Hämmerlein mußte bleiben; und da er schon am folgenden Morgen einen
Beweis von seiner Geschicklichkeit in der Vieharzneikunst und im Beschläge gab, so
war nur Eine Stimme für ihn: „Dieser und kein Anderer soll Gemetndeschmied
werden." Man schloß den Vertrag mit ihm ab, und Meister Hämmerlein war
unvermuthet Schmiedemeister eines großen Dorfes, das er wenige Stunden zuvor
auch nicht einmal dem Namen nach gekannt hatte. Sage mir nur noch Einer:
„Wer ungebeten zur Arbeit geht, geht ungedankt davon."
Zu seiner Besoldung gehörte unter andern ein Grundstück, das er alljährlich
mit Kartoffeln oder andern Gemüspflanzen bestellte. Da er den Acker zum
ersten Male in Augenschein nahm, bemerkte er auf dem Fahrwege verschiedene
Löcher, in welche die Wagen bald rechts, bald links schlugen. — „Warum Mt
ihr doch die Löcher nicht mit Steinen aus?" fragte Meister Hämmerlein die
Nachbarn, welche den Acker ihm zeigten. — „Je," sagten diese, „man kann
immer vor andern Arbeiten nicht dazu kommen." — Was that aber Meister
Hämmerletn? — So oft er auf seinen Acker ging, las er von ferne schon Steine
zusammen und schleppte deren oft beide Arme voll bis zu den Löchern. Die
Bauern lachten, daß er, der selbst kein Gespann hielt, für Andere den Weg
Besserte *, aber, ohne sich stören zu lassen, fuhr Meister Hämmerlein fort, jedes
Mal wenigstens ein paar Steine auf dem Hin und Herweg in die Löcher zu
werfen, und in etlichen Jahren waren sie ausgefüllt. — „Seht ihrs?" sagte er
nun. „Hätte jeder von euch, der leer die Straße fuhr, auf dem Wege die
Steine zusammengelesen, auf den Wagen geladen und in die Löcher geworfen; so
wäre der Weg mit leichter Mühe in einem Vierteljährchen eben geworden."
16. Sprüchwörter.
A. Mit Erklärung.
1. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
„Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Mancher, der nicht an dieses Sprüch-
wort denkt, wird betrogen. Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter ver.
geffen: Manches glänzt nicht, und ist doch Gold; und wer das nicht glaubt und
nicht daran denkt, der ist noch schlimmer daran. In einem wohlbestellten. Acker,
in einem gut eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen, und eine, fleißige
Hand weiß es zu finden; und ein ruhiges Herz dazu und ein gutes Gewissen
glänzt auch nicht, und ist noch mehr als Goldes Werth. Oft ist gerade da am
wenigsten Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am größten ist. Wer viel
Lärm macht, hat wenig Muth. Wer viel von seinen Thalern redet, hat nicht
viel. Einer prahlte, er habe einen ganzen Scheffel Dukaten daheim. Als er
sie zeigen sollte, wollte er lange nicht daran. Endlich brachte er ein kleines, run-
des Schächtelchen zum Vorschein, das man mit der Hand bedecken konnte. Doch
er half sich mit einer guten Ausrede. Das Dukatenmaaß, sagte er, sei kleiner,
als das Fruchtmaaß.
2. Wenn man den Teufel an die Wand malt, so kommt er.
Das sagt Mancher und versteht's nicht. Den bösen Geist kann man eigent-
lich nicht an die Wand malen, sonst wäre er kein Geist. Was will denn das
Sprüchwort sagen? Wenn man leichtsinnig an das Böse denkt und sich dasselbe
in Gedanken vorstellt oder lange davon spricht, so kommt zuletzt die Begierde
zum Bösen in das Herz, und man thut's. Soll der böse Feind nicht kommen,
so mal' ihn nicht an die Wandl Willst du das Böse nicht thun, so denke nicht
daran, wo du gehst und stehst, und sprich nicht davon, als wenn es etwas Ange-
nehmes und Lustiges wäre.
3. Klein und rein!
Klein, das will sagen: einfach, bescheiden, demüthig. Rein, das will sagen:
frei von Unrecht und ohne Schulden. Am Hochmuth und am Borgen gehen gar
Viele zu Grunde. Sie wollen Herren sein, sich dienen lassen, aber nicht dienen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
63
3. Die Straße.
.Gerade, krumm, lang, breit, schmal, eng, gepflastert, ungepflastert, ai>
gerundet, rein, schmutzig, kothig, naß, trocken, bewohnt, belebt, geräusch-
voll, still, 'heltz beleuchtet, dunkel, finster.
Das Gerade, die Geradheit; das Krumme, die Krümmung, die Krumm-
heit u. s. w.
Das Gerade der Straße; die Krümmung der Straße u. s. w.
Die Straße ist gerade, lang, breit und rein u. s. w.
Die gerade, lange, breite und reine Straße ist angenehm. Die geraden,
langen, breiten und reinen Straßen find angenehm. U. s. w.
Die Häuser in der Stadt stehen nicht unregelmäßig durchein-
ander, sondern sind in Reihen aufgebaut. Den Raum zwischen zwei
gegenüberstehenden Häuser-Reihen nennt man eine Straße. Manche
Straßen sind lang, manche kurz; einige sind breit, andere schmal. Sehr
schmale Straßen nennt man Gassen. Die Straßen in der Stadt
sind mit Steinen besetzt, welche dicht und fest nebeneinander und mit
ihrem untern Ende in der Erde sitzen; diese heißen das Pflaster.
Das Pflaster dient zur Zierde und auch dazu, damit Karren und
Wagen die Straße nicht so leicht verderben können, wenn sie darüber
fahren. In der Mitte ist die Straße höher, als an den Seiten; sie
ist abgerundet. Der Regen und Schmutz kann nun besser in die
an den Seiten angebrachten Straßen-Rinnen abfließen. Dicht an
den Häusern vorbei, zu Leiden Seiten der Straße, ist eine Erhöhung
angebracht, die man Trottoir (spr. Trottoahr) oder Auftritt nennt.
Auf diese Auftritte gehen die Leute den Wagen und Karren, deren
manchmal viele schnell über die Straße fahren, aus dem Wege. In
den Dörfern sind die Straßen gewöhnlich nicht gepflastert. Von der
Straße geht man in die Häuser. In einer Stadt sind mehrere Stra-
ßen; man kann aus einer in die andere gehen; jede hat einen beson-
deren Namen. Nenne einige Straßen unserer Stadt I An welcher
Straße liegt das Haus, in dem du wohnst? — Über welche Straße
führt dich der Weg zur Schule? — Beim Hmgange zur Schule, so
wie auch auf dem Wege nach Hause, muß ein Schulkind sich immer
ruhig und sittsam betragen. Nur ungesittete und schamlose
Kinder lärmen oder zanken und schlagen sich sogar auf der Straße,
und betrüben dadurch alle guten Menschen, die es sehen und hören.
Kinder, die auch auf der Straße höflich und freundlich gegen Jeder-
mann sind, sind überall wohl gelitten.
Gute Kinder halten sich des Abends, wenn es schon dunkel ge-
worden ist, nicht mehr auf der Straße auf. Wo sollen sie als-
dann sein? —
6. Vergleichung des Marktplatzes mit
der Strafe.
Gebet die Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten zwischen beiden an! -
Schreibet sie auf!*) —
') (Stehe Anm. S. 31)
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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173
Das Öffnen, die Öffnung u. s. w. —
Bildet mit jedem der vorstehenden Zeit- und Dingwörter einen Satz! Z. D.
Ich öffne die Augen beim Erwachen. Du siehst den Lehrer und die
Schüler. Er siebt seine Mutter oft. Sie sieht einen Hasen selten. Es
sicht das neue Kleid gern. Wir sehen schmutzige Kinder ungern. Ihr
könnt bei hellem Wetter das Vorgeschriebene aus der Wandtafel deutlich
sehen. Sie können bei trübem Wetter das Gebirge in der Ferne nur
undeutlich sehen. Ich schließe die Augen, wenn —. Du winkst —. U. s. w.
Ich habe zwei Augen. Jedes Auge besteht aus dem eigentlichen
Auge oder Augapfel, der Augenhöhle, der Augenbraune und
den Augenlidern mit den Augenwimpern. Die Augen liegen
in der Augenhöhle, unter der Stirne, über den Backen und auf
beiden Seiten der Nase. Die Augenbraunen und die Augenlider
halten Schweiß und Staub von den Augen ab; sie schützen die
Augen. Der über den Augen befindliche Stirnknochen ragt über
die Augen hervor und schützt die Augen beim Fallen und Stoßen
vor Beschädigungen.
Der Augapfel liegt in der mit Fleisch (Muskeln) und Fett aus-
gefütterten Augenhöhle. Er ist au vier Bändern (Sehnen) befestigt
und mit einer sehr starken Haut überzogen, welche glatt und immer
feucht ist, und darum kann sich das Auge so gut und schnell bewegen.
Der hintere Theil dieser Haut ist weiß und undurchsichtig; der
vordere Theil derselben aber ist durchsichtig und heißt die Hornhaut.
Hinter der Hornhaut sieht man den Augen ring oder die Regen-
bogenhaut. Diese ist bei einigen Menschen blau, bei andern grau,
und wieder bei andern braun. Jll der Mitte der Regenbogenhaut
ist ein rundes Loch, damit das Licht in das Innere des Auges
hineindringen kann. Dieses Loch heißt der Augenstern, oder mit
einem fremden Worte die Pupille. Hinter der Pupille befindet
sich ein linsenförmiger, fester und durchsichtiger Körper, welcher
die Ery st all linse genannt wird. Der Raum zwischen der Horn-
haut, der Regenbogenhaut und der Crystalllinse ist mit farblosem,
durchsichtigem Wasser angefüllt.
Mit den Augen können wir sehen. In denselben spiegelt sich,
wie in einem Spiegel, Alles ab, was vor ihnen steht: Menschen,
Thiere, Pflanzen, Häuser, Gärten, Felder, Wiesen, Wälder, Sonne,
Mond und Sterne. Ost kann man einem Menschen in den Augen es
ansehen, ob er froh oder traurig, freundlich oder mürrisch ist. Wenn
wir weinen, kommen Thränen aus den Augen. Wie wunderbar ist
also das Auge eingerichtet! —
d Die Fähigkeit, mit den Augen sehen zu können, heißt der
Sinn des Gesichts. Die Augen selbst sind nicht das Gesicht —
sie find nur das Werkzeug.des Gesichtssinnes. Wer sehr
genau und sehr weit sehen kann, der hat ein scharfes Gesicht. Wer
die Dinge nur sehen kann, wenn sie sehr nahe bei seinen Augen sind, der ist
kurzsichtig. Wer ist weitsichtig? schwachsichtig? Esgibt Menschen,
die gar nicht sehen können; sie heißen Blinde. Diese sehen weder die
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
175
man niest, so hält man die Hand vor die Nase, und wendet das
Gesicht von den Leuten ab, vor denen man steht. Die Nase soll man
immer hübsch rein halten. Daher muß jedes Kind mit einem Taschen-
tüchelchen versehen sein; denn mit den bloßen Fingern vor andern
Leuten die Nase schneuzen, ist sehr unanständig. Erbsen, Bohnen
u. s. w. in die Nase zu stecken, ist sehr gefährlich. Warum? —
3. Vergleichung der Augen mit der Nase.
Die Augen befinden sich im Angesichte, die Nase auch. Die Augen
sind mir sehr nützlich, indem ich ohne sie viele Arbeiten gar nicht ver-
richten und über manches Schöne mich nicht freuen könnte. Die Nase
ist mir auch nützlich, indem ich durch sie athme, den angenehmen Duft
der Blumen rieche, und auf viele Dinge aufmerksam gemacht werde,
die meiner Gesundheit schädlich werden können, z. B.? —
Ich habe zwei Augen, aber nur eine Nase. Mit den Augen
kann ich sehen, aber mit der Nase kann ich riechen. Das reine Master
kann ich sehen, aber nicht riechen. Die Nelke kann ich riechen, auch
wenn ich sie nicht sehe. Die verdorbene Luft in einem Zimmer kann
ich riechen; ich kann sie aber nicht sehen. Die Augen sind das Werk-
zeug des Gesichtssinnes; aber die Nase ist das Werkzeug des Geruchs-
sinnes. Mit dem Gesichtssinn kann ich Dinge wahrnehmen, die ich
mit dem Geruchssinn nicht wahrnehmen kann; dagegen kann ich mit
dem Geruchssinn Dinge wahrnehmen, die ich mit dem Gesichtssinn
nicht wahrnehmen kann. Statt des Gesichtssinnes sagt man auch kurz:
das Gesicht, und statt des Geruchssinnes: der Geruch.
Wie viele Sinne kennt ihr nun? — Wie heißen sie? — Nennt Dinge, die
ihr mit dem Gesuchte wahrnehmen konnt (sichtbare Dinge)! — Nun nennt
Dinge, die ihr mit dem Geruch wahrnehmen könnt (riechbare Dinge)! — Nun
solche, die ihr mit dem Gesicht und dem Geruch wahrnehmen könnt! —
Nennt jetzt sichtbare Eigenschaften und Thätigkeiten! — Jetzt
riechbare Eigenschaften und Thätigkeiten!
4. Der Mund.
. Die Lippen, die Kinnladen, die Zähne: die Schneidezähne, die Augen-
zähne, die Backenzähne, die Mundhöhle, der Gaumen, die Zunge,
(die Zungenwurzel, der Zungenrücken und die Zungenspitze), der Zapfen,
der Schlund.
Sprechen, reden, leise reden, laut reden, sanft, roh, hart reden, gern,
ungern reden, verabreden, ausreden, bereden, sich unterreden, jemanden zu-
reden, wahr reden, unwahr reden oder lügen, jemanden um etwas ansprechen,
einem etwas vorsprechen, etwas nachsprechen, etwas sagen, einem etwas
untersagen, plaudern, etwas ausplaudern, schwätzen, singen, pfeifen, lachen,
lächeln, speien oder spucken, rufen, schreien, effen, sich satt essen, zu viel
essen, geschwind, langsam essen, ordentlich, unordentlich essen, laut essen
oder schmatzen, schnalzen, blasen, hauchen, saugen, schlürfen, schlucken.
Das Sprechen, die Sprache, das Gespräch, der Sprecher u. s. w. —
Ich spreche zu Hause, auf der Straße und in der Schule. Du redest
die Wabrheit, wenn du etwas so sagst, wie du es weißt. Er (sie, es)
redet leise, wenn die Mutter krank ist. Wir müssen in der Schule laut
reden, damit es Alle verstehen können. Ihr müßt sanft mit den Eltern und
Lehrern reden. Sie (die unartigen Kinder) reden oft roh miteinander. U. s.w.
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177
Die Ohren sitzen zu beiden Seiten des Kopses. Der äußere be-
wegliche Theil eines jeden Ohres hat Ähnlichkeit mit einer Muschel
und heißt darum die Ohrmuschel. Die Öffnung des Ohres, welche
in den Kopf hineingeht, heißt das Ohrloch. In ihm befindet sich
das klebrige, gelbe Ohrenschmalz. Es dient dazu, damit Staub,
Insekten und andere Dinge nicht in das Ohr hineindringcn können.
Wir Kinder können den Vater, die Mutter, die Geschwister, den
Lehrer und auch noch andere Menschen an ihrer Stimme schon erken-
nen, und sie von einander unterscheiden, ehe wir dieselben sehen. Wir
können das dadurch, daß wir deren Stimmen mit den Öhren wahr-
nehmen oder hören. Mit den Ohren hören können, nennt man
den Sinn des Gehörs oder das Gehör, und die Öhren heißen
darum Werkzeuge des Gehörs. Wir hören die Orgel, die
Glocke, die Vögel und noch viele andere Dinge. Aber wir hören die
Dinge nicht selbst, sondern nur die Laute, die Stimme, den Ton,
den Klang oder den Schalls der von ihnen ausgeht und in die Luft
dringt. Die Laute, Töne oder Schälle, welche von den Dingen aus-
gehen , haben nach ihrer Bedeutung verschiedene Namen. Sprechen,
weinen, singen sind Schälle oder Töne der menschlichen Stimme.
Wenn ihr mit einem Steinchen ins Wasser werft; so entstehen
rings um die Wurfstelle Wellen, welche den Wasserspiegel weithin
in eine kreisförmige, zitternde Wellenbewegung bringen. Eben so
setzen die Schälle, welche von den Dingen ausgehen, die sie zunächst
umgebende Luft nach allen Seiten hin in eine wellenartige Bewegung;
und das geht so fort, bis die Schälle mit dieser Wellenbewegung der
Lust in unser Ohr dringen. Jetzt erst hören wir die Schälle. Die
Luft dient also zur Fortbewegung und Verbreitung des Schalles,
und ohne sie könnten wir nichts hören. Die Luft braucht aber zu dieser
Verbreitung des Schalles mehr Zeit, als das Licht, und darum können
wir beim Schießen die Flamme in der Ferne eher sehen, als wir den
Knall hören. Eben daher kommt es auch, daß wir bei einem Gewit-
ter, welches weit von uns entfernt ist, den Blitz immer früher sehen,
als wir den Donner hören. —
Wer gar nicht hören kann, der ist taub. Wenn ein Kind taub gebo-
ren ist, so bleibt es auch stumm, und ist dann taubstumm. Wie un-
glücklich ist der Taubstumme! Er hört nicht die Stimme der Eltern,
nicht den Unterricht des Lehrers, nicht den angenehmen Gesang der Vögel
u. s. w. — Es gibt Menschen, welche nicht gut, d. h. nur schwer hören
können; sie sind schwerhöri g. Wer aber sehr gut, d. h. genau hören
kann, der hat ein sch arf es Gehör; er ist scharf hörig. Wie glücklich
ist der Mensch, der ein gutes Gehör hat! — Es schadet dem Gehör,
wenn man Jemandem hart in das Ohr hinein schreit, oder ihn an das
Ohr schlägt. Eben so kann es sehr gefährlich werden, wenn Kinder
Griffel oder andere spitze, harte Körper in das Ohr stecken. —
Die Ohren muß man fleißig waschen, damit sie immer hübsch
rein aussehen.
tzaester«' Lesebuch für Mittel«, evangel. Dolkssch
12
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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4
8. Aufgaben.
1. Nennt Dinge, welche einmal in der Schule sindl — Dann solche,
welche zweimal — dreimal — viermal — mehr mal in derselben sind!
Schreibet die Namen dieser Dinge auf!
Z. B. Einmal in der Schule sind: der Lehrer, der Ofen u. s. w. — U. s. w.
2. Nennt Dinge in der Schule, welche stehen! — Dann solche, welche
liegen! — Nun solche, welche hangen! — Schreibet auf!
Z. B. Dinge in der Schule, welche stehen, sind: das Pult, der Stuhl
u. s. w. — U. s. w.
3. Nennt Dinge in der Schule, die aus einem — zwei — drei — vier
oder mehreren Theilen bestehen! —
Schreibet! Dinge in der Schule, welche aus einem Theile bestehen, sind:
das Lineal u. s. w. — U. s. w.
Iii. Beschreibung des Schulzimmers.
Das Schulzimmer hat einen Fußboden, vier Wände und eine
Decke. Der Fußboden und die Decke liegen, wie die Oberfläche des
Wassers in einem Glase, überall gleich hoch. Man sagt daher: Sie
liegen wasserrecht oder wagerecht. Der Fußboden befindet sich
unter mir, die Decke befindet sich über mir. Die Wände der Schule
stehen nicht wagerecht, sondern senkrecht. Sie stehen um mich herum.
Eine Wand steht vor mir, und diese heißt daher die Vorder-
wand. Eine Wand steht hinter mir, und diese heißt die Hinter-
wand. Eine Wand steht zu meiner rechten, und eine steht zu mei-
ner linken Seite. Diese heißt die linke Seitenwand, jene die
rechte Seitenwand. Die Wände, der Fußboden und die Decke
schließen den Raum des Schulzimmers ein. An den Wänden, an
der Decke und an dem Fußboden hört der Raum des Schulzimmers
auf. Sie sind die Grenzen des Schulzimmers.
Die Wände, die Decke und der Fußboden sind flach. Sie bil-
den sechs Flächen. Eine jede von diesen sechs Flächen ist viereckig.
Jede von ihnen bildet also ein Viereck. Die Decke rührt oder stößt
oben und der Fußboden unten an die vier Wände. Die Decke befin-
det sich über dem Fußboden; also befindet sich der Fußboden unter
der Decke. Die Vorderwand liegt der Hinterwand gegenüber. Die
rechte und linke Seitenwand liegen ebenfalls einander gegenüber.
Wo zwei Flächen im Schulzimmer an einander stoßen, da bilden sie einen
Flächenwinkel. Das Schulzimmer hat vier senkrecht stehende
Flächenwinkel. Wer kann sie zeigen? — Oben befinden sich vier
wagerechtliegende Flächenwinkel. Zeiget sie! — Unten sind eben-
falls vier wagerecht liegende Flächenwinkel. Wer kann diese zeigen?
— In dem Schulzimmer sind also zwölf Flächenwinkel. Zeiget und
zählet sie! — Wo drei solche Flächenwinkel zusammen stoßen, da entsteht
eine Ecke. Das Schulzimmer hat acht solcher Ecken. Zeiget sie! —
Wie viele Ecken sind oben? Wie viele unten? —
Der Fußboden besteht aus Brettern. Diese Bretter liegen dicht
neben einander und sind mit Nägeln befestigt. Der Fußboden
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8
11. Zwei Gespräche.
Ich stand einmal des Morgens im Dorfe an dem Kreuzwege,
wo der eine Weg gleich in die Schule führt, der andere aber linkö
nach der Kirmeswiese. Es war schönes Wetter. Da hörte ich zwei
Knaben Folgendes sprechen:
„Guten Tag, Karl!"
Guten Tag, Michel!
„Wohin gehst du, Karl?"
In die Schule, Michel-!
„Ei was! In der Schule ist's garstig, da muß man lernen;
draußen auf der Wiese sollst Du einmal sehen, da ist's jetzt hübsch!
Komm, wir wollen dahin gehen und spielen, Karl!"
Am Abend, Michel! jetzt geh' ich lernen; ade!
„Meinetwegen, geh' Du arbeiten, Karl! ich geh' spielen; ade!" —
Zwanzig Jahre darnach stand ich in demselben Dorfe an der-
selben Stelle. Es war ein böser, kalter Wintertag. Ein blasser,
ärmlich gekleideter Mensch klopfte an der Thüre des Schulhauses an.
Der Lehrer, ein junger Mann, öffnete diese, und ich hörte nun die
Beiden Folgendes sprechen:
„Guten Tag, lieber Herr!"
Guten Tag, lieber Mann!
„Ach Herr, erbarmet Euch mein!"
Was verlangt ihr denn von mir?
„Arbeit,^ Herr! Ich will Euch die Schulstube fegen, ich will
Euch die Öfen heizen, oder andere Dienste der Art thun. Nehmt
mich auf!"
Könnt Ihr denn nicht beffere Arbeit thun, als die?
„Nein, Herr!"
Warum denn nicht?
„Ich hab' nichts gelernt."
Wie heißt Ihr?
„Ich heiße Michel."
Kommt herein, Michel! draußen ist's heute garstig, in der Schul-
stube ist's schön. Da werdet Ihr hoffentlich auch jetzt noch etwas
lernen. —
Sie gingen Beide hinein, und die Thüre wurde wieder geschloffen.
Der um Arbeit bettelnde Mann wußte in jenem Augenblicke noch
nicht, wer der freundliche Lehrer war. Wir wissen es. Nicht wahr? —
12. Ein Dutzend Sprüchwörter.
1. Alles mit Gottl 2. An Gottes Segen ist Alles gelegen. 3. Bete und
arbeite! 4. Gott sieht dich, Kind; drum sch-u die Sünd'i 5. Junge Müßig,
zanger, alte Bettler. 6. Was du säest, wirst du ernten. 7. Man muß lernen,
so lange man lebt. 8. Uebung macht den Meister. 9. Wer etwas kann, den
hält man werth, den Ungeschickten Niemand begehrt. 11. Artig, ssink und rein
muffen Kinder sein. 11. Morgenstunde hat Gold im Munde. 12. Nach gethaner
Arbeit ist gut ruhen
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Karl! Karl Karl Karl! Karl Karl Michel
D. Schwedisch-franzsische Periode, 16361648. Der westflische Friede. 107
(1639), worauf die Franzosen sofort seine Eroberungen an sich rissen.
Als sich die Fürsten im Winter 1640 auf dem Reichstag zu Ne gens-brg versammelten, fate Baner den verwegenen Plan sie insgesammt zu berfallen und aufzuheben, er wurde jedoch durch pltzlich emgetre-teues Thauwetter zum Abzug geuthigt.
Nach Baner's Tod (1641) machten der Sieg, den sein khner Nachfolger Torstenson der die Oesterreicher unter Piccolomini bei Breitenfeld 1642 errang, und die Kreuze und Querzge, in denen dieser schwedische General, obwohl bestndig an Gichtschmerzen leidend, Deutschland dreimal durchzog (von Jtland nach Bhmen, Mhren und Wien), die Gegner zur ernstlicheren Bedachtnahme auf den Ab-schln des Friedens geneigt, der den man seit 1643 in den westflischen Stdten Osnabrck und Mnster verhandelte.
7. Inzwischen drangen die Franzosen unter Tnrenne und dem Herzog von Eng h ien (nachmaligem Prinzen von Conds) am Rheine vor, besiegten die Bayern bei Al er he im unweit Nrdlingen (1645),
nthigten Maximilian zu dem Nlmer Waffenstillstand (1647)und verheerten, als er denselben bald darauf wieder kndigte, im Verein mit dem tapfern Wrangel, dem der kranke Torstenson bereits 1645 den Feldherrnstab bergeben hatte, Bayern aufs Schrecklichste. Von Bayern aus drangen die Schweden in Bhmen ein und schon hatte der General Knigs mark die Kleinseite Prag's eingenommen, als endlich die Friedenskunde erscholl 1648.
s. 80.
Der westflische Zsriede 1648.
Nach den fnfjhrigen Verhandlungen zu Osnabrck zwischen dem Kaiser und den Schweden, als den Vertretern der Protestanten,
und zu Mnster zwischen dem Kaiser und Frankreich, kam endlich be-sonders durch die Bemhung des kaiserlichen Abgeordneten Grafen von Trautmannsdorf am 24. Oktober 1648 der westflische Friede unter folgenden Bestimmungen zum Abschlu: lull"!/1 und
Poli tische Angelegenheiten: ,) Aenerliche: Mnster.
1. An Entschdigungen, die theils durch die Einziehung Pom-merns, dessen Herzogshaus ausgestorben war, theils durch die Scula-risation geistlicher Gter ermglicht wurden, erhielt:
1) Frankreich: Das sterreichische Elsa, den Snndgan, die Festung Breisach, das Besatzuugsrecht in Philippsburg, die souverne Hoheit der Metz, Toul und Verdnn und die Landvogtei der zehn elsische Reichsstdte, während die brigen, besonders Straburg, frei und reichsunmittelbar blieben.
2) Schweden: Vorpommern mit der Insel Rgen, einen Theil von Hinterpommern, dann Stettin, Wismar, die Stifter Bremen (nicht
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Elsa
Extrahierte Ortsnamen: Breitenfeld Deutschland Wien Rheine Schweden Schweden Frankreich Frankreich Breisach Philippsburg Schweden Hinterpommern Stettin Wismar
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männlicher Nachkommen, auf die Töchter vererben sollten. Kaum
hatte aber der Kaiser die Augen geschlossen und seine Tochter Maria
Theresia die Regierung angetreten, da traten mehrere Fürsten gegen sie
auf und erhoben Anspüche auf die österreichische Erbschaft. Unter diesen
war auch der König von Preußen, Friedrich Ii., auch der Große,
bei seinen Soldaten aber der alte Fritz genannt. Er verlangte die
Abtretung des Herzogthums Schlesien, auf welches seine Vorfahren
ihre Ansprüche der dem Kaiser vorgebracht hatten, aber ohne Erfolg.
Daraus gingen drei Kriege hervor, welche die schlesischen Kriege
heißen. Der erste war von 1740—42, der zweite von 1744—45,
und der dritte von 1756—63, welcher letztere auch der siebenjährige
ärieg genannt wird.
Was Friedrich der Große im Kriege, besonders in dem sieben-
jährigen (1756—1763), geleistet hat, wie er sich gegen Anen sechsmal
stärkern Feind unerschrocken herumschlug und meistens siegte, das läßt sich
in der Kürze nicht erzählen; denn es waren der Schlachten gar viele,
und Friedrich stand bald in Preußen gegen die Russen, bald in
Schlesien und Böhmen gegen die Österreicher, bald in Sachsen
gegen die Franzosen, die übrigen Feinde noch gar nicht gerechnet.
Wenn man von diesen Kriegsthaten des alten Fritz erzählen wollte, dann
müßte man auch von seinen heldenmüthigen Generalen Meldung thun,
von dem unerschrockenen Feldmarschall Schwerin, der mit der Fahne
in der Hand seine Soldaten gegen den Feind führte (Schlacht bei
Prag, 6. Mai 1757), aber von einer Kartätschenkugel niedergerissen
wurde — von dem alten Husarenanführer Ziethen, welcher sich mit
dem Schreiben nicht gern abgab, aber desto tapferer in die Feinde einhieb,
gleichwohl aber in der größesten Noth noch auf Gott vertraute — auch
von dem rüstigen Kürassiergeneral Seidlitz, welcher das französische Heer
in der Schlacht bei Roßbach fast allein aus einander sprengte, und
die französischen Mittagstafeln noch gedeckt und mit warmen Speisen
besetzt fand. Diese und gar viele andere Helden halfen dem König
Friedrich seine Schlachten gewinnen, oder/wenn er eine verloren hatte,
sich aus der Verlegenheit wieder herausziehen. Deshalb behandelte
er sie aber auch wie seine Freunde, und als Ziethen als 75jähriger
Greis an der königlichen Tafel einmal einschlief und die Höflinge dies
unschicklich fanden, sprach Friedrich ganz leise: „Bst! laßt ihn doch
ruhen, er hat ja oft genug für uns gewacht." — Der Friede zu
Hubertsburg — am 15. Febr. 1763 — machte dem siebenjährigen
Kriege ein Ende, und das schöne Schlesien verblieb bei Preußen. —
Der alte Fritz war aber nicht bloß ein tüchtiger Soldat, er war
auch ein König für den Frieden; er achtete die Gelehrten und Künstler,
er-las viel und hat selbst Bücher geschrieben, und in allen seinen
Freistunden unterhielt er sich mit der Flöte. Dazu liebte er die Ge-
rechtigkeit und konnte auch Widerspruch ertragen, wenn derselbe
anders begründet war. Denn er war selbst in die Schule der Leiden
gegangen, hatte in seiner Jugend viel Hartes von seinem Vater
Ha esters' Lesebuch für Protest. Oberkl. Bayerns. 1"
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Maria
Theresia Maria Theresia Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich Friedrich Fritz Feldmarschall_Schwerin Seidlitz Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Fritz
— 534 —
zur Überwältigung der "Rebellion,, wie er die Glaubenstreue nannte,
und der sandte ihm 1731 sechstausend Mann zu Fuß und zu Roß,
die legten sich bei den Evangelischen ins Quartier und hausten fürchter-
lich und brachten Viele an den Bettelstab. Dennoch beharrten sie in
ihrem Glauben. Nun befahl der Erzbischof Allen, die kein liegendes
Eigenthum besaßen, binnen 8 Tagen, jedoch den Eigenthümern binnen
längstens 3 Monaten das Land zu verlassen. Am 24. November, als die
erste Frist abgelaufen, sprengten mit wildem Geschrei die Reiter daher,
trieben Knechte, Mägde, Taglöhner zusammen gen Salzburg, ihrer bei
tausend, und schafften sie über die Grenze, von Allem entblößt, mitten
in rauher Winterszeit. Da verwandten sich die evangelischen Stände
Deutschlands für ihre armen Glaubensgenossen, und der König von
Preußen, Friedrich Wilhelm I., lud sie ein, nach Litthauen zu
kommen, wo er ihnen eine neue Heimath schenken wollte. Bald kam
die Zeit, daß auch die Angeseffenen weg mußten und nur wenige hat-
ten ihre Besitzungen ganz veräußern können. Am bestimmten Tage
Huben die rohen Soldaten an, sie auszutreiben ohne Rücksicht und Er-
barmen. Züge von Hunderten und Tausenden zu Fuß, zu Pferde, zu
Wagen: Männer, Weiber, Greise, Kinder wanderten, anfangs mit
Thränen und Wehklagen, dann glaubensfreudig und stark im Geiste,
unter dem lauten Schall geistlicher Lieder der Fremde zu. Der Spott
und die Mißhandlung der Feinde verwandelte sich in Bewunderung
und Theilnahme. Nur der Erzbischof blieb verstockt; er wollte lieber
seine Äcker Dornen und Disteln tragen sehen, als von Ketzern bestellt
wissen, und jeder Unterthan sollte einen feierlichen Eid leisten, daß er
sich mit Herz und Mund zu dem „alleinseligmachenden" römisch-katholi-
schen Glauben bekennen, und auch glauben wolle, daß Alle, die aus-
gewandert seien und noch auswandern würden, wirklich „zum Teufel"
führen. Dies hatte die Wirkung, daß noch ganze Schaaren aus allen
Ständen, selbst erzbischöfliche Beamten, ganze Glieder der Leibwache,
auch acht Priester sich den Exulanten (Vertriebenen) anschloffen. Überall
erscholl von Bergen und Thälern, durch Dörfer und Städte das
Exulantenlied, welches vor 50 Jahren einer der Ihrigen, Joseph
Scheitberger, der Bergmann, als er mit seiner ganzen Gemeinde
um des Glaubens willen den Wanderstab ergreifen mußte, gedichtet
und welches anhebt:
„Ich bin ein armer Exulant,
Also thu' ich mich schreiben;
Man thut mich aus dem Vaterland
Um Gottes Wort vertreiben.
Das weiß ich wohl, Herr Jesu Christ,
Es ist dir auch so gangen;
Jetzt will ich dein Nachfolger sein —
Herr, mach's nach dein'm Verlangen!
Am meisten Auffehen machte es — und der Erzbischof knirschte mit
den Zähnen —, als sämmtliche Bergleute des Salzbergs Dürrenberg,
750 Mann, mit ihnen das ganze Bergamt, mit Weib und Kind am
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Joseph
Scheitberger Bergmann Jesu_Christ