Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 33 —
Vierter Abschnitt.
Kitter und Sürger.
1. Eine Ritterburg.
Den Wanderer, der auf fröhlicher Fahrt durch Frankens Gaue zieht, grüßen von den Höhen hernieder uralte Denkmale vergangener Jahrhunderte, wahrhaftige „steinalte" Greise inmitten jugendfrischer Auen und blühender Ortschaften. Über ihr Gemäuer, das grau und verwittert in die Lüfte ragt, klettert der (£feu, durch die leeren Fensterhöhlen pfeift der Sturm, in den Böfen wohnt der Wald. Und Jahr um Jahr schafft die Zeit, die nimmerrastende, um sie der Erde gleich zu machen. Langsam zwar, aber stetig, gehen sie ihrem Untergange entgegen, wenn nicht der Mensch der Zerstörung Einhalt gebietet. Er dürfte es tun, denn die alten Gesellen haben es verdient. Sind sie es doch, die uns berichten aus anderen Tagen, von anderem Tun, von Menschengeschicken, vom Wechsel der Zeiten. Geschlechter sahen sie kommen und in die Gräber sinken, sie sahen Freude und Frohsinn und Leid und Elend und Not. Stumm standen sie dabei, stumm stehen sie heute noch. Und doch webt in ihren winkeln ein leises Geflüster und schlingt sich um die Trümmer Bewegung und Leben: das blühende Leben von Geschichte und Sage. So laßt uns denn im Geiste unsere Schritte zu den Ruinen einer der größten fränkischen Ritterburgen lenken um zu fragen: welche Kunde ward uns aus ihren dahingeschwundenen Zeiten? —
Burg Wertheim am Main.
Schon in den Tagen der Karolinger litt unser Vaterland unter den verheerenden Einfällen fremder Völker. Mit den zerstreuten Hütten der Deutschen aus schwachem Fachwerk hatten die Eindringlinge geringe Arbeit; leicht war der hölzerne Zaun um die Siedelung durchbrochen und bald loderten die Flammen aus dem Heim der Überfallenen. Dieser Umstand veranlaßte reichere Leute, adelige Herren, feste Häuser aus Stein zu errichten aus steilen Bergen, auf Inseln oder in Sümpfen, also an Orten, deren natürliche Lage schon Schutz gegen die allzu leichte Annäherung von Feinden bot.
Graf Wolfram I. von wertheim wohnte in seinem Hause am Main-user nicht sicher und ruhig, denn durch das Tal hinauf und hinunter zogen öfters Feinde. Er erbaute darum eine Wohnung auf dem Berge. Wohl um uoo erstand ein hoher, aus Quadern gefügter, spitzdachiger Turm, der Bergfried geheißen. Vor dem Turme befand sich ein aus Pfählen aufgeführter Zaun. Neben dem Bergfried stand das Wohngebäude. Eine gewaltige künstliche Schlucht trennte das Burggelände vom oberen
Eichelsbacher, Bilder aus Frankens Vergangenheit. 5
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Spiele weg und baten fußfällig um paröcm; die Reisigen aber, Rieneckscbe wie Fechenbachsche, warfen viele nieder und schlugen, wen sie erjagten, und würde schwerlich ein Mann davongekommen sein, wäre nicht der große Kaufen, so auf dem Kirchhof gestanden, und die anderen aus dem Schloßgarten allgemach herangezogen. —
Die Ritter begaben sich mit ihren Knechten nach Eschau, schlossen die Core und gingen auf die Mauern. Dort sahen sie, daß das Schloß in vollen Flammen stehe, sowie auch der Turm.
Nach etwa einer Stunde flammte es auf dem Turm in einem großen Feuerstrom hell auf, dann war nur noch ein dicker Hauch zu sehen, und als der Hauch sich verzog, sah man den Turm nicht mehr; denn er war zusammengestürzt; die Bauern aber sprangen und tanzten umher auf der wiese und erhoben ein lautes Freudengeschrei, als der Turm gefallen war.
i) Wie die Bauern bei Königshofen an der Tauber geschlagen worden sind.
Die Bauern aus dem Odenwald zogen von Würzburg ab und sammelten sich gegen den Schwäbischen Bund an der Tauber. Sie lagerten sich bei Königshofen. Als sie des Bundes und der Fürsten, die gegen sie heranzogen, ansichtig wurden, rückten sie hinter Königshofen die Steig hinauf zu dem Wartturm auf dem Berg, richteten ihr Geschütz in das Tal gegen den Feind und taten bei acht Schüsse ungefähr. Mittlerweile war das Hennfähnlein der Bündischen auch in die Höhe auf den Berg gekommen. Die Bauern wendeten ihr Geschütz gegen die Heiter und feuerten drei Schuß ab.
Da stieß der Trompeter in die Trompete und sogleich stürmte das Fähnlein gegen die Bauern. Diese erschraken und ergriffen die Flucht. Die Hauptleute und Obersten unter dem Bauernhaufen hieben den Wagen-pferden die Stränge ab, saßen auf und entrannen fast alle. Inzwischen kamen die Heisigen vom Heere der Fürsten alle heran, fielen die Bauern von allen Seiten an und machten bei 4000 Mann nieder. (Etliche 300 Bauern hatten sich im Holz verborgen. Zu denen konnten die Heiter nicht kommen. Auch taten sie mit ihren Handrohren den Fußknechten, die mit ihren langen Spießen nichts ausrichten konnten, Widerstand bis gegen den Abend. Dann ergaben sie sich gefangen und wurden in der Pfarrkirche von Königshofen verwahrt.
Man hat an diesem Tage von den Bauern 4.9 Büchsen auf Hädern, \2 Doppelhaken, 39 Haken, ^5 halbe Haken und merklich viele Wagen erobert.
Diese Niederlage der Bauern war geschehen am Freitag vor Pfingsten, Den 2. Juni \525.
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Frühlingskleide prangende Landschaft fort, passierten das bierberühmte Oberfarnbach, das hopfenreiche Langenzenn, das freundliche Neustadt im gesegneten Aischgrund und weilten bald auf dem fruchtbarsten Teil des glücklichen Frankens, zu welchem der schöne Landstrich von Dossenheim nach Iphofen, Einersheim, Mainbernheim, Kitzingexi gezählt werden muß. Am 3. Iurii gegen 5 Uhr morgens trafen wir in Würzburg ein. Die Sonne stieg mit entzückender Pracht aus ihrem Schattenschleier hervor und vergoldete mit ihren Strahlen die malerische Gegend, die im reizenden Frühlingskleide ausgebreitet vor uns lag, als wir unter Post* Hornklang den Galgenberg hinunterfuhren. Ich will nicht eine Beschreibung der Schönheiten Würzburgs liefern und bemerke nur nebenher, daß der Fremde ja nicht versäumen soll, das überaus prächtige Residenzschloß Sr. Kgl. Roheit unseres Kronprinzen, die Bergfeste, die Domkirche, die öffentlichen Denkmäler, das Iuliusspital mit botanischem Garten usw. genau zu betrachten. Wertvolle Zeit raubte mir die paßvisitation im Begierungsgebäude. Gegen \ \ Uhr mittags kehrte ich in den Gasthof zum Kronprinzen von Bayern zurück, aß mit mehreren Reisegefährten zu Zttittag und zahlte die Zeche, die ich billig fand. Am 3. Juni, mittags um \2 Uhr, setzten wir uns auf die Diligence und fuhren über Roßbrunn, Esselbach, Aschaffenburg und Seligenstadt nach Frankfurt ab. Ein eleganter £?crr war in Nürnberg einige Stunden vor uns mit Extrapost abgefahren und hatte für seine drei Reisewagen \2 Pferde und ein Pferd für den aus jeder Station vorauseilenden Kurier nötig, weshalb wir auf allen Unter-wegsstationen keine ausgeruhten, sondern nur immer dieselben ermüdeten Pferde fanden. Infolgedessen kam er immer rasch voran und konnte übernachten, während wir die ganze Nacht fahren mußten. So langten wir auch erst am nächsten Morgen um 7 Uhr nach \9 stiindigem Unterwegsein in Frankfurt an.
Don Würzburg bis Esselbach war die Straße zwar sehr gut, um so schlimmer aber war man mit den vielen Bergen daran, da man immer Schritt fahren mußte und daher von der lieben Langeweile wahrhaft gepeinigt wurde.
Bei Lengfurt wird der Postwagen über den Main geschifft. Die am jenseitigen Ufer auf einem hohen Berge liegende säkularisierte propstei Triefenstein ist eine Zierde der ganzen Gegend.
hinter Esselbach passierten wir den einst wegen seiner Unsicherheit so gefürchteten Spessart, der eine Breite von 3—- Meilen hat. Eine gute Straßen- und öffentliche Sicherheitspolizei und eine tätige Forstverwaltung sind die Ursache, daß sich kein schlechtes Gesindel mehr darin ansiedeln kann. Der Postwagen, der gerade um Mitternacht diesen Wald passieren muß, wird nur von einem einzigen Gendarmen zu Pferde bis Aschaffenburg begleitet, wie jeder Postwagen in Bayern zur Nachtzeit.
Durch Aschaffenburg fuhren wir während dernacht und erreichten nach mehreren Stunden über (Dffenbach und Sachsenhausen die Stadt Frankfurt-
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Geschlecht (WdK): koedukativ
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kleinen Erbprinzen auf dem Arme auf dem Balkon und dankte nach allen Seiten. Das war am 8. März.
Am 9. März war es sehr lebhaft in den Straßen der Stadt. Einigen verdienten Personen wurden Hochs ausgebracht, gegen andere fielen mißliebige Äußerungen. Die Bürgerschaft und die Studierenden wachten darüber, daß es zu keinerlei Tätlichkeiten kam.
Am \o. März, mittags 1/2\\, fand auf dem Hofplatze die feierliche Vereidigung der Garnison auf die Verfassung statt. Der erhebende Akt wurde unter dem Zulauf einer großen Menge vollzogen. Ein vieltausendfaches Hoch ertönte, als der Schwur geleistet wurde: „Ich schwöre Treue dem König, Gehorsam dem Gesetze und Beobachtung der Verfassung." Der Jubel wiederholte sich auf der Domstraße und besonders vor dem Hathaufe, wo die Landwehrmusik aufgestellt war.
Die Studenten und die Bürgerschaft hielten während der Nacht die Ordnung aufrecht. —
Aschaffenburg, ^0. März. 3n unserer Stadt herrscht vollkommene Ruhe. Dagegen haben in unserer Umgegend mehrere sehr beklagenswerte Unruhen stattgefunden. )n Rothenbuch drang Mittwoch abend eine tobende und schreiende Menge ein, größtenteils aus Wildschützen bestehend, wußte sich eine Flinte und Pulver zu verschaffen und durchtobte dann die ganze Nacht mit Schießen und Schreien bis q. Uhr früh, worauf sich die Ruhestörer entfernten, ohne an Person oder Eigentum Schaden anzurichten.
In Großwallstadt haben widerstände gegen die Behörden stattgefunden. Heute find dahin j(00 Mann Militär entsandt worden. Auch in Miltenberg hat es unruhige Auftritte gegeben. Dahin kamen 90 Mann, nach Rothenbuch 60 Mann ins Quartier. In Miltenberg zündeten aus dem Badischen gekommene Haufen die vor der Stadt liegende Wohnung des Revierförsters an, welche ganz niederbrannte. Auch in Amorbach befürchtet man Unruhen der Odenwälder, die sehr erregt sind. —
Würzburg, März. Über Ho verhaftete aus dem Odenwald und einigen Bezirken des Spessarts wurden nach Afchaffenburg gebracht. Auch in der Rhön entstanden Unruhen.
In Miltenberg kam es zwischen den Brandstiftern und der Landwehr und der übrigen Bürgerschaft zu einem Kampfe, als die Brandstifter das Herrschaftsgericht stürmen wollten. Dabei gab es mehrere Verwundungen durch Bajonettstiche. )n Mömlingen wurden sechs )udenhäufer demoliert. Am ^z. März wurde eine Kompagnie Jäger dorthin gesandt und die Auf-ruhrakte verlesen. Zehn Tumultanten wurden am gleichen Abend nach Afchaffenburg eingeliefert.
Der Herrschaftsrichter von Amorbach bildete vier Kolonnen, eine aus der Landwehr, eine mit Senfen, eine dritte mit Äxten bewaffnet. Der herankommende meuterische Haufen wurde dadurch zerstreut. —
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 75 —
Am Dienstag ließ der oberste ßauptmann des Frauenberges allen feinen Leuten danken, weil sie sich so wohl und redlich gehalten, und gab ihnen hundert Gulden zu ihrer Ergötzung.
Die Bauern fingen in dieser Nacht an an der Teil unten an den Weingärten gegen die Stadt zu und an dem N)ege von der Tell zu den Weinbergen Schanzen zu graben und zwei Reihen von Schanzkörben aufzurichten. Daneben wurde noch ein hoher Schirm aufgestellt und ein starkes Geflecht zwischen hohen Pflöcken gemacht und mit Erde ausgefüllt. Dom Donnerstag an beschossen sie von diesen Schanzen aus das Schloß. Die Besatzung des Frauenbergs brachte noch eine Kartaune, eine große Steinbüchse und eine Notschlange zu dem andern Geschütz auf dem Z^aberboden und erwiderte das Feuer auf das heftigste, tat auch den Bauern in den Schanzen großen Schaden.
Auf den Hat einiger (Eibelstadter Männer hatten die Bürger von tpiirzburg einige Bergknappen in ihre Dienste genommen und ließen von ihnen oberhalb St. Burkhard ein Loch in den Berg graben. Sie wollten die (Öffnung mit Pulver füllen und dann das Schloß in die Luft sprengen. Allein die Arbeit ging wenig von statten und wurde daher nach etlichen Tagen wieder eingestellt.
Dann wurde ein neuer Sturm im Bauernrat beschlossen, aber nicht ausgeführt.
Bei dem Sturme waren drei Itc an n von der Schloßbesatzurig gefallen, später wurden noch zwei Leute getötet, so daß im Schlosse während der Belagerung sechs Mann den Tod fanden.
h) Der Überfall des Schlosses Sommerau (\525.)
Am V Mai \525 abends zogen die Bauern aus Miltenberg nach Eschau um das Fechenbachsche Schloß Sommerau zu nehmen. Sie kamen in aller Stille bis in das £?olz nächst dem See und richteten die Leitern her. Im Schlosse aber wurde rechtzeitig Alarm geblasen und plötzlich erschienen alle Reisige und Ausschüsser auf der Mauer und fingen an zu schießen mit der Feldschlange. — (Einige Bauern machten sich mit Leitern über den See hinüber um an die Mauern zu kommen, andere machten sich an die Zugbrücke, legten Bohlen hinüber und wollten das Tor mit Äxten einschlagen; es war aber alles umsonst; denn die Fechenbachischen Reisigen warfen die Leitern um, etliche, die schon auf den Leitern waren, wurden niedergeschlagen und in den See geworfen; an der Brücke aber, wo des Berrn von Fechenbachs Armbrustschützen postiert waren, sind sechs Bauern geschossen worden und in den See gerollt. Etwa 20 Blessierte wurden nach Eschau in das fjirtenhaus gebracht. Um \2 Uhr mittags hob das Schießen wieder an. Die Bauern liefen Sturm unter grausamem Geschrei „Drauf! Drauf!" Es waren ihrer gegen \800 mit den ihnen aus der Gegend zugelaufenen. Sie schwärmten um das Schloß wie die Bienen und war alles schwarz von denselben, so daß man die Mauern nicht sehen
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Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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— ^93 —
sein 6. Infanterieregiment vor dem Regenten vorbei. Nun naht die Reiterei, deren Parademarsch im Trab erfolgt. Diesmal setzt sich der Kaiser an die Spitze der Kaiserinnen. Artillerie und Train schließen die Parade ab. 35000 Mann und 8300 Pferde haben an dem glänzenden Schauspiel teilgenommen.
)n langer Reihe fahren die Wagen der Fürstlichkeiten zur Stadt zurück.
Zum Empfang der hohen Gäste war am Eingang der Ludwigstraße eine mächtige Ehrenpforte errichtet worden, vor welcher der Magistrat, das Gemeindekollegium und der Festausschuß Aufstellung, genommen hatten.
Die Schweinfurter- und Ludwigstraße bildeten eine herrlich geschmückte Via triumphalis, die rechts und links Hinter dem Spalier der Schüler und vereine eine vieltausendköpfige Menge besetzt Hielt. Jubelnde Hochrufe verkünden gegen \ Uhr die nahenden Gäste. Bürgermeister von Steidle entbietet dem Kaiser, der mit dem Prinzregenten als erster eintrifft, den herzlichen Willkomm der Frankenstadt undjungfrauen kredenzen ihm denehren-trunk. Mit den Worten: ,,)ch leere mein Glas auf das Wohl der Stadt Würzburg" nimmt ihn der Kaiser entgegen. Auch den übrigen Fürsten werden Wein, Trauben und Blumen überreicht. Bierauf wird der Einzug in die Stadt unter fortwährenden Zurufen des begeistertenvolkes fortgesetzt. Als Wilhelm Ii. in die Residenz eintrat, ging die Kaiserstandarte in die £)öhe.
Ilm 3 Uhr unternahm der Kaiser mit dem Prinzregenten eine Rundfahrt durch die Straßen. Abends nach 9 Uhr rückten 2 \ Regimentskapellen auf den weiten Residenzplatz zum Zapfenstreich. Das Kaiserpaar mit den übrigen Fürsten trat auf den mittleren Balkon heraus. Während die Weisen der Musik ertönten, erglänzten plötzlich aus dunklem Hintergründe Festung und Käppele in rotem Feuerschein, ein herrlicher Anblick, der den Kaiser zu Ausrufen der Bewunderung hinriß.
Auf deut Main hatte unterdessen ein prächtiges Wasserfest begonnen. 3m hellen Lichterglanze strahlten die Ufer und die Nachbarhäuser, auf dem Flusse aber zogen Bilder aus Frankens Vergangenheit in schönster Beleuchtung vorüber. Zuvorderst nahte St. Kilian mit feinen Gefährten, der Apostel der Franken, der Stadt, wo er nach heilsamem Wirken seine Ruhestätte finden sollte. Dann folgte Karl der Große mit seinen Paladinen. Fröhliche Kaiserhochzeit zeigte das nächste Bild: Barbarossas Brautzug mit Beatrix von Burgund. Eine Kreuzfahrergruppe schloß die Reihe der geschichtlichen Erinnerungen. —
Die Lichter erloschen — im Dunkel verschwanden die Großen einer fernen Zeit. Vorbei die Vergangenheit. )m Fürstenschlosse Würzburgs weilte der Kaiser des jungen Reiches, standen die Feldzeichen der wackeren Truppen, die vor 27 )ahren auf blutigen Gefilden im heißen Kampfe für ein geeintes Deutschland vorangeweht. Die Väter waren es, die unter Führung eines neuen Barbarossa die eilte Kaiserherrlichkeit wieder erstritten. Heute folgten die Söhne den Fahnen, bereit, mit Herz und
£?anö einzustehen für das Erbe, für das einige deutsche
~L ,Qeorg-Eckert-Instm
Qria^elsbacfyer, Silber aus Frankens Vergangenheit.
für internationale
deutsche Vaterland, wenn ert-Institut '
lationale
Schulbuchforschung
Braunschweig
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Extrahierte Personennamen: Steidle Willkomm Wilhelm Kilian Kilian Apostel Karl_der_Große Karl Barbarossas Barbarossas Beatrix_von_Burgund Barbarossa Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Ludwigstraße Main Frankens Deutschland Frankens
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Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— ,96 —
burger schlecht, der meinte, daß nun wirklich alles still und feierlich durch die Stadt geschlichen wäre. Nein, tausendstimmiger Jubel füllte die Straßen, der Regent, die Prinzen, Kaiser Wilhelm und die übrigen Fürstlichkeiten wurden überall und immer von neuem mit Beweisen der Zuneigung und Ehrfurcht überschüttet und der Schmuck der Straßen und Gebäude stand dem bei früheren Gelegenheiten nicht nach. Mit kräftigem Zuge lehrte der Kaiser den ihm von einer holden Jungfrau kredenzten Becher 93 er Stein und auch der Regent trank seinen pumpen bis zur Nagelprobe leer. Daß in der großen Friedensprüfung die bayerische Armee vor ihrem alten Feldzeugmeister und vor dem obersten Kriegsherrn bestand, das bewies das rückhaltlose Lob des Kaisers; sie wird, ausgebaut und gestärkt unter Wittelsbacher Xiut, auch fürderhin ein £)ort und eine wacht des Friedens sein.
25. Prinz Luitpold im Spessartwald.
wenn die Novembernebel fielen und Rauhreif die waldigen Höhen umzog, dann ging prinz Luitpold nach dem Spessart, unter dessen uralten Eichen die borstige Wildsau haust.
Port war ein wahrhaft königliches Jagen. Durch die tausendjährigen Forste in ihrer überwältigenden Einsamkeit und Stille weht es wie Gottesschauern und Jungsiegfriedkraft trinkt der, der dieses Waldes ernste Schönheit mit vollen Zügen schlürft. Darin ein Schlößlein klein und warm, das wie ein lichter (Traum im düsteren Grunde liegt: Rohrbrunn! Hier weilte der Regent doppelt gern, 50 Jahre lang jeden Herbst, mit Ausnahme der Jahre ,870 und ,886. Es waren Freudentage für das Frankenland, wenn der Regent frisch und gutgelaunt durch die geschmückten Stationen fuhr, durch Würzburg, wo Heller Jubel ihn umbrauste und er in leutseliger weise sich nach den Verhältnissen seiner Geburtsstadt erkundigte, durch Gemünden und Lohr, um in Marktheidenfeld, von strahlenden Kinderaugen begrüßt, zu wagen in den prachtvollsten aller deutschen Wälder zu fahren. Und weidfröhlich, aber auch streng geregelt verrannen dort die Tage. Frühmorgens 1j27 Uhr verließ er das Bett und nahm eine Stunde darauf gemeinsam mit seinem Jagdgefolge den Kaffee ein. Nach Durchsicht der eingegangenen post und Erledigung des Dringendsten erfolgte gegen 9 Uhr die Abfahrt zur Jagd und zwar stets im offenen wagen. Im Gebirge ritt er stramm seinen Pony. In 30—50 cm tiefem Schnee und unempfindlich für die eisigsten Windstöße stand er auf dem Anstand und brachte mit unfehlbarer Sicherheit die schäumend aus dem Gehölze brechenden Schwarzröcke zur Strecke. Um die Mittagszeit wurde an geschützter Stelle ein warmes Frühstück aus dem Küchenwagen eingenommen, oft auch ein Feuer angebrannt, an dem die hohen Jäger sich wärmten. Nach der Jagd überreichte er jedem Treiber persönlich eine Zigarre, überdies erhielten die Leute zu dem üblichen Tagelohn
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29
nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am
Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge;
es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer
an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie
beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte
Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen
ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein-
stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt-
ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken,
welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem
Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf.
Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome,
der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300
Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich
nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber,
die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über
die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von
selbst auf die Lippen:
Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit
wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut
am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit,
die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut.
Ein Schifflein zieht auf blauer Flut,
da singt's und jubelt's drein;
du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
in all die Lust hinein?
Das alles beut der prächt'ge Rhein
an seinem Rebenstrand
und spiegelt recht im hellsten Schein
das ganze Vaterland, —
Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland
es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht,
andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand
aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. —
Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name
die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts,
der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In
Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch
heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend
aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n,
der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch
ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben.
Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ
sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen,
die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver-
zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten.
Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung
aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte
sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein
mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Preußen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Holland Mainz Burg_Rhein- Burghof Rhein" Rhein Rhein Kaub Frankreich Kiel Rhein Rhein
9
zum Schlafengehen war es der Gedanke an die bald bevor-
stehende, sehnlichst gewünschte Ruhe, der nun über das Unan-
genehme und Mühsame der Arbeit wieder seinen tröstlichen
Schimmer verbreitete.
Freilich wußte man, daß den folgenden Tag der Kreislauf
des Lebens so von vorn wieder anfing. Aber auch diese zu-
letzt ermüdende Einförmigkeit im Leben wurde durch die Hoff-
nung auf den Sonntag wieder auf eine angenehme Art unter-
brochen. Wenn der Reiz des Frühstücks, des Mittag- und des
Abendessens nicht mehr hinlänglich war, die Lebens- und Arbeits-
lust zu erhalten, dann zählte man, wie lange es noch bis auf
den Sonntag war, wo man einen ganzen Tag von der Arbeit
feiern und einmal aus der dunkeln Werkstatt vors Tor hinaus
in das freie Feld gehen und des Anblicks der freien, offenen
Natur genießen konnte. O, welche Reize hat der Sonntag für
den Handwerksmann! Er kann es ganz fühlen, was für ein
großer, herrlicher, menschenfreundlicher Sinn im dritten Ge-
bote liegt! Und wie freute sich Anton auf den Sonntag! Sein
Mitlehrling hatte ihm versprochen, ihn künftigen Sonntag mit in
die Bruderkirche zu nehmen, deren Prediger ihn oft erschüttert
und bewegt habe.
Der Sonntag kam heran. Anton stand früher als gewöhnlich
auf, verrichtete seine Geschäfte und kleidete sich an. Als ge-
läutet wurde, hatte er schon eine Art angenehmen Vorgefühls
dessen, was er nun bald hören werde. Man ging zur Kirche.
Die Straßen, die nach der Bruderkirche führten, waren voller
Menschen, die in Menge hinzueilten. Als die beiden Lehr-
linge in die Kirche kamen, konnten sie kaum noch ein
Plätzchen der Kanzel gegenüber finden. Die Kirche war ein
altes gotisches Gebäude mit dicken Pfeilern, die das hohe Ge-
wölbe unterstützten, und ungeheuer langen, bogigen Fenstern,
deren Scheiben so bemalt waren, daß sie nur ein schwaches
Licht durchschimmern ließen. So war die Kirche schon von
Menschen erfüllt, ehe der Gottesdienst noch begann. Es herrschte
eine feierliche Stille. Auf einmal ertönte die vollstimmige Orgel,
und der ausbrechende Lobgesang einer solchen Menge von
Menschen schien das Gewölbe zu erschüttern. Als der letzte
Gesang zu Ende ging, waren aller Augen auf die Kanzel ge-
heftet , und man bezeigte nicht minder Begierde, den Prediger
zu sehen als zu hören. Endlich trat er hervor und kniete auf
den untersten Stufen der Kanzel, ehe er hinaufstieg. Dann er-
hob er sich wieder, und nun stand er da vor dem versammelten
Volke. Er sprach nach Anleitung des Evangeliums gegen Un-
gerechtigkeit und Unterdrückung, gegen Üppigkeit und Ver-
schwendung. Er erinnerte an die Zeiten des Krieges, an die
Belagerung der Stadt, an die allgemeine Gefahr, in der die Not
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11
Ein einsamer Mann schritt eilig auf dem schmalen, grasbewachsenen
Fußpfade vorwärts. Er war noch jung. Ein leichter Flaum sproßte
über den frischen Lippen, und die hellgrauen Augen blitzten unternehmend
und sorglos in die Welt.
Ein lustiges Lied vor sich hinträllernd, achtete er wenig auf seine
Umgebung; er sah weder rechts noch links; er bemerkte es auch nicht,
daß die zuerst vereinzelt stehenden Sträucher und Bäume einander immer
näher rückten.
Plötzlich blieb er stehen. Die Pfade kreuzten sich nach verschiedenen
Richtungen, und gerade vor ihm erhob sich ein dichter Wald. Überlegend
sah er um sich. Weißer Nebel stieg aus den Wiesen hinter ihm; der
Mond war aufgegangen und goß sein bleiches Silberlicht über die Berge;
schwarz und schweigend stand der Wald da.
Sollte er eintreten? Einen Augenblick besann er sich. Dann warf
er trotzig seinen Kopf zurück und schritt vorwärts, zuerst vorsichtig, dann
rascher. Immer tiefer drang er ein. Gespenstig drohend streckten die
hohen Bäume ihre Äste gen Himmel. Der zuerst ziemlich breite Weg
wurde immer schmäler. Kaum mehr dem Auge erkennbar, schlängelte er
sich zwischen dem Buschwerk dahin.
Der Jüngling mochte wohl mehrere Stunden so gegangen sein;
Hunger und Müdigkeit drohten, ihn zu übermannen. Immer langsamer
wurden seine Schritte, bis er endlich ganz stehen blieb. Er konnte nicht
mehr vorwärts. Gerade vor ihm, quer über dem Weg, lag ein vom
Sturme entwurzelter Stamm. Erschöpft ließ er sich auf diesen nieder,
es war ihm unmöglich, weiter zu marschieren. Nachdem er eine Zeitlang
geruht hatte, raffte er sich empor und eilte wieder zurück auf dem Wege,
den er hergekommen war. Eine plötzliche, ihm sonst ganz ungewohnte
Angst hatte ihn überfallen. „Nur fort, nur heraus aus diesem Walde,"
dachte er, „ganz gleich, wohin." Trotz seiner Ermattung lief er vorwärts,
so schnell ihn die Beine trugen, einmal auf diesem, dann wieder auf jenem
Wege. Aber zu seinem größten Schrecken gewahrte er, daß er immer
wieder an den Ort zurückkehrte, von dem er ausgegangen war. Ver-
zweifelnd warf er sich nieder, vergrub das Gesicht in beide Hände, schluchzte
und rief laut um Hilfe. Als er wieder emporsah, schrak er zusammen,
denn vor ihm standen drei Männer.
Der eine trug ein prächtiges, reich mit Gold gesticktes Gewand, das
von einem glänzenden, mit Edelsteinen geschmückten Gürtel zusammen-
gehalten war. Der zweite hatte ein schwarzes Kleid mit rotem Gürtel
und der dritte ein blaues Hemd und einen einfachen Ledergurt. In der
nervigen Faust hielt er eine schwere Axt.
„Was tust du hier?" fragten ihn die drei. — „Erbarmt Euch meiner,
ich verschmachte. Sagt mir, wo ich eigentlich bin." — „Du bist im Walde
des Elends", gaben sie zur Antwort. — „Helft mir, rettet mich, führt
mich hinaus aus dieser entsetzlichen Wildnis", flehte er sie au. — „Wähle
einen von uns, der dich führen soll."
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