266
49. Elisabeth Charlotte.
In dem Zimmer des Museums im Otto-Heinrich-Bau, in dem wir Liselottes Bild gefunden, hängt an einem Pfeiler, abgesondert, als sollte es mit keinem andern in Berührung kommen, das Porträt eines Mannes mit einem Banditengesicht; das ist der Graf Melac, der Mann vom 2. Mürz 1689; Held kann man nicht sagen, denn Gott weiß es, das, was er an dem Tage getan hat, war kein Heldenstück.
Im September 1688 hatte Ludwig Xiv. sein Manifest erlassen:
„Daß weil der römische Kaiser mit verschiedenen Teutschen und „anderen Höfen heimliche Abrede und Anschläge gemacht, seine siegreiche „Waffen nach einem nun bald zu schließenden Frieden mit den Türken an „den Rhein und gegen Frankreich zu wenden, der König in Frankreich „sich gernüßiget sähe, sich aller der Orte am Rhein und Neckar zu versichern, „woraus ihm Schaden entstehen könne, bis der Madame von Orleans wegen „ihrer Erbschaft die Guüge an Geld, der ihr angestorbenen Väter- und „Brüderlicher Allodial-Güter und Fahrnuß geschehen rc. 2c. 2c."
Am 27. September wurde dieses Manifest übergeben, schon vorher aber, am 15. September, waren Bouflers und La Breteche mit dem französischen Heer vor Kaiserslautern erschienen, hatten die ganze Pfalz weggenommen, auch Speyer, Oppenheim, Worms und Mainz. Der Dauphin kam hinterdrein und nahm Philippsburg und am 24. Oktober kapitulierte Heidelberg vor dem Marschall Durras. In der von dem Dauphin ratifizierten Kapitnlationsurknnde hieß es: „Daß alle Mobilien im Schlosse unangetastet beibehalten, nichts am Schlosse veräußert, daß au allen Gebäuden in und vor der Stadt nichts veräußert, die Bürgerschaft mit Plünderung, Brandfchatznng oder anderer Beschädigung verschonet bleibe."
Kommandant von Heidelberg wurde der Geueral Gras Melac.
Am 14. Februar 1689 — o der sausenden Geschwindigkeit — wurde darauf zu Regensburg das Reichsgutachten abgefaßt:
„Daß die allen Glauben vergessende Cron Frankreich wegen der vielen friedbrüchigen Tätlichkeiten und Eingriffe in die Teutschen Lande, Rechte u. a. m. als ein Reichsfeind zu erklären und alle Reichsglieder gegen dieselbe mit zu gehen verbunden sein sollen."
Darauf, wie der alte Meister Gottfried in seiner „fortgesetzten historischen Chronik" berichtet, „zog der Graf Melac, als er von der Annäherung der Reichstruppen gehört, mit einiger Reuterey von Heidelberg ans, steckte Rohrbach, Laimen, Nußloch, Wiesloch, Kirchheim, Bruchhausen, Eppelheim, Neckar-Hansen, Neuen heim und Handfchnchsheim in Brand." Und als es nun kein Halten mehr in Heidelberg gab, beschloß er in einer Weise Abschied von der Stadt zu nehmen, daß seines „Daseins Spur" für immer sichtbar bleiben sollte. Schon feit einigen Tagen hatte man französische Minierer beschäftigt gesehen in Mauern und Türme des Schlosses Bohrlöcher zu treiben und sie mit Pulver zu laden. Am 2. März 1689, frühmorgens um 5 Uhr, stand
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth_Charlotte Mürz Ludwig_Xiv Ludwig Marschall_Durras Gottfried Graf_Melac Reuterey_von_Heidelberg Rohrbach Kirchheim
Extrahierte Ortsnamen: Otto-Heinrich-Bau Graf_Melac Rhein Frankreich Frankreich Rhein La_Breteche Speyer Oppenheim Worms Mainz Philippsburg Heidelberg Heidelberg Frankreich Wiesloch Bruchhausen Eppelheim Heidelberg
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Extrahierte Personennamen: Surabaja
Extrahierte Ortsnamen: Australien Sumatra Borneo Niederländisch-Jndien Timor Amerika Manila China Japan Zentralasiens China
Nordafrika. 39
bis schwarzer'.Hautfarbe, sind in die Gebirge und Urwälder zurückgedrängt und waren früher das Ziel der Sklavenjagden. Sie treiben meist Rinderzucht. Ihre Erziehung zu einer regelmäßigen und lohnenden Arbeit ist das Hauptziel der Kolonisation. — Garten- und Haübau erfordern feste Wohnsitze und haben im Sudan unter Einwirkung des Islam eine Art Halbkultur erzeugt *).
Staatliche Einteilung. Im West- und Mittelsudan hat Frankreich, im Ostsudan England die Vorherrschaft — An der Atlantischen Küste liegt die französische Kolonie Senegambien am Senegal und Gambia, die große Mengen üott Erdnüssen liefert. — Hauptort des französischen Sudan ist die Wüstenstadt T i m b u 11 u am Oberlauf des Niger, der Mittelpunkt zahlreicher Karawanenstraßen. — Den Engländern gehören das Reich der A s ch a n t i und Nigeria. Nigeria erzeugt reichliche Mengen von Kakao. Hauptort ist Lagos, der bedeutendste Platz der ganzen Guineaküste. Zwischen dem "englischen Reich der Aschanti und dem französischen Dähome liegt die deutsche Kolonie Togo. An der Küste von Oberguinea die Negerrepublik Liberia.
Der Ost- oder ägyptische Sudan. Den Mittelpunkt des Ostsudan bildet C h a r t u m am Zusammenflusse des Weißen und Blauen Nil.
Die Neger (s. Abb. S. 38).
Wie Amerika so ist auch Afrika eine gewisse Einheitlichkeit der Bevölkerung eigen. Auch dem dunklen Erdteil fehlen wie der Neuen Welt scharf trennende Grenzmarken. Trotz der Wüste bilden Neger seit uralten Zeiten einen Bestandteil der nordafrikanischen Küstenbevölkerung; schwarze Soldaten zogen mit Haunibal über die Pyrenäen und die Alpen gegen Rom. Die bemerkenswerteste körperliche Eigenschaft der Neger ist ihre dunkle Hautfarbe. Sie ist vorwiegend ein Dunkelbraun, ganz schwarze Völker gibt es überhaupt nicht. Handteller und Fußsohlen bleiben heller. Die Hautfarbe der Neugebornen ist fast so hell wie bei Europäern; erst nach einigen Wochen werden sie „vollkommene" Neger. Die Haare sind wollig und verfilzt, die Lippen wulstig, Gesichtsund Gebißteile stark entwickelt, die Stirne fällt zurück. Die Mus kulatur der Neger ist schwächer als die der normal entwickelten Europäer. Ihrer Größe nach gehören sie zu den höher gewachsenen Menschen, ja in Ruanda zwischen dem Viktoria- und Tanganjika-See gibt es wohl die größten Menschen auf der Erde; Graf Götzen traf dort Riesen von 2 m bis 2,20 m. Nur im äußersten Süden wohnt eine hellbraune bis gelbliche kleine Abart der Neger, die Buschmänner und Hottentotten, wahrscheinlich Reste der Urbevölkerung wie die Zwergstämme Jnnerafrikas. Im Norden der Sahara bis zur Mittelmeerküste sind mehr Mischvölker als reine Neger, so die Ägypter und die Berber oder Kabylen in den Atlasländern. An Arbeitstüchtigkeit erweisen sich die Neger den Indianern weit überlegen, wie ihre Tätigkeit in Amerika, wo über 8 Millionen großenteils als Arbeiter leben, und ihre Inanspruchnahme als Träger, Soldaten und Bergleute in Afrika lehrt. Der Neger läßt sich zu geregelter Arbeit erziehen, wenn auch diese große Ausgabe geraume Zeit erfordert. Die Lebenskraft der Neger muß ungeheuer groß fein, denn trotz der Verluste durch den Sklavenhandel und eingeschleppte Krankheiten ist keine Entvölkerung des Erdteils wahrnehmbar. Die geistige Begabung des Negers ist nicht gering; gerühmt werden sein Nachahmungstalent und seine Gelehrigkeit. Geschmack und Schön-
/) Der Gartenbau der Neger erstreckt sich auf Bananen, süße Kartoffeln, $)am§ und Maniok (diese letzteren ebenfalls Knollengewächse wie die Kartoffel), Bohnen und Erdnüsse; der Hackbau auf Mais und Durra, diese das wichtigste afrikanische Getreide. Alle Garten- und Feldarbeit obliegt den Frauen, die Männer sind Krieger oder Viehzüchter und treiben Jagdsport.
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Extrahierte Personennamen: Lagos
Extrahierte Ortsnamen: Nordafrika Frankreich Ostsudan_England Atlantischen Senegal Gambia Niger Nigeria Nigeria Aschanti Togo Oberguinea Negerrepublik_Liberia Amerika Afrika Rom Ruanda Viktoria- Tanganjika-See Jnnerafrikas Amerika Afrika Durra
Nordafrika. 41
und Palisanderholz. Das Binnenplateau ist zumeist Savanne, in der vereinzelt Affenbrotbäume oder Baobabs auftreten.
Die Eingeborenen, Ewe genannt, zählen zu den Sudannegern; sie sind friedliche und fleißige Ackerbauer und Viehzüchter. Togo ist daher auch die einzige deutsch-afrikanische Kolonie, die bisher von Kampf und politischen Erschütterungen verschont geblieben ist. Der Handel liegt größtenteils in den Händen von Hamburger und Bremer Firmen, die an der Küste ihren L>itz haben.
An der Küste liegt der Regierungssitz Lome; von hier führt eine Eisenbahn nach dem Marktorte A n e ch o. Am Gebirgssaume: die Gesundheitsstation M i s a -höhe; tief im Innern: Bismarckburg. An der Stelle, wo der Volta für kleinere Dampfer schiffbar wird, liegt Kete-Kratfchi, der volkreichste Ort der Kolonie, wo sich zahlreiche Karawanenwege vereinigen. Bei Banjeli, ö. von Jendi, im Norden der Kolonie finden sich reiche Eisenerzlager; ihre Verwertung ist aber erst möglich nach besserem Ausbau der Schienenwege.
Im ganzen hat Togo bis jetzt eine günstige wirtschaftliche Entwicklung genommen. Es war auch von Kriegen nie beunruhigt und hat keine Schutztruppe u nötig.
Verkehrswege in Togo.
Dank den tadellosen Straßen, die die deutsche Regierung in mustergültiger Weise planmäßig durch die ganze Kolonie hin angelegt hat, konnten wir, abgesehen von eigentlichen Gebirgsgegenden, unsere Reise größtenteils auf dem Fahrrad ausführen, was eine ungemeine Erleichterung und Kostenersparnis bedeutete.
Unsere Träger brachen morgens in aller Frühe, gewöhnlich zwischen 2 und 3 Uhr aus. Wenn der Tag zu grauen begann, schwangen wir uns aus die Räder und holten die Vorausgegangenen bald ein. Gegen 9 Uhr vormittags wurde meist die Hitze schon so stark, daß man weder fahren noch gehen konnte. Unter Bäumen, wenn es solche gab, oder im Schatten von Negerhütten pflegte sich unsere Karawane zur Mittagsrast zu sammeln und diese mußte wegen der Hitze oft bis gegen Abend ausgedehnt werden. Dann galt es noch einige Kilometer vorwärts zu bringen und ein Nachtquartier auszusuchen. Häufig trafen wir auch auf die überall längs der Karawanenftraßen zweckmäßig angelegten Rasthäuser der Regierung, die jebem Reisenden zur Verfügung stehen. Im Bezirke Sansamte-Mangu sind bereu mehrere Hunbert, hauptsächlich um den durchreisenden Hauffahänblern Unterkunft zu gewähren. An biescn Straßen haben die Beamten eigenhändig mitgearbeitet, um die Eingeborenen, die den Nutzen solcher Kunstbauten zuerst nicht einsehen wollten, zur Arbeit anzuspornen. Jetzt seufzt kein Eingeborener mehr über die Fronarbeit, die er bamals hat leisten müssen, bertrt die schönen Straßen kommen nun jedermann zugute. An den neuen Verkehrswegen liegen die Must erpslanzungende r Regie rungs-st o t i o n e n, wo Versuche mit dem Anbau tropischer Nutzpflanzen gemacht werden. Setzlinge überläßt man den (Singebornen um sie zu ähnlichen Kulturen aufzumuntern. Eifrige Pflege erfährt in diesen Stationen auch die Viehzucht! (Bilder aus den deutschen Kolonien.)
Die Nilländer.
1. Habejch oder Abessinien. Es ist ein in Stufen aufsteigendes Hochgebirgs-land, dessen Gipfel fast bis zur Höhe des Montblanc (der Ras Daschan, 4600 m) aufragen. Aus dem T a n a s e e kommt der Blaue (— dunkle, trübe) Nil, der zum Weißen Nil durchbricht. Die dunkelfarbigen Bewohner sind
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Extrahierte Personennamen: Jendi Habejch
Extrahierte Ortsnamen: Nordafrika Lome Bismarckburg Togo Togo Abessinien
Südafrika. 51
Luälaba und der afrikanischen Westküste. Diese Reise „Quer durch den dunklen Erdteil" ist eine der größten Entdeckungsfahrten aller Zeiten und nicht mit Unrecht hat man Stanley den „Kolumbus des 19. Jahrhunderts" genannt.
Am 5. November 1876 begann Stanley von Nyangwe, einem Sitze arabischer Handelsherrn, seine Ausreise, nachdem er hier den Beistand Tippn-Tipps, eines intelligenten arabischen Sklavenhändlers, gewonnen hatte. Dieser begleitete ihn 60 Marschtage lang mit einer wohlausgerüsteten und bewaffneten Karawane von 400 Köpfen gegen eine Entschädigung von 30 000 Mark. Bis Niangwe waren Cameron und Livingstone von Sansibar her gekommen. Aber wohin sich der mächtige Strom, der hier bereits 1300 m Breite und 7 m Tiefe maß, wandte, ob zum Nil oder zum Niger oder zum Kongo, diese Frage war offen geblieben. Stanley überlegte die verschiedenen Möglichkeiten der Weiterreise und kam zu dem Entschlüsse, „zum Strom selbst seine Zuflucht zu nehmen" und seinem Laufe zu folgen. Kanoes wurden gezimmert und der Vormarsch in der Weise angetreten, daß die „Lady Alice”, das zerlegbare Schiff Stanleys, und die übrige Flotte am linken Ufer dahinfuhr, während der größere Teil der Mannschaft auf dem Lande folgte. Fast überall traf man auf feindselig gesinnte Eingeborne, die beim Anblick der Karawane sich in den Urwald flüchteten, so daß die Versorgung mit Lebensmitteln oft nur durch Gewalt geschehen konnte. Überfälle der Neger, die zum Teil Menschenfresser waren, Krankheiten und Unglücksfälle und der Urwald, der sich eine kurze strecke hinter Niangwe erhob und eine unabsehbare Ausdehnung hatte, erschwerten den Vormarsch ungemein. Erdrückend heiß war die Atmosphäre und unaufhörlich tropfte der Tau auf die Reisenden. Bis an die Knie reichte der breiige Schlamm des Weges, der durch das Wirrsal der zähen Lianen erst gehauen werden mußte. Nur die furchtbare Wirkung der Feuerwaffen sicherte der Expedition den Eingebornen gegenüber die endgültige Überlegenheit Art Weihnachten 1876 kehrte Tippu-Tib mit seinen Leuten zurück und mit 149 Begleitern setzte nun Stanley die Reise fort. Noch immer nahm der Strom seinen Lauf nach Norden, Katarakt anf Katarakt folgte und schon glaubte Stanley annehmen zu dürfen, daß er sich doch aus dem Nil befinde und Liöingstone mit seiner Vermutung recht gehabt habe. Da begann sich der Fluß nach Überschreitung des Äquators uach Westen zu wenden und der 7. Katarakt, der kurz nachher angetroffen wurde, bildete deu Abschluß der Terraiustuseu. 22 Tage waren notwendig gewesen um die 7 Fälle, die der Leiter „Stanley-Fälle" nannte, zu umgehen. Während der Strom bis jetzt zwischen hohen Bergen einen raschen Lauf hatte, verlangsamte nun seine Strömung, die Ufer wurden niedriger, der Fluß seichter und breiter und viele Inseln, zumeist bewaldet, lagen in seinem Bett. Hier erfuhr Stanley von friedlich gesinnten Negern zuerst den Namen des Flusses: Kongo. Zum zweiten Male wurde der Äquator überschritten. 32 Gefechte hatte die Expedition irrt ganzen zu bestehen, bis sie endlich eine seeartige Verbreiterung des Stromes erreichte, „Stanley-Pool". Bald verriet das ferne Donnern der Gewässer, daß der Kongo eine neue Reihe von Terrainstufen M überwinden habe um das Meer zu erreichen. Teils zu Land teils zu Wasser wurde ein Teil der 32 „Livingstone-Fälle" überwunden, 131 Tage waren dazu notwendig. Immer mürrtscher wurden Stanleys Mannschaften und nahe dem Ziele drohte der Expedition in unwirtlicher Gegend und durch die feindselige Haltung der Eingebornen der Untergang durch Mangel an Nahrungsmitteln. Da beschloß Stanley, das Flußnser zu verlassen und über Land der Küste zuzueilen. Nach Boma vorausgeschickte Boten kamen noch rechtzeitig zu den erschöpften Reifenden zurück und am 9. August 1877, 999 Tage nach der Abreise öon Sansibar, erreichte Stanley Boma, öon dem aus der Telegraph alsbald die Nachricht öon der größten geographischen Entdeckung des Jahrhunderts in alle Teile der Welt trug.
3. Das Ostafrikanische Seenhochland. Es ist ein 1000—1200 m hohes ®ak°nnenplateeau aus Gneis und Granit, durchfurcht von zwei aroßen nord-sudltchen Einbruchstälern.
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Extrahierte Personennamen: Südafrika Stanley Stanley_von_Nyangwe Livingstone Stanley August Stanley_Boma
- 12 —
Schwabach, durchfließt die Stadt. Hunderte von Tierfellen werden in
demselben gewaschen; die großen Nördlinger Gerbereien erzeugen
viel und gutes Leder. — „Gewerbe und Handel sind in Nördlingen
ziemlich bedeutend. An Markttagen geht es in Nördlingen sehr leb-
hast zu. Von allen Seiten strömen Käufer und Verkäufer herbei, zu
Wagen und zu Fuß. Eier, Butter. Schmalz, Obst, Gemüse, Kartoffeln,
Getreide, Gänse, Hühner, Enten, Tauben, kurz alles, was das srucht-
bare Ries und seine fleißigen Bewohner erzeugen, wird hier au verschie-
denen Plätzen seil geboten. Mitten im Gewühle der Menschen fühlt
man, daß Nördlingen der Stapelplatz des Rieses (Erklären!),
die Hauptstadt dieser kleinen Welt ist."*)
Besonders lebhaft geht es in der Schranne zu. Die Schrämte
ist ein großes Gebäude. Mehrere große Thore, so groß wie Scheunen-
thore, führen in eine mächtige, gepflasterte Halle. Zahlreiche Fuhr-
werke fahren durch diese Thore in die Halle und ladeu ihre Fracht ab,
volle Getreidesäcke. Viele hundert Getreidesäcke lehnen an den
Wänden, hohe Getreidehaufen find auf dem Boden aufgeschüttet.
Getreidehändler, Bierbrauer, Müller und Bäcker sind in der Schranne
versammelt und kaufen den Riesbauern das Getreide ab, besonders Dinkel
und Gerste. Was ist also die Schranne? Getreidehalle, Ver-
kaufshalle für Getreide.
Öfter im Jahre werden in Nördlingen große Viehmärkte ab-
gehalten. Was von den Käufern au den Nördlinger Markttagen er-
handelt wird, kommt oft weit fort in große Städte, ja selbst in fremde
Länder. Was für eine Stadt ist demnach Nördlingen? Handelsstadt.
— Womit wird in Nördlingen Handel getrieben? Getreide, Vieh, Eier,
Butter, Schmalz, Geflügel u. f. w.
Zusammenfassung: Die Niesbauern gehen nach Nördlingen ans
den Markt. Hier werden die Erzeuguisse des Rieses verkauft. In
der Nördlinger Schranne wird viel Getreide aufgestapelt und ver-
kauft. Nördlingen ist der Stapelplatz und die Handelsstadt des
Rieses.
2. So G'fell, so!
Nördlingen war einst eine ansehnliche freie Reichsstadt.
Die altertümlichen Thore, das Rathaus und die Trümmer
der früheren Stadtmauer sind Zeugen seines Alters. Im 30jäh-
rigen Kriege ging es Nördlingen nicht viel besser als unserer Vaterstadt.
Viele Fehden hatte Nördlingen einst mit den mächtigen Grafen
von Öttingen zu bestehen, die damals fast die ganze Riesebene be-
herrschten. Gerne hätten die Öttinger Grafen die Stadt in ihren Besitz
gebracht. Doch Türme und Thore, Wall und Graben schützten die Stadt
*) Jugendlust, Jahrgang 1881.
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236
Bayern unter Maximilian I.
Fürstenthümern versorgt waren, für deren Erhaltung großes
Interesse tragen mußte. Die ersten Eröffnungen ließ er den
Gesandten der geistlichen Kurfürsten und anderer katholischer Stände
auf dem Ncichstage zu Regens bürg vom Jahre 1608 machen.
Bald darauf schickte er einen eigenen Abgeordneten an die Höfe
von Mainz, Köln und Trier, um die Sache zu betreiben.
Den Wünschen des Kurfürsten von Mainz nachgebend, welcher
nicht gerne den Anfang machen wollte, bestrebte sich Maximilian
vor Allem, die oberländischen Stände zu einer näheren Vereinigung
zu bewegen, und nach vielfachen Bemühungen wurde am Io. Juli
1609 in München der erste Bundcsvertrag von den Bevollmäch-
tigten des Herzogs von Bayern, des Erzherzogs Leopold
als Bischofs von Straßburg und Passau, dann der Bischöfe
von Würzburg, Konstanz, Augsburg und Regensburg,
des Propstes von El lw an gen und des Abtes von Kempten
unterzeichnet. Als Zweck des Bündnisses erklärte man die Erhal-
tung des katholischen Glaubens, die Abwendung besorgter Gefahren,
die Handhabung des Religionsfriedenö und anderer Reichsgesetze.
Die Verbündeten sollten einander gegen jeden Angriff vertheidigen;
zugleich wurde ein Geldvorrath gebildet und Herzog Maximilian
zum Bund es-Obersten ernannt.
Nachdem dieß geschehen, ward den drei geistlichen Kurfürsten
Nachricht ertheilt mit der Einladung, dem neuen Vereine beizu-
treten. Maximilians Vater, der alte Herzog Wilhelm, machte eine
Reise an den Rhein, angeblich um eine Brunnenkur zu gebrauchen,
in Wirklichkeit aber, um den Eifer der drei geistlichen Kurfürsten
zu beleben. Zu Mainz, wo sie sich am 23. August 1609 ver-
sammelten, erschien auch ein bayerischer Gesandter, der Jäger-
meister Lorenz von Wensin, um jede Bedenklichkeit zu besiegen,
welche die geistlichen Herren von dem Eintritte in den katholischen
Bund abhalten konnte. Die Vorstellungen, welche dieser machte,
fanden um so eher Eingang, als die gewaltthätige Behandlung,
welche sich kurz vorher der Kurfürst von der Pfalz gegen das
Hochstift Speyer erlaubt hatte, den geistlichen Fürsten die Ge-
fahr zeigte, welcher sie sich aussetzten, wenn sie ferner abgesondert
und wehrlos blieben. Am 30. August Unterzeichneten sodann die
Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier die Urkunde ihres
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Maximilian Maximilian Leopold Leopold Maximilian Maximilian Maximilians Wilhelm August Lorenz_von_Wensin August
239
Bayern unter Maximilian I.
Bran denburg, weil er mit der Tochter der ältesten, aber bereits
gestorbenen Schwester des verlebten Herzogs von Jülich verhei-
rathet war, und Pfalzgraf Ludwig Philipp von Neuburg,
weil er mit der nächstältesten, aber noch am Leben besindlicheu
Schwester desselben Herzogs vermählt war. Doch wurde die
Spannung noch beseitigt, weil der Kurfürst Johann Sigmund
von Brandenburg und der Herzog Ludwig Philipp von
Pfalz-Neuburg dem vom Kaiser ausgesprochenen Entschlüße
gegenüber, die ganze Erbschaft bis zur Ermittlung des rechtmäßigen
Erben mit Beschlag zu belegen, sich ausglichen und einstweilen
von der Jülich'schen Erbschaft gemeinsam Besitz ergriffen. Des
Letzter» Sohn, Wolf gang, trat, um des Beistandes Maximi-
lians von Bayern im Jülich'schen Erbstreite sicher zu sein, im Jahre
1612 zur katholischen Kirche zurück, heirathete am 10. November
1613 Maximilians Schwester, Magdalena, und wendete auch
seine Unterthanen wieder der alten Kirche zu. (Der Streit en-
dete definitiv erst im Jahre 1666 mit einem Vergleiche, wonach
der Brandenburger und der Pfalz-Neuburger sich in die
Länder theilten: Cleve, die Grafschaft Mark, Ravensberg
und Ravenstein kamen an Brandenburg, die Güter Jülich
und Berg fielen an Pfalz - Neu bürg.
So groß Maximilians Verdienst um die Entstehung des
katholischen Bundes war, so sah er sich doch wegen der ihm
gewordenen Stellung als Bundes-Oberster von vielen Seiten,
namentlich von den auf ihn eifersüchtigen Habsburgern, fort-
während angefeindet und das Gedeihen seines Werkes durch Hin-
dernisse aller Art gehemmt. Daher legte er 1615 sein Direkto-
rium nieder und loste 1617 die Verbindung völlig auf, schloß
aber gleichzeitig mit den kirchlichen Oberen von Bamberg,
Würzburg und Ellwangen ein geheimes Bündniß. Aber
die vielseitige Bedrängniß der Katholiken Deutschlands führte am
26. Januar 1619 zur Erneuerung des Bundes, der von da an
die „Liga" genannt und zwei Direktoren untergeordnet wurde,
dem Erzbischöfe von Mainz für den Rhein, und dem Her-
zoge Maximilan I von Bayern für die oberen Bundes-
länder; doch blieb Letzterer beim Verlaufe des inzwischen
ausgebrochcnen Krieges, der Deutschland dreißig Jahre lang
(1618— 1648) verwüstete, die Seele der katholischen Con-
söderation.
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Ludwig_Philipp_von_Neuburg Ludwig Philipp Johann_Sigmund
von_Brandenburg Johann Ludwig_Philipp_von
Pfalz-Neuburg Ludwig Philipp Maximilians Maximilians
244
Bayern unter Maximilian I.
sah, und Gott siegte." Die im Jahre 1638 errichtete
Mariensäule auf dem Schrannen- (jetzt Marien-) Platze ist
die Erfüllung seines in der Prager Schlacht für den glücklichen
Ausgang derselben gemachten Gelübdes.
Der besiegte Friedrich Y entwich von Breslau aus nach
Berlin und von da nach Holland. Er ward mit seinen An-
hängern in die Reichsacht und aller Würden und Länder ver-
lustig erklärt, Böhmen unterworfen, der Majestätsbrief vernichtet,
die Protestanten aller bürgerlichen Rechte beraubt und die pro-
testantischen Prediger nicht allein aus Böhmen, sondern auch
aus den übrigen deutsch-österreichischen Ländern vertrieben.
Die Union löste sich aus, um aller Verbindlichkeit gegen den
geächteten Kurfürsten überhoben zu sein.
Die Reich sacht ward von der Liga vollzogen, indem
Maximilians Feldherr, Tilly, in Verbindung mit spanischen
Truppen die von Ernst von Mansfeld, dem Markgrafen
Friedrich von Baden-Durlach und dem Prinzen Christian
von Braunschweig vertheidigten pfälzischen Länder des
flüchtigen Kurfürsten an der Donau und am Rhein eroberte.
Heidelberg, das sich am längsten gehalten, ward am 17. Sep-
tember 1622 erstürmt. Was voll der dortigen ausgezeichneten
Bibliothek bei der Erstürmung und Plünderung nicht zu
Grund gegangen war, erhielt Papst Gregor Xvi (1621 —
1623) znm Geschenke*). Auf dem Reichstage zu Regensburg
ertheilte Kaiser Ferdinand Ii dem Herzog Maximilian von
Bayerll am 25. Februar 1623 die Kurwürde mit dem
Erztruchsessen-Amte für seine Person auf Lebensdauer;
als Ersatz für seine Kriegskosten war ihm kürz nach der Prager-
Schlacht das österreichische Gebiet ob der Ens verpfändet
worden.
§ 93. Der dänische Krieg 1625—1629. Der Krieg
entbrannte auf's neue, als der König Christian Iv von Däne-
mark, der sich von den Ständen des von Tilly bedrohten Nie-
dersachsens zum Kreis ob ersten hatte wählen lassen, für seinen
*) Papst Pius Yii (1800—1823) hat im Jahre 1815 zurückgegeben,
was sich davon in der Vatikanischen Bibliothek noch vorfand.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Gott Friedrich_Y Friedrich Maximilians Tilly Ernst_von_Mansfeld Ernst Friedrich_von_Baden-Durlach Friedrich Christian
von_Braunschweig Gregor_Xvi Gregor Ferdinand_Ii Ferdinand Maximilian_von
Bayerll Maximilian Christian_Iv_von_Däne- Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Berlin Holland Maximilians Donau Rhein Heidelberg
336 Bayern unter Maximilian Iv Joseph.
war der Feldzug von den Oesterreichern unter Erzherzog
Karl in Deutschland, und von den Nüssen unter Suwarow
in Italien siegreich eröffnet. Um Bayern eine Achtung gebietende
Stellung zu geben, war eine Mehrung seiner Strcitkräfte um
so dringender nothwendig, weil Kaiser Paul I von Rußland
nach dem unglücklichen Treffen, welches seine Truppen unter
Korsakow gegen die Franzosen unter Massen« bei Zürich
(24. September 1799) lieferten, seine Gesinnung gegen Frank-
reich änderte und seine Truppen zurückzog. Zur Mehrung des
bayerischen Heeres mangelten aber die Mittel, und dieselben im
Lande aufzubringen, bestand keine Hoffnung. Deshalb nahm
Bayern von England Hilssgelder und rüstete mit denselben
zu dem bisherigen Heere von 14,000 Mann ein zweites von
12,000 Mann. Die Verpflegung dieser Truppen übernahm
England durch einen in Amberg (15. August 1800) abge-
schlossenen Vertrag, in welchem es auch dem Kurfürsten den
ungeschmälerten Besitz seines Gesammtgebiets gewährleistete. Die
verstärkte bayerische Armee rückte nun in Verbindung mit öster-
reichischen Truppen an den Mail: und Rhein, aber ein großes
französisches Heer unter Moreau drängte die Verbündeten bis
in's Innere von Bayern zurück. Zn gleicher Zeit war Napo-
leon Bonaparte nach seiner Rückkehr vom ägyptischen Feld-
zuge und seiner Ernennung zum ersten Cónsul der französischen
Republik mit einer ungeschwächten Armee über den großen
St.bernhard gedrungen und hatte in der Schlacht bei Marengo
(14. Juni 1800) gesiegt. Auf die Nachricht von diesem Erfolge
der französischen Waffen drang Moreau in Bayern vor, nahm
(27. Juni 1800) München und bald darauf (7. Juli 1800)
Landshut. Kurfürst Maximilian Iv hatte sich nach dem
Falle Münchens nach Amberg zurückgezogen (27. Juni 1800)
und erließ von dort aus (10. November 1800) ein Toleranz-
Edikt, welches auch den Nichtkatholiken die Niederlassung in
Bayern gestattete.
Unterdessen hatte Oesterreich, um von dem siegreich vor-
dringenden Moreau Waffenstillstand zu erhalten, den Franzosen
durch die Verträge zu Parsdorf (unweit Ebersberg) vom 15. Juli
und zu Hohenlinden (acht Stunden von München) vom 20. Septbr.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Iv_Joseph Maximilian Karl Karl Suwarow Paul_I_von_Rußland Bayern_von_England_Hilssgelder August Maximilian_Iv Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien England Amberg Rhein Marengo
( Bayern Amberg Bayern Oesterreich Ebersberg