Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 108

1914 - München : Oldenbourg
— t08 — An Gottesdienst dachte kein Mensch. Die Kirchenbücher waren abhanden gekommen, Altäre niedergerissen und Kirchen zu Aufenthaltsorten für Pferde verwandelt." 22. von Pest und Hungersnöten. Seuchen und Hungersnot waren die unheimlichen Gäste, die das ganze Mittelalter hindurch die Menschheit bedrohten. Besonders in stärker bewohnten Gemeinwesen hielten diese Geißeln des Menschengeschlechtes furchtbare Ernte. „Da man zählte nach der Geburt Christi \5\2, ereigneten sich sehr viele Ungewitter und Regen und wurden die Wasser und Bäche so groß, daß sie überliefen und die Frucht auf dem Felde verdarben. Darauf folgte eine heftige Teuerung und die größte, gefährlichste und erschrecklichste pestilenz, die je in unseren deutschen Landen gewesen war. Es gingen viele tausend Menschen hinweg und man konnte an etlichen Orten kaum Leute finden, die die Gestorbenen zu Grabe trugen, wen die Sucht ankam, der lebte nicht mehr über 24 Stunden. Zu Würzburg verstorben bei 5000 Menschen. Die Leute erschraken ob solchen Ungewitters und Sterbens so sehr, daß etliche nicht anders meinten, als es wäre am (Ende der Welt. Ls wollte niemand mehr bauen, säen, pflanzen noch arbeiten. Infolgedessen entstand im folgenden 3ahre ein großer Mangel an den Früchten des Feldes, f° öaß öw Leute, die die verflossene Teuerung, Hungersnot und Pest überlebt hatten, ihre notdürftige Leibesnahrung kaum erhalten konnten. Ihefer Jammer und das Elend währten lange Zeit. Aus Sizilien führte man Getreide nach Deutschland, was bis dahin und in der Folge nicht mehr geschah. Jm Jahre *339 erschienen ungeheure Schwärme von Heuschrecken in Ungarn, Österreich, Bayern, Schwaben und Franken und flogen bis an den Rhein. Sie flogen so dicht, daß sie die Sonne verfinsterten und verzehrten alle weiden, Blüten und Früchte. Große Teuerung und Pestseuche waren die Folge. Jm Jahre *356 wurden in ganz Franken viele (Einwohner von einer großen pestseuche hinweggerafft. Auch *366 tötete die Pest in würzburg und Umgebung viele Menschen." Furchtbar wüteten die Seuchen während des Dreißigjährigen Krieges, was der Schwede geschont hatte, ward durch sie vernichtet. Hören wir vor allem die Nachrichten darüber vom Untermain. Jm Freigericht Alzenau waren die (Drte fast menschenleer, die Leute verhungert, an der Pest gestorben. Als das wort Friede erscholl, war es viel, wenn in einem Dorfe zwei oder drei Familien gefunden wurden, pestjahre waren *625, *63* und *635. Kahl am Main war vollständig entvölkert.

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 25

1913 - Leipzig : Hahn
25 weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst wehe tun.“ Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander- bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet. Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie holen, da werden sie fertig sein.“ Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück; und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat auf Nimmerwiederkommen zu verlassen. So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde, und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun allein in der Stube. Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei. Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt, durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 11

1913 - Leipzig : Hahn
11 Ein einsamer Mann schritt eilig auf dem schmalen, grasbewachsenen Fußpfade vorwärts. Er war noch jung. Ein leichter Flaum sproßte über den frischen Lippen, und die hellgrauen Augen blitzten unternehmend und sorglos in die Welt. Ein lustiges Lied vor sich hinträllernd, achtete er wenig auf seine Umgebung; er sah weder rechts noch links; er bemerkte es auch nicht, daß die zuerst vereinzelt stehenden Sträucher und Bäume einander immer näher rückten. Plötzlich blieb er stehen. Die Pfade kreuzten sich nach verschiedenen Richtungen, und gerade vor ihm erhob sich ein dichter Wald. Überlegend sah er um sich. Weißer Nebel stieg aus den Wiesen hinter ihm; der Mond war aufgegangen und goß sein bleiches Silberlicht über die Berge; schwarz und schweigend stand der Wald da. Sollte er eintreten? Einen Augenblick besann er sich. Dann warf er trotzig seinen Kopf zurück und schritt vorwärts, zuerst vorsichtig, dann rascher. Immer tiefer drang er ein. Gespenstig drohend streckten die hohen Bäume ihre Äste gen Himmel. Der zuerst ziemlich breite Weg wurde immer schmäler. Kaum mehr dem Auge erkennbar, schlängelte er sich zwischen dem Buschwerk dahin. Der Jüngling mochte wohl mehrere Stunden so gegangen sein; Hunger und Müdigkeit drohten, ihn zu übermannen. Immer langsamer wurden seine Schritte, bis er endlich ganz stehen blieb. Er konnte nicht mehr vorwärts. Gerade vor ihm, quer über dem Weg, lag ein vom Sturme entwurzelter Stamm. Erschöpft ließ er sich auf diesen nieder, es war ihm unmöglich, weiter zu marschieren. Nachdem er eine Zeitlang geruht hatte, raffte er sich empor und eilte wieder zurück auf dem Wege, den er hergekommen war. Eine plötzliche, ihm sonst ganz ungewohnte Angst hatte ihn überfallen. „Nur fort, nur heraus aus diesem Walde," dachte er, „ganz gleich, wohin." Trotz seiner Ermattung lief er vorwärts, so schnell ihn die Beine trugen, einmal auf diesem, dann wieder auf jenem Wege. Aber zu seinem größten Schrecken gewahrte er, daß er immer wieder an den Ort zurückkehrte, von dem er ausgegangen war. Ver- zweifelnd warf er sich nieder, vergrub das Gesicht in beide Hände, schluchzte und rief laut um Hilfe. Als er wieder emporsah, schrak er zusammen, denn vor ihm standen drei Männer. Der eine trug ein prächtiges, reich mit Gold gesticktes Gewand, das von einem glänzenden, mit Edelsteinen geschmückten Gürtel zusammen- gehalten war. Der zweite hatte ein schwarzes Kleid mit rotem Gürtel und der dritte ein blaues Hemd und einen einfachen Ledergurt. In der nervigen Faust hielt er eine schwere Axt. „Was tust du hier?" fragten ihn die drei. — „Erbarmt Euch meiner, ich verschmachte. Sagt mir, wo ich eigentlich bin." — „Du bist im Walde des Elends", gaben sie zur Antwort. — „Helft mir, rettet mich, führt mich hinaus aus dieser entsetzlichen Wildnis", flehte er sie au. — „Wähle einen von uns, der dich führen soll."

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 14

1913 - Leipzig : Hahn
t — 14 — Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor> gegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine Land der ewigen Ernten führt. Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen. Jean Paul Friedrich Richter. 13. Die deutsche Turnkunst. Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen. Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr- jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken. In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul- freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen- hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde. Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu- gleich auf. Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen. Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 64

1913 - Leipzig : Hahn
64 schont bleiben. Doch wenn du mich wiederum durch meine Ge- hilfen einlädst, werde ich dich ohne Erbarmen mitnehmen.“ »Deine Gehilfen“, sprach jetzt Gottfried erleichtert, »kenne ich nicht, sonst würde ich sie fliehen, solange mir das Leben lieb ist.“ »da,“ versetzte der Jüngling unter schadenfrohem Ge- lächter, »die Menschenkinder fürchten den Tod, aber sie lieben seine Gehilfen; darum mache ich täglich reiche Beute. Doch du bist noch jung und unerfahren und sollst einst die Stütze deiner Eltern werden; deshalb will ich dich mit meinen Gehilfen bekannt machen.“ Gottfried hatte die Rechte um den dicksten Stamm des Holunderstrauches gelegt und seinen Blick mit Neugier und Angst auf den seltsamen Gast gerichtet. Am westlichen Himmel glänzte das Abendrot in purpurnem Schimmer, und in der dicht- belaubten Gartenhecke sang ein Vöglein sein letztes Lied. »Dein Bruder, um den du eben trauerst,“ begann der Tod, »wagte sich auf die dünne Eisdecke des tiefen Weihers; er brach ein und wurde meine Beute, während du laut schreiend am Ufer standest. Dein bester Spielgenosse, dessen frischer Grabhügel noch feucht ist von deinen Tränen, erkletterte die höchsten Bäume; er tat einen Fehlgriff, der morsche Ast gab nach, und — der jugendfrische Knabe lag in meinen Armen. Unvorsichtigkeit, Leichtsinn und Übermut waren meine Gehilfen, die mir zwei blühende Menschenleben vor der Zeit zuführten. Und wo immer die Jugend spielt und tollt, da sind meine Helfershelfer tätig. Sie lauern an dem kühlen Flusse und an der klaren Quelle, um das erhitzte Kind zum Bade oder Trünke zu verleiten; sie stehen an den steilen Abhängen der Berge und neben den Gerüsten der Neubauten; sie umschweben den schaukelnden Kahn und den dahinrollenden Wagen. Und kann auch der frevelhafte Leichtsinn nicht ganz sein Werk vollbringen, so macht er doch den einen zum Krüppel oder bringt dem andern Fieber und Siechtum, so daß sie vor der Zeit dahinsterben.“ Gottfried blickte bei diesen Worten beschämt zu Boden und sagte kein Wort; der Tod aber fuhr fort: »Auch die Unrein- lich k e i t ist meine Gehilfin. Sie duldet den Schmutz an Kleidern und Betten und scheut das Wasser wie ein toller Hund. Die wiederholte und gründliche Reinigung des Körpers durch kalte Abwaschungen oder Bäder kann sie nicht ausstehen, und das Fegen und Schrubben in den Wohnräumen ist ihr verhaßt. Sie verhindert auch das tägliche Lüften der Wohn- und Schlaf- zimmer, damit die Menschen statt der reinen, belebenden Luft stinkende Dünste einatmen.“ »Jetzt weiß ich auch,“ versetzte der Knabe, »weshalb du bei ansteckenden Krankheiten besonders in den unsauberen Häusern und dumpfen Wohnungen die reichste

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 111

1913 - Leipzig : Hahn
111 56. Are schwarze Stadl. Städte mit amerikanisch jähem Wachstum und amerikanischem Gold- fieber, in denen die stete Hast und das tolle Ringen industrieller Arbeit tobt, über Nacht Tausende und Tausende aus dem Schoß der Erde ge- wonnen werden, in denen Glücksjäger aller Nationen und Rassen sich tummeln — im großen Rußland sind sie selten. In einem öden Winkel des russischen Reichs, nahe den Grenzen Persiens und der Türkei, am Westufer des Kaspischen Meeres liegt eine derartig merkwürdige Stätte. Es ist die Naphthastadt Baku.*) Im August des verflosienen Jahres führten mich meine Wanderungen durch die Kaukasusländer auch nach Baku. Von Westen, von Tiflis her kam ich. Von Norden blickte das wilde Gewirr der nackten, gezackten Riesen- ketten des Großen Kaukasus, angetan mit breiten, weißen Schneehauben, drohend herüber; im Süden grüßten die lieblich sich streckenden, zart ge- rundeten Berge des Kleinen Kaukasus. Hier fette Getreidefelder, dichte Rebenpflanzungen, dort braungetönte, melancholische Ebenen und längs des Kurflusses graugrüne Sümpfe, in denen es von Reihern, Störchen und Pelikanen wimmelte. Je mehr ich mich Baku näherte, desto eintöniger, farbloser wurde die Szenerie. Baumlose Bergkegel mit rissigem Gestein, auf denen grelle Sonnen- lichter lagen, erhoben sich. Trockene Distelstauden deckten die gelbschillernde Steppe. Was von menschlichen Behausungen sichtbar wurde, waren einzig die weißen Mauerquadrate der Stationsgebäude. Eine erstickende Lust, untermischt von schwerem Erdölgeruch, zog über die Ebene. Hohe, für die Ausfuhr von Roh-Naphtha gebaute Waggons, mächtige, auf Rädern ruhende Eisenzylinder standen auf den Seitengeleisen in langen Reihen. Vor fünfzig Jahren war Baku noch ein schmutziges, kleines Tataren- dorf. Unsauber ist es auch heute noch, aber die Bevölkerung, die die Naphthastadt und ihre nächste Umgebung birgt, erreicht zur Zeit besonders reger industrieller Tätigkeit 150 000 Seelen. Auf einem Flächenraum von nahezu 3000 qkm gleicht die Erde einem mit Erdöl getränkten Schwamme. Doch nur 50 qkm naphthahaltigen Landes unterliegen bis jetzt der Bohrung. Der Geschäftsführer des deutschen Konsuls in Baku, der dort ein Musterlager deutscher Maschinen und Maschinenteile unterhält, geleitete mich zu einigen Bohrlöchern, zu einer springenden Fontäne, ins Innere mehrerer Bohrtürme. Soweit das Auge reichen konnte, lag graues, kahles Erdreich, standen Hochaustagende schwarze Brettertürme und blaugrün schimmernde Naphtha- seen und -lachen. Wie der Kutscher, ein zerlumpter Tatar, dem die Haar- büschel fast bis an die Nasenwurzel wuchsen, durch dieses straßenlose Einerlei sich hindurchfinden konnte, war mir ein Rätsel. Mein Führer hatte ihm nur zugerufen: Bohrturm „180", „425", „571!", und er jagte mit seinen zwerghaften, blitzschnell ausgreifenden Pferdchen ohne Irrtum zum Ziel. Das Verfahren, das Naphtha aus den gewaltigen, unterirdischen *) Baku ist vor kurzem gänzlich niedergebrannt.

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 307

1913 - Leipzig : Hahn
307 Eroberer züchtigen zu helfen; aber in seinen Jahren konnte er nicht mehr daran denken, unter die Soldaten zu gehen. Seine Hände ballten sich oft unwillkürlich in stillem Zorn, und er stieß den Hirtenstab auf die Erde, wenn er des Übermutes und der Grausamkeit der Franzosen gedachte. Da kam ein Mann schräg an dem Abhange des Berges daher und eilte auf ihn zu. Er hörte ihn nicht, bis der Hund laut anschlug. Schnell wandte der Hirt den Kopf. Doch seine Augenbrauen zogen sich fester zusammen, als er den Kommenden erkannte. „Nun, Born!" rief dieser, ein Mann von etwa fünfundzwanzig bis dreißig Jahren, dessen stechende Augen seinem Gesichte einen unheimlichen und unangenehmen Ausdruck gaben. „Nun, ihr steht hier so ruhig, als ob da unten nichts los wäre. Das ist ein Leben und ein Treiben ringsum. Man sollte eigentlich Gott danken, wenn man mit heiler Haut heraus wäre." „Niemand hindert euch daran!" antwortete kalt der Schäfer. „Eure Söhne stehen dort oben unter den Preußen, nicht wahr?" fragte der Fremde. Born nickte bejahend. „Und eure Frau und Tochter?" „Sie sind da drüben", erwiderte der Hirt und zeigte mit der Hand nach den Bergen jenseits der Saale. „Denkt ihr denn, daß sie dort in Sicherheit sind? Dorthin wird der Feind auch dringen." „Wer weiß?" sprach Born. „Es kommt vielleicht nur auf einen einzigen Tag an, und die Fremden müssen wieder aus dem Lande hinaus, wie sie hereingekommen sind." „Ha, ha!" lachte Sielert — so hieß der Mann— „denkt ihr denn, daß die Preußen siegen werden? Ich komme heute von Kahla und Jena und habe gesehen, wie zahlreich die Franzosen sind. Es sollen viel über hunderttausend Mann sein, und die lassen sich nicht so leicht zum Lande hinausjagen." Born blickte den Mann scharf und finster an. Dann sprach er langsam: „Ihr scheint es mit den Feinden zu halten!" „Nein, nein!" war die Antwort, „aber der Napoleon versteht den Krieg." „Das mag sein, wie ihm will", erwiderte der Schäfer. „Seine Reiter und Kanonen wird er doch nicht an diesen Bergen in die Höhe schaffen. Es gibt nur einen Weg, aus dem es möglich wäre, und den kennt er nicht und wird ihn auch nicht finden." „Kennt ihr den Weg?" fragte Sielert schnell. /.Ich kenn' ihn," antwortete Born ruhig, „doch wohin wollt ihr?" „Nach Naumburg", erwiderte Sielert. „Man kann auf der Land- straße vor den Soldaten und Pferden, Wagen und Kanonen nicht durch- kommen, ich muß deshalb Nebenwege suchen und einschlagen. Lebt wohl!" Mit diesen Worten eilte der Mann hastig von dannen. Der Schaf- hirt sah ihm lange nach, und seine Augen nahmen einen düsteren Blick an. Dann trieb er seine Tiere langsam in ein kleines Gehölz, welches nicht weit am Abhange des Berges sich hinzog. Dort wollte er mit 20*

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 411

1913 - Leipzig : Hahn
411 mit den gekrümmten Fingern in die Luft krallte, den Mund aufsperrte und die Augäpfel weißlich verdrehte; kraftlos plumpste der zerschmetterte Schädel des Inden in den Sand, in den gelben, körnigen Sand, den die Zähne knirschend zerbissen, der ein rotes Bächlein trank. „Bajonette gefällt!" brüllte Grimpitz. Es kam nicht zum Sturmlauf. Eine zweite, eine dritte . . . eine sechste Salve der Spahis in die gepreßte Masse der wehrlosen Kompanie; reihenweise taumelten, stürzten die Legionäre, der Borstenfeld klappte ein, Frehse bellte heulend wie ein wunder Fuchs, dem die Kugel das Rückgrat lähmt, der Bruggraber zuckte, Wetterle atmete Blut, Plankeneges Kopf schwand zwischen den beiden Schultern der noch Lebenden . . . Einige Deutsche suchten dennoch zu stürmen; den feuernden, unerbittlichen Gegner, der hinzielte, wo nur einer sich noch regte oder im Sande wand, erreichte keiner mit der Spitze seines Bajonettes. Dem halbtot hinwankenden Grimpitz gab Hauptmann Maillard eigen- händig den Fangschuß aus dem Revolver. Drei Minuten genügten. Die elfte Kompanie war gewesen. Bei den Sterbenden halfen die Spahis mit krummen Messern nach. Immer noch hatte Oberst de Döglier nicht hingesehen; erst als kein Schuß mehr knallte, rief er: „Hauptmann, ich bitte." „Zu Befehl." Maillards Augen glänzten. „Herr Hauptmann, ich gratuliere Ihnen zu der herrlichen Waffen- tat .. . " Es paßte so gar nicht zu einem Offizier der großen Armee, daß die schwammigen Wangen des alten Obersten zuckten; tiefernst fuhr er fort: „Vielleicht war wirklich nicht zu vermeiden, was geschehen ist, Hauptmann . . . vielleicht .. . Sie taten, was Sie für recht hielten. Ein unparteiisches Kriegsgericht wird über das Geschehene urteilen, und falls Ihr Handeln in den Augen der Richter einer Entlastung bedarf, so mag die Tatsache, daß ich zur rechten Zeit das richtige Wort nicht fand, für Sie sprechen .. . Das gehört eigentlich nicht hierher ... Jetzt sorgen Sie für die Bestattung der Gefallenen." Da brauste Maillard auf: „Die Hunde auch noch einscharren ..." Die mürben Züge des Obersten wurden hart, und recht metallen klingend sagte Döglier: „Ich muß Sie höflichst bitten, Herr Hauptmann, meine Worte nicht zu verdrehen. Ich befahl ausdrücklich, die Gefallenen zu bestatten." Der Rappe trippelte unruhig. „Bis zum Abend er- warte ich Sie in Sidi-bel-Abbes; unser Truppentransport ist um neun Uhr fällig — und in acht Tagen stehen wir, so Gott will, am rechten Rheinufer. Ich danke." In edlem Schritt trabte der prächtige Araber des Obersten über den weichen, gelben Sand, und die unbeschlagenen Hufe wühlten darin Löcher; der Reiter hing lose im Sattel; es war ihm, als schmerzten die kranken Nieren, und die Zügel pendelten schlaff. —

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 75

1913 - Leipzig : Hahn
75 deutung aller Schleicherei und Falschheit und alle Verachtung zu legen pflegte. Aatzelmacher! Jetzt handelte sich's beim kochenden welschen nur mehr ums Messer. Denn dadurch auch unterscheidet sich der feurige Südländer von dem kühleren Nordländer; er stößt lieber mit Stahl zu, denn mit giftigen Worten. Daß römisches Blut in seinen Adern rolle, mußte er zeigen, und er zeigte es auch. In Ermangelung eines erwünschten Instru- ments schleuderte er dem Gegner über den Tisch hin ein paar Bier- gläser zu. Der Tumult begann von neuem. Etliche bekamen ein klingendes Fauststücklein an den Aopf, und den, der das Wort Aatzelmacher gebraucht, erwischte der durch wein und Streit erhitzte Italiener am Halstuch, und das ist eine ganz vorteilhafte handhabe für den Angreifer! Schon lag der Angegriffene auf dem Fußboden, röchelnd, schäumend und dunkelblau im Gesichte, schon setzte Dzzotti das Anie an die Brust, und seine Faust wand das Halstuch noch immer enger zusammen, wobei seine Augen in einer wahren Lust- gier funkelten. Endlich, bevor es zu spät war, gelang es den Aameraden, den Italiener von seinem Dpfer loszulösen. Doch wie eine Aatze glatt und schlau entschlüpfte er den fänden der Rächer. So war's gekommen, und so war's verlaufen. Dann war wieder das fröhliche Sonntagszechen. Nur dem Peter Dberdorfer wollte das Bier nicht recht durch die Gurgel rinnen, er hatte noch lange das Gefühl, als würge ihn einer mit dem Halstuch. Er rieb sich die liebe Aragenhaut mit der Hand, er ging in die freie Luft, um stark Atem zu holen; man riet ihm sogar, daß er sich auf den Aopf stellen solle, damit die Gurgel wieder auseinandergedrückt werde, aber es wollte alles nicht viel fruchten. Die meiste Er- leichterung verschaffte ihm noch der Gedanke: „Na wart'! Es ist noch nicht finster!" Es ist noch nicht finster! Das war Meters Sprichwort, und es war als solches bekannt und berüchtigt. Im gewöhnlichen Sinne galt es als Bestätigung und Bekräftigung von etwas, das der Peter meinte, und wenn er etwas mit dem Worte: „Es ist noch nicht finster!" versprach, so war es so gut wie seine Namensunterschrift und sein Ehrenwort. Wenn er's aber im Zorn ausrief, dann war es wie ein Fluch und wilder Schwur, eine Drohung, vor der mancher schon gezittert hatte. wenn die beiden Männer — der Peter und Dzzotti, der Italiener — am Sonntag in den Drtsgassen oder am Werktag auf dem Wege zur Schicht aneinander vorüberkamen, da tauschten sie kurz und scharf ihre finsteren Blicke, aber jeder hielt den Atem an — was die Zunge kann, ist hier nicht am Platze. Der Schichtenschreiber merkte es am besten, was zwischen den beiden vorging, und er teilte dem Bergverwalter seine Meinung mit. Es dürfte klug sein, den welschen zu entlassen.

10. Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg - S. 60

1882 - Rudolstadt : Mitzlaff
— 60 — 155) Seehausen, Psds. mit fürstl. Domäne. 1 Sch., 2 L. Die Unstrntwiesen, das Ried genannt, die sich bis an die Dörfer Seehausen, Esperstedt und Ringleben erstrecken, werden bei großen Überschwemmungen unter Wasser gesetzt, so daß dann das ganze Thal einem See gleicht, daher wohl der Name. Im Buchenwald der nahen Hainleite die Wüstung Mellendorf, von der noch Mauerüber- reste und wilde Obstbäume zeugen. Ein romantischer Spaziergang führt an derselben und am Mutzeubrunnen und an der großen Änche (jetzt hohl) nach den beiden Sachsenburgen vorbei. Am Kyffhäuserbache: (Nr 156 bis 158). 156) Udersleben, Pfdf. mit Rittergut, teilweise am Kyff- Häusergebirge gelegen; 1 Sch., 2 L. Mehrere Steinbrüche. 157) Jchstedt, Pfdf., das trotz der fürstl. Domäne und zweier Rittergüter das ärmste Dorf der U. H. ist. Der Wohlstand des Dorfes stieg beträchtlich dadurch, daß es seinen Anteil an dem „großen Sumpfe" zwischen Jchstedt und Borxleben an seine Bew. verteilte und ansrooen oder urbar machen ließ. Nördlich von I. steht die alte Kirche noch, jetzt zum Armenhause dienend. Sie war bis Mitte des 15. Jahrh. die Dorfkirche. Heinrich Hake, Herr von I., suchte 1436 beim Bischof v. Mainz nach, eine neue Kirche im Dorfe er- bauen zu dürfen, weil die damalige Kirche außerhalb des Ortes gelegen fei. I. bildete früher mit Borxleben und Udersleben ein eigenes Amt, welches die Grafen v. Schwarzb. 1377 für 750 Mark Silber vom Grafen von Beichlingen erkauften. Der Sitz dieses Amtes war das alte, aber noch feste und bewohnte steinerne Haus in I. 1 Sch., 2 L. Bei Jchstedt der fischreiche Franensee. 1 Wind- mühle. Auch ist hier ein s. g. Kringelloch, d. h. eine kreisförm. Vertiefung. Seit kurzem hält das Loch sehr viel Wasser; es soll sich, wie man sagt, verstopft haben, und einige Häuser sind in Gefahr. Auch kommen zuweilen hier Erdfälle vor/) 158) Borxleben, Pfdf. mit großem Rittergute, an einem Nebenbächlein. 1 Sch., 2 L. Dieser Ort hat, wie Jchstedt, seinen Anteil am „großen Sumpfe" unter feine Bewohner verteilt. Ein Erdfall in der Nahe. 1 Windm. Auf dem Sumpfe bei B. wächst eine in Norddeutschland selten vorkommende Pflanze, die Artemisia rupestris (eine Beifußart); außerdem wird sie noch^bei Salzburg gefunden. — Die häufigeu Irrlichter, die sich auf dem Sumpfe zeigen, mögen die Ursache davon sein, daß sich die Bewohner der an diesem Sumpfe liegenden Ortschaften beim Spinnen und Federschließen viele Gespenstergeschichten erzählen, in denen seurige Gestalten eine Hauptrolle spielen. *) In unserem Jahrhundert ist es passiert, daß der Nachtwächter sein Haus nach dem Abrufen nicht mehr sah.^ Es war samt seinen Insassen, denen es aber nichts geschadet, geräuschlos haustief „eingeschurrt/'
   bis 10 von 10
10 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 10 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 0
3 0
4 0
5 6
6 0
7 4
8 1
9 0
10 1
11 0
12 1
13 0
14 0
15 0
16 3
17 1
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 2
37 5
38 2
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 15
2 0
3 3
4 9
5 18
6 8
7 1
8 2
9 2
10 1
11 0
12 11
13 5
14 0
15 0
16 31
17 69
18 1
19 43
20 0
21 10
22 0
23 30
24 2
25 1
26 1
27 0
28 8
29 0
30 0
31 1
32 9
33 0
34 1
35 0
36 19
37 4
38 1
39 26
40 25
41 0
42 21
43 3
44 0
45 32
46 2
47 0
48 0
49 4
50 0
51 5
52 2
53 0
54 67
55 0
56 0
57 13
58 12
59 12
60 1
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 8
67 0
68 23
69 22
70 1
71 2
72 34
73 46
74 0
75 21
76 33
77 56
78 1
79 4
80 3
81 2
82 23
83 2
84 0
85 2
86 2
87 52
88 0
89 0
90 1
91 20
92 49
93 0
94 90
95 1
96 0
97 1
98 7
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 1
2 1
3 0
4 0
5 0
6 6
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 4
13 2
14 4
15 0
16 0
17 1
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 1
25 2
26 1
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 3
33 1
34 0
35 0
36 2
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 1
43 2
44 0
45 0
46 1
47 0
48 0
49 0
50 3
51 8
52 2
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 2
60 1
61 0
62 0
63 0
64 0
65 2
66 1
67 0
68 0
69 0
70 1
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 1
77 0
78 1
79 0
80 0
81 16
82 1
83 1
84 1
85 0
86 1
87 1
88 0
89 2
90 0
91 0
92 0
93 2
94 0
95 1
96 10
97 0
98 0
99 0
100 3
101 0
102 4
103 0
104 0
105 0
106 0
107 2
108 0
109 1
110 5
111 2
112 1
113 0
114 0
115 0
116 1
117 0
118 0
119 3
120 0
121 5
122 1
123 4
124 2
125 2
126 0
127 0
128 0
129 1
130 0
131 4
132 0
133 0
134 0
135 0
136 0
137 0
138 0
139 0
140 2
141 0
142 1
143 1
144 0
145 1
146 0
147 1
148 0
149 0
150 0
151 1
152 5
153 0
154 2
155 0
156 0
157 0
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 0
167 0
168 0
169 0
170 0
171 0
172 0
173 0
174 0
175 4
176 0
177 0
178 0
179 1
180 0
181 0
182 2
183 2
184 0
185 0
186 0
187 0
188 2
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 2
197 0
198 0
199 0