188
Lehre vom Menschen.
Ken, Berg, Thal, Glanz, Schimmer und Farben reden, so
vernimmt er Worte, die für ihn keine Bedeutung haben und
die ihm auch Niemand zu erklären im Stande ist.
Man sollte grosse Aufmerksamkeit der Erhaltung eines so
überaus wichtigen und zarten Werkzeuges, wie das Auge ist,
widmen* aber dies geschieht leider oft erst, wenn es zu spät
ist. Als Hauptregel gilt, das Auge nicht sehr anzustrengen.
Durch langdauernde Thätigkeit muss auch das beste Auge lei-
den, und es ist hohe Zeit, ihm Ruhe zu gönnen, wenn es zu
schmerzen anfängt. Ein zweiter Rath ist: Bewahre das Auge
vor schnellen Uebergängen aus dem Hellen ins Dunkle. Eine
plötzliche Erschütterung der Sehnerven kann augenblickliche
Blindheit zur Folge haben ; wie z. B. wenn man in einer durch
Läden verdunkelten Stube schläft und des Morgens den Laden,
während die Sonne darauf scheint, mit einem male öffnet.
Anhaltendes Lesen, zumal kleiner Schrift, gleich nach dem Auf-
stehen, oder in liegender Stellung, bei flackerndem Lichte oder
im Sonnenschein, ist ebenfalls für die Sehkraft sehr schwä-
chend. Sonst erholt sich das Auge, wenn es unbeschäftigt ist,
an schwachem Lichte. Bei langdauernden Arbeiten, die ein
Nahesehen erfordern, richte man zuweilen den Blick in die
Ferne. Man bediene sich der Augengläser nicht früher, als
es nothwendig ist und suche regelmässig geschliffene zu erhal-
ten. Scharfe oder schlechte Gläser, deren Gebrauch ein unan-
genehmes Gefühl im Auge hervorbringt, schaden ihm. Stär-
kend für die Augen ist das Waschen des Morgens mit kaltem
Wasser, wenn man dasselbe nicht plötzlich, sondern allmählig
auf die geschlossenen Augenlider bringt. Die grüne Farbe
erfrischt die Augen, weshalb ihnen der Aufenthalt im Garten,
Feld und Wald sehr zusagt.
Vom Blutumlauf.
Die Behältnisse, in denen das Blut Hiesst, machen ein
zusammenhängendes Ganze aus und heissen auch Blutgefässe.
Sie begreifen in sich das Herz, von welchem die Bewegung
des Blutes ausgeht, die Schlag- oder Pulsadern, die das
Blut aus dem Herzen in alle Theile des Körpers führen, und
die Blutadern, welche es wieder zum Herzen zurückleiten.
Das Blut ist nicht, wie es scheint, eine einfache Flüssig-
keit, sondern es enthält drei Bestandtheile, nämlich das Blut-
wasser, die Blutkügelchen und den Faserstoff. Wenn
Blut aus den Adern gelassen worden ist, so gerinnen nach
einiger Zeit die beiden letztgenannten Bestandtheile, das Blut-
wasser hingegen bleibt flüssig. Das Blut wird durch den fort-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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192
Lehre vom Menschen.
einer ganz andern Beschaffenheit sein muss, als die eingeath-
mete; so auch, dass das Athmen vieler Menschen in einem
verschlossenen Raume die Luft verdirbt.
Die Werkzeuge des Athmens sind auch zugleich die Haupt-
werkzeuge der Stimme und Sprache; es dienen also
hier, nach den weisen Absichten Gottes, dieselben Mittel zu
verschiedenen Zwecken.
Wer die Wichtigkeit des Athmens für die Gesundheit des
Körpers kennt, wird zunächst um reine Luft besorgt sein. Die
Luft in den Wohnungen muss Zufluss von Aussen erhalten,
wenn sie nicht verderben soll; deshalb sind täglich einige Zeit
die Fenster zu öffnen. Nachtheilig sind den Lungen Dünste,
welche nasse Wäsche, die am Ofen getrocknet wird, und fri-
scher Anstrich mit Kalk verursachen. Im Allgemeinen ist jede
Luft, in der kein Licht brennen kann, zum Athmen durchaus
untauglich; eine solche findet sich in lange verschlossenen
Gewölben, Brunnen und Kellern. Am Tage und im Sonnen-
scheine entwickelt sich aus den Pflanzen die wohlthätige Lebens-
lust, aber des Nachts eine andere, minder zuträgliche. Daher
ist auch ein Gang am Tage in Gärten und Feldern erquicken-
der, als spät des Nachts. Die Luft an stehenden Gewässern,
die keinen Zu- und Abfluss haben, ist schädlich. Gegen dicke
Nebel verwahrt man sich am besten, wenn man rasch gehet
und durch die Nase athmet. Singen und Sprechen stärkt die
Kraft der Lungen, nur das Uebermaass in beiden schadet.
Nichts ist aber gefährlicher, als das kalte Trinken kurz nach
einer Erhitzung; daraus entsteht oft die Schwindsucht, eine
Krankheit der Lungen, die selten ganz geheilt werden kann.
Nicht allein die Lunge schafft Stoffe aus dem Körper und
führt ihm andere zu, sondern auch die Haut nimmt Theil an
dem Geschäfte. Die untere, dicke Haut ist nämlich voll zar-
ter Ausdünstungs - und Einsaugungsgefässe, von denen jene
ununterbrochen einen feinen Dunst ausscheiden, welcher durch
Zwischenräume der beiden obern Häutchen dringt und nur in
kalter Luft als ein Dampf, oder beim Berühren eines kal-
ten Gegenstandes, z. B. einer Glasscheibe, als ein wässriger
Anlauf sichtbar wird. Sind die Ausdünstungen während einer
körperlichen Anstrengung stark, so setzen sie sich auf der
Oberhaut in Tröpfchen an, und bilden den Sch weiss. Zu
viel Schweiss schwächt den Körper; allein bei Kranken kann
sich die Natur vermöge desselben vieler schädlichen Theile
entledigen und sonach die Genesung bewirken. Durch die
unmerkliche Ausdünstung der Haut verlieren wir täglich mehr,
als man zu glauben geneigt ist. Plötzliche Unterdrückung
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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227
Das Begehrungsvermögen.
Rosalie vertrat gern die Stelle einer Wärterin bei ihrer
kleinen Schwester; zuweilen wurde ihr jedoch dies Geschäft
mit dem lebhaften Kinde zu schwer; und sie beklagte sich über
manches bei den Eltern, was sie Eigensinn der Kleinen nannte.
„Sie ist doch,“ hiess es, „wenn sie wacht, nicht eine Minute
ruhig; bald schlägt sie mit den Händen um sich, bald stampft sie
mit den Füssen und thut, als wenn sie gehen wollte. Ich bin
kaum im Stande sie zu erhalten. Dabei lässt sie stets ihre
Stimme ertönen; wenn sie nicht lallt, so singt oder schreit sie.
Auch will sie schon befehlen; denn entferne ich mich nur auf
ein Weilchen, so ruft sie in einem fort, bis ich komme. Dann
verlangt sie, dass ich immer mit ihr spielen oder sie herum-
tragen soll. Geht Karl statt meiner zu ihr, so wendet sie sich
von ihm ab. Seit Kurzem nimmt sie auch die Gewohnheit an,
alles nach dem Munde zu langen; neulich ergriff sie meine Hand
und biss mich tüchtig in den Finger.“ Die Mutter ermahnte
Rosalien zur Geduld und meinte, dass einmal die Kinder
in dem Alter nicht anders zu sein pflegen, dass sie es vor
12 Jahren der Schwester gleich und in manchem noch schlim-
mer gemacht habe, und dass der Kleinen vieles nicht übel
zu deuten sei, da sie noch kein klares Bewusstsein habe. „Die
Kinder,“ setzte der Vater hinzu, „besitzen schon eine Neigung
etwas zu thun, zu verlangen oder zu entfernen, bevor sie denken
können, und das ist vom lieben Gott sehr weise eingerichtet.
Das öftere Bewegen des Körpers fördert sein Wachsthum und
den Gebrauch der Glieder. Lallen und Schreien dienen zu
Vorübungen im Sprechen. Durch Gesellschaft und Spielen
werden die Kinder mit vielen Dingen bekannt und lernen
nachahmen. Das Beissen am Spielzeug und andern Dingen
erleichtert das Zahnen. Was würde aus dem Kinde werden,
wenn es nicht solche Neigungen, die man Triebe nennt,
besässe?“ Allein auch der erwachsene Mensch hat Triebe,
unter andern folgende: Er wird von der Natur angeregt, sein
Leben so lange als möglich zu erhalten: er hat also den
Trieb der Selbsterhaltung. ,— Der Mensch befindet
sich nicht wohl, wenn er seine Zeit im Müssiggange zubringt;
er trachtet auf irgend eine Weise beschäftigt zu sein: es ist
ihm nämlich der Trieb zur Thätigkeit eigen. — Er geht
gern mit andern Menschen um; er sucht bei ihnen Unterhaltung,
Belehrung und Theilnahme und wünscht sich auch ihnen wieder
mitzutheilen: folglich wohnt in ihm der Ges eiligkeits-
trieb. — Er fühlt sich zu diesem oder jenem Menschen hin-
15*
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228
Seelenlehre.
gezogen, hat Wohlgefallen an ihm und zeigt so den Trieb
zur Liebe. — Der Mensch empfindet Zuneigung gegen seinen
Wohlthäter und möchte ihm gern das empfangene Gute ver-
gelten : er besitzt also den Trieb der Dankbarkeit. —
Er strebt nach Belehrung, nach Erweiterung seiner Einsichten
und Kenntnisse; er ist bemüht das Dunkle klar zu machen,
das Falsche vom Wahren zu unterscheiden: hierin legt er den
Trieb der Wissbegierde an den Tag. Endlich bemerkt
man im Menschen den Trieb nach Freiheit, das heisst:
er fühlt sich angeregt nach eigener Ueberlegung unbeschränkt
zu handeln.
Das, was auf die Sinne angenehm einwirkt, trachten wir
gewöhnlich, wie schon früher bemerkt wurde, zu erlangen:
was ihnen aber unangenehm ist, zu entfernen. Daher haben
wir ein Verlangen nach einer wohlschmeckenden Frucht, nach
kühlem Schatten während der Sonnenhitze, nach dem Anblick
eines schönen Gemäldes, von dem wir sprechen hörten. Dagegen
wenden wir uns ab von einer verdorbenen, übelriechenden
Speise, und gehen ungern im Regen und Sturm. Weil nun der
Mensch durch die Sinne zum Begehren veranlasst werden kann,
so legt man ihm ein sinnliches Begeh rungsvermögen
bei. Wird der Mensch durch die Vorstellung eines Gegen-
standes angeregt, nach Erlangung desselben zu streben, so
entstellen Begierden. Jemand hält den Reichen für glücklich
und möchte deshalb auch gern reich werden. Einem Jünglinge
gefallen die Ehrenbezeigungen, die man den (Meieren erweiset,
und er hat deshalb Lust Officier zu werden. Ein Arbeiter
ist durstig und hat ein starkes Verlangen nach einem Glase
Bier. — Aus einem anhaltenden Wohlgefallen an etwas und
dem fortwährenden Begehren darnach entspringen Neigungen.
Zu grosse Begierden aber, welche die Vernunft beherrschen
und die man nur mit Mühe bekämpfen kann, heissen Leiden-
schaften. Konrad sah einigemal dem Kartenspiel zu und
bekam Lust es zu erlernen. Er fing an zu spielen, gewann
zuweilen, und das Spiel wurde bald in ihm zur Neigung.
Später konnte er es nicht mehr lassen, er brachte ganze Tage
im Wirthshause zu, verlor viel Geld, blieb den Tag über zur
Arbeit untauglich, gewöhnte sich auch das Branntweintrinken
an, verarmte und musste mit den Seinigen Noth leiden. —
So arten Neigungen in Leidenschaften aus, wenn man sie
nicht bei Zeiten unterdrückt. Wie gefährlich Leidenschaften
für die Tugend und das Glück des Menschen werden können,
davon gibt es Beispiele in Menge. Der leidenschaftliche Mensch
stürzt nicht nur sich selbst ins Elend und Verderben, sondern
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Das Vorstellungsvermögen.
229
auch ganze Familien. Darum hüte dich vor Leidenschaften
und beherrsche sie, wenn sie in dir emporkommen! Eine starke
und beharrliche Leidenschaft nennt man Sucht, als: Habsucht,
Ehrsucht, Vergnügungssucht, Rachsucht, Herrschsucht.
Adalbert sah in einem Walde viele Pflanzen, deren vier
länglichrunde Blätter eine grosse schwarze Beere umschlossen.
Er pflückte eine ab, betrachtete sie, nahm etwas von dem
Safte auf die Zunge und fand ihn wohlschmeckend. Schon
war er im Begriff', sich an den schönen Beeren zu laben;
allein er dachte: „du kennst weder das Gewächs noch seine
Frucht; wenn nun diese schädlich wäre? — Lieber esse ich
sie nicht.“ Er that wohl daran; denn es war, wie er später
von seinem Lehrer erfuhr, die giftige Einbeere. Adalbert
wäre durch seine Sinne verleitet worden, etwas zu gemessen,
was ihm viel Leiden oder gar den Tod zugezogen hätte; aber
sein Verstand wendete das Unheil ab, indem er das Urtheil
fällte: eine unbekannte Frucht darf man nicht essen. Der
Knabe unterliess also etwas Angenehmes und vermied die unan-
genehmen Folgen, weil sein Wille dem Verstände folgte.
Ein Kaufmann soll Waaren in Breslau holen, da seine
Vorräthe bald zu Ende sind. Es ist Winter, die Kälte anhal-
tend und streng. Er könnte zwar noch einige Zeit warten
und in der warmen Stube bleiben; allein er beschlosst dennoch
die Reise und achtet nicht ans die rauhe Witterung. Er urtheile
nämlich: „es ist möglich, dass die Kälte zunimmt, und ich
muss dann doch reisen, wenn nicht Störung in meinem Handel
eintreten soll.“ Hier wird etwas Unangenehmes begehrt, um
in der Zukunft einen Vortheil zu erreichen. Wenn, wie in
diesem Beispiele, der Verstand über das Begehren entscheidet,
so besitzt unsere Seele ein verständiges Begehrungs-
vermögen. Dieses ist zwar mehrentheils auf eigenen Vor-
theil gerichtet und nicht immer zu billigen; indess hält es doch
oft vom Bösen ab, fördert das Gute und trägt zu unserer Ver-
vollkommnung bei, insofern wir uns anstrengen den Geist mit
Kenntnissen zu bereichern, um dadurch unser Fortkommen in
der Welt zu sichern.
Ein Arzt, der selbst nicht ganz gesund war, wurde zu
einem am ansteckenden Nervenfieber erkrankten Tagelöhner
gerufen. Es kam ihm sauer an, dem Verlangen zu genügen,
seines eigenen Uebelbefindens wegen. Er hatte auf keine
Belohnung zu rechnen, könnte angesteckt werden und sich
deu Tod holen. Alles dies überlegte er einen Augenblick.
Doch dachte er bald weiter: „dein Beruf fordert, dass du
dem Kranken wo möglich hilfst.“ Er folgte, trotz aller Mühe
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen]]
Gesundheit und Krankheit.
201
die Ausdünstung des Kranken angesteckt werden. \Man
sollte, um sich gegen Ansteckung zu schützen, nicht nüch-
tern hei dem Kranken sein, in der Krankenstube weder
essen noch trinken, die Haut durch kaltes Waschen rein
halten, mit Vorsicht zwar, doch nicht ängstlich die Pflege
verrichten.
Es gibt Fälle, in denen augenblicklich Hilfsmittel
angewendet werden müssen, um Menschen vom Tode zu
retten. ’Was ist zu thun, wenn Jemand ertrunken, erstickt,
vom Blitze getroffen, oder vergiftet ist? Bei solchen Ge-
fahren ist jeder Augenblick kostbar; alles kommt auf
schnelle Hilfe an. — Ertrunkene, Erstickte, vom Blitze
Getroffene, in todtengleiche Ohnmacht Versetzte sind fol-
gendermassen zu behandeln : | Man beschleunige das Her-
ausnehmen aus dem Wasser oder Dampfe, überhaupt die
Entfernung der Todesursache. Der Verunglückte wird
so geschwind als möglich entkleidet, in erwärmte Decken
oder Betten gehüllt, dann an Händen und Fusssohlen und
am Unterleibe gerieben oder gebürstet. Bemerkt man
einige Lebenszeichen, so ffösst man dem Kranken etwas
Wein oder Branntwein mit Wasser vermischt ein. Bei
einem vom Blitze Getroffenen ist auch das Erdbad zu
empfehlen. Man legt ihn entweder mit offenem Munde
auf eine frisch aufgegrabene Stelle im Garten, oder
scharrt ihn bis an den Hals ein. — Mit einem Erfrorenen
ist ganz anders zu verfahren ; Wärme wäre ihm sehr nach-
theilig. Er muss in ein kaltes Zimmer gebracht, entklei-
det, und ganz, bis auf Mund und Nase, in Schnee gelegt
werden. Ist kein Schnee vorhanden, so legt man den Kör-
per in eiskaltes Wasser. Fangen nach einiger Zeit die
Lebenskräfte sich zu äussern an, so reicht man dem Kran-
ken etwas warmen Thee, bringt ihn in ein Bett mul reibt
ihn mit Tüchern. — Für Vergiftete gibt es zivei unschätz-
bare Mittel, die überall vorhanden sind: Milch und Oet.
Man gebe dem Leidenden iti grosser Menge Milch zu trin-
ken und alle Viertelstunden zwei bis drei Esslöffel Oel.
Stellt sich das Brechen ein, so ist es um so besser. H'eiss
man gewiss, dass das Gift Arsenik, Quecksilber oder ein
Bleikalk war; so löse man Seife in Wasser auf und lasse
davon trinken. Dies ist hinreichend, bis der Arzt herbei-
geholt wird.
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TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
Temperamente.
231
wieder gleich gut machen. Eine traurige Begebenheit rührt
ihn bald zu Thränen. Zu seinen Mängeln gehören Unbestän-
digkeit, Leichtsinn und Unentschlossenheit; das Gegengewicht
halten hingegen Gutmüthigkeit, Liebenswürdigkeit und Edel-
muth. Dieser Mensch gehört zu den Leichtblütigen, oder
er besitzt das sanguinische Temperament.
Der zweite ist von angenehmem Aeussern. Seine Augen
sind feurig und durchdringend; in seinem Körper liegt Fülle
und Stärke, in seinem Benehmen viel Anstand und Würde.
Er ist gern thätig, doch nicht anhaltend. Die Furcht scheint
ihm fremd, weil er seine Kraft fühlt. Er wird leicht zornig
und zur Rache geneigt. Er will gern verehrt und bewundert
sein, herrschen und gebieten, daher man ihm Stolz vorwirft.
Dieser Mann gehört zu den Warmblütigen und hat das
cholerische Temperament.
Der dritte, etwas blass im Gesicht, mit festemund ruhigem
Blicke, ist oft in sich gekehrt und für die Freude wenig empfäng-
lich. Hat er sich zu etwas entschlossen, so führt er es auch,
aller Mühe ungeachtet, aus. Der Witz ist ihm wenig, dagegen
mehr der Scharfsinn eigen. Oft zeigt er heiteren Ernst, jedoch
zuweilen Neigung zum Trübsinn. Er sucht nicht viele, aber
treue Freunde. Es gehört ihm überhaupt an: fester Wille und
Beharrlichkeit, verbunden mit Hartnäckigkeit und Abgeschieden-
heit. Bei ihm findet man das melancholische Temperament;
er ist ein Schwerblütiger.
Der vierte sieht wohlgenährt, fast aufgedunsen ans. Sein
Auge ist matt und starr. Er liebt eine behagliche Ruhe, arbeitet
langsam und ungern, schläft lange und kann viel Wärme
ertragen. Wie der Körper, so liebt auch sein Gemüth die
Ruhe. Die Einbildungskraft ist selten bei ihm rege. Er ist
gleichgiltig gegen Freuden und Leiden. Weil ihm das Erwer-
den schwer scheint, so scheut er jede Ausgabe und hat Nei-
gung zum Geize. Er ist furchtsam und eigensinnig. Zn seinen
guten Eigenschaften gehören Bedachtsamkeit, Gelassenheit und
Ordnungsliebe. Dieser ist ein Kaltblütiger und von phleg-
matischem Temperament.
Dem gemäss gibt es also vier Temperamente, das des
Leichtblütigen, des Warmblütigen, des Schwerblü-
tigen und des Kaltblütigen, oder das sanguinische,
cholerische, melancholische und phlegmatische.
Man ist der Meinung, dass die Beschaffenheit unseres Körpers
auf das Gefühls- und Begehrungsvermögen Einfluss habe, und
in früheren Zeiten wollte man beides vom Blute herleiten, daher
jene Benennungen. Gegenwärtig versteht man unter Tempera-
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Das Dorstellungsvcrmögen.
205
auf seine Angelschnur hinstarrt. Ernst spricht von den Annehm-
lichkeiten, die er genossen und von den schönen Pflanzen, die
er gefunden hatte. Bernhard aber zeigt ihm, missvergnügt
über den schlechten Fang, ein geangeltes Fischchen vor. Von
den Schönheiten der Gegend, von der Thier- und Pflanzen-
welt hatte er wenig wahrgenommen; denn seine Augen waren
meist auf das Federchen der Angelschnur gerichtet. Da es
jetzt Zeit zur Rückkehr war, gingen beide Brüder zu Karl,
der noch schlief. Ernst berührte ihn leise, allein er kam nicht
gleich zur Besinnung, sondern fing an im Schlafe von den
Tauben und Hübnern, die er gern fütterte, zu sprechen; dann
aber erwachte er plötzlich mit einem Schrei, sah sich ängst-
lich nm und erzählte: es habe ihm geträumt, des Nachbars
Katze sei über eine junge Taube hergefallen, und er wollte
ihr eben den Raub entreissen. Als die Kinder zu Hause ange-
langt waren, wurden sie über ihre kleine Wanderung vom
Vater befragt. Ernst zeigte die gesammelten Pflanzen und
erzählte viel von seinen Beobachtungen. Da seine Seele eine
Menge deutlicher Vorstellungen empfangen hatte, so konnte er
sich auch viele wieder vor die Sinne gestellt denken und darüber
berichten. Warum Bernhard wenig, und Karl fast nichts zu
sagen wusste, ist leicht einzusehen. Der Vater war mit Ernst
zufrieden, Bernhard gab er den Rath, sich den Liebhabereien
nicht so sehr hinzugeben und seine Beharrlichkeit edleren
Gegenständen zu widmen; dem Jüngsten wurde aber gesagt,
sich künftig nach einer kleinen Ermüdung nicht gleich vom
Schlafe beherrschen zu lassen.
Diese Erzählung zeigt uns drei Knaben zu gleicher Zeit
an einem Orte, von denen der eine fast keine, der andere
wenige, der dritte viele Vorstellungen in sich aufnahm.
Karl lag zwar mit verschlossenen Augen da, war also nicht
im Stande zu sehen; allein die anderen Sinne, Gehör, Geruch
und Gefühl, standen den .Eindrücken offen, und dennoch nahm
er keinen der vielen Laute, keinen Duft und Lufthauch wahr.
Wie ging das zu? Während des Schlafes weiss man nicht,
dass man sich auf der Welt befindet, oder man hat kein Be-
wusstsein. In einem solchen Zustande ist die Seele unvermö-
gend die Sinneswerkzeuge zu gebrauchen. Fängt der Schlaf
an weniger fest zu werden, so kehrt das Bewusstsein allmälig
zurück, und sogleich beginnt auch die Thätigkeit der Seele.
Vor dem Eintritte der Besinnung bildet sie Vorstellungen,
selbst ohne Hilfe der Sinne, indem sie die gehabten wieder-
holt. Solche Vorstellungen, wie sie Karl kurz vor dem Erwa-
chen hatte, heissen Träume. An Träume können wir uns
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Ernst Bernhard Karl Karl Ernst Ernst Bernhard Karl Karl Ernst Bernhard Karl Karl Karl
286
Geographie.
Wissenschaften wetteifern sie mit den Engländern und Deutschen.
Ihre Sprache ist weit verbreitet. Zum französischen Reiche gehö-
ren die Insel Korsika, Algier in Afrika, einige der kleinen Antillen
und ein Theil von Guiana in Amerika. — Paris, die Haupt-
stadt des Landes, hat 5 Meilen im Umfange, 57 Thore und liegt
an beiden Ufern der Seine, über welche mehrere sehenswerthe
Brücken führen. Der Größe nach ist sie die zweite Stadt in
Europa. Beinahe alle Häuser sind aus Kalksteinen ausgeführt,
welche man in der Nähe aus unerschöpflichen Steinbrüchen
gewinnt. Die neuern Stadttheile haben gerade, breite Straßen,
nicht so die älteren. In und an der Stadt befinden sich aus-
gedehnte Plätze, Gärten, Spaziergänge, große Paläste, Kirchen
und andere Gebäude. — Lyon, eine volkreiche, an der Rhone
und Saone gelegene Stadt, liefert vorzügliche Seidenzeuge, die
nach allen Erdtheilen gehen. — Bordeaux (Bordoh), an der
Garonne, treibt einen starken Handel mit Amerika. — Mar-
seille (Marself), am mittelländischen Meere, besitzt einen treff-
lichen Hafen. Es herrscht hier ein starker Verkehr mit Algier,
Italien, Griechenland und der Türkei.
Das Königreich England liegt von Frankreich gegen
Mitternacht im atlantischen Meere. Es besteht aus mehreren
Inseln, darunter zwei große, von denen die östliche Großbritan-
nien , die westliche Irland heißt. Der nördliche Theil der erstern,
Schottland, ist gebirgig, der südliche fast ganz eben; Irland hat
einige Hügelzüge und mitunter Sümpfe. Die Luft zeigt sich im
Allgemeinen mild, doch meist feucht und neblig. Der Boden ist
ziemlich fruchtbar. Die Bergwerke liefern eine Menge der vor-
züglichsten Steinkohlen, Graphit, woraus Bleistifte gemacht wer-
den, Steinsalz, Eisen, Blei und Zinn. England besitzt wenig
Waldungen, bringt nicht hinreichendes Getreide hervor, und in
manchen Jahren reift das Obst nicht gehörig. Sonst ist der
Graswuchs ausgezeichnet schön, und man baut viel Gemüse,
Flachs und Hanf. Das Rindvieh und die Pferde sind vorzüg-
lich, die Schafe tragen eine lange, seine Wolle. Die Fischerei
an den Küsten ist höchst wichtig, besonders der Häringsfang im
Norden. Die Engländer stammen von den Ureinwohnern, von
den Sachsen und Normännern, ab.
Kein Volk hat es in Verfertigung von Kunstgegenftänden -
so weit gebracht, wie dieses. Schiffbau, Fabriken und Handel
sind-in England auf der höchsten Stufe; englische Waaren gehen
nach allen Ländern der Erde. Bewunderungswürdige Dampf-
maschinen, welche Tausende von Menschenhänden ersetzen, Schiffe
und Wagen treiben, sind von den Engländern erfunden oder
vervollkommnet worden. — Im innern des Landes ist die Ver-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Guiana
Extrahierte Ortsnamen: Korsika Algier Afrika Amerika Paris Europa Lyon Amerika Algier Italien Griechenland England Frankreich Irland Schottland Irland England Sachsen England
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Geographie.
Eltern die Unterweisung ihrer Kinder allein übernehmen. Man
hat hier den klarsten Beweis, daß Bildung auch in den ärmsten
Hütten, bei der gröbsten Arbeit stattfinden kann. Es ist sehr sel-
ten, daß ein Isländer nicht lesen könnte. Gewöhnlich liegen
die Bauernhöfe einzeln und zerstreut, wo gute Wiesen und Quel-
len den Anbau möglich machen. Die südwestliche Seite ist die
bevölkertste; im Innern gibt es wenig Wohnungen. Die Häuser
sind klein und niedrig, von Stein aufgeführt, mit Moos und
Torf umgeben. Der Hauptort der Insel ist Reikiavik.
Schweden und Norwegen, zwei vereinigte Königreiche bil-
den eine große Halbinsel, die von der Ostsee, dem Kattegat, der
Nordsee, dem atlantischen und dem Eismeere umschlossen ist und
nur an einer Seite mit dem russischen Lappland zusammenhängt.
Der Länge nach läuft beinahe durch die Mitte ein wildes, zerklüf-
tetes, an den Abhängen mit düstern Tannen und Fichten bewal-
detes Gebirge, das nördlich die Kiölen, südlich Seve genannt
wird. Bon dieser Hauptkette sondern sich Zweige ab, die beson-
ders an der norwegischen Küste in schroffen Felsenwänden abfal-
len , wo sich die Wellen des Meeres schäumend brechen. Nur im
mittägigen Theile breiten sich ansehnliche Ebenen aus. Die mei-
sten Flüsse sind reißende Gebirgswäsfer. Unzählige Seen bedecken
das Land. Der Boden ist zwar hin und wieder ergibig, aber
doch meist steinig, sandig oder sumpfig. Die Winter sind lang
und streng, allein gleichförmig, mit heiterer, gesunder Luft. Das
Mineralreich macht den Reichthum der Halbinsel aus, indem
Schweden das beste Eisen und Kupfer besitzt. Korn und Weizen
wird nur im Süden hinreichend gebaut, höher hinauf kommt
blos Gerste und Hafer, zuletzt gar kein Getreide fort. Holz ist
im Ueberfluß. Von wilden Thieren leben daselbst das Elenn,
der Bär, der Hirsch, der Vielfraß, der Wolf. Geflügel und
Fische sind in großer Menge vorhanden. Die Schweden und
Norweger sind, gleich den Dänen, germanischen Ursprungs und
lutherischer Religion. Im äußersten Norden wohnt ein kleines,
unansehnliches aber sehr abgehärtetes Volk, die Lappen, welche
während des Sommers mit ihren Rennthieren umherziehen und
den Winter in elenden Erdhütten zubringen. — Stockholm,
die Hauptstadt von Schweden, liegt am Ausstusse des Mälarsees
in einer Meeresbucht. Sie gehört zu den merkwürdigsten in
Europa: die vielen Inseln, die mannigfachen Buchten und Ge-
wässer dazwischen, der aus Berg und Thal bestehende Boden,
theils mit herrlichen Straßen und schönen Häusern, theils noch
mitten zwischen den Gebäuden mit kahlen oder bewachsenen
Felsen bedeckt; dies Alles zusammen genommen bietet einen
eben so überraschenden als wunderbaren Anblick dar. —
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Extrahierte Ortsnamen: Norwegen Ostsee Nordsee Lappland Stockholm Schweden Europa Berg