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So verkündet in begeisterten Worten der Dichter das Lob der säch-
sischen Haupt- und Residenzstadt Dresden. Und mit Recht!
Der im Mittelalter von den Sorben angelegte Ort mag jetzt etwa
tausend Jahre alt sein; sein Ursprung ist, wie der der meisten Städte, in
sagenhaftes Dunkel gehüllt.
Schon frühzeitig hatte Dresden als wichtiger Verkehrsort große Be-
deutung. Nicht zum wenigsten hat dazu die Schönheit seiner Lage bei-
getragen. An beiden Ufern der Elbe sich ausbreitend, wird es von sanft
aufsteigenden Bergeshöhen umsäumt, die mit ihren Landhäusern, Wein-
bergen und freundlichen Dörfern dem Stadtbilde einen lieblichen Rahmen
geben. Dresden besitzt auch einen großen Reichtum an herrlichen Palästen
und öffentlichen Bauwerken, die durch die Prachtliebe kunstsinniger sächsischer
Fürsten im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind. Weiterhin bergen
die hier vereinigten Museen für Kunst und Wissenschaft reiche Sammlungen
wertvoller und kostbarer Schätze, welche Besucher aus weiter Ferne heran-
ziehen. Alles das hat zusammengewirkt, daß Dresden oft als die schönste
und kunstsinnigste Stadt Deutschlands, als das „Florenz an der Elbe"
gepriesen worden ist. Herder sang von ihm:
„Blühe, deutsches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunstwelt!
Stille gesichert sei Dresden Olympia uns!"
Beginnen wir vom Bahnhof Dresden-Neustadt aus eine kurze
Wanderung durch die freundliche Königsstadt!
Unser Weg führt nach dem Kaiser-Wilhelms-Platz, an dem gegen-
über der breiten, vornehmen Königsstraße das Japanische Palais liegt.
Ein schöner Garten, der bis ans Ufer der Elbe reicht und jedem Besucher
offen steht, ziert es. Früher waren die Gemächer mit prächtigem japanischen
und chinesischen Porzellan und mit indischen Tapeten geschmückt, wovon
das Palais den noch heute bestehenden Namen erhielt. 1786 wurde es
nach einem Umbau zur Aufnahme verschiedener Sammlungen der Kunst
und Wissenschaft bestimmt, von denen sich jetzt nur die Königliche Bibliothek
darin befindet mit insgesamt 500000 Bänden.
Beim Weiterschreiten kommen wir an dem Reiterstand bilde
Augusts des Starken vorüber, das vor dem Blockhause in der Neu-
stadt am Eingänge der Hauptallee errichtet worden ist.
Nun betreten wir die Friedrich-August-Brücke, die in 9 weiten
Bogen den Elbstrom überspannt und in einer Länge von 328 Meter die
Neustadt mit der Altstadt verbindet. Sie ist im Jahre 1910 an Stelle
der alten Augustusbrücke getreten, die 500 Jahre dem Verkehr gedient hat.
Ein Blick von der Friedrich-August-Brücke wird jedem unvergeßlich
bleiben. Der lieblich geschwungene Bogen des Elbstromes mit seinen zahl-
reichen Schiffen, vier weitere Brücken, die Albert-, Carola-, Marien- und
die neue Eisenbahnbrücke, die eigenartigen Bauten und villengeschmückten
Gärten und Höhen elbaufwärts über Loschwitz hinaus und auf der ent-
gegengesetzten Seite bis zu den violettschimmernden, steilen Rebenhügeln
der Lößnitz und der Meißner Berge hinab — das gibt ein Rundbild von
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Terrassen gegen die Elbe kehren sollte. Der Zwinger bildet ein 250 Meter
langes und 100 Meter breites Viereck, dessen weiten Raum ein langer
Slulengang mit sechs Kuppelgebäuden und drei Prachttoren umschließt und
in dessen Mitte seit 1843 das Denkmal Friedrich Augusts des Gerechten,
ein Werk Rietschels, aufgestellt ist. .
Verschiedene Sammlungen, wie der mathematisch-physikalische Salon,
das Naturalienkabinett, das geologische Museum u. a., sind in den Zwinger-
bauten untergebracht. In der Gemäldegalerie, in der sich die herr-
lichsten Ölgemälde fremder und deutscher Meister, namentlich älterer Schulen,
bcsinden, bewundern wir vor allem Raffaels Sixtinische Madonna,
die einst für zwanzigtausend Dukaten angekauft wurde. Die Mutter Gottes
schwebt mit dem Kinde auf dem Arme aus den Wolken, die sich zu lauter
Engelsköpfen gestalten, hernieder, um den heiligen Sixtus und die Barbara
zu segnen. Als Seitenstück zur Madonna von Raffael besitzt die Galerie,
die ebenfalls viel bewunderte Madonna von Holbein. Von den übrigen
älteren Meisterwerken seien nur noch hervorgehoben die „Heilige Nacht"
von Correggio und Tizians „Zinsgroschen". In den letzten Jahrzehnten
sind auch neuere Werke angekauft worden, besonders solche von Dresdner
Künstlern, und es hat die Galerie auf diese Weise eine sehr schätzenswerte
Bereicherung erfahren.
Eine hervorragende Stätte der Kunst ist das neue, von Semper
erbaute Hoftheater, eins der schönsten Theater der Welt, eröffnet am
3. Februar 1878.
Nun wenden wir uns der Brühlschen Terrasse zu. Schwerlich
mird man in der Mitte einer andern Stadt einen gleich bequemen, schattigen
Spazierweg wiederfinden, der hoch über dem Ufer eines Stromes sich hin-
zieht und die buntesten Bilder darbietet. Auf den einundvierzig Stufen
einer schönen, 13 Meter breiten Freitreppe steigt man zu dem Brühlschen
Garten empor. Gegenwärtig ist der Terrasse ein neuer Schmuck in den
Akademie- und Ausstellungsgebäuden erstanden, die den bildenden
Künsten gewidmet sind. In dem Albertinum haben die Werke der Bild-
hauerkunst alter und neuer Zeit Aufstellung gefunden. Zwischen und neben
den Neubauten erblickt man in schlichter, aber dennoch vorzüglicher Aus-
führung die Denkmäler der Meister Rietsche! und Semper. Wundervoll
nimmt sich das auf einem Vorsprunge der Terrasse erbaute, weltbekannte
Belvedere aus, der Sammelpunkt für „alle Welt", besonders anziehend,
wenn es bei Nacht im Glanze einer feenhaften Beleuchtung weit in das
Elbtal hinausstrahlt. Gegenüber der Terrasse erheben sich am jenseitigen
Elbufer, dem Königsufer, die vereinigten Gebäude der Ministerien, von
denen das eine dem Finanzministerium zugewiesen ist, das andere die
Ministerien des Kultus und öffentlichen Unterrichts, das Ministerium des
Innern und der Justiz in sich birgt. Auf der Altstädter Seite steht als
Abgrenzung der Terrasse das Zeughaus.
Imponierend und gewaltig ragt unweit der Terrasse die Kuppel der
herrlichen Frauenkirche empor. Ihr Schöpfer war Georg Bahr, ein
schlichtes, sächsisches Dorfkind, im Jahre 1666 zu Fürstenwalde im Erz-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Augusts Friedrich Augusts Barbara Raffael Madonna_von_Holbein Correggio Dresdner
Künstlern Georg_Bahr
282
gebirge geboren. Die Grenzen seines Vaterlandes hatte Bähr nie über-
schritten, sodaß er durchaus keine Anregung durch den Anblick bedeutender
Bauten empfangen konnte. Nach Dresden gekommen, schöpfte er als „des
Rates Zimmermeister" ganz aus sich selbst heraus den genialen Bau-
gedanken der Frauenkirche, der ihn neben Michelangelo, den Erbauer der
Peterskirche in Rom, und Christopher Wren (Westmiuisterabtei in London)
stellt. Mit zäher Energie führte der bescheidene Meister trotz aller An-
griffe neidischer Kunstgenossen seinen Plan aus.
Wenden wir uns zur Fortsetzung unseres Rundganges wieder zurück
nach dem Schloßplätze mit dem König-Albert-Denkmal! Wir durch-
schreiten das lange, dunkle Gcorgentor und kommen durch die überaus
belebte Schloßstraße, deren glänzende Schauläden eine geschäftige und
schaulustige Menge heranlocken und deren Menschengewühl uns die Groß-
stadt anzeigt, nach dem Altmarkt. In der Mitte ragt als Sieges-
denkmal die „Germania", Robert Henzes vielbewundertes Kunstwerk,
in die Höhe. An dem Ring erhebt sich unweit der Kreuzkirche der
stattliche Bau des Neuen Rathauses.
Im Süden der Stadt steht wie eine gewaltige Eigangspforte der
Hauptbahnhof, der dem ausgedehnten Personen- und Güterverkehr der
sächsisch-böhmischen und der Freiberg-Chemnitzer Bahn als Mittelpunkt
dient und mit dem Bahnhof Wettinerstraße und dem Bahnhof Dresden-
Neustadt in Verbindung steht.
Neben den Bauten und Kunstschätzen wird das Auge weiter durch
geschmackvoll hergestellte und wohlgepflegte gärtnerische Anlagen erfteut.
Aus Dresdens glanzvoller Zeit stammen die großartigen Anlagen des
Großen Gartens, eines Parkes außerhalb der Stadt von 140 Hettar
Fläche mit einem Palais im italienischen Villen-Nenaiffancestil. Der Große
Garten diente früher gleich dem Jagdschlösse zu Moritzburg dem Hofe zur
Abhaltung glänzender Sommerfeste. Jetzt zieht, wie der Berliner in den
Tiergarten, der Wiener in den Prater, der Pariser in das Boulogner
Gehölz, der Dresdner Spaziergänger hinaus in den Großen Garten und
erfteut sich an den alten, mächtigen Eichen und Linden, an dem Konzert
der munteren heimischen Singvögel, an den klaren, fischreichen Teichen
und an den wohlgepflegten Baum- und Pflanzengruppen.
Für die zahlreichen, in der Residenzstadt Dresden stattfindenden Aus-
stellungen aus den verschiedensten Gebieten der Kunst und Technik ist in
der Nähe des Großen Gartens an der Stübel-Allee ein festes Aus-
stellungsgebäude erbaut worden, das eine neue Zierde der Stadt
geworden ist.
So sehen wir Natur und Kunst wetteifern in der Schmückung der
Stvdt, die einen Hauptanziehungspunkt der reiselustigen Welt bildet. Nicht
bloß Angehörige des Sachsenlandes, sondern Menschen aus aller Herren
Ländern finden sich hier zusammen; Engländer, Amerikaner und Russen
bilden hier ganze Kolonien, angelockt durch die schöne Natur und die
reichen Kunstschätze im lieblichen „Elbflorenz". Nach H. snkei.
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34
wurde schließlich die Terrasse nach dem Lustgarten hinzugefügt und
von Schlüter die kuppelgeschmückte Kapelle im Westflügel erbaut. Von
den 700 Zimmern des weiten Schlosses ist das berühmteste der
Weiße Saal, der bei allen im Schloß stattfindenden großen Staats-
seierlichkeiten benutzt wird. Er ist mit vielen Bildsäulen und Gemälden
geziert und steht durch ein Treppenhaus mit der ebenfalls reich
geschmückten Schloßkapelle in Verbindung, die an 700 Personen faßt.
Vom Schloßplatz führt die Kurfürstenbrücke über die
eigentliche Spree in das alte Berlin. Auf ihr steht ein herrliches
Werk Schlüters, das Reiterstandbild des Großen Kur-
fürsten. Es stellt den siegreichen Helden in ruhiger Majestät dar,
in der Hand den Feldherrnstab, das kühne Auge dem Schlosse zu-
gewendet. Jenseits der Brücke liegen die Anfänge Berlins, das aus
einem Fischerdorfe sich zur Kaiserstadt entwickelte.
Westlich vom Schlosse, an der Schloßfreiheit, zeigt sich dem
Auge das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. Das
Denkmal ragt bis 20 m empor. Roß und Reiter haben die gewaltige
Höhe von 9 m. Der Kaiser im Feldmantel zügelt das Roß, das
von einem Friedensengel geleitet wird. Verschiedene allegorische
Figuren versinnbildlichen den Kampf und den Frieden. Eine Sand-
steinhalle, deren Eckbauten bronzene Viergespanne tragen, umgibt das
Denkmal auf drei Seiten.
Welche gewaltige Entwicklung liegt zwischen der Zeit, die das
Denkmal Kaiser Wilhelms verkörpert, und derjenigen, die durch das
Standbild des Großen Kurfürsten dargestellt wird! Als der Große
Kurfürst 1640 die Regierung antrat, zerfleischten sich die deutschen
Stämme im wildesten Bruderkriege, und das schwache Kurfürstentum
Brandenburg hatte im 30 jährigen Kriege keine ausschlaggebende Rolle
zu spielen vermocht. Unter Kaiser Wilhelm aber sehen wir Preußen
nach einem siegreichen Kampfe mit unsern westlichen Nachbarn, den
Franzosen, an der Spitze der deutschen Stämme und Deutschland
wieder mächtig und stark, das Sehnen der Väter erfüllt: Ein Kaiser
Und ein Reich! Nach H. Albrecht.
23. Einkehr in der Herberge.
In der Schuhmacherherberge zu Lüneburg klopfte es an die Stuben-
tür. Timotheus Schneck, ein wandernder Schustergeselle, trat ein und
sagte: „Schönen guten Abend, Frau Mutter! Ist der Herr Vater nicht da?"
Die er so begrüßte, war eine ältere, aber noch rührige Frau mit
rundem, rotem Kopf und hellen Augen darin. Von ihrem Haar war
nichts zu sehen; denn sie hatte ein gelbes Tuch um den Kopf geschlungen,
daß der Knoten gerade auf dem Scheitel saß und die zwei langen Zipfel
wie ein Paar Hörner steif zu beiden Seiten standen. „Der Herr Vater
ist nicht zu sprechen," sagte sie, „er hat sich zu Schanden gemacht, hat
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Extrahierte Personennamen: Schlüter Wilhelm_I. Wilhelms Wilhelms Wilhelm H._Albrecht Albrecht Timotheus_Schneck
Extrahierte Ortsnamen: Westflügel Berlin Berlins Brandenburg Deutschland Lüneburg
157
sich unter den Fürsten Deutschlands eine mächtige Baulust. Wer
einen großen Bau zu errichten vorhatte, berief vor allen Dingen eine
Schar (etwa 20—25) sachkundiger Mönche. Sie entwarfen den Bau-
plan, sie überwachten und leiteten als Werkmeister die Ausführung
des Werkes. Die grobe Arbeit und die gewöhnlichen Handreichungen
taten die fronenden Bauern und Handlanger. Wo deren Geschick und
Erfahrung nicht zureichte, da legten die frommen Väter auch wohl
selbst Hand an. Aus den dienenden Arbeitern erwuchs allmählich
unter dem bildenden Einflüsse mönchischer Baumeister ein Bestand von
Bauhandwerkern, Maurern, Steinmetzen u. dgl.
Die Klosterwerkstatt ist aber auch die Wiege des Kunsthand-
werks. Wenn auch die Klosterregel den Brüdern äußerste Einfach-
heit der Lebensführung vorschrieb, Gott zu Ehren glaubte man von
dieser Einfachheit eine Ausnahme machen zu dürfen. Für das Blut
Christi, meinte der Abt Suger von St. Denis, seien die kostbarsten
Gefäße eben gut genug. „Neben eisernen Kronleuchtern, kupfernen
und eisernen Weihrauchfässern, Meßkleidern und Altarbehängen ohne
Seide und Gold waren silberne und vergoldete Kelche gestattet, und
so machte man die Gefäße so kostbar und so künstlerisch, als man es
vermochte." Die Silber- und Goldschmiedekunst, die Stickerei und
Emailmalerei, die Elfenbeinschnitzerei und andere Kunsthandwerke er-
hielten somit mannigfache Anregungen und fanden eifrige Pflege. Die
Kirchengeräte und -gefäße wurden prächtig und kunstvoll gearbeitet.
Zu den ältesten Denkmälern der frühmittelalterlichen Elfenbeinplastik
und Emailmalerei gehören die zierlichen Schreine und Kästchen, in
denen Klöster und Kirchen die Reliquien ihrer Heiligen aufzubewahren
pflegten. Herrliche Zeugnisse der klösterlichen Kunst sind die Psalter,
die Meß- und Evangelienbücher, die von den Mönchen mit be-
wundernswerter Sorgfalt und Feinheit auf Pergament geschrieben,
mit herrlichen Initialen (Anfangsbuchstaben) und farbenprächtigen
Malereien geziert waren. Diese Bücher waren mit Einbänden ver-
sehen, deren kunstvoll gearbeite Elfenbeinschnitzerei, deren schön gestaltete,
kostbare Beschläge und Schließen, deren Ausschmückung mit edlen
Steinen noch heute unser Auge entzückt. Die Mönche, die dergleichen
Dinge zu schaffen vermochten und deren Kunsterzeugnisse, wie uns die
Klosterchroniken bezeugen, von ihren Zeitgenossen bewundert wurden,
haben ihren Beruf als Lehrmeister des Handwerks und des Kunst-
gewerbes trefflich erfüllt. —
Ursprünglich hatten die unfreien Arbeiter ihre ganze Arbeitskraft
und Arbeitszeit ihrem Grundherrn zu widmen; Befugnis zu eignem
Gewerbebetriebe stand ihnen noch nicht zu. Lieferte der Handwerker
die ihm auferlegte Stückzahl von Handwerkserzeugnisfen in gewünschter
Güte regelmäßig und pünktlich ab, so gestattete man ihm wohl auch,
in seiner freien Zeit für Kunden zu arbeiten, zunächst wohl für die-
jenigen Angehörigen der eigenen Grundherrschaft, die nicht auf dem
Herrenhose selbst wohnten und hier Verpflegung, Kleidung, Arbeits-
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280
unvergleichlicher Schönheit, ein Bild, wie es in gleicher Harmonie nicht
leicht an irgendeinem anderen Orte der Welt gefunden wird.
Am Altstädter Ufer fesseln den Blick mehrere nahe beieinander stehende
herrliche Kunstbauten: die katholische Hofkirche, das königliche Schloß, das
neue Landtagsgebäude, die Brühlsche Terrasse und das Hoftheater.
Einen gewaltigen Eindruck macht die im Barockstile ausgeführte
katholische Hofkirche, die größte Kirche Sachsens, die unter den Pracht-
gebäuden Dresdens jederzeit eine der ersten Stellen einnehmen und als
eines der interessantesten Bauwerke geschätzt werden wird. Von der
Friedrich-August-Brücke aus gesehen, bringt sie eine prächtige Wirkung
hervor durch ihren luftigen und eleganten Turmbau. Vollendet wird bic
malerische Gesamtwirkung durch die geschickte Ausführung und Verwendung
der 78 Figuren von Heiligen, welche die Brüstungen der doppelten Galerie
des Kupferdaches und verschiedene Nischen schmücken. Auf dem gewaltigen
Platze zwischen Schloß und Elbe entstanden vor und während des Baues
die verschiedenartigsten Werkstätten, Hütten, Häuschen usw., die man
als „Italienisches Dörfchen" bezeichnete.
In unmittelbarer Nähe der katholischen Hofkirche liegt das Residenz-
schloß mit seinen altertümlichen Turmhöfeu. Herzog Georg der Bärtige
wandte seine besondere Aufmerksamkeit und seine Baulust diesem Schlosse
seiner Ahnen zu, das sich unter seinen Nachfolgern immer mehr erweiterts
und nach und nach die Gestalt annahm, die es im allgemeinen heute noch
hat. Neuerdings hat es durch einen Umbau ein einheitlicheres und im
Gegensatze zu dem bisherigen nüchternen Äußeren wahrhaft prächtiges
Gewand erhalten.
Im Erdgeschosse des westlichen Schloßflügels ist die königliche Schatz-
kammer untergebracht, das Grüne Gewölbe, das in acht Sälen welt-
berühmte Kostbarkeiten von kunstgewerblichem und kulturhistorischem Interesse
enthält; wertvolle Ringe und Armspangen, leuchtende Diamanten und
Rubinen, den größten Onyx der Welt mit weißem Rande, Halsbänder
aus Edelsteinen und Perlen, goldene Gefäße und seltene Uhren, feine
Kunstarbeiten früherer Jahrhunderte und mancherlei Kuriositäten. Waffen
der verschiedensten Zeitalter aus Italien und der Türkei, Figuren aus
Bronze und Elfenbein, der Kristallbecher Luthers und der Brillantschmuck
der Königin — Tausende von Prachtstücken leuchten hier dem Auge des
Beschauers entgegen. Führwahr, das Grüne Gewölbe steht in Europa
einzig in seiner Art da; es hat einen wirklichen Wert von über vierzig
Millionen Mark, während sein Kunstwert sich gar nicht abschätzen läßt.
Einen andern höchst wertvollen Schatz besitzt Dresden in der Gemälde-
galerie, untergebracht in dem 1854 vollendeten Museum, durch deffen
Bau Semper in genialem Wurfe den Reuaiffancestil der Neuzeit be-
gründete. Zugleich schuf Sempers Meisterhand damit einen echt künstle-
rischen Abschluß des Zwingers, des phantastischen, im Barockstil ge-
haltenen Bauwerkes Augusts des Starken. Bekanntlich war der Zwinger,
der 1711 vollendet ward, nur als Vorhof eines nicht zur Ausführung
gekommenen Prachtschlosies gedacht, das seine gewaltige Front mit den
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Extrahierte Personennamen: Georg_der_Bärtige Sempers_Meisterhand Augusts
Extrahierte Ortsnamen: Sachsens Dresdens Häuschen Italien Luthers Europa Dresden
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Saarbrücken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 58 —
es noch hatte an sich, ließ die Einkünfte durch weltliche Schaffner
verwalten und zu kirchlichen Zwecken verwenden. Nach Ein-
führung der Reformation wurden die Geistlichen der ganzen
Grafschaft größtenteils aus Stiftsmitteln besoldet. Die Zinsen
des noch vorhandenen Restes des alten Stiftsvermögens werden
heute noch zu kirchlichen Zwecken benutzt.
Die jetzige Stiftskirche ist etwa von 1270—1320 in gotischem
Stile erbaut. Vor derselben stand eine romanische Kirche an
ihrer Stelle, von der sich noch zahlreiche Spuren erhalten haben,
an der Südseite war der Kirche ein sogenannter Kreuzgang mit
den 7 Fußfällen angebaut, der im Anfang des 19. Jahrhunderts
abgerissen ward.
Von 1455 ab bis ins erste Viertel des 17. Jahrhunderts
diente die Kirche als Begräbnisstätte unserer Grafen und enthält
sie mehrere bedeutende Denkmäler derselben und anderer hier be-
grabenen vornehmen Personen. Um die Kirche herum wurden
viele Jahrhunderte die Toten aus der weiten Umgegend begraben.
Es liegen 3 Schichten Leichen übereinander, die unterste hat so-
genannte Plattengräber, was auf die merovingische Zeit hinweist.
Des Dorfes St. Arnual, das sich allmählich aus Ansiede-
lungen des Stiftes bildete, geschieht erst spät Erwähnung. 1542
hatte es — ohne die Geistlichen — 50 Familien, von denen sich
10 Gesinde hielten. Der Müller sogar 4 Knechte und eine Magd.
1680 sind nur mehr 8 Häuser bewohnt, erst 1756 war deren
Zahl wieder auf 54 gewachsen.
I V. Bürgermeisterei St. Johann.
St. Johann, Stadt auf der rechten Saarseite, 1358 Hr.
(24 198) 24 140 E., 11 600 ev., 11834 f., 55 andern Bekenntnisses,
651 isr. 1470 ha, 788 ha Gw. 2 ev K., 1 k. K. Synagoge.
Oberrealschule (als Gewerbeschule 1856 gegründet). 1 ev., 1 k.
Töchterschule, letztere mit Seminar. 27 ev., 27 k. Schkl. Haupt-
bergschule, Kaufmännische und Handwerker - Fortbildungsschule.
Garnison des 7. rhein. Ulanen-Regiments. Bezirks-Kommando.
Eisenbahndirektion. Personenbahnhof. 2 Güterbahnhöfe. Stadt-
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Johann Schkl
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Saarbrücken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 40 -
Brand gerieten. Dies geschah bis zum 5. August. Des Tages
über kamen während der Zeit Franzosen in Menge in die Orte
auf der linken Saarseite und nahmen mit und ohne Bezahlung
Lebensmittel mit, zogen sich aber des Nachts wieder auf die
Höhen zurück.
Am 3. August ritt der französische General Frossard in
fast theatralischem Aufzuge mit großem Gefolge durch einige
Straßen Saarbrückens. Am 5. August verließen die Franzosen
die Höhen an der Saar und zogen sich auf den Spicherer Berg
zurück, den sie verschanzt hatten. Am Abend desselben Tages
kamen wieder preußische Truppen aus das linke Saarufer. Am
Morgen des 6. August folgten diesen größere Massen und es
begann gegen 12 Uhr die Schlacht bei Spichern, deren Erzählung
nicht in die Orts- sondern in die Weltgeschichte gehört.
Mit Todesverachtung wagten sich einzelne Bewohner während
der Schlacht bis in die Reihe der Kämpfenden, denselben Er-
quickung zu bringen. An der Pflege der Verwundeten beteiligte
sich die Einwohnerschaft mit aller Aufopferung. Unsere Gegend
war die einzige des damaligen Deutschlands, die in diesem Kriege
von Feinden betreten worden war. Wieder konnte man Tausende
von französischen Soldaten hier durchkommen sehen, diesmals
aber nicht als Sieger, sondern als Kriegsgefangene.
Nach Beendigung des Krieges hatte unser Kreis die Freude,
den Kaiser Wilhelm bei seiner Rückkehr aus dem Felde mit den
Vertretern der ganzen Rheinprovinz am Bahnhof in St. Johann,
dem ersten aus altdeutschem Boden begrüßen zu dürfen.
Um seinen Dank den Städten für das, was sie 1870 ge-
litten und getan hatten, zu erzeigen, überwies der alte Kaiser
ihnen einige Jahre später die berühmten Gemälde von Werner:
„Der Sturm auf die Spicherer Höhen" u. a., für deren Auf-
nähme Saarbrücken einen Saal im Rathause herstellen ließ,
dieser 1880 eingeweiht, ist ein wahres Prachtstück und eine
Zierde der Stadt.
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Extrahierte Personennamen: August August General_Frossard August August Wilhelm Johann Johann Werner
Regionen (OPAC): Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 32 —
Königsee (aus den Amtsgerichtsbezirken Königsee und Oberweißbach
bestehend), Frankenhausen (die Amtsgerichtsbezirke Frankenhausen
und Schlotheim umfassend).
a) Oberherrschaft.
Auf sie kommen 6 Städte, 8 Marktflecken, 134 Dörfer, 9026
Wohnhäuser, 13500 Haushaltungen mit 62 936 Einwohnern, 5 Amts-
gerichtsbezirke, 2 Landratsämter.
I. Ortschaften im Saalthale: (Nr. 1 bis 12).
1. Rudolstadt, Haupt-, Residenz- und Garnisonstadt, auf dem
linken Ufer der Saale, über die hier eine schöne steinerne Brücke
führt, 8747 Einw. in 727 Häusern und 2075 Haushaltungen.*)
Durch ihre reizende Lage und durch ihre an Naturschönheiten so
reiche Umgebung dürste sie unter allen thür. Residenzen die am
meisten begünstigte sein, und mit Recht sagen ihre Bewohner:
„'s giht doch nischt iber Rudolstadt". Schiller schrieb darüber an
Körner: „Die Gegend ist außerordentlich schön; ich bin sehr über-
rascht worden." Halbmondförmig lagern ihre meist geraden, breiten
Straßen am Fuße des Schloßberges, aus dem die vielsensterige
„Heidecksburg" wie eine Beherrscherin der Stadt und des Thales
thront. Dieses Schloß faßt eine schöne Kirche, prachtvolle Säle,
besonders den reichgeschmückten Festsaal mit wertvollen Gemälden,
Sammlungen von alten kostbaren Gefäßen (darunter namentlich
die sehr wertvollen Emailgefäße im kleinen Säulensaale), seltenen
Waffen und Gemälden, eine reichhaltige Silberkammer mit einem
Silberaufsahe, welchen die Beamten des Landes dem Fürsten Fried-
rich Günther zu seinem fünfzigjährigen Regieruugsjubiläum (1864)
verehrten. Auf diesem Schlosse zwang Katharina die Heldenmütige
den blutdürstigen Herzog Alba, der bei ihr srühstückte, durch das
Drohwort: „Fürstenblut für Ochfenblnt", ihren Unterthanen das
geraubte Vieh zurückzugeben. Hier barg diese heldenmütige Gräfin
mehrere Monate hindurch den Prediger Kaspar Aquila aus Saal-
seld, aus dessen Kops Kaiser Karl V. einen Preis von 5000 Gulden
gesetzt hatte. — Im Schloßhofe war 1793 das letzte aller Turniere;
der Schloßgarten, zum teil Naturpark, zum teil mit künstlichen An-
lagen und Springbrunnen geschmückt, bietet herrliche Aussichten.
Am östlichen Fuße des Schloßberges die Ludwigsburg mit einem
Naturalieukabiuet. das seltene und kostbare Exemplare, besonders
aus der Tierwelt enthält. Daneben die 1879 gut restaurierte Stadt-
kirche, „Andreaskirche zur Ehre Gottes" genannt; eine der schönsten
Kirchen Thüringens, im spätgotischen Stile erbaut; sie hat einige
bunte Fenster mit figürlichen Darstellungen (Kreuzigung und Auf-
*) Die Bestimmungen der Einwohnerzahl nach der Volkszählung vom
1. December 1880.
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Regionen (OPAC): Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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(Arnstadt und Gehren) und 2 Amtsgerichtsbezirke (Arnstadt und
Gehren). Ihre Ortschaften liegen im Gebiete der Gera, der Ilm u. der
Schwarza.
V. Ortschaften im Gebiet der Gera: (Nr. 51 bis 75).
a) Im Thale der Gera selbst: (Nr. 51 bis 55).
51) Arnstadt, die größte der schwarzbnrgischen Städte: 10514
E. (etwa 120 Katholiken, 50 Juden) und 950 Wohnh., reizend ge-
legen am Ausgange des Planeschen Grundes, an der Neudietendorf-
Jlmenaner-Bahn, durchflössen von der Weiße, die unterhalb der Stadt
zur Gera geht; überragt im 8. von der 100 vi hohen Alteburg.
Aus den herrlichen Gärten, Alleeen u. Obstbaumpflanzungen schauen
die roten Dächer und zahlreichen Türme (9), „wie die gesottenen Krebse
aus der Petersiliensauce." (Luther). Die Stadtflur wegen ihrer
Fruchtbarkeit „dieschwarzburgische Schmergrube" genannt. Sitz eines
Landratamtes, eines Amtsgerichts, einer Snperintendentnr, einer
Bezirkskasse, eines Bezirksphysikates, eines Post- und Telegraphen-
amtes. Die alten Stadtthore und die Überreste der Ringmauer
sprechen für frühere gute Befestigung. 4 Stadtteile oder Stadtviertel
(nach den 4 Hauptthoren): Längwitzer-, Ried-, Wachsenburger- und
Erfurter-Viertel. Die meist engen, unregelmäßigen Straßen des
älteren Stadtteiles führen auf einige hübsche Plätze: den dreieckigen
Marktplatz, das Ried, den Schloßplatz. Die Vorstädte, besonders
gegen den Planeschen Grund hin, zieren durch ihre geschmackvolle,
von lachenden Gärten umgebenen Neubauten die Gegend. Die wich-
tigsten Bauten sind: 1) das fürstliche Schloß oder Palais am
Schloßplatze (1728 — 1732 erbaut), von 1816—1854 von der Fürstin
Karoline bewohnt, mit interessantem Porzellan- und Bilderkabinett
(Gemälde von Rembrandt, Holbein, Dürer, Cranach, Rubens *c.)
und einem kolossalen Trinkhorn von der Kevernbnrg („Kevernbnrg
Willkomm"). 2) Die in der Nähe liegenden Überreste der von
Günther dem Streitbaren restaurierten und ausgebauten und 1779
teilweise zusammengestürzten Burg Neid eck, als: der 65 m hohe
Schloßturm mit grüner Kuppel und entzückender Rundschau, dann
einige gut erhaltene Nebengebäude (jetzt Sitz von fürstl. Behörden);
daneben die Mauertrümmer der Hauptgebäude, in denen Günther
der streitbare seine glänzende Vermählung 1560 feierte (700 Klafter
Holz waren zum Kochen, Sieden und Braten nötig). Die Gefchichts-
schreiber rühmen hauptsächlich die Pracht des „Königsgemachs", in
dem Gustav Adolf wohnte, bevor er die Schlacht bei Lützen schlug.
Hinter dem Schlosse der umfangreiche, mit prachtvollen Lindenalleeen*)
durchkreuzte Schloß garten, ein schöuer Park mit dem zierlichen
Theatergebäude. — 3) Der Prinzenhof, früher die Propstei eines
Nonnen-Klosters, später vergrößerter Wohnsitz mehrerer Gräfinnen
*) Von den riesigen Linden soll jeder junge Graf von Schwarzburg eine ge-
Pflanzt haben.
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Extrahierte Personennamen: Karoline Rembrandt Holbein Cranach Rubens Günther Günther Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Arnstadt Arnstadt Gera Schwarza Gera Gera Arnstadt Gera Ried- Ried Schloßplatz Schwarzburg