364
Iv. Naturbilder.
gefangen werden, zu Milliarden der Ge-
fräßigkeit der Raubfische und Vögel er-
liegen, und doch immer wieder in der-
selben zahllosen Fülle zum Vorschein
kommen! Der Häring erscheint und ver-
schwindet mit bewundernswürdiger Re-
gelmäßigkeit. Vielleicht lebt er eine Zeit
lang in dem hohen Polarmeer, vielleicht
hat er dort in Tiefen, welche kein Senkblei
ermißt, sein geheimes Reich und zieht
dann gleich den wilden Reitervölkern der
Steppen jährlich aus, die Meere zu
durchschwärmen.
Der Häring erscheint jährlich drei-
mal an der Küste von Norwegen, aber
der Hauptfang geschieht im Februar.
Es ist dies die Frühlingssischerei; sie
liefert die größte Menge, und die fetteste,
größte Art des Fisches, den sogenannten
Frühlingshäring. Der Fang geschieht
vornehmlich an dem Küstenstriche zwischen
Bergen und Stavanger, am Ein-
gänge des großen Bücke-Fjord. Auf
diesem Raume versammeln sich im
Februar wenigstens 2000 Boote, die
mit 12,000 Fischern bemannt sind.
Diese begeben sich Ende Januar auf
die Inseln hinaus, miethen Plätze und
Hütten und vereinigen sich zu Gesell-
schaften. Gewöhnlich bilden 2 Kähne,
jeder mit 5 — 6 Mann besetzt, einen
solchen Verein. Zwanzig bis dreißig
solcher Vereine bilden dann unter der
obersten Leitung eines Kaufherrn eine
Pacht. Dieser schießt dafür den Schif-
fern vor, was sie brauchen: Geräth,
Segelwerk, Netze und Lebensmittel auf
2 — 3 Monate. So gerüstet erwarten
die Fischer die Häringsschwärme, denen
sie ungeduldig bis in's Meer hinaus
entgegenfahren, mit begierigem Auge
den heranleuchtenden, silberblauen Schim-
mer erspähend, welcher das Nahen der
Beute anzeigt. Noch ehe die Stunde
schlägt, melden schnelle und fürchterliche
Wächter den Heranzug der Häringe.
Einzelne Walfische streichen an der Küste
hin und werden mit lautem Jubel be-
grüßt; denn sie sind die sicheren Ver-
kündiger des Heeres. Es ist, als habe
der Walfisch den Auftrag erhalten, den
Menschen die Botschaft zu bringen, sich
zum Angriff bereit zu machen. Sein
Schnauben in der ungeheuern Wasser-
wüste, das Sprudeln seiner Nüstern, der
wunderbaren Springbrunnen, welche in
den Lüften funkeln, sind seine Sprache.
Hat der Walfisch seine Sendung voll-
bracht, so jagt er zurück zu seinen Ge-
fährten und hilft ihnen den geängstig-
ten Häring rascher gegen die Küste trei-
den, wo sich dieser in die Scheeren
zwischen die Inseln und Klippen drängt,
und um dem grimmigen Feind zu ent-
kommen, anderen, noch schrecklicheren in
die Hände fällt. Denn hier halten die
Fischer mit ihren Netzen. Zuerst kom-
men die Fische einzeln, bald aber in so
dichtgedrängter Masse, daß sie Wände
von ungeheurer Höhe bilden, welche
Fischberge heißen, und oft bis auf den
Grund des Meeres reichen und durch
ihren Druck die Boote mehrere Zoll hoch
über das Wasser heben.
2. Die Fischerei selbst geschieht auf
zweierlei Art, mit Netzen und mit An-
geln. Der Fang mit Netzen ist der
üblichste und auch der gewinnreichste.
Jedes Boot hat deren 36, die meisten
2 Faden (1 Faden — 6 Fuß) lang
und einige Faden tief. Mehrere werden
aneinander geknüpft bis zu 20 Klafter
Länge und l1/* Klafter Breite. Diese
werden jeden Abend einige hundert Fuß
tief, je nachdem der Fisch zieht, in Reihen
aufgestellt, unten mit kleinen Steinen
beschwert und oben von Holzklammern
gehalten. Doch stellt man nur die
Hälfte der Netze auf einmal, die dann
des Morgens gezogen werden, da der
Häring bei Tage die Fallen bemerkt
und vermeidet. Ist der Fang gut, so
steckt in jeder Masche des Netzes ein
Häring, deßhalb sind die Netze gewöhn-
lich auch nicht größer, als oben ange-
geben, indem sie sonst zerreißen würden.
Will man mit Angeln fischen, so
gehört dazu eine Leine von 400—500
Klaftern, welche meist aus drei Seilen
zusammengeknüpft ist, an denen 1000
bis 1200 Angeln angebracht sind und
an 6 Fuß langen, starken Schnüren
hängen. An den Haken der Angeln
sitzt der Köder, welcher gewöhnlich aus
Muscheln oder aus Fischfleisch besteht.
Die Leine mit den Angeln wird nun
so in's Meer gelassen, daß ihre beiden
Enden auf der Oberfläche schwimmen.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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5. Edelmuth eines Galeeren - Sträflings.
9
lich in der Nacht, da schon das ganze
Dampfschiff voll des angsterregenden
Dampfes ist, ruft er: „Maxwell, ich
hab's gefunden; die Flammen brechen
bei dem Rade durch!" „Dann wende ich
das Schiff dem Ufer zu", rief dieser
entgegen und schlug sich vor die Stirn,
denn er kannte deutlich die furchtbare
Gefahr. Aber er faßte sich, und als er
sich allein sieht, fällt er auf seine Kniee
und ruft Gott an und betet: „O all-
mächtiger Gott, verleihe mir Stärke,
jetzt treulich meine Pflicht zu erfüllen, und
werde du selbst Tröster meiner Wittwe
und Vater meiner Waislein." Darauf
ergreift er wieder das Steuerruder und
steht unbeweglich, das Angesicht der näch-
sten Landspitze zugekehrt, und das Schiff
fliegt darauf los wie ein Pfeil. Die
Matrosen wenden alle ihre Kräfte an,
das Feuer zu dämpfen, aber die Wuth
der Flammen wächst mit jeder Minute
und treibt die Maschine mit grausen-
erregender Gewalt, und das Schiff schießt
durch die Wellen hin wie ein Sturm-
vogel. Alle Reisenden hatten sich auf
dem Vordertheile zusammengedrängt, denn
der gewaltige Luftzug ließ keinen Rauch
dorthin kommen, sondern trieb denselben
rückwärts. Da stund aber nun der
arme Maxwell an seinem Steuerruder
in dem erstickenden Qualme, wie ein
Märtyrer auf dem rauchenden Scheiter-
haufen. Der Kapitän und die Matrosen
thaten zwar, was sie konnten, um das
Hintertheil mit Wasser zu begießen, aber
das that dem wiithenden Brande keinen
Einhalt. Schon fängt der Boden unter
Maxwells Füßen an, sich zu entzünden;
aber er weicht nicht von seinem Posten,
denn an seiner Hand hängt jetzt das
Leben von achtzig Personen. Immer
geradehin nach dein Lande schaut sein
Blick, immer rasender treibt die Flamme
das Schiff, immer unbeweglicher hält
seine Hand das Ruder.
Die Leute am Ufer sehen das bren-
nende Schiff und richten Feuerzeichen
auf, um den Unglücklichen zu zeigen, wo
sie landen sollen. Maxwell versteht's;
feine Füße fangen an zu braten, aber
er bleibt, so sturmschnell das Schiff da-
hin saust; er möchte ihm noch Flügel
dazu geben, denn er merkt, es kann kaum
einige Minuten mehr dauern, so sinkt
es; und jetzt — jetzt ist's daran — da
rückt sein Steuerruder und rutfch —
rutsch! da sitzt das brennende Schiff auf
dem Sande. Alle werden gerettet, und
Maxwell wird auch an's Land getragen;
aber wie sieht er aus! Seine Kleider
fallen ihm wie Zunder vom Leibe, seine
Füße sind ganz verbrannt. Doch Gott
segnete die Hand des Arztes, und nach
mehreren Wochen kann Maxwell das Bett
wieder verlassen. Aber seine hohe. Ge-
stalt ist gekrümmt, seine Haare find ganz
gebleicht, seine Füße bleiben schwach, und
er hat daran seiner Lebtage zu leiden.
Er ist Krüppel um Gottes willen, und
seine Familie hat ihren Ernährer ver-
loren. Doch hat Gott Herzen erweckt,
die sich seiner und der Seinigen treulich
angenommen haben.
5. Edelmuth eines Galeeren-Sträflings.
Ein schöner, großer und in gleichem
Maße auch starker Mensch hatte schon
viele Jahre in Jammer und Qual im
Bagno zu Toulon zugebracht. Doch endlich
gelingt es ihm, die Wachsamkeit der
hundertäugigen Wächter zu täuschen; er
entwischt. Bald ist er auf freiem, of-
fenem Felde und schwelgt im warmen,
schon so lange entbehrten Sonnenstrahle.
Das Gefängniß liegt nun schon weit
hinter ihm; ja, er ist gerettet. Da steht
er plötzlich vor einem kleinen Pächter-
haufe; er will eintreten, will um ein
Stück Brod bitten, oder falls man ihm
dasselbe verweigert — es stehlen. Er
bleibt aber stehen, als er in der niedern
Stube einen alten Landmann gewahrt,
der, umgeben von Weib und Kindern,
seine heißen Thränen weint. „Was
fehlt Euch?" fragte der Galeerensträfling.
„Ach, man will alles, was ich an Haus-
geräth besitze, mir verkaufen, weil ich
meinen Pachtzins nicht bezahlen kann!
Es fehlen mir noch vierzig Francs!"
„Ihr müßt sie borgen oder sie----------."
Der Sträfling spricht das Wort nicht
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92. Der Brand der Austria.
199
Schwingen, schon darf das Sturmsegel,
womit der Steuermann noch das Schiff
zu lenken und in seiner Bahn zu halten
im Stande ist, nicht mehr gebraucht wer-
den; denn obwohl es aus dem stärksten
doppelten Hanftuche gemacht ist, so zer-
reißt der wüthende, stoßweise kommende
Wind dasselbe doch spielend, ja die
Segel, welche zusammengebunden an den
Raaen vor den Masten hängen, müssen
ganz herabgenommen werden, weil selbst
an diesen kleinen, geringfügigen Gegen-
ständen der Wind zu viel Macht aus-
übt, weil er das Schiff gewaltsam auf
die Seite neigt und es umzustürzen droht.
So seiner Segel gänzlich beraubt, treibt
es nur noch mit den leeren Masten
und ist nunmehr nicht ferner zu lenken,
ist ein Spiel der Winde, ja im höchsten
Stadium des erzürnten Sturmes muß
man sogar die Masten kappen, d. h.
nahe an dem Verdecke abhauen, und
nun fliegt es auf der öden Meeresfläche
umher, rettungslos verloren, nicht durch
den Sturm, der ihm Nichts mehr an-
haben kann, wenn seine Rippen nur
fest sind und die Planken gut und frisch,
sondern dadurch, daß es nicht gelenkt
werden, also auch, wenn der Sturm
vorüber ist, keinen Hafen erreichen kann.
Entweder wird es dann an einer Klippe
zerschellt, oder es bleibt auf einer Sand-
bank sitzen, bis die Wellen ein Brett
nach dem andern losspülen, oder endlich
es treibt auf dem Meere umher, bis
die Mannschaft von Hunger und Durst
zur Verzweiflung gebracht wird und zu
Grunde geht, wenn nicht vielleicht doch
noch der glückliche Zufall den Noth-
leidenden ein Schiff in den Weg führt,
das sie aufnimmt.
Minder lange dauert die Qual der
so durch den Sturm Verunglückten,
wenn dieser sie in einem Insel- oder
Klippenmeere überrascht; zerschmettert
ist bald auf dem glasharten Felsen das
hölzerne, leichte Gebäu, die Trümmer
schwimmen in den Strömungen umher,
der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne,
sucht seine Beute unter ihnen, eine
brandende Welle entreißt Andern die
rettende Planke, mit der sie die nahen
Ufer zu erreichen hofften, und begräbt
sie in des Meeres dunklen Schooß und
am Morgen preisen die Anwohner Got-
tes Güte und danken ihm für den
gesegneten Strand, denn was
die Wogen von der Ladung herauf-
spülen, das gehört ihnen — von Rechts
wegen.
92. Der Brand der Austria.
Am 1. September 1858 verließ die
„Austria", ein gewaltiger Schrauben-
dampfer, unter dem Befehle des Kapi-
täns Heidtmann den Hafen von Ham-
burg, um nach New-Jork zu fahren.
Nebst der an hundert Köpfe zählenden
Bemannung hatte das Schiff noch sechst-
halbhundert Passagiere an Bord, meist
Auswanderer, darunter siebenundfünfzig
Kinder. Das Schiff hatte mit widrigen
Winden zu kämpfen, und erst als man
am dreizehnten Tage der Fahrt in die
Nähe der Sandbänke von Newfoundland
gelangte, wurde das Wetter heiter und
ruhig. Der freundliche Tag hatte am
13. September Nachmittags die meisten
Reisenden auf das offene Deck gelockt;
nur wenige überließen sich in den Ka-
jüten dem Mittagsschlafe. Zu dieser
Zeit wurde das Zwischendeck ausgeräuchert,
aber nicht, wie man gewöhnlich zu thun
pflegt, mit Essigdämpfen, sondern mit
Theer, in welchen man ein Stück glühend
gemachter Ankerkette tauchte. Durch Un-
vorsichtigkeit des die Räucherung vor-
nehmenden Hochbootsmannes gerieth der
Theer in Brand und die Hellen Flam-
men schlugen auf. Wäre Asche zur Hand
gewesen, so hätte der Brand leicht erstickt
werden können; aber man suchte diesen
durch Wasser zu löschen, gab aber da-
durch der Flamme noch mehr Nahrung,
und dieselbe ergriff rasch das Holzwerk.
Die heitere Menge auf dem Verdeck er-
hielt von dem Unfall nicht eher Kunde,
als bis wenige Schritte vom ersten Mast-
baum ein dicker Rauch emporquoll, dem
alsbald die helle Flamme nachfolgte.
So rasend fraß diese um sich, daß schon
nach fünf Minuten eine brennende Scheide-
wand zwischen dem Vorder- und Hinter-
theil des Schiffes entstand. Das Ent-
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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177. Der Bergbau.
377
schon seit den ältesten historischen Zeiten
jeder heftige Sturm, der den ehemaligen
Waldboden aufwühlt, das werthvolle
Fossil an den Strand wirft, und daß
wahrscheinlich eine späte Zukunft sich noch
in unvermindertem Maße seines Fundes
erfreuen wird. —
In den Seestädten Danzig und
Königsberg, wo der meiste See-
und Erdbernstein zusammenfließt, wird
er je nach seiner Größe und Qualität
sortirt. Die größeren, feinen und reinen
Stücke, etwa bis zum Umfang einer
Haselnuß, sind Sortiments- und
Arb eit s steine; die kleineren heißen
kleine Waare. Den durchscheinen-
den Beruftem schätzt man höher, als
den durchsichtigen und den undurch-
sichtigen; diese beiden stehen daher auch
um ein Drittel im Preise niedriger, als
die ersteren. Von der kleinen Waare,
aus denen sich noch Lohnen- und erbsen-
große Corallen drehen lassen, kostet das
Pfund gewöhnlich 1—2 fl. — Was aber
hierzu nicht mehr taugt, wird zur Fir-
niß-, Oel- und Säurebereitung oder zum
Räuchern verbraucht und von 21¡2 bis
zu 15 Silbergroschen das Pfund verkauft.
Der Bernsteinarbeiter muß an den
vorhandenen Stücken mit Feile, Meißel
und Grabstichel seine Kunst erproben und
je nach der Vollkommenheit und Voll-
endung der dargestellten Gegenstände dem
rohen Stoffe einen höheren Werth er-
theilen. —
Der beste durchscheinende Bern-
stein geht zum Großhandel nach dem
Orient; der durchsichtige und der ganz
undurchsichtige wird von den Morgen-
ländern verachtet. Die sehr geschickten
Arbeiter in Constantinopel fertigen dar-
aus Mundstücke zu türkischen Pfeifen-
röhren an, welche oft mit Perlen und
Edelsteinen aller Art verziert und zu
fast unglaublichen Preisen an die Großen
des Reiches verkauft werden. Eine etwas
geringere Sorte rohen Bernsteins pflegt
über London und Kopenhagen nach China,
Japan, Ost- und Westindien zu gehen.
Auch Rußland bezieht viel Bernstein,
der, sehr zierlich und künstlich verarbeitet,
im ganzen russischen Reiche verbreitet
ist. — Bei uns ist der Handel mit
Bernstein jetzt nicht mehr so bedeutend,
obgleich noch Halsschnüre, Pfeifen- und
Cigarrenspitzen daraus verfertigt werden.
Der verfeinerte Luxus, der den Schmuck
der genügsameren Vorfahren verschmäht,
hat durch die geringere Nachfrage nach
diesen Fabrikaten den Erwerb der damit
Beschäftigten so beschränkt, daß sie sich
nur kärglich ernähren können.
177. Der
1. Ein klarer, frischer Herbstmorgen
tagt. Die ersten Strahlen der auf-
gehenden Sonne beleuchten eine rauhe,
steinige Gebirgsgegend. Rings herrscht
tiefe Stille, nur unterbrochen von dem
Geläute einzelner Glöckchen, das hier
und da aus dem Thale und von den
Berghöhen herüberklingt. Aus dem Dun-
kel des Thales steigen jetzt einzelne Ge-
stalten herauf. Es sind Bergleute in
ihrer eigenthümlichen Tracht, und ihre
ernsten Mienen deuten auf ein ernstes
Thun, zu dem sie sich rüsten. Das
Glöcklein ruft sie zur Fahrt in die Tiefe.
Glück auf! ihr Männer, Glück auf zur
rüstigen Arbeit, deren Mühen und Ge-
fahren die Nacht der Tiefe vor den
Augen der Welt verhüllt. Die dumpfe
Stille wird bald unterbrochen von den
Bergbau.
klirrenden und schrillenden Hammer-
schlägen der Arbeiter, vom Knarren und
Dröhnen der Räder und Maschinen,
oder dann und wann vom Krachen ein-
zelner Schüsse, die mächtig widerhallen
und in fernem Beben sich verlieren,
oder vom Donner einer gesprengten
Mine, der langsam durch die unter-
irdischen Gänge hinrollt.
Warum, fragst du schaudernd, wagt
der Mensch sich in diese unheimlichen
Tiefen, warum wühlt er sich diese Gänge
und Höhlen, die nie der goldene Glanz
des Tages belebt? In diesen Tiefen
ruhen die köstlichsten Schätze der Erde;
mächtig locken dieselben und reichlich
lohnen sie die Mühe der Arbeit. Sie
sind, wie sie es vor Alters waren, noch
heut die Grundlagen aller Industrie und
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Bernstein Bernstein
Extrahierte Ortsnamen: Danzig Königsberg Constantinopel London Kopenhagen China Japan Westindien
37. Aus dem bayerischen Alpengebirg.
67
so ist; denn der unparteiische Richter wird
immerhin das Halleiner Salzbergwerk dem
Berchtesgadener voran stellen.
Nachdem man mich auf der Schreib-
stube des Bergmeisters in Bergmannshabit
gehüllt, mir ein Grubenlicht in die Linke
und einen dicken bocksledernen Handschuh
in die Rechte gegeben hatte, folgte ich dem
Hutmann, der mich in die Unterwelt führen
sollte, und zwar etwas schüchtern und zag-
haft, denn es war das erstemal in meinem
Leben, daß ich ein Bergwerk befuhr. Der
870 Fuß lange Stollen ist mit dem schön-
sten röthlichen Marmor in eirunder Form
so hoch gewölbt, daß ein nicht allzulanger
Mann aufrecht stehen und bequem darin
gehen kann.
Bald erreichten wir eines von den großen
Senkwerken. So nennt man da eine große,
in Form eines Vierecks in den Salzfelsen
eingehauene Höhlung, in welche viele kreuz-
weis durcheinander laufenden Gänge ein-
münden. In diese Gänge, die anfangs nur
klein von Umfang sind, wird von außen
durch Röhren süßes Wasser geleitet, wodurch
das Steinsalz losgefressen und aufgelös't
wird. Die so gewonnene Soole wird als
gesättigt angesehen, sobald sie 26° erreicht
hat. Alsdann fließt ste wieder zu Tage
und wird durch eiserne Röhren nach dem
etwa vier Stunden entfernten Reichenhall
geleitet und dort zur Salzgewinnung ver-
sotten.
Endlich stand ich am Rande eines schauer-
lichen Abgrundes, dessen Tiefe in undurch-
dringliches Dunkel gehüllt war. In die
Tiefe hinab führten zwei rundliche, parallel
laufende Balken. Auf diese mußte ich mich
setzen, mit der Linken das Licht haltend,
mit der behandschuhten Rechten das Seil
fassend, welches längs des einen Balkens
hinablief. „Halten's nur hübsch das Seil
fest," sprach der Mann zu mir, und mit
einem „Fahr wohl!" fuhr ich darauf, indem
ich das Seil etwas locker hielt, mit Blitzes-
schnelle, wie auf den Fittigen des Stein-
adlers, hinunter in die schwarze Tiefe, daß
mir die Haare pfiffen. Das nennen sie die
Rutschbahn, und ich muß gestehen, sie
verdient meinen ganzen Beifall.
Nachdem ich noch ein anderes Werk,
überhaupt alles von Wichtigkeit in Augen-
schein genommen, bereiteten wir uns zur
Rückfahrt. Wir benützten ein kleines auf
Schienen fahrendes und zum Sitzen bequem
bepolstertes Rollwägelchen und fuhren erst
langsam und dann immer schneller und
schneller der Ausfahrt zu. Wie ein kleines,
funkelndes Sternlein aus blauer Himmels-
serne winkte der Eingang des Stollens ent-
gegen, so klein schien seine Oeffnnng zu
sein. Diese wurde immer größer und größer,
je mehr wir uns ihr näherten. Endlich
war die kurze Täuschung vorbei und ich
stand wieder am Anfang und zugleich am
Ende meiner kurzen, aber anziehenden un-
terirdischen Wanderung.
Recht wohl that mir wieder der erwär-
mende Strahl der Nachmittagssonne, als
ich aus dem kühlen Gewölbe heraustrat.
Ii.
Bald darauf wanderte ich zu dem be-
rühmten Kö ui gssee, wohin es von Berch-
tesgaden aus etwas über eine Stunde ist.
Her Weg dahin ist schattig und angenehm
und führt an einsamen Mühlen und Ka-
pellen vorüber. Die letzte Strecke des Weges
geht durch ein Wäldchen und aus diesem
tretend, steht man mit einemmale an den
Ufern des herrlichen See's, der seinen Na-
men mit vollem Rechte trägt.
Wer beschreibt aber die Pracht des Kö-
nigssee's und das hohe Vergnügen einer
Fahrt auf demselben? Wie ein ungeheurer
Smaragd, ein köstlicher Edelstein in der
Gebirgskrone des lieben Vaterlandes, liegt
der etwa zwei Stunden in der Länge und
1/t Stunde in der Breite messende See vor
den überraschten Augen des Beschauers.
Den Rahmen dieses prächtigen Edelsteines
bilden die himmelhohen, fast senkrechten Fels-
wände der Stahlwand, des Fagsteins und
des Watzmanns, dessen in ewigem Schnee
gehüllter, mit einem Kreuze geschmückter
Gipfel so ernst herunterschaut. Im Süden
liegen die beschneiten Zacken des steiner-
nen M e e r e s und im Osten winkt die
gewaltige Masse des hohen Göll. Ufer
hat der See eigentlich gar keine; er ist eine
gewaltig tiefe, romantisch gestaltete Kluft,
angefüllt mit einem stillen, fast papagei-
grünen Gletscherwasser. Viele tausend Fuß
hoch stürzen die Riesenhäupter ohne Ufer-
rand ab in den See, bis über die Mitte
der Höhe hinauf mit Laub- und Nadel-
waldung bewachsen.
Rechts und links stürzen Waldbäche von
den hohen, marmornen Wänden in die tiefe
Stille herab. Darunter 2400 Fuß hoch
mit lautem Brausen der Königsbach.
Der schönste dieser Wasserstürze ist der so-
genannte K e s s e l f a l l in einer nun zugäng-
lich gemachten Felsenspalte. Unweit davon
überraschte uns ein Donnerwetter ohne
Regen; es rührte jedoch nur vom Abfeuern
einer Pistole her; aber es war ein grau-
senerregender Schlag mit einem nachfolgen-
den, mächtig brüllenden Donner, der sich
von Wand zu Wand forttrug, bis er sich
5 *
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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9
\
als 28^ Jahren bis zum Monde kommen und ein
Greis von etlichen siebenzig Jahren, wenn er sich
gleich nach seiner zurückgelegten Schulzeit auf diese
Wanderschaft begeben hätte, könnte schon von seiner
Reise nach dem Monde wieder heimgekehrt seyn.
Wenn aber ein Mensch auch fast 12mal Methusa-
lems Lebensalter erreichte und seine ganze Zeit auf
einer solchen Wanderschaft, täglich 10 Stunden ge-
hend, zubrächte, so würde er dennoch erst am Ende
seines Lebens zur Sonne gelangen; ja wenn er schon
seit den Tagen der Schöpfung sich auf die Reise
gemacht hätte, wäre er bis jetzt doch noch nicht viel
weiter als halben Weges gekommen, denn zur gan-
zen Fußreise brauchte er 11340 Jahre. Und könnten
wir auch mit der möglichst großen Eile des Dampfes,
der unsre Dampfwägen bewegt, Tag und Nacht
fortreisen und dabey in jeder Stunde einen Weg von
7 geographischen Meilen zurücklegen, so hätten wir
doch am Ende der gewöhnlichen Zeit unsres Men-
schenlebens fast nur den fünften Theil der Strecke
bis zur Sonne zurückgelegt, denn der rastlose Dampf-
wagen hätte gegen 340 Jahre bis zu seinem Ziele
zu lausen.
Wirkliche Größe der Sonne.
H.-4. So ungemein weit steht die Königinn
des Tages, die herrliche Sonne, von uns- ab und
dennoch erscheint sie unsrem Auge noch eben so groß,
ja genau genommen im Mittel noch etwas größer
als der Mond; wie mächtig groß muß sie dann seyn,
welche Kräfte müssen ihr inwohnen, daß sie mit ih-
ren belebenden Strahlen ihr ganzes Weltgebiet er-
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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86
Dev kletternde Fisch klettert, vermöge der
stachlichten Hacken an Kopf und Flossen, selbst auf
Bäume, um in dem Wasser oder ausfließendem Safte,
der sich an ausgehöhlten Stellen derselben ansammelt,
Insekten zu fangen, von denen er sich nährt.
Die fliegenden Fische haben so lange Brust-
flossen, daß sie damit sich über das Wasser erheben
und eine Strecke weit über dem Wasser fliegen können.
Der Hayfisch, auch Menschenfresser genannt,
ist ein so großer Fisch, daß er einen Mann so wie
ein todtes Roß zu verschlingen vermag. Er wird bis
fünfzehn Ellen und darüber lang und 150 Zentner
schwer. Ein Hay verschlang einst einen Matrosen, der
von dem Schiffe in das Meer fiel. Sogleich wurde
eine Kanonenkugel auf den Fisch abgefeuert, und der
Fisch spie den Mann wieder aus, welcher noch leben-
dig , und durch die Zähne des Thieres zwar an vielen
Stellen des Körpers, doch nicht gefährlich verwundet
war.
Der Zitteraal kann denjenigen, der ihn be-
rührt, mit einem blitzähnlichen (elektrischen) Schlage,
wobey unter gewissen Umständen selbst Funken bemerk-
bar sind, zu Boden stürzen. Auf diese Art verthei-
digt er sich gegen Raubfische, und betäubt auf eine
ziemliche Strecke um sich her die Fische, die ihm zur
Nahrung dienen. t1
Die Stockfische befinden sich in den nördlichen
Meeren in ungeheurer Menge; und mehrere hunoert
große Schiffe laufen jährlich aus, und viele tausend
Menschen beschäftigen sich mit dem Stockfischfang. Man
fängt sie mit Angeln, und ein fleißiger Matrose kann in
einem Tage über zweyhundert Stücke fangen«
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bewegliche Stangen, die man Barten nennt; es sind
deren 600 an der Zahl. Sie sind wie Orgelpfeifen
geordnet, 10 bis 15 Schuhe lang und alle zusam-
men wiegen bey 2000 Pfund. Von ihnen kommt
das sogenannte Fischbein. In seinem Schweife hat
er eine solche Stärke, daß er mit einem Schlage ein
ziemlich großes Fahrzeug umwerfen oder zertrümmern
kann. Seine Haut ist schwarz oder grau und wohl
auch gelb oder weiß gefleckt. Der Speck unter der
Haut ist über einen Schuh hoch, und gibt den Thran
oder das Fischöl, wovon allein die Lippen zuweilen
gegen 60, ja 80 Centner liefern, der ganze Körper
des Thieres aber wohl 400, ja in seltneren Fällen
600 Zentner. Seine Augen sind nicht viel größer
als Ochsenaugen. Mitten auf dem Kopfe hat er die
beyden Nasenlöcher, durch welche er die Luft aus-
und einathmet, und aus denen er Wasser zuweilen
mit großer Gewalt so hoch empor spritzt, daß man
das Rauschen in sehr weiter Entfernung hören kann.
Wenn man eine Heerde von 50 bis 60 Wallfischen,
die mit ihren Rücken gleich Dächern über das Meer
hervor ragen, in der Ferne sieht, so glaubt man
eine, schwimmende Stadt zu erblicken; die in Bögen
empor steigenden Wasserstrahlen gleichen prächtigen
Springbrunnen.
3. Wie es ungeheuer große Thiere gibt, so
gibt es auch winzig kleine Thierchen. Diese sind
unter den übrigen Thieren, was unter den Pflanzen
der Schimmel ist. Die Milben, die man im alten
Käse und müffigen Mehle findet, sind kleiner als
Sandkörnlein und mit freyem Auge kaum zu erken-
nen. Und doch gibt es noch kleinere Thierchen der
Art, gegen die eine Milbe ein Elephant ist. In
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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erhellt wird, ist eine Muschel; ja man bedient sich
der Muscheln als der Meffcr. Frauen und Jung-
frauen benützen kleine niedliche Muscheln- und Schne-
ckengehäuse zum Kopfputze und tragen sie gleich Per-
lenschnuren am Halse und an den Armen. Das Ge-
winnst, mit dem sich die Steckmuschel an den
Felsen fest spinnt, wird von ihnen anstatt der Seide
gebraucht. Eine Muschel dient dem Kinde zur Wiege.
Die Männer verfertigen ihre Waffen aus Muscheln;
die Spitze ihrer Lanzen ist ein geschliffenes Schalen-
stück von einer Schnecke oder Muschel. Ihre Kriegs-
trompete ist die Trompetenschnecke; eine Muschel
mit Saiten bespannt ist ihre Leyer. Aus Muscheln
werden ihre Angelhaken verfertigt; eine Muschel ist
die Schaufel, mit der sie ihren Acker umgraben;
mit Muschelkalk düngt man den Acker, ja die Mu-
scheln dienen ihnen zu Werkzeugen bey Erbauung
ihrer Schiffe. An Schnüren gefaßte kleine zierliche
Schnecken sind ihre Geldrollen, und kleine Muscheln
die Scheidemünze. Ja die Inseln selbst, auf denen
sie wohnen, entstanden nach und nach aus einer un-
ermeßlichen Anzahl von Korallenbauen, Schnecken -
und Muschelschalen, die in Zeit von Jahrhunderten
sich so sehr angehäuft haben."
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15
weil von den Ufern zurück, und kehrt dann wieder an
seine ihm bestimmte Gränze zurück. So hebt und senkt
sich das Meer beständig, wie die Brust eines athmen- '
den Menschen. Dieses stete Hin - und Herströmen
des Meeres heißt ^Ebbe und Fluth. Die Ebbe,
und auch die Fluth, währt allzeit 6 Stunden, so daß
innerhalb 24 Stunden zweymal Ebbe und zweymal
Fluth ist. Auch d'iese unaufhörliche Bewegung des
Meeres hindert das Faulen des Waffers.
13. Fluth und, Ebbe erleichtern überdieß das An-
landen und Abfahren der Schiffe. Viele Fische wer-
den durch die Flutl/an das Land geschwemmt und blei-
den bey der Ebbe zllrück, so daß die Menschen sie mit
leichter Mühe fangen können. Manche schöne Meer-
muscheln und Meerschnecken, die sonst im Grunde des
Meeres verborgen geblieben wären, wurden auf diese
Art zu Tage gefördert."
• 14. Die Kinder,-fragten verwundert, wozu Gott
-doch eine gar so erstaunlich große Menge Waffer er-
schaffen habe, das man, weil es so sauer ist, nicht
einmal trinken kann! Der Vater sprach: Eben dieser
große Vorrath von ffauerm Waffer dient dazu, alles
.Land hinreichend mit Quellwaffer zu versehen, das
zum Theil aus sehr ffohen Bergen entspringt, und im
Gegensatze mit dem sauern Meerwasser süßes Wasser-
genannt wird. Wie das zugehe, werde ich euch in der
Folge erklären, und ihr werdet daraus noch mehr er-
sehen, wie wunderbar weise und gütig Gott Alles ,
eingerichtet habe.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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