-
fertigkeit, Treulosigkeit, Heimtücke, Trunksucht, uns ab.
Einige Stämme in Ost-Afrika sehen in Muhammed den Propheten
Gottes, aber die meisten Neger sind Götzendiener. Seit Jahren arbeiten
deutsche, englische und amerikanische Missionare an der Bekehrung der
Eingebornen. An vielen Orten haben sie Missionsstationen gegründet,
und an mancher Seele hat sich auch unter den Schwarzen unser Glaube
als der Sieg bewährt, der die Welt in uns überwindet und die Welt
um uns neu gestaltet. In Deutsch-Afrika gehören jetzt bereits 25 000
Eingeborene der evangelischen Kirche an. Kurze nach Runkwitz.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt]]
Extrahierte Personennamen: Apostel Paulus Muhammed
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wenig abweichen. Die Kometen bewegen sieb zwar auch um
die Sonne, aber in sehr lang ausgestreckten Bahnen.
Darum sind sie einmal der Sonne näher, ein andermal viel
weiter von ihr entfernt. Wenn so ein Komet einmal um die
Sonne herum ist, so zieht er in einer langen Richtung hinweg,
und wenn er alsdann dreißig oder hundert oder viele hundert
Jahre lang weiter und weiter hinweggezogen ist, so kehrt er um
und braucht wieder ebensoviel Zeit zu seiner Herreise ; und selten
einer, der ihn zum erstenmal gesehen hat, wartets ab, bis er
wieder kommt, sondern legt sich schlafen und bekümmert sich
nachher nicht mehr darum. Aber es ist aufgeschrieben, dass
ein Komet im Jahre 1456, einer 1531, einer 1607, und einer
1682 am Himmel gestanden hat. Weil nun immer von einer
Zeit zur andern ungefähr ein Zeitraum von 75 bis 76 Jahren
verflossen war, so behauptete ein gelehrter Mann, Namens
Halley, es sei allemal der nämliche gewesen, und er müsste
1759 wiederkommen, was auch richtig geschehen ist; und so
ist er 1835 ebenfalls wieder erschienen. Man nennt ihn den
Halleyschen Kometen. Diejenigen Kometen, welche mit
blossem Auge sichtbar sind, haben gewöhnlich einen mehr
oder weniger glänzenden und bisweilen ungemein grossen
Schweif. Derselbe befindet sich auf der der Sonne entgegen-
gesetzten Seite und wird aller Wahrscheinlichkeit nach durch
eine von der Sonne ausgehende abstofsende elektrische Kraft
erzeugt. Die den Schweif bildenden Teilchen werden durch diese
Kraft in den Weltenraum hinausgeschleudert, gehen also dem
Kometen verloren. Der Schweif ist übrigens so zart, dass man
Sterne durch ihn hindurch ganz gut sehen kann. Der Kern
des Kometen, von welchem der Schweif ausstrahlt, ist zwar
dichter als dieser, besitzt aber doch nur eine sehr geringe
Masse.
Ohne Zweifel ist ihre Anzahl sehr gross. Die Umlaufs-
zeiten derselben um die Sonne sind höchst verschieden; einige
rollen schon in wenigen Jahren, andere in Jahrtausenden um
die Sonne. Der Aberglaube sieht in dem Erscheinen der
Kometen oft allerlei Zeichen für Unglück, z. B. Krieg u. s. w.,
während verständige Leute in ihnen — wie in den andern
Himmelskörpern — die Allmacht und Weisheit Gottes erkennen,
der allen ihre Bahnen vorgezeichnet hat.
B. Y. R.
Nach Hebel.
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TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]