236
Bayern unter Maximilian I.
Fürstenthümern versorgt waren, für deren Erhaltung großes
Interesse tragen mußte. Die ersten Eröffnungen ließ er den
Gesandten der geistlichen Kurfürsten und anderer katholischer Stände
auf dem Ncichstage zu Regens bürg vom Jahre 1608 machen.
Bald darauf schickte er einen eigenen Abgeordneten an die Höfe
von Mainz, Köln und Trier, um die Sache zu betreiben.
Den Wünschen des Kurfürsten von Mainz nachgebend, welcher
nicht gerne den Anfang machen wollte, bestrebte sich Maximilian
vor Allem, die oberländischen Stände zu einer näheren Vereinigung
zu bewegen, und nach vielfachen Bemühungen wurde am Io. Juli
1609 in München der erste Bundcsvertrag von den Bevollmäch-
tigten des Herzogs von Bayern, des Erzherzogs Leopold
als Bischofs von Straßburg und Passau, dann der Bischöfe
von Würzburg, Konstanz, Augsburg und Regensburg,
des Propstes von El lw an gen und des Abtes von Kempten
unterzeichnet. Als Zweck des Bündnisses erklärte man die Erhal-
tung des katholischen Glaubens, die Abwendung besorgter Gefahren,
die Handhabung des Religionsfriedenö und anderer Reichsgesetze.
Die Verbündeten sollten einander gegen jeden Angriff vertheidigen;
zugleich wurde ein Geldvorrath gebildet und Herzog Maximilian
zum Bund es-Obersten ernannt.
Nachdem dieß geschehen, ward den drei geistlichen Kurfürsten
Nachricht ertheilt mit der Einladung, dem neuen Vereine beizu-
treten. Maximilians Vater, der alte Herzog Wilhelm, machte eine
Reise an den Rhein, angeblich um eine Brunnenkur zu gebrauchen,
in Wirklichkeit aber, um den Eifer der drei geistlichen Kurfürsten
zu beleben. Zu Mainz, wo sie sich am 23. August 1609 ver-
sammelten, erschien auch ein bayerischer Gesandter, der Jäger-
meister Lorenz von Wensin, um jede Bedenklichkeit zu besiegen,
welche die geistlichen Herren von dem Eintritte in den katholischen
Bund abhalten konnte. Die Vorstellungen, welche dieser machte,
fanden um so eher Eingang, als die gewaltthätige Behandlung,
welche sich kurz vorher der Kurfürst von der Pfalz gegen das
Hochstift Speyer erlaubt hatte, den geistlichen Fürsten die Ge-
fahr zeigte, welcher sie sich aussetzten, wenn sie ferner abgesondert
und wehrlos blieben. Am 30. August Unterzeichneten sodann die
Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier die Urkunde ihres
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Maximilian Maximilian Leopold Leopold Maximilian Maximilian Maximilians Wilhelm August Lorenz_von_Wensin August
336 Bayern unter Maximilian Iv Joseph.
war der Feldzug von den Oesterreichern unter Erzherzog
Karl in Deutschland, und von den Nüssen unter Suwarow
in Italien siegreich eröffnet. Um Bayern eine Achtung gebietende
Stellung zu geben, war eine Mehrung seiner Strcitkräfte um
so dringender nothwendig, weil Kaiser Paul I von Rußland
nach dem unglücklichen Treffen, welches seine Truppen unter
Korsakow gegen die Franzosen unter Massen« bei Zürich
(24. September 1799) lieferten, seine Gesinnung gegen Frank-
reich änderte und seine Truppen zurückzog. Zur Mehrung des
bayerischen Heeres mangelten aber die Mittel, und dieselben im
Lande aufzubringen, bestand keine Hoffnung. Deshalb nahm
Bayern von England Hilssgelder und rüstete mit denselben
zu dem bisherigen Heere von 14,000 Mann ein zweites von
12,000 Mann. Die Verpflegung dieser Truppen übernahm
England durch einen in Amberg (15. August 1800) abge-
schlossenen Vertrag, in welchem es auch dem Kurfürsten den
ungeschmälerten Besitz seines Gesammtgebiets gewährleistete. Die
verstärkte bayerische Armee rückte nun in Verbindung mit öster-
reichischen Truppen an den Mail: und Rhein, aber ein großes
französisches Heer unter Moreau drängte die Verbündeten bis
in's Innere von Bayern zurück. Zn gleicher Zeit war Napo-
leon Bonaparte nach seiner Rückkehr vom ägyptischen Feld-
zuge und seiner Ernennung zum ersten Cónsul der französischen
Republik mit einer ungeschwächten Armee über den großen
St.bernhard gedrungen und hatte in der Schlacht bei Marengo
(14. Juni 1800) gesiegt. Auf die Nachricht von diesem Erfolge
der französischen Waffen drang Moreau in Bayern vor, nahm
(27. Juni 1800) München und bald darauf (7. Juli 1800)
Landshut. Kurfürst Maximilian Iv hatte sich nach dem
Falle Münchens nach Amberg zurückgezogen (27. Juni 1800)
und erließ von dort aus (10. November 1800) ein Toleranz-
Edikt, welches auch den Nichtkatholiken die Niederlassung in
Bayern gestattete.
Unterdessen hatte Oesterreich, um von dem siegreich vor-
dringenden Moreau Waffenstillstand zu erhalten, den Franzosen
durch die Verträge zu Parsdorf (unweit Ebersberg) vom 15. Juli
und zu Hohenlinden (acht Stunden von München) vom 20. Septbr.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Iv_Joseph Maximilian Karl Karl Suwarow Paul_I_von_Rußland Bayern_von_England_Hilssgelder August Maximilian_Iv Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien England Amberg Rhein Marengo
( Bayern Amberg Bayern Oesterreich Ebersberg
338
Bayern unter Maximilian Iv Joseph.
war, daß Oesterreich so hochgehende Forderungen stelle, ohne die
Zustimmung Frankreichs für sich zu haben, so warb der bayerische
Kursürst um die Freundschaft und Hilfe des Kaisers Alexander
von Rußland, des Sohnes und Nachfolgers Paul I. Oester-
reichs Gelüsten fand am Petersburger Hofe allgemeine Mißbillig-
ung, und bald darauf (18. August 1802) ließ Rußland und
Frankreich im Einverständniße mit dem deutschen Kaiser dem
Reichstage zu Re g eus bürg einen durch den französischen
Minister Talleyrand und den russischen Kanzler Kurakin
bearbeiteten Plan über die Entschädigung der deutschen Fürsten
für ihre Verluste am linken Rheinufer und über die künftige
Gestaltung Deutschlands vorlegen, der einem Ausschüße von acht
Reichsstanden, Reichs députation genannt, zur Prüfung und
Berichterstattung überwiesen wurde. Rach vielen Unterhandlungen
erschien (am 23. November 1802) das Endresultat der Ausschuß-
Berathungen in einem Hauptentschädigungsplan, dessen Inhalt
der deutsche Reichstag am 25. Februar 1803 unter dem
Namen des Neichsdeputations-Hauptschlusses (aus 89
Paragraphen bestehend) annahm.
Der Kurfürst von Psalzbayern, welcher unter alleu
Reichsständen durch den Luneviller Frieden am meisten, nämlich
alle pfälzischen Besitzungen jenseits und diesseits des Rheins mit
Ausnahme des Herzogthums Berg verloren hatte, erhielt dafür
als Ersatz:
a) die Hochftister Würzburg, Bamberg, Augsburg (doch nicht
die Reichsstadt), Freysing, einen Theil von Eichstädt und
Passau nebst den mittelbaren Klöstern innerhalb dieser Gebiete;
b) die 13 Reichsabteien: Kempten, Ebrach, Elchingen, Irrste,
Kaisheim, Ottobeuren, Roggenburg, Söflingen, St. Ulrich
und Afra (im Hochstiste Augsburg), Ursberg, Wettenhausen,
Wengen (in Ulm) und Waldsassen. Kurfürstliches Bcsitz-
ergreifungspatent vorn 26. November 1802;
e) die 15 Reichsstädte: Bopsingeu, Buchhorn, Dinkelsbühl,
Kausbeuren, Kempten, Leutkirch (mit Heide), Memmingen,
biet bis an den Lech vorzurücken, und würden zur Folge gehabt
haben, Bayern ganz aus der Zahl der Mächte zu vertilgen."
Ob diese Anschuldigung begründet gewesen, steht dahin; Oesterreich stellte der
französischen Note die Behauptung entgegen, „daß es nur ein Vorrücken
bis an die Isar mit Ausnahme Münchens beabsichtigt habe."
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Iv_Joseph Maximilian Alexander
von_Rußland Alexander August Ulrich Buchhorn
130
wieder einsetzen und sich mit dem Kaiser und Reich zur
Unterdrückung der Sakra m en tirer und Wie der tau-
fe r vereinigen. Die Protestanten nahmen aber diesen Reichs-
tagsabschied nicht an.
Bei der feindlichen Gesinnung wurde nunmehr ein Ver-
theidigungsbündmß der Protestanten dringend nothwendig,
und deshalb wurde eine Zusammenkunft zu Schmalkalden
gehalten, und da diese sich nicht vereinigen konnte, eine
zweite zusammen berufen, auf der denn endlich am 27sten
Februar 1531 von 7 Fürsten, 2 Grafen und ii Städten
auf 6 Jahre ein Bündniß geschloffen, gegen jeden, der die
protestantische Lehre angreifen würde. Später, im Decem-
der, wurden Kurfürst Johann und Landgraf Philipp
zu Häuptern dieses Bundes gewählt und wegen der Rü-
stungen die nöthigen Bestimmungen getroffen. Inmittelst
bedurfte der Kaiser des Beistandes der Reichsstände gegen
die Türken, auch wünschte er seinen Bruder Ferdinand
als römischen König von den Protestanten anerkannt zu
sehen, daher unterhandelte er mit ihnen den ersten soge-
nannten Religio ns frieden, der am 23sten Juli 1532
zu Nürnberg geschlossen wurde. Der einzige Gewinn,
den die Protestanten von diesem Frieden hatten, war eine
Ruhe vor den Angriffen der Katholiken, von denen sie ohne-
hin nichts zu fürchten gehabt hätten, wenn sie unter sich
einig gewesen wären; dagegen hatten sie die Anhänger der
Schweizerischen Lehrform von diesem Frieden ausschlic-
sien und dadurch sich eines kräftigen Beistands berauben
lassen. Wegen dieses Friedens erhob sich ein heftiger Streit
zwischen dem Landgrafen Philipp und dem Kurprinzen
Johann Friedrich, der durch ihre beiderseitigen Rathe
dahin geschlichtet wurde, daß dieses Friedens von beiden
Theilen keine Erwähnung gegen einander geschehen sollte.
Bald darauf am löten August 1532 starb Kurfürst
Johann, der seiner Anhänglichkeit wegen an der Kirchen-
verbesserung, den Beinamen des Beständigen erhalten
hat. Er war ein frommer, wohlgesinnter, rechtschaffener
Fürst, von dem Luther/agte: „mit ihm sei die Redlich-
keit, so wie mit seinem Bruder Friedrich die Weisheit
zu Grabe gegangen; beide in einer Person vereinigt hätten
ein Wunder von Menschen geben müssen. Seine Haupt-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Johann Philipp Ferdinand Philipp Philipp Johann_Friedrich Johann Friedrich August Kurfürst
Johann Johann Friedrich Friedrich
154
mals Keinem recht war; doch hatte nun der Kurfürst schein-
bar des Kaisers Willen erfüllt und auf die Einführung
drang er nicht mit Strenge. Er wußte den schlauen und
argwöhnischen Kaiser so listig zu täuschen, das derselbe ihm
nicht nur gewogen blieb, sondern ihn sogar zum Feldherrn
des Neichsheeres ernannte, welches die gegen die Stadt
Magdeburg ausgesprochene Neichsacht vollziehen sollte.
Es wurde deshalb nicht nur ein bedeutendes Heer unter sei-
nen Befehl gestellt, sondern er erhielt auch aus derneichs-
kaffe zur Ausrüstung 100,000 Goldgulden und zur Unter-
haltung des Heeres monatlich 60,000. Der Kaiser ver-
traute, dem Kurfürsten Moritz diese Unternehmung beson-
ders darum, weil er diese Stadt, die der stärkste Stütz-
punkt der Reformation war, unter jedem Beding zu über-
wältigen und zu züchtigen wünschte, welches aber nur durch
einen so einsichtsvollen und tapfern Feldherrn geschehen
konnte, als Moritz es war, denn die Stadt war unge-
mein befestigt und die Bevölkerung zahlreich und kriegerisch.
Mit einem Heere von 18,000 Mann, welches aber nach
und nach bis auf 25,000 Mann verstärkt wurde, begann
Moritz am 29. November 1550 die Belagerung von
Magdeburg, die er auf eine schlaue Weise in die Länge
zu ziehen wußte, und während welcher er insgeheim Bünd-
nisse mit dem jungen Landgrafen von Hessen, Wilhelm,
mit Johann Al brecht von Mecklenburg, mit Al-
brecht von Brandenburg - Kulmbach, endlich auch
zu Friedewalde am 15. Oktober 1551 mit König Hein-
rich Ii. von Frankreich zu Stande brachte. Dem letz-
tem gestand ec leider die Eroberung der zum deutschen
Reiche gehörigen Städte Cambray, Metz, Toul und
Verdun mit ihren Gebieten zu, wodurch zuerst den Fran-
zosen der Eingang zum deutschen Reiche geöffnet und
der Anlaß zu jahrhundert langen Kriegen gegeben wurde.
Der Kaiser hatte untecdeß mit Ungeduld auf die Eroberung
von Magdeburg geharrt, und Moritz, der überdem
von Kundschaftern umgeben war, durfte nun nicht länger
zögern. Er war aber schon längst mit der Stadt im ge-
heimen Einverständnisse und bewilligte ihr in der Kapitu-
lation vom 9. November 1551 einen so billigen Vergleich,
dass die kaiserliche Partei höchst unzufrieden darüber war.
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Moritz Moritz Moritz Wilhelm Johann_Al_brecht_von_Mecklenburg Johann Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburg Magdeburg Hessen Brandenburg Kulmbach Frankreich Magdeburg
Sechstes Buch.
Vom Prager Frieden bis zum Tode
Friedrich August'sll. 1763.
Zweiunddreißigstes Capitel.
Die Begebenheiten vom Frieden zu Prag bis
zu Georg 1. Ende 1656.
^)er Friede zu Prag erregte einen allgemeinen Unwillen
der Protestanten gegen Johann Georg I. und ihm
wurde der Vorwurf gemacht, daß er seines eignen Vortheils
wegen die Sache seiner Glaubensgenossen verrathen hab^e.
Das war nun zwar seine Absicht nicht gewesen, allein wahr bleibt
es, daß er durch diesen Frieden den Protestanten so
viel geschadet, als nur immer ein offenbarer Feind hätte
thun können. Wie groß und gerecht die Beschwerden der
Protestanten gegen den Kurfürsten auch waren, so lie-
ßen sich doch beinahe alle protestantischen Reichsstände
des ober - und niedersächsischen Kreises bewegen,
dem Frieden beizutreten, da sie von ihren zu Grunde ge-
richteten Ländern die schweren Drangsale des Kriegs ab-
wenden wollten. Hätte sich Johann Georg bei dem
Friedensschlüsse beruhigt und nur allein durch Unterhand-
lungen den Abzug der Schweden aus Deutschland
bewirken wollen, so würde er wohl die Neutralität haben
behaupten, und von dem Kurstaate den Krieg fern halten
können, allein er ließ sich durch seine Abneigung gegen
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_August'sll Friedrich Georg Johann_Georg_I. Johann Johann_Georg Johann
190
nachdem der Kaiser am 24. Februar 1645 bei Jankowitz
in Mähren aufs Haupt geschlagen, Stadt und Schloß
Meißen von Königsmark erobert worden, Hoe am 4.
März gestorben war, und Dänemark mit Schweden am
13. August den Frieden zu Brömsebrod geschlossen hatte,
da ließ sich der Kurfürst durch seinen Bruder, seine Söhne
und seine jammernden Unterthanen erbitten, am 27. August
zu Kötzschenbroda einen Waffenstillstand auf 6 Monate
mit den Schweden abzuschließen, und dieser siel denn nun
hart genug aus, denn die Schweden hatten ja alle Ge-
walt, allein das gequälte Land erhielt doch einige Ruhe
endlich. - Der Kurfürst erhielt das Recht, 3 Regimenter
beim kaiserlichen Heere zu lassen und erlaubte keiner Partei
Werbungen in seinem Lande. Den Schweden zahlte er
monatlich 11,000 Thlr., lieferte ihnen einige Lebensmittel und
gestattete ihnen freien Durchzug durch sein Land. Querfurt
und Leipzig behielten die Schweden besetzt, in Torgau
erhielten sie die Mitbesetzung. Trotz den großen Verheißun-
gen des Kaisers, wenn der Kurfürst wieder am Kampfe
Theil nehmen würde, wurde der Waffenstillstand doch bis
zum allgemeinen Frieden verlängert, denn bei vielem guten
Willen dazu, fehlten dem Kurfürsten doch alle Mittel, den
Krieg als Bundesgenosse Oestreich's länger fortzusetzen.
Bei den Friedensverhandlungen zu Münster und
Osnabrück wurde es recht offenbar, wie sehr der
Kurfürst sich und seinem Hause durch seine Anhänglichkeit
an O eftreich geschadet hatte, und wie wenig der Kaiser
gesonnen sei, ihm die schweren Opfer zu vergelten, die er
dem Kaiserhause gebracht. Die kursächsischen Gesand-
ten, die Hofräthe Pistoris und La über, hatten Mühe,
zu den Verhandlungen zugelassen zu werden und die pro-
testantischen Reichsstände zeigten ihnen ihr Mißtrauen
und ihre Abneigung unverholen. Wie tief war Kursach-
sen gesunken, welches sonst immer im Reichsrathe die^ wich-
tigste Stimme geführt, dessen Freundschaft sonst die mächtig-
sten Könige so eifrig gesucht hatten. Wo war das Ver-
trauen geblieben, welches einst die Reichsstände in Kur-
sachsen, als auf den Vorkämpfer und eifrigsten Vertheidi-
ger ihrer Rechte setzten! Statt der Wortführer der pro-
testantischen Partei war Kursachsen ihr Widersacher,
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: August August Hofräthe_Pistoris
191
und deshalb von seinen Glaubensgenossen gehaßt, von den
Katholiken wenigstens nicht geachtet. Aber das konnte
bei dem Benehmen Johann Georgs nicht anders seyn,
denn er hing mit einer ganz unbegreiflichen Starrmüthigkeit
an dem Kaiser, und opferte ihm ohne Bedenken das Beste
seines Hauses, seines Landes und seiner Glaubensgenossen
auf. Er war es, welcher bei-den Friedensverhandlungen,
den Reformirten das Reichsbürgerrecht nicht zugestehen
wollte, obgleich dadurch die Protestanten ihre stärkste
Stütze verloren haben würden, da die Fürsten von Bran-
denburg, Hessen - Kassel und Pfalz sich zur re-
formirten Lehre bekannten. Er stimmte dafür, daß der
katholische Maximilian vombaiern, die dem Pfalz-
grafen entrissene Kurwürde erhielt, und so den Protestan-
ten eine Kurstimme verloren ging; als endlich, Schweden
und die deutschen Protestanten darauf drangen, daß
der protestantische Religionszustand in den östreichi»
schen Landen wieder so hergestellt werden solle, wie er i. I.
1618 gewesen war, da erklärte sich der Kurfürst dagegen.
Hätte wohl der eifrigste Katholik mehr zum Nachtheil der
Protestanten stimmen können? Und wie belohnte Oest-
reich seine Dienstfertigkeit? — An eine Entschädigung für
die unaussprechlichen Drangsale, die das Land erlitten hat-
te, wie sie wohl anderen protestantischen Fürsten zu
Theil wurde, war nicht zu denken; in der Jülich - kle-
vischen Erbschaftssache that der Kaiser auch nicht einen
Sckritt zu feinen Gunsten, und was der Kurfürst sonst noch
Vorschlägen oder begehren mochte, das ward zurückgewiesen
und verweigert.
Nach dem weftphälischen Frieden, der am 24.
Oktober 1648 beschlossen wurde, war erst in einiger Maße
zu übersehen, was Kursachsen durch den dreißigjah.
rigen Krieg eingebüßt hatte, wiewohl genaue Angaben
nicht möglich waren. Sachsen, noch vor 18 Jahren das
volkreichste, blühendste deutsche Land, war mit Bran-
denburg das ödeste, und hatte durch Krieg, Pest, Hun-
ger und Auswanderung 1 Million Menschen verloren.
Dem Landmann war sein Betricbvieh geraubt, ihm fehlte
Saat und Brot. Am meisten hatte das Erzgebirge
und das Voigt!and wegen seiner Nachbarschaft mit Böh-
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Johann_Georgs Johann Maximilian Maximilian
300
liches von ihren Vorrechten aufgeben, während Andere,
durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die Einzelnen
auf einen Theil ihrer Vorrechte verzichten müßten, wenn
das Ganze gewinnen sollte, auf die Abschaffung so man-
cher Privilegien drangen, die mit dem Bedürfnisse der Zeit
im Widerspruche standen. Der Kampf war lang und hart,
denn es galt hier die Aufgabe wohlerworbener Rechte, die,
da sie durch Vertrage erlangt worden waren, den Besitzern
ohne ihre Einwilligung nicht genommen werden konnten.
Die wichtigsten Angelegenheiten, die unmitlelbar in das
Leben des Staates griffen, und entscheidend auf dessen
künftige Gestaltung einwirkten, mußten in Frage kommen
und entschieden werden. Die Vertretung des Volkes in
zwei Kammern und deren Zusammensetzung, die Ablösbar-
keit der Frohnden und Servituten, die Patrimonialjuris-
drction, die Feststellung der Wahlordnung, die Bestim-
mung der Civilliste, die Ausscheidung des Staatsguts, die
Oeffentlichkeit der Verhandlungen, die Vereinigung der
Lausitz mit den alten Erblanden, die Unterordnung der
katholischen Geistlichkeit unter einen protestantischen Cultus-
minister, das waren die Hauptgegenstande, worüber ent-
schieden werden mußte, und die lange und heftige Erör-
terungen veranlaßten. Nach einer 6 monatlichen Arbeit
waren endlich die Hauptschwierigkeiten besiegt, und unter
eifriger Mitwirkung des allgemein geliebten Prinzregenten
und dessen edlen Ministers von Lindenau das mühevolle
Werk zu Stande gebracht, welches allein durch den ernst-
lichen Willen, die Freisinnigkeit und die großmüthigen
Verzichtleistungen der Regierung auf mehrere althergebrachte
Vorrechte, möglich geworden war. Mag die neue Verfas-
sung , wie alles Menschliche, noch Manches zu wünschen
übrig lassen, so ist doch nicht in Abrede zu stellen, daß sie
unverkennbar daß Werk der besonnensten Berathung und
des achtbarsten Eifers für das Wohl ^des Vaterlandes ist,
und daß sie, da sie noch keineswegs für abgeschlossen anzu-
sehen, um so mehr sich dazu eignet, diejenigen Verbesserungen
und Ergänzungen in sich aufzunehmen, die die Erfahrung
als bewährt gesunden hat.
Die neue Verfassungsurkunde enthalt im Wesentlichen
folgende Festsetzungen.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
124
theilen und schlugen sich zu ihm. Da Kurfürst Fried-
rich die Ruhestörer durch gütliche Mittel zur Ordnung zu-
rückzuführcn wünschte, so wurden mehrere Monate hin-
durch keine kriegerische Anstalten gegen sie gemacht, dadurch
wurde aber nichts gewonnen, denn die Empörer gaben keinen
vernünftigen Vorstellungen Gehör und ihr Haufe wurde
mit jedem Tage größer.
Münzer hatte die Absicht, mit den Aufrührern in
Franken gemeinschaftliche Sache zu machen, deshalb hielt
er sich stille und rüstete, um, wenn sich der Ausstand in
Franken den Grenzen von Thüringen genähert haben
würde, mit aller Gewalt loszubrechen und die weltliche
Herrschaft zu stürzen. Diesem Plane entgegen drang Mün-
zers Gehilfe, Pfeifer, auf die Eröffnung der Feindselig-
keiten und erzwang die Einwilligung zu einem Raubzuge
ins Eichsfeld. Er zog mit einer zahlreichen Schaar aus,
plünderte viele Kirchen und Klöster, beraubte und verjagte
eine Menge Edelleute und kehrte mit einer reichen Beute
heim. Nun wollten die übrigen auch nicht Zurückbleiben
und nöthtigtcn den Münzer, sie aus der Stadt zu führen
und sich mit einer Schaar von 8000 Bauern, die bei
Franken Hausen stand, zu vereinigen. Als er mit 3oo
Mühl Häusern bei den Bauern ankam, fand er diese ganz
verzagt, denn sie hatten eben eine schwere Niederlage der
ihrigen im Mansfeldischen vernommen, auch wußten
sie, daß die Fürsten von Sachsen, Hessen und Braun-
schweig gegen sie im Anzuge waren. Zwar standen sie
auf einer vortheilhaften Anhöhe und hatten sich mit einer
Wagenburg umgeben, doch mangelten ihnen Waffen und
Geschütz. Aus Mitleid gegen die verführten Bauern ließen
die Fürsten ihnen Begnadigung antragen, wenn sie die
Waffen nicderlegen würden. Doch Münzer wußte die
Bauern zur Zurückweisung dieses Anerbietens zu überreden,
indem er ihnen die Hilfe Gottes zum gewissen Siege ver-
hieß und versicherte, daß er alle Kugeln mit seinem Aermcl
auffangen würde. Um aber der betrogenen Menge jeden
Weg zum friedlichen Vergleiche abzuschneiden, ließ er die
Edelknaben, die den Antrag der Fürsten überbracht, un-
menschlich niedcrhauen. Nun rückten am I5ten Mai 1525
die Fürsten vor, und der Landgraf von Hessen gab das
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