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Bayern unter Maximilian I.
Fürstenthümern versorgt waren, für deren Erhaltung großes
Interesse tragen mußte. Die ersten Eröffnungen ließ er den
Gesandten der geistlichen Kurfürsten und anderer katholischer Stände
auf dem Ncichstage zu Regens bürg vom Jahre 1608 machen.
Bald darauf schickte er einen eigenen Abgeordneten an die Höfe
von Mainz, Köln und Trier, um die Sache zu betreiben.
Den Wünschen des Kurfürsten von Mainz nachgebend, welcher
nicht gerne den Anfang machen wollte, bestrebte sich Maximilian
vor Allem, die oberländischen Stände zu einer näheren Vereinigung
zu bewegen, und nach vielfachen Bemühungen wurde am Io. Juli
1609 in München der erste Bundcsvertrag von den Bevollmäch-
tigten des Herzogs von Bayern, des Erzherzogs Leopold
als Bischofs von Straßburg und Passau, dann der Bischöfe
von Würzburg, Konstanz, Augsburg und Regensburg,
des Propstes von El lw an gen und des Abtes von Kempten
unterzeichnet. Als Zweck des Bündnisses erklärte man die Erhal-
tung des katholischen Glaubens, die Abwendung besorgter Gefahren,
die Handhabung des Religionsfriedenö und anderer Reichsgesetze.
Die Verbündeten sollten einander gegen jeden Angriff vertheidigen;
zugleich wurde ein Geldvorrath gebildet und Herzog Maximilian
zum Bund es-Obersten ernannt.
Nachdem dieß geschehen, ward den drei geistlichen Kurfürsten
Nachricht ertheilt mit der Einladung, dem neuen Vereine beizu-
treten. Maximilians Vater, der alte Herzog Wilhelm, machte eine
Reise an den Rhein, angeblich um eine Brunnenkur zu gebrauchen,
in Wirklichkeit aber, um den Eifer der drei geistlichen Kurfürsten
zu beleben. Zu Mainz, wo sie sich am 23. August 1609 ver-
sammelten, erschien auch ein bayerischer Gesandter, der Jäger-
meister Lorenz von Wensin, um jede Bedenklichkeit zu besiegen,
welche die geistlichen Herren von dem Eintritte in den katholischen
Bund abhalten konnte. Die Vorstellungen, welche dieser machte,
fanden um so eher Eingang, als die gewaltthätige Behandlung,
welche sich kurz vorher der Kurfürst von der Pfalz gegen das
Hochstift Speyer erlaubt hatte, den geistlichen Fürsten die Ge-
fahr zeigte, welcher sie sich aussetzten, wenn sie ferner abgesondert
und wehrlos blieben. Am 30. August Unterzeichneten sodann die
Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier die Urkunde ihres
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Maximilian Maximilian Leopold Leopold Maximilian Maximilian Maximilians Wilhelm August Lorenz_von_Wensin August
336 Bayern unter Maximilian Iv Joseph.
war der Feldzug von den Oesterreichern unter Erzherzog
Karl in Deutschland, und von den Nüssen unter Suwarow
in Italien siegreich eröffnet. Um Bayern eine Achtung gebietende
Stellung zu geben, war eine Mehrung seiner Strcitkräfte um
so dringender nothwendig, weil Kaiser Paul I von Rußland
nach dem unglücklichen Treffen, welches seine Truppen unter
Korsakow gegen die Franzosen unter Massen« bei Zürich
(24. September 1799) lieferten, seine Gesinnung gegen Frank-
reich änderte und seine Truppen zurückzog. Zur Mehrung des
bayerischen Heeres mangelten aber die Mittel, und dieselben im
Lande aufzubringen, bestand keine Hoffnung. Deshalb nahm
Bayern von England Hilssgelder und rüstete mit denselben
zu dem bisherigen Heere von 14,000 Mann ein zweites von
12,000 Mann. Die Verpflegung dieser Truppen übernahm
England durch einen in Amberg (15. August 1800) abge-
schlossenen Vertrag, in welchem es auch dem Kurfürsten den
ungeschmälerten Besitz seines Gesammtgebiets gewährleistete. Die
verstärkte bayerische Armee rückte nun in Verbindung mit öster-
reichischen Truppen an den Mail: und Rhein, aber ein großes
französisches Heer unter Moreau drängte die Verbündeten bis
in's Innere von Bayern zurück. Zn gleicher Zeit war Napo-
leon Bonaparte nach seiner Rückkehr vom ägyptischen Feld-
zuge und seiner Ernennung zum ersten Cónsul der französischen
Republik mit einer ungeschwächten Armee über den großen
St.bernhard gedrungen und hatte in der Schlacht bei Marengo
(14. Juni 1800) gesiegt. Auf die Nachricht von diesem Erfolge
der französischen Waffen drang Moreau in Bayern vor, nahm
(27. Juni 1800) München und bald darauf (7. Juli 1800)
Landshut. Kurfürst Maximilian Iv hatte sich nach dem
Falle Münchens nach Amberg zurückgezogen (27. Juni 1800)
und erließ von dort aus (10. November 1800) ein Toleranz-
Edikt, welches auch den Nichtkatholiken die Niederlassung in
Bayern gestattete.
Unterdessen hatte Oesterreich, um von dem siegreich vor-
dringenden Moreau Waffenstillstand zu erhalten, den Franzosen
durch die Verträge zu Parsdorf (unweit Ebersberg) vom 15. Juli
und zu Hohenlinden (acht Stunden von München) vom 20. Septbr.
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Iv_Joseph Maximilian Karl Karl Suwarow Paul_I_von_Rußland Bayern_von_England_Hilssgelder August Maximilian_Iv Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien England Amberg Rhein Marengo
( Bayern Amberg Bayern Oesterreich Ebersberg
338
Bayern unter Maximilian Iv Joseph.
war, daß Oesterreich so hochgehende Forderungen stelle, ohne die
Zustimmung Frankreichs für sich zu haben, so warb der bayerische
Kursürst um die Freundschaft und Hilfe des Kaisers Alexander
von Rußland, des Sohnes und Nachfolgers Paul I. Oester-
reichs Gelüsten fand am Petersburger Hofe allgemeine Mißbillig-
ung, und bald darauf (18. August 1802) ließ Rußland und
Frankreich im Einverständniße mit dem deutschen Kaiser dem
Reichstage zu Re g eus bürg einen durch den französischen
Minister Talleyrand und den russischen Kanzler Kurakin
bearbeiteten Plan über die Entschädigung der deutschen Fürsten
für ihre Verluste am linken Rheinufer und über die künftige
Gestaltung Deutschlands vorlegen, der einem Ausschüße von acht
Reichsstanden, Reichs députation genannt, zur Prüfung und
Berichterstattung überwiesen wurde. Rach vielen Unterhandlungen
erschien (am 23. November 1802) das Endresultat der Ausschuß-
Berathungen in einem Hauptentschädigungsplan, dessen Inhalt
der deutsche Reichstag am 25. Februar 1803 unter dem
Namen des Neichsdeputations-Hauptschlusses (aus 89
Paragraphen bestehend) annahm.
Der Kurfürst von Psalzbayern, welcher unter alleu
Reichsständen durch den Luneviller Frieden am meisten, nämlich
alle pfälzischen Besitzungen jenseits und diesseits des Rheins mit
Ausnahme des Herzogthums Berg verloren hatte, erhielt dafür
als Ersatz:
a) die Hochftister Würzburg, Bamberg, Augsburg (doch nicht
die Reichsstadt), Freysing, einen Theil von Eichstädt und
Passau nebst den mittelbaren Klöstern innerhalb dieser Gebiete;
b) die 13 Reichsabteien: Kempten, Ebrach, Elchingen, Irrste,
Kaisheim, Ottobeuren, Roggenburg, Söflingen, St. Ulrich
und Afra (im Hochstiste Augsburg), Ursberg, Wettenhausen,
Wengen (in Ulm) und Waldsassen. Kurfürstliches Bcsitz-
ergreifungspatent vorn 26. November 1802;
e) die 15 Reichsstädte: Bopsingeu, Buchhorn, Dinkelsbühl,
Kausbeuren, Kempten, Leutkirch (mit Heide), Memmingen,
biet bis an den Lech vorzurücken, und würden zur Folge gehabt
haben, Bayern ganz aus der Zahl der Mächte zu vertilgen."
Ob diese Anschuldigung begründet gewesen, steht dahin; Oesterreich stellte der
französischen Note die Behauptung entgegen, „daß es nur ein Vorrücken
bis an die Isar mit Ausnahme Münchens beabsichtigt habe."
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Iv_Joseph Maximilian Alexander
von_Rußland Alexander August Ulrich Buchhorn
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Lu neville von den kaiserlichen Bevollmchtigten auch im Namen des deutschen Reiches unterzeichnet. Gem diesem Frieden mute das deutsche Gebiet auf dem linken Rhein-ufer an Frankreich abgetreten werden; den deutschen Fürsten sollte ihr Verlust durch Reichsstdte und durch Skulari-sation der Frstbistmer, Stifter, Klster u. s. w. ersetzt werden. Bayerns Kurfürst Max Iv schlo, um voller Entschdigung gewi zu sein, am 24. August 1801 zu Paris mit Frankreich einen besonderen Frieden und rief, als fter-reich seine Grenze bis an das rechte User der Isar vorzurcken suchte, die Hilfe des Kaisers Alexander von Rußland an.
Am 18. August 1802 lie Rußland mit Frankreich im Einverstndnisse mit sterreich einen durch den franzsischen Minister Tallayrand und dem russischen Kanzler Kurakin aus-gearbeiteten Plan der die Entschdigung der deutschen Fürsten und der die knftige Gestaltung Dentschlauds vorlegen. Dieser wurde einem Ausschusse von acht Reichs-stnden, Reichsdeputation, berwiesen. Nach vielen Unter-Handlungen erschien am 23. November 1802 das Endresultat der Ausschuberatungen in einem Hauptentschdigung s-plane. Den Inhalt desselhen nahm der deutsche Reichs-tag zu Regensburg unter dem Namen Reichsdepn-tations 'Hauptschlu" am 25. Februar 1803 an. In betreff Bayerns war in diesem Aktenstcke bestimmt: der Kurfürst Max Iv von Pfalzbayern erhlt die Hochstifter Wrzburg, Bamberg, Augsburg (doch nicht die Reichs-stadt), Freising, einen Teil von Eichsttt und Passau. 13 Reichsabteien, 15 Reichsstdte, die Stadt Mhl-dorf am Inn und 2 Reich sdrfer. Die M an ns kl fter im ganzen deutschen Reiche sollten den Landesfrsten zur Verfgung stehen; die Frauenklster, welche Klausur haben, sollten im Einverstndnisse mit dem Dicesanbischofe skularisiert werden.
Die Skularisation im Jahre 1803.
In Bayern war man schon im Jahre 1802 zur Aufhebung der Mendikanten- (Bettel-) Klster geschritten. Als im Jahre 1808 smtliche deutschen Fürsten, welche
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Extrahierte Personennamen: Max_Iv Max August Alexander_von_Rußland Alexander August Max_Iv_von_Pfalzbayern Max
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bayerns Paris Frankreich Frankreich Bayerns Bamberg Augsburg Freising Bayern
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Wohnhaus und enthält gleichfalls einen sogenannten Pesel; gegen Osten und
Norden liegen Ställe und gegen Westen die Tenne. — Das ganze Gebäude hat
ein 40 Fuß und darüber hohes Dach, welches in Form einer vierseitigen Pyramide
oben spitz ausläuft und stets mit Stroh bedeckt ist. Nur die stärksten Hommerschen
Balken vermögen die Spannung der ungewöhnlichen Raumverhältnisse zu tragen.
Wegen der Kostbarkeit solcher Bauten ist man in neuerer Zeit mehrfach von dieser
Bauart abgewichen, sodaß die Zahl der alten ehrwürdigen Hauberge von Jahr
zu Jahr immer mehr abnimmt.
27. Die Vogelkojen auf Föhr und Silt (Seeland).
Die Jagd auf Enten und andere Wasservögel ist besonders merkwürdig und
ergiebig auf der Insel Föhr. Der Vogelfang ist für manche Familien auf dieser
Insel ein nicht unwichtiger Erwerbszweig und hat manches Eigene, das auf dem
festen Lande wenig bekannt ist. Er geschieht auf zweierlei Art, theils mit Schlag-
netzen, theils in Vogelkojen.
Die Beschaffenheit der Vogelkojen läßt sich nur unvollkommen und schwer
deutlich genug beschreiben. Zu einer Vogelkoje ist ein Stück Land von 15 bis 1600
Quadratruthen erforderlich. In der Mitte derselben ist ein großer Teich gegraben
von solcher Tiefe, daß er immer Wasser halten kann. An allen vier Seiten ist ein
ziemlich hoher Erdwall aufgeworfen, der aber an den Ecken des Teiches nicht zu-
sammenhängt; denn von jeder derselben geht ein langer, etwas gekrümmter Graben
aus, der die Pfeife genannt wird. Da wo derselbe mit dem Teiche zusammenhängt,
ist er 9 bis 10 Ellen breit und ziemlich tief, wird aber allmählich schmäler. An der
äußeren Seite dieses Grabens ist gleichfalls ein Erdwall aufgeworfen, der gegen
das Ende allmählich niedriger wird und auf dem ganz kurze Pfähle stehen. Gegen-,
über auf der andern Seite ver Pfeife, wo kein Wall ist, stehen lange Pfähle, deren
Ende mit jenen auf dem Walle horizontal ist. Auf diesen Pfählen wird über die
Pfeife ein Netz gespannt und vor das Ende derselben ein Hamen oder eine Reuse
befestigt. Dicht außen vor den langen Pfählen stehen Schirme oder Zäune von
Schilfrohr, schräge gegen den Graben gestellt, ungefähr wie Coulissen auf dem
Theater. Dann folgt ein langer Zaun in gerader Linie längs der Pfeife, welcher
alle Aussicht von dem Graben begrenzt, sodaß außerhalb dieses Zaunes ein Mensch
gehen kann, ohne von den Vögeln in der Pfeife gesehen zu werden. Solcher Pfeifen
sind vier, auch wohl sechs bei einer Koje, damit der Fänger allemal in einer solchen,
die abwärts vom Winde gelegen ist, fangen kann, weil sonst die Vögel von ihm
Witterung bekommen und davon fliegen würden. Die Wälle und der übrige Platz
an der Koje sind mit Schilfrohr, Bäumen und Sträuchern aller Art bewachsen,
so daß sie einem kleinen Walde oder einer Wildniß ähnlich sieht.
In der Koje ist immer eine Anzahl Vögel, welche das ganze Jahr hindurch
täglich zweimal in der Mündung der Pfeife gefüttert werden. In der einen Koje
auf Föhr sind manchmal jährlich über 50 Tonnen Gerste aufgefüttert worden. Es
werden auch einige hundert Vögel halb zahm gemacht. Man beschneidet ihnen die
Flügel, füttert sie an einem eingeschlossenen Ort in der Koje, bis ihnen die Federn
wieder wachsen und läßt sie dann in die weite Welt fliegen. Diese suchen das
folgende Jahr mit ihrer Brut und vielen andern die Koje wieder heim und ver-
größern den Fang.
Der Fang nimmt mit den ersten Tagen des August seinen Anfang und dauert
so lange, bis es so stark friert, daß das Wasser in der Koje mit Eis bedeckt ist. So-
bald dieses geschieht, verlieren sich die Vögel auf einmal. Im September und Ok-
tober ist die beste Fangzeit.
Beim Fange selbst verfährt man auf folgende Weise. Wenn sich wilde Vögel
in dem Teiche einfinden, so folgen diese den zahmen, wenn sie gefüttert werden,
bis in die Pfeife. Sobald der Fänger, den der Zaun vor den Vögeln verbirgt,
merkt, daß Vögel da sind, tritt er hinter dem Zaun hervor und zeigt sich denselben.
Diese wagen nicht mehr in den Teich zurück zu fliehen, weil er demselben näher
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74
deutscher Handwerksbursche in Amsterdam durch den Irrthum zur Wahr-
heit und zu ihrer Erkenntniß. Denn als er in diese große und reiche Han-
delsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger Menschen
gekommen war, fiel ihm sogleich ein großes und schönes Haus in die Augen,
wie er auf seiner ganzen Wanderschaft von Tuttlingen bis nach Amsterdam
noch keins erlebt hatte. Lange betrachtete er mit Verwunderung dieses
kostbare Gebäude, die Kamine auf dem Dache, die schönen Gesimse und die
hohen Fenster, größer als an des Vaters Haus daheim die Thür. Endlich
konnte er sich nicht enthalten, einen Vorübergehenden anzureden. „Guter
Freund," redete er ihn an, „könntihr mir nicht sagen, wie der Herr heißt,
dem dieses wunderschöne Haus gehört mit den Fenstern voll Tulipanen,
Sternenblumen und Levkoyen?" —Der Mann aber, der vermuthlich etwas
Wichtigeres zu thun hatte und zum Unglück gerade so viel von der deutschen
Sprache verstand, als der Fragende von der holländischen, nämlich nichts,
sagte kurz und schnauzig : „Kannitverstanund schnurrte vorüber. Dies
war ein holländisches Wort, oder drei, wenn man's recht betrachtet, und
heißt auf deutsch so viel als: „ich kann euch nicht verstehen." Aberder
gute Fremdling glaubte, es sei der Name des Mannes, nach dem er gefragt
hatte. „Das muß ein grundreicher Mann sein, der Herr Kannitverstan,"
dachte er, und ging weiteri Gass' aus Gass' ein kam er endlich an den
Meerbusen , der da heißt: Het Ey, oder aus deutsch: Das Ipsilon. Da
stand nun Schiff an Schiff und Mastbaum an Mastbaum, und er wußte
anfänglich nicht, wie er es mit seinen zwei einzigen Augen durchfechten werde,
alle diese Merkwürdigkeiten genug zu sehen und zu betrachten, bis endlich
ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit an sich zog, das vor kurzem aus
Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon standen
ganze Reihen von Kisten und Ballen auf- und nebeneinander am Lande.
Noch immer wurden mehrere herausgewälzt, und Fäffer voll Zuckerund Kaffee,
voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich
einen, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann
heiße, dem das Meer alle diese Waaren an das Land bringe? „Kannit-
verstan," war die Antwort. Da dachte er: „Haha, schaut's da heraus ?
Kein Wunder! Wem das Meer solche Reichthümer an das Land schwemmt,
der hat gut solche Häuser in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen vor
die Fenster in vergoldeten Scherben." Jetzt ging er wieder zurück und
stellte eine recht traurige Betrachtung bei sich selbst an, was er für ein armer
Mensch sei unter so viel reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben
dachte: „Wenn ich's doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser Herr
Kannitverstan cs hat," kam er um eine Ecke und erblickte einen großen
Leichenzug. Vier schwarz vermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarz
überzogenen Leichenwagen langsam und traurig, als ob sie wüßten, daß sie
einen Todten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und
Bekannten des Verstorbenen folgte nach, Paar an Paar, verhüllt in schwarze
Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt
ergriff unsern Fremdling ein wehmüthiges Gefühl, das an keinem guten
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TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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51
97. Die Witwe von Husum.
Es war im Winter, und das Eis stand. Da beschlossen die
Husumer, ein groszes Fest zu feiern; sie schlugen Zelte auf, und
alt und jung, die ganze Stadt, versammelte sich drauszen. Die
einen liefen Schlittschuhe, die andern fuhren im Schlitten, und in
den Zelten erscholl die Musik, und Tänzer und Tänzerinnen schwenk-
ten sich herum, und die Alten saszen an den Tischen und tranken
eins. So verging der ganze Tag, und der helle Mond stieg auf;
aber der Jubel schien nun erst recht anzufangen.
Nur ein altes Mütterchen war von allen Leuten in der Stadt
zurückgeblieben. Sie war krank und gebrechlich und konnte ihre
Füsze nicht mehr gebrauchen; aber da ihr Häuschen auf dem Deiche
stand, konnte sie von ihrem Bette aus auf’s Eis hinaussehen und
die Freude sich betrachten. Wie es nun gegen den Abend kam,
da gewahrte sie, indem sie so auf die See hinaussah, im Westen ein
kleines weiszes Wölkchen, das eben über dem fernen Horizont auf-
stieg. Gleich befiel sie eine unendliche Angst; sie war mit ihrem
Manne zur See gewesen und verstand sich recht auf Wind und
Wetter. Sie rechnete nach : „In einer kleinen Stunde wird die
Flut da sein, dann ein Sturm losbrechen, und alle sind verloren !"
Da rief und jammerte sie, so laut als sie konnte; aber niemand war
in ihrem Hause, und die Nachbarn waren alle auf dem Eise; nie-
mand hörte sie. Immer gröszer ward unterdessen die Wolke und
allmählich immer schwärzer, noch einige Minuten, und die Flut
muszte da sein, der Sturm losbrechen. Da rafft sie all ihr bischen
Kraft zusammen und kriecht auf Händen und Füszen aus dem Bette
zum Ofen; glücklich findet sie noch einen Brand, schleudert ihn
in s Stroh ihres Bettes und eilt, so schnell sie kann, hinaus, sich in
Sicherheit zu bringen. Das Häuschen stand nun augenblicklich in
hellen Flammen, und wie der Feuerschein vom Eise aus gesehen ward,
stürzte alles in wilder Hast dem Strande zu. Schon sprang der
Wind auf und fegte den Staub auf dem Eise vor ihnen her ; der
Himmel ward dunkel; das Eis fing an zu knarren und zu schwanken,
der Wind wuchs zum Sturm, und als die Letzten den Fusz auf’s
feste Land setzten, brach die Decke, und die Flut wogte an den
Strand. So rettete die arme Frau die ganze Stadt und gab ihr Hab
und Gut daran zu deren Heil und Rettung.
98. Wärterinuhr.
1. Der Mond, der scheint,
das Kindlein weint,
Die Glock’ schlägt z w ö 1 f.
Dasz Gott doch allen Kranken
2. Gott alles weisz.
Das Mäuslein beisz’.
Die Glock’ schlägt ein;
der Traum spielt auf dem Kissen
helft
dein.
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91
Quecken hatten den Acker ausgesogen ; und denselbigen Menschen
reuete es, so viel er Haare auf seinem Haupte hatte, dasz er an
ihnen Barmherzigkeit gethan.
Wer Ohren hat zu hören, der höre !
150. Drei Räthsel.
i
1. Von Perlen baut sich eine Brücke
hoch über einen grauen See;
sie baut sich auf im Augenblicke,
und schwindelnd steigt sie in die Höh'.
2. Der höchsten Schiffe höchste Masten
ziehn unter ihrem Bogen hin,
sie selber trug noch keine Lasten
und scheint, wie du ihr nabst, zu fliehn.
3. Sie wird erst mit dem Strom und schwindet,
so wie des Wassers Flut versiegt.
So sprich, wo sich die Brücke findet,
und wer sie künstlich hat gefügt?
t. Unter allen Schlangen ist eine,
auf Erden nicht gezeugt,
mit der an Schnelle keine,
an Wuth sich keine vergleicht.
2. Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
auf ihren Raub sich los,
vertilgt in einem Grimme
den Reiter und sein Roß.
Ii.
3. Sie liebt die höchsten Spitzen;
nicht Schloß, nicht Riegel kann
vor ihrem Anfall schützen;
der Harnisch — lockt sie an.
4. Sie bricht, wie dünne Halmen,
den stärksten Baum entzwei;
sie kann das Erz zermalmen,
wie dicht und fest es sei.
5. Und dieses Ungeheuer
hat zweimal nie gedroht —
es stirbt im eignen Feuer;
wie's tobtet, ist es todt!
Iii.
Ich wohn' in einem steinernen Haus,
da lieg' ich verborgen und schlafe;
doch ich trete hervor, ich eile heraus,
gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
mich kann dein Athem bezwingen,
ein Regentropfen schon saugt mich ein;
doch mir wachsen im Siege die Schwingen;
wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
erwachs' ich zum furchtbar'n Gebieter der Welt.
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136
202.
1. Wenn alles eben käme,
wie du gewollt es hast,
und Gott dir gar nichts nähme,
und gab’ dir keine Last:
wie wär’s da um dein Sterben,
du Menschenkind, bestellt?
Du müsztest fast verderben,
so lieb wär' dir die Welt.
Trost
2. Nun fällt, eins nach dem andern,
manch siiszes Band dir ab,
und heiter kannst du wandern
gen Himmel durch das Grab.
Dein Zagen ist gebrochen
und deine Seele hofft; —
dies ward schon oft gesprochen,
doch spricht man’s nie zu oft.
203. Der Hauptmann von Wismar.
Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, als die nord-
deutsche Hansa in ihrer Blüte stand, kam nach Wismar mitten im
Winter die Nachricht, dasz Stockholm in Schweden hart von
den Dänen belagert würde und die Bürger grossen Hunger litten,
und wenn sie nicht nächstens entsetzt würden, so müssten sie aus
Noth die Stadt übergeben. Um das zu verhindern, wurden in dem
Tief von Wismar acht grosse Schiffe ausgerüstet; diese wurden mit
Korn, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen und mit kühnen
Männern besetzt, den Holm zu befreien. Es war aber mitten im
Winter, da diese Schiffe ausliefen; sie hatten einen Hauptmann,
Namens Meister Hugo. Die Dänen hatten aber auch einen
Haufen Schiffe in See, um auf ihre Feinde Acht zu geben.
Da begab sich, dasz plötzlich ein so starker Frost eintrat, dasz
die Schiffe in der See einfroren und konnten nirgend hinkommen.
Als nun der Hauptmann von Wismar sah, dasz der Frost so heftig
überhand nahm, da sprach er zu den Schiffern und anderen Kriegs-
leuten also: „Liebe Gesellen, ihr sehet, dasz wir hier eingefroren
liegen, und dürfen uns nicht vermuthen, dasz so bald ein anderes
Wetter eintreten wird, und ihr wisst, dasz der Dänen Schiffe auch
in See sind. Darum weiss ich gewiss, wenn dieser Frost bleibt,
so werden sie uns anfallen, und sie haben den groszen Vortheil,
dasz sie aus ihrem Lande sich verstärken können, soviel sie wollen:
deshalb ist besser, wir sehen vor ihrer Ankunft zu. Wollt ihr nun
meinen Rath hören, so wollen wir unsere Schiffe so verwahren, dasz
wir sie vor den Dänen wohl behalten, wiewohl es Arbeit kosten
wird ; dennoch, weil es so kalt ist, ist es besser, dasz wir etwas zu
thun haben, als dasz wir zu Tode frieren. Sehet da", sprach er,
„an der dänischen Küste steht viel Holz, da wollen wir Leute hin-
senden, die sollen lange und grosse Bäume hauen und auf dem Eise
mit geringer Arbeit an die Schiffe schaffen; die wollen wir auf
beiden Seiten der Schiffe hinlegen und mit Wasser begieszen, wel-
ches bald zufrieren wird, und unseren Schiffen einen Wall und ein
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Bollwerk geben. Laszt dann die Dänen kommen, so wollen wir
sie erwarten."
Dieser Rath gefiel allen wohl. Sie holten die Bäume und
zogen sie zu den Schiffen und begossen sie mit Wasser, und es ward
so ein gläserner Wall. Diese Arbeit war kaum vollbracht, so ka-
men die Dänen in Haufen über’s Eis und vermeinten, die Schiffe zu
erobern; aber wiewohl der Dänen wohl vier waren auf einen Wis-
marschen, so muszten sie doch mit groszem Schaden davon ziehen
und die Schiffe bleiben lassen. Das verdrosz die Dänen über die
Maszen, und weil sie gesehen hatten, dasz sie vor dem Bollwerk
nicht an die Schiffe heran kommen könnten, wollten sie eine Kriegs-
maschine zurichten, die man eine Katze nennt, und liefen in das
Holz, wo die Wismarschen die Bäume gehauen hatten. Der Haupt-
mann von Wismar, Meister Hugo, erkannte bald ihre Anschläge und
liesz in der Nacht um die Schiffe einen breiten Streif auseisen und
die Eisschollen liesz er niederdrücken. Nicht lange darauf kamen
die Dänen mit ihrem Volke und bedachten nicht, dasz die Wismar-
schen geeist hätten, denn es war oben wieder zugefroren, und
kamen mit groszem Ungestüm und meinten jetzt die Schiffe zu ge-
winnen, denn es verdrosz sie, dasz sie vormals mit Schande zurück-
weichen muszten. Aber es ist ein altes Sprichwort: „Grosze Eile
giebt selten gute Weile." So’ ging es den Dänen diesmal auch,
denn sie fielen zu Haufen in das Wasser, und der eine drängte dem
anderen nach, so dasz mehrere den Tag ertranken. Zu diesem
Schaden muszten sie noch Spott dazu haben ; denn die auf den
Schiffen riefen: „Kiz ! Kiz!" So pflegt man zurufen, wenn man
die Katzen jagt.
So erhielten die Wismarschen ihre acht Schiffe durch List und
harte Arbeit, bis Gott ein andres Wetter gab, dasz das Eis verging;
da liefen sie nach Stockholm und entsetzten die Stadt.
204. Die Pfeife.
Benjamin Franklin erzählt: Als ich ein Knabe von sieben Jahren
war, füllten mir einst an einem Feiertage meine Verwandten die Taschen
mit Kupfermünzen. Ich wußte nun nichts eiliger zu thun, als damit nach
einem Kaufladen zu gehen, wo man Kindcrfpielzeug verkaufte. Schon auf
dem Wege dahin begegnete ich aber einem andern Knaben mit einer Pfeife,
deren Ton mir jo wohl gefiel, daß ich ihm freiwillig all' mein Geld dafür
bot. Vergnügt über meinen Handel eilte ich wieder nach Haufe und durch-
zog pfeifend das ganze Haus; denn mcim: Pfeife machte mir eben so viel
Freude, als ich damit die ganze Familie belästigte. Als meine Brüder,
Schwestern, Vettern und Basen von meinem Handel hörten, sagten sie mir,
daß ich viermal mehr für die Pfeife gegeben hätte, als sie werth sei. Dies
machte mich nun erst aufmerksam darauf, wie viele schöne Sachen ich für
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