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1. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 62

1914 - München : Oldenbourg
— 62 — Abgeordneten der Stadt bleich und zitternd zu Füßen und flehten um Nachlaß. (Er aber erwiderte, wie solche Bitten und Fußfall ganz unnötig seien, das Geld sollten sie erlegen, und wo dies nicht bis den 8. des Abends 7 Uhr geschehen sei oder Geisel hiefür und zwar vier Personen von der Geistlichkeit und dem Adel, vier vom Rate und vier von der Gemeinde gestellt werden, wurde er alsbald das Schloß, die Stadt und alle umliegenden Flecken in lichte Flammen stellen." Ungeachtet der von der Stadt und dem Stifte, das viele silberne Kir-cheugefäße nach Frankfurt verkaufen mußte, aufgebrachten und gezahlten Brandschatzung wurde dennoch das Residenzschloß abgebrannt und in den Häusern der Stiftsgeistlichen übel gehaust. 15, Ein Kaiser in Würzbnrg (1658). Seitdem die Krönung der deutschen Könige zu Frankfurt üblich geworden war, zogen die von den Kurfürsten erwählten Habsburger auf der alten Heeresstraße, die von Wien über Regensburg, Nürnberg und Würzburg führte, zum Krönungsfeste. Infolgedessen erhielt die alte Bischofsstadt am Maine öfter kaiserliche Besuche, die uns von den Chronisten ausführlich geschildert werden. Am ](v August ^658 kam Kaiser Leopold I. auf dem Rückwege von Frankfurt unter dem Donner der Geschütze in Würz bürg an. Bis an die Zeller Steige waren 5000 Mann vom Landesausschusse und einige hundert geworbene Soldaten in Parade aufgestellt. Die gesamte Geistlichkeit war dem Kaiser bis ans Zellertor entgegengegangen und begleitete den von da unter einem Himmel Reitenden in den Dom. Pom Tore an bis zum Dome waren die Bürger und die Garnison mit Musik und Fahnen zu beiden Seiten aufgestellt, die Straßen mit Blumen bestreut, die Häuser mit grünen Zweigen und Bäumen verziert. Als der Kaiser nach abgehaltenem Tedeum mit dem (Erzherzoge und dem Kurfürsten auf das Schloß fuhr, wurde ihm an der Greden von 20 Jungfrauen ein Kranz überreicht. Am folgenden Tage nach der Tafel besuchte der Kaiser eine theatralische Aufführung in der akademischen Aula, wo er bei seiner Ankunft von dem damaligen Domprediger mit einer lateinischen Rede empfangen wurde. Nach Beendigung der Vorstellung besah Leopold die neuerbaute Mainmühle diesseits und das neue Kinderhaus und die Schneid- und Papiermühle jenseits des Maines. Am ^3., nachmittags um 3 Uhr, verließ er Würzburg unter denselben (Ehrenbezeugungen wie beim (Einzuge und reiste noch bis Kitzingen.

2. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 47

1914 - München : Oldenbourg
in die Straßen geleitet werden, um den angesammelten Unrat zur Vermeidung von Seuchen binwegzuschwemmen. — 2lnßer den ansehnlichen Kirchen batte die Stadt vor allem verschiedene öffentliche Gebäude aufzuweisen, die durch ihre Größe und Bauart von den meist kleinen j)rivathäusern, deren obere Stockwerke etwas vorsprangen, vorteilhaft abstachen. Nächst dem Dome stand der Bischofssaal, die erste Bischofswohnung und Hofhaltung. Später diente der Bau zur Abhaltung der Gerichtssitzungen, vor ihm lagen die Gräden, eine große steinerne Stiege mit kleinen Kammern rechts und links, die an die Stadtbewohner zu Schlafstätten und zum Aaufhandel mit Leinentuch vergeben wurden. 3m !?ofe Aalhart in der Nähe fand das bischöfliche Landgericht statt. Das erste Rathaus der Stadt stand nicht weit vom Main, dem „Grafen Eckard" gegenüber, und hieß „Zur Sturmglocke" von der dort aufgehängten Glocke, welche die Bürger zu Versammlungen und bei allgemeinen Nöten zusammenrief. J3j6 wurde der Grafeneckard zum Rathause umgebaut und um die Mitte des ](5. Jahrhunderts mit einem hohen Turme versehen. An der heutigen Domstraße hinauf wurden die täglichen Märkte abgehalten. Z)ier standen die Salzkästen, von denen die Leute aus Stadt und Umgebung ihr Salz beziehen mußten; am Eingang zur Heutigen Kar-melitenstraße, in den Fleischbänken, verkauften die Metzger ihre Maren; dann folgten gegen den Dom zu der Leder- und Schuhmarkt, wo auch die Schuhflicker saßen, der Eier-, Fisch-, Brot- und Beumarkt. Dom Jahre \528 an diente die Straße und ein Teil des Kürschnerhofes zur Aufnahme der Meßbuden. Zur Meßzeit wurden dann die Bürgerwachen verdoppelt, 30 Mann Nachtwache im Rathaus bereitgehalten, einige Tore geschlossen und Wasserkufen zum Feuerlöscher! auf die Gassen gestellt. C. Die Fürstenburg. Auf steilem Felsen links des Maines lag die Marienburg. Sie war mit starken Vormauern umgeben, welche mit festen Strebepfeilern und Schießscharten versehen waren. Ringsumher stiegen feste Türme aus den Vormauern empor. Diese waren entweder ohne Verdachung oder hatten Erker, um, wenn es zur Verteidigung kam, als Batterien zum Steinwerfen gegen den Feind gebraucht zu werden. Die Bergfeste war, wie jetzt noch zu ^eheu, von zwei Seiten, im Gsten und Süden, durch die von Natur schroffen Felsen geschützt und unzugänglich. Auf der nördlichen Seite war durch einen sich steil erhebenden Weg der Zugang des Feindes von der Stadtseite her möglich. Um diesen zu verhindern, zog sich längs dieses Weges eine Vormauer mit mehreren Türmen zur Verteidigung hin und unter diesen zeichnete sich vorzüglich ein viereckiger Turm durch Festigkeit und Z^ohe aus.

3. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 127

1914 - München : Oldenbourg
— \27 — Sinö das nicht menschenfreundliche Bestimmungen? Allerdings folgten auch barte Strafandrohungen. „Die Bewohner, die mit ihrer ßabschaft und mit ihrem Vieh als flüchtig ergriffen werden, sollen inhaftiert und ihre Babe soll zum Besten der Republik eingezogen werden. Bewohner, die sich bewaffnet vereinigen, werden auf der Stelle erschossen und ihre Däuser niedergebrannt. Auch einzelne Einwohner, die ohne Erlaubnis Waffen tragen, werden sofort erschossen. Alle Waffen sind den Vorstehern und Bürgermeistern abzuliefern." So sprach vor \oo Jahren das unerbittliche Gesetz des Krieges, so spricht es heute noch, weil das Wohl der Armee in Feindesland es also fordert, vor der Anwendung dieser Strafen kann sich der friedliche Bürger leicht durch Gehorsam schützen. Die Einwohner des Frankenlandes unterwarfen sich gerne den Bedingungen des Aufrufes; hielt aber die französische Armee, was ihr Führer versprochen hatte? Lin Auszug aus einem vergilbten Büchlein, das nur ein Jahr nach den Ereignissen erschien, soll uns eingehenden Bericht erstatten. Alles überließ sich der sorgenlosesten Sicherheit. Nichts hatten die Einwohner geflüchtet, nichts gerettet, nichts verborgen. Fürchterlich gingen ihnen jetzt die Augen auf. Die Zahl der Unmenschlichkeiten, der Mißhandlungen, die Züge einer mehr als viehischen Raubgierde, die Ausschweifungen und Gewalttätigkeiten kann der Geschichtsschreiber nur mit Mühe zusammenfassen. Der größte Teil der Dörfer und Schlösser, die die französischen Truppen berührten, wurde rein ausgeplündert. Die Plünderung betraf nicht nur die Gelder in allen Kassen; alles, was für die Soldaten brauchbar sein konnte, wurde mitgenommen. Schränke, die nicht offen standen, wurden zusammengehauen, die Türen verschlossener Wohnungen mit Flintenkolben eingestoßen. Insbesondere waren die Franzosen gierig auf Uhren, Kleidungsstücke und Gewehre, viele Beamte, Bürger und Landleute wurden bis aufs Bernd ausgezogen, besonders auf gute - chuhe hatten es die Räuber abgesehen. Alles Leinenzeug wurde ihnen zur Beute. Sie zerschnitten die Betten, streuten die Federn umher und nahmen die Überzüge, auch die Vorhänge und Sesselüberzüge mit. Kopf- und Balstücher entrissen sie den Frauen und Mädchen. Sie durchsuchten alle Taschen und nahmen alles, was sie fanden. Im Bannach-grund überfielen sie sogar einen Bettler und plünderten seinen Zwerg-sack, der einige Stücke Brot und einige Groschen enthielt. Groß war der Scharfblick der Soldaten in Entdeckung des verborgenen. Sie durchsuchten mit Wachsstöcken alle Winkel der Wohnungen vom Dachgiebel bis zum Keller. Auch waren besonders die Freiwilligen mit Brecheisen, Hebeln, auch mit Nachschlüsseln und anderen Diebsgeräten ausgerüstet. „Krippen" war das neue wort für „stehlen", das sie in Franken gestempelt hatten.

4. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 129

1914 - München : Oldenbourg
— *29 — In den Städten waren die Privatplünderungen seltener, doch gab es auch genug Ausschreitungen. Der Aufzug der Infanteristen, die auf ihren Bajonetten Stücke rohen Fleisches aufgespießt, ihre Bündel mit geplünderten Sachen gefüllt und ihren Anzug mit gestohlenen Seinen und (Tüchern zusammengeflickt trugen, bildete einen das Auge des gesitteten Menschen tiefempörenden Anblick. Die Gesetze der Gerechtigkeit fordern indes zu bemerken, daß die Plünderungen keineswegs allgemein waren, am häufigsten nur da stattfanden, wo Treffen vorgefallen oder Lager geschlagen waren, daß in vielen Ortschaften nichts mitgenommen und oft strenge Zucht gehalten wurde. Der scheußlichste Zug der Räuber im £)eere war das Verwüsten. Lenster, Gläser, Möbel, Bäume, kurz alles, was ihnen nicht nützen konnte, zusammenzuhauen oder nach ihrem Ausdruck „kaput" zu machen, war ihre Leidenschaft geworden. Unberechenbar ist der Schaden, den sie durch diese nutzlose Verwüstung den armen Einwohnern zufügten. Was an Wein, Branntwein und Bier in die Keller lief oder an Brot, Mehl und Fleisch mutwillig verdorben wurde, ist weit mehr als das, was sie genossen. Angesehene Männer wurden mit Schlägen mißhandelt, mit Säbel oder pistole bedroht, auch verwundet und mehrere entsetzlich ermordet. Grund war oft nur die Nichterfüllung geforderter Unmöglichkeiten. Kein wunder war es in Anbetracht solcher Greueltaten, daß der Tod über den Gefilden Frankens zu herrschen schien. Auf den Landstraßen erblickte man keine Frachtrvagen, keine Reisende, auf den Feldern keine tätigen Landleute, in den Städten sah man nur wenige Fußgänger. Öffentliche Spaziergänge und Belustigungsorte blieben leer, die Schauspielhäuser verschlossen, von allen Gasthöfen und Schenken waren die Schilder abgenommen, die Läden blieben zu. Bändel und Verkehr standen stille. Alle Geschäfte stockten. Allenthalben war die Stille des Grabes, nur unterbrochen von dem kriegerischen Geräusche der Feinde und dem Rasseln der Karren mit geraubten Sachen. 3. Die Franzosen in Wirrzbnrg. Siehe: V Köhl, Die Franzosen in Franken. !)erlagsdruckerei Würzburg ^o. 2. Dr. Leo iüils, Bilder aus der Geschichte lvürzburgs. Programm zum Jahresbericht der Würzburger i^andelsrealschule von W. Adam \y\2/\3. 3. Itcemminger Anton, Die Franzosen in Franken. lvürzburg \896. 4. Die Schlacht bei Würzburg. General Iourdan hatte nach der Niederlage bei Amberg auf seinem Rückzüge Bamberg erreicht und gedachte nun auf geradem Wege nach Würzburg zu kommen. Aber starke österreichische Abteilungen hatten schon -den Vorsprung gewonnen und sperrten die Straße durch den Steigerwald. Lichelsbcicher, Bilder aus Frankens Vergangenheit. q

5. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 90

1914 - München : Oldenbourg
— 90 — alle Mundvorräte aufgezehrt, auch war die Wasserleitung von Höchberg her durch den Feirtd zerstört worden, so daß Aisternenwasser getrunken werden mußte. Am Abende dieses Tages besetzten die Schweden Kloster Zimmels-pforten und ließen sich ungeachtet des heftigsten Feuers vom Schlosse den vorgefundenen wein trefflich munden. Am Samstag, den j8. Oktober, früh zwischen H und 5 Uhr griffen sie von £?immeispforten und vom Deutschhause her das Schloß mit Sturmgewalt an. Im ersten einlaufe überstiegen sie die unteren Mauern des Schloßgartens auf Leitern und drangen durch die Palissaden. Die hinter den Zäunen aufgestellten Verteidiger wurden alle niedergehauen. Die Feuerwerker verließen ihre Geschütze und flohen aus den Bollwerken. Nur wenige entrannen dem mordenden Feinde. Dieser sprengte sogleich das Tor der nicht einmal aufgezogenen Brücke und gelangte in den Vor-hof. f?ier standen vier mit L^agel (Kartätschen) geladene Geschütze, die vielleicht den Angriff hätten abwehren können, wenn sie abgefeuert worden wären. Doch auch deren Mannschaft war geflohen. Am inneren Tore wurde noch ziemlich heftiger widerstand geleistet, doch wurde auch dieses Tor von der Übermacht der Schweden eingesprengt. In kaum % Stunden war das Schloß eingenommen. In der ersten Wut tötete der siegende Feind alles, was ihm in die £?ändc fiel, selbst die wehrlosen Soldatenfrauen, einige Räte und Geistliche. In unbeschreiblicher Verzweiflung und Angst renmten die Unglücklichen durch alle Gemächer und Gänge des Schlosses um in irgend einem verborgenen Winkel ihr Leben zu retten. Deutlich hörte man unten in der Stadt das schauerliche Jammergeschrei. Die Schloßkapelle, in die sich viele geflüchtet hatten, lag voller Leichen. Der Oberschultheiß Truchseß von 6enneberg, der prior der Kartäuser, der Kapuzinerpater Leopold von Gumpenberg und mehrere Klosterbrüder wurden grausam hingemordet. Das entsetzliche Gemetzel dauerte bis nach 7 Uhr morgens, wo der König mit seinem Gefolge über blutige Leichname hinweg seinen Einzug hielt. Den König erfreute vor allem das Zeughaus mit seinem schönen Vorräte an Geschütze:: und Waffen aller Art. (£r ließ damit einen großen Teil seines 6eeres neu ausrüsten. Die wagen und Pferde des fürstlichen Marstalles und die besten Gold- und Silbergeräte, Edelsteine und Perlen der Silberkammer eignete er sich selbst an. Das übrige überließ er seinen Offiziere:: und Soldaten zur Beute. Alle Kostbarkeiten und Gelder des Staates, der Stifte, Klöster und reichen Bewohner, die auf die Festung geflüchtet worden waren, fielen den: Feinde anheim. Ein trauriges Schicksal waltete über der wertvollen Büchersammlung. Die vielen seltenen Handschriften und berühmten Werke in oft kostbaren Einbänden wurden mit den Büchereien der Hochschule und des Jesuiten-

6. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 96

1914 - München : Oldenbourg
— Hü- ll. Der Schwedentrunk (1633), Bruder Valentin der Kartause Astheim wurde zur Aufdeckung des verborgenen Hausschatzes angehalten. Als er aber nichts verriet, bekamen ihn die Scharfrichter und deren Knechte in die Hand. Man band ihn an eine Leiter und fragte ihn mit vielen Streichen, Foltern und allerlei peinlichen Torturen, warf ihn ins Gefängnis, traktierte ihn mit Hunger, Durst und anderem Ungemach ärger als ein unvernünftiges Diel?. Dann gab man ihm auch den Schwedentrunk, bestehend aus abscheulichen Menschen-, Pferds-, Rinder- und allerlei Kloaken, die man ihm mit Trichtern gewalttätig in den Mund gegossen, bei dick angefülltem Leib den Hals eine Zeitlang zugestrickt, alsdann ein Brett auf den Leib gelegt und darauf herumgetreten, bis aller Unflat wieder durch den 6als zu Mund und Nasen herausgebrochen. Solchen höllischen Trank nebst grausamen peinert überstand der heldenmütige Mann zweimal, erst das drittemal offenbarte er das Geheimnis. Kurze Zeit darnach gab der erbärmlich zugerichtete Bruder seinen Geist auf. — Am \7. )uli ^6^0 gab Klaus Gerich in Stetten im Merntale nach schrecklichen Mißhandlungen seinen Geist auf; die Soldaten hatten ihm den schwedischen Trank eingeschenkt. Dem unglücklichen Gpfer wurde Kalkmilch eingeschüttet. Auch aus Humprechtshausen bei Haßfurt meldet Link (Klosterbuch) die Verabreichung eines Schwedentrunkes. jedenfalls kamen Hunderte von Fällen dieser unmenschlichen Greueltaten vor; wer aber sollte den Mut haben, diese in jenen Zeiten aufzuzeichnen? —- 12. Der Bannachgrund im Dreißigjährigen Kriege. Auch der Bannachgrund ertrug sein vollgerüttelt Teil des Jammers, wie nur wenige kurze Aufzeichnungen, die fast wahllos aus der Menge der vorhandenen Nachrichten herausgegriffen wurden, zur Genüge beweisen. Don Rentweinsdorf wird gemeldet, daß im April \632 das Schloß geplündert wurde und im August die Rotenhanschen Untertanen und Söldner fast alle erkrankt waren. Diele Gebäude lagen in Asche, andere waren von ihren Besitzern verlassen oder ausgestorben. zählte der Markt drei (Einwohner. ^633 heißt es von Lind: „Die Leute ziehen den Pflug oder hacken das Feld", ebenso von Reutersbrunn. In Preppach lagen \633 die Leute an einer Seuche fast alle krank, die Gesunden gingen betteln. „Der Pfarrer von Iesserndorf hat ^63h (seit drei Jahren) keinen Zehnt von Gänsen und Schafen gesehen, sintemal die Bauern gar nichts haben und in die äußerste Armut getrieben sind, und keine Küh und pferde haben,

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 41

1913 - Leipzig : Hahn
41 gaben, durch welche die Erwerbsfähigkeit gehemmt wird. Man will Kummer und Sorgen bekämpfen, und statt zum wahren Freunde zu gehen, der einen mit Rat und Tat unterstützt, geht man zu falschen Freunden in die Kneipe, die einem sagen: „Du bist nicht schuld, sondern die heute herrschenden sozialen Einrichtungen, und die dem Trostsuchenden einen Fußtritt geben, sobald er seine Wirtshaus- rechnung nicht mehr bezahlen kann." Die letzte Ausrede des Alkoholfreundes ist die schwerwiegendste: „Mein Beruf erlaubt es mir nicht, mich des Alkoholgenusses zu enthalten." Damit wälzt er die Schuld von sich ab und stempelt sich zum Märtyrer. Die Statistik weist nach, daß es keinen Beruf gibt, in dem man nicht ohne Alkohol leben kann. Alle Einwendungen der Alkoholfreunde schrumpfen in ein Nichts zusammen, es sind Ausflüchte und Beschönigungen; wer offen und ehrlich sein Glas verteidigen will, sage doch lieber: Ich trinke Wein und Bier, weil ich gern trinke, oder weil ich mich schäme, etwas anderes zu trinken. Der Alkohol, wie er im Wein, Bier und Schnaps getrunken wird, ist also durchaus unnötig, und das viele Geld ist nutzlos vergeudet. Deutschland gibt in jedem Jahre 3 Milliarden Mark für Alkohol aus, doppelt soviel als der gesamte Reichshaushalt aus- macht. Während die ganze Steuer auf den Kopf der Bevölkerung 25 M beträgt, gibt unser Volk pro Kopf 50 M für Alkohol aus. Und mehr als 150000 Deutsche führt der Alkohol jährlich vor den Strafrichter. Wieviel Elend und Not enthalten diese trockenen Zahlen! Wenn es doch nur vergeudet wäre, aber Alkohol ist ein Gift und eine Ursache vieler Erkrankungen. Charles Darwin sagt: „Durch meine, meines Vaters und meines Großvaters lange Erfahrungen... die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß keine andere Ursache so viel Leiden, Krankheit und Elend erzeugt als der Genuß alkoholischer Getränke." Dieselbe Ansicht haben die berühmtesten Professoren und Ärzte. Alle Organe des Menschen werden von diesem Gifte in ihren Verrichtungen gestört und krankhaft verändert. Der chronische Katarrh des Rachens und der chronische Magenkatarrh des Trinkers sind allgemein bekannt. Daß die unheilbaren Nieren- und Leber- leiden zum großen Teil Folgen des Alkohols sind, hat leider schon mancher zu spät erfahren müssen. Als Nervengift kennzeichnet sich der Alkohol schon durch seine lähmende Wirkung am Gehirn. Es gibt keine Nervenkrankheit, wobei nicht der Alkohol als ursächliches Moment eine Rolle spielte. Im Berliner Krankenhaus werden jähr- lich 5 bis 600 an Säuferwahnsinn leidende Kranke ausgenommen, ab" gesehen von den vielen anderen Nervenkranken. Nach vr. Franz Schönenberger.

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 132

1913 - Leipzig : Hahn
132 65, Das erste Gaslicht. Das Leuchtgas ist am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden. Der Engländer Murdoch beleuchtete 1792 sein Haus und seine Werk- stätte mit Steinkohlengas. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, der für die Entwicklung der Gasindustrie außerordentlich viel beigetragen hat und die Straßenbeleuchtung von London (1814) einführte, er- zählte über die Erfindung des Leuchtgases folgendes: „Murdoch hatte mich als jungen Burschen bei seinen Versuchen über die Verwendung des Kohlengases für die Erleuchtung zur Hilfeleistung herangezogen. Wie einfach waren unsere Apparate! Ein altes Flintenrohr hatten wir als Retorte, Ochsenblasen als Rezipienten und Gasometer. Wie oft sind wir beim Licht eines Flämmchens nach Hause gegangen, das der Alte mittels einer solchen Blase, die er unter dem Arm drückte, und eines alten Pfeifenrohres als Brenner unterhielt. Wir kamen weit mit dem Kohlengas, und bei dem Feste für den Frieden zu Amiens (1802) hatten wir an der Front der Fabrik in Soho eine Sonne von Gasflammen angebracht, die freilich tüchtig qualmten, — der Jubel und das Staunen der Volksmassen wollte nicht enden. — Wir beleuchteten die Werkstätten damit, noch einige Spinn- mühlen, und es war besser als Lampenlicht; aber schlecht genug war das Gas, und die Leute wurden krank von all dem Rauch und Ruß. Als ich vor nunmehr 40 Jahren meine Reinigungsapparate erdacht und fertig hatte, beleuchtete ich zuerst damit einen Verkaufs- laden, ich glaube, der Besitzer war ein Farbenmacher am Strand in London und hieß Ackermann. Die Flammen standen wie weiße Sterne über den Brennern, und die Öllampen weit und breit wurden rot und blind. Die Leute liefen zusammen, und die Wagen der Vor- nehmen hielten vor dem Laden, dessen Besitzer bedeutende Geschäfte machte. Eines Abends kam eine schöne, große Lady hereingestürmt und rief uns an, sie müsse das Licht in ihrer Kutsche mit nach Hause nehmen, es koste, was es wolle! Bei alledem wurde ich ausgelacht, als ich mit dem Plane hervortrat, London mit Gas zu beleuchten. Und unter den Lachern waren keine schlechteren Leute als Davy, unser größter Physiker, und einer, dem es lieber verziehen sein soll, unser größter Dichter von damals, Sir Walter Scott, der spottend ausrief: „Die Welt steht auf dem Kopfe, London soll jetzt in Winternächten mit dem Kohlenrauche beleuchtet werden, der unsere Wintertage zu Nächten macht." Aber endlich, jetzt (1844) gerade vor 36 Jahren, hatten wir eine mutige Gesellschaft zusammen, ein Gasometer war er- baut, und es sollte mit dem „Lichtverkauf" begonnen werden. Da hatten Gelehrte dem Magistrat gesagt, mein kleiner Gasbehälter sei gefährlicher, als wenn er voll Schießpulver wäre, und durch das kleinste Loch in seinem Blech könne das Gas Feuer fangen, explodieren und halb Middlesex in die Luft sprengen. Ich bekam keine Erlaubnis, auch nur eine einzige Flamme anzu-

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 202

1913 - Leipzig : Hahn
202 zu bezahlen. »loh bin ja niemand etwas schuldig“, antwortete er. »Ihr habt aber einen Wechsel für einen guten Bekannten unterschrieben,“ erwiderte man ihm; »den müßt ihr jetzt ein- lösen, ihr mögt wollen oder nicht.“ Voller Angst zog nun der Landmann einen Rechtsgelehrten zu Rate. Dieser konnte ihm aber nicht helfen; denn die einmal gegebene Unterschrift hatte Gültigkeit. Der Landmann mußte bezahlen und fast sein ganzes Vermögen aufopfern. Elsässer Lesebuch. 90. Eine wohlverdiente Lehre. Wie man übertrieben gefälligen Geschäftsleuten gegenüber zu ver- fahren hat, hat einmal der verewigte deutsche Kaiser Friedrich Id. als Kronprinz aufs nachahmungswerteste gezeigt. 1867 hielt er sich mit seiner Gemahlin in dem Schloß Erdmannsdorf aus. Das kronprinzliche Paar besuchte häufig das nahe Warmbrunn und machte dort Einkäufe. So kam es einst auch in den Laden eines Spielwarenhündlers, um für Prinz Wilhelm, den jetzigen Kaiser, Kleinigkeiten auszuwählen. Der Kronprinz hatte Schaukelpferd, Säbel, Helm, Patrontasche sich ausgesucht; der hohe Herr verlangte nun die Rechnung. „Aber das hat ja Zeit, Königliche Hoheit," sagte, sich tief verneigend, der Kaufmann. „Nichts da, mein Bester, ich borge nicht," versetzte der Kronprinz, „was kosten die Sachen?" Der Händler, welcher dem fürstlichen Besuche gegenüber fürstliche Preise machte, rechnete nun für die Gegenstände eine unver- hältnismäßig hohe Summe aus. Da klopfte ihm der Kronprinz auf die Schulter und sagte: „Das ist für meine Verhältnisse zu viel; da wird mein Junge vorläufig noch auf die Spielsachen verzichten müssen." Sprach's, bot der Kronprinzessin den Arm, ließ den Kaufmann verblüfft stehen und besorgte im Nebenladen seine Einkäufe. Dr. Schramm-Macdonau», 91. An der Berliner Börse. Wir kommen gegen zwölf Uhr mittags in Berlin über die monumen- tale Kaiser-Wilhelm-Brücke und sehen drüben jenseits des Spreearms, fast genau gegenüber dem Gebäude des Neuen Doms, den Koloß der Berliner Börse. Ein auffallend starker Verkehr von Droschken und Privatequipagen, die sämtlich vor dem großen Säulengang halten, belehrt uns, daß die Geschäftsstunden der Börse begonnen haben. Wir lösen Eintrittskarten gegen geringes Entgelt und öffnen die Tür, die vom Korridor durch einen kurzen Seitengang nach der Galerie führt. In dem Augenblick aber, in dem wir die Hand auf die Klinke der Tür gelegt haben, ziehen wir sie erschrocken zurück. Ein gellendes Schreien und Rufen beängstigender Art tönt uns entgegen. Es klingt, als schrien in furchtbarster Todesangst tausend Menschen auf einem sinkenden Schiff. Angst und Neugier treiben uns aber vorwärts, im nächsten Augenblick stehen wir auf der schmalen Börsengalerie, und ei»

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 209

1913 - Leipzig : Hahn
209 fort, wie sie sich dessen rühmten, wenn sie abends nach der große« Katastrophe am Solo-Tisch in Gesellschaft des Herrn Bürgermeisters, des Kämmerers und des Herrn Apothekers einen Erholungstrunk genossen und mit Stolz auf die Erfolge versicherten: Wir legen jetzt in vierundzwanzig Stunden richtig unsere achtzehn Meilen zurück. Da trat in der Mitte der zwanziger Jahre gar die Schnellpost auf. „Vier Pferde!" „Jede Stunde eine Meile!" „Und sie geht alle, alle Tage und nimmt samt Beiwagen an achtzehn waghalsige Passagiere mit, die sich nicht scheuen, in so rasender Schnelligkeit Tag und Nacht durch die Welt zu jagen." „Das muß man sehen, um es zu glauben." Und wirklich, unser guter Lehrer, der davon gehört und sich danach erkundigt hatte beim Posthalter unserer lieben Provinzialstadt, welcher zugleich Apotheker und als Verkäufer magenstärkender Liköre sehr mitteilsam selbst in Amtsangelegenheiten war — unser guter Lehrer teilte die Merk- würdigkeit uns Kindern in der Schule mit, daß morgen abend Punkt fünf Uhr und zweiunddreißig Minuten eine solche Schnellpost mit vier Pferden in unserer Vaterstadt direkt von Berlin ankommen und bei dem Posthalter vor der Tür fünf Minuten halten werde, um sodann wieder auf- und davonzujagen bis nach Königsberg. „Denn wir liegen" — fügte er belehrend hinzu — „gerade an der Landstraße zwischen diesen beiden großen Residenzen, die jetzt für die Schnellpost bloß dreimal vierundzwanzig Stunden voneinander entfernt sein werden." „Werden auch Beiwagen ankommen?" wagte ich zu ftagen. Unser Lehrer zuckte die Achseln und vertraute uns mit sehr bedeutungs- vollem Kopfschütteln: „Das weiß selbst der Herr Posthalter nicht einmal," aber er habe gesagt: „In jetziger Zeit muß man auf alles gefaßt sein!" Nach ernstlicher Beratung mit dem strengen Herrn Hilfslehrer wurde uns denn noch am selbigen Tage bekannt gemacht, daß wir Kinder alle, wenn wir fest versprächen, morgen nicht auf der Straße neben der Schnell- post herzulaufen, was lebensgefährlich sei, mit den beiden Lehrern bis eine halbe Meile vor der Stadt hinausgehen würden, wo wir die Schnell- post „im vollen Fluge" könnten vorüberjagen sehen. Wir sollten nur unseren Eltern noch ankündigen, wie alle nötigen Vorsichtsmaßregeln würden getroffen werden, daß niemand von uns in dem gefährlichen Momente die Landstraße betreten könne. Unsere Begeisterung für das erwartete wunderbare Schauspiel ver- setzte alle Hausväter und ganz besonders die besorgten Hausmütter in Auftegung. Die Folge vieler häuslicher Beratungen war, daß die meisten Mütter und älteren Geschwister den Entschluß faßten, die Schüler auf ihrer Expedition zu begleiten, um durch Wachsamkeit jedes Unglück zu ver- hüten und nebenher auch das Wunder in seiner Fülle anzustaunen, da es ausgemacht war, daß die Schnellpost in der Stadt selbst ganz gewiß nicht in so rasendem Galopp dahinsausen würde wie auf der Landstraße. Die Expedition samt Begleitung ging denn auch bei schönem Sommer- wetter ganz glücklich von statten. Die Schulmeisterin hatte eine Wasch- Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Allg. Teil.
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