4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
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der Schweiz, im Osten in Böhmen. Die in Südbayern gefundenen zahlreichen Flachgrüber gleicher Ausstattung gehören unzweifelhaft den Vindelikern und Norikern an, von denen wir aus den Zeugnissen der alten Schriftsteller wissen, daß sie keltischer Abkunft waren und in unserem heutigen Bayern südlich der Donau bis an den Fuß der Alpen ihre Wohnsitze hatten.
Sind wir für die vorletzte Stufe der La Teuezeit in Bayern nur auf Gräberfunde angewiesen, so kommen für die letzte Stufe nunmehr auch Wohn-stätteusuude in Betracht. An zwei Orten Südbayerns sind, soweit bekannt,
bisher solche zutage gekommen, in Manching, Bezirksamt Ingolstadt, und in Karlstein bei Reichenhall. In Manching, woselbst eine ausgedehnte Umwallung sich befindet, wurde innerhalb dieser ein großer Fund von Geräten und Schmucksachen gemacht, der unzweifelhaft auf eiue Wohnstätte deutet. Es befanden sich darunter Bestandteile von Wagenbeschlägen, Rädern, Pferde-
geschirr, Bruchstücke von Luxusgeräten, große Glasringe, Fibeln, Tierfiguren von Bronze u. a. In Karlstein stieß man auf die Wohnstätten selbst, die sich als viereckige Blockhäuser, aus Balken gezimmert, mit Türen und Fenstern, Feuerstellen und Vorplatz erwiesen. Die gefundenen vielen Eisennägel und Klammern rührten von der Befestigung und Verbindung der Balken, die Eisenblechbeschlüge von Türbändern und Schlössern her, zu denen auch die
Schlüssel von Eisen vorhanden waren. Ein reich ornamentierte viereckiges Eisengitter mag zu einer Fenster- oder Türöffnung gehört haben und fetzt
die Verwendung von Glas voraus. In der Kulturschicht der Wohnstätten kamen zutage runde Mühlsteine von Handmühlen, große Wasserknsen von Ton, Eisengeräte aller Art, darunter Sensen und Ketten, Svinnwirtel, Netzsenker von Ton, Nähnadeln von Eisen und Bronze; an Schmuck Bruchstücke von blauen Glasarmreifen mit gelber Schmelzunterlage, vergoldete Bronzeblechbeschläge von Gürteln, Fingerringe von Bronze und Eisen, eine Menge Bronzezieraten, zum Teil mit Blutemail, au Waffen lediglich Pfeilspitzen von Eisen, ferner eine Menge Tongefäßreste, auf der Drehscheibe geformt und hart gebrannt. Als besonders wichtig aber ist der Fund von Silbermünzen keltischen Gepräges und der einer ägyptischen Bronzemünze von einem der drei ersten Ptolemäer zu verzeichnen, welche den regen Handelsverkehr der Zeit bis in das entlegene Gebirgsdorf andeuten. Hier wie in Manching wurden außerdem viele Eisenschlacken gefunden, welche auf Verschmieduug von Eisen an Ort und Stelle hinweisen.
Neben diesen Wohnstättenfunden spielen jetzt auch die zahlreichen Funde von goldenen Münzen, sogenannteu Regenbogenschüsselcheu, eine wichtige Rolle. Solche Funde wurden in Südbayern bis zur Douau zahlreich gemacht, darunter zwei große Schatzsunde, von denen jeder über 1000 Stück enthielt. Eine solche Menge Münzen kann nur da zum Vorschein kommen, wo diese als Zahl- und Verkehrsmittel umlaufen und geprägt werden. Auch diese gehören den beiden letzten Jahrhuuderteu vor unserer Zeitrechnung an.
Kronseder, Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 9
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45. Der Bucintoro auf dem Starnberger See.
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und bemalten großen Rudern arbeiteten paarweise, in die bayerischen Nationalfarben gekleidet, 68 Mann, an den kleineren 32 Mann. Acht Mann waren zum Anker, der am Vorderteile des Schiffes herabhing, und zwei Mann zum Auspumpen bestimmt; somit hatten im untersten Verdecke 110 Arbeiter ihre Stelle. Überhaupt waren oft bei 500 Personen auf dem Schiffe. Dennoch erreichte dessen Senkung unter den Wasserspiegel niemals ganz die Tiefe von drei Schuh und es blieb daher immer gefährlich, bei heftigem Wind zu fahren oder sich der Segel zu bedienen.
Es begreift sich, daß bei so reicher Ausschmückung der Bucintoro einerseits als ein Wunderwerk gepriesen wurde, anderseits aber auch die Herstellungskosten desselben nicht geringe gewesen sind. Sie mögen sich auf die Summe von etwa 20000 Gulden belaufen haben.
Wenn der Bucintoro „in See stach", war er immer von einer Anzahl anderer Schiffe umgeben, welche zum Teil nach der äußereu Farbe benannt waren und zusammen mit dem prächtigen Bucintoro, angefüllt mit einer heiteren, festlich gekleideten Menge, einen überaus malerischen, entzückenden Anblick gewährt haben müssen.
Die Geschichte des Bucintoro auf dem Starnberger See ist wesentlich eine Geschichte der Festlichkeiten, die mit demselben und auf demselben gefeiert wurden, sei es daß fremde Gäste zum Besuche des bayerischen Hofes kamen, wie z. B. 1671 der Erzbischof Maximilian Gandolf von Salzburg, oder aus besonderen Anlässen, wie im Jahre 1722 gelegentlich der Vermählung des Kurprinzen Karl Albrecht mit der österreichischen Kaisertochter Maria Amalia. Eine der häufigsten und beliebtesten Festivitäten war eine Hirsch-Seejcigd, wie eine solche aus einem Gemälde im neuen Nationalmuseum zu München zu sehen ist. Man jagte den Hirsch durch eine Waldeslücke an den Ufern in den See, ihm nach stürzten unzählige Jagdhunde; alle Fahrzeuge eilten dem schwimmenden Hirsch nach, umzingelten das geängstigt? Tier, dessen Leben endlich ein Stoß mit einer gewichtigen Partisane inmitten des Sees endigte.
Kurfürst Marl Albrecht war der letzte Herrscher Bayerns, der sich aus dem Bucintoro vergnügte. Im Jahre 1741 oder 1745 mußte das Pracht-schiff ans Land gebracht werden, weil es schadhaft geworden war und der Ausbesserung bedurfte. Da aber die Kosten hierfür nicht unerhebliche gewesen wären, nahm man von einer solchen Abstand. In den Jahren 1753 und 1757 wurde der Gedanke einer völligen Wiederherstellung oder Neuerrichtung de* Bucintoro mehrmals erwogen, aber schließlich ebenfalls wegen der Hohe der hierzu nötigen Summe ausgegeben, vielmehr (12. Januar 1758) beschlossen den Bucintoro ganz abzubrechen, was dann auch alsbald ausgeführt wurde. Von dem ganzen Prachtbau ist heutigentags nichts mehr vorhanden als die oben ermähnte fetatue der Pallas, welche das bayerische Nationalmuseum 1862 als Geschenk erhielt, und ein paar Laternen, die sich im Privatbesitze befinden.
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Gandolf Maximilian Karl_Albrecht Karl Albrecht Maria_Amalia Maria Kurfürst_Marl_Albrecht Albrecht
266
49. Elisabeth Charlotte.
In dem Zimmer des Museums im Otto-Heinrich-Bau, in dem wir Liselottes Bild gefunden, hängt an einem Pfeiler, abgesondert, als sollte es mit keinem andern in Berührung kommen, das Porträt eines Mannes mit einem Banditengesicht; das ist der Graf Melac, der Mann vom 2. Mürz 1689; Held kann man nicht sagen, denn Gott weiß es, das, was er an dem Tage getan hat, war kein Heldenstück.
Im September 1688 hatte Ludwig Xiv. sein Manifest erlassen:
„Daß weil der römische Kaiser mit verschiedenen Teutschen und „anderen Höfen heimliche Abrede und Anschläge gemacht, seine siegreiche „Waffen nach einem nun bald zu schließenden Frieden mit den Türken an „den Rhein und gegen Frankreich zu wenden, der König in Frankreich „sich gernüßiget sähe, sich aller der Orte am Rhein und Neckar zu versichern, „woraus ihm Schaden entstehen könne, bis der Madame von Orleans wegen „ihrer Erbschaft die Guüge an Geld, der ihr angestorbenen Väter- und „Brüderlicher Allodial-Güter und Fahrnuß geschehen rc. 2c. 2c."
Am 27. September wurde dieses Manifest übergeben, schon vorher aber, am 15. September, waren Bouflers und La Breteche mit dem französischen Heer vor Kaiserslautern erschienen, hatten die ganze Pfalz weggenommen, auch Speyer, Oppenheim, Worms und Mainz. Der Dauphin kam hinterdrein und nahm Philippsburg und am 24. Oktober kapitulierte Heidelberg vor dem Marschall Durras. In der von dem Dauphin ratifizierten Kapitnlationsurknnde hieß es: „Daß alle Mobilien im Schlosse unangetastet beibehalten, nichts am Schlosse veräußert, daß au allen Gebäuden in und vor der Stadt nichts veräußert, die Bürgerschaft mit Plünderung, Brandfchatznng oder anderer Beschädigung verschonet bleibe."
Kommandant von Heidelberg wurde der Geueral Gras Melac.
Am 14. Februar 1689 — o der sausenden Geschwindigkeit — wurde darauf zu Regensburg das Reichsgutachten abgefaßt:
„Daß die allen Glauben vergessende Cron Frankreich wegen der vielen friedbrüchigen Tätlichkeiten und Eingriffe in die Teutschen Lande, Rechte u. a. m. als ein Reichsfeind zu erklären und alle Reichsglieder gegen dieselbe mit zu gehen verbunden sein sollen."
Darauf, wie der alte Meister Gottfried in seiner „fortgesetzten historischen Chronik" berichtet, „zog der Graf Melac, als er von der Annäherung der Reichstruppen gehört, mit einiger Reuterey von Heidelberg ans, steckte Rohrbach, Laimen, Nußloch, Wiesloch, Kirchheim, Bruchhausen, Eppelheim, Neckar-Hansen, Neuen heim und Handfchnchsheim in Brand." Und als es nun kein Halten mehr in Heidelberg gab, beschloß er in einer Weise Abschied von der Stadt zu nehmen, daß seines „Daseins Spur" für immer sichtbar bleiben sollte. Schon feit einigen Tagen hatte man französische Minierer beschäftigt gesehen in Mauern und Türme des Schlosses Bohrlöcher zu treiben und sie mit Pulver zu laden. Am 2. März 1689, frühmorgens um 5 Uhr, stand
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Extrahierte Ortsnamen: Otto-Heinrich-Bau Graf_Melac Rhein Frankreich Frankreich Rhein La_Breteche Speyer Oppenheim Worms Mainz Philippsburg Heidelberg Heidelberg Frankreich Wiesloch Bruchhausen Eppelheim Heidelberg
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Extrahierte Ortsnamen: Bayerns München Frankreichs Englands Hollands Spanien Indien Englands Hollands Frankreich Frankreich Frankreich Reichsstädte_Ulm Memmingen
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116. Die ersten Siege.
die wilde Jagd eilten die Reiter der Stadt zu und ohne Aufenthalt durch. An den Stationen warfen gesunde Fußsoldaten die Verwundeten aus den Bahnwagen und setzten sich selbst hinein. Als der Zug davonsauste, waren alle Wagen überfüllt; auf den Wagendächern hingen sie, an den Türgriffen, auf den Trittbrettern, mit halbem Leibe in der Luft, einige in voller Rüstung, andere halb nackt. Auf der Straße kam nun Fuhrwerk aller Art, Protzen ohne Geschütze, Kanzleikarren, Ambulanzwagen, aber mit Gesunden bepackt. Jetzt sauste und polterte ein zerbrochener Muuitiouskarren einher, dann ein Bauernwagen mit Bettzeug und allerlei Habseligkeiten — ohne ihre Besitzer. Ein Zuave leitete die Pferde, zwei gräßlich verstümmelte Tnrkos lagen auf dem Wagen quer über, ein Haufe unbewaffneter Soldaten klammerte sich außerdem noch oben an. Dann kamen verschiedene Marketenderwagen.
Die Reiterei sämtlicher deutscher Divisionen übernahm sofort die Verfolgung und setzte sie 6 Meilen weit bis Zabern fort. Wie überstürzt die Eile war, womit die Franzosen die Flucht antraten, geht schon daraus hervor, daß Marschall Mac Mahnn selbst seinen Stabswagen, der die Papiere seines Bureaus und seine Briefschaften enthielt, zurückließ. Außerdem wurde die Kriegskasse, bestehend in 360000 Francs, erbeutet sowie zahlreiches wertvolles Troßgepäck. Auch die Bevölkerung der ganzen Umgegend flüchtete in blinder Flucht karawanenartig dem Wasgenwalde zu.
Der Verlust der Frauzosen betrug an Toten und Verwundeten 5000 Mann, an Gefangenen 8000 Mann, darunter 2500 Verwundete. Vonseiten der Deutschen war der Sieg mit einem Verlust von 489 Offizieren, 10 153 Mann an Toten und Verwundeten erkauft. Und doch erschien beim Anblick der eroberten Stellungen diese schreckliche Zahl fast gering! Nachdem die Franzosen die Vormittagsstunden hindurch auch zahlenmäßig die Oberhand gehabt hatten, waren schließlich den 60000 Franzosen in ihrer fast uneinnehmbaren Stellung 90000 Deutsche als Angreifende gegenübergestanden.
Ein trauriges Bild der Zerstörung bot Wörth. Die Häuser der Hauptstraßen waren alle verwüstet, Fenster und Türen zerschlagen und zerschossen.
Langsam brach der Abend über die wechselnden, oft herzzerreißenden Bilder herein. Aber je schwerer der Kampf, um so herrlicher der Sieg. Und diesen hatten die Deutschen in erhebendster Weise gewonnen. Selten wurden Schlachten mit einer solchen idealen Hingebung, mit solcher überschäumenden und alles durchdringenden natürlichen Begeisterung geschlagen wie die Anfangsschlachten dieses Krieges bei Weißenburg und Wörth. Der Gedanke „Vaterland!" und das Bewußtsein dieses vor der rücksichtslosen Mißhandlung eines haßerfüllten geschworenen Feindes zu retten, retten zu müssen beseelte die Brust jedes einzelnen Kämpfers mit feurigem Mute und triumphierte mächtig über alle Gefahren, Anstrengungen, Nöten und Leiden des Kampfes. Ja auch alle Schrecknisse des Todes besiegte das durchmannende Gefühl dieser hohen Aufgabe. Ein wahrhaft homerischer Geist von ursprünglichem Kampfeszorn
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103. Eine Fußreise mit König Max Ii.
demnächst Berchtesgaden zu erreichen und uns dort gründlich zu erholen und auszuruhen.
König Max konnte die Stubenluft nicht ertragen; in der schwülen Atmosphäre des höfischen Repräsentationslebens fühlte er sich leidend; auf der Jagd, aus der Reise hingegen kehrten ihm Frische und Kraft zurück. Wer ihn darum bloß in seiner Residenz sah, der ahnte jene schwache Konstitution, welche leider so frühen Tod herbeiführte; wer ihn hingegen bloß draußen in den Bergen beobachtete, der würde dem rüstigen Weidmann noch ein langes Leben prophezeit haben. —
Der König wußte guten Bescheid in feinem Laude und ganz besonders war er mit den Örtlichkeiten und Volkszuständen des Hochgebirgs vertraut. Da „kannte er sich aus", wie die Bayern sagen. Unterwegs wollte er aber nicht bloß ans den Büchern und Akten, die wir mitführten, sich noch immer genauer über die Gegend unterrichten: er wollte auch aus dem Munde des Volkes lernen. Und manche Kenntnis, die er so gewann, führte rasch zur fördernden Tat. „Ich muß studieren um zu regieren" war sein oft wiederholter Wahlfpruch. —
Wir waren zum Höllental an der Zugspitze hinaufgestiegen. Dort spannte sich ein Steg, aus alten mächtigen Stammen gefügt, wie sie jetzt nicht mehr auf diesen Höhen wachsen, über die wohl 50 Fuß breite und mehrere 100 Fuß tiefe Felsenschlucht. Allein die altert Balken waren vermorscht und eine Warnungstafel verbot das Beschreiten des baufälligen Steges bei Strafe. „Königliches Landgericht Werdenfels" stand mit großen Buchstaben unter dem Verbot. Der König hatte das gelesen; trotzdem gelüstete es ihn in hohem Grade über oder wenigstens auf den Steg zu gehen; denn der Blick von dort in die Tiefe mußte grauenhaft schön fein und überdies lagen unten die Trümmer einer Lawine, welche wir vom diesseitigen Rande des Abgrundes nicht erblicken konnten.
Nun hatte einer der Führer das Wort fallen lassen, man könnte sich wohl bis zur Mitte des Steges wagen, wenn einer hinter dem anderen gehe und jeder sich genau auf dem linken Balken halte. Da waren denn alle unsere Gegenreden vergebens, daß der König sich nicht nutzlos so großer Gefahr aussetzen möge; er wollte durchaus die Lawine sehen und bestand um so mehr darauf, als er ärgerlich war über eine andere Lawine, die, nach Aussage der Jäger, tags vorher weiter oben niedergegangen sein sollte und unseren Plan vereitelt hatte den Gipfel der Zugspitze zu besteigen.
Als aber alles Zureden und Bitten nichts half, deutete einer von uns auf die landgerichtliche Tafel und sprach: „In Ew. Majestät Namen ist dieses Verbot erlassen, die Strafe in Ihrem Namen angedroht; Sie dürfen Ihr eigenes Gesetz nicht mißachten! Betreten wir den Steg, so bricht höchstens der Balken; betreten Sie ihn, so bricht Ihr eigener Rechtsboden unter Ew. Majestät Füßen, auch wenn der Balken hält."
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Extrahierte Personennamen: Max_Ii Max Max Weidmann
126. Eine gefährliche Eisenbahnfahrt.
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Die wenigen in dem zurückgelassenen Bahnzuge befindlichen bayerischen Kranken, Berwundeten und Rekonvaleszenten, welche noch marschfähig waren, schlossen sich an und mit tiefer Betrübnis den Bahnzug im Stiche lassend kehrten die Angehörigen der Feldeifenbahn-Abteilnng als die Letzten der Stadt Orleans den Rücken. Zögernd marschierten die Bayern rückwärts, aber noch war die Hoffnung nicht erloschen, daß die rettende Lokomotive sich nahe. Erst als der Bahnhof allmählich außer Sicht kam, schwand alle Hoffnung den zurückgelassenen Zug zu bergen. So erreichte die kleine Schar Les Anbrais, den wenige Kilometer von Orleans gelegenen großen Rangierbahnhof und hier, wo alles noch in tiefer Ruhe und kein Mensch zu sehen war, machten die Bayern nochmals Halt, sich fast die Augen nach ihrer Retterin ausschauend. Da — plötzlich — lieblicher hat kaum je eine Musik lauschenden Ohren geklungen — der Pfiff einer Lokomotive; das konnte nur der „von der Tann" sein und mit Jubelruf empfangen dampfte cutch schon die Maschine heran. Allerlei kleine Unfälle, Roftverschlacknng, Wasseraufnahme u. a. m. hatten sie aufgehalten.
Nun aber war guter Rat teuer. Sollte man nochmals in die Löwenhöhle zurück, wo vermutlich der bayerische Zug schon gestürmt und demoliert und das Schicksal der Gefangenschaft, wenn nicht Ärgeres, den Umkehrenden sicher war? Befehlen konnte man das nicht; so rief der Ingenieur: Freiwillige vor, und im Augenblicke saßen und standen etwa 20 der wackeren Geniesoldaten, alle mit den gefürchteten Chassepots wohlbewaffnet, auf dem Tender, während Ebermayer mit dem Bahnmeister die Maschine bestiegen hatte; und vorwärts ging es wieder nach Orleans, was die Maschine laufen konnte.
Da stand noch der verlassene Zug, unangetastet, wenn anch wild umtobt von dem andrängenden Volke. Einzelne deutsche Soldaten, welche erst nach dem Abmarsch der Bayern sich noch ans der Stadt an den Bahnhof gerettet, hatten mit ihren Waffen die andrängende Menge immer noch im Schach gehalten. Im Nn war die Maschine an den Zug angekuppelt, alles schien gewonnen, da — meldet der Zugführer ganz phlegmatisch, daß die Maschine fein Wasser mehr habe! Man muß wissen, was eine Lokomotive ohne Wasser ist, eine unbehilfliche, tote Masse, um den ganzen Schrecken der Leute zu ermessen. Und die Wasservorrichtungen im Bahnhof unheilbar zerstört! Hatte man doch auch schon tags vorher und desselben Tages früh die Maschine nur mittels Schlauches und einer von der Stadt requirierten Feuerspritze mit Wasser versehen können! Aber die Spritze mußte noch an einem benachbarten Weiher stehen und richtig, sie zeigte sich unberührt, und als, wie auf einem lecken Schiffe, das Kommando ertönte: „Alle Mann an die Pumpe!", da wurde die Pumpe mit einem Feuereifer bedient, wie vielleicht vorher selten bei der größten Feuersbrunft. Es vergingen peinliche Minuten, bis endlich das Wasser am ersten Probierhahnen sprang. Nun genug! Schon will der Führer Dampf geben, doch Halt! Man mußte auch sorgen, daß, wenn unter-
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35. Augsburger Studien.
burger Fabriken belästigte, ward der Schaden trotz der bei den meisten großen Werken befindlichen Dampfmaschinen sofort auf enorme Summen berechnet und die Leute liefen in echt deutscher Art zum Magistrat und schrien nach Wasser wie der Hirsch im Psalter.
Alle, auch die neuesten Augsburger Fabrikanlagen beschränken sich auf das Mündungsdreieck von Lech, Wertach, Singold und Brunnenbach. Obgleich jetzt keine politische Schranke mehr wehren würde, Fabriken auf dem kaum einen Büchsenschuß entfernten altbayerischen Boden anzulegen, blieb man doch auf dem alten Augsburgischen Gebiete, weil es allein der höchsten Gunst des Wasserlaufes teilhaftig ist. So sprechen die vier Flußgötter am Augustus-brunnen in der Tat auch für unsere Zeit eine tiefe Wahrheit aus: die Wahrheit, daß Augsburg die natürlichste und notwendigste Stadt aus weit und breit für alle Epochen sei.
Der Lech hat die Eigenart, daß er, kanalisiert, in und vor den Stadtmauern Augsburgs dem fleißigen Gewerbsmann willig feine Dienste bietet; draußen aber im natürlichen Bett als reißender Hochgebirgsstrom unbändig die Brücken abwirft, die Ufer fcheidet und verheert. Den Bauer schädigt er, den Bürger macht er reich; nach außen wehrt er den Zugang znr Stadt, im Innern öffnet er dem Fleiße des Bürgers tausend Wege, ein Wehrstrom nach außen, ein Nährstrom nach innen. Man kann sagen, auf der ganzen weiten Strecke von Landsberg bis zur Mündung ist kein Punkt, wo der Lech dem Menschen freundlich gesinnt wäre, außer bei Augsburg. Dies ist wiederum ein natürliches Privilegium der natürlichen und gewordenen Stadt, wertvoller vielleicht als alle die vielen kaiserlichen Privilegien, womit sie in alten Tagen so reich begnadet wurde. Darum besaß der Lech für Augsburg niemals eine Handelsbedeutung, aber oft eine ftrategifche und immer eine gewerbliche.
Nicht einmal die früher öfters versuchte freie Holztriftung, die sich auf der Isar bis aus diesen Tag erhalten hat, vermochte auf dem Lech zu bestehen. Doch kann man noch immer in einer für Handwerksburschen und Volksuatur-forfcher recht empfehlenswerten Weise per Lechfloß in 10 bis 14 Tagen von Augsburg direkt nach Wien fahren. Ein folches kleines Lechfloß ist das einzige Handelsfahrzeug der Augsburger zu Wasser. Um so tiefer mag man den Hnt ziehen vor jenen alten Augsburgischen Kaufleuten, die im 16. Jahrhundert Schiffe nach Ostindien rüsteten und dieses Geschäft glorreich zu Ende führten mit 175 Prozent Gewinn.
Als vor hundert Jahren Macht und Reichtum der Stadt unaufhaltsam zerrann, schob man diesen Unstern auf die geographische Lage, die eben keine rechte Handelslage mehr sei. Denn Städte und Völker wie der einzelne suchen die Ursache ihres Mißgeschickes immer lieber außer sich als in sich. Allein die Handelsbedeutung Augsburgs war immer nur hervorgewachsen aus der gewerblichen. Der Beweis steht auf der Landkarte geschrieben. Auch in den Geschichtsbüchern. Erst als das Angsburgifche Gewerbe im 14. Jahrhundert
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Extrahierte Ortsnamen: Wertach Augsburgs Augsburg Wien Ostindien Augsburgs
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72. Die Isar als Verkehrsstraße einst und jetzt.
wöchentlich zweimal nach München (Montags und Freitags). Auch den Verkehr nach den unteren Jsarstädten und Wien besorgten während des ganzen 18. Jahrhunderts zwei Ordinaristchren. Später freilich wurde diese Floß-verbindnng auf eine einmalige Fuhr in der Woche beschränkt, die allerdings nicht selten mit mehreren aneinandergefügten oder, wie das Volk sagt, aneinandergestrickten Fahrzengen ausgeführt wurde. Auf eine landläufige Benutzung dieser Ordiuariflöße nach dem altbayerischen Unterlande und Österreich darf auch daraus geschlossen werden, daß die Floßmeister in den Kalendern die Zeiten der Abfahrt und die feststehenden Fahrpreise öffentlich bekanntgaben. Die Wegfahrt nach Wien geschah am Montag und zwar im Sommer um 1 Uhr, im Frühling und Herbst um 12 Uhr mittags, im Winter aber, wenn überhaupt gefahren werden konnte, schon um 10 oder 11 Uhr. Nach Landshut ging allwöchentlich außerdem zwischen April und Oktober ein Floß Donnerstag morgens ab. Genügten jedoch diese auf bestimmte Tage festgesetzten Fahrten nicht, so konnten für Personen und Güter jederzeit noch weitere Flöße bestellt werden. Die im Verhältnis zum Landweg ausnehmend niedrigen Fahrpreise betrugen von München bis Landshut 30 Kreuzer, bis Plattliug 1 Gulden 6 Kr., Passau 1 Gulden 30 Kr., Linz 2 Gulden, Wien 3 Guldeu. Für das Reisegepäck war keine Fracht zu entrichten. Diejenigen Reisenden, welche die auf dem Floß ausgestellte, zur rauheren Jahreszeit geheizte Hütte benutzen wollten, hatten doppelten Fahrpreis zu entrichten. Für Kaufmannsgüter und andere Waren mußten bis Wien 3 Gulden für den Zentner bezahlt werden.
Wenn bei sonnenhellem, lindem Wetter das Ordinarifloß sachte über die Wellen der Isar glitt, mag es auf ihm gar fröhlich zugegangen sein. Alt und jung, Künstler und Gelehrte, Kaufleute und Vergnügungsreifende vertrauten sich demselben an und verkehrten zwanglos untereinander. Auf dem Ordinarifloß gelangt z. B. auch der junge Franz Lachner voll Hoffnungen und Plänen von München nach Wien und kein Geringerer als sein Freund Moritz v. Schwind hat diese billige und kurzweilige Fahrt des Meisters der Töne in „die Znknnft" humoristisch in seiner „Lachnerrolle" x) verherrlicht.
Das Wahrzeichen des alten Floßverkehrs in München war das Wirtshaus zum „grünen Baum". Wer des bewegten und zugleich heiter-behäbigen Lebens gedenken möchte, welches so lange Jahre in und vor diesem geherrscht hat, der beschaue das beigefügte Bild. Maler Stephans hat es zur Zeit der gesegneten Regierung Max Iii. Joseph entworfen, Meister Jungwirth deu Stich ausgeführt. Es liegt ein Schimmer des Sonnenglanzes dieser Friedenszeit über dem Ganzen. Hart im Vordergrund ruht ein mit Faßgut beladeues, zur Abfahrt bereites Kaufmannsfloß samt Schntzhütte. Im Hintergrund aber
*) „Franz Lachner", eine biographische Skizze zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag verfaßt, S. 40 ss. Leipzig 1903, Breitkopf & Härtel und Altbayerische Monatsschrift Iv. 2 u. 3.
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