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1. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 188

1864 - Breslau : Leuckart
188 Lehre vom Menschen. Ken, Berg, Thal, Glanz, Schimmer und Farben reden, so vernimmt er Worte, die für ihn keine Bedeutung haben und die ihm auch Niemand zu erklären im Stande ist. Man sollte grosse Aufmerksamkeit der Erhaltung eines so überaus wichtigen und zarten Werkzeuges, wie das Auge ist, widmen* aber dies geschieht leider oft erst, wenn es zu spät ist. Als Hauptregel gilt, das Auge nicht sehr anzustrengen. Durch langdauernde Thätigkeit muss auch das beste Auge lei- den, und es ist hohe Zeit, ihm Ruhe zu gönnen, wenn es zu schmerzen anfängt. Ein zweiter Rath ist: Bewahre das Auge vor schnellen Uebergängen aus dem Hellen ins Dunkle. Eine plötzliche Erschütterung der Sehnerven kann augenblickliche Blindheit zur Folge haben ; wie z. B. wenn man in einer durch Läden verdunkelten Stube schläft und des Morgens den Laden, während die Sonne darauf scheint, mit einem male öffnet. Anhaltendes Lesen, zumal kleiner Schrift, gleich nach dem Auf- stehen, oder in liegender Stellung, bei flackerndem Lichte oder im Sonnenschein, ist ebenfalls für die Sehkraft sehr schwä- chend. Sonst erholt sich das Auge, wenn es unbeschäftigt ist, an schwachem Lichte. Bei langdauernden Arbeiten, die ein Nahesehen erfordern, richte man zuweilen den Blick in die Ferne. Man bediene sich der Augengläser nicht früher, als es nothwendig ist und suche regelmässig geschliffene zu erhal- ten. Scharfe oder schlechte Gläser, deren Gebrauch ein unan- genehmes Gefühl im Auge hervorbringt, schaden ihm. Stär- kend für die Augen ist das Waschen des Morgens mit kaltem Wasser, wenn man dasselbe nicht plötzlich, sondern allmählig auf die geschlossenen Augenlider bringt. Die grüne Farbe erfrischt die Augen, weshalb ihnen der Aufenthalt im Garten, Feld und Wald sehr zusagt. Vom Blutumlauf. Die Behältnisse, in denen das Blut Hiesst, machen ein zusammenhängendes Ganze aus und heissen auch Blutgefässe. Sie begreifen in sich das Herz, von welchem die Bewegung des Blutes ausgeht, die Schlag- oder Pulsadern, die das Blut aus dem Herzen in alle Theile des Körpers führen, und die Blutadern, welche es wieder zum Herzen zurückleiten. Das Blut ist nicht, wie es scheint, eine einfache Flüssig- keit, sondern es enthält drei Bestandtheile, nämlich das Blut- wasser, die Blutkügelchen und den Faserstoff. Wenn Blut aus den Adern gelassen worden ist, so gerinnen nach einiger Zeit die beiden letztgenannten Bestandtheile, das Blut- wasser hingegen bleibt flüssig. Das Blut wird durch den fort-

2. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 192

1864 - Breslau : Leuckart
192 Lehre vom Menschen. einer ganz andern Beschaffenheit sein muss, als die eingeath- mete; so auch, dass das Athmen vieler Menschen in einem verschlossenen Raume die Luft verdirbt. Die Werkzeuge des Athmens sind auch zugleich die Haupt- werkzeuge der Stimme und Sprache; es dienen also hier, nach den weisen Absichten Gottes, dieselben Mittel zu verschiedenen Zwecken. Wer die Wichtigkeit des Athmens für die Gesundheit des Körpers kennt, wird zunächst um reine Luft besorgt sein. Die Luft in den Wohnungen muss Zufluss von Aussen erhalten, wenn sie nicht verderben soll; deshalb sind täglich einige Zeit die Fenster zu öffnen. Nachtheilig sind den Lungen Dünste, welche nasse Wäsche, die am Ofen getrocknet wird, und fri- scher Anstrich mit Kalk verursachen. Im Allgemeinen ist jede Luft, in der kein Licht brennen kann, zum Athmen durchaus untauglich; eine solche findet sich in lange verschlossenen Gewölben, Brunnen und Kellern. Am Tage und im Sonnen- scheine entwickelt sich aus den Pflanzen die wohlthätige Lebens- lust, aber des Nachts eine andere, minder zuträgliche. Daher ist auch ein Gang am Tage in Gärten und Feldern erquicken- der, als spät des Nachts. Die Luft an stehenden Gewässern, die keinen Zu- und Abfluss haben, ist schädlich. Gegen dicke Nebel verwahrt man sich am besten, wenn man rasch gehet und durch die Nase athmet. Singen und Sprechen stärkt die Kraft der Lungen, nur das Uebermaass in beiden schadet. Nichts ist aber gefährlicher, als das kalte Trinken kurz nach einer Erhitzung; daraus entsteht oft die Schwindsucht, eine Krankheit der Lungen, die selten ganz geheilt werden kann. Nicht allein die Lunge schafft Stoffe aus dem Körper und führt ihm andere zu, sondern auch die Haut nimmt Theil an dem Geschäfte. Die untere, dicke Haut ist nämlich voll zar- ter Ausdünstungs - und Einsaugungsgefässe, von denen jene ununterbrochen einen feinen Dunst ausscheiden, welcher durch Zwischenräume der beiden obern Häutchen dringt und nur in kalter Luft als ein Dampf, oder beim Berühren eines kal- ten Gegenstandes, z. B. einer Glasscheibe, als ein wässriger Anlauf sichtbar wird. Sind die Ausdünstungen während einer körperlichen Anstrengung stark, so setzen sie sich auf der Oberhaut in Tröpfchen an, und bilden den Sch weiss. Zu viel Schweiss schwächt den Körper; allein bei Kranken kann sich die Natur vermöge desselben vieler schädlichen Theile entledigen und sonach die Genesung bewirken. Durch die unmerkliche Ausdünstung der Haut verlieren wir täglich mehr, als man zu glauben geneigt ist. Plötzliche Unterdrückung

3. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 227

1864 - Breslau : Leuckart
227 Das Begehrungsvermögen. Rosalie vertrat gern die Stelle einer Wärterin bei ihrer kleinen Schwester; zuweilen wurde ihr jedoch dies Geschäft mit dem lebhaften Kinde zu schwer; und sie beklagte sich über manches bei den Eltern, was sie Eigensinn der Kleinen nannte. „Sie ist doch,“ hiess es, „wenn sie wacht, nicht eine Minute ruhig; bald schlägt sie mit den Händen um sich, bald stampft sie mit den Füssen und thut, als wenn sie gehen wollte. Ich bin kaum im Stande sie zu erhalten. Dabei lässt sie stets ihre Stimme ertönen; wenn sie nicht lallt, so singt oder schreit sie. Auch will sie schon befehlen; denn entferne ich mich nur auf ein Weilchen, so ruft sie in einem fort, bis ich komme. Dann verlangt sie, dass ich immer mit ihr spielen oder sie herum- tragen soll. Geht Karl statt meiner zu ihr, so wendet sie sich von ihm ab. Seit Kurzem nimmt sie auch die Gewohnheit an, alles nach dem Munde zu langen; neulich ergriff sie meine Hand und biss mich tüchtig in den Finger.“ Die Mutter ermahnte Rosalien zur Geduld und meinte, dass einmal die Kinder in dem Alter nicht anders zu sein pflegen, dass sie es vor 12 Jahren der Schwester gleich und in manchem noch schlim- mer gemacht habe, und dass der Kleinen vieles nicht übel zu deuten sei, da sie noch kein klares Bewusstsein habe. „Die Kinder,“ setzte der Vater hinzu, „besitzen schon eine Neigung etwas zu thun, zu verlangen oder zu entfernen, bevor sie denken können, und das ist vom lieben Gott sehr weise eingerichtet. Das öftere Bewegen des Körpers fördert sein Wachsthum und den Gebrauch der Glieder. Lallen und Schreien dienen zu Vorübungen im Sprechen. Durch Gesellschaft und Spielen werden die Kinder mit vielen Dingen bekannt und lernen nachahmen. Das Beissen am Spielzeug und andern Dingen erleichtert das Zahnen. Was würde aus dem Kinde werden, wenn es nicht solche Neigungen, die man Triebe nennt, besässe?“ Allein auch der erwachsene Mensch hat Triebe, unter andern folgende: Er wird von der Natur angeregt, sein Leben so lange als möglich zu erhalten: er hat also den Trieb der Selbsterhaltung. ,— Der Mensch befindet sich nicht wohl, wenn er seine Zeit im Müssiggange zubringt; er trachtet auf irgend eine Weise beschäftigt zu sein: es ist ihm nämlich der Trieb zur Thätigkeit eigen. — Er geht gern mit andern Menschen um; er sucht bei ihnen Unterhaltung, Belehrung und Theilnahme und wünscht sich auch ihnen wieder mitzutheilen: folglich wohnt in ihm der Ges eiligkeits- trieb. — Er fühlt sich zu diesem oder jenem Menschen hin- 15*

4. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 228

1864 - Breslau : Leuckart
228 Seelenlehre. gezogen, hat Wohlgefallen an ihm und zeigt so den Trieb zur Liebe. — Der Mensch empfindet Zuneigung gegen seinen Wohlthäter und möchte ihm gern das empfangene Gute ver- gelten : er besitzt also den Trieb der Dankbarkeit. — Er strebt nach Belehrung, nach Erweiterung seiner Einsichten und Kenntnisse; er ist bemüht das Dunkle klar zu machen, das Falsche vom Wahren zu unterscheiden: hierin legt er den Trieb der Wissbegierde an den Tag. Endlich bemerkt man im Menschen den Trieb nach Freiheit, das heisst: er fühlt sich angeregt nach eigener Ueberlegung unbeschränkt zu handeln. Das, was auf die Sinne angenehm einwirkt, trachten wir gewöhnlich, wie schon früher bemerkt wurde, zu erlangen: was ihnen aber unangenehm ist, zu entfernen. Daher haben wir ein Verlangen nach einer wohlschmeckenden Frucht, nach kühlem Schatten während der Sonnenhitze, nach dem Anblick eines schönen Gemäldes, von dem wir sprechen hörten. Dagegen wenden wir uns ab von einer verdorbenen, übelriechenden Speise, und gehen ungern im Regen und Sturm. Weil nun der Mensch durch die Sinne zum Begehren veranlasst werden kann, so legt man ihm ein sinnliches Begeh rungsvermögen bei. Wird der Mensch durch die Vorstellung eines Gegen- standes angeregt, nach Erlangung desselben zu streben, so entstellen Begierden. Jemand hält den Reichen für glücklich und möchte deshalb auch gern reich werden. Einem Jünglinge gefallen die Ehrenbezeigungen, die man den (Meieren erweiset, und er hat deshalb Lust Officier zu werden. Ein Arbeiter ist durstig und hat ein starkes Verlangen nach einem Glase Bier. — Aus einem anhaltenden Wohlgefallen an etwas und dem fortwährenden Begehren darnach entspringen Neigungen. Zu grosse Begierden aber, welche die Vernunft beherrschen und die man nur mit Mühe bekämpfen kann, heissen Leiden- schaften. Konrad sah einigemal dem Kartenspiel zu und bekam Lust es zu erlernen. Er fing an zu spielen, gewann zuweilen, und das Spiel wurde bald in ihm zur Neigung. Später konnte er es nicht mehr lassen, er brachte ganze Tage im Wirthshause zu, verlor viel Geld, blieb den Tag über zur Arbeit untauglich, gewöhnte sich auch das Branntweintrinken an, verarmte und musste mit den Seinigen Noth leiden. — So arten Neigungen in Leidenschaften aus, wenn man sie nicht bei Zeiten unterdrückt. Wie gefährlich Leidenschaften für die Tugend und das Glück des Menschen werden können, davon gibt es Beispiele in Menge. Der leidenschaftliche Mensch stürzt nicht nur sich selbst ins Elend und Verderben, sondern

5. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 229

1864 - Breslau : Leuckart
Das Vorstellungsvermögen. 229 auch ganze Familien. Darum hüte dich vor Leidenschaften und beherrsche sie, wenn sie in dir emporkommen! Eine starke und beharrliche Leidenschaft nennt man Sucht, als: Habsucht, Ehrsucht, Vergnügungssucht, Rachsucht, Herrschsucht. Adalbert sah in einem Walde viele Pflanzen, deren vier länglichrunde Blätter eine grosse schwarze Beere umschlossen. Er pflückte eine ab, betrachtete sie, nahm etwas von dem Safte auf die Zunge und fand ihn wohlschmeckend. Schon war er im Begriff', sich an den schönen Beeren zu laben; allein er dachte: „du kennst weder das Gewächs noch seine Frucht; wenn nun diese schädlich wäre? — Lieber esse ich sie nicht.“ Er that wohl daran; denn es war, wie er später von seinem Lehrer erfuhr, die giftige Einbeere. Adalbert wäre durch seine Sinne verleitet worden, etwas zu gemessen, was ihm viel Leiden oder gar den Tod zugezogen hätte; aber sein Verstand wendete das Unheil ab, indem er das Urtheil fällte: eine unbekannte Frucht darf man nicht essen. Der Knabe unterliess also etwas Angenehmes und vermied die unan- genehmen Folgen, weil sein Wille dem Verstände folgte. Ein Kaufmann soll Waaren in Breslau holen, da seine Vorräthe bald zu Ende sind. Es ist Winter, die Kälte anhal- tend und streng. Er könnte zwar noch einige Zeit warten und in der warmen Stube bleiben; allein er beschlosst dennoch die Reise und achtet nicht ans die rauhe Witterung. Er urtheile nämlich: „es ist möglich, dass die Kälte zunimmt, und ich muss dann doch reisen, wenn nicht Störung in meinem Handel eintreten soll.“ Hier wird etwas Unangenehmes begehrt, um in der Zukunft einen Vortheil zu erreichen. Wenn, wie in diesem Beispiele, der Verstand über das Begehren entscheidet, so besitzt unsere Seele ein verständiges Begehrungs- vermögen. Dieses ist zwar mehrentheils auf eigenen Vor- theil gerichtet und nicht immer zu billigen; indess hält es doch oft vom Bösen ab, fördert das Gute und trägt zu unserer Ver- vollkommnung bei, insofern wir uns anstrengen den Geist mit Kenntnissen zu bereichern, um dadurch unser Fortkommen in der Welt zu sichern. Ein Arzt, der selbst nicht ganz gesund war, wurde zu einem am ansteckenden Nervenfieber erkrankten Tagelöhner gerufen. Es kam ihm sauer an, dem Verlangen zu genügen, seines eigenen Uebelbefindens wegen. Er hatte auf keine Belohnung zu rechnen, könnte angesteckt werden und sich deu Tod holen. Alles dies überlegte er einen Augenblick. Doch dachte er bald weiter: „dein Beruf fordert, dass du dem Kranken wo möglich hilfst.“ Er folgte, trotz aller Mühe

6. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 201

1864 - Breslau : Leuckart
Gesundheit und Krankheit. 201 die Ausdünstung des Kranken angesteckt werden. \Man sollte, um sich gegen Ansteckung zu schützen, nicht nüch- tern hei dem Kranken sein, in der Krankenstube weder essen noch trinken, die Haut durch kaltes Waschen rein halten, mit Vorsicht zwar, doch nicht ängstlich die Pflege verrichten. Es gibt Fälle, in denen augenblicklich Hilfsmittel angewendet werden müssen, um Menschen vom Tode zu retten. ’Was ist zu thun, wenn Jemand ertrunken, erstickt, vom Blitze getroffen, oder vergiftet ist? Bei solchen Ge- fahren ist jeder Augenblick kostbar; alles kommt auf schnelle Hilfe an. — Ertrunkene, Erstickte, vom Blitze Getroffene, in todtengleiche Ohnmacht Versetzte sind fol- gendermassen zu behandeln : | Man beschleunige das Her- ausnehmen aus dem Wasser oder Dampfe, überhaupt die Entfernung der Todesursache. Der Verunglückte wird so geschwind als möglich entkleidet, in erwärmte Decken oder Betten gehüllt, dann an Händen und Fusssohlen und am Unterleibe gerieben oder gebürstet. Bemerkt man einige Lebenszeichen, so ffösst man dem Kranken etwas Wein oder Branntwein mit Wasser vermischt ein. Bei einem vom Blitze Getroffenen ist auch das Erdbad zu empfehlen. Man legt ihn entweder mit offenem Munde auf eine frisch aufgegrabene Stelle im Garten, oder scharrt ihn bis an den Hals ein. — Mit einem Erfrorenen ist ganz anders zu verfahren ; Wärme wäre ihm sehr nach- theilig. Er muss in ein kaltes Zimmer gebracht, entklei- det, und ganz, bis auf Mund und Nase, in Schnee gelegt werden. Ist kein Schnee vorhanden, so legt man den Kör- per in eiskaltes Wasser. Fangen nach einiger Zeit die Lebenskräfte sich zu äussern an, so reicht man dem Kran- ken etwas warmen Thee, bringt ihn in ein Bett mul reibt ihn mit Tüchern. — Für Vergiftete gibt es zivei unschätz- bare Mittel, die überall vorhanden sind: Milch und Oet. Man gebe dem Leidenden iti grosser Menge Milch zu trin- ken und alle Viertelstunden zwei bis drei Esslöffel Oel. Stellt sich das Brechen ein, so ist es um so besser. H'eiss man gewiss, dass das Gift Arsenik, Quecksilber oder ein Bleikalk war; so löse man Seife in Wasser auf und lasse davon trinken. Dies ist hinreichend, bis der Arzt herbei- geholt wird.

7. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 231

1864 - Breslau : Leuckart
Temperamente. 231 wieder gleich gut machen. Eine traurige Begebenheit rührt ihn bald zu Thränen. Zu seinen Mängeln gehören Unbestän- digkeit, Leichtsinn und Unentschlossenheit; das Gegengewicht halten hingegen Gutmüthigkeit, Liebenswürdigkeit und Edel- muth. Dieser Mensch gehört zu den Leichtblütigen, oder er besitzt das sanguinische Temperament. Der zweite ist von angenehmem Aeussern. Seine Augen sind feurig und durchdringend; in seinem Körper liegt Fülle und Stärke, in seinem Benehmen viel Anstand und Würde. Er ist gern thätig, doch nicht anhaltend. Die Furcht scheint ihm fremd, weil er seine Kraft fühlt. Er wird leicht zornig und zur Rache geneigt. Er will gern verehrt und bewundert sein, herrschen und gebieten, daher man ihm Stolz vorwirft. Dieser Mann gehört zu den Warmblütigen und hat das cholerische Temperament. Der dritte, etwas blass im Gesicht, mit festemund ruhigem Blicke, ist oft in sich gekehrt und für die Freude wenig empfäng- lich. Hat er sich zu etwas entschlossen, so führt er es auch, aller Mühe ungeachtet, aus. Der Witz ist ihm wenig, dagegen mehr der Scharfsinn eigen. Oft zeigt er heiteren Ernst, jedoch zuweilen Neigung zum Trübsinn. Er sucht nicht viele, aber treue Freunde. Es gehört ihm überhaupt an: fester Wille und Beharrlichkeit, verbunden mit Hartnäckigkeit und Abgeschieden- heit. Bei ihm findet man das melancholische Temperament; er ist ein Schwerblütiger. Der vierte sieht wohlgenährt, fast aufgedunsen ans. Sein Auge ist matt und starr. Er liebt eine behagliche Ruhe, arbeitet langsam und ungern, schläft lange und kann viel Wärme ertragen. Wie der Körper, so liebt auch sein Gemüth die Ruhe. Die Einbildungskraft ist selten bei ihm rege. Er ist gleichgiltig gegen Freuden und Leiden. Weil ihm das Erwer- den schwer scheint, so scheut er jede Ausgabe und hat Nei- gung zum Geize. Er ist furchtsam und eigensinnig. Zn seinen guten Eigenschaften gehören Bedachtsamkeit, Gelassenheit und Ordnungsliebe. Dieser ist ein Kaltblütiger und von phleg- matischem Temperament. Dem gemäss gibt es also vier Temperamente, das des Leichtblütigen, des Warmblütigen, des Schwerblü- tigen und des Kaltblütigen, oder das sanguinische, cholerische, melancholische und phlegmatische. Man ist der Meinung, dass die Beschaffenheit unseres Körpers auf das Gefühls- und Begehrungsvermögen Einfluss habe, und in früheren Zeiten wollte man beides vom Blute herleiten, daher jene Benennungen. Gegenwärtig versteht man unter Tempera-

8. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 205

1864 - Breslau : Leuckart
Das Dorstellungsvcrmögen. 205 auf seine Angelschnur hinstarrt. Ernst spricht von den Annehm- lichkeiten, die er genossen und von den schönen Pflanzen, die er gefunden hatte. Bernhard aber zeigt ihm, missvergnügt über den schlechten Fang, ein geangeltes Fischchen vor. Von den Schönheiten der Gegend, von der Thier- und Pflanzen- welt hatte er wenig wahrgenommen; denn seine Augen waren meist auf das Federchen der Angelschnur gerichtet. Da es jetzt Zeit zur Rückkehr war, gingen beide Brüder zu Karl, der noch schlief. Ernst berührte ihn leise, allein er kam nicht gleich zur Besinnung, sondern fing an im Schlafe von den Tauben und Hübnern, die er gern fütterte, zu sprechen; dann aber erwachte er plötzlich mit einem Schrei, sah sich ängst- lich nm und erzählte: es habe ihm geträumt, des Nachbars Katze sei über eine junge Taube hergefallen, und er wollte ihr eben den Raub entreissen. Als die Kinder zu Hause ange- langt waren, wurden sie über ihre kleine Wanderung vom Vater befragt. Ernst zeigte die gesammelten Pflanzen und erzählte viel von seinen Beobachtungen. Da seine Seele eine Menge deutlicher Vorstellungen empfangen hatte, so konnte er sich auch viele wieder vor die Sinne gestellt denken und darüber berichten. Warum Bernhard wenig, und Karl fast nichts zu sagen wusste, ist leicht einzusehen. Der Vater war mit Ernst zufrieden, Bernhard gab er den Rath, sich den Liebhabereien nicht so sehr hinzugeben und seine Beharrlichkeit edleren Gegenständen zu widmen; dem Jüngsten wurde aber gesagt, sich künftig nach einer kleinen Ermüdung nicht gleich vom Schlafe beherrschen zu lassen. Diese Erzählung zeigt uns drei Knaben zu gleicher Zeit an einem Orte, von denen der eine fast keine, der andere wenige, der dritte viele Vorstellungen in sich aufnahm. Karl lag zwar mit verschlossenen Augen da, war also nicht im Stande zu sehen; allein die anderen Sinne, Gehör, Geruch und Gefühl, standen den .Eindrücken offen, und dennoch nahm er keinen der vielen Laute, keinen Duft und Lufthauch wahr. Wie ging das zu? Während des Schlafes weiss man nicht, dass man sich auf der Welt befindet, oder man hat kein Be- wusstsein. In einem solchen Zustande ist die Seele unvermö- gend die Sinneswerkzeuge zu gebrauchen. Fängt der Schlaf an weniger fest zu werden, so kehrt das Bewusstsein allmälig zurück, und sogleich beginnt auch die Thätigkeit der Seele. Vor dem Eintritte der Besinnung bildet sie Vorstellungen, selbst ohne Hilfe der Sinne, indem sie die gehabten wieder- holt. Solche Vorstellungen, wie sie Karl kurz vor dem Erwa- chen hatte, heissen Träume. An Träume können wir uns

9. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 286

1864 - Breslau : Leuckart
286 Geographie. Wissenschaften wetteifern sie mit den Engländern und Deutschen. Ihre Sprache ist weit verbreitet. Zum französischen Reiche gehö- ren die Insel Korsika, Algier in Afrika, einige der kleinen Antillen und ein Theil von Guiana in Amerika. — Paris, die Haupt- stadt des Landes, hat 5 Meilen im Umfange, 57 Thore und liegt an beiden Ufern der Seine, über welche mehrere sehenswerthe Brücken führen. Der Größe nach ist sie die zweite Stadt in Europa. Beinahe alle Häuser sind aus Kalksteinen ausgeführt, welche man in der Nähe aus unerschöpflichen Steinbrüchen gewinnt. Die neuern Stadttheile haben gerade, breite Straßen, nicht so die älteren. In und an der Stadt befinden sich aus- gedehnte Plätze, Gärten, Spaziergänge, große Paläste, Kirchen und andere Gebäude. — Lyon, eine volkreiche, an der Rhone und Saone gelegene Stadt, liefert vorzügliche Seidenzeuge, die nach allen Erdtheilen gehen. — Bordeaux (Bordoh), an der Garonne, treibt einen starken Handel mit Amerika. — Mar- seille (Marself), am mittelländischen Meere, besitzt einen treff- lichen Hafen. Es herrscht hier ein starker Verkehr mit Algier, Italien, Griechenland und der Türkei. Das Königreich England liegt von Frankreich gegen Mitternacht im atlantischen Meere. Es besteht aus mehreren Inseln, darunter zwei große, von denen die östliche Großbritan- nien , die westliche Irland heißt. Der nördliche Theil der erstern, Schottland, ist gebirgig, der südliche fast ganz eben; Irland hat einige Hügelzüge und mitunter Sümpfe. Die Luft zeigt sich im Allgemeinen mild, doch meist feucht und neblig. Der Boden ist ziemlich fruchtbar. Die Bergwerke liefern eine Menge der vor- züglichsten Steinkohlen, Graphit, woraus Bleistifte gemacht wer- den, Steinsalz, Eisen, Blei und Zinn. England besitzt wenig Waldungen, bringt nicht hinreichendes Getreide hervor, und in manchen Jahren reift das Obst nicht gehörig. Sonst ist der Graswuchs ausgezeichnet schön, und man baut viel Gemüse, Flachs und Hanf. Das Rindvieh und die Pferde sind vorzüg- lich, die Schafe tragen eine lange, seine Wolle. Die Fischerei an den Küsten ist höchst wichtig, besonders der Häringsfang im Norden. Die Engländer stammen von den Ureinwohnern, von den Sachsen und Normännern, ab. Kein Volk hat es in Verfertigung von Kunstgegenftänden - so weit gebracht, wie dieses. Schiffbau, Fabriken und Handel sind-in England auf der höchsten Stufe; englische Waaren gehen nach allen Ländern der Erde. Bewunderungswürdige Dampf- maschinen, welche Tausende von Menschenhänden ersetzen, Schiffe und Wagen treiben, sind von den Engländern erfunden oder vervollkommnet worden. — Im innern des Landes ist die Ver-

10. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 290

1864 - Breslau : Leuckart
290 Geographie. Eltern die Unterweisung ihrer Kinder allein übernehmen. Man hat hier den klarsten Beweis, daß Bildung auch in den ärmsten Hütten, bei der gröbsten Arbeit stattfinden kann. Es ist sehr sel- ten, daß ein Isländer nicht lesen könnte. Gewöhnlich liegen die Bauernhöfe einzeln und zerstreut, wo gute Wiesen und Quel- len den Anbau möglich machen. Die südwestliche Seite ist die bevölkertste; im Innern gibt es wenig Wohnungen. Die Häuser sind klein und niedrig, von Stein aufgeführt, mit Moos und Torf umgeben. Der Hauptort der Insel ist Reikiavik. Schweden und Norwegen, zwei vereinigte Königreiche bil- den eine große Halbinsel, die von der Ostsee, dem Kattegat, der Nordsee, dem atlantischen und dem Eismeere umschlossen ist und nur an einer Seite mit dem russischen Lappland zusammenhängt. Der Länge nach läuft beinahe durch die Mitte ein wildes, zerklüf- tetes, an den Abhängen mit düstern Tannen und Fichten bewal- detes Gebirge, das nördlich die Kiölen, südlich Seve genannt wird. Bon dieser Hauptkette sondern sich Zweige ab, die beson- ders an der norwegischen Küste in schroffen Felsenwänden abfal- len , wo sich die Wellen des Meeres schäumend brechen. Nur im mittägigen Theile breiten sich ansehnliche Ebenen aus. Die mei- sten Flüsse sind reißende Gebirgswäsfer. Unzählige Seen bedecken das Land. Der Boden ist zwar hin und wieder ergibig, aber doch meist steinig, sandig oder sumpfig. Die Winter sind lang und streng, allein gleichförmig, mit heiterer, gesunder Luft. Das Mineralreich macht den Reichthum der Halbinsel aus, indem Schweden das beste Eisen und Kupfer besitzt. Korn und Weizen wird nur im Süden hinreichend gebaut, höher hinauf kommt blos Gerste und Hafer, zuletzt gar kein Getreide fort. Holz ist im Ueberfluß. Von wilden Thieren leben daselbst das Elenn, der Bär, der Hirsch, der Vielfraß, der Wolf. Geflügel und Fische sind in großer Menge vorhanden. Die Schweden und Norweger sind, gleich den Dänen, germanischen Ursprungs und lutherischer Religion. Im äußersten Norden wohnt ein kleines, unansehnliches aber sehr abgehärtetes Volk, die Lappen, welche während des Sommers mit ihren Rennthieren umherziehen und den Winter in elenden Erdhütten zubringen. — Stockholm, die Hauptstadt von Schweden, liegt am Ausstusse des Mälarsees in einer Meeresbucht. Sie gehört zu den merkwürdigsten in Europa: die vielen Inseln, die mannigfachen Buchten und Ge- wässer dazwischen, der aus Berg und Thal bestehende Boden, theils mit herrlichen Straßen und schönen Häusern, theils noch mitten zwischen den Gebäuden mit kahlen oder bewachsenen Felsen bedeckt; dies Alles zusammen genommen bietet einen eben so überraschenden als wunderbaren Anblick dar. —
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