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I. Geographische Grundbegriffe.
Küste zwischen Seine und Somme, viele Strecken der Westküste von Amerika,
die Küsten des Australgolses.
2. Die Klippenküsten sind meist Steilküsten, denen einzelne Felsmassen
(Klippen) vorgelagert sind. Ragen diese über das Meer heraus, so bilden
sie oft die schönsten Häfen; bleiben sie aber unter dem Meeresspiegel in
geringer Tiefe, so gefährden sie die Schiffahrt. Sie sind besonders für
fremde Schiffe, welche mit der Lage und Richtung der Felsen nicht vertraut
sind, sehr gefährlich (Lotsen). Solche Küsten finden sich in Europa, besonders
in Dalmatien und Norwegen. In der Küste des letztgenannten Landes
zeigen sich auch tief in das Land eindringende Buchten, Fjorde, denen
zählreiche kleine Inseln und Klippen vorgelagert sind (Schären).
3. An den Flachküsten senkt sich das Land ganz allmählich bis zum Meere
und uuter dessen Spiegel hinab. Das Meer hat daher bei ihnen eine geringe
Tiefe und enthält oft Sandbänke; die Küsten selbst sind einförmig und mit
Ausnahme der Flußmündungen fast ohne Einschnitte. Sie sind sür die
Schiffahrt sehr ungünstig, da die Schiffe weit vom Lande entfernt ankern
müssen; nur an den Flußmündungen finden sich einigermaßen sichere Häfen.
Meistens find sie mit einem breiten Sand- oder Geröllgürtel eingefaßt, auf
welchem das Meer Sandhügel, Djulen, auswirft, die das Hinterland gegen
die Wogen des Meeres schützen, manchmal aber auch unter dem Sande be-
graben. — Die Flachküsten sind die gewöhnlichste Form der Küsten; im
Norden der Erde haben sie nackten Felsboden mit geringer Senkung, auf
dem sich Sümpfe mit Moos und Torf bilden.
Das Meer arbeitet unablässig an der Gestaltung der Küsten, hier Land bildend,
dort Land zerstörend. Land bildet es dadurch, daß einerseits durch die Wellen
und den Seewind Sandhügel, Dünen, aufgeworfen, andererseits das Hinaustragen
von Sinkstoffen in das offene Meer verhindert und so an den Flußmündungen
Neubildung von Land (Deltaland) bewirkt wird. Seine zerstörende Kraft
zeigt das Meer dadurch, daß es von den Flachküsten ganze Strecken wegreißt
(Dollart, Zuidersee), an den Steilküsten die weniger widerstandsfähigen Gesteine
aus den festeren herausnagt und so die Küste zersägt (Helgoland, Skandinavien).
Auf diese Weise sind Vielsache Einbuchtungen oder Einschnitte des
Meeres in das Land entstanden (Fjord, Bai, Bucht, Meerbusen, Golf,
Hafen). Dem entsprechen Vorsprünge des Landes in dasmeer. Solche
Landesteile, die auf mehreren Seiten vom Wasser umgeben sind und
nur an eiuer Seite mit dem festen Lande zusammenhängen, heißt man
Halbinseln. Ist eine Halbinsel sehr schmal, so wird sie Landzunge
genannt. Der äußerste Vorsprung eines Landes erhält den Namen
Kap, und wenn er hoch aussteigt, Vorgebirge.
Halbinseln und Landzuugen bilden die Gegenstücke zu Meerbuseu und Buchten.
Ein schmaler Landstreisen, dnrch welchen zwei Gewässer von ein-
ander getrennt und zwei Länder miteinander verbunden werden, heißt
Landenge oder Isthmus (Panama); sie ist das Gegenstück von Meer-
enge oder Straße.
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Extrahierte Ortsnamen: Amerika Europa Dalmatien Norwegen Helgoland Skandinavien Meerbusen Panama
Die deutschen Hüften.
89
Inseln ist. Zreilich ist die deutsche Rüste stellenweise schwer zugänglich und das
Meer an ihr sehr seicht (Zlachküste), was für den Verkehr Nachteile bringt.
Trotz seiner langen Rüstenlinie (die aber doch hinter der mancher kleinerer Länder um
viel zurückbleibt) ist Deutschland überwiegend Festland st aat; es gibt Orte, die
Maßeinheiten von der deutschen Rüste entfernt sind; manche liegen dem Mittelmeer näher.
Er st reckung, Richtung: Die deutsche Nordseeküste zieht von
Borkum (ihrem westlichsten Punkt, etwa unter dem gleichen Meridian wie
Krefeld und Trier, aber bereits dem holländischen Zestlandsanteil vorgelagert)
oder dem Dollart bis zur K ö n i g s a u , dem Grenzflüßchen gegen
Dänemark. Die deutsche Gstseeküste reicht vom Kl. Belt bis über Iuemcl,
Deutschlands nördlichste Stadt, hinaus, Wie die deutsche Insel Borkum vor der
holländischen Küste so liegen mehrere dänische Inseln vor der deutschen Gstseeküste.
Die Richtung der deutschen Rüste ist leicht nordöstlich. Uberwiegend kehrt sich die
Rüste unseres Vaterlandes nachnordenzu, aber (durch Deutschlands Anteil an der Halb-
infel Iütland sowie durch die Aufbiegunz Ostpreußens) auch nach Westen und Osten
(s. Skizze). Dabei steigen die einzelnen
Abschnitte fast stufenartig nach Norden
an, so daß auch eine Anzahl der deut-
schen Hafenstädte in der Richtung nach Nordsee
Gsten zu immer nördlicher liegt als
der vorhergehende Rasenplatz.
i
~G
E
:3
Ostsee
_i_
Die Bewohner der deut- Die Hauptrlchtungen der
schen Küste sind fast ausnahms- deutscherb Küstew,
los protestantisch.
Fig. 3$.
Einzelbetrachtung.
I. Die deutsche Nordseeküste. Sie ist viel k ü r z e r als die Gstseeküste, aber
zerrissener und gefährlicher, vor allem auch verkehrsreicher und
wichtiger.
Ihrer ganzen Ausdehnung nach bietet sie ein einheitliches Bild.
Bestimmt ist die Eigenart der Nordseeküste vor allem durch drei Dinge:
Geest, Marsch und Watten.
a) Etwa 20 km hinter der Brandungslinie (d. h. der Linie, da die Wellen
den Strand berühren) erhebt sich als h ö h e r e r (und älterer) L a n d s a u m die
sandige, trockene Geest, oft mit Heide, aber auch mit Wald bedeckt und
am Rande gegen die Marsch zu auch bebaut.
d) vor ihr, von der Geest oft landzungenartig durchbrochen, dehnen sich
die Marschen (Marsch = Niederung). Der Boden ist hier außerordentlich
fruchtbar und eignet sich vor allem zum Anbau von Zutterpflanzen,^
daher blüht in den Marschen die Viehzucht. Aber die Marschen liegen nicht
nur n i e d e r e r als die Geesten, sie liegen auch vielfach niederer als dermeeres-
s p i e g e l bei der Klüt und als die angrenzenden Zlußläufe. Sie müssen daher
durch hohe (5—6 m über dem Meeresspiegel,- s. das über die Sturmfluten Gesagte)
und (oben mindestens 3 m) breite Dämme vor Überschwemmung geschützt werden.
Diese Dämme heißen Deiche. („Wer nicht will deichen, der muß weichen.")
Schleusen gewähren den Binnengewässern den Austritt ins Meer,- sie sind
so eingerichtet, daß bei der Ebbe auch die matten Gewässer der Ebene durch ihren
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Einmischung
Frankreichs.
Charakter des Krieges: nicht mehr^, Religion^ krieg.
18 Vii. Der Dreißigjährige Krieg.
treue und daher behielt der Friebe den Charakter eiues Souber-friebeus.
§ 77.
Der Schwedisch-französische Krieg 1636—1648.
1. Die sowohl vou dem Kaiser als auch vou anbereu Fürsteu au den Prager Separatfrieden geknüpfte Hoffnung, er werbe die Einleitung zu einem allgemeinen Friebensznstanb bilben, ging nicht in Erfüllung. Vielmehr entbrannte bald darauf der Kampf mit neuer Heftigkeit; er zog sich sogar noch 12 lange Jahre hin und nahm bet der immer größer werbenben Versilberung der Truppen eine so grauenhafte Gestalt an, daß die letzte Periobe des 30 jährigen Krieges zu den trübsten und unheilvollsten Zeiten gehört, welche das beutfche Volk zu erleben hatte. Die Verantwortung, die Kriegsflamme von neuem angefacht und fortwährenb genährt zu haben, hat Frankreich zu tragen, befseit leitender Minister Richelieu danach strebte, die Macht Habsbnrgs zu schwachen und Frankreichs Grenzen bis an den Rhein auszudehnen. Frankreich ermunterte Schweden zur Fortsetzung der Feindseligkeiten, ermöglichte dem hochstrebenben Bern har b von Weimar durch finanzielle Unterstützung die Werbung neuer Truppen und brachte selbst ein Heer auf, das unter Zuxeinte und Goitbe in Deutschland einfiel und namentlich im Süden große Verheerungen anrichtete.
Durch die Beteiligung Frankreichs erhielt der Krieg ein anderes Gepräge. Bisher hatte es sich um den Gegensatz zwischen Katholizismus und Protestantismus gehandelt; dem unversöhnlichen Haß beiber Religionsparteien waren die ersten blutigen Scenen in Böhmen entsprungen und die ernste Gesährbung des Protestantismus durch das Restitutionsedikt war einer der Grünbe gewesen, welche Gustav Aböls zur Einmischung bestimmt hatten. Jetzt aber trat das religiöse Moment in den Hintergrund. Keine der fremden Möchte dachte mehr an Verteidigung kirchlicher Interessen; jeder war es nur um Eroberung zu tun. Der Krieg artete aus zu einem Kampf Fremder gegen Fremde; denn außer Schweden und Franzofen tauchten Wallonen, Kroaten, Ungarn, Spanier zc. als Streitende auf. Das unglückliche Deutschland bot nur den blutgetränkten Schauplatz dar, auf welchem die Leidenschaften und Roheiten der verwilderten Massen zur Entfaltung kanten. Die geworbene Soldateska sah es als ihre Hauptaufgabe an, die Vorräte der Bürger und Bauern zu verbrauchen, das Land gänzlich auszusaugen und dem nachziehenden Gegner alle Hilfsquellen zu entziehen. So ward Deutfchland mit seinen einst blühenden Gefilden und volkreichen, wohlhabenden Städten und Dörfern
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Extrahierte Personennamen: Richelieu Gustav_Aböls Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich Frankreichs Rhein Frankreich Weimar Deutschland Frankreichs Schweden Ungarn Deutschland Deutfchland
20
Vii. Der Dreißigjährige Krieg.
1646—1648 namentlich dem bayerischen Lande durch furchtbare Verheerungen tiefe Wunden. Der fchwedifche General Königsmark sollte die kaiserlichen Erbstaaten erobern. Er drang ins Herz von Böhmen vor und machte 1648 einen Angriff auf Prag. Schon hatte er die sog. Kleinfeite der Stadt weggenommen, da verkündeten Trompeten unter dem Geläute der Glocken dem Lande die längst ersehnte Botschaft von dem allgemeinen Frieden (Oktober 1648). Grollend zogen die Schweden von Prag ab. Sie schleppten aber reiche Beute mit heim und darunter befand sich die Handschrift von Ulfilas' gotischer Bibelübersetzung, der berühmte Codex argenteus (jetzt in der Universitätsbibliothek von Upsala). Paul Gerhardt saug:
„Gott Lob, nun ist erschollen Das edle Fried- und Freudewort,
Daß nunmehr ruhen sollen
Die Spieß' und Schwerter und ihr Mord."
§ 78.
Der Westfälische Friede 1648.
Verhandlungen 1. Schon auf dem Regensburger Reichstag vorn Jahre 1640
zu Osnabrück und ^ ™ r , i ^ ' ns.. .
Münster, kam der Wunsch nach Beendigung des Krieges zum Ausdruck. Allein
die hieraus bezüglichen Beratungen verliefen resultatlos und der Kampf tobte weiter. Ernstlicher wurden die Friedensverhandlungen von 1645 an in Angriff genommen und zwar zu Osnabrück zwischen dem
Kaiser und den Schweden, die zugleich die protestantischen Stände ver-
traten, und in Münster zwischen dem Kaiser und den Franzosen. Aber auch jetzt noch fehlte es den beteiligten Parteien an dem rechten Eiser. Unbedeutende Vor- und Formfragen und die Selbstsucht der auswärtigen Mächte, die mit möglichst reicher Beute den deutschen Kriegsschauplatz verlassen wollten, bewirkten eine derartige Verzögerung der Verhandlungen, daß der endgültige Abschluß des Friedens erst am 24. Oktober 1648 erfolgte. Die Friedensbestimmungen zerfallen in 3 Gruppen: 1) in solche, welche sich auf territoriale Verhältnisse, 2) in solche, welche sich auf religiös-kirchliche Verhältnisse und 3) in solche, welche sich auf verfassungsrechtliche Zustände beziehen.
Territoriale Be- 2. I. Xemtormte Bestimmungen.
stimmungen.
a. Frankreich erhielt: das österreichische Elsaß, den Sundgau, die Festung Breisach, das Besatzungsrecht in Philippsburg, die Bestätigung des Besitzes der Städte und Bistümer Metz, Tonl und
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364
Iv. Naturbilder.
gefangen werden, zu Milliarden der Ge-
fräßigkeit der Raubfische und Vögel er-
liegen, und doch immer wieder in der-
selben zahllosen Fülle zum Vorschein
kommen! Der Häring erscheint und ver-
schwindet mit bewundernswürdiger Re-
gelmäßigkeit. Vielleicht lebt er eine Zeit
lang in dem hohen Polarmeer, vielleicht
hat er dort in Tiefen, welche kein Senkblei
ermißt, sein geheimes Reich und zieht
dann gleich den wilden Reitervölkern der
Steppen jährlich aus, die Meere zu
durchschwärmen.
Der Häring erscheint jährlich drei-
mal an der Küste von Norwegen, aber
der Hauptfang geschieht im Februar.
Es ist dies die Frühlingssischerei; sie
liefert die größte Menge, und die fetteste,
größte Art des Fisches, den sogenannten
Frühlingshäring. Der Fang geschieht
vornehmlich an dem Küstenstriche zwischen
Bergen und Stavanger, am Ein-
gänge des großen Bücke-Fjord. Auf
diesem Raume versammeln sich im
Februar wenigstens 2000 Boote, die
mit 12,000 Fischern bemannt sind.
Diese begeben sich Ende Januar auf
die Inseln hinaus, miethen Plätze und
Hütten und vereinigen sich zu Gesell-
schaften. Gewöhnlich bilden 2 Kähne,
jeder mit 5 — 6 Mann besetzt, einen
solchen Verein. Zwanzig bis dreißig
solcher Vereine bilden dann unter der
obersten Leitung eines Kaufherrn eine
Pacht. Dieser schießt dafür den Schif-
fern vor, was sie brauchen: Geräth,
Segelwerk, Netze und Lebensmittel auf
2 — 3 Monate. So gerüstet erwarten
die Fischer die Häringsschwärme, denen
sie ungeduldig bis in's Meer hinaus
entgegenfahren, mit begierigem Auge
den heranleuchtenden, silberblauen Schim-
mer erspähend, welcher das Nahen der
Beute anzeigt. Noch ehe die Stunde
schlägt, melden schnelle und fürchterliche
Wächter den Heranzug der Häringe.
Einzelne Walfische streichen an der Küste
hin und werden mit lautem Jubel be-
grüßt; denn sie sind die sicheren Ver-
kündiger des Heeres. Es ist, als habe
der Walfisch den Auftrag erhalten, den
Menschen die Botschaft zu bringen, sich
zum Angriff bereit zu machen. Sein
Schnauben in der ungeheuern Wasser-
wüste, das Sprudeln seiner Nüstern, der
wunderbaren Springbrunnen, welche in
den Lüften funkeln, sind seine Sprache.
Hat der Walfisch seine Sendung voll-
bracht, so jagt er zurück zu seinen Ge-
fährten und hilft ihnen den geängstig-
ten Häring rascher gegen die Küste trei-
den, wo sich dieser in die Scheeren
zwischen die Inseln und Klippen drängt,
und um dem grimmigen Feind zu ent-
kommen, anderen, noch schrecklicheren in
die Hände fällt. Denn hier halten die
Fischer mit ihren Netzen. Zuerst kom-
men die Fische einzeln, bald aber in so
dichtgedrängter Masse, daß sie Wände
von ungeheurer Höhe bilden, welche
Fischberge heißen, und oft bis auf den
Grund des Meeres reichen und durch
ihren Druck die Boote mehrere Zoll hoch
über das Wasser heben.
2. Die Fischerei selbst geschieht auf
zweierlei Art, mit Netzen und mit An-
geln. Der Fang mit Netzen ist der
üblichste und auch der gewinnreichste.
Jedes Boot hat deren 36, die meisten
2 Faden (1 Faden — 6 Fuß) lang
und einige Faden tief. Mehrere werden
aneinander geknüpft bis zu 20 Klafter
Länge und l1/* Klafter Breite. Diese
werden jeden Abend einige hundert Fuß
tief, je nachdem der Fisch zieht, in Reihen
aufgestellt, unten mit kleinen Steinen
beschwert und oben von Holzklammern
gehalten. Doch stellt man nur die
Hälfte der Netze auf einmal, die dann
des Morgens gezogen werden, da der
Häring bei Tage die Fallen bemerkt
und vermeidet. Ist der Fang gut, so
steckt in jeder Masche des Netzes ein
Häring, deßhalb sind die Netze gewöhn-
lich auch nicht größer, als oben ange-
geben, indem sie sonst zerreißen würden.
Will man mit Angeln fischen, so
gehört dazu eine Leine von 400—500
Klaftern, welche meist aus drei Seilen
zusammengeknüpft ist, an denen 1000
bis 1200 Angeln angebracht sind und
an 6 Fuß langen, starken Schnüren
hängen. An den Haken der Angeln
sitzt der Köder, welcher gewöhnlich aus
Muscheln oder aus Fischfleisch besteht.
Die Leine mit den Angeln wird nun
so in's Meer gelassen, daß ihre beiden
Enden auf der Oberfläche schwimmen.
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5. Edelmuth eines Galeeren - Sträflings.
9
lich in der Nacht, da schon das ganze
Dampfschiff voll des angsterregenden
Dampfes ist, ruft er: „Maxwell, ich
hab's gefunden; die Flammen brechen
bei dem Rade durch!" „Dann wende ich
das Schiff dem Ufer zu", rief dieser
entgegen und schlug sich vor die Stirn,
denn er kannte deutlich die furchtbare
Gefahr. Aber er faßte sich, und als er
sich allein sieht, fällt er auf seine Kniee
und ruft Gott an und betet: „O all-
mächtiger Gott, verleihe mir Stärke,
jetzt treulich meine Pflicht zu erfüllen, und
werde du selbst Tröster meiner Wittwe
und Vater meiner Waislein." Darauf
ergreift er wieder das Steuerruder und
steht unbeweglich, das Angesicht der näch-
sten Landspitze zugekehrt, und das Schiff
fliegt darauf los wie ein Pfeil. Die
Matrosen wenden alle ihre Kräfte an,
das Feuer zu dämpfen, aber die Wuth
der Flammen wächst mit jeder Minute
und treibt die Maschine mit grausen-
erregender Gewalt, und das Schiff schießt
durch die Wellen hin wie ein Sturm-
vogel. Alle Reisenden hatten sich auf
dem Vordertheile zusammengedrängt, denn
der gewaltige Luftzug ließ keinen Rauch
dorthin kommen, sondern trieb denselben
rückwärts. Da stund aber nun der
arme Maxwell an seinem Steuerruder
in dem erstickenden Qualme, wie ein
Märtyrer auf dem rauchenden Scheiter-
haufen. Der Kapitän und die Matrosen
thaten zwar, was sie konnten, um das
Hintertheil mit Wasser zu begießen, aber
das that dem wiithenden Brande keinen
Einhalt. Schon fängt der Boden unter
Maxwells Füßen an, sich zu entzünden;
aber er weicht nicht von seinem Posten,
denn an seiner Hand hängt jetzt das
Leben von achtzig Personen. Immer
geradehin nach dein Lande schaut sein
Blick, immer rasender treibt die Flamme
das Schiff, immer unbeweglicher hält
seine Hand das Ruder.
Die Leute am Ufer sehen das bren-
nende Schiff und richten Feuerzeichen
auf, um den Unglücklichen zu zeigen, wo
sie landen sollen. Maxwell versteht's;
feine Füße fangen an zu braten, aber
er bleibt, so sturmschnell das Schiff da-
hin saust; er möchte ihm noch Flügel
dazu geben, denn er merkt, es kann kaum
einige Minuten mehr dauern, so sinkt
es; und jetzt — jetzt ist's daran — da
rückt sein Steuerruder und rutfch —
rutsch! da sitzt das brennende Schiff auf
dem Sande. Alle werden gerettet, und
Maxwell wird auch an's Land getragen;
aber wie sieht er aus! Seine Kleider
fallen ihm wie Zunder vom Leibe, seine
Füße sind ganz verbrannt. Doch Gott
segnete die Hand des Arztes, und nach
mehreren Wochen kann Maxwell das Bett
wieder verlassen. Aber seine hohe. Ge-
stalt ist gekrümmt, seine Haare find ganz
gebleicht, seine Füße bleiben schwach, und
er hat daran seiner Lebtage zu leiden.
Er ist Krüppel um Gottes willen, und
seine Familie hat ihren Ernährer ver-
loren. Doch hat Gott Herzen erweckt,
die sich seiner und der Seinigen treulich
angenommen haben.
5. Edelmuth eines Galeeren-Sträflings.
Ein schöner, großer und in gleichem
Maße auch starker Mensch hatte schon
viele Jahre in Jammer und Qual im
Bagno zu Toulon zugebracht. Doch endlich
gelingt es ihm, die Wachsamkeit der
hundertäugigen Wächter zu täuschen; er
entwischt. Bald ist er auf freiem, of-
fenem Felde und schwelgt im warmen,
schon so lange entbehrten Sonnenstrahle.
Das Gefängniß liegt nun schon weit
hinter ihm; ja, er ist gerettet. Da steht
er plötzlich vor einem kleinen Pächter-
haufe; er will eintreten, will um ein
Stück Brod bitten, oder falls man ihm
dasselbe verweigert — es stehlen. Er
bleibt aber stehen, als er in der niedern
Stube einen alten Landmann gewahrt,
der, umgeben von Weib und Kindern,
seine heißen Thränen weint. „Was
fehlt Euch?" fragte der Galeerensträfling.
„Ach, man will alles, was ich an Haus-
geräth besitze, mir verkaufen, weil ich
meinen Pachtzins nicht bezahlen kann!
Es fehlen mir noch vierzig Francs!"
„Ihr müßt sie borgen oder sie----------."
Der Sträfling spricht das Wort nicht
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65. Marseille und die Bastiden.
141
lichen Fruchtbäuiste, ein Kranz gewalti-
ger Berge umschließt das reiche Bild.
Vor uns liegt das Meer mit seinen
Schiffen, die alle einem Ziele zustreben
oder von ihm ausgehen; und die Stadt
breitet sich aus, um die Seiten eines
dichten, schmalen Mastenwaldes gelagert,
nach drei Seiten aufsteigend und in die
unzähligen Landhäuser allmählich sich
auflösend. Der Eintritt in Marseille
selbst ist wahrhaft imposant und über-
raschend. Sie, die erste Handelsstadt
Frankreichs, am Mittelmeer in der
Bedeutung für den südlichen und öst-
lichen Verkehr nur von Triest siegreich
bekämpft, macht den Eindruck eines thä-
tigen und in dieser Thätigkeit ganz auf-
gegangenen Lebens. Welcher Menschen-
verkehr in den Straßen und auf den
mit ansehnlichen Häusern umgebenen
Quai's! Und welches Leben erst im
Hafen, dem schönsten der Welt! 900
Schiffe können darin vor Sturm ge-
sichert liegen; hohe schützende Felsen
umgeben ihn und die Rhede, auf wel-
cher mehrere Inseln den Eingang in das
weite Meer zu bewachen scheinen. Es
herrscht ein fröhlich-lebendiges Gewühl
zu Wasser und zu Land. Bunte Flag-
gen und Wimpeln der verschiedensten
Nationen flattern hier lustig gegen den
dunkelblauen Aether hinauf; kleine son-
derbar gestaltete Schiffe von der Küste
des mittelländischen Meeres, beladen mit
Orangen, Kastanien, sogar mit Blumen,
ankern neben den gewaltigen großen
Kaufffahrteischiffen des fremden Nordens
und den ganz fremdartig aussehenden
Fahrzeugen der levantischen Küste. Viele
hundert Boote, Schaluppen und Fischer-
nachen kreuzen lustig dazwischen herum,
auch recht zierliche Gondeln, deren immer
eine große Anzahl zur Lustfahrt auf den
smaragdgrünen Wogen am Ufer bereit
liegt. Alle europäischen Nationen sind
hier neben den Bewohnern von Asien
und Afrika versammelt; alle Sprachen
ertönen, und die manchfaltigsten Trachten
der verschiedenen Völker sieht man viel-
leicht nirgends so auf einem Punkte
vereinigt, wie hier an dem Hafen von
Marseille. Türken, Armenier, Griechen,
Afrikaner mit gelben Gesichten, Neger
und Negerinnen und namentlich Araber im
weißen Burnus wandeln hier am europäi-
schen Strande, und letztere fühlen sich, leicht
das Französische erlernend, nicht unbehag-
lich an dieser Stätte, wo ihre Vorahnen
einst als Eroberer geherrscht und in Sitten
und Namen, in Sagen, ja auch in Schrift-
zügen zahlreiche Spuren hinterlassen haben.
Hier am Hafen ist die jetzige Größe der
Stadt, da tritt uns unmittelbar das völker-
verbindende, mit der Waare auch geistiges
Leben austauschende Wesen des Handels
vor die Augen.
Befahren wir aber das Meer selbst,
so sehen wir hier das Herrlichste, was
Marseille dem Reisenden zu bieten ver-
mag. Die Aussicht von der oft spiegel-
glatten Wasserfläche der Rhede auf die
Inseln, die an ihrem Eingänge liegen,
und über diese hinaus auf das ewig
bewegte Meer ist eine der erhabensten.
Nicht minder erhaben und herrlich ist
es, wenn man seinen Blick dem Lande
zuwendet. Da liegt der lebensreiche, große
Hafen vor uns, die ihn umgebenden
malerischen Felsen und auf den Spitzen
die zwei Citadellen; da liegt die schöne
Stadt, welche um den Hafen einen groß-
ßen Halbkreis bildet, umschirmt von den
weiter hinaus sich erhebenden zackigen
Felsen, die Höhen mit ihren Bastiden
und überall der reichste Ueberfluß der
Gaben des günstigen Himmels. Mar-
seille gewährt von diesem Standpunkte
aus einen Anblick, den wohl nicht leicht
eine Seestadt schöner aufzuweisen hat.
Herrlich sind auch die Spaziergänge um
Marseille selbst; rings um die Stadt
läuft der an die Stelle der abgetragenen
Wälle angelegte Boulevard und gewährt
manche erfreuliche Aussicht auf die nächsts
Umgebung. Interessant, aber beschwer-
lich ist der Weg nach Notredame de
la garde, einem steilen Felsen, der sich
nahe an der Stadt 500 Fuß hoch er-
hebt. Eine Citadelle und eine kleine,
der hl. Jungfrau geweihte Kapelle krönen
die Spitzen desselben; da waltet die Pa-
tronin der Schiffer, zu der der Seemann
gläubig Gebet und Gelübde sendet. Die
herrliche Aussicht lohnt reichlich für den
steilen, unbequemen Weg, der hinauf
führt. Die ganze Stadt liegt da zu
unsern Füßen. Am herrlichsten jedoch ist
der Blick von der Terasse vor der Citadelle.
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Extrahierte Ortsnamen: Marseille Marseille Frankreichs Rhede Asien Afrika Marseille Marseille Rhede Marseille
92. Der Brand der Austria.
199
Schwingen, schon darf das Sturmsegel,
womit der Steuermann noch das Schiff
zu lenken und in seiner Bahn zu halten
im Stande ist, nicht mehr gebraucht wer-
den; denn obwohl es aus dem stärksten
doppelten Hanftuche gemacht ist, so zer-
reißt der wüthende, stoßweise kommende
Wind dasselbe doch spielend, ja die
Segel, welche zusammengebunden an den
Raaen vor den Masten hängen, müssen
ganz herabgenommen werden, weil selbst
an diesen kleinen, geringfügigen Gegen-
ständen der Wind zu viel Macht aus-
übt, weil er das Schiff gewaltsam auf
die Seite neigt und es umzustürzen droht.
So seiner Segel gänzlich beraubt, treibt
es nur noch mit den leeren Masten
und ist nunmehr nicht ferner zu lenken,
ist ein Spiel der Winde, ja im höchsten
Stadium des erzürnten Sturmes muß
man sogar die Masten kappen, d. h.
nahe an dem Verdecke abhauen, und
nun fliegt es auf der öden Meeresfläche
umher, rettungslos verloren, nicht durch
den Sturm, der ihm Nichts mehr an-
haben kann, wenn seine Rippen nur
fest sind und die Planken gut und frisch,
sondern dadurch, daß es nicht gelenkt
werden, also auch, wenn der Sturm
vorüber ist, keinen Hafen erreichen kann.
Entweder wird es dann an einer Klippe
zerschellt, oder es bleibt auf einer Sand-
bank sitzen, bis die Wellen ein Brett
nach dem andern losspülen, oder endlich
es treibt auf dem Meere umher, bis
die Mannschaft von Hunger und Durst
zur Verzweiflung gebracht wird und zu
Grunde geht, wenn nicht vielleicht doch
noch der glückliche Zufall den Noth-
leidenden ein Schiff in den Weg führt,
das sie aufnimmt.
Minder lange dauert die Qual der
so durch den Sturm Verunglückten,
wenn dieser sie in einem Insel- oder
Klippenmeere überrascht; zerschmettert
ist bald auf dem glasharten Felsen das
hölzerne, leichte Gebäu, die Trümmer
schwimmen in den Strömungen umher,
der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne,
sucht seine Beute unter ihnen, eine
brandende Welle entreißt Andern die
rettende Planke, mit der sie die nahen
Ufer zu erreichen hofften, und begräbt
sie in des Meeres dunklen Schooß und
am Morgen preisen die Anwohner Got-
tes Güte und danken ihm für den
gesegneten Strand, denn was
die Wogen von der Ladung herauf-
spülen, das gehört ihnen — von Rechts
wegen.
92. Der Brand der Austria.
Am 1. September 1858 verließ die
„Austria", ein gewaltiger Schrauben-
dampfer, unter dem Befehle des Kapi-
täns Heidtmann den Hafen von Ham-
burg, um nach New-Jork zu fahren.
Nebst der an hundert Köpfe zählenden
Bemannung hatte das Schiff noch sechst-
halbhundert Passagiere an Bord, meist
Auswanderer, darunter siebenundfünfzig
Kinder. Das Schiff hatte mit widrigen
Winden zu kämpfen, und erst als man
am dreizehnten Tage der Fahrt in die
Nähe der Sandbänke von Newfoundland
gelangte, wurde das Wetter heiter und
ruhig. Der freundliche Tag hatte am
13. September Nachmittags die meisten
Reisenden auf das offene Deck gelockt;
nur wenige überließen sich in den Ka-
jüten dem Mittagsschlafe. Zu dieser
Zeit wurde das Zwischendeck ausgeräuchert,
aber nicht, wie man gewöhnlich zu thun
pflegt, mit Essigdämpfen, sondern mit
Theer, in welchen man ein Stück glühend
gemachter Ankerkette tauchte. Durch Un-
vorsichtigkeit des die Räucherung vor-
nehmenden Hochbootsmannes gerieth der
Theer in Brand und die Hellen Flam-
men schlugen auf. Wäre Asche zur Hand
gewesen, so hätte der Brand leicht erstickt
werden können; aber man suchte diesen
durch Wasser zu löschen, gab aber da-
durch der Flamme noch mehr Nahrung,
und dieselbe ergriff rasch das Holzwerk.
Die heitere Menge auf dem Verdeck er-
hielt von dem Unfall nicht eher Kunde,
als bis wenige Schritte vom ersten Mast-
baum ein dicker Rauch emporquoll, dem
alsbald die helle Flamme nachfolgte.
So rasend fraß diese um sich, daß schon
nach fünf Minuten eine brennende Scheide-
wand zwischen dem Vorder- und Hinter-
theil des Schiffes entstand. Das Ent-
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177. Der Bergbau.
377
schon seit den ältesten historischen Zeiten
jeder heftige Sturm, der den ehemaligen
Waldboden aufwühlt, das werthvolle
Fossil an den Strand wirft, und daß
wahrscheinlich eine späte Zukunft sich noch
in unvermindertem Maße seines Fundes
erfreuen wird. —
In den Seestädten Danzig und
Königsberg, wo der meiste See-
und Erdbernstein zusammenfließt, wird
er je nach seiner Größe und Qualität
sortirt. Die größeren, feinen und reinen
Stücke, etwa bis zum Umfang einer
Haselnuß, sind Sortiments- und
Arb eit s steine; die kleineren heißen
kleine Waare. Den durchscheinen-
den Beruftem schätzt man höher, als
den durchsichtigen und den undurch-
sichtigen; diese beiden stehen daher auch
um ein Drittel im Preise niedriger, als
die ersteren. Von der kleinen Waare,
aus denen sich noch Lohnen- und erbsen-
große Corallen drehen lassen, kostet das
Pfund gewöhnlich 1—2 fl. — Was aber
hierzu nicht mehr taugt, wird zur Fir-
niß-, Oel- und Säurebereitung oder zum
Räuchern verbraucht und von 21¡2 bis
zu 15 Silbergroschen das Pfund verkauft.
Der Bernsteinarbeiter muß an den
vorhandenen Stücken mit Feile, Meißel
und Grabstichel seine Kunst erproben und
je nach der Vollkommenheit und Voll-
endung der dargestellten Gegenstände dem
rohen Stoffe einen höheren Werth er-
theilen. —
Der beste durchscheinende Bern-
stein geht zum Großhandel nach dem
Orient; der durchsichtige und der ganz
undurchsichtige wird von den Morgen-
ländern verachtet. Die sehr geschickten
Arbeiter in Constantinopel fertigen dar-
aus Mundstücke zu türkischen Pfeifen-
röhren an, welche oft mit Perlen und
Edelsteinen aller Art verziert und zu
fast unglaublichen Preisen an die Großen
des Reiches verkauft werden. Eine etwas
geringere Sorte rohen Bernsteins pflegt
über London und Kopenhagen nach China,
Japan, Ost- und Westindien zu gehen.
Auch Rußland bezieht viel Bernstein,
der, sehr zierlich und künstlich verarbeitet,
im ganzen russischen Reiche verbreitet
ist. — Bei uns ist der Handel mit
Bernstein jetzt nicht mehr so bedeutend,
obgleich noch Halsschnüre, Pfeifen- und
Cigarrenspitzen daraus verfertigt werden.
Der verfeinerte Luxus, der den Schmuck
der genügsameren Vorfahren verschmäht,
hat durch die geringere Nachfrage nach
diesen Fabrikaten den Erwerb der damit
Beschäftigten so beschränkt, daß sie sich
nur kärglich ernähren können.
177. Der
1. Ein klarer, frischer Herbstmorgen
tagt. Die ersten Strahlen der auf-
gehenden Sonne beleuchten eine rauhe,
steinige Gebirgsgegend. Rings herrscht
tiefe Stille, nur unterbrochen von dem
Geläute einzelner Glöckchen, das hier
und da aus dem Thale und von den
Berghöhen herüberklingt. Aus dem Dun-
kel des Thales steigen jetzt einzelne Ge-
stalten herauf. Es sind Bergleute in
ihrer eigenthümlichen Tracht, und ihre
ernsten Mienen deuten auf ein ernstes
Thun, zu dem sie sich rüsten. Das
Glöcklein ruft sie zur Fahrt in die Tiefe.
Glück auf! ihr Männer, Glück auf zur
rüstigen Arbeit, deren Mühen und Ge-
fahren die Nacht der Tiefe vor den
Augen der Welt verhüllt. Die dumpfe
Stille wird bald unterbrochen von den
Bergbau.
klirrenden und schrillenden Hammer-
schlägen der Arbeiter, vom Knarren und
Dröhnen der Räder und Maschinen,
oder dann und wann vom Krachen ein-
zelner Schüsse, die mächtig widerhallen
und in fernem Beben sich verlieren,
oder vom Donner einer gesprengten
Mine, der langsam durch die unter-
irdischen Gänge hinrollt.
Warum, fragst du schaudernd, wagt
der Mensch sich in diese unheimlichen
Tiefen, warum wühlt er sich diese Gänge
und Höhlen, die nie der goldene Glanz
des Tages belebt? In diesen Tiefen
ruhen die köstlichsten Schätze der Erde;
mächtig locken dieselben und reichlich
lohnen sie die Mühe der Arbeit. Sie
sind, wie sie es vor Alters waren, noch
heut die Grundlagen aller Industrie und
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Bernstein Bernstein
Extrahierte Ortsnamen: Danzig Königsberg Constantinopel London Kopenhagen China Japan Westindien
37. Aus dem bayerischen Alpengebirg.
67
so ist; denn der unparteiische Richter wird
immerhin das Halleiner Salzbergwerk dem
Berchtesgadener voran stellen.
Nachdem man mich auf der Schreib-
stube des Bergmeisters in Bergmannshabit
gehüllt, mir ein Grubenlicht in die Linke
und einen dicken bocksledernen Handschuh
in die Rechte gegeben hatte, folgte ich dem
Hutmann, der mich in die Unterwelt führen
sollte, und zwar etwas schüchtern und zag-
haft, denn es war das erstemal in meinem
Leben, daß ich ein Bergwerk befuhr. Der
870 Fuß lange Stollen ist mit dem schön-
sten röthlichen Marmor in eirunder Form
so hoch gewölbt, daß ein nicht allzulanger
Mann aufrecht stehen und bequem darin
gehen kann.
Bald erreichten wir eines von den großen
Senkwerken. So nennt man da eine große,
in Form eines Vierecks in den Salzfelsen
eingehauene Höhlung, in welche viele kreuz-
weis durcheinander laufenden Gänge ein-
münden. In diese Gänge, die anfangs nur
klein von Umfang sind, wird von außen
durch Röhren süßes Wasser geleitet, wodurch
das Steinsalz losgefressen und aufgelös't
wird. Die so gewonnene Soole wird als
gesättigt angesehen, sobald sie 26° erreicht
hat. Alsdann fließt ste wieder zu Tage
und wird durch eiserne Röhren nach dem
etwa vier Stunden entfernten Reichenhall
geleitet und dort zur Salzgewinnung ver-
sotten.
Endlich stand ich am Rande eines schauer-
lichen Abgrundes, dessen Tiefe in undurch-
dringliches Dunkel gehüllt war. In die
Tiefe hinab führten zwei rundliche, parallel
laufende Balken. Auf diese mußte ich mich
setzen, mit der Linken das Licht haltend,
mit der behandschuhten Rechten das Seil
fassend, welches längs des einen Balkens
hinablief. „Halten's nur hübsch das Seil
fest," sprach der Mann zu mir, und mit
einem „Fahr wohl!" fuhr ich darauf, indem
ich das Seil etwas locker hielt, mit Blitzes-
schnelle, wie auf den Fittigen des Stein-
adlers, hinunter in die schwarze Tiefe, daß
mir die Haare pfiffen. Das nennen sie die
Rutschbahn, und ich muß gestehen, sie
verdient meinen ganzen Beifall.
Nachdem ich noch ein anderes Werk,
überhaupt alles von Wichtigkeit in Augen-
schein genommen, bereiteten wir uns zur
Rückfahrt. Wir benützten ein kleines auf
Schienen fahrendes und zum Sitzen bequem
bepolstertes Rollwägelchen und fuhren erst
langsam und dann immer schneller und
schneller der Ausfahrt zu. Wie ein kleines,
funkelndes Sternlein aus blauer Himmels-
serne winkte der Eingang des Stollens ent-
gegen, so klein schien seine Oeffnnng zu
sein. Diese wurde immer größer und größer,
je mehr wir uns ihr näherten. Endlich
war die kurze Täuschung vorbei und ich
stand wieder am Anfang und zugleich am
Ende meiner kurzen, aber anziehenden un-
terirdischen Wanderung.
Recht wohl that mir wieder der erwär-
mende Strahl der Nachmittagssonne, als
ich aus dem kühlen Gewölbe heraustrat.
Ii.
Bald darauf wanderte ich zu dem be-
rühmten Kö ui gssee, wohin es von Berch-
tesgaden aus etwas über eine Stunde ist.
Her Weg dahin ist schattig und angenehm
und führt an einsamen Mühlen und Ka-
pellen vorüber. Die letzte Strecke des Weges
geht durch ein Wäldchen und aus diesem
tretend, steht man mit einemmale an den
Ufern des herrlichen See's, der seinen Na-
men mit vollem Rechte trägt.
Wer beschreibt aber die Pracht des Kö-
nigssee's und das hohe Vergnügen einer
Fahrt auf demselben? Wie ein ungeheurer
Smaragd, ein köstlicher Edelstein in der
Gebirgskrone des lieben Vaterlandes, liegt
der etwa zwei Stunden in der Länge und
1/t Stunde in der Breite messende See vor
den überraschten Augen des Beschauers.
Den Rahmen dieses prächtigen Edelsteines
bilden die himmelhohen, fast senkrechten Fels-
wände der Stahlwand, des Fagsteins und
des Watzmanns, dessen in ewigem Schnee
gehüllter, mit einem Kreuze geschmückter
Gipfel so ernst herunterschaut. Im Süden
liegen die beschneiten Zacken des steiner-
nen M e e r e s und im Osten winkt die
gewaltige Masse des hohen Göll. Ufer
hat der See eigentlich gar keine; er ist eine
gewaltig tiefe, romantisch gestaltete Kluft,
angefüllt mit einem stillen, fast papagei-
grünen Gletscherwasser. Viele tausend Fuß
hoch stürzen die Riesenhäupter ohne Ufer-
rand ab in den See, bis über die Mitte
der Höhe hinauf mit Laub- und Nadel-
waldung bewachsen.
Rechts und links stürzen Waldbäche von
den hohen, marmornen Wänden in die tiefe
Stille herab. Darunter 2400 Fuß hoch
mit lautem Brausen der Königsbach.
Der schönste dieser Wasserstürze ist der so-
genannte K e s s e l f a l l in einer nun zugäng-
lich gemachten Felsenspalte. Unweit davon
überraschte uns ein Donnerwetter ohne
Regen; es rührte jedoch nur vom Abfeuern
einer Pistole her; aber es war ein grau-
senerregender Schlag mit einem nachfolgen-
den, mächtig brüllenden Donner, der sich
von Wand zu Wand forttrug, bis er sich
5 *
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]