Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
8 Allgemeine Landeskunde.
Von den erwähnten Ausläufern des Harzes sind es hauptsächlich zwei,
welche die Kreise mit ihren Erhebungen durchziehen, nämlich der Hny und
der Hakel.
Der Huy, ein mit herrlichem Laubwald bewachsener Höhenzug, erhebt
sich dreiviertel Stunde westlich Ihm Schwanebeck, zieht sich anfangs schmal,
dann breiter werdend von Osten nach Westen, wo sich zuletzt die Breite
wieder verringert, und läuft in einer schmalen Zunge südlich vou Baders-
leben aus. Derselbe trägt aus seinem nördlichen Abhänge das ehemalige
Kloster „Hnysburg", jetzt Domäne oder Staatsgut, welches weithin sichtbar
ist. Die Länge des Gebirgszuges beträgt etwa 20 km, die größte Breite
6 km. Drei Warten krönen den Höhenzug, im Osten die Eilenstedter oder
Paulkopswarte, in der Mitte die Sargstedter Warte über Sargstedt und im
Westen die Hakenthalswarte.
Die Daneilshöhle.
Am nördlichen Abhange des Berges, welcher das Kloster Hupsburg trägt,
findet sich eine von Menschenhand in den Fels gehauene Höhle von beträchtlichem
Umfange, welche aus zwei Abteilungen, einem Wohnraum und einem Pferdestall
besteht. In dieser Höhle hauste der Räuber Daneel oder Daneil. Von hier aus
unternahm er seine Raubzüge bis tief in den Harz hinein. Auch hatte er alle Wege
im weiten Umkreise um feine Höhle mit verborgenen Drahtschlingen umgeben, die
mit Glöckchen in der Höhle in Verbindung standen. Sobald ein Wanderer nun an
solche Drahtschlinge stieß, ertönte ein Glöckchen in der Höhle, und der Räuber wußte
sofort, wo sich feine Beute befaud.
Der Schlupfwinkel des Räubers blieb lange Zeit unentdeckt, da er bei seinen
Raubzügen seinein Pferde die Hufe verkehrt unterschlug, um so die Spur von seiner
Höhle abzulenken. Einst verirrte sich ein Bauermädchen beim Haselnußpflücken und
geriet in die Drahtschlingen. Der Räuber schleppte sie in seine Höhle, woselbst sie
ihm den Haushalt führen mußte; er zwang sie zum Schwur, ihn nicht zu verraten.
Nach sechs Jahren gestattete er ihr zum erftenmale, wieder einmal in die Stadt zu
gehen, um für sich Kleider zu kaufen. Sie machte sich in der Frühe des Morgens
auf den Weg. In der Stadt angekommen, waren die Laden noch geschlossen. Da
kniete sie vor der Rolandssäule nieder und schüttete dieser unter Schluchzen und
Thränen ihr Herz aus. Ihre Worte hörte ein Gerichtsdiener, der des Weges kam.
Der führte sie zu dem Schöffen, und nachdem drei Priester sie ihres Eides entbunden
hatten, verriet sie den Schlupfwinkel des Räubers. Die Höhle desselben wurde am
nächsten Tage umstellt. Da der Eingang durch eiserue Thüren verschlossen war,
mußten Zimmerleute und Maurer ein Loch von oben in den Felsen hauen. Hier
hinein goß man solange heißes Wasser, bis der Räuber eleudiglich verbrannte.
Der südliche von beiden genannten Ausläufern des Harzes, der Hakel,
teilt sich wieder in zwei Teile. Der eine dieser Höhenzüge, welcher die
Richtung nach Bernbnrg verfolgt, erreicht bei Köchstedt seine höchste Erhebung
und tritt westlich von Löderbnrg in den Kreis Calbe ein; er verläßt den-
selben südlich von der Bode. Auf dem höchsten Punkte dieses Höhenzuges
stand früher eine Burg, die Dumburg, von welcher die Reste noch heute zu
sehen sind. Die Chroniken erzählen, daß die Burg 1367 in dem Besitze
der Herren von Knesebeck gewesen sei, die von hier aus magdeburgisches Gut
geraubt hatten. Deshalb verbanden sich der Erzbischos Dietrich von Magdc-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
5. Bodenbeschaffenheit und Produkte. 15
Anhaltend trockene Witterung dörrt diesen Boden wiederum nicht so schnell
aus als den leichten Sandboden des anderen Elbufers. Kraut, welches unter
dem Namen des „Magdeburger Sauerkohls" weithin versendet wird, Eichorie,
Gurken und Zwiebeln gedeihen hier auf das beste. Die wichtigste Kultur-
pflanze aber, um welche sich hier alles dreht und welche in die Börde un-
geahnte Reichtümer gebracht hat. ist die Zuckerrübe. Dieselbe wird Haupt-
sächlich in der fruchtbaren Niederung von Magdeburg, südwestlich am Harze
nach Oschersleben, Halberstadt, Quedlinburg, Aschersleben und Calbe a. S.
hin angebaut. Diese Striche sind der Zuckerboden, das vorzüglichste Rüben-
land Deutschlands. Nicht weniger als 20 l Fabriken und Raffinerien, fast
die Halste der Zuckerfabriken des ganzen Deutschen Reiches, find hier auf einem
kleinen Fleck vereinigt. Auf obengenannte Kreise entfällt der Löwenanteil
mit 133 Fabriken, und so ist in der That das Vorland des Harzes die
Zuckerbüchse des Deutschen Reiches. Zur Verarbeitung der Zuckerrübe giebt
es fast in jedem größeren Dorfe Fabriken. Da werden mitunter täglich
500—600 Arbeiter beschäftigt, die aus den ärmeren Gegenden Deutschlands,
z. B. aus dem Eichsfelde, ans der Provinz Posen, von der rechten Oder-
feite in Schlesien hierher zu kommen pflegen. Aber nicht bloß dieser fremden
Arbeiter bedient sich der Landmann, um dem Boden möglichst großen Ertrag
abzugewinnen; er ist außerdem noch genötigt, die Kraft des Dampfes und
mannigfaltige Maschinen znm Pflügen und Säeu, Mähen und Ausdreschen
zu verwenden. Infolge dieses Fleißes und der großen Fruchtbarkeit des
Bodens herrscht hier überall der größte Wohlstand. Hiervon zeugen auch
die großen und freundlichen Bördedörfer. Da Holzarmnt herrscht, sind alle
Häuser massiv. Neben alten Gebäuden und niedrigen Häuschen findet man
viele ueuere Gehöfte mit großen, schönen Einfahrtsthoren und stattlichen,
vornehm eingerichteten Wohnhäusern.
Hervorzuheben ist seruer noch die Blumenzucht, dieselbe wird besonders
in Quedlinburg getrieben. Hier ist auch der Sitz der größten Kunst- und
Handelsgärtnereien, die ihre Sämereien bis in die entferntesten Länder der
Erde hin versenden. Samenzucht treibt vorherrschend Aschersleben. Die
Kartoffel ist überall verbreitet, gerät in vorzüglicher Güte und bildet in
Stadt und Land ein Hauptnahrungsmittel. Von den Hülsenfrüchten erntet
man Erbsen, Bohnen, Linsen; von den Ölfrüchten wird in manchen Gegenden
Raps gebaut. Unter den Futterpflanzen wird besonders Luzerne, Klee und
auch Esparsette angebaut. Wiesen sind in größerem Umfange nur in den
Niederungen der Flüsse, besonders der Elbe, der Saale und der Bode vor-
handen, und wird hier der eigene Bedarf an Heu und Grummet vollkommen,
in guten Jahren auch darüber gewonnen. Holzreichtum hat der Harz.
Nach den Pflanzenprodukten richtet sich die Beschaffenheit des Viehstandes.
Die Viehzucht ist eiu Hauptzweig des landwirtschaftlichen Betriebes, und man
verwendet auf dieselbe großen Fleiß. Die nützlichsten Haustiere, wie Rind-
vieh und Schafe, werden in großer Anzahl gezogen. Weniger hervortretend
ist die Pferdezucht, weil es au den Vorbedingungen für dieselbe, namentlich
an hinlänglicher Weide fehlt. Nur in einigen mit Wiesen versehenen Ort-
schasten werden Füllen gezogen. Die Schweinezucht dagegen wird ziemlich
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 26 —
Luise. Er war der zweite Sohn des Königspaares und konnte daher
nicht darauf rechnen, einmal König zu werden. Darum erwählte er
sich den militärischen Beruf und wurde mit Leib und Seele Soldat.
Als aber sein Bruder, König Friedrich Wilhelm Iv. (nach dem unser
Friedrich-Wilhelms-Platz benannt ist) starb und keine Kinder hinterließ,
wurde Wilhelm I. König von Preußen (1861). Kaiser Wilhelm liebte
die blaue Kornblume über alles. Als er einmal gefragt wurde, warum
er das einfache Blümchen so gern habe, erzählte er: „Als ich noch klein
war und meine liebe Mutter noch lebte, mußten wir einmal in dem
Kriege, den Preußen mit dem Kaiser Napoleon führte, fliehen. Die
Mutter war sehr traurig und weinte oft. Da brach plötzlich auf einem
Feldwege, mitten zwischen Kornfeldern, ein Rad des Wagens. Wir
mußten einige Stunden warten, bis der Schmied das Rad geflickt hatte.
Inzwischen suchte ich mit meinen Geschwistern Kornblumen, um uns
die Zeit zu vertreiben. Die Mutter band einen hübschen Strauß
daraus, aber bald liefen ihr die Tränen über die Wangen. Das schnitt
mir tief ins Herz, und den Augenblick kann ich nie vergessen. Wenn
ich nun eine Kornblume sehe, so denke ich an mein gutes Mütterchen.
Darum habe ich die Kornblumen so lieb."
Im Jahre 1871, als König Wilhelm I. schon fast 74 Jahre alt
war, wurde er der erste deutsche Kaiser. Er hat ein sehr hohes Alter
erreicht; noch 17 Jahre hat er die deutsche Kaiserkrone getragen. Seine
letzten Lebensjahre wurden sehr getrübt, da sein einziger und geliebter
Sohn, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, von einer sehr bösen Hals-
krankheit heimgesucht wurde. Am 9. März 1888 ist Kaiser Wilhelm I.
gestorben. Alle Deutschen betrauerten ihn tief. Da auch sein Sohn,
Kaiser Friedrich Iii. noch in demselben Jahre starb, hat das Jahr 1888
drei deutsche Kaiser auf dem Thron gesehen.
16. Der Spendekirchhof.
1. Wir besuchen den Spendekirchhof. Das ist ein freier Platz
zum Spielen und Turnen. Hier steht die Turnhalle für die Knaben-
Mittelschule. Aber weshalb heißt der Platz „Spendekirchhof"? Wir
sehen hier keine Kirche und kein Grabkreuz mehr; aber früher war hier
eine Kirche, sie stand gleich rechts neben dem Haupteingange (durch das
Torhäuschen); links davon haben sich noch Überreste eines Nebengebäudes,
vielleicht einer Kapelle, erhalten. Von der Kirche ist nichts mehr vor-
Händen; sie ist 1805 gänzlich abgebrochen. Der Platz hinter der Kirche
bis an die Stadtmauer hin ist lange Zeit (bis 1855) als Friedhof für
die Kirchengemeinden St. Nikolai und St. Blasii benutzt. Ehe der Platz
zu einem Spiel- und Turnplatz eingerichtet wurde, waren noch die
Gräber zu sehen, und auf vielen standen noch Grabsteine mit Inschriften.
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Extrahierte Personennamen: Luise Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm Napoleon Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm_I. Friedrich_Iii Friedrich
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Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
_ 4 —
1. Von der Heimat und den Dingen in der Heimat wollen wir
reden. Die Heimat ist für einen Menschen der Ort, wo er geboren ist,
wo er seine Jugend verlebt hat. Wenn ihr bei euren Eltern, bei euren
Geschwistern weilt, seid ihr daheim. Das Haus, in dem ihr mit Vater
und Mutter zusammen wohnt, ist euer Vaterhaus oder euer Heim.
Jedes Kind ist am liebsten daheim. Aber manchmal muß es doch für
einige Zeit das Vaterhaus verlassen. Vielleicht besucht es seine Ver-
wandten, oder es geht in eine Sommerfrische, ins Gebirge oder an die
See. Gewiß kommt ihm dann bei der Abreise das Lied in den Sinn:
„Nun ade, du mein lieb Heimatland!" Muß es lange an dem fremden
Orte bleiben, so bekommt es wohl Heimweh wie Hänsel und Gretel.
Dann wird es traurig und denkt nur immer an die Heimat und an
die Lieben daheim. Und wie glücklich ist es, wenn es die Heimreise
antreten kann und endlich wieder heimkehrt. Ja, die Heimat ist jedem
Menschen der liebste Ort.
2. Viele Menschen verlassen ihre Heimat und suchen anderswo
ihren Lebensunterhalt. Die Beamten werden versetzt, manchmal öfter
hintereinander und kommen in verschiedene Gegenden. Dann finden sie
dort, wo sie wohnen, eine neue Heimat, und bald fühlen sie sich auch
hier ganz heimisch. Viele von euren Eltern werden in Nordhausen ihre
neue Heimat gefunden haben; ihr aber, die ihr hier geboren seid oder
doch eure Jugend verlebt, habt hier eure erste, richtige Heimat, ihr seid
hier einheimisch; Nordhausen ist eure Heimatstadt. Manche Menschen
wandern in der Welt umher und haben nirgends eine Heimat; sie sind
heimatlos, denkt z. B. an die Zigeuner, auch an die fahrenden Künstler
oder an die Landstreicher. Sie sind gewiß zu bedauern. Wie glück-
lich ist doch der, der noch sagen kann: ich gehe nach Hause! Wie
traurig mag es aber wohl für den sein, der sagen muß: ich habe
keine Heimat mehr!
3. Die Heimat kennt ihr alle, aber ihr kennt sie noch nicht ge-
nan; es gibt vieles in der Heimat, was ihr noch nicht kennt. Am
besten kennt ihr das Haus, wo ihr wohnt, euer Elternhaus; denn dort
seid ihr die meiste Zeit. Aber nach dem Elternhaus ist die Schule der
Ort, wo ihr den größten Teil des Tages zubringt. Darum soll die
Schule eure zweite Heimat sein; hier sollt ihr euch ebenso heimisch
fühlen wie daheim. Deshalb müßt ihr auch die Schule und ihre Um-
gebung genau kennen lernen. Aber auch die wichtigsten Straßen, Plätze,
Häuser, Denkmäler und Anlagen eurer Heimatstadt müßt ihr kennen
und von den Bewohnern und ihrer Beschäftigung müßt ihr erzählen
können. Ebenso soll euch die Umgebung der Stadt bekannt werden.
Was man weiß, von dem hat man Kunde; darum heißt die Unterrichts-
stunde, in der wir die Heimat kennen lernen, Heimatkunde.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 87 —
beiden Dörfer Ober- und Mitteldorf hießen früher Ober- und Nieder-
roldisleben; weiter nördlich kommt diese Endung nur noch bei zwei
Dorfnamen vor, bei Gudersleben und Woffleben. Die Endung „leben"
ist dem Thüringer Stamme eigentümlich; sie hat eine ähnliche Bedeutung
wie unser Wort „bleiben", bezeichnet also einen Besitz, der einem Manne
oder einem Geschlechte bleibt, ihm erblich gehört. Die Namen auf
„stedt" und „Hausen" bezeichnen den Ort oder die Stätte, wo jemand
sich angesiedelt oder ein Hans gebaut hat. Der Anfang der Orte Groß-
und Klein-Werther reicht in die Zeit zurück, wo der kleine Höhenzug
zwischen Werther und Sundhausen noch wie eine Insel oder ein Werder
aus dem See oder dem Sumpfe hervorragte.
2. Die Zahl der Bewohner war bald so angewachsen, daß nicht
genug Land zum Ackerbau vorhanden war. Es mußte neuer aubau-
fähiger Boden geschaffen werden. Dies geschah, indem man Wald urbar
machte und die Bäume ausrodete. Die Orte, die auf solchem Boden
entstanden, sind daran kenntlich, daß sie auf „rode" endigen. Der erste
Teil des Ortsnamens enthält sehr häufig den Namen desjenigen, der
den Wald für den Anbau urbar gemacht und sich dort eine Wohnung
gebaut hat, z. B. Branderode = Rodung des Hadnbrand, Immen-
rode — Rodung des Jmmo, Günzerode = Rodung des Gunzelin.
Diese Rodedörfer liegen meist auf der Höhe, seitab von den Flüssen und
waren bei uns sehr zahlreich; viele von ihnen sind jedoch wieder ein-
gegangen, weil der Boden, auf dem sie standen, zu unfruchtbar war.
Eins davon, Bleicherode, dessen Ursprung auch in diese Zeit fällt, ist
dagegen zu einer Stadt angewachsen; der Name bedeutet „Rodung
des Blicho".
2. Die Gaueinteilung unserer Heimat.
Die älteste Benennung unserer Heimat war „Helmegau". Er hat seinen
Namen von der Helme und umfaßte das ganze Tal dieses Flusses. Im
Osten reichte er bis Wallhausen, im Westen bis Tettenborn, im Norden
bis über Benneckenstein hinaus, und im Süden bildete der Kyffhäuser
und der Höhenzug der Windleite mit Paßberg und Schern die Grenze.
Der südliche Teil unserer Heimat, das Wippertal, bildete den Wippergau,
und die Südwestecke, westlich von Bleicherode und Werningerode, gehörte
zum Ohmfeldgau; der Höhenzug westlich von Kehmstedt bildete hier die
Grenze zwischen Helme- und Ohmfeldgau.
3. Der Königshof Heinrichs l. in Nordhausen.
König Heinrich I. besaß in der Umgebung Nordhausens, das damals
noch ein kleines Dorf am Frauenberge war. große Ackerflächen. Diese
wurden von einem Hofe aus bestellt, der auf einer Anhöhe nord-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 88 —
westlich vom Frauenberge lag und später einfach der Königshof hieß.
Wie auf einem heutigen Gutshofe wurden dort Pferde, Rindvieh,
Schafe, Schweine, Federvieh und Bienen gehalten. Außer den Scheunen
und Ställen waren hier auch die Wohnungen der Knechte, die den Acker
bebauten, und die Werkstätten der Schmiede, Schuster, Netzmacher und
anderer Handwerker, die die Ackergeräte verfertigten und ausbesserten
und Kleidungsstücke und andere Sachen herstellten, die die vielen Leute
auf dem Hofe brauchten. Frauen und Mädchen spannen in besonderen
Werkstätten Flachs und Wolle, webten Gewänder, strickten und färbten.
So schlössen sich an die eigentlichen Wirtschaftsgebäude viele andere Häuser,
die nach und nach einen besondern Ort bildeten. Auch eine Kirche wird
bald gebaut worden sein, die heutige Marktkirche. Die jetzige Marktkirchen-
gemeinde, die allmählich aus einer Vergrößerung des Kömgshofsbezirkes
hervorgegangen ist, können wir als den ältesten Stadtteil Nordhausens
ansehen. Wahrscheinlich hat Heinrich I. auch schon um dieses Gebiet
herum eine Mauer erbaut.
Wenn der König in Nordhausen war, so wohnte er nicht auf dem
Königshofe, wo nur Wirtschaftsgebäude standen, sondern in seiner Burg,
die etwas seitlich vom Königshofe am Rande des Abhanges lag. Das
Haus, das jetzt auf dem Platze steht, heißt noch heute die „Finkenburg",
denn Heinrich I. führte auch den Beinamen „der Finkler". Die Straße
zwischen der Burg und dem Köngshofe heißt noch jetzt die Ritterstraße.
4. Königin Mathilde gründet in Nordhausen den Dom
und das Nonnenkloster zum heiligen Kreuz.
962.
1. Die Königin Mathilde war die Gemahlin Heinrichs I. Da-
mit sie nach des Königs Tode keine Not leiden sollte, hatte er ihr
neben andern Gütern die Königshöfe in Nordhausen und Quedlinburg
als Witwengut geschenkt. Auf beiden Höfen wohnte sie in ihrer Witwen-
zeit abwechselnd, und an beiden Orten gründete sie ein Kloster. In
Nordhausen stiftete sie nahe der königlichen Burg (der heutigen
Finkenburg) ein Nonnenkloster; später erhielt das Kloster als wertvolle
Gabe (Reliquie) einen Holzsplitter vom Kreuze Christi und hieß nun
das „Kloster zum heiligen Kreuz". Auch eine Kirche ließ sie für das
Kloster bauen; daraus ist später der heutige Dom entstanden.
2. Bald nach der Errichtung des Klosters kam ihr Sohn, König
Otto I., nach Nordhausen. Sieben Tage verweilte er bei seiner alten
Mutter. Als er wieder abreisen wollte, gingen sie frühmorgens zu-
fammen in die Kirche. Dann traten sie aus der Tür, um Abschied zu
nehmen. Mathilde bat den König noch einmal inständigst, für das
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Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 99 —
2. Die Bauern der Grafschaft Lohra plünderten Dietenborn und
Münchenlohra. Als sie die Pfarre in Elende überfielen, soll der Pfarrer
seine Bienen aufgerüttelt haben, so daß sich diese auf die Plünderer
stürzten, die nun eiligst die Flucht ergriffen.
3. Die klettenbergischen und scharzfeldischen Bauern hatten das
Kloster Walkenried zu ihrem Standquartier erwählt. Damit sie das
Kloster nicht zerstören sollten, hatte der Abt bei seinem Wegzuge die
Schlüssel stecken lassen. Trotzdem blieb das Kloster nicht verschont.
Zunächst zerschlugen die Bauern alle Fenster, Ofen, Türen und Bilder;
dann richteten sie ihr Augenmerk auf die große Glocke, deren Metall
sie verkaufen konnten. Sie hing in einem kleinen Turme mitten über
der Kirche; beim Herabstürzen zerschlug sie das Kirchendach. Der Schaden
wurde später nicht wieder ausgebessert, und die Kirche verfiel immer
mehr; heute sind nur noch Ruinen davon vorhanden. — Auch kriegerische
Übungen wurden vorgenommen, an denen selbst der Graf Ernst von Hon-
stein teilnehmen mußte. Als die Bauern einst von einer solchen Übung
zurückkehrten, sagte ihr Anführer, der Schäfer Hans Arnold von Barthol-
felde, zu dem Grafen, indem er sich auf einem Bein umdrehte: „Sieh,
Bruder Ernst, den Krieg kann ich führen, was kannst denn du?" Der
Graf antwortete: „Ei Hans, sei zufrieden, das Bier ist noch nicht in
dem Fasse, darin es gären soll." Diese Antwort verdroß die Bauern
sehr, und der Graf mußte sie mit guten Worten beschwichtigen.
4. Nach einiger Zeit zogen die Bauern weiter auf Nordhausen zu
und lagerten sich aus der Wiese bei der Flarichsmühle vor Klein-
wechsungen. Schnell traf nun der Rat von Nordhausen Vorkehrungen
zum Schutze der Stadt. Er verstärkte die Besatzung durch vierhundert
Fußknechte, nahm die Kleinodien der Klöster in Verwahrung und ließ
die einzelnen Stadtviertel zu einer Beratung zusammenkommen und ihre
Beschwerden, die sie etwa gegen den Rat hätten, aufsetzen. Trotzdem
konnte der Rat nicht verhindern, daß auch hier Ausschreitungen vor-
kamen. In einer Nacht wurde das Predigerkloster erbrochen und aus-
geplündert, ebenso das Augustinerkloster in der Neustadt und das Bar-
füßerkloster. Ein gleiches Schicksal ereilte die beiden Nonnenklöster auf
dem Frauenberge und im Altendorfe und die Häuser der Stiftsgeistlichen
im Dome. Ein Haufe zog aus deiu Altentore, um sich mit den kletten-
bergischen Bauern auf der Flarichswiese 'zu vereinigen. Als diese am
anderen Tage nach Heringen kamen und von der Niederlage Münzers
bei Frankenhausen hörten, stoben sie erschreckt auseinander.
5. Die Grafen von Honstein sowohl wie der Rat von Nord-
hausen straften die Empörer ziemlich milde, nur einige der Haupträdels-
führer wurden hingerichtet. Einer von ihnen, ein Töpfer von Ellrich,
der den glücklichen Einfall hatte, den Grasen zu Gevatter zu bitten,
wurde unter der Bedingung begnadigt, daß er lebenslänglich die gräf-
lichen Ofen zu Lohra und Clettenberg im Stande erhielt. Der übrige
Hanfe mußte zur Erntezeit 1525 an einem bestimmten Tage auf dem
7*
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Graf_Ernst_von_Hon- Ernst Hans_Arnold_von_Barthol- Ernst Hans
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 104 —
war allgemein bekannt, daß er die Bauern seines Bezirkes durch Hand-
und Spanndienste so schwer drücke, daß sie ihren eigenen Ackerbau ver-
säumen mußten und dabei ganz verarmten. Als nun der König in den
Amtshof einfuhr, rief er mit lauter Stimme: „Wo ist der Bauern-
schinder, der Amtmann Fahrenholz?" Dieser war aber aus Angst vor
dem König schon geflohen. Aus Unwillen darüber betrat der König
das Gutshaus nicht, sondern speiste in einer Scheune zu Mittag. —
Hier in Woffleben spielte sich noch ein drolliger Vorgang ab. Als der
König in der Scheune zu Mittag aß, stand das Volk draußen und
wollte den König sehen. Da kam der „alte Dessauer", der in der
Begleitung des Königs war, heraus und mischte sich unter die Leute.
Ehrerbietig zogen alle den Hut vor dem alten Haudegen bis auf einen
Nordhäuser Bürger. Dieser meinte, da er als „freier Reichsstädter"
nicht preußischer Untertan war, seinen Hut aus dem Kopfe behalten zu
dürfen. Darüber wurde der „alte Dessauer" fuchswild und bearbeitete
den Nordhäuser so mit seinem Knotenstock, daß er vorzog, das Weite
zu suchen.
2. Von Woffleben begab sich der König nach Bleicherode, der
Hauptstadt der Herrschaft Hohenstein. Als er das Städtchen wieder
verließ und nach der Domäne Lohra fahren wollte, lief eine Achse seines
Wagens in Brand. Während der Schaden ausgebessert wurde, erschien
die Frau des Amtmanns Hofmann von Lohra, um den König um eine
Ermäßigung der Pachtsumme zu bitten. Unglücklicherweise trug die
Frau nun ein Kleid von französischem Kattun. Bei der Abneigung des
Königs gegen alle ausländischen, besonders aber gegen französische Stoffe,
ist es begreiflich, daß die Frau einen Erfolg ihres Gesuches von vorn-
herein vereitelte. Kaum hatte sie sich unter vielen Knixen dem Könige
genähert und ihre Bitte vorgebracht, als er unwillig erwiderte, daß er
keinen Pfifferling von der Pachtsumme ablassen werde; denn wenn sie
noch Geld für französische Kleider übrig habe, dürfte auch die Domänen-
kammer in Halberstadt (wozu die Grafschaft Hohenstein gehörte) ihr
Geld erhalten können. Durch die Bitte der Frau auf die Wirtschaft
ihres Mannes aufmerksam gemacht, beschloß der König, sich in Lohra
genau von dem Stande der Dinge zu überzeugen. Auch über den Amt-
mann Hofmann wurden von den Untertanen zahlreiche Beschwerden
erhoben; der König fand sie gerechtfertigt, er ließ den Amtmann fest-
nehmen und nach der Festung Magdeburg abführen. — Am andern Tage
hielt sich der König auf dem Rittergut in Pustleben auf. Auch hier
belustigte der „alte Dessauer" die zahlreich herbeigeeilten Landleute
wieder durch seine Späße, indem er sich ihnen als ihren König vorstellte.
Er rief aus dem geöffneten Fenster: „Wollt ihr den König sehen? Ich
bin es!" Aber lachend erwiderten diese: „Dich kennen wir wohl, du
bist der alte Dessauer, unser König bist du nicht." — Über Nord hausen
und Halle fuhr der König nach Berlin zurück.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Nordhausen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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18. Nordhausen und die Grafschaft Hohenstein
im Siebenjährigen Kriege.
1. Auch im Siebenjährigen Kriege nahm Nordhausen eine eigen-
tümliche Stellung ein; als Reichsstadt mußte sie aus Seiten des deutschen
Reiches stehen und zu Friedrichs des Großen Feinden gehören; das
Reich war aber nicht imstande, sie zu schützen, und so war sie dem
siegreichen Preußenkönige wehrlos preisgegeben; außerdem war sie ganz
von preußischen Landesteilen eingeschlossen, da die Grafschaft Hohenstein
preußisch war. Die Franzosen aber, die ja eigentlich Bundesgenossen
der Stadt waren, machten als fremdes Volk keinen großen Unterschied
zwischen preußischem und nichtpreußischem Gebiete. Anfangs Oktober
1757 rückten sie mit einigen Tausend Mann in Nordhausen ein. Als
Magazin für Heu und Stroh diente die Spendekirche, für Korn der
Walkenrieder Hof (jetziges Hauptsteueramt), für Hafer der Jlfelder Hof
(Pferdemarkt 11), die Hospitäler St. Martini und St. Cyriaci wurden
als Lazarett benutzt. Nachdem die Franzosen bei Roßbach geschlagen
waren, lagen sie auf dem Rückzüge hier wieder mehrere Tage. — Am
schlimmsten trieb es der preußische Rittmeister Kovats. Den Bürgern
forderte er ihre Gewehre ab, den Kaufleuten nahm er rotes und grünes
Tuch weg, den Kürschnern Pelze, den Schuhmachern und Gerbern
Leder. Als der Bürgermeister Riemann ihm die Schlüssel zu den
Kanonen nicht aushändigen wollte, nahm er ihn zwei Stunden in Haft
und ließ unterdes die Geschütze auf den Kornmarkt vor sein Quartier
bringen. Nachdem man ihm 15000 Taler zugesichert hatte, versprach
er, die Kanonen hier zu lassen und keine Geiseln mitzunehmen. Er
hielt aber sein Wort nicht, denn die Bürgermeister Rennecke und Lange
und drei andere Ratsherren nahm er als Geiseln mit, und außerdem
behielt er die schönste Kanone der Stadt, den „Lindwurm", und führte
sie nach Magdeburg, wo sie später eingeschmolzen ist. — Im ganzen
hat Nordhausen während des Siebenjährigen Krieges an Kriegs-
kosten und allerlei Lieferungen an Brot, Getreide, Fleisch usw. etwa
400000 Taler aufbringen müssen.
2. Wie für Nordhausen, so sind zu Anfang des Krieges auch für
die Grafschaft die Franzosen eine schwere Last gewesen. Alle Dörfer
waren von ihnen voll, in einem Bauernhause lagen oft hundertzwanzig
bis hundertdreißig Mann. Um die Häuser brannten Tag und Nacht
Feuer, an denen die Soldaten ihr Essen kochten. Das Vieh wurde
den Leuten aus dem Stalle geholt und nicht bezahlt; so wurde bei
Ellrich eine ganze Herde von vierundachtzig Stück aufgefangen und
weggeführt. Ihr Standquartier hatten die Franzosen in der Linie
Mühlhauseu-Worbis-Duderstadt-Göttiugen; hierher mußten alle Dörfer
im Unikreise von fünf bis sechs Meilen fast unerschwingliche Steuern an
an Hafer, Heu, Stroh, Roggen, Weizen usw. bringen. Auch Dienste
verlangten sie von den Bauern; jeden Tag, selbst bei der strengsten
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Martini Kovats Riemann