Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Regnet, A., Köppen, Fedor von, Barth, Hermann von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Bayern
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Lothringer. 73
iit dem Wort „Pers(ch)on" und in den beliebten Frankfurter „Würs(ch)teu".
Eigenthümlich ist der Frankfurter Mundart der Nasenlaut in den Endungen
an, än und en, sowie die scharfe, fast wie k lautende Aussprache des g im An-
fange des Wortes und der Konsonanten p, t, k mit einem Hauchlaut fast wie
p'h, t'h, ff). In der Pfalz ist die fränkische Mundart mit vielen Resten der
alemannischen vermischt. Die Kölnische Mundart steht bereits der nieder-
deutschen näher und hat manche Ausdrücke aus dem Flämischen und Hollän-
dischen aufgenommen; sie wird auf eine weiche, schalkhaft gemächliche und
etwas gezogene, singende Weise gesprochen, welche den Kölner, auch wenn er
hochdeutsch spricht, bald kenntlich macht.
Trachten aus Hessen-Darmstadt.
In der Pfälzer Mundart hat Franz von Kobell — obgleich selbst kein
geborener Pfälzer, fondern ein Bayer (geb. zu München 1803), — die an-
muthigsten Lieder gedichtet. Wir wählen darunter:
's Lob vuu Binge.
Die herrlichschst' Gegend am ganze Rhei'
Deß ist die Gegend vnn Binge,
Es wachst der allerbeschte Wei',
Der Scharlach wachst bei Binge.
Die gschickt'schte Schifflent, die mer find't,
Deß sin die Schiffer vnn Binge,
Un ficht mer in Meenz e' hübsches Kind,
Wo is es her? — Vnn Binge!
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Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Regnet, A., Köppen, Fedor von, Barth, Hermann von
Auflagennummer (WdK): 2
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Jachenau und das Jsarthal bei Länggries. 213
gebraten, dann in einem Korbe wieder zusammengestellt, an den Hörnern
vergoldet und am Kopfe mit einem Kranze von Buchs und buntfarbigen
Bändern geschmückt, ganz wie die Opfer des germanischen Heidenthums. So
trug ihn der älteste Sohn oder der Oberknecht des Hauses zur Kirche, wo er
vom Geistlichen eingeweiht wurde, und von da hinüber ins Wirthshaus, wo
der Wirth ihn mit dem Beile theilte und die Stücke an die Hirten der sechs-
unddreißig Höfe vertheilte, während der Rest den Söldnern verblieb. Auch
hier haben die Formen der christlichen Kirche zur Bewahrung der Erinnerung
an deu altgermanischen Gottesdienst dienen müssen.
Das Jachenthal führt hinab in
dasjenige der Isar und nach Läng-
gries, einem stattlichen Dorfe, hin-
ter welchem Schloß Hohenburg
mit zahllosen blinkenden Fenstern
stolz aus grünen Parkanlagen her-
vorschaut. Die Länggrieser sind
weniger sauft und vielleicht auch
weniger tugendhaft als ihre Nach-
barn in der Jachenau, dabei derber,
ja bisweilen herkulisch gebaut. Auf
ihren Flößen die Isar und Donan bis
Wien hinabschwimmend, machen sie
sich durch ihre mächtigen Gestalten
in den Straßen der österreichischen
Kaiserstadt noch mehr auffällig als
iu denen von München, und ehe noch
die Eisenschienen beide Städte ver-
banden, sah man die eisenfesten
Männer oft den weiten Weg von
Wien nach ihrer Heimat zu Fnße zu-
rücklegen, die volle Geldkatze um die
Hüften geschnallt und die scharfe Axt sammt einem mächtigen Bündel Taue über
die Schulter geworfen. Im Uebrigen verstehen sich die Länggrieser nicht minder
gut auf die Führung der Büchse als aus das Steuern des Flosses, und die
alte böse Sitte des „Haberfeldtreibens", auf die wir später zurückkommen
werden, hat sich nirgend länger erhalten als im Jsarthale bei Länggries, wo
sie noch im Jahre 1867 geübt ward.
Tegernsee und Schlicrsee; das Sankt-Lconhardsfest. Zn den lieb-
lichsten Idyllen der Bayerischen Berge gehört der Tegernsee, obgleich er nach
seiner Ausdehnung — l1/^ Stunden Länge und V2 Stuude Breite — und
seinem Flächeninhalt — 0,193 Quadratmeter — hinter den anderen Seen
des Bayerischen Hochlandes zurücksteht. Die Aumuth seiner Ufer hat diese seit
lange zum Liebliugsaufeuhalt für Viele, die in den Bergen Ruhe und Er-
holung suchen, insbesondere zu einer Sommerfrische für die Münchener gemacht.
Es ist wahr, — die Natur ist hier nicht so ernst und wild, wie am Kochel- und
Jachenauer.
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Extrahierte Personennamen: Wirth Schloß_Hohenburg
Extrahierte Ortsnamen: Wirthshaus Läng- Donan Wien Wien Kochel-
Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Regnet, A., Köppen, Fedor von, Barth, Hermann von
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Tegernsee und Schliersee; das Sankt-Leonhardsfest. 217
Vom Schlosse zieht sich das gleichnamige Dorf mit freundlichen Landhäu-
sern und wohlgepflegten Blumengärten und mit seiner heiteren, lebensfrohen
Bevölkerung in nördlicher Richtung am Ufer des Sees hin. Der Pfarrsprengel
dehnt sich um deu ganzen See. Da ist es denn ein lieblicher Anblick, wenn an
Sonn- und Feiertagen nach beendigtem Gottesdienst in der Schloßkirche zu
Tegernsee die Landleute — Männer und Frauen, Burscheu und Dirnen — in
ihren schmücken Trachten, das Gebetbuch in der Hand, die zur Heimfahrt am
Ufer bereit liegenden Kähne besteigen. Wenige Minuten später ist der ganze
See von schlanken Nachen belebt, die sich in den verschiedensten Richtungen
kreuzen. Unter fröhlichem Zuruf der darin Sitzenden gleiten die schwerbeladenen
Nachen an einander vorüber. Die langen Ruder greifen mächtig aus, deun da-
heim wartet das Mittagsmahl und während des Betens ist der Appetit gekommen.
Südlich von Tegernsee führt der Weg durch das immer enger werdende
Weißachthal, zu dessen Seiten rechts Ringspitz, Hirschberg, Hoch-
blatten und Hopssteiu, links der Wallberg, Risserkogl und Grün-
berg sich erheben, nach dem Wildbade Kreut, welches König Max Josef neu
einrichten ließ. Der Marmorbruch zur Rechten der Straße nach Kreut lieferte
manchen Block, manche Säule uach Tegernsee, München und selbst nach Wien.
Wir wenden uns von Tegernsee ostwärts über die Gindelalphöhe nach
Westenhofen zum Schliersee.
Der Schliersee prangt weniger mit kunstvollen Useranlagen und Land-
Häusern, als sein Nachbar, der Tegernsee, ist aber dessenungeachtet anmnthig
und freuudlich. Seine landschaftlichen Reize wurden erst in den zwanziger
Jahren von Münchener Malern entdeckt, übten aber seitdem alljährlich
ihre Anziehungskraft auf die Münchener aus, die auch hier ihre Sommer-
frifchen suchten. Am östlichen Ufer des Sees erheben sich auf hohem Felsen-
vorsprnng die Trümmer von Hohen-Waldeck, des alten Stammsitzes „Derer
von Waldeck", und an seinem nördlichen Gestade liegt das Dorf mit stattlicher
Kirche und hohem Spitzthurm. Der Name der austeinem Hügel dicht daneben
unter Bäumen halb versteckt gelegenen „Weinberg-Kapelle" erinnert an das
Kloster, das ehemals hier gestanden, und an den von seinen Mönchen ge-
Pflegten Wem. Uus gelüstet nicht nach dem Wein vom Schliersee, aber wir freuen
uns des lieblichen Blickes über seine wellige Fläche, seine belebten waldigen
Ufer und auf die im Süden ihn umragenden Berge, unter denen die Brecher-
spitz, die Rothwand und der Jägerkamp sich am höchsten erheben.
Verweilen wir noch am letzten Sonntag des Juli am Schliersee, so bietet
sich uns Gelegenheit, uns der berühmten Le onhards fahrt nach Fisch Hausen
am südlichen User des Sees anzuschließen. Im östlichen Vorgrund des Dorfes
steht eine hübsche Kapelle, das weite Thal beherrschend, dessen malerischen
Hintergrund der mächtige Hagenberg und die kühn ansteigende Brecherspitz
bilden. Das Kirchlein ist dem heiligen Leonhard geweiht, und zu ihm geht die
große Wallfahrt, aber nicht zu Fuße, sondern zu Wagen und zu Rosse, denn
die Thiere sollen mit erscheinen bei dem Feste ihres Schutzheiligen. Kühe und
Rinder sind droben auf der Alpe, aber das Pferd, der stolze Hausgenosse des
Menschen, schreitet mit im festlichen Zuge. Vom frühen Morgen an rasseln
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Extrahierte Personennamen: Wildbade_Kreut Max_Josef Max Leonhard
Extrahierte Ortsnamen: Burscheu Hirschberg Wien Westenhofen Hagenberg
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Fische und Fischfang in den bayerischen Gewässern. 261
Von der Familie der Lachse bewohnt die beliebte Lachsforelle (Fario
Marsilii), die ein Gewicht von 15 bis 20 Kg. erreicht, den Würm-, Walchen-,
Tegern-, Chiem- und Königssee, auch den Kochel-, Staffel- und Riegsee, und
neben ihr findet sich fast überall der Hnchen (Salmo liucho). Der vielgerühmte
Salbling (Salmo salvelinus) findet sich nur in den eigentlichen Gebirgsseen
und wiegt von 74 bis 5 Kg. Um Berchtesgaden wird der geräucherte Salb-
ling, „Schwarzreiter" genannt, von fremden Gastronomen sehr geschätzt. Im
Würm-, Ammer-, Staffel-, Kochel-, Walchen-, Eib-, Tegern- und Chiemsee
lebt der schmackhafte Renken (Coregonus Wartmanni), und im Würmsee wird
der Sandfelchen (Coregonus fera) „Bodenrenke" genannt, weil er in der
Tiefe von einigen Klaftern auf dem Grunde laicht. Beide erreichen meist nur
ein Gewicht von % Hechte und Welse finden sich in allen Hochlands-
seen, und erreicht der Wels Waller (Lilurus glanis) nicht selten die Länge
eines erwachsenen Mannes.
Fast auf allen Seen gelten bestimmte Vorschriften für den Fischfang, am
ausgedehntesten für den Würmsee. Man bedient sich dazu vorwiegend großer
Netze, aber auch der Reußen und Legangeln, letzterer namentlich für größere
Raubfische. Auf dem Würmsee sieht man außerdem noch „Fischbaizen" und
„Hechtenstangen". Die ersteren sind Bäume, welche man mit allen Aesten an
Stellen, wo der See einen lehmigen Grund hat, so in denselben befestigt, daß
nur der Gipfel über dem Wasserspiegel sichtbar ist. Unter diesen Bäumen nun
lieben es die Fische, sich zu versammeln, und werden dort ohne große Mühe
gefangen. Die „Hechtenstangen" zählen zu deu ältesten Vorrichtungen beim
Fischfang. An einer auf dem Wasser schwimmenden, ziemlich starken Stange
wird eine zu einem leichten Knäuel aufgewickelte Schuur festgebunden, die unten
in einer leicht auszulösenden Schleife endet. Die Schleife ist mit einer oder
mehreren großen Angeln versehen, an denen die Köder befestigt find und die
ziemlich weit unter das Wasser hinabreichen. Hat sich ein Hecht gefangen und
fühlt er die Wunde, so schießt er mit rasender Geschwindigkeit in die Tiefe
hinab, wohin ihm der Faden willig folgt. An den Bewegungen der Stange
erkennt man die letzten Lebensregungen des Gefangenen, der demnächst langsam
nach dem Kahn emporgezogen wird. Zuweilen werden auch zwei Stangen durch
eiue Schnur mit einander verbanden, von der die Angeln hinabhängen.
Das gewöhnliche Fahrzeug des Fischers ist der sogenannte „Einbanm".
Wie das Kauoe der Indianer aus einem ausgehöhlten Baumstamme gebildet,
weist der Einbaum auf eine uralte Kulturstufe zurück. Der Baum, der das
Holz dazu liefert, ist ausschließlich die Eiche. Alle Einbäume haben das gleiche
Maß, 6vz bis 7 m. in der Länge und etwa 1% m. in der Breite. Vorn etwas
aufgebogen und in eine stumpfe Spitze auslaufend, sind sie am hinteren Ende
rechtwinklig abgeschnitten. Trotz ihrer ziemlich starken Wände sind sie sehr leicht
und können durch eine einzige Person gelenkt werden. Der Schiffer fitzt ent-
weder dem Ziele abgekehrt und führt dann zwei Ruder, die er an sich zieht,
oder er bewegt, am hinteren Ende des Schiffes und dem Ziele zugewandt
sitzend, den Kahn mittels eines Ruders fort. Aus den Flüssen und Seen der
Bayerischen Alpen ist die erstbezeichnete Ruderweise die fast allein übliche.
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Tie Natur des Alpenvorlands.
während wir der zweiten auf den Seen der Salzburger Alpen allgemein be-
gegueu. Hier steht auch der Schiffer zuweilen im Hintertheil des Kahns und
stößt denselben mit zwei Rudern vor sich hin, wie die Gondoliere Venedigs.
In einzelnen Fällen zieht auch wol Einer das Ruder, während ein Anderer
steuert. Da der Boden der Einbänme ganz flach ist, so schlagen sie leicht um
und dürfen daher nicht überladen werden, wie dies bei Lustfahrten wol vor-
kommt. Sechs Personen sind genng. Seit die Zahl der städtischen Gäste an
den Ufern der Hochlandsseen sich vermehrt hat, bant man indessen auch Köhlte,
welche zehn und mehr Personen ohne Gefahr auszunehmen im Stande sind.
Segelbooten begegnen wir nur aus dem Starnberger See. Auch diese
sind das Eigenthum von Städtern, welche die Sommermonate am See zu-
bringen. Die meisteu sind in Hamburg gebaut..
Wir wenden uns in den nachfolgenden Bildern zu den Gestaden der beiden
bedeutendsten Seen im Vorlande der Bayerischen Alpen, des Ammersees und
des Starnberger oder Würmsees.
Der Ammersee.
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Aus Starnbergs glänzendster Zeit; der „Bucentaur". 285
beider Sizilien, und Prinzessin Mathilde — geb. 1843 — später Gemahlin
des Prinzen Ludwig, Grafen von Tram, Prinzen beider Sizilien); dort taucht
die Roseniusel zwischen den Wellen auf, deren dichte blühende Pracht ein
reizendes Landhans in pompejanischem Stile zur Hälfte verbirgt. Zur Linken
am westlichen Ufer erhebt sich das verschwiegene Schloß Berg, die Sommer-
Zuflucht König Ludwig's Ii. von Bayern, dort das Dörfchen Leoni; und jener
Stein auf der Rottmannshöhe erinnert an deu Lieblingsplatz eines be-
rühmten Münchener Landschaftsmalers. Wol lohnt es der Mühe, jede dieser
Stätten einzeln auszusuchen, und die historischen Erinnerungen, welche die
Ufer des See's wachrufen, an uns vorüberziehen zu lassen.
Aus Starnbergs glänzendster Zeit; der „Bucentaur". Von den vielen
Uferorten des See's ist Starnberg der bedeutendste. Der Ort wird von
einem alten schwerfälligen Schlosse beherrscht, das ehedem dreifache Gräben
umgaben. Von seiner alten Pracht ist keine Spur mehr zu finden. Das Schloß
ist jetzt Sitz des Landgerichts und Rentamts, und das Sommerhaus der Her-
zöge und Kurfürsten hat seine Steine zu einer Kirche hergegeben. Auch das
Geschlecht der Starnberg ist längst ausgestorben.
So glänzende Tage sah wol Starnberg nie wieder, wie diejenigen unter
dem Kurfürsten Ferdinand Maria (1651—1679) und seiner kunst- und
prachtliebeudeu Gemahlin Henriette Adelheid von Savoyen. Damals
reihten sich hier Feste an Feste, zu denen der einheimische Adel und die fremden
Gesandten geladeu wurden. Besondere Vorliebe hatte das kurfürstliche Paar
für prachtvolle Fahrten aus dem See. Ueber seine Fläche zog mit vollen Se-
geln das Abbild des venetianifchen Bueeutoro hin, — jenes Prachtschiffes,
welches der Doge betrat, wenn er den goldenen Ring in die Fluten der Adria
warf, um feine Vermählung mit dem Meere sinnbildlich anzudeuten, — ge-
nannt wie er und (1662) von venetianischen Meistern erbaut. Einhundert Fuß
lang, fünfundzwanzig breit und siebzehn hoch, war er geräumig genug, den
Hof mit seinem Gesolge aufzunehmen. Er hatte drei Verdecke für den Hof, die
Musiker und die Ruderer. Bilder und Statuen schmückten die Schiffswände
innen und außen und hoben sich von dem blau und rothen, reich vergoldeten
Grunde ab. Vergoldet waren auch die Reiheu der zierlich geschuitzten Ruder,
die von 150 Schiffsleuten bewegt wurden. Gleich über dem Wasserspiegel
führten Meergötter ihren Reigen; die Statuen Neptuu's und Miuerveus zier-
teu das Vorder- und das Hintertheil des Schiffes. Gedrehte Säulen und
Fischleiber umgaben in zierlichem Geländer das Deck. Unter demselben cm-
pfing bei ungünstigem Wetter ein reich dekorirter Saal von 15 in. Länge und
9 Fuß Höhe die Gäste; daneben lag ein Vorgemach mit zwei Kabiueteu. Vor-
dem Eiugauge sprudelte eiu künstlicher Brunnen. Erschien der Bueentaur auf
dem See, so war er allezeit von einer Menge anderer Schiffe und Barken um-
geben, von Galeeren und Gondeln, Kammer- und Schlummerschisfeu, von dem
Kellerschiffe, drei Küchenschiffen und verschiedenen Kähnen. Die ganze Lust-
slotille faßte gegen zweitausend Personen.
Die Feste begannen mit einer Hirschjagd, wobei die Hirsche von den User-
höhen in den See getrieben und oft während des Sprunges vom Schiffe aus
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Extrahierte Personennamen: Mathilde_— Ludwig Ludwig Leoni Ferdinand_Maria_( Ferdinand Maria Henriette_Adelheid_von_Savoyen
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Possenhofen und Tutzing. — Künstlerfest auf der Rottmannshöhe. 289
kühlen Schatten geweilt, in die heitere, wunderbar schöne Landschaft hinaus-
geblickt hatte, ihre Stimmungen ans sich wirken gelassen und sich des blauen
Himmels und der herabziehenden Wolken gefreut, die er abwechselnd über seine
Bilder spannte: zu diesem Platze, den seit seinem Todesjahre ein einfaches
Denkmal schmückt, Wallfahrteten die deutschen Künstler in Begleitung ihrer
Münchener Gäste.
Roseninsel im Starnberger See.
Am frühen Morgen führte ein langer Wagenzng etwa tausend Gäste nach
dem lieblichen Starnberg. Kein Wölkchen trübte den Himmel, dessen tiefes
Blau au den nahen Süden mahnte. Was an Schiffen, Kähnen und Barken au
dem weiten See aufzutreiben, war zusammengeholt worden und lag dem Bahn-
hose gegenüber am Ufer. Unter den Klängen zweier trefflicher Mnfikchöre ging
die Einschiffung von Statten, und langsam setzte sich die Flottille in Bewegung.
Wir folgen auszugsweise der lebendigen und anziehenden Schilderung des
bekannten Novellisten Friedrich Hackländer, welcher von seiner lieblichen, mit
der württembergischen Fahne geschmückten „Villa Haidhaus", uahe bei Leoni
am Ufer des See's, wol felbst die Flotte heranschwimmen sah und später unter
die fröhlichen Scharen sich mischte.
„Es mochten wol zwanzig verschiedene Fahrzeuge fem", — so erzählt Hack-
länder in seinem Roman „Der Tannhäuser" (Stuttgart 1860), — „alle von
kräftigen Schiffern gerudert, eines von dem anderen in gewissen Entfernungen
Deutsches Land und Volk. I. -iq
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Hackländer Friedrich Leoni
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Künstlerfest auf der Rottmaunshöhe. 291
„Das ist der Tag des Herrn,
Der Himmel nah und fern,
Er ist so klar und feierlich,
So ganz, als wollt' er öffnen sich,
Das ist der Tag des Herrn."
„Bei Leoni, das am Fuße reizender Uferhöhen im Waldesgrün fast der-
steckt liegt, näherten sich die goldenen Schiffe unter den feierlichen Klängen des
Walhallaliedes dem Ufer, legten sich an die Landungsbrücken, und die lustige
Künstlerschar, die heiteren Gäste, schöne Frauen und Mädchen, Alles durch-
einander, hoch überflattert vou den bunten Fahnen und Wimpeln, die voran-
getragen wurden, in der prächtigsten Farbenmischung, betraten das Land und
bewegten sich von da in einem langen, feierlichen Zuge zur Waldeshöhe hinauf.
Lange noch sah man sie vom Ufer aus durch deu grünen Wald hinaufziehen;
lauge noch bemerkte man die leuchtenden und flatternden Fahnen, die hellen
Gewänder; lange noch hörte man die Klänge der Musik, lustiges Plaudern
und Lachen.
„Und wie war droben Alles zu ihrem Empfang eingerichtet! Wie fchim-
merte dort unter dem Baumdickicht hervor das weißliche Holz der Buden, der
langen Tische und Bänke, die auf dem Moosteppiche aufgeschlagen waren; wie
flatterten auch hier von den Bäumen, sowie von aufgerichteten hohen Stangen,
Fahnen aller Farben; wie sinnreich war aus eiuer Lichtung, die mit Riesen-
stämmen umgeben war, der Tanzplatz errichtet, wo sich die Jugend in lustigem
Reigen drehen sollte. Er war eingefaßt mit aufgestecktentaseln, auf denen sinnige
Sprüche standen, sowie mit den verschiedenen Künstlerwappen, welche bald hier,
bald da an den Bäumen augebracht waren und mit ihren brillanten Farben so
hell und angenehm von dem grünlichen Grau der alten Stämme abstachen.
„Und welch ein lustiges Lebeu zog wie ein frischer Luftzug über die un-
vergleichliche Rottmannshöhe! Wie wurde geplaudert und gelacht, gejubelt und
gesungen, getauzt und gesprungen! Wie freudig erklang das Klappern der
zinnernen Krugdeckel nach einem Toast, der hier und da ausgebracht wurde!
Wie hörte man ein fröhliches Lied aus dem Dickicht erschallen, um plötzlich
wieder überstimmt zu werden durch einen vollen Chorus oder zerrissen durch
die plötzlich einsetzende Tanzmusik. Da sauden sich Bekannte zu Bekannten, die
vielleicht zusammen nach Müucheu gekommen, sich dann in dem Strudel des
gewaltigen Lebens verloren und heute erst wiedersahen; da traf man ans
Freunde, die man hundert Meilen entfernt glaubte, und tauschte einen herz-
lichen Händedruck, ein lustiges «Grüß Gott!» mit Genossen früherer Zeiten,
die man Jahre lang nicht gesehen und die uns nach diesem Zusammenstoß auch
jetzt wieder auf ihrer eigenthümlichen Bahn auf Jahre verschwinden werden....
„Dort sehe ich lustige Gesichter, die mich schon von Weitem mit hoch er-
hobenen Händen freundlich grüßten. — Auch Du hier? — Versteht sich, wie
Du siehst. — Und dieser und jener? — Auch, den findest Du dort vorn an der
Rednerbühne. — Ein Arm schiebt sich in den nnsrigen, und wir ziehen nach
dem schönsten Platze der Rottmannshöhe, wo am Abhänge, am Rande der
dichten Baumkronen, da, wo auch des großeu Landschafters Denkmal steht, die
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Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Regnet, A., Köppen, Fedor von, Barth, Hermann von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Bayern
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
74 Sprache, Stämme und Mundarten.
Ke Loch is nf der ganze' Welt
So berühmt wie deß vun Binge,
Ke Thorn so keck ins Wasser g'stellt,
Wie der im Rhei' bei Binge.
Die Maus' dum Bischof Hatto, sich!
Sin g'schwnmme bis noch Binge;
Ke G'schicht war je so serchterlich,
Wie selli dort bei Binge.
Un die heilig Hildegard, die war
Halt ach drheem in Binge
Und war Aebtissin dort sogar,
Deß Alles war in Binge.
Es is e' Wahn Herrlichkeit
Deß liebe kleene Binge,
Mei' Vater un Mutter un' all' mei' Leui',
Ja, mir sin all vun Binge!
Wir haben bereits die Mainlinie überschritten, welche vor Kurzem noch
als die politische Grenze zwischen Nord- und Süddeutschland angesehen wurde;
aber so wie ein Stamm an beiden Usern des Flnsses wohnt, so ist es auch ein
Volk von den Alpen bis zum Belt.
Im Donaugebiet zwischen Lech und Leitha bis zu den Alpen treffen wir
den kernhaften Stamm der Bayern oder Bojnvaren, handfest und muskel-
stark, warmblütig und gntmüthig. Ein alter Geograph, Franck, nennt sie „ein
gut Römisch, andächtig Volk, das gern wallet und eher zu Nacht in die Kirche
ginge, als dranßen bliebe", — aber er fügt hinzu, daß sie „nit seer ein höflich
volck, sondern grober sitten und sprach" seien. Mit Letzterem meint er wol ins-
besondere die Hochlandsbayern, die Nachkommen der alten Heruler und Rugier,
die einst den Römern das Gesetz diktirten. Im bayrischen Hochlande ist das
Reich des frohen, ungebundenen Treibens, der zügellosen Lust des Alpeulebens.
Hier ist der klassische Boden für alle die Erzählungen und Sagen, welche
das Volksthnm in den Bergen in unzählbaren Variationen behandeln, mit
seinen Licht- und Schattenseiten. Die natnrsrische Kehle, welche den Jauchzer
hinansschmettert in die weite Alpenwelt, am traulichen Herdfeuer Schnadahüpfl
erklingen läßt, weiß sicherlich auch den verhaßten Nebenbuhler, den Angehörigen
einer Familien- oder Dorfsippe, mit welcher von Eltern und Großeltern ver-
erbte Feindschaft besteht, mit einem Trntzliedchen zu begrüßen, das Blut
fordert; — die Hand, welche gewandt der Zither ihre hellen Töne entlockt,
führt auch den Schlagring mit furchtbarer Wucht; der stattliche blauäugige
Bursche, welcher mit Alpenkraxe oder Holzaxt dem Touristen begegnet und
dessen Blicke mit freudigem Wohlgefallen auf sich lenkt, hat wol irgendwo in
der Nähe die Büchse versteckt, und trifft ihn einmal aus verborgenem Pfade der
Jäger, dann mag's wol des Einen oder des Anderen Leben gelten. Die Bayern
haben sich mit Frakturschrist in die deutsche Geschichte eingeschrieben. Bayern
ist nicht das Land für Philosophen und Träumer, wol aber für gewaltige
Volkshelden, wie der fromme Schweppermann, der tapfere Reiterdegen
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Extrahierte Personennamen: Hatto Hildegard Franck Schweppermann
Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Regnet, A., Köppen, Fedor von, Barth, Hermann von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Bayern
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Kochel- und der Walchensee mit dem Herzogstande. 203
Seen der Paßhöhe gegen den Ferchenbach, an den dröhnenden Thalklammen
der Partenach vorüber ins Hintere Rainthal, wo der Wetterschrofen als stahl-
blanker Kegel, das Platt mit seinen Felsen und Krummholzgürteln, der
Schneefernerkopf mit seinem Eistalare vor ihm auftauchen. Steile Bergpfade
leiten ihn vom Abschlüsse des Partenachthales hinauf zu den Steinhügeln des
Platt und durch die Scharte „Am Gatterl" nach dem Tiroler Dorf Ehrwald
hinunter oder an den Fuß der Brunnthalköpfe zur Knorrhütte, welche
ein Alpenfreund den Befteigern der Zugspitze zum Obdache hier erbaute und
welche durch die Sektion München des Deutscheu Alpenvereins kürzlich re-
staurirt und zu einem mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten Aufenthalt ein-
gerichtet wnrde. Durch die Schuttwüste des Weißthals, über deu Gletscher
mit seinen gedehnten Firnterrassen, über die Geröllhänge und durch die
steile Rinne des „Kamin" geht es empor zum Grat, der jäh abstürzend den
Ausblick ins flache Land, über die Ammergauer und Planseer Vorgebirge er-
öffnet und an dessen Fuße im duftigen Blau der Eibsee schillert.
Nirgends kommt die gewaltige Masse des Wetterstein vollständiger zur
Geltung als an den Ufern dieses tiefen und klaren See's, wo die zerklüfteten
Schrofen des Waxenstein, die Riffel- und Zugwände den Rahmen des Land-
schastbildes abgeben, auf ihrem Scheitel Zinne an Zinne, Gipfel an Gipfel
sich drängt, aus ihreu Schluchten die Geröllströme sich hervorgießen und tiefe
Buchten ins dunkle Grün der Wald- und Krummholzzone schneiden. Wer die
ganze wundersame Schönheit des Anblicks genießen will, der lasse sich am
Spätabende von den lustigen Fischermädchen auf eine der kleinen Inseln, die
als abgerundete Knppen aus dem Wasserspiegel emportauchen, etwa auf die
Ludwigsinsel, hinüberrudern, wenn die riesigen Kalkwände von der Sonne
purpurroth erleuchtet werden und ihre Gluttöne sammt dem Schwarz der
Wälder sich im See wiederspiegeln. Eine arme Fischerfamilie hat ihre mehr
malerische als reinliche Hütte am östlichen User des See's, und ihre Mitglieder
sind dessen einzige Anwohner. Der See ist ihr Eigenthum; sie brachten ihn
im Jahre 1803 für einhundert Gulden vom Staate käuflich an sich. Zwischen
den Steintrümmern am Ufer suchen magere Ziegen ihr karges Futter. Nahen
Fremde, so kommen halbnackte Kinder aus der Hütte und bieten Alpenrosen
zum Kauf an oder schießen ein Pistol ab, um durch dessen Krachen das sieben-
fache Echo an der nahen Wand der Thörlen zu wecken, das wie lange fort-
rollender Donner in den Schluchten des Zugspitz-Labyrinthes verhallt.
Der Kochel- und der Walchensee mit dem Hcrzogstande. Zwei Wege
führen von Partenkirchen nach dem Flachlande; der eine durch das Loi-
sachthal, welches bei Eschenlohe, vier Stunden thalabwärts, sich verengt
und dann auf das öde Murnauer Moos und in die Hügelgegend des Alpenvor-
landes sich öffnet, — der andere über dashochplateau amsüdostfuße deresteru-
berge in das Jsarthal und weiterhin nach dem Kochel- und Walchensee.
Der Kochelsee, welcher in einer Höhe von 596 in. über dem Meere liegt,
etwa eine halbe Stunde breit, in seiner größten Länge über eine Stunde
lang ist und 80 m. in der Tiefe mißt, gewährt das Bild eines stillen, tiefen
Bergsees. Ansehnliche Bergwände baueu sich au seinem Südufer auf, während
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TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]