Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
Kreis Salbe. 47
bürg. — Der Ort südlich der Bode ist jüngern Ursprungs; er wird 1145 zum ersten-
male genannt. Die Johanniskirche des Dorfes, welche schon 1145 erwähnt wird,
stand unter dem Patronat des Klosters Hecklingen. Im Jahre 1174 wird das damals
noch im Besitze der Askanier befindliche Staßfurt, welches südlich der Bode liegt,
als Dorf bezeichnet. Ums Jahr 1200 wurde es Stadt. Als solche gewauu sie bald
Bedeutung. Als nach dem Tode des Herzogs Bernhard von Sachsen im Jahre 1212
dessen Söhne sein Land teilten, legte Albrecht, welcher in der Herzogswürde folgte,
Wert darauf, die Stadt Staßfurt nebst Hecklingen zu befitzen. Schon frühzeitig finden
wir in Staßfurt eine Burg. (Heiurich der Löwe vor Staßfurt Siehe Seite 23.)
Im Jahre 1215 eroberte Kaiser Friedrich Ii. die Stadt, weil der Herzog Albrecht von
Sachsen sich zu Kaiser Otto Iv. hielt. 1276 erhielt die Stadt die Marktgerechtigkeit
Die befestigte Stadt Staßfurt besaß zu ihrem Schutze vor feindlichen Überfällen
mehrere Warten, und zwar eine hinter dem jetzigen Neundorf, die Dreckwarte an der
Liethe, und die noch jetzt vor Bernburg stehende Warte. Die eigentliche Furt, der
Übergang über die Bode lag oberhalb der jetzigen Eifenbahnbrücke. — Im Jahre
1278 tobte um Staßfurt die Fehde zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und dem
Markgrafen Otto Iv. von Brandenburg. (Vergleiche Frohse.)
Bei Belagerung dieser Stadt erhielt Otto Iv. einen Pfeilschuß in die Stirn.
Das Eisen war so tief in den Schädel eingedrungen, daß es, ohne den Markgrafen
in Lebensgefahr zu bringen, von den Ärzten nicht entfernt werden durfte. Etwa
nach Jahresfrist löste sich das Eisen von selbst aus dem Schädel, und die Wunde
heilte. Dieser Vorfall erklärt die Benennung „Otto mit dem Pfeile". Otto mußte
die Belagerung darauf aufheben. — Unter den folgenden Bischöfen wurde die Stadt
wiederholt an verschiedene Adelige verpfändet.
Die Reformation wurde in der Stadt Staßfurt zwischen 1540 und 1550 ein-
geführt. Im dreißigjährigen Kriege hatte die Stadt viel zu leiden, wie wir aus dem
Tagebuche des zur damaligen Zeit lebenden Pastors Moser erfahren. Längere Zeit
lag das Quartier des Feldmarschalls Tilly in dem Gebäude, welches jetzt die Bachsche
Restauration bildet. Als im Jahre 1675 die Schweden in unser Vaterland ein-
gefallen waren, kam der Große Kurfürst auf seinem Zuge „vom Rhein zum Rhin"
durch Staßsurt, wo er bei dem Freiherrn von Lethmat auf dem zu Alt-Staßfurt
gehörigen Schlosse (dem jetzigen Wohnhause des Fabrikbesitzers Herrn Hecker) Quartier
nahm. Das ersehnte Ziel, den gesicherten Elbübergang, sah der Kurfürst auf der
kürzesten Linie vor sich, und es war wohl kein Zweifel mehr, daß er ihn ungefährdet
erreichen würde; jenseits der Elbe lag sein von: Feinde bedrängtes Land, lag der
größere und schwerere, der entscheidende Teil der Aufgabe, die er sich gestellt hatte.
Da war es ganz in seiner frommen Sinnesweise, daß er das Bedürfnis fühlte,
feinem Gott zu danken für die ihm bis hierher erwiesene Hilfe und ihn um weiteren
Beistand anzuflehen. Diefem Bedürfnis gab er Ausdruck in der Anordnung eines
allgemeinen Büß- und Bettages für seine gesamten Lande, an dem „den gantzen Tag
weder Mensch noch Vieh essen oder trinken und mau also einen gantzen Fasttag
feiern soll", wie es in dem betreffenden, von Staßfurt aus erlassenen Edikt lautet.
Als Text für die Bußpredigt bestimmte der Kurfürst die Stelle Jeremias 20, Vers 11
und 12. Von Staßsnrt aus setzte er am 11. Juni, begleitet vom Feldmarschall
Derfflinger, Prinz von Hessen-Homburg, Generalleutnant von Görtzke und General-
Wachtmeister Lüdicke, den Marsch auf Magdeburg fort, wo er gegen Mittag eintraf. —
Im Jahre 1712 wurde die Stadt vou einem furchtbareu Brande heimgesucht.
1732 erhielt die Stadt eine Wasserkunst von der Bode, welche Kunst aber nach
30 Jahren wieder einging. Im siebenjährigen Kriege hatte die Stadt von französischen
und dann von österreichischen Streifkorps zu leideu.
Der Grundstein zu der jetzigen Johanniskirche wurde am 22. Mai 1469 gelegt
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Sachsen Albrecht Albrecht Friedrich_Ii Friedrich Albrecht_von
Sachsen Albrecht Otto Otto Otto Otto Moser Tilly Hecker Staßfurt Feldmarschall
Derfflinger
Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
66 Ortskunde.
3. Gutsbezirk Rajoch, 113 Einwohner, eingepfarrt und eingeschult nach
Diebzig in Anhalt. Rajoch war 1161 ein Dorf und gehörte dem Kloster
Neuwerk.
4. Gemeinde Kuhren, 299 Einwohner, eingepfarrt nach Aken. Kühren
hieß früher Kurne; 1754 wurde das wüste Dorf von Kolonisten wieder auf-
gebaut.
5. Gemeinde Mennewitz, 127 Einwohner, eingepfarrt nach Aken, ein
geschult nach Kühren.
Mennewitz kommt im 14. Jahrhundert als Menwicz vor. 1733 legte der Fürst
Leopold von Dessau auf der Wüstung das jetzige Dorf an.
2l. Amtsbezirk Susigke.
1. Gemeinde Susigke, 234 Einwohner, eingepfarrt nach Aken.
2. Gemeinde Chörau, 242 Einwohner, eingepfarrt nach Aken. Die
Gemeinde besitzt ein Bethans. '
Susigke kommt im 14. Jahrhundert als Susekow vor. 1756 wurde es durch
Kolonisten neu bebaut, ebenso die Gemeinde Chörau, welche 1026 als Curowe genannt
wird. Letztere gehörte später dein Kloster Gottesgnaden. Im Mittelalter war das
Dorf wüst.
3. Gutsbezirk Lödderitz, uämlich die Forstreviere Aken, Susigke und
Chörau.
Kreis Ofchersletien.
A. Allgemeines.
Der Kreis Oscherslebeu ist der nordwestlichste Teil dieser vier Kreise.
Er wird im Süden vom Kreise Aschersleben und Halberstadt, im Osten vom
Kreis Wanzleben, im Norden vom Kreis Neuhaldensleben und dem Herzog-
tum Braunschweig und im Westen vom Kreise Halberstadt begrenzt. Ge-
nannter Kreis hat eine Größe von 9,184 Quadratmeilen oder 563,776 [Dkm.
Die Einwohnerzahl beträgt 55 695, welche sich auf fünf Städte mit 22 734
Seelen, 26 Dörfer mit 29 661 Seelen und 22 Domänen, Rittergüter,
Kolonien, Förstereien und Oberförstereien mit 3366 Seelen verteilen,
Der Boden ist fast eben, bis auf drei Höhenzüge mit herrlichen Laub-
Waldungen, die an seiner Grenze liegen; es sind im Südwesten der Hny,
im Südosten der Hakel und im Nordosten das Brandsleber Holz. Von
größeren Gewässern ist nur die Bode zu nennen, die bei Rodersdorf in den
Kreis eintritt, in ihrem nach Norden gerichteten Laufe den Goldbach bei
Wegeleben, die Holtemme unterhalb Nienhagen und den Limbach bei Crottorf
von Westen aufnimmt und unterhalb Oschersleben, nachdem sie ihren Lauf
uach Ost-Süd-Osten gewendet hat, den Kreis wieder verläßt. Nur kleine
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Extrahierte Personennamen: Gutsbezirk_Rajoch Mennewitz Leopold_von_Dessau Leopold Amtsbezirk_Susigke Gutsbezirk_Lödderitz
Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
86
Ortskunde.
Kreis Wanzleben.
A. Allgemeines.
Der Kreis bildet eine sehr unregelmäßige viereckige Figur; sein Flächen-
inhalt beträgt 9,67 Quadratmeilen. Er zählt in 4 Städten und 45 Land-
gemeinden 77 862 Einwohner. Der Kreis wird begrenzt im Norden vom
Stadtkreis Magdeburg, den Kreisen Wvlmirstedt und Neuhaldeusleben, in?
Westen vom Kreise Oschersleben und dem anhaltischen Amte Alsleben, im
Süden von den Kreisen Oschersleben, Aschersleben und Calbe. Vom
1. Jerichowscheu Kreise wird er im Osten durch die Elbe getrennt. — Der
Kreis bildet eine große Ebene, in welcher sich der Boden nur nordöstlich
bei Beiendors und Sohlen, nördlich bei Hohendodeleben und nordwestlich bei
Ampsurth, Schermke und Altbrandsleben etwas erhebt und Hügel bildet,
welche weite Aussichten über die flachen Umgegenden gewähren. Der Henne-
berg in der Nähe des Vorwerks Blumenberg und der Kreuz- oder Sohl-
berg auf der Grenze des Kreises Calbe, unweit des Dorfes Sohlen, sind die
höchsten Punkte des Kreises. — Der Kreis Wanzleben enthält den frucht-
barsten Boden des Regierungsbezirks Magdeburg und den größten Teil der
sogenannten Börde; er besteht fast überall aus tiefschwarzer Dammerde, nur
in dem nordwestlichen Winkel ist der Boden zum Teile sandig. Der Acker-
bau ist daher auch der Hauptnahruugszweig der Bewohner des Kreises.
Es werden zwar alle Getreide- und Fruchtarten gebaut, besonders aber
Rüben, Cichorien, Weizen, Gerste, Erbsen, Raps und Mohn. Außerdem
treiben die Bewohner des Kreises Wanzleben bedeutende Schafzucht. Au
industriellen Unternehmungen besitzt der Kreis einige Braunkohlenbergwerke,
mehrere Cichorien darren, Zuckerfabriken, Brauereien, Breunereien und Stärke-
fabriken, verschiedene Kalk- und Mauersteinbrüche und eine Glashütte. Der
Hauptstrom des Kreises ist die Elbe, über welche mehrere Fähren gehen.
Die Bode durchfließt den Kreis in einer Länge von 21/2 Meilen. An ihren
Ufern liegen große Wiesen. Von den kleineren Flüssen nennen wir die
Sülze, die Söhre (entspringt bei Domersleben), den Gösgraben (er kommt
von Altbrandsleben), die Klinke. Die Aller kommt ans einem Teiche, welcher
in einem zum Gute Gehringsdorf gehörigen Garten liegt. Der Domersleber
und Remkersleber See sind vor einigen Jahrzehnten entwässert.
13. Beschreibung der Orkschaften,
a. Städte.
L Egeln, 5497 Einwohner.
Egeln, an der Bode gelegen, besteht aus der eigentlichen Stadt mit
dem Königlichen Domänenamte und der Vorstadt Altemarkt mit dein Ritter-
gut Marienstuhl. Die Stadt hat drei Pfarrkirchen, nämlich die evangelische
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 26 —
Luise. Er war der zweite Sohn des Königspaares und konnte daher
nicht darauf rechnen, einmal König zu werden. Darum erwählte er
sich den militärischen Beruf und wurde mit Leib und Seele Soldat.
Als aber sein Bruder, König Friedrich Wilhelm Iv. (nach dem unser
Friedrich-Wilhelms-Platz benannt ist) starb und keine Kinder hinterließ,
wurde Wilhelm I. König von Preußen (1861). Kaiser Wilhelm liebte
die blaue Kornblume über alles. Als er einmal gefragt wurde, warum
er das einfache Blümchen so gern habe, erzählte er: „Als ich noch klein
war und meine liebe Mutter noch lebte, mußten wir einmal in dem
Kriege, den Preußen mit dem Kaiser Napoleon führte, fliehen. Die
Mutter war sehr traurig und weinte oft. Da brach plötzlich auf einem
Feldwege, mitten zwischen Kornfeldern, ein Rad des Wagens. Wir
mußten einige Stunden warten, bis der Schmied das Rad geflickt hatte.
Inzwischen suchte ich mit meinen Geschwistern Kornblumen, um uns
die Zeit zu vertreiben. Die Mutter band einen hübschen Strauß
daraus, aber bald liefen ihr die Tränen über die Wangen. Das schnitt
mir tief ins Herz, und den Augenblick kann ich nie vergessen. Wenn
ich nun eine Kornblume sehe, so denke ich an mein gutes Mütterchen.
Darum habe ich die Kornblumen so lieb."
Im Jahre 1871, als König Wilhelm I. schon fast 74 Jahre alt
war, wurde er der erste deutsche Kaiser. Er hat ein sehr hohes Alter
erreicht; noch 17 Jahre hat er die deutsche Kaiserkrone getragen. Seine
letzten Lebensjahre wurden sehr getrübt, da sein einziger und geliebter
Sohn, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, von einer sehr bösen Hals-
krankheit heimgesucht wurde. Am 9. März 1888 ist Kaiser Wilhelm I.
gestorben. Alle Deutschen betrauerten ihn tief. Da auch sein Sohn,
Kaiser Friedrich Iii. noch in demselben Jahre starb, hat das Jahr 1888
drei deutsche Kaiser auf dem Thron gesehen.
16. Der Spendekirchhof.
1. Wir besuchen den Spendekirchhof. Das ist ein freier Platz
zum Spielen und Turnen. Hier steht die Turnhalle für die Knaben-
Mittelschule. Aber weshalb heißt der Platz „Spendekirchhof"? Wir
sehen hier keine Kirche und kein Grabkreuz mehr; aber früher war hier
eine Kirche, sie stand gleich rechts neben dem Haupteingange (durch das
Torhäuschen); links davon haben sich noch Überreste eines Nebengebäudes,
vielleicht einer Kapelle, erhalten. Von der Kirche ist nichts mehr vor-
Händen; sie ist 1805 gänzlich abgebrochen. Der Platz hinter der Kirche
bis an die Stadtmauer hin ist lange Zeit (bis 1855) als Friedhof für
die Kirchengemeinden St. Nikolai und St. Blasii benutzt. Ehe der Platz
zu einem Spiel- und Turnplatz eingerichtet wurde, waren noch die
Gräber zu sehen, und auf vielen standen noch Grabsteine mit Inschriften.
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Extrahierte Personennamen: Luise Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm Napoleon Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm_I. Friedrich_Iii Friedrich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
_ 4 —
1. Von der Heimat und den Dingen in der Heimat wollen wir
reden. Die Heimat ist für einen Menschen der Ort, wo er geboren ist,
wo er seine Jugend verlebt hat. Wenn ihr bei euren Eltern, bei euren
Geschwistern weilt, seid ihr daheim. Das Haus, in dem ihr mit Vater
und Mutter zusammen wohnt, ist euer Vaterhaus oder euer Heim.
Jedes Kind ist am liebsten daheim. Aber manchmal muß es doch für
einige Zeit das Vaterhaus verlassen. Vielleicht besucht es seine Ver-
wandten, oder es geht in eine Sommerfrische, ins Gebirge oder an die
See. Gewiß kommt ihm dann bei der Abreise das Lied in den Sinn:
„Nun ade, du mein lieb Heimatland!" Muß es lange an dem fremden
Orte bleiben, so bekommt es wohl Heimweh wie Hänsel und Gretel.
Dann wird es traurig und denkt nur immer an die Heimat und an
die Lieben daheim. Und wie glücklich ist es, wenn es die Heimreise
antreten kann und endlich wieder heimkehrt. Ja, die Heimat ist jedem
Menschen der liebste Ort.
2. Viele Menschen verlassen ihre Heimat und suchen anderswo
ihren Lebensunterhalt. Die Beamten werden versetzt, manchmal öfter
hintereinander und kommen in verschiedene Gegenden. Dann finden sie
dort, wo sie wohnen, eine neue Heimat, und bald fühlen sie sich auch
hier ganz heimisch. Viele von euren Eltern werden in Nordhausen ihre
neue Heimat gefunden haben; ihr aber, die ihr hier geboren seid oder
doch eure Jugend verlebt, habt hier eure erste, richtige Heimat, ihr seid
hier einheimisch; Nordhausen ist eure Heimatstadt. Manche Menschen
wandern in der Welt umher und haben nirgends eine Heimat; sie sind
heimatlos, denkt z. B. an die Zigeuner, auch an die fahrenden Künstler
oder an die Landstreicher. Sie sind gewiß zu bedauern. Wie glück-
lich ist doch der, der noch sagen kann: ich gehe nach Hause! Wie
traurig mag es aber wohl für den sein, der sagen muß: ich habe
keine Heimat mehr!
3. Die Heimat kennt ihr alle, aber ihr kennt sie noch nicht ge-
nan; es gibt vieles in der Heimat, was ihr noch nicht kennt. Am
besten kennt ihr das Haus, wo ihr wohnt, euer Elternhaus; denn dort
seid ihr die meiste Zeit. Aber nach dem Elternhaus ist die Schule der
Ort, wo ihr den größten Teil des Tages zubringt. Darum soll die
Schule eure zweite Heimat sein; hier sollt ihr euch ebenso heimisch
fühlen wie daheim. Deshalb müßt ihr auch die Schule und ihre Um-
gebung genau kennen lernen. Aber auch die wichtigsten Straßen, Plätze,
Häuser, Denkmäler und Anlagen eurer Heimatstadt müßt ihr kennen
und von den Bewohnern und ihrer Beschäftigung müßt ihr erzählen
können. Ebenso soll euch die Umgebung der Stadt bekannt werden.
Was man weiß, von dem hat man Kunde; darum heißt die Unterrichts-
stunde, in der wir die Heimat kennen lernen, Heimatkunde.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 17 —
Danach hat das Haus also eine recht ehrwürdige Geschichte hinter sich.
Es ist ein stattliches Gebäude. Die Keller liegen übereinander und sind
noch wohl erhalten. Der oberste dehnt sich unter dem Hintze'schen
Hause und zum Teil auch noch unter dem Lutherplatz mit aus. _ In
dem Keller lagerten die Weinfässer, von denen der Rat an die Bürger
Wein verkaufte. Jetzt gehört der Ratskeller mit zum Rathause; hier
ist die Polizei und das städtische Meldeamt.
Beschreibt den Weihnachtsmarkt!
Erzählt die Geschichte des Ratskellers!
11. Der Lutherplaiz und der Lutherbrunnen.
1. Südwestlich vom Markt liegt der Lutherplatz. Er hat seinen
Namen von dem Lutherbrunnen, der hier steht; ursprünglich hieß der
Platz Holzmarkt und später Kohlmarkt. Das Lutherdenkmal ist 1889
eingeweiht. Auf einem Unterbau aus Sandstein, der von einem Brunnen-
becken eingefaßt ist, steht das Standbild Dr. Martin Luthers. Es ist aus
Erz gegossen. Luther steht schlicht und einfach da; doch läßt seine
Haltung auch die Größe und Bedeutung erkennen, die ihm zukommt.
Der Kopf und die Gesichtszüge zeigen uns den Mann, der mit sich im
reinen und sich völlig klar ist über das, was er tut. Luther ging bei
seiner Lehre von der Bibel aus; darum hält er in der linken Hand
eine Bibel, auf die sich die Rechte beteuernd legt. Angetan ist er mit
einem langen Gewand, ähnlich dem, das unsere Prediger bei ihren Amts-
Handlungen tragen. An jeder der vier Seiten des Fußgestells ist in
einer Nische ein Löwenkopf angebracht, aus dem Wasser in ein kleines
Becken fließt, über dessen Rand es dann in den unteren größen Be-
hälter plätschert.
2. Luther war ein berühmter Prediger und Professor in der Stadt
Wittenberg. Er ist der Stifter der evangelisch-lutherischen Kirche. Fast
alle Kirchen in unserer Stadt sind evangelisch-lutherisch; nur der Dom
ist katholisch. Luther hatte in Nordhausen viele Freunde und ist auch
einige Male hier gewesen. Darum wird auch heute noch am Martins-
feste sein Geburtstag gefeiert. Dann versammeln sich alle evangelische
Christen vor dem Lutherbrunnen, die Vereine und Schulen marschieren
in einem Aufzuge dahin, und unter Glockengeläute singen alle das Lied
Luthers: „Ein' feste Burg ist unser Gott". (S. Geschichtsbilder
Nr. 12: Luther und der Nordhäuser Schuhmacher.)
3. Zu Luthers treuesteu Freunden in Nordhausen gehörte der
Besitzer der Ratsapotheke, das ist die heutige Adlerapotheke am Luther-
platz. Hier in der Ratsapotheke versammelten sich häufig die andern
Freunde Luthers und lasen Luthers Bücher, die der Apotheker von
seinen Reisen immer mitbrachte. Darum ist auch das Lutherdenkmal
H einc. Unsere Heimat. o
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 72 —
Menschen erschuf, gab er ihm Gewalt über alle Tiere, über die Vögel in der Luft und die Fische im Wasser.
5. Zum fünften haben sich unsere Herrschaften die Hölzer allein zugeeignet und der arme Mann muß sich sein £70x3 teuer erkaufen. Unsere Meinung ist, daß alle Wälder, die nicht gekauft wurden, der Gemeinde zufallen sollen. Brenn- und Bauholz soll dann jeder nach Bedarf von der Gemeinde umsonst erhalten.
6. Zum sechsten fordern wir, daß man mit den Diensten, die täglich zunehmen, Einhalt tuen möge und uns gnädig behandle, wie unsere Eltern gedient haben nach dem Worte Gottes.
7. Zum siebten wollen wir uns von einer Herrschaft nicht weiter beschweren lassen als zu der Zeit, da das Gut verliehen wurde, wenn der £?err neue Dienste nötig hat, soll der Bauer ihm gehorsam sein, aber zu einer Zeit, da es ihm nicht zum Nachteil ist, und um einen annehmbaren Lohn.
8. Zum achten wollen wir, daß Güter, welche die Gült nicht tragen, von ehrbaren Leuten nach Billigkeit geschätzt werden, damit der Bauer nicht umsonst seine Arbeit tue, denn jeder Taglöhner ist seines Lohnes wert.
9. Zum neunten beschweren wir uns dagegen, daß man straft nach Neid und Gunst und nicht nach geschriebener Strafe und nach Gestalt der Sache.
10. Die Acker und wiesen, die der Gemeinde gehören und die sich jemand angeeignet hat, werden wir wieder der Gemeinde zu fanden geben.
\ V Den Todesfall wollen wir abgeschafft haben.
\2. wenn einer der Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß ist, so wollen wir davon abstehen, wenn uns dies aus der Schrift nachgewiesen wird. Der Friede Ehristi sei mit uns allen. Amen.
f) Das Lager von Bildhausen.
Am palmtag versammelten sich etliche Bauern von Burglauer und Umgegend in einem Schenkhaus zu Münnerstadt und machten mit einigen aus der Stadt einen Pakt, das Kloster Bildhausen einzunehmen. Am folgenden Mittwoch zogen bis zu zoo Mann mit wehren, Trommeln und pfeifen vor das Kloster und forderten Einlaß. Als sie eingelassen waren, haben sich £)ans Schnabel von Münnerstadt, ein Schreiner, und fjans Scharr von Burglauer zu f^auptleuten unter ihnen aufgeworfen. Der Abt und der größte Teil des Konvents flohen gegen Königshofen im Grabfeld. Die £}auptleute nahmen die Verwaltung des ganzen Klosters Zu ihren fanden, bestellten die wache, da sie einen Überfall befürchteten, und hielten Straßen, Wege, Führten und Schläge bei Tag und Nacht in guter Acht. Auf ein Ausschreiben liefen ihnen viele Bauern aus der Umgegend zu; auch die von Neustadt schlossen sich ihnen an. Als der
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— m —
bis auf wenige Familien gestorben oder verdorben. Ohne Unterricht, ohne Gottesdienst war das junge Volk aufgewachsen in Roheit und Sittenlosigkeit; von den Soldknechten der Heere hatte es Gewalttätigkeit und Verbrechen aller Art gelernt.
Über den ehemaligen Acker war Wald gewachsen; angebaut wurde nur so viel Feld, als 3um (Ertrage der nötigen Nahrung erforderlich war. Der wert der Grundstücke war ungemein gesunken. Ost weigerten sich Nachbarn, anstoßende herrenlose Acker schenkungsweise anzunehmen, um die darauf lastenden Bodenabgaben nicht zahlen zu müssen.
Die Ortsgeschichten belegen diese 2lngaben mit (Einzelbeispielen. So schreibt die dhronif von Gerolzhofen:
„(Ein jammervolles Bild boten Stadt und Markung von Gerolzhofen nach den Drangsalen des Krieges. Die Mittel des Stadthaushaltes waren völlig erschöpft, Stadt- und Landgemeinden an den Bettelstab gebracht. Greulichen Anblick bot das Gebiet der Stadtmarhmg, der Umgebung, dessen ausgebrannte, totenstille Dörfer Lindelach, Rügsbofen, Stockheim, Alitzheim, Mittelmühle in Trümmern lagen. Rügshofen erlangte feinen früheren Umfang nicht wieder, Lindelach erhob sich überhaupt nicht mehr. Auren und wiesen waren nach langem Verwildern ertraglos, Acker und Weingärten von wildem Buschwerk überwuchert. Auch der sittliche Zustand der gelichteten Bevölkerung hatte begreiflicherweise sehr stark gelitten unter den (Eindrücken endloser blutiger Greuel, unbeschreiblicher Ausschreitungen, jammervoller Seuchen, He$enverfolgungen und Kriegsläufe. Zahlreiche Güter waren herrenlos und fanden tatsächlich keinen Herrn."
In der Ortsgeschichte von Untererthal ist zu lesen:
„Zwischen \652 und \650 verschwanden Nachbarn mit Familienangehörigen. Gegen (Ende der Kriegstvirren waren an die 50 Hofstätten verödet. Von 25 dem Frhrn. von (Erthal zustehenden Häusern standen 20 leer. Die unbewohnten Häuser waren teilweise abgebrannt oder verfallen. Steine und Holz verwendeten die den Krieg überlebenden Nachbarn zum Ausbessern ihrer baufälligen Heimstätten. Felder, wiesen und Weinberge lagen größtenteils brach; sie waren vielfach mit Hecken und Stauden verwachsen. Auf Hetzloser Markung waren \658 von 295 Morgen (Erthaljcher Acker nur ungefähr 40 Morgen bebaut, „das übrige mit Hecken und Holz verwachsen". Von \03 Morgen wiesen konnten nur 35 Morgen genutzt werden, die übrigen waren verwachsen und verwildert. Noch um 1?oo lagen \56 Morgen Feld bei Hetzlos wüst und das Dorf zählte noch ^6 öde Hofstätten.
Hier wie überall wurde die Markung neu vermessen, da sie „mit Holz, Hecken und Sträuchern dergestalt verwachsen, daß sich darinnen schwerlich mehr zu finden".
Die Stadt Karlstadt hatte ^670 {7? leere Häuser. Infolge der großen Verarmung der (Einwohnerschaft wurde der Gemeindewald verteilt.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Satz Johann Graf
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Deutschland Karlsiadt Schweden Karlftadt Wildenstein Würzburg