Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Unsere Heimat - S. 15

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 15 — erfährt man durch die Zeitung. Die Kinder lesen lieber ein Märchen- buch oder in einem andern Buche. Und sie haben recht. In der Zeitung stehen so manche Dinge, die sie doch noch nicht verstehen. Jeden Mittag kann man Leute vor der Ausgabestelle der Zeitung stehen sehen; sie warten darauf, daß die Zeitung fertig ist. Endlich wird die neue Nummer gebracht und draußen an die Tafel geklebt. Nun stellen die Leute sich davor und lesen besonders die Anzeigen. Sie suchen nach Arbeitsstellen, die in der Zeitung ausgeschrieben werden. Bald kommen auch Frauen aus der Tür; sie tragen in den Armen große Packen Zeitungen, die sie den Lesern oder Bestellern (Abonnenten) der Zeitung ins Haus bringen. Nach auswärts wird die Zeitung mit der Post geschickt. 4. Der Königshos liegt hoch; die Straße westlich davon, der Neue Weg, liegt viel tiefer. Eine Treppe mit zahlreichen Stufen führt vom Köuigshof hinunter nach dem Neuen Wege; die Treppe heißt die Kutteltreppe. Mit „Kutteln" bezeichnete man früher die Gedärme der Tiere, namentlich solcher Tiere, die man schlachtete. In älterer Zeit wohnten am Fuße der Treppe, nach dem Lohmarkte zu, Fleischer; in dem Mühlgraben reinigten sie die Därme, die sie zum Wurstmachen benutzten. Daher erhielt die Treppe, die nach den Häusern der Fleischer hinunterführte, den Namen die „Kutteltreppe". Ebenso hieß in andern Orten der Schlachthof wohl der „Kuttelhos". Andere Treppen, die nach dem Neuen Wege hinunterführen, sind die Johannistreppe und die Wassertreppe. Die Treppen waren in älterer Zeit besonders wichtig für die Versorgung der Oberstadt mit Wasser aus dem unten fließenden Mühlgraben. 10. Der Markt und das Rathaus. 1. „Markt" heißt der Platz südlich und westlich vom Rathause. Er liegt ziemlich in der Mitte der Stadt. Seinen Namen hat er da- her, weil hier Dienstags, Donnerstags und Sonnabends Wochenmarkt abgehalten wird. An diesen Tagen kann man hier allerlei Nahrungs- mittel, Blumen, Töpfe usw. kaufen; zu beiden Seiten der Straße sitzen die Verkäufer und Verkäuferinnen und halten ihre Waren feil. Vor Weihnachten wird hier auch der Weibnachtsmarkt abgehalten; dann sind hier Buden aufgeschlagen, in denen Spielwaren, wärmende Kleidungs- stücke, Pfeffernüsse und allerlei Küchen- und Hausgeräte zum Verkauf ausgelegt sind. In früherer Zeit wurden hier auch die beiden Jahr- Märkte abgehalten. — Durch welche Straßen müßt ihr von unserer Schule aus gehen, um nach dem Markt zu kommen? Von eurer Wohnung aus? 2. Das größte Haus am Markt ist das Rathaus. Es ist auch das wichtigste der ganzen Stadt, denn von hier aus wird die Stadt regiert. Hier arbeiten die höchsten Beamten der Stadt, der Oberbürger-

2. Unsere Heimat - S. 24

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 24 — reichen von dem Friedrich-Wilhelms-Platz bis zur Wallrothstraße. Außer- dem sind noch am Geiersberg schöne Anlagen. Unsre Promenade ist eine Zierde der Stadt und die Freude jedes Nordhäuser Bürgers. Hier sind herrliche Blumenbeete, grüne Rasenflächen und schöne Baum- gruppen. Gutgepflegte Wege führen zwischen ihnen hindurch. In der Mitte steht ein plätschernder Springbrunnen. Nach den Seiten hin ist die Promenade mit dichten Ziersträuchern abgeschlossen, in denen sich gern die Vögel aufhalten. An den hohen Bäumen sind Nistkästen an- gebracht. Auf dem Rasen sieht man häufig die schwarze Amsel und die graue Singdrossel, wie sie Regenwürmer aus der Erde ziehen. Das größte Gebäude an der Promenade ist das neue Stadttheater. 2. An der Westseite der Promenade geht eine alte Mauer ent- lang. Das ist ein Stück von der Stadtmauer, die früher um die ganze Stadt herumging. Wir treffen sie noch an anderen Stellen der Stadt. Sie ging am Friedrich-Wilhelms-Platz vorbei, wo das Töpfertor durch sie hindurchführte. Die Mauer diente zum Schutze der Stadt. Zu ihrer Verstärkung war sie mit Türmen versehen, und vor ihr war ein breiter Graben angelegt. Auf der Promenade sieht man auch noch ein Stück dieses Stadtgrabens; ein großer Teil davon ist zugeschüttet. Am Ende des Grabens vor dem Eingang zum Stadttheater steht noch ein alter Turm, der wie der Zwinger auf dem Friedrich-Wilhelms-Platz mit zur Stadtbefestigung gehörte. Die graue Mauer, die überall durch das Grün der Bäume und Gesträucher hindurchsieht und die an einzelnen Stellen selbst mit Grün bewachsen ist, bildet für die Promenade einen schönen Hintergrund. Auf der Mauer stehen zierliche Häuschen, und zwischen ihnen schauen die Türme und die roten Dächer der Häuser aus der Stadt über die Mauer herüber und heben sich scharf gegen den hellen Himmel ab. Auch das sieht sehr schön aus. 3. Mit der Mauer schloß die alte Stadt ab; was jetzt hier außer- halb der Mauer liegt, gehört zum neuen Stadtteil. Die Promenade liegt also zwischen dem alten und dem neuen Stadtteil. Sie ist un- gefähr seit 1840 nach und nach angelegt. Die Gegend östlich der Promenadenstraße ist erst seit etwa 1870 bebaut. Nördlich von der Promenade ist das Haus Wallrothstraße 4 das bemerkenswerteste. Es ist von Dr. Kramer erbaut und wird daher auch wohl noch heute die Kramersche Villa genannt. Dr. Kramer (geb. 1817 in Nordhausen) war Lehrer am hiesigen Gymnasium. Er beschäftigte sich viel mit elektrischen Versuchen und erfand (um 1845) einen Telegraphenapparat, der bald von den meisten norddeutschen Eisenbahnverwaltungen eingeführt wurde. Außerdem erfand er ein Eisenbahnläutewerk und eine elektrische Uhr. Inzwischen hatte Kramer seinen Lehrerberuf aufgegeben und war nach Berlin gezogen, um sich ganz seinen Erfindungen widmen zu können. Als aber die meisten deutschen Eisenbahn- und Telegraphenlinien mit den Kramerschen Appa- raten ausgerüstet waren, zog er von dem geräuschvollen Berlin nach

3. Unsere Heimat - S. 26

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 26 — Luise. Er war der zweite Sohn des Königspaares und konnte daher nicht darauf rechnen, einmal König zu werden. Darum erwählte er sich den militärischen Beruf und wurde mit Leib und Seele Soldat. Als aber sein Bruder, König Friedrich Wilhelm Iv. (nach dem unser Friedrich-Wilhelms-Platz benannt ist) starb und keine Kinder hinterließ, wurde Wilhelm I. König von Preußen (1861). Kaiser Wilhelm liebte die blaue Kornblume über alles. Als er einmal gefragt wurde, warum er das einfache Blümchen so gern habe, erzählte er: „Als ich noch klein war und meine liebe Mutter noch lebte, mußten wir einmal in dem Kriege, den Preußen mit dem Kaiser Napoleon führte, fliehen. Die Mutter war sehr traurig und weinte oft. Da brach plötzlich auf einem Feldwege, mitten zwischen Kornfeldern, ein Rad des Wagens. Wir mußten einige Stunden warten, bis der Schmied das Rad geflickt hatte. Inzwischen suchte ich mit meinen Geschwistern Kornblumen, um uns die Zeit zu vertreiben. Die Mutter band einen hübschen Strauß daraus, aber bald liefen ihr die Tränen über die Wangen. Das schnitt mir tief ins Herz, und den Augenblick kann ich nie vergessen. Wenn ich nun eine Kornblume sehe, so denke ich an mein gutes Mütterchen. Darum habe ich die Kornblumen so lieb." Im Jahre 1871, als König Wilhelm I. schon fast 74 Jahre alt war, wurde er der erste deutsche Kaiser. Er hat ein sehr hohes Alter erreicht; noch 17 Jahre hat er die deutsche Kaiserkrone getragen. Seine letzten Lebensjahre wurden sehr getrübt, da sein einziger und geliebter Sohn, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, von einer sehr bösen Hals- krankheit heimgesucht wurde. Am 9. März 1888 ist Kaiser Wilhelm I. gestorben. Alle Deutschen betrauerten ihn tief. Da auch sein Sohn, Kaiser Friedrich Iii. noch in demselben Jahre starb, hat das Jahr 1888 drei deutsche Kaiser auf dem Thron gesehen. 16. Der Spendekirchhof. 1. Wir besuchen den Spendekirchhof. Das ist ein freier Platz zum Spielen und Turnen. Hier steht die Turnhalle für die Knaben- Mittelschule. Aber weshalb heißt der Platz „Spendekirchhof"? Wir sehen hier keine Kirche und kein Grabkreuz mehr; aber früher war hier eine Kirche, sie stand gleich rechts neben dem Haupteingange (durch das Torhäuschen); links davon haben sich noch Überreste eines Nebengebäudes, vielleicht einer Kapelle, erhalten. Von der Kirche ist nichts mehr vor- Händen; sie ist 1805 gänzlich abgebrochen. Der Platz hinter der Kirche bis an die Stadtmauer hin ist lange Zeit (bis 1855) als Friedhof für die Kirchengemeinden St. Nikolai und St. Blasii benutzt. Ehe der Platz zu einem Spiel- und Turnplatz eingerichtet wurde, waren noch die Gräber zu sehen, und auf vielen standen noch Grabsteine mit Inschriften.

4. Unsere Heimat - S. 28

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 28 — 17. Der Rahmen und die übrige Stadtbesestigung. 1. Wenn wir durch die Sedanstraße gehen, sehen wir hinter dem Turnplatz wieder ein Stück von der alten Stadtmauer; sie kommt aus der Richtung vom Töpfertor her. Wir gehen dann in die Franenberger- stiege hinein und kommen durch einen Durchgang in dem Hause Nr. 34 auf den Nähmen. Das ist ein freier Platz hinter der westlichen Häuser- reihe der Franenbergerstiege. Hier können die Kinder ungestört spielen. Anlagen sind hier nicht, die sie schonen müßten; Wagen kommen hier nicht her, die ihnen Gefahr bringen könnten; über den Platz gehen nur Fußgänger. Auch eine fchöne Aussicht hat man von hier über die vielen rauchenden Schornsteine der Unterstadt hinweg auf die gegenüber- liegenden Höhen; deutlich sieht man die ansteigende Kasseler Straße, die wie ein weißes Band sich über die Berge dahinzieht. 2. Wovon mag der Platz wohl seinen Namen bekommen haben? Früher trockneten hier die Wollen- und Leinenweber ihre gewaschenen und gefärbten Gewebe, die sie auf große Rahmen gespannt hatten. Nach diesen Rahmen, die hier wohl immer stehen blieben, wurde der Platz schließlich benannt. 3. Nördlich vom Rühmen liegt der Petersberg. Von oben schaut die Schule herab, und dahinter steht der Petrikirchtnrm. Zwischen dem Rühmen und dem Petersberg läuft die Stadtmauer. Wir sehen sogar zwei Mauerzüge hintereinander. Vor der äußern Mauer steht ein dicker runder Turm; er ist gut erhalten, hat noch ein Dach, besteht aus zwei Stockwerken und wird bewohnt. Er heißt der „Judenturm"; denn hier lag in alten Zeiten der Judenkirchhof. An dem Turm bemerken wir vier jüdische Grabsteine mit Inschriften in hebräischer Sprache, der Sprache der alten Juden. (Sie stammen aus den Jahren 1416, 1425, 1438 und 1439). Etwas weiter östlich steht ein kleinerer Mauerturm. 4. Vom Rühmen läuft die Stadtmauer schräg nach der Rauten- straße zu. Hier stand in der Nähe der Schlunztreppe das Rautentor. 5. Starke Stadtmauern treffen wir wieder am Primariusgraben. Das ist jetzt eine schöne Promenade; früher war hier in dem Graben zwischen der äußern und innern Mauer ein Garten, der (seit der west- fälischen Zeit) dem ersten Prediger der Stadt gehörte. Die Bezeichnung „erster Prediger" lautet in lateinischer Sprache „Pastor primarius" (Primus — der Erste, Prima = erste Klasse des Gymnasiums), davon hat der Weg seinen Namen bekommen. Der Weg gehört zu den an- ziehendsten Punkten der Stadt. Man geht hier auf einer Stufe vor der oberen Mauer dahin. Mächtige Türme, runde und eckige, treten neben uns aus der Mauer hervor; und oben auf luftiger Höhe tragen sie Häuschen mit weißleuchtenden Fensterrahmen und roten Ziegeldächern. Auch aus der Mauer stehen allerlei krause Bauten. Und dann stellen wir uns an die Brüstung am Rande des Abhangs. Unter uns i liegt die Unterstadt. Wir blicken in das Gewirr der Dächer hinein, zwischen

5. Unsere Heimat - S. 29

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 29 — denen allerlei Schornsteine in die Höhe steigen, und über denen Tele- graphendrähte nach allen Seiten hingehen. 6. Ein ähnliches Bild der Stadtbefestigung haben wir am Neuen Weg. Von der Straße steigt die graue Stadtmauer auf, die wegen der Einsturzgefahr mit zahlreichen Seitenstreben versehen ist. Über die Mauer schaut von oben üppig wucherndes Buschwerk herab, und darüber erhebt sich, etwas zurück, stufenweise übereinander, eine zweite und dritte Mauer, die höchste mit runden Türmen versehen und mit Häuschen gekrönt, in deren Fenstern die Sonne glitzert. 7. Wo die Mauern über die Straße gingen, war ein festes Tor. Nur durch das Tor konnten die Städter heraus aus der Stadt und die Landleute von draußen herein. Des Abends wurden die Tore ver- schlössen, und wer dann noch hinaus oder hinein wollte, mußte den Torwächter herausklopfen, der neben dem Tore oder über dem Tore in dem Torturm wohnte. Konnte er sich ausweisen, daß er nicht in böser Absicht hinein oder hinaus wollte, wurde das Tor gegen Be- Zahlung geöffnet. 18. Das Altendorf. 1. Die Barfüßerstraße führt nach Nordwesten zu in das Altendors. Wo die Barfüßerstraße zu Ende ist, stand früher das Barfüßertor; an der Mauer des Spendekirchhofes, kurz vor der Bergbrauerei, sieht man noch die Angeln, in denen die Torflügel gehangen haben. Das Tor ist im Jahre 1873 abgebrochen worden. — Das Altendors ist ein be- sonderer Stadtteil, durch den nur eine Hauptstraße hindurch führt; rechts und links gehen kleine Seitenstraßen ab, wie die Elisabethstraße, die Rosengasse, die Altendörfer Stiege, die Altendörfer Kirchgasse und die Schärfgasse. Wo das Altendors im Norden aufhörte, stand wieder ein Tor, es hieß das Altentor. Im Jahre 1858 ist es schon abge- krochen; aber noch heute heißt die Gegend „am Altentor". 2. Das Altendors ist später entstanden als der alte Stadtteil der Oberstadt (der Name „Altendorf" kommt zum erstenmal im Jahre 1230 vor). In den damaligen unruhigen Kriegszeiten verließen die Bewohner benachbarter kleiner Dörfer ihre bisherigen Wohnsitze und bauten sich unter der Mauer der befestigten Stadt Nordhausen an, um hier sicherer zu wohnen. So entstand also das Altendorf, wie schon der Name sagt, als ein Dorf neben der Stadt Nordhausen. Als bald darauf im Süden der Stadt auch eine dörfliche Ansiedlung entstand, hieß diese das „Neue Dorf", während die nördliche, die jedenfalls zuerst da war, das „Alte Dorf" genannt wurde. Das ehemalige „Neue Dorf" ist heute die Neustadt (vergl. Geschichtsbilder Nr. 3). 3. Die Altendörfer Kirche macht einen recht unscheinbaren Ein- druck. Sie hat keinen Turm; die Glocken hängen in einem Gerüst auf

6. Unsere Heimat - S. 4

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
_ 4 — 1. Von der Heimat und den Dingen in der Heimat wollen wir reden. Die Heimat ist für einen Menschen der Ort, wo er geboren ist, wo er seine Jugend verlebt hat. Wenn ihr bei euren Eltern, bei euren Geschwistern weilt, seid ihr daheim. Das Haus, in dem ihr mit Vater und Mutter zusammen wohnt, ist euer Vaterhaus oder euer Heim. Jedes Kind ist am liebsten daheim. Aber manchmal muß es doch für einige Zeit das Vaterhaus verlassen. Vielleicht besucht es seine Ver- wandten, oder es geht in eine Sommerfrische, ins Gebirge oder an die See. Gewiß kommt ihm dann bei der Abreise das Lied in den Sinn: „Nun ade, du mein lieb Heimatland!" Muß es lange an dem fremden Orte bleiben, so bekommt es wohl Heimweh wie Hänsel und Gretel. Dann wird es traurig und denkt nur immer an die Heimat und an die Lieben daheim. Und wie glücklich ist es, wenn es die Heimreise antreten kann und endlich wieder heimkehrt. Ja, die Heimat ist jedem Menschen der liebste Ort. 2. Viele Menschen verlassen ihre Heimat und suchen anderswo ihren Lebensunterhalt. Die Beamten werden versetzt, manchmal öfter hintereinander und kommen in verschiedene Gegenden. Dann finden sie dort, wo sie wohnen, eine neue Heimat, und bald fühlen sie sich auch hier ganz heimisch. Viele von euren Eltern werden in Nordhausen ihre neue Heimat gefunden haben; ihr aber, die ihr hier geboren seid oder doch eure Jugend verlebt, habt hier eure erste, richtige Heimat, ihr seid hier einheimisch; Nordhausen ist eure Heimatstadt. Manche Menschen wandern in der Welt umher und haben nirgends eine Heimat; sie sind heimatlos, denkt z. B. an die Zigeuner, auch an die fahrenden Künstler oder an die Landstreicher. Sie sind gewiß zu bedauern. Wie glück- lich ist doch der, der noch sagen kann: ich gehe nach Hause! Wie traurig mag es aber wohl für den sein, der sagen muß: ich habe keine Heimat mehr! 3. Die Heimat kennt ihr alle, aber ihr kennt sie noch nicht ge- nan; es gibt vieles in der Heimat, was ihr noch nicht kennt. Am besten kennt ihr das Haus, wo ihr wohnt, euer Elternhaus; denn dort seid ihr die meiste Zeit. Aber nach dem Elternhaus ist die Schule der Ort, wo ihr den größten Teil des Tages zubringt. Darum soll die Schule eure zweite Heimat sein; hier sollt ihr euch ebenso heimisch fühlen wie daheim. Deshalb müßt ihr auch die Schule und ihre Um- gebung genau kennen lernen. Aber auch die wichtigsten Straßen, Plätze, Häuser, Denkmäler und Anlagen eurer Heimatstadt müßt ihr kennen und von den Bewohnern und ihrer Beschäftigung müßt ihr erzählen können. Ebenso soll euch die Umgebung der Stadt bekannt werden. Was man weiß, von dem hat man Kunde; darum heißt die Unterrichts- stunde, in der wir die Heimat kennen lernen, Heimatkunde.

7. Unsere Heimat - S. 32

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 32 — 4. Neben dem Siechhofe liegt die Gasanstalt (erbaut 1858); sie gehört einer Gesellschaft (deutsche Continental-Gasgesellschast in Dessau) und liefert der Stadt Leucht- und Heizgas. 20. Das Gehege. 1. Das Gehege ist ein Wald nördlich von Nordhausen an der Westseite des Geiersbergs. Er reicht bis dicht an die Stadt heran. Schön gebahnte Wege führen von allen Seiten dahin. Der Haupt- eingang ist von der Wallrothstraße aus. Neben dem Fußweg läuft auch eine Fahrstraße unter dem Gehege hin. Schon nach wenigen Schritten wird unser Weg von hohen Bäumen beschattet. Nicht weit vom Eingange steht links das Kützingdenkmal, eine nach oben in einer stumpfen Spitze auslaufende vierkantige Steinsäule (Obelisk) aus Muschel- kalk mit dem Brustbilde Kützings. Kützing war Professor am hiesigen Realgymnasium und ein berühmter Naturforscher (gest. 1893). Neben dem Denkmal haben wir herrliche Blicke auf den Dom, die Knaben- Mittelschule und das Altendorf mit der Altendörfer Kirche. Der Stadt- teil Altendorf liegt tiefer als das Gehege; er gehört zu der Unterstadt; die höher liegenden Häuser bilden die Oberstadt. Nach dem Altendorfe zu führen zwei Treppen, die Altendörfer Stiege und die Altendörfer Kirchgasse. 2. Wir gehen auf dem Wege weiter. Nach rechts und links zweigen sich andere Wege ab; ein Weg geht sogar wie durch einen Tunnel unter dem Hauptweg hindurch. Allmählich steigen wir höher. Wir kommen nach dem Gehegeplatz. Vor dem Eingang steht der Turner- gedenkstein, ein mächtiger Felsblock (Granit) aus der Gegend des Brockens. Aus der Vorderseite steht in einem Eichenkranz das Turnerzeichen: ein vierfaches F (frisch, fromm, fröhlich, frei!) und „1817—1819 Turnplatz". Hier war der erste Turnplatz Nordhausens. Der Stein ist im Jahre 1900 von Turnfreunden errichtet. 3. Nun hinaus auf den Gehegeplatz. Er ist etwa 150 m lang und 40 m breit und liegt mitten im Walde; rings umher stehen hohe Buchen. An den Seiten im Schatten des Waldes sind Gastwirtschaften, die „Gehegebudeu"; in der Mitte plätschert ein Springbrunnen. Oben und unten aus dem Platze steht eine Tonhalle; hier spielt die Musik. Im Sommer wird der Gehegeplatz viel besucht, hauptsächlich am Sonn- tage und auch an schönen Abenden in der Woche. Dann sitzen die Leute vor den Buden unter dem Laubdach, und auf dem Platze wogt es auf und ab von fröhlichen Menschen. Wenn Fremde nach Nord- Hausen kommen, versäumen sie wohl nie, das Gehege zu besuchen und bringen womöglich auch einen Abend im Gehegekonzert zu. 4. Wir verlassen den Gehegeplatz wieder durch den Haupteingang und gehen links die Anhöhe hinan. Oben steht die weit und breit

8. Unsere Heimat - S. 35

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 35 — aufgeworfenen Damm begleitet. Neben dem Mühlgraben liegen hier Gärtnereien, die das Wasser zum Begießen der Pflanzen aus ihm ent- nehmen. Dann fließt er an der Rotleinmühle vorbei. Das war die erste Mühle, die er trieb. Heute ist die Müllerei hier eingestellt. Den Namen hat sie vielleicht von dem Lehm, der hier zutage tritt und das Wasser bei Regenwetter rötlich färbt. Die dabeiliegende Wiese ist zu einem Spielplatz eingerichtet, und im Winter wird das Wasser darauf geleitet, damit dort eine Eisbahn entsteht. Bei der Rotleinmühle ist von dem Mühlgraben wieder der Kunstgraben abgeleitet, der kurz vor der Altendörfer Kirche die Oberkunst speist (f. S. 33) und sich dann bei der Schärfgasse wieder mit dem Mühlgraben vereinigt. 3. Andere Mühlen, die von dem Mühlgraben getrieben werden, sind: die Rosenmühle in der Rosengasse, die Kaisermühle auf dem Mühl- Hof unter der Elisabethstraße, die Kuttelmühle am Lohmarkt, die Martini- mühle auf dem Schackenhof und die Klostermühle an der Martinistraße. Doch haben diese Mühlen neben der Wasserkraft auch noch Dampf- oder andere Maschinen, die sie treiben, wenn der Mühlgraben kein Wasser hat, wenn er z. B. gereinigt oder abgeschlagen wird. 4. Vom Altendorf aus fließt der Mühlgraben an der Wiedigs- bürg vorbei; diese Straße hat wahrscheinlich von den Weiden, die hier früher auf dem feuchten Boden gestanden haben mögen, ihren Namen. Auch die Weidenstraße hat davon ihre Benennung. Dann fließt der Mühlgraben über den Lohmarkt; hier wohnen Lohgerber, im Mühlgraben waschen sie die Tierfelle (beobachte an einem Wochentage hier die Arbeiten der Gerber!). Auch Färbereien liegen am Mühlgraben. (Warum?) An vielen Stellen fließt der Mühlgraben unter Straßen, Häusern und Höfen hindurch, so daß man ihn auf weiten Strecken gar nicht sieht, z. B. in der Neustadt. 22. Der Frauenberg. 1. Der Frauenberg gehört dem alten Stadtteil an. Das sieht man schon an den Häusern; sie sind meist klein, und die Straßen find winklig. Das größte Gebäude hier ist die Kirche; sie ist Maria, der Mutter Jesu, geweiht. Daher hat der Berg auch seinen Namen, denn mit der „Frau" ist Maria gemeint. Die Frauenbergerkirche ist von allen Nordhäuser Kirchen wohl die älteste, und nach ihrer Wieder- Herstellung (im Jahre 1912) ist sie auch die schönste. 2. Mit der Frauenbergerkirche war in früheren Zeiten ein Nonnen- kloster verbunden. An der Südseite der Kirche kann man noch die Ansätze des Kreuzganges sehen, der sich hier ähnlich wie beim Dom an die Kirche anlegte. Der Kreuzgang ist nicht mehr vorhanden; aber die andern Klostergebäude sind zum größten Teil noch erhalten. Das Haupt- gebüude heißt noch jetzt „das Kloster" und dient armen alten Frauen 3*

9. Unsere Heimat - S. 37

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 37 — übernehmen. Mittellose Kranke werden hier auf Kosten der Stadt behandelt. 2. Vom Taschenberge nach Osten geht der Weinberg. Er hat seinen Namen von dem Wein, der früher hier am Bergabhang gebaut wurde. Südlich vom Weinberg liegt an der Halleschen Straße das Plautstist, in dem alte Leute gegen geringe Entschädigung bis an ihr Ende verpflegt werden. Am Weinberg liegt ferner die Provinzial- Erziehungsanstalt; hier werden Kinder erzogen, deren Eltern sich nicht genug um sie gekümmert haben. Sie werden hier an ordentliches Leben gewöhnt, damit aus ihnen gute und brave Menschen werden. 3. Nördlich vom Weinberg liegt der Ammerberg. Er hat seinen Namen von den Kirschbäumen, die früher hier am Berge wuchsen. Eine besondere Art der Kirschen heißt Ammern. Stellt die Straßennamen mit „Berg" zusammen! 34. Am Schlachthofe. Der Schlachthof liegt im Südosten der Stadt. Von der Sund- hänser Brücke aus führt die Kyfshänserstraße dahin. Auf dem Schlacht- Hofe wird von den Fleischern das Vieh geschlachtet; in der Stadt dürfen keine Schlachtungen mehr vorgenommen werden. Auch sind hier Ställe für jede Art von Vieh vorhanden. Dorthin kommen die Tiere, bis sie geschlachtet werden. Ferner sind hier auch Kühlräume vorhanden, in denen das Fleisch der geschlachteten Tiere im Sommer bei großer Hitze aufbewahrt wird, damit es nicht verdirbt. Dem Schlachthof steht der Schlachthofdirektor vor; das ist ein Tierarzt, der die Schlachttiere untersuchen muß, ob sie gesund sind. Das Fleisch kranker Tiere darf nicht verkauft werden. Wenn die Tiere nicht so krank sind, daß das Fleisch noch genießbar ist, wird es auf der Freibank für einen billigen Preis verkauft. 25. Ans dem Bahnhof. 1. Fritz erzählt, wie er einmal mit seinem Vater seine Mutter vom Bahnhofe abgeholt hat: Als wir auf den Bahnhofsplatz kamen, sahen wir, daß wir noch Zeit hatten. Die Uhr über dem Haupt- eingang war erst *46, und um V26 mußte die Mutter kommen. Auf dem Bahnhofsplatz hielten Droschken und Automobile. Viele Leute gingen in die Bahnhofshalle hinein. Als wir die Halle betraten, war hier ein großes Gedränge. Viele Menschen standen vor den Schaltern und lösten sich Fahrkarten. Auch bei der Gepäckabfertigung war es

10. Unsere Heimat - S. 11

1914 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 11 — heiligen- auch die einzelnen Handwerke, die Kaufleute, Vereine und Gesellschaften hatten ihre Schutzheilige, zu denen sie beteten, denen sie in den Kirchen Altäre mit Wachskerzen darauf weihten und von denen sie Beistand erhofften, wenn sie in Not gerieten. Wie die St. Blasii- kirche (das Wort Sankt, abgekürzt St., heißt heilig), so hatte auch das Handwerk der Wagner den heiligen Blasius zu seinem Schutzheiligen erwählt und ihm in der Blasiikirche einen besonderen Altar gestiftet. Die Wagner wohnten früher alle in der Hagenstraße. Die Blasiistraße geht nach Osten in die Hagenstraße. Der Name „Hagen" (Hagen — Hain--Wald, auch das Wort „Gehege" hängt damit zusammen) weist darauf hin, daß früher der Wald bis hierher reichte, etwa vom Geiers- berge aus. Von der Blasiistraße nach Süden geht der Pferdemarkt. Der Name sagt uns, daß früher hier Pferde verkauft wurden. Die Pferdemärkte wurden in alter Zeit außerhalb der Städte abgehalten; der Name Pferdemarkt für unsere Straße stammt also noch aus einer Zeit, wo das Blasiiviertel noch nicht zu der eigentlichen Stadt gehörte, wenn hier auch schon einzelne Häuser gestanden haben mögen. lcl. Schule auf dem Petersberge. Von dem Schulhos geht die Straße „Petersberg" nach Norden zu. Sie führt bergab in die Weberstraße. Hier wohnten früher Weber, daher hat die Straße den Namen. Nordöstlich von der Schule liegt die Petrikirche, die dem ganzen Berge den Namen gegeben hat. Der Turm der Petrikirche ist der höchste Kirchturm Nordhausens, er ist etwa 65 m hoch. Ostlich von der Schule ist der Turnplatz. An dem Turnplatz geht die Sedanstraße vorüber. Die Fortsetzung der Sedanstraße nach Süden ist die Franenbergerstiege. Südlich vom Schulhofe geht die Stadtmauer vorüber, und da- hinter liegt der Nähmen. Westlich von der Schule geht die Schlunztreppe vom Petersberg nach der Rautenstraße. Wahrscheinlich ist der Petersberg, der weit ins Land hineinschaut, in alten Zeiten ein Versammlnngsplatz unserer Vorfahren gewesen. Hier wurde wohl auch das höchste Gericht für unsere Gegend abgehalten. Darauf deutet die Petrikirche hin. Denn häufig steht an dem Orte, wo früher Gericht gehalten wurde, eine dem Apostel Petrus geweihte Kirche. Man dachte dabei wohl an das Wort Jesu, das er zu Petrus sprach: Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben; alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein (Matth. 16, 19). Den Apostel Petrus sieht man gewöhnlich mit einem Schlüssel abgebildet. le. Schule an der Wiedigsbnrg. Der Name „Wiedigsbnrg" bedeutet wahrscheinlich „Weidenburg". In früherer Zeit waren zwischen der Zorge und dem Mühlgraben Teiche, an deren Ufern Weiden wuchsen. Ob hier aber eine Burg gelegen hat, davon ist nichts bekannt.
   bis 10 von 144 weiter»  »»
144 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 144 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 3
1 1
2 8
3 45
4 1
5 53
6 0
7 17
8 29
9 2
10 3
11 0
12 3
13 2
14 0
15 0
16 4
17 0
18 19
19 8
20 0
21 2
22 0
23 0
24 1
25 0
26 5
27 7
28 16
29 0
30 2
31 0
32 0
33 6
34 2
35 1
36 60
37 29
38 23
39 18
40 0
41 0
42 0
43 3
44 0
45 2
46 0
47 1
48 0
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 7
2 0
3 1
4 2
5 5
6 6
7 0
8 0
9 3
10 2
11 0
12 7
13 0
14 0
15 0
16 18
17 29
18 0
19 32
20 0
21 9
22 0
23 30
24 7
25 0
26 1
27 1
28 0
29 0
30 0
31 0
32 4
33 0
34 4
35 0
36 8
37 5
38 7
39 11
40 4
41 1
42 5
43 1
44 2
45 18
46 3
47 0
48 5
49 21
50 0
51 5
52 0
53 0
54 44
55 0
56 0
57 35
58 7
59 14
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 1
66 1
67 0
68 6
69 17
70 10
71 1
72 9
73 22
74 0
75 3
76 75
77 37
78 0
79 2
80 0
81 1
82 11
83 3
84 2
85 8
86 2
87 23
88 0
89 0
90 2
91 9
92 7
93 0
94 38
95 0
96 0
97 0
98 2
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 42
1 4
2 5
3 13
4 4
5 30
6 15
7 8
8 0
9 1
10 11
11 4
12 25
13 11
14 15
15 0
16 0
17 50
18 1
19 0
20 0
21 4
22 0
23 0
24 3
25 77
26 14
27 0
28 5
29 14
30 17
31 0
32 4
33 22
34 3
35 5
36 2
37 0
38 31
39 30
40 12
41 1
42 5
43 31
44 6
45 0
46 1
47 7
48 1
49 1
50 52
51 24
52 17
53 0
54 2
55 1
56 1
57 0
58 4
59 21
60 30
61 13
62 19
63 0
64 2
65 21
66 3
67 2
68 0
69 0
70 36
71 1
72 45
73 1
74 0
75 12
76 0
77 10
78 0
79 0
80 22
81 67
82 7
83 0
84 3
85 0
86 0
87 1
88 2
89 25
90 0
91 3
92 0
93 38
94 28
95 17
96 48
97 45
98 1
99 49
100 31
101 0
102 35
103 0
104 0
105 5
106 32
107 2
108 0
109 0
110 22
111 9
112 14
113 0
114 24
115 2
116 3
117 1
118 0
119 7
120 0
121 64
122 2
123 9
124 20
125 13
126 0
127 7
128 1
129 1
130 10
131 23
132 1
133 14
134 0
135 0
136 8
137 4
138 0
139 5
140 43
141 3
142 133
143 38
144 15
145 17
146 0
147 3
148 1
149 0
150 1
151 8
152 9
153 0
154 21
155 29
156 16
157 8
158 0
159 0
160 1
161 15
162 0
163 0
164 5
165 2
166 1
167 6
168 6
169 14
170 8
171 6
172 7
173 8
174 0
175 6
176 1
177 16
178 0
179 11
180 4
181 0
182 10
183 61
184 0
185 2
186 0
187 1
188 1
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 10
195 0
196 32
197 0
198 1
199 31